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k:ON - Kölner Online Journal für Lehrer*innenbildung 1, 1/2020, S. 43-64. DOI: https://doi.org/10.18716/ojs/kON/2020.1.3
Dieser Artikel ist freigegeben unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung, Weiter-gabe unter gleichen Bedingungen, Version 4.0 Deutschland (CC BY-SA 4.0 de).
Andreas Weich, Katja Koch & Julius Othmer
Medienreflexion als Teil „digitaler Kompetenzen“ von Lehrkräften? – Eine interdisziplinäre Analyse des
TPACK- und DigCompEdu-Modells
Abstract
DasDigCompEdu-ModelldigitalerKompetenzenderEUbildetgegenwärtigeinesderwirkmäch-tigstenRahmenwerkezurAusgestaltungvonStudiengängendesLehramtsandeutschenUniver-sitäten.IndiesemArtikelwirddiesesoperationaleModellausdenPerspektivenderempirischenLehrer*innenbildung und der kulturwissenschaftlich orientiertenMedienwissenschaft auf dieFragenachderindemModellangelegtenBedeutungvonMedienreflexionskompetenzbefragtundeswerdenoptionaletheoretischeIntegrationsmöglichkeitenzurWeiterentwicklungdesModellsbenannt.TheDigCompEdumodelofdigitalcompetencesoftheEUcurrentlyformsoneofthedominantframeworksforthedesignofteachertrainingcoursesatGermanuniversities.Inthisarticle,thisoperationalmodelisanalysedfromtheperspectivesofempiricalteachertrainingandmediastud-iesconcerningthesignificanceofmediareflectioncompetenceinthemodel.Finally,itoutlinesthepotentialforthefurtherdevelopmentofthemodel.
Schlagwörter:
DigCompEdu,Medienwissenschaft,Lehrer*innenbildung,TPACK,DigitaleKompetenzDigCompEdu,mediastudies,teachertraining,TPACK,digitalcompetence
1. Einleitung
Aktuelle Diskurse zur Digitalisierung in der Lehrer*innenbildung greifen ein weitesSpektrumunterschiedlicher theoretischer Ansätze auf: Diese reichen von theoretisch-konzeptionellenModellen derMedienpädagogik (z.B. Belsham, 2012; Grafe&Breiter,2014;Herzig&Martin,2018)überpragmatisch-praxisbezogeneModelle(z.B.Medienbe-ratungNRW,2017;Redecker,2017)bishinzustärkernormativenAnsätzeneinzelnerVerbände oder derBildungsadministration (BMBF, 2016;KMK, 2017;Acatech, 2018),ohnedasssichderzeiteinekonsensualeStrategieklarableitenließe.ZumVorbildfürvielelehrerbildendenUniversitätenhatsichdasDigCompEdu-ModelldigitalerKompetenzenderEUentwickelt(Redecker,2017),u.a.daesvonseinerAusrichtungheranschlussfähigerscheint an allgemeine Theorien zur Professionalisierung von Lehrkräften (z.B. Auf-schnaiter&Blömeke,2010;Baumert&Kunter,2006)undanspezifischereVorstellungenvondigitalerKompetenz(Mishra&Koehler,2006).Doch istesauchanschlussfähiganaktuellemedienwissenschaftlicheundmedienbildungstheoretischeDiskurse,dieiners-terLinieaufdieReflexionvonMedialitätundMedienkulturenfokussieren(z.B.Jörissen,
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2011;Othmer&Weich,2013;Weich,2019;Winkler,2008)?EinesolcheAnschlussfähig-keitistfürdieTragfähigkeitinsofernentscheidend,alsdiegeradeinderLehramtsausbil-dunghöchstrelevantenProzessederKonstitutionvonBedeutung,Wissenund(lehren-denundlernenden)SubjektenvondenmedialenVoraussetzungenderdigitalenTechno-logiensowiedengegenwärtigenmedienkulturellenPraktikenabhängen.Inwiefern–ins-besondere auf den Einsatz von Technologien bezogene – erziehungswissenschaftlicheModelle zur Professionalisierung von Lehrkräften sowiedasDigCompEdu-Modell einederartigeMedienreflexionskompetenzvorsehenoderzumindestintegrierenkönnen,sollindiesemBeitragausSichtderempirischenLehrer*innenbildungundderkulturwissen-schaftlichorientiertenMedienwissenschaft beleuchtetwerden.1Da diemedienwissen-schaftlichenTheorien,dieimFolgendenalsGrundlagefürdieKonturierungvonMedien-reflexiondienen,nichtmitBlickaufSchuleunddieBeschreibungundErfassungvonKom-petenzenLehrenderundLernenderentwickeltwurden,sinddiefolgendenAusführungenalsinterdisziplinärerTransferversuchzuverstehen.
2. Medienreflexion in Konzepten der Medienwissenschaft und Medienbildungs-theorie
ZweiinmedienwissenschaftlichenDiskursenmittlerweileklassische–wennauchnichtunumstrittene–Grundannahmensind,dassMedienzumeinen‚unsereLagebestimmen‘(vgl.Kittler,1986:S.3)undzumanderenimFalleihresreibungslosenFunktionierensausdemBlickgeraten,nichtmehrreflektiertwerdenundsomitals„derblindeFleckimMe-diengebrauch“(Krämer,2000:S.74)veranschlagtwerdenkönnen.MedienreflexionistvordiesemHintergrundzumeinennotwendig,um‚unsereLage‘zuverstehen,undgleich-zeitigmitdemtheoretischenundanalytischenAufwandverbunden,die‚blindenFlecken‘wieder sichtbar und „Teile dieser Tiefenmechanismen [derMedien] demBewusstseinwiederzugänglichzumachen“(Winkler,2004:S.25).DainderMedienwissenschaftkeineEinigkeitdarüberherrscht,welcheMechanismengenauindenBlickzunehmensind,wer-denimFolgendenjeneausgewähltenEbenenvonMedienreflexionreferiert,diebereitsimHinblickaufdiespäterbetrachtetenKompetenzmodelleamwichtigstenerscheinen.ZurVeranschaulichungnutzenwirdasinderProjektgruppeLehreundMedienbildunganderTUBraunschweigentwickelteModellderMedienkonstellation,dasdavonausgeht,dassMedien sichnichtalsObjektemitbestimmbarenEigenschaftendefinieren lassen,sondernMedialitätsichnurinheterogenenKonstellationenkonstituiert.2Medialitätver-stehenwirdabeiimAnschlussanWinkleralsengmitdemSymbolischenverknüpft(vgl.
1 VielenDankandieser StelleanJaninaBeckerundMarenTribukaitfürdiekritischeLektüreunddie
wertvollenRückmeldungen. 2 WirbauenmitdemFokusaufKonstellationenzudemaufdenÜberlegungenvonMarcusBurkhardt
zumedialenKonstellationenundmedialenKonfigurationenauf(vgl.Burkhardt,2015:S.58-71).FürproduktiveDiskussionenzur(Weiter)EntwicklungdesModellsdankenwirJaninaBecker,ThomasCzerwionka,MareikeHerbstreit,MarkusHörster,MaikeKempf,JulixKettler,ArianePedt,OliverTackeundHenrikeWenzel.
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Winkler,2008).VonanderenKonstellationen(wiez.B.mechanischenWerkzeugenundMaschinen) unterscheiden sichMedienkonstellationen folglich dadurch, dass sie nicht(bzw.nichtnur)aufdieGestaltungphysischerWirklichkeit,sondernaufdieKonstitutioneinersymbolischenEbenebzw.dieKonstitutionvonBedeutungabzielen.DasModellgehtweiterhindavonaus,dassdieseKonstellationensichheuristischdurcheinZusammen-spielvonElementgruppenbeschreibenlassen:Materialitäten,Wissen/Praktiken,InhalteundSubjektpositionen(sieheAbb.1).
Abb.1:SchematischeDarstellungdesMedienkonstellationsmodells
MaterialitätenfokussierendiemateriellessentiellenBestandteilevonMedienkonstellati-onen. ImschulischenKontextwärendasbeispielsweisePräsentationstechnologienwieTafeln,BeameroderMonitore,aberauchderRaum,dieMöblierungundnichtzuletztdiebeteiligtenMenscheninihrerKörperlichkeit.DiesematerielleEbeneistimmernotwen-dig,auchwennMedialitätsich,wieobenausgeführt,geradedurchdieBindungansSym-bolischeauszeichnet.BereitsSpracheistaufSprech-undHörorganeangewiesen,Schriftbenötigtetwas,aufdemundmitdemsiegeschriebenwird,DatenundAlgorithmenbrau-chenProzessoren,Speicherundvielesmehr,undallengemeinist,dasssiephysischeundräumlicheGegebenheitenfürdieProduktionundRezeptionbenötigen.
MitWissen/PraktikenwerdensowohldiekulturellenalsauchdieindividuellenVo-raussetzungenmedialer Konstellationen umrissen. In eineMedienkonstellation gehenWissensbestände insofern ein, als ihreKonstruktion aufWissen beruht:Ohne Sprach-kenntnissekeinesprachbasierten,ohneinformatischesWissenkeinecomputerbasierten
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Medienusw.DiesgiltsowohlfürdieProduktionalsauchfürdieRezeption:UmeinCom-puterprogramm zu schreiben, müssenWissen über Programmiersprachen vorhandenseinundProgrammierpraktikenbeherrschtwerden;umesnutzenzukönnen,mussmanWissenüberdieBedienungbesitzenunddiegängigenBedienungspraktikenbeherrschen.VerdeutlichenlässtsichdiesauchaneinemBeispielauseineranderenMedienkonstella-tion:WerinsKinogeht,mussumdiekonventionalisiertePraktikwissen,dassmansich,sobaldderFilmbeginnt,hinsetzt,zurLeinwandschaut,sichmöglichstruhigverhältunddasHandylautlosstellt.UmdenFilmzuverstehen,mussbeispielsweiseeingrundlegen-desWissenüberdiebildsprachlichenElementewieSchuss-Gegenschuss,Montageetc.vorhandensein–nichtzwingendexplizit,mindestensaberimplizit.GeradeWissen/Prak-tikenformensicherstimLaufederEtablierungeinermedialenKonstellationübereinenbestimmtenZeitraumaus.
MitInhaltensinddiejeweilskonkretenAusgestaltungendesmateriellenundsym-bolischenMöglichkeitsraumes gemeint. Bezogen auf Sprachewäre dies ein konkreterSatz,aufKinoeinkonkreterFilm,aufdigitaleMedieneinkonkretesProgramm.
SubjektpositionenbezeichnengewissermaßendieFunktionsstellen,diefürmensch-licheAkteureinMedienkonstellationenvorgesehensind.Insofernsindsieabstraktbzw.verallgemeinerbarundnichtankonkreteIndividuengebunden.UmbeimvorherigenBei-spielzubleiben:WerinsKinogeht,nimmtinderRegelvölligunabhängigvonseinerspe-zifischenIndividualitätdiePositionder*desZuschauers*inein,sowiealleanderenimKi-nosaalauch.
ImHinblickauf „digitaleKompetenzen“machteinesolcheModellierungdeutlich,dassDigitalitätsichinMedienkonstellationennuraufEbenederMaterialitäten(imSinnedigitaler Technologien) oder auf Ebene der Inhalte (im Sinne digital repräsentierterCodes)manifestiert.ZudemsinddiesedigitalenElementeimmermitanalogenElementenbzw.solchen,diesicheinerZuordnungzurdigital/analog-Differenzgänzlichentziehen,verbunden–wieebenWissen/PraktikenundSubjektpositionen.Sievermeidetdamitreintechnikdeterministische Fixierungen auf „das Digitale“ oder „die Digitalisierung“ undlässtaktuellverbreiteteBegriffskonstruktionenwie„DigitaleBildung“oderebenauch„di-gitaleKompetenzen“alsirreführenderscheinen,daBildungundKompetenzenselbstkei-nesfallsdigitalseinkönnen.VordiesemHintergrundistdasModellanschlussfähiganak-tuelleDiskursezur„Postdigitalität“(vgl.z.B.Cramer,2014;Jörissen,2017;Fawns,2018).MedienreflexionlässtsichaufdieserGrundlagealsdieBewusstmachungderaneinerMe-dienkonstellationbeteiligten(digitalenundnicht-digitalen)ElementeundderenWech-selwirkungenveranschaulichen.EinpaardieserWechselwirkungensollenkonzeptionellerläutertundmitmedienwissenschaftlichenReferenzenverknüpftwerden.DiesewerdendanninderBetrachtungderimFolgendenausgeführtenKompetenzmodellealsAnalyse-perspektiveninAnschlaggebracht.
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a)WechselwirkungzwischenMaterialitätenundWissen/PraktikenDamitMaterialitätenBedeutunggenerierenkönnen,müssensiemitexplizitenoderim-plizitenWissensbeständenundPraktikenverbundensein.DiereineExistenzvonMedi-entechnologien schafft keine Sphäre des Symbolischen, sondern erst ihre bedeutsameVerknüpfungmitsoziokulturellenPraktiken.ErstdurchsowohldieHerausbildungetwaeinesWissensumdieFiktionalitäteinesFilmsundwiedieserzu‚lesen‘istalsauchdiePraktikderNutzungderFernbedienung,wird imZusammenspielmitderTechnologieFernsehgeräteinewirksamemedialeKonstellationwiez.B.derFilmabendmöglich.
Mit dieser Annahme lassen sich verschiedene theoretische Ansätze verbinden.ÜberdieAkteur-Netzwerk-TheoriebeispielsweisekönnenMaterialitätenundPraktikenalsTeilevonNetzwerkenausmenschlichenundnicht-menschlichenAkteurenmodelliertwerden,diejespezifischeundeinanderkonstituierendeWechselwirkungenmiteinandereingehen (vgl. z.B. Latour, 2007; Schüttpelz&Thielmann, 2013). Einemedienwissen-schaftlichfundierteMedienreflexionbötedieChancediesesVerhältniszwischenMedien-technologienundmedienkulturellenPraktikenzuthematisieren.b)EinschreibungvonMaterialitäteninInhaltebzw.MaterialitätenalsTeildesMöglich-keitsraumesfürInhalteMedien sindnichtalsneutraleÜbertragungskanälevon InhaltenzwischenSenderundEmpfängerzuverstehen,sondernalsArrangements,diedieKonstitutionvonInhaltenaufjespezifischeWeiseerstermöglichen.MandenkehierexemplarischandasThemaderSchwerkraft,welchesjenachMaterialität(z.B.inVirtualReality,imFilm,alsMusikstück,alsFormel)andersoderauchgarnichterfahrbar ist.Winkler(2004:S.18)schreibt indiesemSinne:„Medienwerdenhäufigals,Mittel‘–z.B.derKommunikation–begriffen;dasgreiftzukurz.MedientechnikistvielmehrselbstForm,diebestimmteInhaltemöglichundandereunmöglich/unwahrscheinlichmacht.IneinemgegebenenMediumkannmankeineswegsallessagen.[...]IndemesdemKommunizierteneineFormauferlegt,schreibtdasMediumsichindieInhalteein.“MedienwissenschaftlicheMedienreflexionnimmtalsodieSpannungenzwischenMedientechnikenundMedieninhalten indenBlickundfragtnachdenjeweiligenWechselwirkungen.c)SubjektkonstitutiondurchMaterialitäten,Praktiken/WissenundInhalteAusmedienkulturwissenschaftlicherPerspektivewerdenSubjektezumeistnichtalsau-tonomeEntitätenmodelliert,dieMedienmehroderwenigergutnutzenundübersiekon-trollierendverfügenkönnen,sondernalseineArtFunktionsstelleinnerhalbmedialerAr-rangements.Winkler(ebd.:S.24)schreibtdazu:„WirwerdeninSpracheundMedienhin-einsozialisiert, indemsymbolischeStrukturenunser Inneres strukturieren,werdensieTeilunsererselbst;esgibtkeinIch,dasvondiesenStrukturenzuunterscheidenwäre.“AuchauspoststrukturalistischerSichtwerdendarüberhinausSubjektedurchDiskurse,PraktikenundMaterialitätenersthervorgebracht(z.B.Foucault,1987[1982];Reckwitz,2012). So entsteht beispielsweise im Rahmen des medientechnisch-architektonischen
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RaumesdesKinosundderetabliertensoziokulturellenPraktikeneinespezifischeSub-jektposition,diesichu.a.durcheineFixierungimRaumsowiedenImperativzumBlickauf die Leinwand und zu stillem Verhalten auszeichnet (ebd.; vgl. z.B. Baudry,1994[1975]).AndereMedienkonstellationenwiez.B.Computerspiele(z.B.Mosel,2009)zeichnensichdurchjeeigeneFormenderHervorbringungvonSubjektenaus.Einemedi-enwissenschaftlichfundierteMedienreflexionnimmtdiesindenBlick.d)MedialitätundBildungInKombinationdieserGrundannahmenwirddeutlich,dassMedienreflexiondeutlichzukurzgreift,wennsieMedienalsneutraleWerkzeugeveranschlagt,welchegrundsätzlichdurchautonomeSubjektebeherrschbarsindunddieesmöglichstkompetentzunutzengilt.EinesolcheModellierungherrschtjedochaustheoriegeschichtlichenGründenindenmeistenMedienkompetenzkonzeptenvor(vgl.hierzuauchOthmer&Weich,2013).Deut-lichanschlussfähigeranmedienwissenschaftlichePerspektivenzeigensichAnsätzeder(strukturalen)Medienbildung (Jörissen &Marotzki, 2009).Winkler (2004) sowie denobenskizziertenÜberlegungenzurSubjektkonstitutionfolgendbeziehtsichMedienrefle-xionindiesemKontextalsoaufdieArtundWeise,wieMedienSelbst-undWeltverhält-nissekonstituierenundtransformieren.
2. Medienreflexion in erziehungswissenschaftlichen Modellen zur „digitalen Kom-petenz“ von Lehrkräften
WennimFolgendenderzeitdenDiskursinderLehrer*innenbildungbestimmendeMo-dellezur„digitalenKompetenz“vonLehrkräftenunddiedahinterliegendenModellepro-fessionellerKompetenzindenBlickgenommenwerden,giltesimSinnederinterdiszip-linärenAnalyseunddesTheorietransferszuprüfen,inwiefernmedienreflexivePerspek-tivendarinvorkommenbzw.insieintegrierbarwären.EininderDiskussionum„digitaleKompetenzen“ von Lehrkräften wichtiges Bezugsmodell stellt das TPACK-Modell vonMishraundKoehlerdar,daszunächstalsTPCK-Modell(2006)eingeführtwurde.MitFo-kusaufdastechnologisch-pädagogischeInhaltswissenbeschreibtesjeneWissensberei-che,dieesLehrkräftenermöglichensollen,Medienund/oderneueVermittlungstechno-logienimUnterrichteinzusetzen.InsgesamtumfasstesrelevanteWissensbereiche:
- TechnologischesWissen(technologyknowledge:TK)beziehtsichaufdasWissenzumUmgangmitTechnologienallgemeinsowohldigital(z.B.Internet,interak-tiveWhiteboards)alsauchanalog(Stifte,Papier).
- PädagogischesWissen(pedagogicalknowledge:PK),meintWissenüberdieall-gemeinenLehr-undLern-ProzesseundUnterrichtsmethoden, z.B.Kenntnisseüber Classroom-Mangement, Leistungsbewertung, Lernen undMotivation vonSchülerinnenundSchülern.
- InhaltlichesWissen(contentknowledge:CK),umfasstdasFachwissendasLehr-kräftefürdievonihnenunterrichtetenFächerbenötigen.
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- FachdidaktischesWissen(pedagogicalcontentknowledge:PCK),dassichaufdasfachlich-inhaltlicheWisseneinerseitsunddasWissenumdieVermittlungdieserfachlichenInhalteandererseitsbezieht.
InseinenGrundzügenkombiniertdasModellbishierhininformations-undkommunika-tionsbezogeneÜberlegungen(vgl.z.B.Angeli&Valanides,2005)mitdenwissensbezoge-nenAusführungenShulmanszurLehrer*innenprofessionalität(1986)inFormvonFach-wissen (content knowledge: CK), fachdidaktischemWissen (pedagogical content know-ledge:PCK)undpädagogischemWissen(pedagogicalknowledge:PK)undidentifiziertfürdasWissenrelevanteÜberlappungsbereiche,dieihrerseitswiederumneueWissensbe-ständebedingen.Hierzugehört:
- Technologisch-pädagogisches Wissen (technological pedagogical knowledge:TPK),dasdasWissendarüberumfasst,wieverschiedenedigitaleTechnologienim Unterricht eingesetztwerden können und dass der Einsatz dieserMedienauchdazuführenkann,dasssichdasLehrenundLernenändert.
- TechnologischesInhaltswissen(technologicalcontentknowledge:TCK),dasdasWissenumdieVerwendungvonTechnologienoderMedien imFachunterrichtbezeichnetundnachderenspezifischenNutzenfürdieRepräsentationder In-haltedesunterrichtetenFachsfragt.HierinaufgehobenistauchdasVerständnisdafür,dasssichdurchdenEinsatzfachbezogenrelevanterTechnologienauchdieInhalteselbstverändernkönnen.
DerSynergieeffektallerausgeführtenerworbenenKompetenzenkumuliertletztlich imtechnisch pädagogischen Fachwissen (technological pedagogical content knowledge:TPACK),dasdieKompetenzumreißt,dasvorhandenefachliche,fachdidaktischeundpä-dagogischeWissenumtechnologiebezogeneWissensbeständezuerweitern.
TPACKisthebasisofgoodteachingwithtechnologyandrequiresanunderstandingoftherepresentationofconceptsusingtechnologies;pedagogicaltechniquesthatusetechnolo-giesinconstructivewaystoteachcontent;knowledgeofwhatmakesconceptsdifficultoreasytolearnandhowtechnologycanhelpredresssomeoftheproblemsthatstudentsface;knowledgeofstudents’priorknowledgeandtheoriesofepistemology;andknowledgeofhowtechnologiescanbeusedtobuildonexistingknowledgeandtodevelopnewepiste-mologiesorstrengthenoldones.(Mishra&Koehler,2006:S.1029)
AusmedienwissenschaftlicherSicht lässt sichzunächstsehrgutandieAnnahmenan-schließen,dass(Medien-)TechnologiesowohldenMöglichkeitsraumder jeweiligenIn-halte(TCK)alsauchdiePraktikendesLehrens(TPK)beeinflusst,alsoMaterialitätenmitden Praktiken und für pädagogische Vermittlungsszenarien ausgewählten Inhalten inWechselwirkungstehen.EsfehltallerdingseineexpliziteMedienreflexion,vielleichtauch,weilMishraundKoehlerdenursprünglichvonShulmanmitgedachtenBereichdescurri-cular knowledge (1986) (dasWissenüberUnterrichtsmedien und den Schulstoff), daseinederartigeReflexionimplizierenkönnte,nichtinihrModellintegrieren.
DeutlichwerdenzudemdieunterschiedlichenLogikenundPrioritäteneinesem-pirischenModellseinerseitsundeinerkulturwissenschaftlichenMedienbildunganderer-seits:WährenddasKonzeptderMedienbildunginersterLiniedanachfragenwürde,wie
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sichSelbst-undWeltverhältnissedurchMedienkonstituierenundtransformieren,bleibtdiePerspektivedesTPACKdidaktischaufdieFragegerichtet,wiesich(Medien-)Techno-logien bestmöglich alsWerkzeuge zur Vermittlung vonWissen nutzen lassen. Beidesschließtsichnichtaus,dochwährend,wieimweiterenVerlaufdesTextesargumentiertwird,eineexpliziteMedienreflexioneineGrundlagefürdidaktischesHandelnseinkann,‚blackboxt‘ eine reindidaktisch-fokussierteReflexion systematisch fürdasLehrenundLernenmitundüberMedien relevantemedienwissenschaftlicheZusammenhängeundfördertdamitletztendlicheineZielvorstellung,inderMedien„ihrerAufgabeumsobessergerecht[werden],jedurchsichtigersiebleiben,jeunauffälligersieunterhalbderSchwelleunsererAufmerksamkeitverharren“(Krämer,2000:S.74).Dasistumsobemerkenswer-teralsMishraundKoehlerexplizitaufdieTransparenzvon(Medien-)TechnologieunddieentsprechendenÜberlegungenvonBruce&Hogan(1998)eingehen(Mishra&Koeh-ler,2006:S.1023).DochwährendletzteremitVerweisaufAutor*innenwieLatour(1988)undLaw(1991)daraufabzielen,dieseTransparenzenanalytischzuhinterschreiten,dientdieReferenzimRahmendesTPACK-Modellsdazu,plausibelzumachen,warumdigitaleTechnikimAngesichtihrerNeuheitdieseTransparenzzunächstdurchbrochenunddamitzurThematisierungvonTechnikinpädagogischenKontextengeführthat.
ImSinneeinesinterdisziplinärenTheorietransfersböteessichausmedienwissen-schaftlicherSichtdaheran,Transparenzsystematischzudurchbrechenund„TeiledieserTiefenmechanismen [der Medien] dem Bewusstsein wieder zugänglich zu machen“(Winkler,2004:S.25).MöglichwäreeinederartigeErgänzungzumeinenaufderEbenedesInhalts.Hierböteessichan,nichtnurdieFragezustellen,wieeinInhaltdurchdendidaktischenEinsatzeinesMediumsrepräsentiertwerdenkann,sonderendabeiauchzuklären,inwieferndieseInhalteinihrerExistenzimmerschonaufMedienkonstellationenangewiesensindunddurchsiehervorgebrachtwurden.DieFragemüsstealsonichtnursein, wie man Inhalt X mit Medium Y repräsentieren und vermitteln kann und wasdadurchmitihmgeschieht,sondernauch,durchwelcheMedienkonstellationenInhaltXüberhauptersthervorgebrachtwurde.
Ähnlichverhält es sichmitderFragenachdenLehrpraktiken. ImTPACK-Modellwirdreflektiert,inwiefernderEinsatzvonMedien(verstandenalsWerkzeuge)pädago-gische Praktiken verändert, diemedientechnischen und -kulturellen VoraussetzungenjedwederpädagogischenPraxisgeratendabeiabernuransatzweiseindenBlick.DasVor-wissenderSchüler*innenz.B.erscheintvorallembezogenaufUnterrichtsinhalterele-vant,nichtaberbezogenaufihrmedienkulturellesVorwissen.EineexplizitereMedienre-flexionkönntediesesWissenindenBlicknehmenunddasGefügeausmedienkulturellenPraktiken,dieLernendeundLehrendeindiejeweiligeKonstellationeinbringenbzw.dieinnerhalbderKonstellationgefordertwerden,beschreiben.EinesolcheReflexionwürdedannauchdemAnspruchvonMishraundKoehlernachderBerücksichtigungdesKon-texts der Lehrsituation (2006: S. 1032) folgen. Letztlich ließen sich dann auch die imTPACK-Modellnicht thematisiertenSubjektpositionen reflektieren,die sichausdiesenKonstellationenergeben.Inwelche‚Lage‘undwelcheMachtgefügeSchüler*innenebenso
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wieLehrkräftebeimLernenundLehrenversetztwerden,hilftgeradeinHinblickaufdi-gitaleMediendabei,daskomplexeZusammenspielausMaterialitätenundWissen/Prak-tikenundInhaltenzureflektieren.3
SpezielldieFragederSubjektkonstitutiondurchMaterialitäten,Praktiken/WissenundInhalteisti.ü.auchinHinblickaufeineweitereLeerstelledasTPACKbedeutsam.ImGegensatz z.B. zumModellProfessionellerKompetenzvonBaumert&Kunter (2006),fehlenimTPACKAussführungenzudenspezifischenaffektiv-motivationalenKomponen-tendesLehrberufs,denennebenwissensbasiertenKompetenzeneineebensohoheBe-deutungbeigemessenwird.ImKontextdesbisherDiskutiertensinddieseaffektiv-moti-vationalenKomponenteninsofernbedeutsam,dabisherallenfallseinverhaltenesEnga-gementvonLehrkräftenzurdidaktischenNutzungdigitalerMedientechnologienimUn-terricht feststellbar ist, insgesamt Skepsis gegenüber deren didaktischen PotenzialenüberwiegtundnurwenigeLehrkräftedavonüberzeugt,dassdigitaleMediendazubeitra-gendenLernerfolgderSchüler*innenzu fördern (Schmid,Goertz&Behrens,2017:S.15f.).Bisherungeklärtist,inwieferndieSkepsisgegenüberdigitalenMedienunddieAb-senzbeiderNutzungvondigitalenMedieneinevermehrteReflexionüberdigitaleMedienbefördert.DieAutorenderStudie„Schuledigital“verweisenhierdarauf,dassinsbeson-dereElternundLehrkräftederBildungüberMedieneinehohePrioritätbeimessenundauchdieSchüler*innendiesbezüglicheReflexioneneinfordern(D21,2016:S.27).Aufsei-tenderLehrkräftesetztdiesallerdingsvoraus,dasssieselbstüberdiehierzunötigeRe-flexionskompetenzverfügen.
Auffälligist,dassdieKompetenzüberMedienzureflektieren(insbesondereinHin-blickaufdenUmgangmitdigitalenMedien)alswichtigeVoraussetzungprofessionellenHandelnseingefordertwird(vgl.KMK,2017:S.25),dieseaberz.B.wederimTPACK-Mo-dellvonMishraundKoehler(2006)nochimModellprofessionellerKompetenzvonBau-mertundKunter(2006)operationalisiertist.DieshängtmiteinemgrundsätzlichenProb-lemempirischerModellezurBeschreibungprofessionellerKompetenzzusammen:ZwarlassensichdomänenspezifischeWissensbeständeundaffektiv-motivationaleKomponen-tengutbeschreibenundoperationalisieren,denÜbergangvom(theoretischen)Wissenzum(praktischen)Handeln in schulischenSituationenzuorganisieren, stellt fürLehr-kräfteabereinekonzeptionelleHerausforderungdar,dieerfahreneLehrkräftebesserbe-wältigenalsjunge,dasieBasisprozedurenautomatisierthaben,ihrWissenvernetzteristund sie Unterrichtssituationen routinierter reflektieren (vgl. zusammenfassend König,2010).
Reflexion,verstandenalseinebesondereArtzudenken(Hatton&Smith,1995),for-miertsichankonkretenberuflichenAnforderungssituationenunderwächstausdemVer-sucheineErfahrungzustrukturierenundzurestrukturieren.Schön(1983)prägtehierfürdenBegriffdesreflektiertenPraktikersundunterscheidetzweiReflexionssituationen:re-
3 Zuprüfenwärenatürlich,inwiefernsichdiehierdiskutiertenexpliztmedienwissenschaftlichenEr-
gänzungenemprischoperationalisierenlassen.Winkler(2004)schlägthierselbstredendkeineVer-fahrenvor.
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flection-in-action und reflection-on-action. Reflektionenwährend des Handelns (reflec-tion-in-action)werdenzumeistangestoßendurchirritierendeAspekteundermöglichenesdem*derHandelnden,dieSituationneuzubewertenundggf.dieHandlungsroutinenzuverändern.Hierzuistesallerdingsnötig,dassdiereflektierendePersoninderLageist,sich in situ vom Handlungsgeschehen zu distanzieren. Eine reflection-on-action folgtnachdemdieHandlungabgeschlossenist.DiereflektierendePersonnimmthiereineret-rospektiveHaltungeinundinterpretiertdieSituationneu,indemsiez.B.auchvorhan-dene theoretischeWissensbeständeabruft.BeideReflexionssituationensollen letztlichdazubefähigen,inZukunftähnlicheSituationenbesserbewältigenzukönnen(vgl.hierzuauchKittel&Rollet,2017:S.46).ImHinblickaufMedienreflexionlägeeinPotentialdem-nachindenirritierendenAspekteninnerhalbvonMedienkonstellationen,insofernsiede-ren Selbstverständlichkeiten durchbrechen und die ‚blinden Flecken‘ sichtbarmachenbzw.dasBewusstseindarauflenken(Krämer,2000:S.74).DieausdemModellableitba-renFragestellungenkönnendannzursystematischenAufarbeitungderpraktischenEr-fahrungenherangezogenwerden.ImHinblickaufdie„digitaleKompetenz“vonLehrkräf-tenwäredieFähigkeitundBereitschaft,derartigeReflexionsprozessebewusstundregel-mäßigzuinitiieren,einezentraleKomponente.Bisherfehlenallerdingsnationalwiein-ternational empirisch prüfbareModelle für dasKonstruktReflexionskompetenz (Leon-hard&Rhim,2011).
3. Medienreflexion im DigCompEdu-Modell
NebentheoretischundempirischausdifferenziertenModellengewinneninderLehrer-bildungzunehmendbildungspolitischePapiereunddarinskizzierteKompetenzmodelleund-katalogeRelevanz.AmBeispieldesDigCompEdu-Modells,dasversuchtunterschied-lichewissenschaftlicheStrömungensowiepolitischeundwirtschaftliche InteressenzubündelnundineinkompetenzorientiertesRasterzuüberführen(Redecker,2017),sollgeprüftwerden,inwieferndiesesandieebenskizziertenmedienwissenschaftlichenundempirischenÜberlegungenanschlussfähigist.DasDigCompEdu-ModellbeschreibtsechsKompetenzbereichedieLehrendebenötigen,umLernendeaufdieAnforderungeinervonDigitalisierunggeprägtenWeltvorzubereiten.EsumreißtalsoeinenallgemeinenBezugs-rahmenundrichtetsichdaheranLehrkräfteinallgemeinbildendenundberufsbildendenSchulensowieanLehrendeinHochschulenundinInstitutionenderErwachsenenbildung.DasModellbasiertaufdemDigComp2.1.Modell,dasfüralleBürger*innenKompetenzenimHinblickaufdigitaleMedienformuliert.Dasistinsofernrelevant,alsdaringrundle-gendeVerständnissevonMedienangelegtundimDigCompEdu-Modellteilsimplizit,teilsexplizitübernommenwerden.ErklärtesZieldesDigComp2.1lautet:„SupporttotheEu-ropeanCommissionandtheMemberStatesonharnessingthepotentialofdigitaltechnol-ogiestoinnovateeducationandtrainingpractices,improveaccesstolifelonglearningandtodealwiththeriseofnew(digital)skillsandcompetencesneededforemployment,per-sonaldevelopmentandsocialinclusion.“(Carretero,Vuorikari&Punie,2017:S.6)Damitwerden(digitale)MedienalsWerkzeugemodelliert,diezurOptimierungdergenannten
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Bereichebestmöglichgenutztwerdensollen.AlsveranschaulichendeMetapherwirddasSchwimmengewählt:DiedurchdigitaleMediengeprägteWeltisteineArtOzean,indenmaneintauchen,undindemmansichmöglichstsouveränbewegenkönnensoll.
Abb.2:VisualisierungderNiveaustufendesDigComp2.1-Modells(Carretero,Vuorikari&Punie,2017:S.14f.)
InfünfKompetenzbereichen(InformationandDataLiteracy,CommunicationandColla-boration,DigitalContentCreation,Safety,ProblemSolving)mitjeachtStufenwirdderWegdieserOptimierungdifferenziertausbuchstabiert.Immergehtesdabeidarum,Me-dienzueinemgegebenenZweckmöglichstgutzunutzen.AufEbenederMetapherbeginntesmitdemvorsichtigenEintauchenderZehenundendetbeiderKonstruktiontechni-scherSchwimmgeräte.Konkretgehtesalsodarum,voneiner*munsicherenAnfänger*inzueiner*msouveränenNutzer*inzuwerden,der*diebestehendeProzessekritischeva-luierenundeigenständigneueLösungenfürkomplexeProblemefindenkann.Ausmedi-enwissenschaftlicher Sicht ist bereits die gewählteMetapher aufschlussreich, insofernsichdieTransparenzdesWasserseinStückweitmitdemTransparentwerdenderMedienanalogisierenlässt.ÄhnlichwiebeimTPACK-Modellscheintesdarumzugehen,daszu-nächstnochbemerkenswerte(unddamitderReflexionzugängliche)Wassermöglichstnichtmehrzubemerken,sondernsouverändarinzuschwimmenundletztlichGerätschaf-
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tenzuentwerfen,dieinersterLinie‚anderOberfläche‘bzw.‚aufihrschwimmend‘funk-tionieren.UmnochmalmitWinkler(2004)undKrämer(2000)zusprechen,werdendie‚Tiefenmechanismen‘nichtreflektiertundbleibenso‚derblindeFleck‘:WasWasseranundfürsichausmachtundwarummanüberhauptinsWassergegangenist,wohinmanschwimmenwill,was Schwimmen alsKulturtechnik ausmacht etc. tritt indenHinter-grundangesichtsderdominantenZielsetzung,dasSchwimmenzuoptimieren.AuchwenneineMetapherfürdieAnalysenichtüberstrapaziertwerdendarf,wirddochdeutlich,dassMedienauftechnischeWerkzeugereduziertwerdenundReflexionlediglichinFormdesImperativs zur kreativen Optimierung von Problemlösungsstrategien auftaucht. DiesePerspektivewird imDigCompEdu-Modellweitestgehendübernommen.Ziel isthier„toseizethepotentialofdigitaltechnologiesforenhancingandinnovatingeducation“(Re-decker,2017:S.8)und„fullyexploitthepotentialofdigitaltechnologiesforenhancingteachingandlearningandforadequatelypreparingtheirstudentsforlifeandworkinadigitalsociety.“(Redecker,2017:S.12)
DigCompEdubeschreibtalsozumeinenKompetenzenzurdidaktischenNutzungdi-gitalerMedienundzumanderenKompetenzenzurVermittlungderKompetenzenausdemDigComp2.1anLernende.Dazuunterscheidetesin„professionalcompetences“,diedieeigenenArbeits-undWeiterbildungstätigkeitenumfassen,„pedagogiccompetences“,diesichaufdigitaleBildungsmaterialien,Lehren,Lernen,Prüfenunddas„Empowerment“derLernendenbeziehen,sowiedie„learnerscompetences“,dieausdenimDigComp2.1formuliertenKompetenzenderLernendenbestehen.UnterdiesendreiOberkategoriendifferenziertdasModellsechs„Areas“:1.ProfessionalEngagement,2.DigitalResources,3. Teaching and Learning, 4. Assessment, 5. Empowering Learners und 6. FacilitatingLearners’DigitalCompetence.DurchdieEinteilungderKompetenzbereiche inKompe-tenzniveaus(A1–C2)zeichnetesdenWegderLernendenvonEinsteigerinnenundEin-steigernüberExpertinnenundExpertenbishinzuVorreiterinnenundVorreiternnachundgreiftsoVorstellungenderExpertenforschungauf,inderdieEntwicklungvonExper-tise als Abfolge von qualitativ unterscheidbarenEntwicklungsstufen beschriebenwird(z.B.Berliner,2001).
Abb.3:Visualisierung1desDigCompEdu-Modells(Redecker,2017:S.16)
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Abb.4:Visualisierung2desDigCompEdu-Modells(Redecker,2017:S.15)
WennwirunsdieobenskizzierteReflexionsebenebezüglichdesZusammenhangsvonMaterialitätenundWissen/Praktikenanschauen, thematisierendieAutor*innensieanzentralerStellewiefolgt:
Theubiquityofdigitaltechnologieshasprofoundlychangedalmostallaspectsofourlives:thewaywecommunicate,thewaywework,thewayweenjoyourleisuretime,thewayweorganiseourlives,andthewaywesourceknowledgeandinformation.Ithaschangedhowwethinkandhowwebehave.Childrenandyoungadultsaregrowingupinaworldwheredigitaltechnologiesareubiquitous.Theydonotandcannotknowanydifferent.Thisdoesnotmean,however,thattheyarenaturallyequippedwiththerightskillstoeffectivelyandconscientiouslyusedigitaltechnologies.(Redecker,2017:S.12)
DendigitalenTechnologienwirddamiteineunidirektionaleWirkmachtunterstellt:dieMaterialitätenverändernWissenundPraktiken.EinigenmedientheoretischenAnsätzen(s.o., vgl.Kittler, 1986) ist eine solcheModellierung nicht fremd, dochwäre (z.B.mitWinkler,2002)immerauchdieGegenfragezustellen,inwieferndieMaterialitätennichtauch Materialisierungen ihnen vorgängiger Praktiken und Wissensbestände sind. ImDigComp-Edu-ModellwerdenMediendadurchzuObjekten,dienichtquaihrerkulturel-lenHervorbringungundEinbettung, sondernquaExistenzwirksamsindunddement-sprechenddieSubjekteinderPflicht,sichimUmgangmitihnenkompetentzumachen.UndauchdasVerständnisvonMedienalsWerkzeugefügtsichindiesesBild,dasiealswirksame Objekte produktiv zu nutzen sind. Dementsprechend beginnen nahezu alleKompetenzbeschreibungenmit der Formulierung „Using digital technologies to/for…“(vgl.Redecker,2017:S.16).EineexplizitereMedienreflexionmüsstedemgegenüberauchdiemedienkulturelleEbenemiteinbeziehen,umauchDiskurseundPraktikenindenBlick
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zunehmen,dieüberhaupterstdasZustandekommenderObjekteundihreEnkulturationimSinnederkollektivenAusgestaltungderNutzungdertechnischvorhandenenMöglich-keitenreflektierbarmachen.ÄhnlichwieimTPACK-ModellwirdderüberdiekonkreteWerkzeugnutzung hinausgehendeKontext zwar erwähnt, aber nichtmedienanalytischernstgenommen.4
ImVergleichzumTPACK-ModellbleibtzudemdieEbenederInhalteeinStückweitunterrepräsentiert,insoferndastechnisch-pädagogischeWissen(TPK)insZentrumge-stelltwird:„ThecoreoftheDigCompEduframeworkisdefinedbyAreas2-5.Togethertheseareasexplaineducators’digitalpedagogiccompetence,i.e.thedigitalcompetenceseducatorsneedtofosterefficient,inclusiveandinnovativeteachingandlearningstrate-gies.“ (Redecker, 2017: S. 16) Gleichzeitig wird der Begriff „Digital Technologies“ imGlossarexplizitalsSammelbegrifffür„DigitalTools“und„DigitalContent“bzw.für„Digi-talDevices“,„DigitalResources“und„Data“definiert:
Abb.5:VisualisierungderBegriffsdefinition„DigitalTechnologies“(Redecker,2017:S.88,s.auchebd.:S.27)
4 „Bothareas[1+6]acknowledgethateducators’digitalcompetencegoesbeyondtheconcreteuseof
digitaltechnologieswithinteachingandlearning.Digitallycompetenteducatorsmustalsoconsidertheoverallenvironment,inwhichteachingandlearningencountersareembedded.“(Redecker2017:S.17)
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DasfürdieMedienreflexionsowichtigeVerhältniszwischenMaterialitätenundInhaltenwirddadurchsystematischbegrifflich‚geblackboxt‘.
AuchimHinblickaufdieobenskizzierteAnnahme,dassMedienreflexiondieRollevonMaterialitäten,Wissen/PraktikenundInhaltenaufdieKonstitutionvonSubjektenindenBlickzunehmenhat,findetsichimDigCompEdu-ModellkeineEntsprechung.Zwarwerdenbeispielsweise imKompetenzbereich „5.EmpoweringLearners“überdieThe-menZugangundInklusion,PersonalisierungundAktivierungPraktikenundZieleange-sprochen,diemitSubjektivierungundSubjektpositionierungzutunhaben,eineReflexiondieserZieleundPraktikensowiederdahinterliegendenProzessewirdjedochnichtgefor-dert.ÄhnlichwirdimKompetenzbereich„3.TeachingandLearning“gefordert,kollabo-rativesLernenmitdigitalenMedienzufördern,inwieferndamitjedochauchveränderteSubjektkonzepteeinhergehen,wirdnichtinBetrachtgezogen.
GleichzeitiglässtsichdasModellselbstaberauchalsAnleitungzuspezifischenSub-jektivierungs-undSelbstoptimierungspraktikenverstehen,zumindestinHinblickaufdieeigenenKompetenzen.ImModellstrukturellverankertwirddieseineinemUnterpunktdesKompetenzbereichs„ProfessionalEngagement“,dermit „Reflectivepractice“über-schriebenist.AuchwennunterdiesemTitelvielfältigeZieleimHinblickaufdieReflexionvonMedienkonstellationeninnerhalbdereigenenPraxisvorstellbarwären(s.Abschnitt4),gehtesletztlichjedochumdieReflexionseinerselbst,umggf.Kompetenzlückener-kennenundschließenzukönnen:„To individuallyandcollectivelyreflecton,criticallyassessandactivelydevelopone’sowndigitalpedagogicalpracticeandthatofone’sedu-cationalcommunity“(Redecker,2017:S.19). InderLogikempirischerKompetenzmo-dellewirddieseSelbstreflexionineinemabgrenzbarenBausteinverankertundüberauf-einanderaufbauendeKompetenzlevelsabgebildet5.ExplizitereFormenderMedienrefle-xion,wiesiez.B.ausmedienwissenschaftlicherSichtnötigwären,fehlen.
LetztlichergebensichsoProfilierungsanweisungen,überdiesichBürger*innenundLehrendeselbstzumObjekteinerAnalysemachen,umsichdenjenachKontextgesteck-tenZielvorgabenanzunähern.EsgehtumeineZerlegungdesSelbstinKompetenzmerk-maleundderenAusprägungen,einerLogikderAnpassungvonkompetenzbezogenenIst-ProfilenanebensolcheSoll-Profileunddamitdas‚Matching‘mitspezifischenAnforderun-gen,dasalsSubjektivierungspraktikzuveranschlagenist.DurchdieNiveaustufenlogikist
5 AufbauendaufdenModellenwurdeneineReihevonprofilbasiertenOnline-Self-Assessmentsimple-
mentiert. Z.B. https://digcomp.digital-competence.eu/, https://digcomp.enterra.de/digital-competence-check-online-assessment.html, https://ec.europa.eu/jrc/en/digcompedu/self-assessment.DieexemplarischeUntersuchungdesSelf-AssessmentsfürLehrkräfteaufdigicomp.enterra.dever-deutlichtdurchdieimAssessmentvorgenommeneKomplexitätsreduktionaufknappeAussagendenBefunddiesesArtikels.FokusderLeistungsbeurteilunginnerhalbdesAssessmentverfahrensistNut-zungshäufigkeitundmethodischeBreiteentlangverschiedenerZielkriterienwieIndividualisierungderLernendenetc.AbgefragtesReflexionsverhaltenschaffthierniedenBlick ‚hinter‘diemedialeKonstellation,sondernthematisiertReflexionnuramRandeetwabeiderFragenachZuverlässigkeitvon Informationen als Unterrichtsinhalt oder der Häufigkeit der Einbindung digitaler Tools alsselbstständigzunutzendesWerkzeugzurPlanung,DokumentationundReflexiondeseigenenLern-fortschrittsderLernenden.
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demModellgleichzeitigeineSteigerungslogikeingeschrieben,indermansichhocharbei-tenkannundsoll.
Abb.6:VisualisierungderNiveaustufendesDigCompEdu-Modells(Redecker,2017:S.29)
BeideModelle implementieren damit spezifischeVerhältnisse zwischenMaterialitätenundInhalten,insofernsiedieLehrendenalsKompetenzprofilemodellierenundsiefor-derndaraufaufbauendeProfilierungs-undSelbstoptimierungspraktikenein.Damitkon-struierensieprofilbasierteSubjektivierungskonzepte,diemaningegenwärtigenMedien-kulturenvonFacebookundInstagrambisXingallenthalbenfindet6unddiemanausme-dienwissenschaftlicherSichteherzumGegenstandderReflexionmitLehrendenundLer-nendenmachenwürde,alssieunreflektiertzureproduzieren.
DerZusammenhangvonMedialitätundBildung,wieerobenskizziertwurde,spieltinDigCompEduebenfallskeinenennenswerteRolle.EinziginderbereitszitiertenEinlei-tungfindensichGrundannahmen,diedigitaleMedienmitderFragenachSelbst-und–indiesemFallvorallem–WeltverhältnisseninVerbindungbringenlassen.DaseigentlicheKompetenzmodellreduziertsichdannjedochaufdietechnisch-pädagogischeEbene,diedigitaleMedienalsWerkzeugezurUmsetzungpädagogischerPraktikenbegreift.7
4. Ausblick
Der medienwissenschaftliche Blick auf das TPACK- und das DigCompEdu-Modell hatdeutlichgemacht,dasssichinbeidenFällenAnknüpfungspunkteergeben,eineexplizitereMedienreflexionaberallenfallsrudimentärvorhandenist.BeideModelleerhebennicht
6 SiehefüreinedetailliertereAuseinandersetzungmitProfilierungalsspezifischeSubjektivierungs-
formauchWeich(2017).7 DieseTatsachelässtsichauchdurchdieobenbereitserwähnteTatsacheerklären,dassdieKonzepte
„Bildung“und„Kompetenz“ausganzunterschiedlichenDiskursenstammen(vgl.Othmer&Weich,2013).
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denAnspruch,die ,Tiefenmechanismen’vonMedienkonstellationenzuverstehen, son-dernMedienmöglichstgutals(didaktische)Werkzeugezunutzen.WährenddasTPACK-ModellInhalte,(pädagogische)PraktikenundTechnologienineinsystematischesWech-selverhältnissetzt,beruhtdasDigCompEdu-ModellinersterLinieaufderAnnahme,dassMedientechnikPraktikenverändertbzw.neuePraktikenerfordert,diemandurchdenAusbaudereigenenKompetenzenerlernenkannundsoll.DassdasZieldidaktischorien-tierterModelleimmerdiedidaktischePraxisseinmussundsieMedienreflexionnichtalsSelbstzweck insZentrumstellen, istzwarunstrittig,dochtatsächlich isteine fundierteMedienpraxisohneeineebensofundierteMedienreflexionschwervorstellbar.Umdigi-taleMediendidaktischbestmöglichnutzenzukönnen,sounserVorschlag,isteinereflek-tiertebzw.reflektierendePraxisnötig,indemSinne,dasspraktischesErfahrungswissenund theoriebasierte Medienreflexion zyklisch miteinander verbunden werden.8 ÜberpragmatischeLeitfragenwiedie,diesichausdemobenskizziertenMedienkonstellations-modellableitenlassen,könnenPraxiserfahrungenstrukturiertreflektiertwerden,didak-tischeSzenarienalsMedienkonstellationenimSinnevonsowohlreflection-in-actionalsauchreflection-on-action(Schön,1983)gestaltetundwiederumreflektiertwerdenusw.AufdieseWeise lässtsich iterativherausarbeiten,welchemedienkulturellenPraktikenmitdenmateriellenMedientechnikenbeidenLernendenundbeimirselbstverbundensind,kannichdanachfragen,wieichsieineinLehr-Lernkonzepteinbindenkannoderaber,wieichdiebestehendenmedienkulturellenPraktikensobeeinflussenkann,dasssieinmeinLehr-Lernkonzeptpassen,welcheInhalteermöglichtwerdenundwelcheSubjekt-positionenfürmichalsLehrende*rundfürdieSchüler*innenjeweilsvorgesehensind.9DieanderTUBraunschweigentwickeltenOnline-Kurse„WasmitMedien“und„MediaDi-dakt“setzendieAnbahnungexpliziterReflexionskompetenzenausgehendvomeingangsskizziertenMedienkonstellationsmodellz.B.exemplarischfüralltäglicheunddidaktischeHandlungszusammenhängeum.
Kurz:EineumfassendeMedienreflexionistnichtSelbstzweckodereineAbkehrvomallseitsgefordertenPrimatdesPädagogischen,sonderndessenVoraussetzung.Medien-reflexionistangesichtsdermedienkulturellenunddamitauchlehr-,lern-undschulkul-turellenTransformationenimKontextdigitalerMedien–diesichseitvielenJahrenvoll-ziehen,angesichtsderCorona-PandemiejedocheinenbesonderenSchuberfahrenhaben–insoferneinegrundlegendeKompetenz,alsdiemeistenweiterenvonihrabhängenunddaher ist ihreUnterrepräsentation imTPACK-undmehrnoch imDigCompEdu-ModelleineproblematischeAusgangslage.Sieistumsoerstaunlicher,alsbereitsindeninden1990erJahrenetabliertenMedienkompetenzmodellenvonBaackeundinAnsätzenderMedienerziehungMedienreflexioneine festeKonstantewarunddabeiMediendidaktikintegrativmitgedachtwar(Baacke,1997;Spanhel&Kleber,1996).Auchwenndas,was
8 VielenDankanMarenTribukaitfürdiesenHinweis. 9 Unter demSchlagwort „postdigitaleducation“ formuliert TimFawns (2018: S. 136) dementspre-
chend:„Technologyandpedagogydriveeachother,caughtinacontinuousfeedbackloop,anditisintheintegrationofnewtechnologiesandrelatedpracticesintoexistingecologiesthatopportunitiesandchallengesarise.“
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dabeialsMedienreflexionverstandenwurde,denhierskizziertenmedienwissenschaftli-chenPerspektivennichtvölligentspricht,sondernsichaufeinekommunikations-undso-zialwissenschaftlicheMedienkritikstützt,istdochdieFunktionsstellezumindestexplizitadressiert.VordiesemHintergrundkönntediestrukturelleReaktivierungderFragenachMedienreflexionausdenklassischenMedienkompetenzmodelleninVerbindungmitihrerstrukturellenundinhaltlichenAusgestaltungaufeinermedienwissenschaftlichenBasis,wiesiesichüberdasMedienkonstellationsmodellentwickelnlässt,eineumfassendeMe-dienreflexionskompetenz als essentiellen Teil „digitaler Kompetenz“ von Lehrkräftenetablieren.IneinigenpolitischenundmedienpädagogischenPublikationensindderartigePerspektivenbereitsangelegt(z.B.KMK,2017;LKM,2015;Eickelmannetal.,2019;Bet-tinger, 2017). Das Ergebnis wäre dann eine tatsächlich medienkulturwissenschaftlichfundierteMediendidaktik,dienichtvonvornherein fordert „Usedigital technology forXY“, sonderndaraufbautdiemedientechnischenund -kulturellenVoraussetzungenzuverstehenunddaraufaufbauendpädagogische,didaktischeundmethodischeEntschei-dungenzutreffen.PositiverNebeneffektwäredabei–unddessenWertistkaumzuüber-schätzen–dassdieseKompetenzzurMedienreflexionnichtnurfürdidaktischeZielege-nutztwerdenkann,sondernauchganzimSinneeinerderzentralenAnforderungenandieMedienkompetenzvonLehrenden(z.B.KMK,2017:S.26)fürdieReflexionmitdenSchüler*innenüberihreeigenenmedienkulturellenLebenswelten,über‚dieLage‘indiesiedieMedienkonstellationen,indenensiesichtagtäglichbefinden,versetzenundüberdie‚blindenFlecken‘,dieSelbstverständlichkeiten,diesieinihremAlltagshandelnnichtmehrhinterfragen,kurz:überdie‚Tiefenmechanismen‘,dieohneMedienreflexionimVer-borgenenbleiben.
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Über die Autor*innen
AndreasWeich leitetdieNachwuchsforschungsgruppe„PostdigitaleMedienkonstellationen inderSchule“imLeibniz-WissenschaftsCampus–PostdigitalePartizipation–Braunschweigundistwissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Mediale Transformationen am Georg-Eckert-Institut/Leibniz Institut für internationaleSchulbuchforschung.Er istMitgliedderLenkungs-gruppederInitiativeKeineBildungohneMediensowiedesForumsBildungunddesForumsDigi-talisierungderGesellschaftfürMedienwissenschaft.SeineForschungsschwerpunkteliegenimBe-reichMedien-undBildungstheorie,Diskurs-undDispositivanalyse,digitaleMedienundPostdigi-talität.Korrespondenzadresse:[email protected]ürSchulpädagogikamInstitutfürErziehungswissenschaft.Sielehrtund forscht indenArbeitsbereichenMehrsprachigkeitundHeterogenitätsowieÜbergänge imSchulwesen. Inden letzten Jahrenhat siemehreredrittmittelfinanzierteProjekte zumThema(Zweit-)SpracherwerbimElementar-undPrimarbereichdurchgeführt.AktuellistsieVizepräsi-dentinfürLehrer*innenbildungundWeiterbildungderTUBraunschweigundGesamtprojektlei-terindesProjekts„TU4Teachers-LehrerbildunganderTUBraunschweig“,das imRahmenderQualitätsoffensiveLehrerbildunggefördertwirdunddasinderdrittenFörderrundedieImple-mentationdigitalerKompetenzeninderLehrerbildungfokussiert.Korrespondenzadresse:[email protected]äftsführendeLeitungdesProjekthausesderTUBraunschweig.Erarbeitetu.a.anderOperationalisierungmedienbildungstheoretischerAnsätzeinnerhalbdesBereichsvon(digitaler)Bildungstransformationen.IndenletztenJahrenhaterleitendProjektezuneuenAn-sätzenvonLehrevonderstrategischenbiszuroperativenEbenevorangetrieben.ErwarDigitalLearningTransferFellowdesStifterverbandes2018undunterstütztandereHochschulenalsPeerbeiihrerstrategischenWeiterentwicklungimRahmendesHochschulforumsDigitalisierung.ErveröffentlichtregelmäßigtheoretischeArtikelausmedienwissenschaftlicherPerspektiveaufdasFeldBildungalsauchoperationaleTextewiedasHandbuchinnovativeLehre.Korrespondenzadresse:[email protected]