Teilchenbeschuss aus dem All

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150 | Phys. Unserer Zeit | 3/2008 (39) www.phiuz.de © 2008 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

M AG A Z I N |

Teilchen war aber nicht theoretischvorhergesagt worden und stellte einProblem für das etablierte Verständ-nis des Aufbaues der Materie dar.

In den folgenden Jahren gab eseine Reihe von Arbeiten, in denenman als fundamental aufgefassteTeilchen entdeckte. Hierzu zähltenKaonen und weitere Mesonen sowiedas Lambda-Teilchen. Bis zur Fertig-stellung des ersten Teilchenbeschleu-nigers im Jahr 1952 konnten der-artige Teilchen ausschließlich in derHöhenstrahlung nachgewiesenwerden. Bereits die Anzahl der hierentdeckten Teilchen ließ es zweifel-haft erscheinen, dass diese funda-mental seien. Insofern kann dieexperimentelle Untersuchung derHöhenstrahlung als ein wesentlicherFaktor bei der Entwicklung desStandardmodells der Teilchenphysikaufgefasst werden.

Es war aber nicht nur die Anzahlder Teilchen, die die etablierte Physiknur schwer erklären konnte, sondernauch deren Energien: Bis heute istnicht geklärt, wie Teilchen auf mehrals 1020 eV beschleunigt werdenkönnen (Physik in unserer Zeit 1999,30 (6), 234). Dabei besteht einexperimentelles Problem darin, dassdiese Teilchen extrem selten sindund ihr Nachweis dementsprechendaufwendig ist. Die größte Anlage istdas Pierre-Auger-Observatorium inArgentinien (Physik in unserer Zeit2006, (37) 1, 12; 2008, 39 (1), 12).Kürzlich veröffentlichte Messdatenlegen nahe, dass die Teilchen höchster Energie von aktiven Galaxien kommen, in deren Zentrensich massereiche Löcher befinden.

Literatur[1] The Pierre Auger Collaboration, Science

22000077, 318, 938.[2] J. W. Cronin, Nucl. Phys. B, Proc. Suppl.

22000055, 138, 465.

Internetwww.auger.dewww.mpi-hd.mpg.de/hfm/HESS/public/vfHess.pdfwww.physik.uni-karlsruhe.de/3Block1.php/Studium/Lehramt/Staatsexamen_Myon.pdf

Peter Heering, Uni Oldenburg

PH YS I K G E S T E R N U N D H EU T E |Teilchenbeschuss aus dem AllAnfang des 20. Jahrhunderts wies der österreichische Physiker VictorHess die von ihm so genannte Höhenstrahlung nach. Allerdings warenseine Ergebnisse zunächst umstritten. Erst mit den Untersuchungen derForschungsgruppe Robert Millikans, der für diese Strahlung den Begriffcosmic rays etablierte, wurde dieses Phänomen allgemein akzeptiert.Bis heute spielt die Untersuchung der Höhenstrahlung eine wesentlicheRolle in der physikalischen Grundlagenforschung.

Zu Beginn des letzten Jahrhundertsbot die Entdeckung der radioaktivenStrahlung eine Möglichkeit, die bisdahin nicht zu erklärenden Entladun-gen sehr gut isolierter elektrisierterKörper zu deuten. Nach Meinung dermeisten Forscher verursachte diedurch radioaktive Zerfälle vorhande-ne ionisierende Strahlung die Ent-ladungen. Da die meisten bekanntenradioaktiven Materialien in derErdoberfläche vorkamen, sollte dieseWirkung der Strahlung mit der Höheabnehmen. Erste Versuche, unteranderem auf dem Eiffelturm, zeigtenindes keine eindeutigen Resultate.

Dies änderte sich, als Victor Hessin den Jahren 1911/12 eine Reihevon Ballonfahrten durchführte, beidenen er bis in 5200 Meter Höheaufstieg. Dabei verwendete er ein amBoden aufgeladenes Elektrometer,dessen Rückgang des Ausschlags alsMaß für die ionisierende Strahlungdiente. Hess kam zu dem Ergebnis,

dass nach einer anfänglichen Abnah-me der Strahlung diese mit der Höhewieder zunahm. Als Erklärung schluger vor, dass die hierfür verantwort-liche ionisierende Strahlung aus demWeltraum kommt.

Diese Arbeiten waren nichtunumstritten. So sprach sich etwaRobert Millikan zunächst sehr klargegen die Ergebnisse von Hess’Untersuchungen aus. Allerdingsbeschäftigte sich Millikan weiter mitdem Thema und kam schließlichdoch zu dem Ergebnis, dass es eineentsprechende Strahlung gäbe. Inden folgenden Jahren beauftragte ereinige Postdoktoranden mit weiter-führenden Untersuchungen.

Carl David Anderson führte dabeiExperimente mit der WilsonschenNebelkammer durch, in denen er denkorpuskularen Charakter der Höhen-strahlung nachwies. Gleichzeitiggelang ihm der Nachweis des Posi-trons als eine Komponente derStrahlung. 1936 erhielt Anderson fürdie Entdeckung dieses Antiteilchensgemeinsam mit Victor Hess denPhysik-Nobelpreis. Zwei Jahre späterwurde Hess aus politischen Gründenentlassen und emigrierte in die USA.

Nach dem zweiten Weltkriegentwickelte sich dann die Erfor-schung der Höhenstrahlung zu einemwesentlichen Gebiet der Experimen-talphysik. Bei der Auswertung vonSpuren in Nebelkammerbildern undFotoemulsionen stieß man auf weite-re, bis dahin unbekannte Teilchen.1946 wurde mit dem Pion ein bereitszuvor von Hideki Yukawa postulier-tes Teilchen in der Höhenstrahlungnachgewiesen. Bereits zuvor wiesAnderson ein Myon nach. Dieses

Abb. 1 VictorHess kurz voreinem seinerlegendärenBallonfahrten zurMessung derHöhenstrahlung.