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All-inclusive Verträge
Dr. Gerda Höhrhan–Weiguni, Dr. Gerald Musger, Mag. Helga Hons
Gesamtgehalt (All-in Gehalt, Pauschalgehalt, Inklusivgehalt…)
Vereinbarung, dass mit diesem Gehalt alle über die gesetzliche bzw. kollektivvertragliche Normalarbeitszeit hinausgehende Arbeitsleistung abgegolten ist,
Sowie: alle gesetzlichen und kollektivvertraglichen Zulagen und Zuschläge
Sowie: sämtliche Spesen, Diäten, Reiseaufwandsentschädigungen…..
Sowie: Sachbezug Dienstauto, Dienstwohnung, freie Station …..
Sowie: ………………………………….
Überblick
Begriffe und ihre Bedeutung Erfahrungen der GPA-djp Der All-in-Vertrag All- In und Vertrauensarbeitszeit/ Gleitzeit…. Rechenbeispiele Handlungsoptionen
Begriffe und ihre Bedeutung
Mehrarbeit: Allgemein: alles was über die vereinbarte
wöchentliche Normalarbeitszeit hinaus geleistet wird Im Kollektivvertrag: die Differenz zwischen
kollektivvertraglicher Normalarbeitszeit und gesetzlicher Normalarbeitszeit lt. AZG(z.B. KV Handel 38,5 Wochenstunden, NAZ lt. AZG 40 Stunden: 1,5 Stunden Mehrarbeit/Wochekann je nach KV zuschlagspflichtig oder zuschlagsfrei sein
Bei Teilzeit: alles was über die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit hinausgeht. Achtung: Mehrarbeitszuschlag gem. § 19 d (3a) AZG
Begriffe und ihre Bedeutung
Überstunde: § 6 AZGÜberstundenarbeit liegt vor, wenn entweder die Grenzen der zulässigen wöchentlichen Normalarbeitszeit(NAZ) oder die tägliche Normalarbeitszeitüberschritten wird
Begriffe und ihre Bedeutung
Überstundenpauschalevertraglich vereinbarte, pauschalierte Abgeltung von Überstundenentweder eine bestimmte Anzahloder ein Prozentsatz vom Gehalt
Über das Pauschale hinausgehende Überstunden müssen bezahlt werden
Widerruf eines Pauschales nur bei Widerrufsvorbehalt Achtung: Verfallsfristen von Überstunden im KV
beachten
Begriffe und ihre Bedeutung
Gleitzeit: § 4 b AZG: liegt vor, wenn der Arbeitnehmer
innerhalb eines vereinbarten zeitlichen Rahmens Beginn und Ende seiner täglichen Normalarbeitszeit selbst bestimmen kann
Braucht eine Betriebsvereinbarung mit folgendem Inhalt:Dauer der GleitzeitperiodeGleitzeitrahmenHöchstausmaß allfälliger Übertragungsmöglichkeiten von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächste GleitzeitperiodeDauer und Lage der fiktiven Normalarbeitszeit
Begriffe und ihre Bedeutung
Vertrauensarbeitszeit: (es gibt keine Definition dafür) Form einer sehr flexiblen Gleitzeit, bei der der Arbeitgeber auf
Zeiterfassung verzichtetoder
an die ArbeitnehmerInnen delegierte händische Aufzeichnung fixer oder gleitender Arbeitszeiten, deren Einhaltung vom Arbeitgeber nicht kontrolliert wird oder
Verzicht auf sämtliche Zeitvorgaben und das Angebot völliger Zeitsouveränität der ArbeitnehmerInnen bei gleichzeitiger Vereinbarung von Arbeitszielen
d.h: der Umgang mit den Arbeitszeiten (Lage, Dauer, Mehrleistungen) wird in die Verantwortung und Eigenkontrolle der ArbeitnehmerInnen gegeben, ArbeitgeberInnen führen in der Regel keine Arbeitszeitaufzeichnungen
Begriffe und ihre Bedeutung
Zulagen, Zuschläge: Ergeben sich aus kollektivvertraglichen oder
betrieblichen Vereinbarungenz.B. Schmutz, Erschwernis, GefahrenzulageLeitungszulagen, Funktionszulagen…..
Sachbezug: geldwerte Vorteil aus dem Dienstverhältnis (z.B. Firmenauto, Firmenwohnung…)
Reiseaufwandsentschädigung:(Taggeld, Nächtigungsgeld, Kilometergeld, weiterer Aufwand) soll den Mehraufwand bei Dienstreisen abdecken
Begriffe und ihre Bedeutung
Leitende Angestellte gem. § 1 Abs. 2 Z 8. AZG:
ArbeitnehmerInnen, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sindd.h. ArbeitnehmerInnen, die sich aufgrund ihrer einflussreichen Position aus der gesamten Angestelltenschaft herausheben. Es ist auf den faktischen Einfluss und die Funktion des zu beurteilenden Arbeitnehmers abzustellen.
Nicht ident mit § 36 Abs. 2 Z. 3 ArbVG Achtung: auch leitende Angestellte haben Anspruch
auf Bezahlung aller von ihnen geleisteten Überstunden
Erfahrungen der GPA-djp
Umfragen der Interessengemeinschaft work@professional 2004 und 2007: All-in in mehr als 50% der Betriebe, Tendenz steigend
Umfrage Metallindustrie 2009: 13-18% haben All-in-Verträge Für FachexpertInnen und Führungskräfte mehr Standard als
Ausnahme Hohe Arbeitszeit-Gesamtbelastung: 44,5h Zwei Drittel sind zufrieden oder sehr zufrieden, ein Drittel
weniger und wünscht Verbesserungen Positionierung der GPA-djp: Sinnvoll bei hohem Gehalt (über KV),
Valorisierung, Transparenz, Rückkehrrecht, Einvernehmen mit BR
Der All In Vertrag, eine Modeerscheinung?
ursprünglich im Führungsbereich Leitende Angestellte unterliegen nicht AZG
im Außendienstbereich im privaten Bereich/im öffentlichen Dienst als Statussymbol auch bei Beschäftigten mit kleinen
Gehältern Kombination mit variablen Gehaltsbestandteilen
erschwert Überblick oft in Kombination mit Vertrauensarbeitzeit
Spaltung in begeisterte Anhänger und erbitterte Gegner
Was ist all-in Vereinbarung ?
überkollektivvertragliches Gesamtgehalt
kombiniert mit kurzen Verfallsklauseln Ab 1.1.2008 Hemmung des Verfalls bei fehlenden
Arbeitszeitaufzeichnungen
damit soll ALLES abgegolten sein: Mehrarbeitsstunden, Überstunden, Reisezeiten, Bereitschaftszeiten Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen Aufwand: km-Geld, Diäten
Was bei All-in zu beachten ist
Das Arbeitszeitrecht bleibt uneingeschränkt gültig: Personenkreis (außer leitende Angestellte), zulässige Überstunden (Anordnung), Abgeltung der Überstunden
AZG-Novelle sieht härtere Sanktionen vor Die Verpflichtung zur Aufzeichnung der tatsächlichen
Arbeitszeiten bleibt aufrecht: Kontrolle durch BR, Delegierung an AN
Der Dienstzettel mit Angabe des Grundgehalts und allfälliger anderer Entgeltbestandteile sowie der Arbeitszeit ist ein Rechtsanspruch
Vor- und Nachteile für den Arbeitgeber
+ Verwaltungsvereinfachung weniger
PersonalverrechnerInnen nötig
weniger Papierkrieg
+ mehr billige und flexible Überstunden
+ erspart Lohnkosten
+ für AN schwer durchschaubar Hemmung der AN zur
Geltendmachung
- nicht kontrollierbar- Beweisprobleme bei
Nachforderungen- Wenn kein
Widerrufsvorbehalt erschwerte Kürzung in der Krise (nur einzelvertraglich)
Vor- und Nachteile für den Arbeitnehmer
+ regelmäßiges höheres Gehalt unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistunge
+ bei fehlendem Widerrufsvorbehalt gute Position bei Veränderung (Ausstieg aus dem Vertrag nur schwer möglich)
+ soziales Ansehen besonders wenn mit Vertrauensarbeitszeit verbunden
- Nur auf den ersten Blick attraktives Gehalt
- schwer nachvollziehbar, wie viele ÜSt/Mehrleistungen damit abgegolten sind
- Neuberechnung bei jeder KV-Erhöhung
- Ausstieg aus Vertrag nur schwer möglich
- Selbstausbeutung
Vergleich: Überstundenpauschale/All In Gehalt
KV Handel:BG 3 im 10. Berufsjahr,
Gehaltsgebiet A Gehalt: € 126610% ÜP € 126,60 20%Gesamt: 1392,60 € 1519deckt ab 6,5 Mst und 6,43 50% Üst6,5 Mst und 16,97 50% Üst6,5 Mehrstunden: (1266/167*6,5) €
49,28Differenz Überstunden (126,6-
49,28=77,321 Üst mit 50% Zuschlag: 1266:158*1,5=12,0277,32:12,02 =6,43 Üst a 50%)
KV Handel BG 3 im 10. Berufsjahr
Gehaltsgebiet A All In Gehalt: 1400
durchschnittliche Mehr und Üst 20 im Monat
Lt. Rechner Grundgehalt € 1186,60KV Gehalt: 1266
Unterkollektivvertragliche Entlohnung: 79,40
Beispiel 1: Forschungsinstitut, WissenschafterIn, neuer Dienstvertrag mit All-in
KV-Mindestgrundgehalt E/I für 38,5h/Woche: 2484,50 €
Angebot Gesamtgehalt: 3250 € „einschließlich aller Mehr- und Überstunden“2284,5/167=14,88 € je h + 50% = 22,32.
Daher deckt die Überzahlung über KV von 765,50 € 34,3 50%ige Mehr- und Überstunden ab
Die im AZG vorgesehene Höchstzahl/Monat beträgt 26,5 ÜSt + 6,5 Mehr-h = max. 33 h
Der Vertrag bleibt im rechtlichen Rahmen, aber fast auf KV-Mindestniveau…
Beispiel 2: Meister Metallindustrie, Umstellung auf All-in
KV-Mindestgrundgehalt H/12 3267 €Ist-Gehalt für 38,5h/Woche: 3600 €
Pauschale für Überstunden: 500 €3600/167=21,56 € je h + 50% = 32,34. Daher decken 500 € 15,5 ÜSt ab. Gesamtgehalt mit Üst-Pauschale 4100 €
Umstellung auf All-in mit max. 26,5+6,5h/Monat: 3267/167=19,56x1,5=29,343267+29,34x(26,5+6,5)=3267+968=>4235 €(Überzahlungsverzicht rechtlich möglich)
Faire Umstellung auf All-in:3600+32,34x(26,5+6,5)= 3600+1067= 4667 €
Beispiel 3: Geschäftsführerin eines Vereins, kein Kollektivvertrag
Gehalt für gesetzliche Arbeitszeit von 40h/Wo.: 2200 €
Gesamtgehalt (All-in): 2800 € 2200/173=12,71x1,5=19,07 € pro Üst In 600 € für die Überstunden sind daher ca. 31
Überstunden mit 50% Zuschlag abgegolten. Ohne Evaluierungsklausel im Dienstvertrag gibt es
aber keine Wertsicherung.
Was brauche ich für eine gute Beratung?
Dienstvertrag/ Dienstzettel (§ 2 AVRAG) Gültiger KV, Derzeitige Einstufung, MSt. Und
ÜSt Teiler Gehaltszettel des letzten Jahres Arbeitszeitaufzeichnungen Aufzeichnungen über Dienstreisen Aufzeichnungen wegen Zulagen/Zuschläge All-in Rechner
Fragen zur Dynamik der All-in-Verträge
Wie wird das All-in-Gehalt mit dem KV erhöht? (Ist, Überzahlung aufrecht, nur KV, kein KV)
Wird das All-in-Gehalt den tatsächlichen Arbeitsstunden angepasst?
Welche Zuschlagsqualität haben die Überstunden? Werden Vorrückungen richtig berechnet?
Antwort auf diese Fragen:
in manchen KVs Fairnessklauseln Betriebsrat sollte faire Spielregeln aushandeln
(BV über Musterverträge) Ausschluss für bestimmte Bereiche
wo wenig Zeitautonomie arbeitsteilige Tätigkeit Nur bis mittlere Qualifikation
Musterdienstzettel
Vertrag vor Abschluss von der GPA-djp prüfen lassen
Was noch alles an Problemen auftaucht:
In Kombination mit der Vertrauensarbeitszeit schlechte Kontrollmöglichkeit für den BR
Eingeschränkte Freiräume durch Gruppendruck KV wird stärker angehoben als Gesamtgehalt – Summe für Mehrarbeit
verringert sich Anzahl der Mehrarbeits- Überstunden steigt geschäftsbedingt ohne
Gehaltsanpassung Steuerbegünstigung für ÜSt wird mit max. 20 Stunden berücksichtigt
(Probleme, wenn all in auch steuerbegünstigte Aufwandsentschädigungen einschließt)
Mit dem all-in Vertrag wird auch ein KV-Wechsel durchgeführt Die Überstunden werden gleich im Dienstplan berücksichtigt und
eingeteilt …………..
All-in: Verbesserungswünsche der Betroffenen
Mehr Transparenz: Klare Definition, was /nicht/ abgegolten ist Dienstzettel
mit KV-Eckdaten
Mehr Flexibilität: Faire Gleitzeitregelungen: Gleittage,
Mitnahmemöglichkeit über Monatsende Kalkulierbare Obergrenzen der Belastung
Mehr Lebensqualität: Lange Reisezeiten, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit in Zeit abgelten
Der All-in-Folder
informiert über die Definition und die Vielfalt von All-in-Verträgen
weist auf die heiklen Vertragspunkte hin gibt Hinweise auf weiterführende Information
(Broschüre) und Beratung (Betriebsrat, GPA-djp) enthält einen Beratungsscheck ermöglicht die Eintragung in die
Interessengemeinschaft work@professional und die Bestellung der Informationsbroschüre
Der Internet-Fragebogen
ermöglicht eine einfache Überprüfung des eigenen All-in-Vertrags auf> Transparenz> Fairness> Nachhaltigkeit
dient dazu, den aktuellen Beratungs- bzw. Reparaturbedarf des persönlichen All-in-Vertrags festzustellen
soll Betroffene motivieren, Beratung durch den Betriebsrat und/oder die Gewerkschaft in Anspruch zu nehmen
Der All-in-Rechner
Kann aus den Angaben KV, Überstundenteiler, Mehrarbeitszuschlag und den persönlichen Vertragsangaben errechnen, wie viele Mehr- und Überstunden durch All-in gedeckt sind
Kann aus einem All-in-Gehalt und der Angabe, wie viele Überstunden durchschnittlich anfallen, das kollektivvertraglich zustehende Mindestgehalt zurückrechnen.
Ihr GPA-djp-Regionalsekretär kann so einen groben Check Ihres Vertrags vornehmen.
Die aktualisierte Broschüre „All-in und Vertrauensarbeitszeit“
Zusammenfassung der Umfrageergebnisse Hinweise und Prüflisten für All-in-BezieherInnen
mit Beispielen zur Berechnung mit Gesetzestexten als Hintergrund mit Zusatzhinweisen für BetriebsrätInnen
Hinweise zum Umgang mit Vertrauensarbeitszeit Kollektivvertragliche Fairnessklauseln Gewerkschaftspolitische Positionierung 2006 Informationen zu den Interessengemeinschaften
Wie man zu seinem Recht kommt
Individuell:Dienstzettel einfordern: muss KV-Mindestgehalt und Ist-Gehalt auflistenArbeitszeit zur Kontrolle selbst aufzeichnenNicht abgedeckte Überstunden geltend machen
Betriebsrat:Dienstzettel einfordern/ausstellenArbeitszeitaufzeichnungen analysierenFür Betroffene Überstunden geltend machen
GPA-djp: Mitglieder beraten, für sie intervenieren, sie vertreten Interessengemeinschaft work@professional: All-in-
Broschüre anfordern
Ein abschließender Gedanke
Wenn Sie einen all-inclusive Urlaub buchen, rechnen sie dann am Ende nach, ob sie auch wirklich soviel konsumiert haben, wie im all-inclusive Preis enthalten ist?
Wenn Sie einen All-in-Vertrag haben, rechnen Sie bitte nach, ein Arbeitsverhältnis dauert länger als ein Urlaub!!!!!
Es gibt vieles,
für das es sich lohnt,
organisiert zu sein.