View
3
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
Was Lehrlinge wollen, wie man sie
erreicht und was sie motiviert
Dornbirn, am 1.März 2018
Die Gesellschaft der Singularitäten
• Logik des Allgemeinen: Orientierung an
eindeutigen Standards und Normen
• Logik des Singulären: Orientierung an
Einzigartigkeit, Differenz und dem
Außergewöhnlichen
• Prinzip in allen Lebensbereichen auffindbar
(z.B. Schule: Noten vs. verbale Beurteilungen)
• Einzigartigkeit ist weder Privileg noch Last,
sondern eine Pflicht
• Notwendigkeit einer gelungenen
Singularisierung
Hipster als Gallionsfigur der Gegenwart
„Heute wird behauptet, dass es in einer
,Wissensgesellschaft‘ nicht um alte Macht und
altes Geld geht, sondern dass derjenige mit den
besten Ideen, der Individualist, der unkonven-
tionelle Denker die Nase vorn hat. […] Der
kulturelle Eklektizismus des Hipsters, sein
mitunter bohemienhaftes Auftreten ist also, in
dem Licht betrachtet, kein Statement gegen den
Zeitgeist, ganz im Gegenteil. […] Seine
Behauptung, unkonventionell zu sein, ist
deswegen als ein klarer Machtanspruch zu
verstehen. Indem er proklamiert: ,Ich bin anders!‘
sagt er damit gleichzeitig auch, dass er den Ruf
der Zeit gehört, verstanden und verinnerlicht
hat.“
Digitale Medien - Medien der Singularisierung
• Persönliche Profile erlauben strategische Selbstdarstellung
• Aufmerksamkeit als wichtigste Währung
• Matthäusprinzip (vulgo: „Der Teufel sch***t immer auf den größten
Haufen“)
• Kultur des Dauerfeedbacks (Likes, Kommentare, Retweets usw.)
• Einzigartigkeit ist weder Privileg noch Last, sondern eine Pflicht
YouTube: Anderssein ist Trumpf
„Es kommt nur darauf an, dass man Dinge anders macht als alle
anderen. Wie und was ist wurscht. Wer kein eigenes Profil hat, hat
schon verloren“ (FrediSaal, professioneller YouTuber)
Ästhetisierung der Kommunikation
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Snapchat
YouTube
16 bis 19 Jahre (n=180)
20 bis 24 Jahre (n=198)
25 bis 29 Jahre (n=214)
30 bis 39 Jahre (n=408)
Quelle: tfactory (2016): Timescout Welle 22 – Trendpanel; n=1.000, rep. für Jugendliche und junge
Erwachsene von 14 bis 29 Jahren
Instagram: Kuratieren statt Erschaffen
• Im Mittelpunkt steht die Ästhetik, nicht die eindeutige Botschaft
• Neben- und Miteinander unterschiedlicher Stilistiken, Collagentechnik
• Kein kohärentes Bild des eigenen Selbst; digitales Schaufenster in die eigene
Seele, in dem man die Interpretation anderen überlässt
• Inkonsistente Art und Weise der Selbstdarstellung
• Fehlen eines „abschließenden Vokabulars“ (Richard Rorty)
Auf Instagram wird jeder zum
Kurator des eigenen Ichs. Es
geht um ästhetische Stimmig-
keit, nicht um erzählerische
Stringenz.
Facebook: Der Blick der Anderen
„Die Profilbilder sind zu einem Riesending
geworden. Früher hat man halt irgendein Bild
reingestellt. Aber das geht nicht mehr. Wenn ich
weiß, am Samstag gehe ich weg, dann stell‘ ich
jetzt immer ein neues Bild von mir ins Facebook,
auf dem ich besonders sexy ausschau‘, falls ich
wen kennenlern‘, und der schaut sich dann
meine Seite an. Das heißt dann: Friseurgehen
und stundenlang überlegen, zusammen mit
meiner besten Freundin, was ich anzieh‘ und wo
man das Bild am besten machen soll, damit man
was gleichschaut und das was aussagt über
mich.“ (Anna, 15 Jahre, Schülerin aus Linz)
Wahl des Lehrberufes
Wie hast du deinen Lehrberuf ausgewählt?
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Sonstige
Ich habe mich für den Lehrberuf mit den angenehmstenRahmenbedingungen entschieden.
Ich wollte eigentlich einen anderen Lehrberuf ergreifen,aber in dem habe ich nichts bekommen.
Meine Eltern haben den Lehrberuf für mich ausgesucht.
Ich hatte keine Wahl. Ich habe das genommen, wo esnoch etwas gab.
Das AMS hat mir gesagt, ich soll den Lehrberuf machen,den ich jetzt habe.
Meine Eltern haben Beziehungen gehabt und haben michin den Lehrberuf hineingebracht, in dem ich jetzt arbeite.
Meine Freunde haben mich auf die Idee gebracht, denLehrberuf auszuwählen, in dem ich gerade tätig bin.
Ich habe den Lehrberuf selbst ausgewählt, weil er michinteressiert hat.
Quelle: Erste österreichische Lehrlingsstudie, Welle 2, Wien 2016; Alle Angaben in Prozent; n=500
Passung Persönlichkeit - Lehrberuf
„Mir ist schon wichtig, dass der Lehrberuf auch
etwas mit meiner Persönlichkeit zu tun hat und
auch die Firma, die mich ausbildet solltet nicht
altmodisch sondern stylish sein.“ (Sandra,
Lehre Einzelhandelskauffrau)
Wichtig im Lehrbetrieb
Quelle: Erste österreichische Lehrlingsstudie, Welle 2, Wien 2016; Alle Angaben in Prozent; n=500
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
Dass der Betrieb eine Firma ist, die die meisten Leutekennen
Wenig körperliche Anstrengung im Job
Dass in dem Betrieb viele andere Lehrlinge arbeiten
Dass ich wenige Überstunden machen muss
Wenig Stress im Job
Dass ich nicht so eine lange Anfahrtszeit in den Betriebhabe
Dass ich Fortbildungen machen kann, die über dashinausgehen, was ich für Lehrabschluss brauche
Die Möglichkeit, nach der Lehre übernommen zuwerden
Eine hohe Lehrlingsentschädigung
Ein Lehrherr, der mir viele Dinge beibringen kann
Angenehme Arbeitszeiten
Nette Kollegen
Welche dieser Dinge sind für dich wichtig, wenn es um die Arbeit im Lehrbetrieb
geht?
Lehrlinge bevorzugen…
… kleine und mittelständische Betriebe als Arbeitgeber
… flache Unternehmensstrukturen
… eine überschaubare Mitarbeiteranzahl
… eine familiäres Betriebsklima
… direkte Ansprechbarkeit des Chefs
In der Regel wird nicht die große, internationale Karriere gesucht, sondern ein Unternehmen, in dem man sich wohl fühlt und das einem auch genügend Freiräume bietet!
Wichtig im Lehrbetrieb
Quelle: INTEGRAL/ tfactory, Sinus-Milieu® Jugendstudie, Juni 2016 N=1.028 Onlineinterviews und 47 Einzelexplorationen mit 14-29 Jährigen
„Dann die Skills, ich bin ein Typ, der versucht, oder der es sich wirklich wünscht und auch hart daran arbeitet, dass er
später im Leben was Großes wird. Also, ich bin grad auf einem guten Weg, ich habe ein Praktikum beim Red Bull
Media Haus jetzt bekommen, werde jetzt dann auch bald vielleicht mit dem Modeln generell beginnen, weil ich
möchte einfach mal so schon in diese Business-Welt mich einarbeiten.“
Schüler, männlich, 16 Jahre, Graz
Lebensweltbeispiel 1
Quelle: INTEGRAL/ tfactory, Sinus-Milieu® Jugendstudie, Juni 2016 N=1.028 Onlineinterviews und 47 Einzelexplorationen mit 14-29 Jährigen
Lebensweltbeispiel 1
Lehrlingsakquise in Hipster-Ästhetik
Quelle: INTEGRAL/ tfactory, Sinus-Milieu® Jugendstudie, Juni 2016 N=1.028 Onlineinterviews und 47 Einzelexplorationen mit 14-29 Jährigen
„Wichtig ist, dass man auf jeden Fall auf die Gesundheit achtet, Familie und dass man auch eine berufliche
Perspektive hat und einmal schaut, dass man von Grund auf einmal solide dasteht und das Leben eigentlich schauen,
dass man es genießt in Zukunft, dass man am Anfang was aufbaut und danach zukünftig auch schaut.“
Lehrling, männlich, 19 Jahre, Nähe Wels
Lebensweltbeispiel 2
Quelle: INTEGRAL/ tfactory, Sinus-Milieu® Jugendstudie, Juni 2016 N=1.028 Onlineinterviews und 47 Einzelexplorationen mit 14-29 Jährigen
Lebensweltbeispiel 2
PRA 17
Lehrlingsakquise in Hippie-Ästhetik
Quelle: INTEGRAL/ tfactory, Sinus-Milieu® Jugendstudie, Juni 2016 N=1.028 Onlineinterviews und 47 Einzelexplorationen mit 14-29 Jährigen
„One-Direction-Fanshop, das wär wirklich so ein Traumberuf, weil ich kenn mich halt voll gut aus. Das wär
wirklich echt lustig, oder natürlich etwas mit One Direction zu tun haben. Ich habe mir schon überlegt,
vielleicht in so Hallen, also so Arenen zu arbeiten vielleicht, damit ich auch dort was sehen kann oder mit
denen in Kontakt sein kann. “ Lehrling, weiblich, 15 Jahre, Wien
Lebensweltbeispiel 3
Quelle: INTEGRAL/ tfactory, Sinus-Milieu® Jugendstudie, Juni 2016 N=1.028 Onlineinterviews und 47 Einzelexplorationen mit 14-29 Jährigen
Lebensweltbeispiel 3
Lehrlingsakquise in Dance-Ästhetik
Erwartungen an die Lehre hängen von der eigenen Motivation ab!
2 Extreme und eine breite Mitte:
Extremtypus 1: Sachorientierte, die Ziele erreichen wollen (überdurchschnittliche Leistungsmotivation) Content-Faktoren wichtig: interessante Tätigkeit, Anerkennung, Verantwortung,
Karriereoption im Sinne von Entwicklungsmöglichkeiten
Extremtypus 2: Jugendliche mit geringer Zielorientierung, die eine Wohlfühlumgebung suchen (tendenziell niedrige Leistungsmotivation) Kontext-Faktoren wichtig: Bezahlung, Status, Arbeitsklima, Unternehmenspolitik
Worauf es in der Lehre ankommt
Modernisierungssensible: neue Arbeitswelt bedeutet Überforderung
Persönliches
Lösungskonzept
Kein persönliches
Lösungskonzept
Nicht-Modernisierungssensible: neue Arbeitswelt bedeutet nicht Überforderung
Die „Orientierungslosen“
„Modernisierungsverlierer“ – keine
konkreten Berufsziele; Mangel an
Qualifikationen; Mangel an Flexibilität
und Selbstmanagement
Die „Eigeninitiativen“
flexibel, motiviert, setzen auf Eigeninitiative;
Gefahr, den persönlichen
Handlungsspielraum zu überschätzen
Die „Traditionell-Soliden“
Suche nach langfristiger Sicherheit;
Berufswahl, die kaum Karrierechancen,
aber dafür Stabilität bietet
Die „Nicht-Jetzt-Akteure“
Geringes Reflexionsniveau; Bildungs- und
Berufsentscheidungen werden hinaus
gezögert; Problemgruppe in der Phase des
Berufseinstiegs – höhere Bildung!
AHS
BMS/BHS Lehre 35 % 15 %
8 % 42 %
Institut für Jugendkulturforschung: Typologie „Jugend und Beschäftigung“ Daten rep. für 14- bis 29-jährige Österreicherinnen; n=796
Vier Mentalitäten
INSTITUT FÜR
JUGENDKULTURFORSCHUNG
Alserbachstraße 18 – 1090 Wien
Tel.: +43/(0)1/532 67 95
pikrath@jugendkultur.at
www.jugendkultur.at
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Recommended