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Zusammenfassung der Konferenz „Finanzierung von Windenergie-projekten im Kontext neuer Fördermechanismen“ Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin Dezember, 2016
Autor: Simon Bénard, DFBEW Simon.benard.extern@bmwi.bund.de
Gefördert durch: Gefördert durch:
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 2
Disclaimer Der vorliegende Text wurde durch das Deutsch-französische Büro für die Energiewende (DFBEW) verfasst. Die Aus-
arbeitung erfolgte mit der größtmöglichen Sorgfalt. Das DFBEW übernimmt allerdings keine Gewähr für die Rich-
tigkeit und Vollständigkeit der Informationen.
Alle textlichen und graphischen Inhalte unterliegen dem deutschen Urheber- und Leistungsschutzrecht. Sie dürfen,
teilweise oder gänzlich, nicht ohne schriftliche Genehmigung seitens des Verfassers und Herausgebers weiterver-
wendet werden. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Bearbeitung, Übersetzung, Verarbeitung, Einspeiche-
rung und Wiedergabe in Datenbanken und anderen elektronischen Medien und Systemen.
Das DFBEW hat keine Kontrolle über die Webseiten, auf die die in diesem Dokument sich befindenden Links führen.
Für den Inhalt, die Benutzung oder die Auswirkungen einer verlinkten Webseite kann das DFBEW keine Verantwor-
tung übernehmen.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 3
Inhalt
Disclaimer 2
Inhalt 3
Vorbemerkungen 4
1. Einführung 4
2. Politischer Hintergrund 4
a. Das EEG 2017: neuer Rechtsrahmen für Windenergie in Deutschland 4
b. Entwicklung von Rechtsrahmen und Fördermechanismen in Frankreich 7
3. Herausforderungen nach Einführung des Ausschreibungssystems 9
a. Umsetzung von Ausschreibungen in Frankreich und Deutschland 9
b. Auswirkung von Ausschreibungen auf die Kosten der Onshore-Windenergie- 10
c. Genehmigungen und Rechtssicherheit im Kontext von Ausschreibungen in Deutschland 13
4. Entwicklung des Vermarktungsprozesses: die Direktvermarktung 14
a. Erfahrungsbericht zur Direktvermarktung in Deutschland 14
b. Einführung der Direktvermarktung in Frankreich: juristische Aspekte und wichtige
Gesichtspunkte 15
5. Finanzierung von Windenergieprojekten und Umgang mit dem Risiko von
Anfechtungsverfahren 16
a. Wirtschaftliche Analyse der mit der Entwicklung von Windenergieanlagen verbundenen Risiken16
b. Finanzierung von Windenergieprojekten trotz Anfechtungsrisiko 18
c. Finanzierung mit Bürgerbeteiligung als Option zur Vermeidung von Anfechtungen? 19
6. Fazit – EEG 2017: Ausblick auf ein neues Finanzierungsmodell 21
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 4
Vorbemerkungen Im vorliegenden Dokument sind die wichtigsten Ergebnisse der Konferenz zur Finanzierung von Windenergiepro-
jekten im Kontext neuer Fördermechanismen zusammengefasst, die am 20. September 2016 vom Deutsch-
französischen Büro für die Energiewende (DFBEW) veranstaltet wurde. Es enthält keine wörtliche Abschrift der
Beiträge. Die Präsentationen (in englischer Sprache) der Vorträge sowie die zugehörigen Audio-Dateien können auf
der Website des DFBEW heruntergeladen werden.
1. Einführung
Sowohl die französische als auch die deutsche Windenergiebranche steht vor großen Veränderungen. Die ab 2017 für
Deutschland und Frankreich geplante Umstellung auf ein Ausschreibungssystem sowie die kurzfristige Einführung
der Direktvermarktung (vente directe) in Frankreich werden sich in nicht unerheblichem Maße auf die Finanzierung
von Windenergievorhaben in beiden Ländern auswirken. Die Planung dieses Systemübergangs ist anspruchsvoll.
Die Konferenz sollte einen Beitrag zu dieser Vorbereitungsarbeit leisten und allen an der Entwicklung von Wind-
energieprojekten beteiligten Stakeholdern die Chance geben, sich auszutauschen und auf die Neuerungen zu reagie-
ren. Mehr als einhundert Teilnehmer aus öffentlichen Institutionen, Windenergieverbänden aber auch Projektierer,
Anwaltskanzleien, Banken und Investmentfonds beteiligten sich am Gedankenaustausch.
Das vorliegende Dokument enthält eine Zusammenfassung der auf der Konferenz besprochenen Punkte und geht
insbesondere auf folgende Themen genauer ein:
aktuelle und künftige Entwicklungen der Fördermechanismen für Windenergie in Frankreich und Deutsch-
land;
voraussichtliche Folgen der Einführung von Direktvermarktung und Ausschreibungen;
neue Anforderungen von Banken und Geldgebern vor dem Hintergrund der neuen Mechanismen.
Im zweiten Abschnitt geht es vor allem darum, wie sich Windenergieprojekte angesichts des Drittanfechtungsrisi-
kos finanzieren lassen und welche neuen Modelle der partizipativen Finanzierung (Crowdfunding) sich anbieten.
2. Politischer Hintergrund a. Das EEG 2017: neuer Rechtsrahmen für Windenergie in Deutschland
Vortrag: Thorsten Falk, Referat „Erneuerbare Energien im Stromsektor“, Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie (BMWi) –Das EEG 2017: Neuerungen und Systemwechsel für die Windenergie.
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Erneuerbare Energien nehmen mittlerweile eine
Schlüsselrolle im deutschen Energiemix ein. Ein
Drittel der deutschen Stromerzeugung stammt
schon jetzt aus erneuerbaren Quellen, wobei Wind
als wichtigster erneuerbarer Energieträger gilt.
Diese Entwicklung wurde in erheblichem Maße
vom Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 (EEG 2014)
vorangetrieben, mit dem ein Konzept zum Ausbau
der erneuerbaren Energien geschaffen wurde. Mit
dem EEG 2017, das am 1. Januar 2017 in Kraft trat,
hat sich der deutsche Gesetzgeber unter anderem
Abbildung 1: Ausbaupfad für erneuerbare Energien in Deutschland,
Vortrag von Thorsten Falk, BMWi
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 5
folgende Ziele gesetzt:
i. Fortsetzung der Förderung der erneuerbaren Energien auf dem Markt mit dem Ziel, über Ausschreibungen
(vgl. Abbildung 2) und Direktvermarktung eine bessere preisliche Wettbewerbsfähigkeit zu erzielen;
ii. Sicherstellung des parallelen Ausbaus der Kapazitäten zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien
einerseits und der Übertragungs- und Verteilnetze andererseits;
iii. Förderung des Wettbewerbs zwischen den Akteuren und Sicherstellung der Vielfalt der Projektträger.
Nach Einführung der optionalen Marktprämie (im
Zuge des EEG 2012) und der verpflichtenden Direkt-
vermarktung (im Zuge des EEG 2014) stellt die Einfüh-
rung von Ausschreibungen mit dem EEG 2017 nun die
nächste Etappe zur Marktintegration und Steigerung
der Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien in
Deutschland dar.
Auch wenn die flächendeckende Einführung des neu-
en Modells vor allem vor dem Hintergrund einer mög-
lichst sinnvollen Zuteilung öffentlicher Ressourcen
und der Erreichung der für die erneuerbaren Energien
definierten Ausbauziele dient, stellt die Umstellung
auf Ausschreibungen auch eine transparente und
diskriminierungsfreie Zuteilung der Projekte sicher.
Der deutschen Regierung zufolge sollen ab 2017
80 Prozent des Stroms aus Erneuerbare-
Energien-Anlagen (EE-Anlagen) über Ausschreibungen
zugeteilt werden. Im Bereich Windenergie betrifft dies
Anlagen mit einer Kapazität von über 750 kW.
Abbildung 2: Ausbauziele für Onshore-Windenergie gemäß EEG 2017, Vortrag von Thorsten Falk, BMWi
Mit dem EGG 2017 hat sich der deutsche Staat zudem das Ziel gesetzt, den weiteren Ausbau der Windstromerzeu-
gungskapazitäten besser mit dem Ausbau der Übertragungs- und Verteilinfrastrukturen in Einklang zu bringen.
Um dieser Problematik entgegenzuwirken, setzt das neue EEG 2017 sowohl auf eine geographische Verteilung der
neuen Anlagen als auch auf die Kopplung mit anderen Technologien. Hier sind drei Maßnahmen geplant:
Nutzung von Power-to-Heat-Anlagen mit dem Ziel, die Überschusserzeugung der Windenergieanlagen zu
begrenzen.
Festlegung von Netzausbaugebieten für Onshore-Windenergie in Deutschland durch die Bundesnetzagen-
tur (BNetzA) bis zum 1. März 2017: Für diese Regionen, die maximal 20 Prozent des Bundesgebietes umfas-
sen dürfen, werden nur bis zu einer bestimmten zu installierenden Leistung (Obergrenze) Zuschläge erteilt.
Diese Obergrenze entspricht 58 Prozent des zwischen 2013 und 2015 erreichten Zubaus.
Fortsetzung des kontrollierten Offshore-Windenergie-Zubaus (siehe Abbildung 2) mit einer angestrebten
installierten Leistung von 6,5 GW bis 2020 bzw. 15 GW bis 2030.
Um darüber hinaus die gleichmäßige Verteilung von Windenergieanlagen auf dem Bundesgebiet zu ermöglichen
und die Konzentration in windstarken Regionen zu vermeiden, wurde das Referenzertragsmodell eingeführt. Damit
kann die Höhe der einem Zuschlagsempfänger zugewiesenen Vergütung je nach Standort und Windbedingungen
der Windenergieanlage nach oben oder unten korrigiert werden (vgl. Abbildung 3). Die voraussichtliche Grundver-
Onshore-Windenergie
(Bruttozubau/Jahr)
Offshore-Windenergie
(Bruttozubau/Jahr)
2017 2.800 MW
Ziel: 6.500 MW im Jahr 2020
(3.500 GW am 30.06.2016)
2018 2.800 MW
2019 2.800 MW
2020
2.900 MW/Jahr zwischen
2020 und 2026
2021 500 MW in der Ostsee
2022 500 MW
(Nord- und Ostsee)
2023 700 MW
(Nord- und Ostsee)
2024 700 MW
(Nord- und Ostsee)
2025 700 MW
(Nord- und Ostsee)
2026 840 MW
(Nord- und Ostsee)
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 6
gütung liegt – bei einem Referenzertrag von 100 Prozent – bei sieben Eurocent pro Kilowattstunde. Einzige Aus-
nahme: Onshore-Windenergieprojekte, die vor dem 1. Januar 2017 eine Baugenehmigung erhalten, vor dem 1. Februar
2017 eingetragen und vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen werden, profitieren auch weiterhin von den der-
zeit geltenden Bedingungen.
Offshore-Windenergieanlagen, die vor dem 1. Januar 2020 an das Netz angeschlossen und in Betrieb genommen
werden, profitieren auch weiterhin von der Direktvermarktung der im Rahmen des EEG 2014 festgehaltenen Vergü-
tung.1 Ab 2021 werden auch Offshore-Windenergieanlagen dem Ausschreibungsverfahren mit Direktvermarktung
unterworfen.2
Einen weiteren Punkt, dem der Gesetzgeber viel Bedeutung beimisst, stellt die Akteursvielfalt dar. Diese kann den
Wettbewerb erhöhen, was nicht nur der preislichen Wettbewerbsfähigkeit zugute kommt, sondern auch die
Entstehung von Projekten vorantreibt, die sowohl hinsichtlich der sozialen Akzeptanz als auch hinsichtlich der
Forschung Mehrwert generieren sollen. Im Bereich der Windenergie sind zudem Ausnahmen vorgesehen, um wei-
terhin eine Beteiligung von Bürgerenergiegesellschaften zu ermöglichen. Im Rahmen der Ausschreibungen können
diese Projekte Sonderkonditionen erhalten.
1 Vgl. Zusammenfassung des DFBEW zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2014) und zur
Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts – Zusammenfassung der wichtigsten Punkte. 2 Vgl. EEG 2017.
Abbildung 3: Beispielhafte Vergütung in Abhängigkeit vom Referenzertrag (anwendbar für
Ausschreibungen ab 2017), Vortrag von Thorsten Falk, BMWi
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 7
b. Entwicklung von Rechtsrahmen und Fördermechanismen in Frankreich
Vortrag: Adrien Thirion, Abteilungsleiter „Fördermechanismen erneuerbare Energien“, Französische Regulierungs-
behörde für Energie (Commission de régulation de l’énergie, CRE) – Der aktuelle Rechtsrahmen für die Windenergie
in Frankreich.
Dominique Darne, Geschäftsführer Eurowatt und Vorsitzender des Arbeitskreises „Wirtschaftsfragen“, französischer
Windenergieverband France Energie Eolienne (FEE) – Welche Chancen bietet die Direktvermarktung für die Wind-
energie in Frankreich und welche weiteren Entwicklungen sind zu erwarten?
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Zum Zeitpunkt dieser Konferenz profitierte die gesamte französische Windenergiebranche noch von der festen
Einspeisevergütung, die im März 2014 für zehn Jahre validiert und im Juni 2014 durch einen Tariferlass ergänzt wur-
de.3 Es handelte sich um ein stabiles Fördermodell, das den Geldgebern bekannt war und die Projektfinanzierung
stark vereinfachte.
Obwohl es sich bei dieser Förderung um eine staatliche Beihilfe4 handelte, wurde das Modell in seiner ersten Fas-
sung von 2014 von der Europäischen Kommission (KOM) als mit dem EU-Recht vereinbar angesehen. Die der KOM
angegliederte Generaldirektion Wettbewerb hielt eine neuerliche Notifizierung der Beihilferegelung jedoch für not-
wendig, nachdem die Vorschriften zur französischen Strompreisumlage für öffentliche Dienstleistungen (contribu-
tion au service public de l’électricité, CSPE) im Rahmen des französischen Haushaltsänderungsgesetzes5 vom
29. Dezember 2015 Änderungen unterzogen wurden. Im Rahmen der Notifizierung des neuen französischen Beihil-
fesystems kam die Europäische Kommission zu dem Schluss, dass der französische Fördermechanismus für Onsho-
re-Windenergie nicht mehr mit der EU-Gesetzgebung zu staatlichen Beihilfen und insbesondere nicht mit den von
3 Vgl. Französische Verordnung Nr. 2016-682 vom 27. Mai 2016 zur festen Einspeisevergütung und Direktvermarktung mit Marktprämie (Décret du 27 mai 2016 relatif à l'obligation d'achat et au complément de rémunération). 4 Vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Dezember 2013. 5 Vgl. Französisches Haushaltsänderungsgesetz Nr. 2015-1786 vom 29. Dezember 2015 (Loi de finances rectificative).
BÜRGERENERGIEGESELLSCHAFTEN GEMÄSS EEG 2017
Bürgerenergiegesellschaften sind Gesellschaften, die folgenden Regeln unterliegen:
Die Projektträgergruppe setzt sich aus mindestens zehn natürlichen Personen zusammen, die mindestens
zur Hälfte aus dem Landkreis stammen, in dem die Windenergieanlage errichtet werden soll. Kein Mitglied
oder Anteilseigner der Gesellschaft darf mehr als 10 Prozent der Stimmrechte an der Gesellschaft halten.
Das Projekt darf höchstens sechs Anlagen umfassen, deren Gesamtkapazität 18 MW nicht übersteigen darf.
Der Kommune, in der die Windenergieanlage errichtet werden soll, muss ein Angebot für eine Beteiligung
von zehn Prozent unterbreitet werden.
Sonderkonditionen für Bürgerenergiegesellschaften:
Zum Zeitpunkt der Gebotsabgabe muss keine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionschutzgesetz
(BImSchG) vorliegen. Es reicht aus, Nachweise für die Flächensicherung und das Windgutachten einzu-
reichen.
Die verbleibenden Analysen und Gutachten sind nach Einholung der BImSchG-Genehmigung nachzu-
reichen.
Bürgerenergiegesellschaften haben zwei Jahre mehr Zeit, um Projekte zu realisieren.
Bürgerenergiegesellschaften wird automatisch der höchste in der Ausschreibung angegebene Vergütungs-
satz zugewiesen, der im Rahmen der Ausschreibung, an der sie sich beteiligen, noch bezuschlagt wird.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 8
ihr 2014 neu herausgegebenen Leitlinien in Einklang stand.6 In diesen Leitlinien schreibt sie explizit die Einführung
der Direktvermarktung mit Marktprämie und eine allgemeine Einführung von Ausschreibungen zur Förderung der
Windenergie vor.
Darüber hinaus stellt sich in Frankreich die Frage zum Fördermechanismus auch für die Windparks der ersten Ge-
neration, deren Stromabnahmevertrag ausgelaufen ist. Zur Anpassung an den Markt sei für diese Anlagen die Ein-
führung neuer Verträge mit Direktvermarktung laut Adrien Thirion, Mitarbeiter der französischen Regulierungsbe-
hörde für Energie (Commission de Régulation de l’Énergie, CRE), eine gute Übergangslösung. Bereits 2014 kam die
CRE im Rahmen der Beratungen zum vorangegangenen Tariferlass zur Windenergieförderung zu dem Schluss, dass
sich dieser Mechanismus nicht länger zur Förderung der französischen Windenergiebranche eigne7 und eine Neuge-
staltung der Fördermechanismen zugunsten der Verbraucher und Erzeuger notwendig sei.
Den Vorgaben der Europäischen Kommission entsprechend, arbeiten der französische Staat, das französische Minis-
terium für Umwelt, Energie und Meeresangelegenheiten (MEEM) und dessen Generaldirektion Energie und Klima-
schutz (Direction Générale à l’énergie et au climat, DGEC) sowie Branchenvertreter seit Sommer 2016 an einer Neuge-
staltung des Fördermechanismus. Auch wenn der Tariferlass «Direktvermarktung mit Marktprämie» für 2016 am
14. Dezember 2016 im französischen Amtsblatt veröffentlicht wurde, sind die Arbeiten für dessen Umsetzung im
Jahr 2017 sowie für die Vorbereitung des Inkrafttretens der Ausschreibungen ab 2017 noch immer nicht abgeschlos-
sen.
Dominique Darne, ein Vertreter von France Energie Eolienne und Entwickler von Windenergieanlagen, sah die
kommenden Wochen als Bewährungsprobe für die Branche, müsse sie doch in kürzester Zeit auf ein halb-
kaufmännisches System (système semi-marchand) umstellen. Dabei sei vornehmlich folgenden Punkten besondere
Aufmerksamkeit zu widmen:
Auswahl der Anlagen;
Regelungen im Zuge der Installation von (größeren) Anlagen;
genauere Windstudien zur Verringerung von Unsicherheiten;
Sensibilisierung der französischen Geldgeber für neue Fördermechanismen, mit dem Ziel, die Abdeckung
neuer Risiken zu erlauben.
All diese im Sinne einer größeren preislichen Wettbewerbsfähigkeit vorgenommenen Überlegungen würden dazu
beitragen, dass die Anlagen weiterentwickelt werden. Derzeit sei es noch so, dass die im ersten Quartal 2016 in Frank-
reich installierten Anlagen eine um 50 m geringere Höhe und einen um zehn bis 15 Meter kleineren Rotordurchmesser
besitzen als die im gleichen Zeitraum in Deutschland errichteten Anlagen.
Im Zuge der seit 2016 geführten Diskussionen zur Umstellung auf die Direktvermarktung wurden mehrere kritische
Punkte identifiziert, die besondere Aufmerksamkeit verdienen und auf der Konferenz thematisiert wurden:
Berechnung der Vergütung: Auswahl der Daten und des Zeitintervalls (Preisunterschiede können je nach
gewähltem Intervall (täglich/monatlich) um bis zu zehn Prozent schwanken);
Modellierung der Finanzierungsbedingungen durch Banken (zunächst durch eine Verkürzung der Laufzeit
aufgrund der geringeren Vergütung);
Einbindung der Direktvermarkter: Überlegungen zur Vereinfachung des Netzzugangs und zur Integration
von Absicherungswerkzeugen.
6 Vgl. Leitlinien der Europäischen Kommision für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen für den Zeitraum 2014–2020, Juli
2014. 7 Vgl. Analyse der Französischen Regulierungsbehörde für Energie (CRE): Coûts et rentabilité des énergies renouvelables en
France métropolitaine (Kosten und Rentabilität erneuerbarer Energien in Frankreich), April 2014.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 9
3. Herausforderungen nach Einführung des Ausschreibungssystems a. Umsetzung von Ausschreibungen in Frankreich und Deutschland
Vorträge: Malte Luks, Referent Energieregulierung, Bundesnetzagentur (BNetzA) – Das Ausschreibungsdesign für
Onshore-Windenergieprojekte im EEG 2017.
Adrien Thirion, Abteilungsleiter „Fördermechanismen erneuerbare Energien“, Französische Regulierungsbehörde für
Energie (Commission de régulation de l´énergie, CRE) – Der aktuelle Rechtsrahmen für die Windenergie in Frankreich.
Dominique Darne, Geschäftsführer Eurowatt, Vorsitzender des Arbeitskreises „Wirtschaftsfragen“, französischer
Windenergieverband France Énergie Éolienne (FEE) – Welche Chancen bietet die Direktvermarktung für die Wind-
energie in Frankreich und welche weiteren Entwicklungen sind zu erwarten?
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
In Deutschland wurden erstmals Ausschreibungen im Zuge des EEG 2014 eingeführt und werden nun verpflichtend
ab 2017 für sämtliche Windenergieanlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 750 kWh durchgeführt. Wie
bereits zuvor in der Photovoltaik besteht das Ziel darin, einen transparenten Referenzrahmen zu schaffen, der die
Grundlage für beste Gebote schafft.
In Deutschland findet die erste Ausschreibung – mit einem Ausschreibungsvolumen von 800 MW – im Mai 2017 statt.
Welche Gebiete betroffen sind, steht noch nicht fest, weil dies – ebenso wie die Bedingungen für die Teilnahme an
der ersten Ausschreibung – erst Anfang März 2017 veröffentlicht wird. Für 2017 sind zwei weitere Ausschreibungen
mit einem Volumen von insgesamt höchstens 2 GW vorgesehen. Der endgültige der Ausschreibungsrhythmus wird
2018 erreicht, in dem Jahr sind bislang vier Ausschreibungen geplant. Die Vergütung für 2018 errechnet sich auf
Grundlage der 2017 eingegangenen Gebote.
Malte Luks von der Bundesnetzagentur (BNetzA) ging in seinem Vortrag auf den Ausschreibungsrahmen ein. Die
wichtigsten Punkte seines Beitrags sind unten zusammengefasst.
Vor der Projektauswahl sei vor allem sicherzustellen, dass
zum Zeitpunkt der Einreichung des Projekts sämtliche gemäß dem BImSchG geforderten Genehmigungen
vorliegen (Sonderregelungen für Bürgerenergie- und Pilotprojekte);
die Stabilität des Investitionsplans nachgewiesen ist und bereits mit Einreichung des Gebots ein Datum der
Inbetriebnahme des potenziellen Windparks genannt werden kann;
sämtliche Regelungen zur Einreichung von Geboten genau eingehalten werden8;
zur Absicherung ein Betrag von 522 Euro pro Gebot, zuzüglich einer Bietungsgarantie von 30 Euro pro kW,
einbezahlt wurde.
Nach Bezuschlagung des Projekts:
Der Projektträger hat zwischen 24 und 30 Monaten Zeit, um sein Vorhaben zu verwirklichen. Nach Ablauf
dieser Frist erlischt sein Recht auf Realisierung und ihm werden Pönalen auferlegt.
Nach Eintragung im Marktstammdatenregister und Überprüfung der Übereinstimmung der vom Projekt-
träger bereitgestellten Informationen durch die BNetzA werden dem Projektträger die als Sicherheit be-
reitgestellten Beträge erstattet.
In Frankreich wird die Debatte zu den Ausschreibungen in den nächsten Wochen an Relevanz gewinnen. Gleichzei-
tig mit Übergang in die Direktvermarktung müssen ab 2017 die ersten Onshore-Wind-Ausschreibungen durchge-
8 Bei den ersten Ausschreibungen für Photovoltaikanlagen sind zehn bis zwölf Prozent der Gebote nicht über das Stadium der
formalen Überprüfung hinausgekommen.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 10
führt werden. Für den Vertreter der CRE, Adrien Thirion, besteht kein Zweifel daran, dass wohl durchdachte Aus-
schreibungen ein effizienter Mechanismus für die Weiterentwicklung der Windenergiebranche sein können. Sehe
man von den Überseegebieten einmal ab, scheine der Wettbewerb im Windkraftsektor auszureichen, um in Frank-
reich ein Ausschreibungssystem etablieren zu können. Darüber hinaus sorgten die Unterschiede bei Windenergie-
kosten (Netzanschluss, Grundstück) und Windbedingungen (Einnahmen) dafür, dass ein einheitlicher Stromabnah-
mepreis nicht mehr angemessen und für die Allgemeinheit langfristig mit Mehrkosten verbunden ist. Die Ausschrei-
bungen scheinen also die Lösung zu sein, um die Entwicklung der besten Projekte voranzutreiben.
Hinzu käme, wie der CRE-Vertreter besonders betonte, dass ein Ausschreibungsverfahren nicht unbedingt komplex
sein muss. Zwar sei die Einreichung eines Gebots unerlässlich (es bedurfte auch eines Antrags, um von der festen
Einspeisevergütung zu profitieren), aber der Aufwand, der vorab vom Projektträger bei der Zusammenstellung des
Dossiers aufzubringen ist, sei vertretbar. Es gehe für den Projektträger vor allem darum, einen Preis vorzuschlagen
und seine Finanzkraft nachzuweisen. Ansonsten sei lediglich die finanzielle Erfüllungsgarantie zu erbringen.
Um die Sichtbarkeit der Windenergiebranche und eine gewisse Planbarkeit sicherzustellen, vertritt die CRE die
Ansicht, dass Ausschreibungen mehrjährig angelegt sein sollen, dass innerhalb eines jeden Jahres mehrere Aus-
schreibungen durchgeführt werden und dass der Bieter eine maximale Preisdegression angeben kann. Darüber
hinaus erscheint es sehr wahrscheinlich, dass Projekten mit Bürgerbeteiligung – wie auch Bürgerenergieprojekte in
Deutschland – administrative Erleichterungen oder Boni gewährt werden. Zudem würden Ausschreibungen nicht
nur einen Wettbewerb unter den Anlagen, sondern auch hinsichtlich der Managementprämie zwischen den Direkt-
vermarktern ermöglichen.
b. Auswirkung von Ausschreibungen auf die Kosten der Onshore-
Windenergie-
Vorträge: Silke Lüers, Projektmanagerin Deutsche WindGuard – Kostensituation Wind an Land: Ergebnisse mit Blick
auf die Finanzierungskosten und mögliche Entwicklungen bei einem Ausschreibungssystem.
Nils Driemeyer, Leiter Vertrieb Europa, HSH Nordbank – Auswirkungen des Ausschreibungsmodells für die Onshore-
Windenergie auf die Projektfinanzierung aus Bankensicht?
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Seit 2012 sind die Investitionsausgaben in regelmäßigen Abständen gesunken. So hätten mehrere von Silke Lüers
vorgestellte Studien der Deutschen WindGuard gezeigt, dass die Hauptinvestitionskosten seit 2012 im Schnitt um
sieben Prozent pro Kilowatt zurückgegangen sind. Alleine der Anstieg der überstrichenen Rotorfläche hat in diesem
Zeitraum zu einer Kostensenkung von 16 Prozent pro Quadratmeter geführt.
Diese Kostensenkung folgt einem Trend und hat direkte Auswirkungen auf die Stromgestehungskosten. Daher geht
die Deutsche WindGuard unabhängig von der Qualität der Standorte, an denen die Windparks in Deutschland in-
stalliert sind, davon aus, dass die Windstromgestehungskosten für das Jahr 2016/2017 zwölf Prozent niedriger sein
werden als noch im Jahr 2012/2013 (vgl. Abbildung 4).
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 11
Abbildung 4: Entwicklung der Stromgestehungskosten von Windenergieanlagen nach Standortqualität,
Vortrag von Silke Lüers, Deutsche Windguard.
Die Einführung der im Rahmen des EEG 2017 vorgesehenen Ausschreibungen bringt große Änderungen mit sich, auf
welche die Windenergiebranche reagieren muss:
So hat die Deutsche WindGuard (vgl. Abbildung 5) festgestellt, dass die Veränderung der Berechnungsme-
thode des Referenzertrags, der sich fortan nach der Windhöffigkeit in 100 Metern Höhe bemisst9, Projektie-
rer vermutlich dazu bringen könnte, höhere Anlagen zu errichten, um ihr Vergütungsniveau beizubehalten.
Abbildung 5: Änderungen, die durch die Änderung der Referenzvergütung ausgelöst werden (EEG 2017),
Vortrag von Silke Lüers, Deutsche WindGuard.
Laut Nils Driemeyer von der HSH Nordbank würde die Einführung von Ausschreibungen auch das Volu-
men an Entwicklungsvorhaben verringern und den Wettbewerb zwischen den Projektierern erhöhen. Auch
wenn mit der Einführung von Ausschreibungen natürlich geringere Preise und Wettbewerbsvorteile ange-
9 Der Referenzstandort (Gütefaktor 100 Prozent) ist der Standort, der in einer Höhe von 100 Metern über dem Grund eine mittlere
Windgeschwindigkeit von 6,45 Metern/Sekunde besitzt. Vgl. Vortrag von Silke Lüers zur „Kostensituation Wind an Land: Ergebnisse
mit Blick auf die Finanzierungskosten und mögliche Entwicklungen bei einem Ausschreibungssystem“, einsehbar auf der Website
des DFBEW.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 12
strebt würden, sei es doch wichtig, über die nächsten Jahre zu beobachten, ob die jährlichen Zubauraten
tatsächlich eingehalten würden. (vgl. Abbildung 6).
Abbildung 6: Zubauraten – Vergleich zwischen PV- und Onshore-Windanlagen,
Vortrag von Nils Driemeyer, HSH Nordbank.
Nils Driemeyer zufolge besteht das Risiko, dass die für Ausschreibungen nötigen Bietergarantien (bid
bonds) kleinere Projektierer benachteiligen, was insbesondere angesichts der vom Gesetzgeber angestreb-
ten Akteursvielfalt problematisch sei.
Im Rahmen des EEG 2017 wird den Akteuren nicht länger eine Grundvergütung (gültig für 20 Jahre) mit er-
höhtem Tarif ausgezahlt. Stattdessen wird der für ein Vorhaben anzulegende Wert im Rahmen der Direkt-
vermarktung alle fünf Jahre neu bewertet. Diese Neubewertung kann für Finanzierer mit Risiken behaftet
sein, müssen ja Projektträger zu viel gezahlte Beträge zurückzahlen, wenn der neu bewertete Gütefaktor
mehr als zwei Prozentpunkte vom zuletzt berechneten Gütefaktor abweicht10
. Zudem würde das Risiko bei
Projekten mit einer Standortqualität von weniger als 70 Prozent sprunghaft zunehmen (Klippeneffekt)11
(vgl. Abbildung 3).
Im Rahmen des neuen EEG 2017 ist es daher unerlässlich, dass sich die künftigen Stakeholder eines Projekts unter-
einander sowie mit dem Gesetzgeber abstimmen.
10 Beispiel: Für eine Anlage wird ein Gütefaktor von 90 Prozent angelegt; tatsächlich erreicht sie aber 100 Prozent des
Referenzertrags. Eine solche Anlage muss fünf Jahre warten, bis die Vergütung angepasst und der zu wenig bezahlte Betrag
nachgezahlt wird. 11 Schlechteste Anlagen mit einem Ertrag an der 70-Prozent-Grenze. Bei einem Gütefaktor von unter 70 Prozent wird die Vergütung
nicht angepasst. Die Vergütung für Anlagen mit einem Gütefaktor von 60 Prozent entspricht der Vergütung für Anlagen mit einem
Gütefaktor von 70 Prozent.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 13
c. Genehmigungen und Rechtssicherheit im Kontext von Ausschreibun-
gen in Deutschland
Vortrag: Dr. Harmut Kahl, Leiter Recht der erneuerbaren Energien und Energiewirtschaft, Stiftung Umweltenergier-
echt – Rechtssicherheit der Genehmigungen in Deutschland und Ausschreibungen.
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Das deutsche Recht unterscheidet zwei Bau-
genehmigungsverfahren:
- Das formelle Verfahren sieht vor Be-
ginn der Arbeiten eine einmonatige
öffentliche Bekanntgabe vor und
begrenzt die Frist für die Drittan-
fechtung auf einen Monat.
- Beim vereinfachten Verfahren darf
bereits mit Einreichung/Annahme
des Antrags auf Baugenehmigung
mit den Bauarbeiten begonnen
werden. Die Drittanfechtungsfrist
bei diesem Verfahren beläuft sich
dafür auf ein Jahr.
Abbildung 7: Baugenehmigungs- und Anfechtungsverfahren in Deutsch-
land, Vortrag von Harmut Kahl, Stiftung Umweltenergierecht.
Das neue, im Zuge des EEG 2017 eingeführte Ausschreibungsverfahren, sieht vor, dass Projektträger ab der Bekannt-
gabe des Zuschlags 30 Monate Zeit haben, um ihr Vorhaben zu realisieren. Ist das Projekt auch 24 Monate nach Be-
kanntgabe des Zuschlags noch nicht realisiert, werden Pönalen erhoben12
. Vor dem Hintergrund, dass Projekte im-
mer häufiger angefochten werden bzw. selbst die ordnungsgemäße Organisation eines Projekts keine Rechtssicher-
heit bringt, kann für jedes Projekt ein Baustopp angeordnet werden, wodurch sich seine Realisierungszeit verlän-
gert. Darüber hinaus werden Widersprüche in Deutschland gegen die öffentlichen Institutionen, die für die Bear-
beitung der Anträge und für die Zuteilung der Projekte zuständig sind, eingelegt und können dadurch, unabhängig
vom Projektträger, aufgrund eines Verfahrensfehlers Gegenstand eines Anfechtungsverfahrens sein. Daraus ergibt
sich, dass der Entwickler niemals wirklich Herr über sein Projekt ist und damit das Risiko für ihn hoch bleibt.
Auch wenn die Frist, nach der der Zuschlag erlischt, gemäß § 36e Absatz 2 des EEG 2017 verlängert wird13
, wird die
Vergütung ab dem 30. Monat ausgezahlt. Selbst wenn die Anlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Betrieb ge-
nommen wurde, beginnt auch die zwanzigjährige Frist zur Auszahlung der Marktprämie automatisch. Bei zu Un-
recht ausgezahlten Beträgen ist der Projektträger dann in der Pflicht, den zu viel erhaltenen Betrag zurückzuzahlen.
Die Pläne zur Projektfinanzierung können leicht mithilfe von Widersprüchen angefochten werden. Für Dr. Harmut
Kahl von der Stiftung Umweltenergierecht ist es daher wesentlich, dass die Projektträger, die auf dem deutschen
Markt vertreten sind bzw. sich dort etablieren wollen, engen Kontakt zu den Behörden halten, damit drohende An-
12 Höhe der Verzugspönale: 10 Euro/kW nach Ablauf des 24., 20 Euro/kW nach Ablauf des 26., 30 Euro/kW nach Ablauf des 28. auf
die öffentliche Bekanntgabe des Zuschlags folgenden Monats. 13 Vgl. EEG 2017.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 14
fechtungen schnellstmöglich erkannt werden. So wäre noch Zeit, Gebote auf Grundlage einer Studie zu den mögli-
chen vom betroffenen Projekt ausgehenden Risiken zurückzuziehen.
4. Entwicklung des Vermarktungsprozesses: die Direktvermarktung a. Erfahrungsbericht zur Direktvermarktung in Deutschland
Vortrag: Ulf Winckler, Geschäftsführer, Umweltplan Projekt GmbH – Direktvermarktung in Deutschland im Rück-
blick und Stand heute: Ein Erfahrungsbericht.
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Nahezu 95 Prozent der deutschen Grünstromer-
zeuger werden ihren Strom fortan direkt auf dem
Markt verkaufen. Mit dem EEG 2014 wurden die
Rahmenbedingungen für die geförderte Direkt-
vermarktung geschaffen – vgl. beispielsweise Ab-
bildung 8.
Unter Berücksichtigung der Strompreise auf dem
Großhandelsmarkt ist es für Erzeuger heute un-
möglich, ihren Strom aus erneuerbaren Energien
ohne zusätzliche Förderung zu verkaufen. Zu dieser
Feststellung kommt Ulf Winckler, der der Ansicht
ist, dass der „reale“ Strompreis eher im Bereich zwi-
schen fünf bis sechs Eurocent pro KWh liegen
müsste. Bei diesem Preisniveau wären die erneuer-
baren Energien wettbewerbsfähiger.
Abbildung 8: Beispiel für die Anlagenfinanzierung mittels geförderter
Direktvermarktung an einem Windpark der Umweltplan Projekt
GmbH, Vortrag von Ulf Winckler, Umweltplan Projekt GmbH
Ulf Winckler stellte den Teilnehmern der Konferenz die Herausforderungen dar, auf die sein Unternehmen bei der
Umstellung auf die Direktvermarktung gestoßen ist. Die Umweltplan Projekt GmbH ist ein kleiner Projektierer, der
bereits nahezu 50 MW Windenergie errichtet hat:
Die Entscheidung für die Zwischenschaltung sowie die Suche nach dem richtigen Direktvermarkter mit
ausreichend Finanzkraft seien grundlegend gewesen. Ursprünglich wollte die Umweltplan Projekt GmbH
die Überwachung intern abwickeln. Schnell hätte sie erkannt, dass sie nicht über die Kapazitäten verfügt,
um Windenergieanlagen und Strommärkte 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche im Auge zu be-
halten, und sich daher an einen Direktvermarkter gewandt.
Die Umstellung auf die Direktvermarktung führte zur Hinzuziehung weiterer Finanzpartner und zur Neu-
verhandlung von Verträgen. Die Umweltplan Projekt GmbH war im Zuge der Direktvermarktung gezwun-
gen, größere Sicherheiten über Eigenmittel bereitzustellen.
Die Automatisierung der Anlagenüberwachung und Datenerhebung (Erzeugung, Störungsanalyse usw.)
sowie die Einrichtung eines Fernverwaltungssystems der Anlagen und der nachträglichen Kontrolle der be-
rechneten und tatsächlich gelieferten Energie waren zusätzliche Herausforderungen, mit denen das mittel-
ständische Unternehmen konfrontiert war.
Alles in allem schätzt Ulf Winckler die aus der Einführung der Direktvermarktung resultierenden Mehrinvestitionen
auf 35.000 Euro pro Anlage.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 15
b. Einführung der Direktvermarktung in Frankreich: juristische Aspekte
und wichtige Gesichtspunkte
Vorträge: Claire Bretheau, Anwältin, & Sibylle Weiler, Anwältin, Sterr-Kölln Partner – Die Einführung der Direktver-
marktung in Frankreich: Rechtliche Aspekte für Betreiber, Banken und Direktvermarkter.
Dominique Darne, Geschäftsführer Eurowatt, Vorsitzender des Arbeitskreises „Wirtschaftsfragen“, französischer
Windenergieverband France Énergie Éolienne (FEE) – Welche Chancen bietet die Direktvermarktung für die Wind-
energie in Frankreich und welche weiteren Entwicklungen sind zu erwarten?
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Der Übergang zur Direktvermarktung und die Abschaffung der einfachen und exklusiven Beziehung, die auf Grund-
lage administrativer Verträge mit relativ langen Laufzeiten (15 Jahre) zwischen den Stromerzeugern und der EDF
bestand, werden dazu führen, dass zwei neue Vertragstypen entstehen:
I) Geschäftsvertrag mit einem mit dem Verkauf des Stroms auf dem Markt betrauten Direktvermarkter;
II) administrativer Vertrag über die Marktprämie mit einem Stromanbieter.
Das französische Energiegesetzbuch (Code de l’énergie) definiert den Direktvermarkter (agrégateur) als „juristische
oder natürliche Person, die den von einer Anlage erzeugten Strom im Namen des Inhabers der Anlage auf den Strom-
märkten verkauft.“14
Vor diesem Hintergrund kann der Strom auf allen Strommärkten oder auch außerbörslich verkauft werden.
Claire Bretheau und Dominique Darne empfehlen Projektentwicklern, die einen Direktvermarkter beauftragen
wollen, insbesondere auf folgende Punkte zu achten:
Es ist darauf zu achten, welche Gebote eingehen und wer die Gegenpartei ist (beim Einsatz von Intermediä-
ren ist der Zusammensetzung des Gebots mehr Aufmerksamkeit zu schenken). In dieser Hinsicht spielt vor
allem die Frage der Managementprämie eine wichtige Rolle.
Es empfiehlt sich, Bilanzkreisabweichungen zu thematisieren und genau festzulegen, wer hierfür die Kos-
ten trägt.
Da jede falsche Information zu einem Schaden führen kann, ist die Qualität der bereitgestellten Daten ge-
nau zu prüfen, insbesondere im Hinblick auf:
o Wartungskalender;
o Meldung von Problemen an der Anlage;
o Negative Preise.
Auch die Rolle des Bankberaters ist entscheidend. Seine Aufgaben bestehen darin, die Liquidität der Direkt-
vermarkter zu überprüfen und sich ihrer Finanzkraft zu vergewissern. Ausfälle sind schnellstens zu behe-
ben, damit die Projektentwicklung nicht ausgebremst wird. Banken müssen die Gegenpartei also unbedingt
einer Bonitätsprüfung unterziehen, da sie ggf. Garantieansprüche erfüllen müssen.15
14 Vgl. Artikel R.314-1 des französischen Energiegesetzbuchs (Code de l'énergie). 15 Der Mechanismus des Käufers der letzten Instanz (acheteur de dernier recours), der mit der französischen Verordnung Nr. 2016-
682 zur Stromabnahmepflicht und Direktvermarktung (Décret relatif à l’obligation d’achat et au complément de rémunération)
eingeführt wurde, erlaubt es, die Projektfinanzierung abzusichern. Ein Käufer der letzten Instanz wird für eine Dauer von höchstens
fünf Jahren nach der Ausschreibung ernannt. Er kauft den von der Anlage erzeugten Strom, wenn
es dem Stromerzeuger nicht möglich ist, den Strom selbst auf den Märkten zu verkaufen.
kein Direktvermarkter gefunden wird oder dieser seine Pflichten nicht erfüllt. -> Diese zweite Option scheint die
wahrscheinlichere zu sein.
Vgl. https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000032591142&categorieLien=id
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 16
Die mit Direktvermarktern geschlossenen Verträge haben vermutlich kürzere Laufzeiten und vielfältigere
Strukturen als die von EDF angebotenen Verträge. Man sollte sich also zuvor über die Laufzeit und einen
grundlegenden Vertragsteil einigen, in dem die verschiedenen Kündigungsmechanismen, garantierte Ver-
gütungen, Rabatte, aber auch Konditionen zur Abtretung von Forderungen enthalten sind.
Direktvermarkter sollten bei der Ausfertigung des Vertrages ihrerseits auf folgende Elemente besonders achten:
Rechnungsstellung und Rechnungsdaten;
Vergütungshöhe;
Zugang zu Informationen, die für die Ausübung seiner Aktivität nötig sind (d. h. Wartungsdaten, Zählerda-
ten „Einspeisepunkt“, Klauseln zu Gesetzesänderungen usw.)
5. Finanzierung von Windenergieprojekten und Umgang mit dem
Risiko von Anfechtungsverfahren a. Wirtschaftliche Analyse der mit der Entwicklung von Windenergiean-
lagen verbundenen Risiken
Vorträge: Matej Lednicky, Head of Wind Investments, KGAL – Investitionen in bestehende Windparkprojekte und
Windparkprojekte in der Planung: Erwägungen und Abwägungen eines Investors.
Wolfgang Rohe, Prokurist und Vice President, Bremer Landesbank – Welche Kriterien werden zur wirtschaftlichen
und finanziellen Bewertung von Projekten seitens der Banken herangezogen?
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Investoren schätzen Erneuerbare-Energien-Anlagen vor allem aufgrund ihrer Stabilität und Lebensdauer. Die Ein-
führung der Direktvermarktung in Deutschland und Frankreich sowie Rechtsstreitigkeiten und die plötzlichen
Neuerungen des Fördermechanismus insbesondere in Frankreich haben jedoch dazu geführt, dass die Risiken für
Erneuerbare-Energien-Anlagen gestiegen sind. Diese Entwicklungen haben sich in den Gewohnheiten der Investo-
ren niedergeschlagen. Vor dem Hintergrund der Risikominimierung setzen nun Investoren auf kürzere Laufzeiten.
Zudem interessieren sie sich vermehrt für die Neuerrichtung oder Sanierung von Anlagen (Greenfield-Investment).
Im Rahmen seines Vortrags ist Matej Lednicky auf die wichtigsten Risiken eingegangen, denen Windenergieanlagen
in Frankreich und Deutschland je nach Art der Anlagen16
ausgesetzt sein könnten (vgl. Abbildung 9).
16 Zu errichtende Anlagen = Windparks in Entwicklung; produktionsreife Anlagen – Windparks in Betrieb.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 17
Abbildung 9: Bewertung der Risiken für Finanzierer von Windkraftprojekten (Windparks in Entwicklung/Windparks in Betrieb,
Vortrag von Matej Lednicky, KGAL.
Anlagen Risiken Deutschland Frankreich
NEU
ZU
ERRIC
HTE
ND
E A
NLA
GEN
Projektentwick-
lungsphase
Komplexität der Grundstücke bleibt zu
untersuchen (relative Windschwäche)
Technologische Risiken (Leistungskurve der Turbine, Design, usw.)
Regionen, die von den nächsten Zubaurun-
den ausgenommen sind Drittanfechtungsrisiko
Aussichten des
Marktes Erhöhte Marktwettbewerbsfähigkeit und Ende des Subventionsmodells.
Rechtsrahmen Unsicherheiten bezüglich der Ausschrei-
bungen Unsicherheiten bezüglich der Direktvermarktung 2016 und 2017
PRO
DU
KTI
ON
SREI
FE A
NLA
GEN
Operative Para-
meter
Beschränkung der technischen Lebenserwartung
Unsicherheiten bezüglich der Betriebs- und Wartungskosten nach Ablauf der ersten 10/15 Betriebsjahre
Hohe betriebliche Fixkosten Unklarheiten in Bezug auf gesetzliche Regelungen
Vergütung
Strompreisschwankungen Stromabnahmepreis auf 15 Jahre begrenzt
(weniger im deutschen Modell)
Kannibalisierung der fluktuierenden erneu-
erbaren Energien (Negative Preise) Keine Sichtbarkeit für die Direktvermarktung
Struktur
Steuerliche Beschränkungen
(beschleunigte Abschreibung seit 2011)
Finanzielle Beschränkungen des Privatsektors
Außerbetrieb-
nahme vs.
Repowering
Kein Repowering-Bonus im Rahmen des
EEG 2017 Noch keine Erfahrungen mit Repowering
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 18
b. Finanzierung von Windenergieprojekten trotz Anfechtungsrisiko
Diskussionsrunde: Nils Driemeyer, Leiter Vertrieb Europa, HSH Nordbank.
Catherine Dupuy-Burin des Roziers, Anwältin, BCTG und Vertreterin des frz. Erneuerbaren-Verbands Syndicat des
énergies renouvelables (SER).
Harmut Kahl, Leiter Recht der erneuerbaren Energien und Energiewirtschaft, Stiftung Umweltenergierecht.
Bernd Kiermeier, Vorstand, OSTWIND.
Stéphane Pasquier, Generaldirektor, Natixis Energéco.
Die Mitschnitte dieser Diskussionsrunde sowie aller Vorträge sind online exklusiv für unsere Mitglieder verfügbar.
Die Akzeptanz von Windenergieprojekten ist eine Herausforderung, mit der sowohl französische als auch deutsche
Akteure konfrontiert sind. Bisher war die hohe Anzahl an Widersprüchen eine französische Besonderheit und so
wurde beispielsweise zwischen 2012 und 2014 nahezu jedes zweite Vorhaben in Frankreich angefochten17
. Doch auch
in Deutschland, wo der Markt im Zuge der Energiewende zunehmend auf erneuerbare Energien und somit auch auf
Windenergie setzt, kommt es inzwischen immer häufiger zu Rechtsstreitigkeiten.18
Diese Podiumsdiskussion gab allen mit der Entwicklung von Windenergieanlagen befassten Akteuren die Möglich-
keit, sich dazu auszutauschen, wie sich Windenergieprojekte trotz Anfechtungsrisiko finanzieren lassen.
Die Begründungen französischer und deutscher Beschwerdeführer unterscheiden sich leicht. Während Widersprü-
che in Frankreich im Allgemeinen von Anrainerverbänden oder Windenergiegegnern eingebracht werden, spielen in
Deutschland eher ökologische Aspekte eine Rolle (Vogelschutzverbände). Auch Betreiber meteorologischer und
militärischer Radaranlagen haben in den letzten Jahren Widersprüche gegen Vorhaben in Deutschland eingebracht.
Harmut Kahl und Catherine Dupuy-Burin des Roziers sprechen sich angesichts der Tatsache, dass Windenergiean-
lagen trotz einer guten Vorbereitung und Abstimmung im Vorfeld des Projekts Anfechtungen nicht mehr ausschlie-
ßen können, dafür aus, verschiedene Lösungen vorzusehen, um die Projekte trotz Anfechtungsrisiko weiterhin fi-
nanzieren zu können.
Statistisch gesehen wird in französischen Widerspruchsverfahren etwas häufiger zugunsten der Projektierer ent-
schieden. Zudem verbietet es das französische Gesetz zur Änderung des französischen Baugesetzbuchs (loi française
portant modification du code de l’urbanisme), Strukturen, für die eine Baugenehmigung erteilt wurde, zu zerstören.
Bei einem Widerspruchsverfahren ist es also im Interesse des Projektträgers, dem die ICPE-Genehmigung für seine
als umweltgefährdend eingestufte Anlage (installations classées protection de l’environnement) erteilt wurde, die
Arbeiten fortzusetzen, um so wenig Zeit wie möglich zu verlieren. Stéphane Pasquier und Nils Driemeyer schlagen
folgende Lösung vor: Die Finanzierer könnten Projektträger über die sieben bis acht Jahre dauernden Streitverfah-
ren begleiten und danach einen neuen Vertrag aufsetzen.
Ein weiteres Problem bestünde laut Nils Driemeyer darin, dass die auf dem Markt zur Absicherung gegen das Klage-
risiko erhältlichen Versicherungsprodukte derzeit für die wichtigsten Akteure des Sektors zu teuer seien. Zudem
bestünden Stéphane Pasquier zufolge zu viele Unsicherheiten für den Fall, dass ein Projektierer die Versicherung in
Anspruch nimmt. Er fragte: „Welche Garantie kann man haben, dass der Versicherer nicht im letzten Moment eine
Sonderklausel aus dem Ärmel zaubert und diese gegen den Entwickler einsetzt?“.
17 Vgl. Die wichtigsten Widersprüche und Klagen bei Onshore-Windenergieprojekten in Frankreich, DFBEW, (Dezember 2015). 18 Vgl. Widersprüche und Klagen bei Windenergieprojekten in Deutschland, DFBEW, (Mai 2015).
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 19
Am Ende wurden mehrere Lösungen in Erwägung gezogen, mit denen sich den Teilnehmern dieser Diskussionsrun-
de zufolge Anfechtungsrisiken zerstreuen und verringern lassen:
Risikoteilung mit einem Sponsor, der eine über die Dauer des Streitverfahrens gültige Absicherung stellt.
Risikoteilung mit dem Turbinenhersteller, die 80 Prozent der Kosten eines Onshore-Windenergieprojekts
verursachen. Daher wäre es von Interesse, sie auch beim Risiko einzubinden. Dies kann in unterschiedli-
cher Form erfolgen: Streckung von Zahlungen, Rückkauf nicht in Betrieb genommener Anlagen usw.
Ausgleich der Risiken über die Einrichtung eines Portfolios aus mehreren Projekten: Dieses bestünde im
Allgemeinen aus drei bestandskräftigen Anlagen und einem „fälschlicherweise“ angefochtenen Vorhaben.
Der Liquiditätsüberschuss der ersten drei Projekte könnte so in der Anfechtungsphase den Liquiditätsbe-
darf des vierten Unternehmens abdecken.
c. Finanzierung mit Bürgerbeteiligung als Option zur Vermeidung von
Anfechtungen?
Vorträge: Stéphane Pasquier, Generaldirektor, Natixis Energéco – Finanzierung von Windenergieprojekten mit Bür-
gerbeteiligung in Frankreich.
Claudio Rumolino, Referent Bürgerwindenergie, Valorem – Finanzierung von Windenergieprojekten mit kommuna-
ler Beteiligung in Frankreich.
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Das französische Energiewendegesetz (Loi relative à la transition énergétique pour la croissance verte, LTECV) hat
die französischen Regionen in das Zentrum des grünen Wachstums gestellt, um Gebiete mit positiver Energiebilanz
zu entwickeln, die soziale Akzeptanz von Erneuerbare-Energien-Vorhaben zu erhöhen und das Risiko von Rechts-
streitigkeiten zu verringern. Vor diesem Hintergrund beendet das LTECV das Monopol der Bankkredite19
und eröff-
net die Möglichkeit partizipativer Finanzierungsmodelle (Crowdfunding)20
, wodurch sich Bürger an der Finanzie-
rung von Erneuerbare-Energien-Anlagen beteiligen können.
Bereits 298 MW der französischen Windstromerzeugungskapazitäten haben diese partizipativen Finanzierungsmo-
dellen (d. h. 0,7% der installierten Leistung) genutzt.
Im Rahmen dieser Konferenz berichteten Stéphane Pasquier und Claudio Rumolino über ihre jeweiligen Erfahrun-
gen mit Bürgerenergieprojekten. Das von Stéphane Pasquier präsentierte Projekt betraf ein Bürgerenergievorhaben,
an dem nahezu 380 Bürger beteiligt waren, davon 134 Landwirte. Zu Beginn wehrten sich ein Landwirt und mehrere
Einwohner eines Dorfes aus der Region Anjou gegen den Bau eines Windparks durch einen ausländischen Immobi-
lienfonds. Sie wollten ein eigenes Vorhaben entwickeln, um von „ihrem Wind“ zu profitieren. Die Einwohner haben
sich daraufhin im Rahmen einer genossenschaftlichen Struktur zusammengetan (1 Person = 1 Stimme) und über
eine Crowdfunding-Plattform Gelder von Bürgern, die in einem Umkreis von 20 Kilometern um das Windparkpro-
jekt herum leben, gesammelt. In Zusammenarbeit mit dem auf Crowdfunding spezialisierten Investmentfonds
Energies Partagées hat Natixis schließlich Projektträger gefunden und diese bei der Erstellung ihres Gebots und
Finanzierungsmodells unterstützt. Insgesamt konnten so 1,5 Millionen Euro (entspricht 15 Prozent des Projektfinan-
zierungsbedarfs) aufgebracht werden. Nach einer vierjährigen Entwicklungszeit konnte das Windenergieprojekt
2016 Jahr in Betrieb genommen werden.
Claudio Rumolino von Valorem stellte anschließend die Methode seines Unternehmens vor, die darin besteht, die
betroffenen Gebietskörperschaften mit Beginn der Projekterschließung einzubinden. So bietet Valorem Körper-
19 Vgl. Art. 23 des französischen Energiewendegesetzes (Loi relative à la transition énergétique pour la croissance verte). 20 Vgl. Art. 111 des französischen Energiewendegesetzes.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 20
schaften an, ihnen ein Versprechen für die Eigentumsabtretung nach zwei Jahren zu unterbreiten. Dies entspricht
dem Zeitraum, in dem die mit dem Projekt verbundenen Risiken auftreten. Die Eigentumsanteile können dank der
Einnahmen (Steuern, Pachtzahlungen usw.), die sich in diesen zwei Jahren angehäuft haben, von den Gebietskör-
perschaften abgekauft werden. Die Beteiligung der Gebietskörperschaften an den Vorhaben beläuft sich auf fünf
bis zehn Prozent der Eigenmittel des Projekts, womit sich die aus dem Windpark resultierenden Einnahmen auf
durchschnittlich nahezu drei Millionen Euro belaufen. Zu den Steuern und Pachteinnahmen kommen noch die
Rückzahlungen von Gesellschafterdarlehen oder die aus Dividenden stammenden Erträge.
In beiden Fällen konnte beobachtet werden, dass die Teilung des Mehrwerts (direkt mit den Bürgern oder indirekt
mit den Gebietskörperschaften) dazu führt, dass die Projekte von den lokalen Gemeinden anerkannt werden.
Abbildung 10: Wo leben die Investoren? Die Nachbarn der Windparks sind die Aktivsten, Vortrag von Claudio Rumolino, Valorem.
Finanzierung von Windenergieprojekten im Kontext neuer Fördermechanismen
Zusammenfassung der Konferenz vom 20. September 2016 in Berlin 21
6. Fazit – EEG 2017: Ausblick auf ein neues Finanzierungsmodell
Vortrag: Rolf Schnick, Abteilungsleiter Projektfinanzierung, ENERTRAG – Wie lassen sich Windenergieprojekte
künftig unter neuen Marktvorzeichen finanzieren? Strategische Überlegungen zu innovativen Ansätzen.
Die Präsentationen (auf Englisch) zu den Vorträgen der Konferenz sind von der Website des DFBEW abrufbar.
Das Jahr 2017 wird sowohl für den französischen als auch für den deutschen Windenergiesektor von großer Bedeu-
tung sein. Die Umstellung auf Ausschreibungen und die flächendeckende Einführung der geförderten Direktver-
marktung kann in beiden Ländern zu mehr Wettbewerb führen, aber auch größere Unsicherheiten mit sich bringen.
Trotzdem werden die Risiken, rein finanziell gesehen, mit den neuen vom EEG 2017 eingeführten Tarifen nach An-
sicht von Rolf Schnick deutlich geringer: Die Finanzstruktur sei einfacher und die im Vorfeld erfolgende Berech-
nung des Referenzertrages erlaube stabile Einnahmen für einen Zeitraum von 20 Jahren. Diese Stabilität führe zu
einer Erhöhung der Laufzeiten der Projektfinanzierungsverträge und stabilisiere die Finanzströme. Zudem unterlä-
ge die Vergütung nicht länger großen struktur- und windabhängigen Schwankungen.
Im Vergleich stellt Rolf Schnick zudem fest, dass die durch das EEG 2014 sichergestellte Vergütung in den ersten
fünf Betriebsjahren zwar höher sei, im Anschluss aber rasant abnimmt. Das EEG 2017 glättet die Vergütung über
einen Zeitraum von zwanzig Jahren und bringt (über das Referenzertragsmodell) einen Korrekturfaktor mit ein.
Damit lässt sich die Qualität des Anlagenstandorts in die Berechnung der Marktprämie einbinden. Diese Stabilität
sorge gemäß den von Rolf Schnick für Enertrag präsentierten Prognosen zu einer starken Abnahme der Risiken für
Windenergieprojektträger21
und zu einem Wettbewerb zwischen Finanzierungsorganisationen. Projektierer könnten
so von besseren Finanzierungsbedingungen profitieren.
Schließlich sei es Rolf Schnick zufolge auch ratsam, die Herausforderungen negativer Preise im Auge zu behalten.
Diese werden in den nächsten Jahren einen wichtigen Platz einnehmen, da die Erzeugungskapazitäten für fluktuie-
rende erneuerbare Energieträger zunehmen. Vor diesem Hintergrund seien Anreize zur Sektorkopplung (Power-to-
Heat – Mobilität – Wasserstoff) sowie die Energiespeicherung laut Rolf Schnick wichtige Themen für die Energie-
wende von morgen.
21 Der Vortrag von Rolf Schnick ist auf der Internetseite des DFBEW einsehbar.
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