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Bitte zitieren als:
Schneider, F. M., Knop, K. [Karin], Krömer, N., Reich, S., & Weinmann, C. (2014). Gute
Unterhaltung?! Lernen und Bildung mit unterhaltenden Medienangeboten. In-Mind Magazin,
5(3). Retrieved from http://de.in-mind.org/article/gute-unterhaltung-lernen-und-bildung-mit-
unterhaltenden-medienangeboten
Gute Unterhaltung?! Lernen und Bildung mit unterhaltenden Medienangeboten
Frank M. Schneider, Universität Hohenheim/Universität Mannheim
Karin Knop, Universität Mannheim
Nicola Krömer, Universität Erfurt
Sabine Reich, Universität Mannheim
Carina Weinmann, Universität Mannheim
Keywords: Entertainment-Education, Unterhaltung, positive Medienwirkung, sozial-
kognitive Lerntheorie, Rollenmodell, Involvement, Identifikation
Teaser
Bringen uns TV-Sendungen die neusten Erkenntnisse aus der Wissenschaft näher? Lernen
wir in Computerspielen etwas über den Völkermord in Darfur? Verändern Radioserien unser
Gesundheitsverhalten? Die unterhaltsame, mediale Vermittlung von Informationen,
Einstellungen, Werten und Verhaltensweisen hält Einzug in sämtliche Bereiche unseres
Alltags. Der Fachbegriff dafür ist Entertainment-Education. Aber was verbirgt sich dahinter?
Wie kann man die Wirkung erklären? Und: Ist die Wirkung tatsächlich nachgewiesen?
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Gute Unterhaltung?! Lernen und Bildung mit unterhaltenden Medienangeboten
Warum brennt im Kühlschrank das Licht, wie kommt ein Astronaut ins All und was
macht er da? Das sind Fragen, die in der Sendung mit der Maus leicht verständlich und
lebensnah beantwortet werden. Außerdem bringen Maus, Elefant und Käpt’n Blaubär die
Großen und Kleinen zum Lachen. Ist die Sendung mit der Maus aber nun eher unterhaltsam
und lustig oder informativ und bildend? Diese Fragen stellen sich Zuschauer/-innen der Lach-
und Sachgeschichten wohl eher selten. Und auch für Fernsehproduzenten
und -produzentinnen schließen sich Unterhaltung und Information keinesfalls aus. Sie
erkennen und nutzen die Potentiale unterhaltsamer Bildungsangebote. Die Wissenschaft
hingegen hat sich jahrzehntelang intensiv mit den unerwünschten Wirkungen massenmedial
vermittelter Inhalte beschäftigt (z. B. bezogen auf Aggression, Sucht oder Vorurteile). Die
Forschung zu erwünschten Medienwirkungen fristete eher ein Nischendasein (vgl. Trepte,
2004). Wenn aber Medieninhalte negative Auswirkungen haben, warum sollen dann nicht
auch positive Wirkungen von ihnen ausgehen können? Genau diesem Bereich widmet sich
die Entertainment-Education (EE)-Forschung. Von EE ist immer dann die Rede, wenn
Botschaften so gestaltet und in Medienangebote eingebunden werden, dass sie den
Nutzerinnen und Nutzern Wissen, Einstellungen, Werte und Verhaltensweisen auf eine
unterhaltsame Art und Weise vermitteln (Singhal, Cody, Rogers, & Sabido, 2004).
Wie sind die ersten EE-Angebote entstanden?
Die Idee, sozial relevante, positive und bildende Inhalte in mediale
Unterhaltungsformate zu integrieren, reicht bis in die 1960er Jahre zurück. Die Kernidee
stammt von Miguel Sabido, einem mexikanischen Produzenten, der verschiedene Radio- und
TV-Angebote entwickelte. Deren Inhalte sollten sozialen Wandel begünstigen und taten dies
auch nachweislich. Sabido beschäftigte sich mit der Wirkung der erfolgreichen peruanischen
TV-Seifenoper Simplemente María, die in vielen lateinamerikanischen Ländern ab 1969 zur
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besten Sendezeit ausgestrahlt wurde (Singhal & Rogers, 1999). Die Zuschauer/-innen
verfolgten den sozialen Aufstieg der weiblichen Hauptfigur, die ihre selbstgesetzten Ziele
trotz widriger Umstände erreicht, und wurden dadurch motiviert, ihre Schul- und
Berufsausbildung zu verbessern. Die Folgen waren eine zunehmende Landflucht, der
steigende Wunsch weiblicher Teenager, berufstätig zu werden, eine erhöhte Schulbildung bei
Hausmädchen und ein besserer Umgang mit Hausangestellten.
Ebenfalls Ende der 1960er Jahre etablierte sich die Sesamstraße. Bei diesem wohl
erfolgreichsten EE-Format stehen z. B. Zählen lernen, Farben unterscheiden können und die
Vermittlung von relevanten Sozialkompetenzen im Vordergrund (vgl. NDR-Sendung „Als
die Sesamstraße nach Deutschland kam“).
Der EE-Ansatz wird in hohem Maße im Gesundheitsbereich (HIV-Aufklärung,
Krebsprävention; vgl. Youtube-Video: Video 1) und im Sozialbereich (Gewalt in der Familie,
Familienplanung) genutzt und auch auf den Bereich der politischen Bildung (Abbildung 1)
erweitert (Singhal et al., 2004). Und auch wenn Produktionen darauf verzichten, schädigende
Verhaltensweisen darzustellen, ist das im weitesten Sinne als EE zu fassen. So wurden z. B.
TV-Seifenopern wie Marienhof für ihre verantwortungsvolle Darstellung von
Rollenmodellen mit dem Rauchfrei Siegel ausgezeichnet.
--- Abbildung 1 etwa hier einfügen ---
Warum und wie wirken EE-Angebote?
Wie kann man sich nun die Wirkungen von Medienangeboten vorstellen, die bewusst
oder implizit als EE-Produkt geplant wurden? Mithilfe der sozial-kognitiven Lerntheorie
Albert Banduras (z. B. 2001) kann erklärt werden, wie Menschen am Modell (z. B.
Mediencharaktere) erwünschte Verhaltensweisen lernen. Drei Arten von Rollenmodellen
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kommen hierbei zum Einsatz. 1) Das positive Rollenmodell zeichnet sich durch diverse gute
Eigenschaften und Verhaltensweisen aus und wird für sein angemessenes Verhalten belohnt
(z. B. Spongebob). 2) Das negative Rollenmodell wird häufig als Gegenspieler/-in in
Medienangebote eingebaut und dient vorrangig zur Abgrenzung. Häufig wird das negative
Rollenmodell für sein unangemessenes Verhalten bestraft (z. B. Kater Karlo in Walt Disneys
Micky Maus). 3) Das transitionale Rollenmodell wandelt sich im Verlauf der Geschichte
vom Saulus zum Paulus, also vom zunächst negativen Vorbild zur sympathischen Figur, die
gute Eigenschaften repräsentiert (z. B. Nils Holgersson oder Pinocchio). Positive und
transitionale mediale Vorbilder sind für die Nutzer/-innen erstrebenswerte
Identifikationsfiguren im Rahmen von EE-Angeboten; negative Charaktere hingegen bergen
die Gefahr unerwünschter Wirkungen und sollten daher vermieden werden (Bandura, 2001).
Bestehen Anknüpfungspunkte oder Ähnlichkeiten zwischen den jeweiligen medialen
Rollenmodellen und den Nutzerinnen und Nutzern, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die
Verhaltensweisen auch tatsächlich übernommen werden.
Mit Erkenntnissen aus der Überzeugungs- und Involvementforschung (Moyer-Gusé,
2008) kann darüber hinaus erklärt werden, wie sich die Zuschauer/-innen engagiert mit den
Geschichten und Figuren beschäftigen. Wird die Medienbotschaft als besonders unterhaltsam
erlebt und findet eine hohe Identifikation mit den Charakteren statt, so kann die wiederholte
Nutzung des EE-Angebotes gefördert werden. Eine Art Beziehung zu den Figuren
(parasoziale Beziehung) und positive Bewertungen der Charaktere führen zu geringerem
Widerstand gegenüber Argumenten in einer bildenden Botschaft und können bisherige
Verhaltensweisen um neue erweitern. Können sich Mediennutzer/-innen mit einem
Mediencharakter identifizieren und nehmen sie hierbei große Ähnlichkeiten zwischen sich
und der Figur wahr, so halten sie sich hinsichtlich unterschiedlichster Themen- und
Problembereiche (z. B. Gesundheitsvorsorge) auch in stärkerem Maße für betroffen. Dies
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wiederum kann die Auseinandersetzung mit der Botschaft erhöhen. Besonders relevant für
die Übernahme von Verhaltensweisen sind die subjektiv wahrgenommene
Selbstwirksamkeitserwartung und die Annahme, dass sich durch eine Verhaltensänderung
Vorteile für die eigene Person ergeben. Auch diese Prozesse werden durch die
wahrgenommene Ähnlichkeit mit Mediencharakteren und die damit einhergehende stärkere
Identifikation gefördert. Die verantwortungsvolle und zielgruppensensible
Figurenentwicklung ist daher ein wichtiger Punkt innerhalb der EE-Produktion (Moyer-Gusé,
2008).
EE ist besonders geeignet, um bestimmte Zielgruppen zu erreichen, die sich anderen
Kommunikationswegen verschließen (z. B. bildungsferne Bevölkerungsgruppen; vgl. Singhal
et al., 2004). EE ist medienübergreifend relevant und wird sowohl im Radio, Fernsehen aber
auch in Computerspielen und Smartphone-Apps genutzt.
Wirkt EE tatsächlich…
im Radio?
Vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern wird das Radio eingesetzt, um im
Sinne Sabidos das Verhalten der Bevölkerung zu ändern. Wo Internetzugänge und
Fernsehanschlüsse zur Ausnahme gehören, ist die informierende Radiounterhaltung
besonders wichtig, um Zielgruppen flächendeckend zu erreichen.
Die Radioserie Twende na Wakati (Let’s Go with the Times) in Tansania ist ein
klassisches Beispiel für ein solches EE-Radioprogramm. Von 1993 bis 2002 wurden von
Radio Tansania in Kooperation mit zwei tansanischen Ministerien 676 Episoden zu Themen
der Familienplanung, Geschlechtergleichstellung und HIV-Prävention in der Landessprache
Swahili gesendet (Vaughan, Rogers, Singhal, & Swalehe, 2000). Die Radiosendung handelt
von dem promiskuitiven LKW-Fahrer Mkwaju, seiner schwierigen Beziehung zu seiner
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Ehefrau und beider Verhältnis zu befreundeten Ehepaaren, die als Rollenmodelle für
Familienplanung und Sexualverhalten dienen. In Studien wurde untersucht, ob das EE-
Radioprogramm Wissen, Einstellungen und Verhalten der Zuhörer/-innen veränderte
(Vaughan et al., 2000). Die Sendung führte nachweislich dazu, dass die Radiohörer/-innen
mehr über die Verbreitung und Prävention von HIV wussten und mehr mit anderen darüber
sprachen als vergleichbare Personen aus einer bestimmten Region Tansanias, in der die
Sendung in diesem Zeitraum nicht gesendet wurde. Auch waren die Hörer/-innen stärker für
das persönliche Risiko sensibilisiert, an AIDS zu erkranken, und schätzten ihre Chancen
höher ein, sich vor der Krankheit zu schützen. Darüber hinaus verringerten sie die Anzahl
ihrer Sexualpartner/-innen und benutzten häufiger Kondome.
Während das Radio als Verbreitungsmedium für EE-Botschaften in
Entwicklungsländern einen großen Stellenwert einnimmt, hat das Fernsehen in entwickelten
Ländern besonderes Potential.
...im Fernsehen?
Aufgrund der hohen Reichweite insbesondere in entwickelten Ländern kann via TV
praktisch jede Zielgruppe erreicht werden. Die Zielpersonen müssen dabei selbst wenig
Aufwand leisten, weil sie quasi in ihrer Komfortzone abgeholt werden (Arendt, 2013). Ein
besonderer Stellenwert wird fiktionalen, narrativen Medienformaten zugesprochen, da sie
Nutzer/-innen auf emotionaler Ebene ansprechen und involvieren. Dies erhöht sowohl
Aufmerksamkeit als auch Erinnerungsfähigkeit – wichtige Voraussetzungen für erfolgreiches
Modelllernen im Sinne der sozial-kognitiven Lerntheorie. Zudem kaschieren die Narrativität
und das emotionale Involvement der Zuschauer/-innen die Überzeugungsabsicht der
Medienangebote und begünstigen deren Verarbeitung mit nur geringem kognitivem Aufwand
(Morgan, Movius, & Cody, 2009). Eventuelle Widerstände wie z. B. das Finden von
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Gegenargumenten oder das Beharren auf entgegengesetzten Einstellungen und
Verhaltensweisen können dadurch überwunden werden (Moyer-Gusé, 2008).
Untersucht wurde die Rolle von Involvement z. B. in der Studie von Arendt (2013)
zur Vermittlung von gesundem Ernährungsverhalten durch die Kinderserie LazyTown.
Grundschulkinder sahen je zwei Folgen LazyTown, entweder mit oder ohne
Ernährungsbezug, und wurden jeweils davor und danach im Hinblick auf Wissen,
Einstellungen und Verhalten befragt. Die Ergebnisse waren jedoch vergleichsweise
ernüchternd: Zwar wurden die Selbstwirksamkeitserwartungen der Kinder in Bezug auf
gesundes Ernährungsverhalten tendenziell gestärkt, allerdings hatte die Sendung kaum
Auswirkungen auf Faktenwissen und tatsächliches Ernährungsverhalten. Das lag
möglicherweise daran, dass die Kinder die Sendung nur einmal gesehen hatten. Daneben
könnte die unfreiwillige Auseinandersetzung mit der Sendung bei den Kindern Widerstände
ausgelöst haben, die Sendungsinhalte zu lernen oder das eigene Verhalten zu überdenken. Die
eher künstliche Situation – einmaliges und erzwungenes Sehen einer Sendung und
anschließende Befragung – ist ein generelles Problem solcher Studien.
Morgan et al. (2009) untersuchten dagegen die Zuschauer/-innen in ihrer natürlichen
Mediennutzungssituation in ihrer Studie zu Organspende-Storylines in den US-Serien CSI:
NY, Numb3rs, House, und Grey's Anatomy. Die Autoren konnten zeigen, dass das emotionale
Involvement beim Sehen der Sendung das Faktenlernen verbesserte und die Motivation
erhöhte, beobachtetes Verhalten nachzuahmen. Befragungen von Seherinnen und Sehern der
betreffenden Folgen ergaben zudem, dass deren Einstellung zur Organspende und ihre
Absicht, Organe zu spenden tatsächlich beeinflusst wurden. Abseits ihres positiven Resümees
zur Wirkung von EE in diesen TV-Serien verdeutlichten die Autoren jedoch, dass der
förderliche Effekt von Involvement prinzipiell auch zur Vermittlung von falschem
Faktenwissen führen kann.
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Dies kann etwa dann geschehen, wenn durch TV-Inhalte Tatsachen falsch oder
verzerrt dargestellt werden. Ein in der Öffentlichkeit diskutiertes Beispiel dafür ist der
sogenannte CSI-Effekt. Allgemein bezeichnet dieser Effekt die durch TV-Krimiserien wie
CSI: Crime Scene Investigation beeinflusste öffentliche, teils falsche bzw. verzerrte
Wahrnehmung forensischer Ermittlungsmethoden. Beispielsweise zeigt eine Studie von Ley,
Jankowski und Brewer (2012), dass die Serie CSI DNA-Tests als schneller durchführbar und
zuverlässiger darstellt als dies in der Realität der Fall ist. Ob dies dazu führt, dass
Geschworene höhere Ansprüche an forensische Beweise haben, ist Gegenstand aktueller
wissenschaftlicher Untersuchungen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass das Fernsehen ein potentes Medium für EE
ist, sich Effekte jedoch teils schwer nachweisen lassen und mitunter sogar problematische
Implikationen haben können. Auch Computerspiele eignen sich gut für EE. Durch ihre
Interaktivität ergeben sich medienspezifische und gänzlich neue Vermittlungsformen.
...in Computerspielen?
Elham ist 14 Jahre alt und sucht in Darfur nach Wasser. Sie ist auf der Hut vor der
Miliz, die jeden Angehörigen einer anderen Volksgruppe gefangen nimmt. Die Pfeiltasten
bewegen Elham in eine Richtung und mit der Leertaste duckt und versteckt sie sich. Ihre
Geschichte lernen die Spieler/-innen bei dem Computerspiel Darfur is Dying kennen und
sollen so mit Elhams täglichen Problemen vertraut werden. Durch Interaktivität und die
Kontrolle über die Spielfiguren wird eine tiefere Charakterbindung als in traditionellen
Medienangeboten ermöglicht. Zentrale Mechanismen sind dabei die [Identifikation] mit den
Akteuren und Akteurinnen und die Empathie für die Spielcharaktere. Beispielsweise
untersuchten Peng, Lee und Heeter (2010) inwiefern sich das Spielen von Darfur is Dying
auf die Hilfsbereitschaft der Versuchspersonen in Bezug auf die Darfurkrise auswirkt. Sie
verglichen dabei Spieler/-innen mit Personen, die das Spiel passiv beobachteten oder die eine
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Nachricht über das Thema lasen. Die Forscherinnen verglichen die drei Gruppen auch
danach, wie stark die Versuchspersonen die Perspektive der Betroffenen übernahmen. Die
Ergebnisse zeigten, dass Computerspieler/-innen sich stärker in die Rollen, Emotionen und
Gedanken der Spielcharaktere einfühlen konnten als Leser/-innen. Allerdings fanden die
Wissenschaftlerinnen keine bedeutsamen Unterschiede zwischen aktiven Spielerinnen und
Spielern und passiven Spielbeobachterinnen und -beobachtern. Sie zeigten jedoch, dass
größeres Mitgefühl die Hilfsbereitschaft für die Darfurkrise erhöhte.
Für die Wirksamkeit der oben beschriebenen Prinzipien wie Modellernen,
Involvement und Identifikation bei Computerspielen sprechen auch die Ergebnisse einer
Metaanalyse (Greitemeyer & Mügge, 2014). Zwar beeinflusste das involvierte und
wiederholte Spielen von gewalthaltigen Computerspielen aggressives Verhalten; prosoziale
Spiele hingegen lösten aber prosoziale Emotionen und Gedanken aus. Diese Wirkungen
wiederum hielten für eine Zeit nach dem Spiel an und konnten so auch das Verhalten
beeinflussen.
Fazit und Ausblick
Negative Medieninhalte haben negative Wirkungen – positive Medieninhalte positive
Wirkungen? Da das menschliche Erleben und Verhalten stets durch viele verschiedene
Einflüsse bestimmt ist (z. B. Persönlichkeit, soziales Umfeld, Situation), wären solche
einfachen Pauschalaussagen fehl am Platz. Die EE-Forschung zeigt aber, dass Rollenmodelle,
Involvement- und Identifikationspotential wichtige Merkmale des Medienangebots darstellen,
wenn es darum geht, gezielt bestimmte Erlebens- und Verhaltensweisen zu fördern. Wenn
mithilfe von unterhaltsamen Angeboten uninteressierte, aber relevante Zielgruppen erreicht
werden (Singhal et al., 2004), sind diese Elemente entscheidend, um diese Menschen von den
“richtigen” Informationen, Werten und Verhaltensweisen zu überzeugen.
Dabei bleibt allerdings fraglich, was die „richtigen“ Ziele sind. Gesellschaftliche Ziele
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– wie Bildung und Gesundheit für alle oder Hilfsbereitschaft – dienen dem Allgemeinwohl
und scheinen per se „gut“ zu sein. Was aber, wenn sich hinter EE-Strategien ausschließlich
wirtschaftliche Interessen verbergen wie die Verkaufssteigerung von Produkten (Abb. 2) oder
der Einsatz von EE-Strategien zu Werbezwecken (Abb. 3)?
--- Abbildungen 2 und 3 etwa hier einfügen ---
Das bewusste Abwägen der Vor- und Nachteile solcher Medienangebote setzt
gegebenenfalls eine komplexere, kritischere, weniger unterhaltsame Auseinandersetzung mit
dem Thema voraus. Neuere Forschung deutet darauf hin, dass bestimmte
Unterhaltungsangebote auch das leisten könnten, da sie eher zum ergebnisoffenen
Nachdenken und zu weiteren Gesprächen anregen (eudaimonisches Unterhaltungserleben) als
zu einer unreflektierten Übernahme dargebotener Argumente und Verhaltensweisen (siehe
InMind-Beitrag zu unterhaltsamer Politikvermittlung: Schneider, Bartsch und Otto, 2013).
Schließlich werden auch die zunehmende Medienvielfalt und der Medienwandel
weitere Erkenntnisse zur EE-Wirkung liefern: Die Verbreitung und Nutzung von
Mobilgeräten und entsprechenden Apps verändert schon jetzt die weltweite Mediennutzung.
Mit Spiele-Apps können Schulkinder effektiv trockene Unterrichtsinhalte auf attraktive bzw.
unterhaltsame Weise lernen (Huizenga, Admiraal, Akkerman, & den Tam, 2007). Video- und
Audiomaterial kann auf Mobilgeräten gestreamt werden und bestimmte Zielgruppen noch
besser erreichen (Jones & Lacroix, 2012): Wer z. B. die Antwort auf unsere Eingangsfragen
erfahren möchte, kann sich das auf der Die-Maus-im-All-Webseite anschauen oder die
entsprechenden Maus-Podcast-Beiträge auf sein Smartphone laden. Die Maus als positives
Rollenmodell ist selbstverständlich auch zur ISS geflogen und somit am Puls der Zeit – auch
im Bereich der multimedialen Entertainment-Education.
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Glossar [Begriffe im Text unterstrichen]
Eudaimonisches Unterhaltungserleben [siehe vorhandenes InMind-Glossar]
Identifikation ist ein Zustand, bei dem eine Person sich in den medialen Charakter
hineinversetzt und somit dessen Perspektive (z. B. Motive, Emotionen, Gedanken und Werte)
übernimmt.
Involvement beschreibt, wie stark oder schwach Personen sich einem Medienangebot
zuwenden (“sich bei der Mediennutzung engagieren”). Ein hoher Involvementgrad ist durch
aktive Informationssuche, hohe Verarbeitungstiefe und hohen sozialen Einfluss
gekennzeichnet. Man unterscheidet zwischen dem Involvement auf Handlungsebene
(narratives Involvement) und Involvement auf Charakterebene.
Metaanalyse [siehe vorhandenes InMind-Glossar]
Parasoziale Beziehung: Mediennutzer/-innen können im Zeitverlauf soziale Beziehungen zu
Mediencharakteren und -personen aufbauen, die Ähnlichkeit mit Face-to-face-
Kommunikation und sozialen Beziehungen im realen Alltag haben.
Rollenmodelle sind Charaktere oder (Medien)Personen, die als Vorbild fungieren.
Seifenoper (Soap Opera) ist ein Begriff für eine Unterhaltungsserie im Rundfunk (Radio
oder Fernsehen), häufig mindestens einmal bis mehrmals wöchentlich als Fortsetzungs- oder
Endlosserie ausgestrahlt.
Selbstwirksamkeitserwartungen [siehe vorhandenes InMind-Glossar]
Sozial-kognitive Lerntheorie (Bandura, 2001): Menschen lernen nicht nur durch
Verhaltenskonsequenzen (z. B. Belohnung oder Strafe), sondern auch durch Beobachtung
(Lernen am Modell). Ob erfolgreich von einem Modell gelernt werden kann, hängt u. a. von
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Merkmalen der Situation, des/der Beobachtenden, des Modells und deren Beziehung ab.
Mediale Rollenmodelle können in diesem Sinne als Aufmerksamkeitsgeneratoren,
Erinnerungshilfen, Motivatoren und Verhaltensmodelle dienen und sind hierdurch für
Lernprozesse zentral.
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15
Video 1
--- Beschriftung für Video 1: Zusammenschnitt aus 30 Jahren Entertainment-Education der
H3C http://youtu.be/2r3LaMm7koU ---
16
Abbildung 1
--- Beschriftung für Abbildung 1. Israelischer Premierminister oder palästinensische
Präsidentin? In der politischen Simulation PeaceMaker wählen Spieler/-innen eine der Rollen
und müssen den Israel-Palästina-Konflikt friedlich lösen. (Bild: Benutzeroberfläche
PeaceMaker, Courtesy of Impact Games LLC) ---
17
Abbildung 2
--- Beschriftung für Abbildung 2. Spielerisches Fitbleiben mit der Wii Fit am Madrider
Flughafen (Bild von David Lee King via Flickr) ---
18
Abbildung 3
--- Beschriftung für Abbildung 3. Problematisch bei Entertainment-Education: Wenn beliebte
Figuren zu kommerziellen Zwecken eingesetzt werden. („Sesame Street Sells Out“ von Mike
Licht, NotionsCapital.com, lizenziert unter CC BY 2.0) ---