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Dozent: Dawid Bekalarczyk
Universität Duisburg-Essen
Fachbereich Gesellschaftswissenschaften
Institut für Soziologie
Lehrstuhl für empirische Sozialforschung
Raum: LF 161
TEIL 4: FORSCHUNGSDESIGNS UND UNTERSU-
CHUNGSFORMEN
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Dozent: Dawid Bekalarczyk
Universität Duisburg-Essen
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Institut für Soziologie
Lehrstuhl für empirische Sozialforschung
Raum: LF 161
Forschungsdesign
Charakterisierung:
• Das Forschungsdesign legt den Rahmen (bzw. die Anordnung)
fest, in dem die vom Forscher aufgestellten Hypothesen zu prü-
fen sind
• Diese Anordnung zielt vor allem darauf ab, die relevanten The-
men isoliert von möglichen Störfaktoren zu untersuchen
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Lehrstuhl für empirische Sozialforschung
Raum: LF 161
Grundbegriffe:
• Proband – Versuchsperson, Teilnehmer an einer Untersuchung
(VP)
• Versuchsleiter – Person, die den vorher festgelegten Ablauf der
Untersuchung initiiert, koordiniert und kontrolliert (VL)
• Unabhängige Variable (meist: X) – Der Reiz, welcher mit Hilfe
des kontrollierten Geschehens in der Untersuchung gezielt in
den Probanden ausgelöst werden soll
• Abhängige Variable (meist: Y) – Die Reaktion auf den Reiz, wel-
che Gegenstand der Messung in einer Untersuchung ist
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• Störfaktoren bzw. -variablen – Reihe von Faktoren, die neben
der unabhängigen Variablen ebenfalls für Unterschiede in den
Messergebnissen (der abhängigen Variablen) verantwortlich
sein können
• Experimentalgruppe – Eine Gruppe der Probanden, welche
dem gezielt konstruierten Reiz (unabhängige Variable) ausge-
setzt wird
• Kontrollgruppe – Eine Gruppe der Probanden, bei der auf die
gezielte Setzung des Reizes verzichtet wird
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Verfahrensmöglichkeit zur Einteilung der Probanden:
• Prinzip der Randomisierung: Einteilung der Probanden in eine
Experimentalgruppe und eine Kontrollgruppe nach dem reinen
Zufallsprinzip
• Matching-Prinzip: Zuordnung nach dem Prinzip, so dass zentra-
le Merkmale, z.B. Geschlecht, Alter, Bildung, in beiden Gruppen
gleich verteilt sind
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Beispiel – Einfluss eines Kurzzeit-Intensivcoachings von Schülern
(Reiz / unabhängige Variable) auf Ihre Leistung in einem Allge-
meinwissens-Test (abhängige Variable):
• Zufällige Einteilung der Probanden in die Experimental- und
Kontrollgruppe
• Experimentalgruppe wird gecoacht (Reiz: Ja), Kontrollgruppe
nicht (Reiz: Nein)
• Messung der Leistung anhand eines Allgemeinwissens-Tests
• Vergleich, ob sich die Leistung in beiden Gruppen tendenziell
unterscheidet
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Störfaktoren – Graphische Darstellung:
X Y
Störfaktoren
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Arten von Störfaktoren:
• Zwischenzeitliches Geschehen: Ereignisse, welche die abhän-
gige Variable zusätzlich zum Stimulus beeinflussen können
(z.B. schneiden die Schüler im Test schlechter ab, weil das Licht
währenddessen anfängt, zu flackern)
• Reifungsprozesse des Probanden: Veränderung des Verhaltens
im Laufe des Experiments bedingt durch intrapersonale Fakto-
ren (z.B. werden manche Schüler sehr müde oder hungrig und
können sich daher schlechter auf den Test konzentrieren)
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• Messeffekte (nur, wenn Messungen wiederholt durchgeführt
werden): Der erste Messvorgang hat Auswirkungen auf den
zweiten Messvorgang (z.B. merken sich die Schüler die Fragen
aus dem Test im ersten Durchlauf und können sie daher beim
zweiten Durchlauf besser beantworten)
• Hilfsmittel bzw. Veränderungen im Messinstrument: Variie-
rende Formulierungen der Anweisungen / beeinflussendes
oder variierendes Verhalten des VL (z.B. könnte ein zu lockeres
Verhalten des VL dazu führen, dass die Schüler den Test nicht
ernst nehmen)
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• Verzerrte Auswahl: Untersuchungspersonen der Experimental-
und Kontrollgruppe unterscheiden sich hinsichtlich Merkmale,
die einen Einfluss auf die abhängige Variable haben könnten
(z.B. wenn in der Experimentalgruppe mehr Gymnasiasten mit
einem besseren Allgemeinwissen vertreten sind)
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Techniken der Kontrolle von Störfaktoren:
• Elimination: Das Beseitigen von unerwünschten Störfaktoren
und äußeren Einflüssen durch die Kontrolle der Rahmenbedin-
gungen
• Konstanthaltung: Wenn gewisse Störfaktoren nicht eliminiert
werden können, dann muss man versuchen, sie wenigstens
konstant zu halten
⇒ Die einzelnen Messwerte wären dann zwar verzerrt,
aber nicht die Differenz in den Durchschnittswerten zwi-
schen Kontroll- und Experimentalgruppe
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Verschiedene Forschungsdesigns
Echte Labor- und Feldexperimente:
• Kontrollierte Setzung der unabhängigen Variablen
• Ausschluss bzw. die Kontrolle von Störfaktoren
• Laborexperimente finden in einer künstlich geschaffenen und
Feldexperimente in der natürlichen Umgebung der Probanden
statt
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Hinweis:
Nur das echte Experiment erlaubt es, zumindest indirekt Kausalbe-
ziehungen festzustellen. Denn nur hier kann der Forscher die un-
abhängige Variable bewusst manipulieren, etwa indem er die Vari-
able in die untersuchte Situation einführt und beobachtet, ob eine
bestimmte Wirkung auftritt
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Exkurs Kausalität
• Drei Mindestanforderungen (x: Ursache, y: Wirkung):
1. x muss y zeitlich vorangehen (Bedingung der zeitlichen Asymmetrie).
2. x muss mit y durch eine funktionale Beziehung verbunden sein
3. Es darf keine Drittvariable z geben, die sowohl x als auch y kausal be-
einflusst, dergestalt, dass die Beziehung verschwindet, wenn z kon-
trolliert wird (Ausschluss von Scheinkorrelationen)
• Kontrafaktischer Kausalitätsbegriff in den Sozialwissenschaften
• Kausalität vs. Selbstselektion
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Ex-post-facto-Anordnungen:
• Keine echten Experimente – soziale Realität wird nachträglich
geordnet, indem abhängige und unabhängige Variablen annä-
hernd gleichzeitig gemessen werden
• Häufigste Form: Die Befragung
• Häufige Anwendung in den Sozialwissenschaften, da viele sozi-
alwissenschaftlich relevante Merkmale sich nicht gezielt und
kontrolliert in ihren Ausprägungen verändern lassen
• Beispiel: Man kann die Schichtzugehörigkeit oder Bildung von
VP nicht gezielt in einem Experiment manipulieren / verändern
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Zwei methodische Probleme von Ex-post-facto-Anordnungen:
1. Ungeklärte kausale Reihenfolge von Variablen – es lässt sich
nicht beobachten, in welche Richtung ein Einfluss geht
• Beispiel: Wird der Zusammenhang zwischen Aggression und
Konsum von gewaltreichen Filmen mit Hilfe einer Befragung
gemessen, dann ist unklar, ob der Filmkonsum aggressives Ver-
halten auslöst oder ob Personen diese Filme schauen, weil sie
sowieso zu aggressivem Verhalten neigen
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2. Wirkung von Drittvariablen
• Drittvariable: löst einen statistischen Zusammenhang zwischen
zwei Variablen X und Y aus, bzw. verdeckt ihn
• Somit ist der statistisch festgestellte Zusammenhang zwischen X
und Y nicht kausal zu interpretieren
• Leitbeispiel:
o X sei der Filmkonsum von brutalen Filmen
o Y sei aggressives Verhalten und
o Z sei eine beliebige Drittvariable
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• Beispiel „Antezedierende Drittvariable“
o Erziehungsstil (Z) beeinflusst sowohl den Filmkonsum (X) als auch
die Aggressivität (Y) im Vorfeld
• Beispiel „Intervenierende Drittvariable“
o Der Filmkonsum (X) führt zur steigenden Konflikthäufigkeit mit dem
Partner (Z), was wiederum zur steigenden Aggressivität (Y) führt
• Beispiel „Verdeckung der Beziehung durch die Drittvariable“
o Das Selbstvertrauen (Z) verdeckt die vorhandene Beziehung zwi-
schen X und Y: für Personen mit hohem Selbstvertrauen besteht ein
negativer Zusammenhang – bei niedrigem Selbstvertrauen hingegen
ein positiver Zusammenhang
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Untersuchungsformen: Querschnitts- vs. Längsschnittsunter-
suchungen
Querschnittsuntersuchungen:
• Die Untersuchung / Messung (z.B. Befragung, Experiment, Be-
obachtung) findet nur einmal statt
Längsschnittsuntersuchungen:
• Die Untersuchung / Messung (z.B. Befragung, Experiment, Be-
obachtung) findet mehrmals statt
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Spezielle Formen von Längsschnittsuntersuchungen:
• Paneldesign – Messungen werden an den selben Objekten zu
mindestens zwei Zeitpunkten hinsichtlich derselben Merkmale
durchgeführt
o Problem: Panelmortalität
o Problem: Paneleffekt
o Problem: hohe Kosten / Panelpflege
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• Trendanalysendesign – Gleiche Variablen werden zu verschie-
denen Zeitpunkten gemessen, jedoch an anderen Personen
o Nachteil im Vergleich zu Panelstudien: Entwicklungen sind
nur auf Aggregatebene analysierbar
• Kohortendesign – Untersuchung an Objekten, bei denen annä-
hernd zum gleichen Zeitpunkt ein spezielles Ereignis im Le-
benslauf eingetreten ist (z.B. Geburtskohorten, Scheidungsko-
horten)
o Untersuchung einer Kohorte im Paneldesign oder verschie-
dener Kohorten im Querschnitt
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Weitere spezielle Untersuchungs- und Analyseformen
o Einzelfallanalyse
o Sekundäranalyse: Bestehende Datensätze werden unter einer
neuen Forschungsfrage ausgewertet; Voraussetzung: Die benö-
tigten Variablen sind im Datensatz vorhanden
o Netzwerkanalyse: Beschreibung und Erklärung von sozialen Be-
ziehungen und daraus resultierenden Handlungen durch die
Analyse von Netzwerken und relationalen Merkmalen
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