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LIBELLI A R C H A E O L O G IC I SER. NOV. No. IIR E G E S Z E T 1 F Ü Z E T E K ÜJ S O R . II. S Z A M
BÖLCSKE
RÖMISCHE INSCHRIFTEN UND FUNDE
HERAUSG EGEBEN VON
ADAM SZABÖ und ENDRE TÖTH
UNGARISCHES NATIONALM USEUM
BUDAPEST2003
LIBELLI A R C H A E O L O G IC I SER. NOV. No. IIR E G E S Z E T I F Ü Z E T E K ÜJ S O R . I I . S Z Ä M
Verantwortlicher Herausgeber Felelös kiadö
TIBOR KOVÄCS
Generaldirektor des Ungarischen Nationalmuseums
A M agyar Nemzeti Muzeum föigazgatöja
ISSN 1589 -9292
UNGARISCHES NATIONALMUSEUM MAGYAR NEMZETI MÜZEUM
H-1088 BUDAPEST, MÜZEUM krt. 14-16.
BUDAPEST2003
REGESZETI FÜZETEK ÜJ SOR. II. SZÄML IB E L L I A R C H A E O L O G IC I S E R . N O V . N o . II
M itarbeiter der Herausgegebern - A szerkesztök munkatärsa
CSABA TÖTH
Band und Um schlaggestallung; Techn. Redaktion - Kötet es borltöterv; Techn. szerkesztes
MARTIN OPITZ KIADÖ
Übersetzung - Fordftäs
ALBRECHT FRIEDRICH
Photos - Fenykepek
ORTOLF HARL, ATTILA GAAL, JÖZSEF BESZEDES
Zeichnungen - Rajzok
ZSOLT MRÄV, ENDRE TÖTH, AGNES VÄRI
Photodigitalisierung - Fenykepdigilalizäläs
ADAM MARTON, CSABA TÖTH
Film
ART SCAN REPRO - www.artscan.hu
Druck - Nyomtatäs
BORNUS NYOMDA Kft. Pecs
Dieser Band ist m it der Unterstützung des Ungarischen Förderungsfond der W issenschaftlichen Forschung (OTKA) und Nationaler K ultu ifond (NKA) verfertigt und publiziert werden - A je len kötet a Nemzeti Kulturälis Alap (NKA) es az Orszdgos Tudomänyos Kutatäsi Alap (OTKA) täm ogatdsäval
jö tt letre. (OTKA Nr. T. 25559, Nr. P 45312)
Titelblaltphoto: I. O. M. Teutanus Altarinschrift von Bölcske - Kat. Nr. 4 (W osinsky M ör M useum, Szekszärd) - Cimlapfotö: I. O. M. Teutanus oltarfelirat Bölcskeröl - Kat. Nr. 4 (Szekszard.
W osinsky M ör M uzeum)
© ©Die Autoren; Ungarisches Nationalm useum - Szerzök; Magyar Nem zeti M uzeum
ISBN 963 9046 83 9
BUDAPEST 2003
V o r w o r t
A b k ü r z u n g e n
T ö t h , e n d r e :
G a a l , A t t i l a :
M r ä v , Z s o l t :
B e r t a , J ö z s e f :
G a ä l , A t t i l a :
L ö r in c z , B a r n a b a s :
B e s z e d e s , J ö z s e f - M r ä v , Z s o l t - T ö t h , E n d r e :
A l f ö l d y , G e z a :
S z a b ö , A d a m :
T ö t h , E n d r e :
B Ö L C S K ER Ö M I S C H E I N S C H R I F T E N U N D F U N D E
INHALT
Die topographische Lage der Ruinen von Bölcske und ihre Bestimmung
Die Forschungsgeschichte der Schiffslände von Bölcske
Zur Datierung der Schiffsländen an der Grenze der Provinz Valeria Ripensis
Die Münzen der römischen Schiffslände von Bölcske
Katalog der Kleinfunde vom Gebiet der Schiffslände von Bölcske
Die Ziegelstempel der Schiffslände von Bölcske
Die Steindenkmäler von Bölcske - Inshriften und Skulpturen - Katalog
Altar eines Benefiziars
Die Dolichenus-Basis
Über den Zeitpunkt der Schlacht bei Abritus
M r ä v , Z s o l t :Die Palimpsestinschriften der I. O. M. Teutanus Altäre
L I B E L L I A R C H A E O L O G I C I S E R . N O V . No . II
Auswertung der Steindenkmäler vonB e s z e d e s , J ö z s e f : " 2 8 3
Bölcske
Castellum contra Tautantum. ZurM r a v , Z s o l t : Identifizierung einer spätrömischen 329
Festung
T ö t h , Is t v ä n : Das Fest Pannoniens: 111 Idus lunias ............................................................... 3 7 7
T ö t h , E n d r e : Die Iupiter Teutanus-Altäre 3 8 5
Die Beziehung der im SiedlungsgebietN a g y , M ih ä l y : (jgj. U r b e v ö lk e r u n g s g r u p p e n 4 3 9
entstandenen Civitates und Munizipii
L ö r in c z , B a r n a b ä s :Die Offiziere und Soldaten der Hilfstruppen 4 6 5
B Ö L C S K ER Ö M I S C H E I N S C H R I F T E N U N D F U N D E
ISTVÄN TÖTH
DAS FEST PANNONIENS: III IDUS IUNIAS(Essay)
Seil der A uffindung der inschriftlichen S teindenkm äler von Bölcske - also seit fast zwei
Jahrzehnten - war die Frage des au f ihnen erscheinenden D atum s 11. Juni - III ID /V N IA S - eines der erregendsten Rätsel der pannonischcn R elig ionsgeschichte. Daß sich auf säm tlichen genau datierten Inschriften dasselbe D atum w iederholt sow ie in aufeinanderfolgenden Jahren vorkom m t,
beseitigt jeden Zw eifel daran, daß dieser Tag das jährlich w iederkehrende Fest von A quincum bzw. der mit ihm in Sym biose lebenden civitas E ravisconan war. D er T ext der A ltäre, die Person und das Amt der D cdikanten, des w eiteren G röße, M aterial und V erzierung der S teindenkm äler beweisen eindeutig die herausragende Bedeutung des besagten Festes im Leben der beiden genannten G em einschaften.Das Rätsel um das Datum wird durch das ebenfalls serienweise Vorkom men im Kultbezirk auf dem Pfaffenberg von Carnuntum noch gesteigert und nachdrücklich betont. Die Carnuntumer Denkmäler stammen ebenfalls von ranghohen Personen und waren ursprünglich ebenso dekorativ bearbeitet wie die dem Gellertberg zuzuschreibenden Steine von Bölcske.
Die enge Zusam m engehörigkeit beider Denkmalgruppcn hebt hervor, daß die Inschriften vom Geliertberg
zu Ehren des I. o. m. Teutanus und die Carnuntum -Plaffenberger der ebenso gearteten Gottheit mit bisherunauflösbarem Beinamen I. o. m. K( ) geweiht waren. Beide Göttergestalten sind als Hauptgott der
lokalen U reinwohnerschaft zu betrachten, das gem einsame Fest verweist auf ein identisches W esen beider Gottheiten. Die W esensidentität von I. o. m. Teutanus und I. o. m. K(- - -) zeigt sieh an der Übereinstimm ung der Darstellung beider Gottheiten und an der auffälligen Ähnlichkeit der Kultstätten.
Die Bestimmung des religiösen Charakters des Datums auf den Inschriften erschwert die Interpretation
der beiden zusam m engehörenden Denkmalgruppen. W egen der Erwähnung der Gottheit mit eindeutigem Iuppiter-Charakter scheint es nämlich unmöglich zu sein, das Datum des Festes mit dem im römischen
Kalender auf diesen Tag fallenden M atralia-Fest und dem M ater M atuta-Kult in Übereinstimmung zu
bringen, und von den röm ischen Iuppiter-Festen fällt kein einziges auf den 11. Juni.
Nun wird aber die W ichtigkeit des Datum s noch weiter durch einen offensichtlich aus Aquincum
verschleppten Altar betont, dessen fragm entarisches Datum S. Soproni gleichfalls auf den 11. Juni zu
ergänzen vorschlug und der den auf alle Fälle beachtenswerten Ausdruck col(onia) splendidis(sima)
Aq(uincensium) enthält. Darüber hinaus wurde eine ebenfalls Aquincum er Inschrift vom 11. Juni 237
nicht zu Ehren des Iuppiter Teutanus, sondern des in Pannonien ebenfalls besonders bedeutsamen Silvanus M agnus geweiht.
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L I B E L L I A R C H A E O L O G I C I S E R . N O V . NO. II
Zur Deutung des rätselhaften Datums wurden mehrere Versuche unternommen, von denen aber keine als
akzeptabel erscheint, wie außer S. Soproni auch J. Fitz feststellte. Die mögliche Deutung des Datums ruht
zweifellos auf vier Pfeilern:
1. Der Zeitpunkt war in Carnuntum und Aquincum derselbe, er steht also über dem
Stammesrahmen.
2. Die Kultstätte lag in beiden Städten auf dem Territorium der römischen Stadt, aber auf der von I. Piso erkannten leuga-Grenze, auf einem „nions sacer“.
3. Das Fest bezieht sich nicht ausschließlich auf eine einzige Göttergestalt (/. o. m. T., I. o. m. K., Silvanus M agnus).
4. Das Fest - das kein römisches staatliches Fest war! - lief unter wahrscheinlich höchst amtlichen
Formen, d. h. unter Leitung der Vorsteher der Stadt bzw. civitas, in für das Heil des Kaisers dargebotenen Kulthandlungen ab, mindestens anderthalb Jahrhunderte lang, mit jährlicher W iederholung.
Diese Kontinuität ist der Beweis dessen, daß das W esen der Festes nicht die Kaiserverehrung war, da es nicht mit einer einzigen konkreten Person noch mit dem dies natalis, dem dies imperii oder dies divinationis verbunden war, sondern mit einer in der Tiefenschicht der Religion verborgenen, sozusagen einer Volkstradition, über die sich der Kaiserkult als Ausdruck der Loyalität nur wie ein legitim ierender äußerer Schein darübergelegt hat.Betrachten wir nun die sich ergebenden Fragen der Reihe nach.
/1. Das DatumDie Tatsache, daß am Statthaltersitz beider pannonischer Provinzen die Altäre am gleichen Tag
aufgestellt wurden, weist zweifellos auf dieselbe Tradition hin. Diese Tradition war unbestreitbar vom Festkreis der römischen Religion unabhängig, mußte aber auch von den durch den Kaiserkult gegebenen Konkreta unabhängig gewesen sein. Es muß nachdrücklich betont werden, daß die gemeinsame Tradition
der beiden Keltenstämme - der Boier und E ra v isk e r- unbedingt in die Zeit vor der römischen Eroberung,
auf die gem einsame Geschichte beider Stämme (Völker) zurückgeht. Diese gem einsame Vergangenheit ist unseren heutigen Kenntnissen nach nicht konkretisierbar, doch stimmt es sehr nachdenklich, daß wir
das gleiche Datum auch aus dem westlichen Randgebiet der keltischen W elt kennen - was jedenfalls für die Verwurzelung des Festes im keltischen Altertum spricht.
Dieses Datum konnte nicht mit dem Faktum der Gründung beider Städte verbunden gewesen sein - was
W. Jobst an mehreren Stellen voraussetzte - denn weder der Gellertberg - also der Mons Teutanus - nochder Pfaffenberg - ad analogiam: wahrscheinlich der M ons K( ) - waren das Forum oder Capitolium
von Aquincum oder Carnuntum. Der Tag kann auch nicht auf die Gründung des ersten pannonischen
Stadt-Capitoliums (Savaria) hinweisen, denn gerade in dem an Inschriften reichen Savaria ist dieses
Datum unbekannt, ganz zu schweigen davon, daß weder I. o. m. Teutanus noch I. o. m. K. (noch Silvanus
M agnus) Iuppiter Capitolinus waren!
Eine derart grundlose Kombination wie die Verbindung des Datums mit dem Regenwunder haben im
Prinzip schon S. Soproni und J. Fitz bestritten. (Den religiösen Einfluß des sog. Regenwunders glaubte
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I S T V Ä N T Ö T H : D A S F E S T P A N N O N I E N S : I I I I D U S 1 UNI A S
ich selbst - entsprechend der Logik der Geschichte - in der Erstarkung der ägyptischen Kulte im
D onaugebiet zu finden. M eine ein Vierteljahrhundert frühere Ansicht em pfinde ich auch heute noch als
stichhaltig, dagegen gibt es keinerlei nachweisliche Beziehung zwischen den ägyptischen Kulten und den
hier behandelten Fragen.)Nach Ausschluß dieser M öglichkeiten kann es nur eine einzige Erklärung für die in beiden Städten
hartnäckig weiterlebende gem einsame Tradition geben, sofern wir im Datum des 11. Juni irgendein
steriles Kalenderfest, d. h., ein abstraktes astronom isches Ereignis erkennen. (Darauf verweist auch das
schon von Piso bzw. Soproni nachdrücklich erwähnte Faktum, daß wir je eine auf diesen Tag datierte
Inschrift aus H ispania bzw. Ägypten kennen.)Anscheinend ergibt dieser Interpretationsversuch ein ganz auf der Hand liegendes Ergebnis: Denn das Datum des Iulianus-Kalenders entspricht dem 24. Juni nach dem Gregorianischen Kalender, nach
heutigen Begriffen: dem Johannistag (der Johannisnacht). - Die lokale W ichtigkeit hat wohl auch die O rtsnam engebung der römerzeitlichen Provinz erkannt: In der Nachbarschaft von Carnuntum an der
Donau lag das Lager mit dem jedenfalls ungewöhnlichen Namen Aequinoctium.Es ist überflüssig, die universal religionsgeschichtliche Bedeutung dieses Datums hier zu detaillieren: J. Frazer, K. M aröt bzw. M. Eliade haben dies in ihren W erken ausführlich getan, war doch das Fest der Som m ersonnenwende im klassischen Altertum bei allen Völkern allgemein bekannt. - Zu den in ganz Europa organisch mit diesem Fest verbundenen dram atischen Zerem onienspielen bzw. Aufzügen paßt gut das auf dem PfalTenbcrg ausgegrabene kleine Amphitheater bzw. das auf den Aquincum er Inschriften
erwähnte und vielleicht zum gleichen Sommerfestkreis gehörende ambulativum.
2. Die KultstätteA uf die Analogie der topographischen Lage von Geliertberg und Pfaffenberg hat schon S. Soproni
hingewiesen. Leider hat die neuzeitliche Geschichte auf dem Plateau des Berges alle antiken Spuren getilgt, so daß die archäologische Identifizierung des Pendants des Pfaffenberger Kultbezirks dort heute
nicht m ehr zu erhoffen ist.Um so beredter ist das konkrete geographische Bild beider Berge.Beide sind mittelhohe, von ihrer Bergkette gewissermaßen gesonderte, einsam e felsige Gipfel mit einem kleinen Plateau. D iese kleinen Hochflächen waren geeignete Plätze, die Berge als Sternwarte zu
benutzen, die im religiösen Leben der pannonischen Ureinwohner nachweislich eine große Rolle spielte.
Beim Bau der C itadella im 19. Jahrhundert berichtete Sändor Gömöri Havas 1887 in seinem Artikel gewiß von den Überresten dieser - und nicht eines in jeder Hinsicht sinnlosen hypothetischen römischen
W achtturm s. (Andererseits ist es kaum überraschend, daß 1913 gerade hier die erste Sternwarte des
Landes im modernen Sinne, die Urania, geschaffen wurde!)Beide Berge liegen unm ittelbar an der Donau. Die organische Verbindung zum Fluß hat auch im
religionsgeschichtlichen Sinne Bedeutung.Am Fuß beider Berge entspringen starke W arm wasser-Heilquellen mit reichem M ineralgehalt, die bis
heute genutzte Heilbäder (Geliert-, Rudas-, Türkenbad bzw. Bad Deutsch-Altenburg) speisen. Diese
Tatsache bedeutet, daß beide Berge geologisch auf einer geotherm ischen Bruchlinie liegen, woraus folgt,
daß die in den Höhlen und Felsspalten beider Berge herausström enden Gase beim Einatmen geeignet
waren, mystische Vorstellungen zu wecken, Verbindungen zur Unterwelt zu schaffen und ganz allgemein
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L I B E L L I A R C H A E O L O G I C I S E R . N O V . NO. II
ekstatische Zustände, V isionen und W ahrsagungen hervorzurufen. - Dieser Umstand kann kaum von der
Rolle der auf den Inschriften vom Geliertberg auftauchenden augures unabhängig sein.
Beim Gellertberg verdient Erwähnung, daß sich auf dem kleinen windgeschützten Plateau mit seinem
durch heiße Quellen erwärmten Boden vor der großen Höhle, der heutigen Felsenkirche, die sich am
Südabhang des Berges öffnet, ein besonderes M ikroklim a gebildet hat, in dem m editerrane Pflanzen
gedeihen bzw. eine Flora lebt wie zunächst erst wieder am Südabhang des 200 km südlicheren M ecsek-
Gebirges. (Auch heute wachsen hier atlantische Zeder und Feige.) Dies ermöglichte offensichtlich das Sammeln besonderer Heilpflanzen an dieser Stelle, und dies wiederum verband sich eindeutig mit dem
Glauben an den heiligen Charakter des Berges. - Ähnliche Angaben besitze ich über den Pfaffenberg zur
Zeit nicht.Gemeinsam ließen diese Angaben beide Berge als geeignet für die Funktion des Mons sacer und für die Abhaltung der jährlichen Feste der Som m ersonnenwende erscheinen.
Erwähnt seien hier die erstaunlichen Übereinstimm ungen der Kontinuität beider Berge als Kultstätten: Der Name der großen Höhle im Gellertberg war bis zum 20. Jahrhundert St. Johannes-Höhle (Szent Ivän-
barlang), und am Fuß des Pfaffenberges steht eine St. Johannes-Kapelle aus dem 12. Jahrhundert; verblüffenderweise war der Name des Mons sacer von Carnuntum seit dem M illelaller ,P faffen‘-Berg (ung.: , K uttenm önch‘-Berg), und dem heiligen Berg der Eravisker hat seit dem 11. Jahrhundert einer der ersten ,K uttenm önche1 Ungarns, der hl. Gerhard, den Namen Gellertberg gegeben.
3. D er Gott des FestesDer Gott des eraviskischen Mons sacer wurde zweifellos Iuppiter Teutanus genannt, während der Name
des Berges gemäß Zs. M rävs ausgezeichneter Erkenntnis (siehe in diesem Band) mit Sicherheit Mons Teutanus (eventuell: Teutani) war. Vom Namen des Gottes vom Pfaffenberg ist nur Iuppiter gewiß, diedefinitive Ergänzung K( ) kann nur ein neuer Fund irgendwann bestätigen. Aufgrund des Beispiels des
Gellertberges, daß nämlich der Bergname dem Götternamen gleich ist, könnte aber eine - vorerst natürlich nur verführerische, aber positiv unbeweisbare - M öglichkeit vorgebracht werden. Der an der
Nordgrenze von N oricum und Pannonia fixierbare, aber topographisch nicht genau identifizierbare Name
M ons Cetius/Ketius würde genau an die Stelle des heute nicht deutbaren Attributs K( ) passen. Dabeikönnte man noch in Betracht ziehen, daß auch der Gellertberg nicht ,M ons A quincensis1 genannt wurde,
also die seit längerer Zeit herumspukende Ergänzung I. o. m. K(arnuntensis?) eher auf eine moderne als
eine antike A nschauung zu verweisen scheint. (Vgl. z.B. ,W iener W ald 1 bzw. ,Budaer B erge1.)
W ie auch immer die richtige Auflösung des Götternamens des Carnuntum er Berges lautet, eines ist sicher: Zwischen /. o. m. T. und I. o. m. K. haben der übereinstim m ende Iuppiter-Charakter, die gleiche
Darstellung - wesentlich verschieden von anderen Iuppiter-G öttern! - , die Identität von Fest und vermutlich Kult eine so enge Beziehung geschaffen, die nicht m ehr einfach mit „Ähnlichkeit“, sondern
eindeutig mit „Identität“ bezeichnet werden muß. Sicher handelt es sich darum, daß dem großen Gott des
heiligen Stanunesberges in Carnuntum der Beiname K( ) und in Aquincum der Beiname Teutanus den
spezifisch boiischen bzw. eraviskischen Charakter gab, wogegen das wahre Wesen der Gottheit in beiden
Fällen identisch war. Er war der , Stam m esgott1, der , S tam m esvater1, der ,zur Gemeinschaft gehörige
(G ott)1, der zugleich im weiteren Sinne auch der , Vater des V olkes1, der ,Gott des V olkes1 war.
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I S T V Ä N T Ö T H : D A S F E S T P A N N O N I E N S : II I I D US I U N I A S
Für diese Identität bietet die bildhauerische Darstellung des Gottes den entscheidenden Beweis. Seit
K. Szirmai jüngst jenen Aquincum er Statuenkopf veröffentlichte, der bis in die Details hinein mit dem
vom Pfaffenberg seit langem bekannten, eigenartigen Iuppiter-K opf übereinstimmt, können wir uns der
Übereinstimm ung im religiösen Inhalt sicher sein, den beide Statuenköpfe vertreten. Beide Götterhäupter tragen einen Kopfschmuck, der die beiden Götterportraits eindeutig von den klassischen Iuppiter- (Zeus)-
Darstellungen unterscheidet. Dieses schwer zu interpretierende Attribut ist eine eiserne dreizinkige
Harpune (?), Gabel (?), sceptron (?) hinter dem Genick des Gottes und gibt der ganzen Darstellung einen sonderbaren, barbarischen Charakter. - Diese Insignie kann keineswegs zu einer Iuppiter-Göttergestalt im
klassischen Sinne gehören - diese aber wird auf den Inschriften genannt; viel eher kann sie eine Gestalt
der Art Neptunus-Poseidon charakterisieren, und vielleicht nicht dessen Aspekt als in erster Linie M eeresgott, sondern als Herrscher über Flüsse, als ,Erderschütterer‘, Quellenschläger oder Ungehcuer-
(Visionen-) Erzeuger. Da die Inschriften aber zweifellos den Iuppiter-Charakter der Gottheit benennen,
handelt es sich in beiden Fällen um die gem einsame Vergegenwärtigung beider Gottheiten, also um einen Herrn über Himmel, Erde und W asser. Hier scheint die übereinstimmende, sehr enge Beziehung beider Berge zur Donau wichtig zu sein: Beide Berge neigen sich fast in den Fluß hinein, an der Stelle ihres
Zusam m entreffens befindet sich eine gut begehbare Furt, ein Übergang, eine Brücke. Und ebenso schaffen die aus der Tiefe des Berges hervorbrechenden heißen Quellen in beiden Fällen eine organische Verbindung zwischen der Tiefe der Erde und dem großen Fluß.
Zum poseidonischen, neptunischen Charakter passen gut das sich zum W asser hin erstreckende Felsenufer, die sich in den Berg eintiefende Höhle, die von Zeit zu Zeit mit Getöse vom Berg herabfallenden Felsbrocken. Es ist wohl keine Übertreibung, daran zu denken, daß Berg und Gott eng zusamm engehörten, in den Augen des Stamm es sich praktisch m iteinander identifizierten.Es ist auch kein unwesentliches M oment, daß in beiden Fällen eine Insel im unmittelbaren Vorraum des heiligen Berges liegt. Die vom Flußwasser isolierten Inseln galten im ganzen europäischen Altertum
(natürlich auch später) als heilige Stätten, als die ideale Umgebung körperlicher und seelischer Heilung, wie dies das Beispiel der Inseln des T iber und der Seine überzeugend beweisen.Der Poseidon-Charakter des Iuppiter Teutanus und Iuppiter K(- - -) kann vielleicht die scheinbar
unbegründet auf pannonischen Inschriften auftauchenden Neptunus-Dedikationen - so z. B. auf der besonders wichtigen Statthalter-Basis von Piliscsev - erklären. Man sollte aber auch bei der Deutung der
Gestalt mit V ictoria-Kranz auf dem Carnuntum er großen N eptunus-Relief diesen Charakter des I. o. m. K(— ) beachten.
Bei der am gleichen Tag dem Silvanus M agnus dedizierten Inschrift muß - der Argum entation von
G. Alföldy folgend - nachdrücklich auf den betont autochthonen Charakter des pannonischen Silvanus-
Kultes und auf die Zugehörigkeit der Gestalt des Silvanus zum Kreis der ,Dii M a g n t hingewiesen werden. Bei dem letzteren M om ent ist daran zu erinnern, daß daß Silvanus in Aquincum auch mit den
Attributen ,anticius, antecessor‘ vorkom m t sowie daß Silvanus-Altäre in den Quellenhäusern des
Röm erbades neben den Altären der klassischen und keltischen Heilgötter standen. Das Attribut ,m agnus1 ist dann nicht einfach als ,g ro ß ‘ zu deuten, sondern viel eher im Sinne von ,großen Formats, gew altig1
bzw. ,alt, u ra lt ,ebenso wie im Falle der D ii magni.
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L I B E L L I A R C H A E O L O G I C I S E R . N O V . N O . II
4. Das FestÜber die sakralen Geschehnisse des Festes der Sommersonnenwende auf dem Gellertberg besitzen wir
nur indirekte Informationen. Diese sind folgende:
4.1. Der Schauplatz ist 5 km Luftlinie von der Aquincum er Lagerstadt und etw 8 km von der Zivilstadt entfernt. Die erste Entfernungsangabe entspricht etwa 2 leuga, also der Summe der Radien der zwei um
den M ittelpunkt des Lagers sowie des Kultzentrums auf dem Berg zu ziehenden Kreise von je einer
leuga. Das Bergplateau liegt 140 m über dem Donauniveau, der W eg dorthin führt in Serpentinen an der großen Höhle vorbei steil hinauf. Das muß deshalb erwähnt werden, weil aus diesen Angaben eindeutig
hervorgeht, daß das Fest für die Ankömmlinge aus beiden Städten, wenn man Hin- und Rückweg,
Ruhepausen und Kulthandlungen mit berücksichtigt, mindestens einen ganzen Tag in Anspruch nahm. Rechnet man das sehr wahrscheinliche nächtliche W achen und die Feuer-Zeremonie mit, muß das wichtigste M oment des Festes zum indest zwei Tage gedauert haben.
Dazu kommen noch die Vorbcreitungs- und Nacharbeiten, wie Renovierung und Schmückung der Zugangswege, Reinigung und Bemalung der Altäre und Statuen, Herstellung, Transport und Errichtung
des neu aufzustellenden Altars, Anlegung, Pflege, Bepflanzung und Betreuung des heiligen Hains, Säuberung und Schmückung der Quellen und Höhle(n), Verköstigung des Personals und der Festteilnehmer, ihre hygienische und ärztliche Versorgung, Organisierung des die sakralen Geschehnisse begleitenden Getümmels, Aufrechterhaltung der Ordnung, Besteuerung der Händler usw. usf.All das bedeutet, daß sich das Fest selbst über mehrere Tage erstreckte und daß der heilige Berg praktisch ein das ganze Jahr „aktives“ großes Personal, eigene Infrastruktur, technischen und wirtschaftlichen Apparat gehabt haben muß. Ganz sicher sind dam it die templenses gemeint, für deren Heil die I. o. m. Teutanus-lnschiifl gewidm et wurde, die in die M auern der königlichen Basilika von Szekesfehervär eingebaut war und sehr wahrscheinlich vom Geliertberg stammte.4.2. Die gesellschaftliche Position der die Altäre errichtenden Personen ist eindeutig: Es waren die colonia Aquincensium duumviri, wobei mehrere von ihnen auch M itglieder des ordo equester waren. Die Angabe sonstiger Ämter weist keine besonderen Betonungen auf, die zweimal erwähnte Position des
augur hängt mit Sicherheit mit der Vogel-Beobachtung und W eissagung auf den Felsen des Mons Teutanus zusammen. Für eine ähnliche Tätigkeit boten auch die Felsvorsprünge des Pfaffenberges zur Donau hin ideale M öglichkeit. - Im Zusam m enhang mit der Augur-Funktion ist an den Altar in Savaria
zu erinnern, der die dii Augurales - typischerweise in Gesellschaft von Göttern der keltischen
Ureinwohner - nennt, und an die auch in der „großen Geschichte“ bedeutende Rolle, die diese Göttergruppe im religiösen Leben der Bevölkerung und des M ilitärs in Pannonien spielte.
Nicht verschwiegen werden soll, daß ich bei der Forschung nach den Präliminarien des dii Augurales-
Kultes von Savaria vor einigen Jahren auf die eisenzeitliche kultische Rolle der großen Felsen
(Kalaposkö, Szeleskö) des Köszeger Gebirges nahe Savaria hingewiesen habe.
Die Analogie der templenses vom Gellertberg und der offensichtlich eine wahrsagepriesterliche Funktion
ausübenden augures sind auf dem Pfaffenberg die magistri montis, deren Tätigkeit nur die ganzjährige
Inbetriebhaltung des Aparates auf dem heiligen Berg bei Carnuntum gewesen sein kann. - Eine weitere
pannonische Parallele stellte auch das col(legium) mont(anorum, -is) dar. Die Identifizierung der auf
dieser Inschrift genannten Gottheit und des Berges ist nicht Aufgabe dieser Studie.
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I S T V Ä N T Ö T H : D A S F E S T P A N N O N I E N S : 111 I D US 1 U N JAS
4.3. Den A blauf des Festes können wir selbstverständlich nicht rekonstruieren. Aber aus der Tatsache,
daß den Gipfelpunkt der Zerem onie das Opfer der duumviri darstellle, geht hervor, daß an dem Zug von
der Stadt auf den Berg sämtliche Am tsträger aus dem municipium bzw. der colonia Aquincensium und der
civitas Eraviscorum, sämtliche em eritierten Amtsträger, alle in naher Zukunft zu kandidieren Beabsichtigenden, also der ganze ordo decurionum, das vollständige Augustalis-Gremium, die Leiter und
M itglieder der Kollegien, also sämtliche vermögenden und ambitiösen Bürger der Stadt teilnahmen.
Ihretwegen, wegen der mit der Stadt aufrechterhaltenen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und familiären Beziehungen und natürlich wegen des Glanzes und der Gnade des Festes befanden sich dort
die Bauern, Arbeiter, Handwerker, Libertinen und Sklaven aus der Stadt und dem Territorium. Die
Festfreude und mit dem Fest verbundenen Speisen und Getränke zogen magisch die Armen, die Vagabunden und Schausteller aus der weiteren Um gebung an; so nahm also jedes Jahres Groß und Klein aus der Stadt und dem Territorium an dem sicher bedeutendsten Fest teil.
Die Duumviri weihten ihre Inschrift dem Heil des Kaisers und der civitas. Der nach Szekesfehervär gelangte Altar wurde für das Heil des Personals des Kultbezirks errichtet. Der den früher schon genannten, Silvanus M agnus geweihten Altar errichtende Cl(audius) M aximianus dedizierte ihn einfach pro sal(ute) fd i(i) , setzte aber vor die übliche Formel v. s. I. m. das nachdrückliche quod voverat. - Diese doppelte, nachdrückliche Betonung des Votums scheint gleichsam daraufhinzuw eisen, daß zwischen dem Gelübde und seiner Erfüllung eine längere Zeit, vielleicht ein oder zwei Jahre, verstrichen waren.
W ährend dieser Zeit geschah die erbetene W ohltat (z. B. war ein krankes Kind gesund geworden), und
der sein Gelübde erfüllende Vater tat m it Angabe des Festdatums - also mit der Betonung der Kraft und Heiligkeit des Festes - der von ihm übernomm enen religiösen Verpflichtung Genüge.
Der Bogen von der Votivgabe für das Heil und die Unversehrtheit von Kaiser und Gem einschaft bis hin zum Dank für die Genesung des kranken Kindes zeigt, daß das M ons Teutanus-Fest am 11. Juni für die Bürger und alle Einwohner von Aquincum und der civitas Eraviscorum das bedeutet hat, was Käroly Kerenyi so formulierte: „Die Festem pfindung als W irklichkeit der W elt des M enschen ... bedeutet, daß der M ensch fähig ist, in rhythmisch wiederkehrenden Zeiträumen offenen Auges zu werden und in
diesem Zustand jenen höheren W irklichkeiten direkt gegenüberzustehen, auf denen seine ganze Existenz beruht.“
W ir hatten schon darauf verwiesen, daß das Fest gewiß mehrere Tage dauerte. Die ethnologische
Literatur stimmt darin überein, daß das Feiern der Som m ersonnenwende im europäischen Altertum eine
mehrere Tage, eventuell einen ganzen M onat dauernde zyklische Festserie war, die durch sehenswerte Gemeinschaftsriten, Feuersprung, Kreistanz, Aufzüge und dramatische Spiele zu einer bunten Kavalkade
wurde. Die einm onatige Dauer war offensichtlich durch den astronomischen Bezug des Festes begründet:
Gemessen vom Tag der Tag-und-Nachtgleiche mußte man bis zu dem Tag warten, an dem die Sonne auf
ihrem scheinbaren Him m elsweg in das als nächstes folgende Tierkreiszeichen eintrat. - Durch nichts ist
zu beweisen, aber es ist anzunehm en, daß die gutbekannte, auf den 26. Juni datierte Aquincumer
Inschrift, deren Errichter jenes Festereignis verewigt, daß er es war, der V KAL AVG VST „duxit collegium
in am bulativis“, sich auf das Abschlußereignis dieses sich lang hinziehenden Sommerfestzyklus bezieht.
Noch ein anderes M om ent ist zu erwähnen. Das Fest der Sommersonnenwende ist sinngemäß auch das
Fest des Lichtes, des lichtspendenden, alles reinigenden Feuers. Die kürzeste - und deshalb hellste -
Nacht des Jahres galt zu allen Zeiten und bei allen Völkern als besonderes Ereignis. Man feierte mit
383
L I B E L L I A R C H A E O L O G I CI S E R . N O V . NO. II
Feuer, mit der W eihe des Feuers, m it Licht. Das die ganze Nacht hindurch leuchtende Licht war bei den
technischen Voraussetzungen des Altertums ein aufwendiges, Arbeit und Betreuung erforderndes
Festercignis. Deshalb mag es Sinn gehabt haben, auf der Inschrift vom Juni 233 festzuhalten, daß in jener
Nacht der Berg und die Stadt im Licht schwammen: Das feiernde Aquincum war wahrlich colonia
splendissim a !
4.4. Neben den großen Ereignissen des Festes gab es gewiß noch viele Nebenmomente. Diese
kennenzulernen, ist aufgrund der heute zur Verfügung stehenden Quellen gar nicht zu erhoffen. Doch sei
darauf verwiesen, daß seit Urzeiten das Rollen eines Feuerrades ein Begleitritus des M ittsommerfestes
war. Dafür waren beide Berge an der Donau ideal geeignet. In ganz Pannonien ist die Gestalt des
keltischen „Radgottes“ (Taranis) wohlbekannt, auch ein Aquincum er Beispiel kann genannt werden.Von den Zeichen, die auf den vom Fest unlösbaren Liebeszauber und die Paarfindung der Jugendlichen
hinweisen, soll hier der sog. Jochbeschlag vom Gellertberg erwähnt werden, der - aufgrund germanischer Analogie - zum auf dem Berg geübten M uttergöttinkult gehörte. D arauf ist auch die vom Gellertberg stammende große M (agna) D(euni) M (ater)-Inschrift zu beziehen, die aufgrund ihrer Formgebung sogar eine Tem pelbau- bzw. -gründungstafel sein könnte, obwohl der Berg als Fundort vielleicht eher einer der
Kybcle geweihten Höhle Heim statt gegeben haben wird. Diese M öglichkeit bestätigt die Vermutung von Tibor Nagy aus dem Jahr 1942, nach der der Gellertberg in röm ischer Zeit der „Mons Vaticanus“ des Eraviskerstamm es gewesen sein könnte.
Offensichtlich finden wir keine Spuren des Kultes natürlicher Gegenstände, obgleich die kultische oder liturgische Verwendung von Felsen, Bäumen und blühenden Heilpflanzen überall ein organischer Teil des
sommerlichen Feuerfestes war. Als Hinweis sei erwähnt, daß der Felsbcwuchs des Gellertberges offensichtlich ein idealer Platz für die Verbena officinalis (Eisenkraut) war, ein Heilkraut besonderer Bedeutung in der keltischen Glaubenswelt, das - wegen seiner Blütezeit zu M ittsommer - eine herausragende Rolle in den Zerem onien bei der Sommersonnenwende spielte.
Ebensowenig blieben Spuren des Gem einschaftsritus zur Förderung der Fruchtbarkeit von Tieren erhalten, obwohl wir uns sicher sein dürfen, daß die über eine entwickelte Tierhaltung verfügenden Eravisker diesen übten. Den Mangel an Angaben verringert nur geringfügig, daß der oben genannte, auch
als Kultgegenstand zu wertende bronzene Jochbeschlag außerdem in diesem Zusam menhang gut interpretierbar sein kann.
Die weitverbreiteten Glaubensvorstellungen von der reinigenden und heilenden W irkung von Feuer und
Rauch mußten auch ein Teil des Festes am 11. Juni in beiden Provinzzentren gewesen sein. Die Feuer in
der Sommernacht und die sich an der Donau hinziehenden Rauchschwaden schenkten den Bewohnern der
beiden civitas und der beiden römischen Städte das Erlebnis der sich das ganze Jahr hindurch
auswirkenden Reinigung, der lustratio, der Bewahrung der incolumitas, daß dieser Tag „das Licht, das
Fest, die Fröhlichkeit sei“ (Shakespeare: Sommernachtstraum I, 19).
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