View
217
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Suffizienz ist Selbstschutz! Bemerkungen zur zeitökonomischen Rationalität der Reduktion
Diskussionsbeitrag auf der VÖÖ-Jahrestagung 2011 in Freiburg
28. Oktober 2011
Niko Paech
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Gibt es eine Obergrenze für das, was Konsumenten wollen könnten?
Quelle: Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (2010)
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Ressourcen… …Output
Produktion und Konsum
Modernes Wirtschaften als Krisenmotor
Klimawandel Peak Oil Armut Verschuldung Finanz-Chaos Fukushima
- Suffizienz – Veränderung von Ansprüchen: Nachhaltigkeitsdefizite ohne Rückbau des Wohlstandsmodells beseitigen zu wollen, scheitert nicht nur, sondern führt zur Verschlimmbesserung.
- Subsistenz – Veränderung von Strukturen: Die Pathologien industrieller Fremdversorgung können nicht innerhalb ihrer eigenen Systemlogik beseitigt werden.
Postwachstumsökonomie
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Wachstumskritik jenseits romantischer Appelle: Theoretische Grundlagen
Postwachstumsökonomie
Suffizienz als Strategie der Befreiung von Ballast
Balance zwischen Selbst- und Fremdversorgung
Zeitökonomische Theorie
der Suffizienz
Resilienz basierte Theorie
der Subsistenz
Zugänge zum Suffizienz-Diskurs
t = 365 t = 0 t
Entschleunigung als „Streckung“ der Zeitabstände zwischen Konsumhandlungen
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Traditionelle Mikroökonomik: Glück durch Konsum?
Subjektives Wohlbefinden als Funktion der Konsummenge
Nutzen
Konsummenge
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Zeitökonomik: Eine Theorie der Suffizienz
Glück und subjektives Wohlbefinden als Funktion der verausgabten Konsumzeit
Zeitinput
Nutzen
Fixe Konsumzeiten
Zeitrestriktion
Kaufkraftanstieg
↓ Optionenvielfalt
↓ Reizüberflutung
↓ Zeitknappheit
↓ Überforderung
↓ Welche
Reaktionen?
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Fazit: Wer unter einer Lawine der nicht mehr
verarbeitbaren Selbstverwirklichungsoptionen
zu versinken droht, verzichtet nicht, sondern
befreit sich von Wohlstandsschrott.
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
– Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Lage und der Befindlichkeit des Subjekts:
„Strukturwandel der Psyche“ (Reiche 2004)
– „Soziologische Zeitdiagnose“ (Honneth 2004): Ambivalenzen/Paradoxien der Moderne
Ø Umkehrung historisch erkämpfter Emanzipation in neue Abhängigkeiten
Ø Tendenzen individueller Befreiung kippen in solche der Entmündigung
– Zunahme depressiver Erkrankungen als Indiz: Einerseits sind Subjekte aus
traditionellen Abhängigkeiten befreit worden, andererseits scheitern sie zunehmend
daran, aus eigenen Antrieben und in Selbstverantwortung psychische Stabilität und
soziales Ansehen zu erlangen.
– Indikatoren: Steigender Konsum von Antidepressiva und Alkohol
– Gegenüberstellung zweier Epochen, die jeweils mit einer prägnanten Kategorien
psychischer Pathologien korrespondieren ⇒ „Interpretationsraster“
Ø „Neurose“ (Freud): Erkrankung am Konflikt mit repressiven Normen der
Gesellschaft
Ø „Depression“ (Ehrenberg): Das Subjekt ist „erschöpft von der Anstrengung, es
selbst sein zu müssen“; „Krankheit der Verantwortlichkeit“; Erkrankung am Defizit
Das „erschöpfte Selbst“ (Alain Ehrenberg 2004)
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
– „Verschiebung von der Schuld zur Verantwortung“: Depression als Folge
gewandelter sozialer Normen
Ø Anstelle von Verhaltensregulierung tritt ein „sportlicher Wettkampf“ (Ehrenberg
2004) : Individuum wird zu eigener Identität und sozialem Erfolg „gedrängt“.
Ø „Steigerungsspiele“ (Gross 1993, Schulze 2003) als Grunddynamik des
modernen Geschehens ; „Vertikalspannung“ (Sloterdijk 2009)
Ø „Fluch der Moderne: Verdammt zum Glück“ (Bruckner 2001): „Seid glücklich!“
Aber: „Wie soll man wissen, ob man glücklich ist? Wer legt die Norm fest? Und
was soll man denen antworten, die kläglich eingestehen: Ich schaffe es nicht?“
⇒ Empfundenes Defizit: Depression als „Tragödie der
Unzulänglichkeit“ (Ehrenberg 2004)
– Konsequenz: Medikalisierung des Lebens
Ø „Ein künstlich hergestelltes Wohlbefinden übernimmt allmählich die Stelle der
Heilung“ (Ehrenberg 2004).
Ø „Gesellschaft der bequemen Abhängigkeit“; Produktion von Hypochondern
Ø Sucht als „Mittel, um die Depression zu bekämpfen: Sie schleift die Konflikte
durch zwanghaftes Verhalten ab.“
„Prozac Blues“: Souveränität vs. künstlich erzeugtes Wohlbefinden
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
– Depression als punktuelle Zuspitzung eines allgemeinen Überforderungssyndroms
Ø Worin besteht die Überforderung? Wie lässt sie sich in einen präzise zu
bearbeitenden Kontext übersetzen?
Ø Welche anderen Reaktionsmuster sind anzutreffen?
– Das moderne Subjekt als überforderte Kreatur?
Ø „Prometheische Scham“ (Anders 1956)
Ø „Der eindimensionale Mensch“ (Marcuse 1964)
Ø „Beschleunigungsfalle“ (Reheis 1998), „Tretmühlen des Glücks“ (Binswanger
2006), etc.
– Zeitökonomische Deutung: Zeitknappheit als Ursprung für Überforderung
Ø Annahme 1: Expansion und Multioptionalität an (konsumtiven)
Selbstverwirklichungsangeboten
Ø Annahme 2: Zunahme an realer Kaufkraft
Ø Annahme 3: Positionalität des Konsum
Ø Annahme 4: Jede Konsumhandlung beansprucht Zeit
Ø Annahme 5: Individuelle Konsumzeit ist nicht vermehrbar
Depression als Extremum einer systematischen Überforderung
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Regionale Ökonomie
Ent
kom
mer
zial
isie
rter
Ber
eich
Mon
etär
er B
erei
ch M
onet
ärer
Ber
eich
40
Stu
nd
en
Arb
eit
sz
eit
De-globalisierte Wertschöpfungsketten
Regionale Komplementärwährungen
Community Supported Agriculture (CSA)
P o l i t i s c h e F l a n k i e r u n g d u r c h i n s t i t u t i o n e l l e I n n o v a t i o n e n
Subsistenz
Eigenproduktion (z.B. Nahrung, Handwerk, Erziehung)
Nutzungsdauerverlängerung: Instandhaltung/Reparatur
Nutzungsintensivierung: Gemeinschaftsnutzung Leistungstausch in sozialen Netzen
Gemeinnützige Arbeit/Ehrenamt
Globale Arbeitsteilung
Stoffliche Nullsummenspiele: Umgestaltung statt Neuproduktion
Effiziente und konsistente Technologien Physisch u. kulturell dauerhaftes Produktdesign
Reparabilität und Modularität
Konversion, Renovation, Re-Building, Re-Manufacturing
Ressourcengewinnung durch Entsieglung u. Rückbau
Suffizienz Entrümpelung: Wohlstandsballast abwerfen
Entschleunigte Lebensstile: Zeitsouveränität gewinnen Reizüberflutung vermeiden
Postwachstumsökonomie im Gesamtüberblick
2 0
S t
u n
d e
n 2
0 S
t u
n d
e n
niko,paech@uni-oldenburg.de | www.postwachstumsoekonomie.org | www.voevoe.de
Recommended