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Martin Hengels „Zeloten“ Ihre Bedeutung im Licht von fünfzig Jahren Forschungsgeschichte Mit einem Geleitwort von Roland Deines herausgegeben von Hermann Lichtenberger Mohr Siebeck Digitaler Sonderdruck des Autors mit Genehmigung des Verlages

Geleitwort, Martin Hengels „Zeloten“: Ihre Bedeutung im Licht von fünfzig Jahren Forschungsgeschichte

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Martin Hengels „Zeloten“Ihre Bedeutung im Licht

von fünfzig Jahren Forschungsgeschichte

Mit einem Geleitwort von Roland Deines

herausgegeben von Hermann Lichtenberger

Mohr Siebeck

Digitaler Sonderdruck des Autors mit Genehmigung des Verlages

ISBN 978-3-16-152514-8

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National biblio graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http: / /dnb.dnb.de abrufbar.

© 2013 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts-gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikrover-filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Das Buch wurde von Martin Fischer in Tübingen aus der Garamond Antiqua gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden.

Hermann Lichtenberger, geboren 1943; Promotion Marburg 1975; Habilitation Tübingen 1986; 1986–1988 Professor für Biblische Theologie in Bayreuth; 1988–1993 Professor für Judaistik und Neues Testament in Münster; 1993–2010 Professor für Neues Testament und antikes Judentum und Leiter des Instituts für antikes Judentum und hellenistische Religionsgeschichte in Tübingen.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IXGeleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

Joachim Schaper Das Theologumenon des „Eifers“ Gottes in alttestament lichen Texten, sein Zusammenhang mit dem Bilderverbot und seine Wirkung auf das frühe Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Anna Maria SchwemerDie „Eiferer“ Elia und Pinchas und ihre Identifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Christian GrappeDie Zeloten, der historische Jesus und der Jesus der Evangelien . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Niclas FörsterDie zelotische Ablehnung römischer Steuern und Münzen: eine neue patristische Quelle . . . . . . 107

Daniel R. SchwartzZeloten, Martin Hengels Die Zeloten und Dichotomie im antiken Judentum . . . . . . . . . . 135

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VIII Inhaltsverzeichnis

Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169Autorenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177Namen- und Sachenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

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Geleitwort

Die „Zeloten“ von Martin Hengel sind ein in mehrfacher Hinsicht bemerkenswertes Werk. Es ist eine Doktorarbeit, die in mehrere Sprachen übersetzt wurde, deren deutsches Original in zwei Auflagen erschienen ist und nun nach 50 Jahren eine verbesserte Neuauflage erlebt. Das allein ist schon bemerkenswert und widerfährt nicht vielen wis-senschaftlichen Erstlingswerken. Noch bemerkenswerter ist allerdings die Tatsache, dass Martin Hengel die erste und zugleich im Grunde genommen bisher einzige Arbeit über die „Zeloten“ geschrieben hat, die – folgt man den Trends in der angelsächsischen Josephusforschung, wie ich sie im Nachwort zur Neuausgabe beschrieben habe – auch die letzte bleiben wird, weil es die Zeloten, wie sie so meisterhaft in seinem Buch beschrieben sind, angeblich nie gegeben hat. Ein erfolgreiches und im wahrsten Sinne des Wortes einzigartiges Buch über eine jüdische Partei des ersten Jahrhunderts, die ihre Existenz einzig der kom-binatorischen Kreativität ihrer Erforscher verdankt, ist in der an Ungewöhnlichem nicht eben armen Forschungs-geschichte dann doch durchaus ungewöhnlich. Wobei ungewöhnlich nicht so sehr die Tatsache ist, dass eine historische Monographie über etwas geschrieben wird, das es möglicherweise nie gegeben hat, im Gegenteil – man

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XIV Geleitwort

könnte wahrscheinlich ganze Bibliotheksabteilungen mit solchen Versuchen füllen, Quellen, Bewegungen und Ent-wicklungen zu rekonstruieren, die sich im Nachhinein als Irrweg erwiesen. Ungewöhnlich ist vielmehr die Tatsache, dass dieses Buch bis heute keinen Nachfolger gefunden hat. In anderen Bereichen unseres Faches haben auch die Bücher Nachahmer gefunden, die historisch auf eher schwachen Füßen stehen. Warum also nicht die Zeloten?

Mein Nachwort zur Neuauflage „Gab es eine jüdische Freiheitsbewegung? Martin Hengels »Zeloten« nach 50 Jahren“ versucht, darauf eine Antwort zu geben, indem es den Weg von der Erstauflage im Jahr 1961 und ihrer Rezeption bis zur englischen Übersetzung 1989 und dann weiter bis zur aktuellen Diskussion nachzeichnet. Dabei zeigt sich, dass es weniger neue Quellen oder historische Erkenntnisse waren, die die „Zeloten“ dekonstruierten, sondern wechselnde gesellschaftliche Einflüsse von au-ßen sowie die Abwendung von einer primär religionshis-torischen Methode. Stattdessen dominieren literarische Analysen in der Josephusforschung, die weitgehend auf die Frage nach dem, was eigentlich im 1. Jahrhundert in Galiläa und Judäa geschehen ist, verzichten. Nahezu voll-ständig ausgeblendet ist zudem die religiöse Haltung und der theologische Kontext, die die Zeloten (und Josephus als ihren Historiographen) zu ihrer Haltung inspirierte.

Hengel demonstrierte dagegen schon mit diesem Erst-lingswerk was dann in seinen späteren Arbeiten immer deutlicher in Erscheinung treten sollte, dass er nämlich ein begnadeter Historiker war, dem es gelang – oft gegen den Strom der jeweiligen Moden und Meinungen – die

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XVGeleitwort

religiös begründete Motivation als wichtigen, ja vielfach entscheidenden Faktor des historischen Geschehens zu erfassen. Das Fundament dazu wird bezeichnenderweise nicht mit einer Arbeit aus dem Bereich des Neuen Tes-taments oder der christlichen Frömmigkeitspraxis gelegt, sondern eben mit den Zeloten. Denn das entscheidende Motiv der Zeloten, wie Hengel sie verstand, war ihr „Eifer“ für Gott, worin er eine Haltung erkannte und würdigte, die ohne Kompromisse Gottes Willen tun wollte. Viel wäre auch für gegenwärtige gesellschaftliche und politische Diskurse gewonnen, wenn die formative Kraft religiöser Überzeugungen besser verstanden würde, die – als Offen-barung Gottes menschlicher Verfügung entzogen – nicht beliebig verhandelbar sind. Angesichts der gegenwärtigen weltpolitischen Situation, in der säkulare Gesellschaften neu lernen müssen, dass der lange Atem des religiösen Eifers mit seinem sozial-revolutionären, politischen und notfalls auch zur Gewalt bereiten Potential nicht ignoriert werden kann, ist die Neuauflage dieses 50 Jahre alten Klas-sikers weit mehr als nur die Hommage an einen großen Lehrer und Forscher. Hengel war einer der ersten, der den „Eifer“ (heute würde man wohl Fanatismus sagen) als eschatologisch intensivierte Ausprägung einer bestehenden Religionsform darstellte und dadurch verstehbar machte. Das Interesse an seiner Arbeit in der gegenwärtigen Reli-gionssoziologie und Politikwissenschaft ist dafür ein Indiz, da anhand der Zeloten als einer abgeschlossenen Bewe-gung Entstehung, Entwicklung und Ende einer solchen radikalisierten Religionsadaption studiert werden kann. Die in Hengels Darstellung der »Zeloten« aufgezeigte

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XVI Geleitwort

Überschneidung von theologischen Überzeugungen mit eschatologischen, sozialen und politisch-nationalen Mo-tiven, die durch prägende Lehrergestalten formuliert und verbreitet wurden, entspricht vielfach dem Erscheinungs-bild auch gegenwärtiger Intensivierungsformen religiöser Überzeugungen. Eine solche Aktualisierung liegt dabei durchaus im Interesse Hengels, den als Theologen, Histori-ker und Zeitgenossen das Phänomen des religiösen „Eifers“ zeitlebens interessiert hat. Dabei war es für ihn selbstver-ständlich und sozusagen unvermeidlich, dass die Kenntnis der jüdischen Freiheitsbewegung und ihres historischen Scheiterns nicht einfach nur antiquarisches Wissen blieb, sondern Orientierung für das Verstehen und Bewerten der revolutionären Bewegungen der eigenen Gegenwart bot. Nicht zuletzt ging es ihm dabei auch darum, das im Vergleich dazu anders gelagerte revolutionäre Motiv des Messias Jesus von Nazareth würdigen zu können, das die Ursache menschlichen Leidens nicht in der falschen politischen Herrschaft, sondern in den „Gesetzeszwänge[n] der Selbstbestätigung und Selbstbehauptung um jeden Preis, der aggressiven Wiedervergeltung, der Selbstrechtfer-tigung der Gewalt und der Verklärung des rücksichtslosen Erfolges“ oder, kurz gesagt, der Sünde sieht (Gewalt und Gewaltlosigkeit. Zur »politischen Theologie« in neutesta-mentlicher Zeit, in: Kleine Schriften V, S. 281).

Die Neuauflage der »Zeloten« ist mit der Hoffnung verbunden, dass die Beschäftigung mit der Geschichte auch der besseren Einsicht in die Gegenwart dient. Die in diesem Band versammelten Beiträge sind ein erstes erfreuliches Zeichen dafür, dass der Schwanengesang über

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XVIIGeleitwort

die Zeloten als einer wichtigen jüdischen Partei des ersten Jahrhunderts wohl zu früh angestimmt wurde. Man muss darum kein Prophet sein um vorherzusagen, dass Martin Hengels forschungsgeschichtlicher Solitär auch in Zukunft zum Verständnis des religiösen Eifers in Vergangenheit und Gegenwart seine Bedeutung behalten wird.

Nottingham, Januar 2013 Roland Deines

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