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Helmut Gruber Modelle des wissenschaftlichen Schreibens Ein Überblick über zentrale Ansätze und Theorien 1. Problemhintergründe und Aufgabenstellung Wissenschaft ist eine Schriftkultur. WissenschaftlerInnen fertigen Protokolle an, füh- ren Forschungstagebücher, exzerpieren die Texte anderer WissenschaftlerInnen, no- tieren eigene Ideen, entwerfen Skizzen und schreiben eigene Texte, um ihre Ergeb- nisse ihren FachkollegInnen mitzuteilen. Diese (und die vielen hier nicht angeführ- ten) schriftlichen Aktivitäten unterscheiden sich nach Fächern (Fachgruppen oder auch Subdisziplinen), haben unterschiedlichen epistemologischen Status und sind Bestandteile verschiedener Handlungsketten, woraus unterschiedliche Darstel- lungsarten (Textsorten) in den einzelnen Disziplinen resultieren. Ein nicht geringer Teil der Sozialisation angehender WissenschaftlerInnen besteht darin, die für ihr Fach relevanten Textsorten kennen und produzieren zu lernen. Seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts sind die Faktoren, die mit der wissen- schaftlichen Textproduktion zusammenhängen (und die Probleme, die sie wissen- schaftlichen NovizInnen bereiten können), zunehmend in den Fokus (angewandt) linguistischer Forschung gerückt. Besonders in den USA, wo seit dem Ende der 1960er-Jahre zunehmend nicht nur Studierende aus Einwandererfamilien mit ei- nem kulturellen und sozialisatorischen Hintergrund, der sich stark von der bis da- hin in der Studierendenpopulation dominierenden weißen Mittelschichtkultur un- terschied, ein Universitätsstudium aufnahmen und wo auch die Universitäten selbst bestrebt waren, ausländische Studierende anzuziehen, entstand sehr bald bei vielen Fachleuten ein Bewusstsein dafür, dass die Fähigkeit zum Schreiben wissen- schaftlicher Texte nicht einfach vorausgesetzt werden kann, und auch, dass Studie- rende, die Schwierigkeiten beim Verfassen von Texten hatten, vielfach keine fachli- chen Defizite haben, sondern einfach mit den Normen und Regeln des wissen- schaftlichen Schreibens in ihrem Fach nicht vertraut sind. Aus dieser Problemstellung entstanden im anglo-amerikanischen Raum vorerst zwei Forschungsrichtungen: einerseits die Untersuchung der textuellen Unterschie- de zwischen einzelnen (sprachlich unterschiedlichen) Wissenschaftskulturen, um zu verstehen, warum Studierende mit verschiedenen kulturellen Hintergründen

Modelle des wissenschaftlichen Schreibens. Ein Überblick über zentrale Ansätze und Theorien

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Helmut Gruber

Modelle des wissenschaftlichenSchreibensEin Überblick über zentrale Ansätze und Theorien

1. Problemhintergründe und Aufgabenstellung

Wissenschaft ist eine Schriftkultur. WissenschaftlerInnen fertigen Protokolle an, füh-ren Forschungstagebücher, exzerpieren die Texte anderer WissenschaftlerInnen, no-tieren eigene Ideen, entwerfen Skizzen und schreiben eigene Texte, um ihre Ergeb-nisse ihren FachkollegInnen mitzuteilen. Diese (und die vielen hier nicht angeführ-ten) schriftlichen Aktivitäten unterscheiden sich nach Fächern (Fachgruppen oderauch Subdisziplinen), haben unterschiedlichen epistemologischen Status und sindBestandteile verschiedener Handlungsketten, woraus unterschiedliche Darstel-lungsarten (Textsorten) in den einzelnen Disziplinen resultieren. Ein nicht geringerTeil der Sozialisation angehender WissenschaftlerInnen besteht darin, die für ihrFach relevanten Textsorten kennen und produzieren zu lernen.

Seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts sind die Faktoren, die mit der wissen-schaftlichen Textproduktion zusammenhängen (und die Probleme, die sie wissen-schaftlichen NovizInnen bereiten können), zunehmend in den Fokus (angewandt)linguistischer Forschung gerückt. Besonders in den USA, wo seit dem Ende der1960er-Jahre zunehmend nicht nur Studierende aus Einwandererfamilien mit ei-nem kulturellen und sozialisatorischen Hintergrund, der sich stark von der bis da-hin in der Studierendenpopulation dominierenden weißen Mittelschichtkultur un-terschied, ein Universitätsstudium aufnahmen und wo auch die Universitätenselbst bestrebt waren, ausländische Studierende anzuziehen, entstand sehr bald beivielen Fachleuten ein Bewusstsein dafür, dass die Fähigkeit zum Schreiben wissen-schaftlicher Texte nicht einfach vorausgesetzt werden kann, und auch, dass Studie-rende, die Schwierigkeiten beim Verfassen von Texten hatten, vielfach keine fachli-chen Defizite haben, sondern einfach mit den Normen und Regeln des wissen-schaftlichen Schreibens in ihrem Fach nicht vertraut sind.

Aus dieser Problemstellung entstanden im anglo-amerikanischen Raum vorerstzwei Forschungsrichtungen: einerseits die Untersuchung der textuellen Unterschie-de zwischen einzelnen (sprachlich unterschiedlichen) Wissenschaftskulturen, umzu verstehen, warum Studierende mit verschiedenen kulturellen Hintergründen

spezifische Schreibprobleme hatten, und andererseits die Beschäftigung mit denCharakteristika englischer wissenschaftlicher Texte und mit der Produktion schrift-licher Texte im Allgemeinen, um englischsprachigen und nicht-englischsprachigenStudierenden Hilfestellungen beim Erlernen des wissenschaftlichen Schreibens an-bieten zu können.

Im deutschen Sprachraum verlief die Entwicklung aufgrund von historischenund sozialen Faktoren etwas unterschiedlich. Die Tatsache, dass die deutsch-sprachigen Länder trotz der seit den 1960er-Jahren steigenden Zahl von Arbeitsmi-grantInnen keine typischen Einwanderungsländer waren, und die speziell durchden Nationalsozialismus verursachte Marginalisierung des Deutschen als interna-tionale Wissenschaftssprache führten nicht dazu, dass ausländische Studierende ingrößeren Zahlen an die deutschsprachigen Universitäten geströmt wären. Wenn-gleich sich auch in diesen Ländern die soziale Zusammensetzung der Studieren-denschaft seit den 1970er-Jahren verändert hatte, so handelte es sich doch in derüberwiegenden Zahl um Studierende mit Deutsch als Muttersprache. Dazu kommt,dass das deutschsprachige Universitätssystem bis zur Einführung der sogenanntenBologna-Studienarchitektur (also bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts) viel stärkerals das anglo-amerikanische Universitätssystem das selbstbestimmte Lernen derStudierenden ermöglichte und den Studierenden auch viel mehr Zeit zur Erfüllungder an sie gestellten Schreibaufgaben ließ (vgl. Foster 2002). Wohl aus diesen Grün-den setzte die sprachwissenschaftliche Beschäftigung mit deutschen Wissen-schaftstexten (deren lexikalisch-fachsprachliche Aspekte schon viel früher unterdisziplinspezifischen Gesichtspunkten untersucht worden waren) erst in den1980er-Jahren und vorerst unter sprachkritisch-soziologischen und wissenschafts-historischen Gesichtspunkten und erst seit den 1990er-Jahren unter einer anwen-dungsorientierten Perspektive ein.

Der folgende Beitrag versucht die wichtigsten internationalen und deutschspra-chigen Forschungsansätze im Bereich der text- und diskurslinguistischen For-schung zum wissenschaftlichen Schreiben überblicksartig darzustellen, wobeiselbstverständlich viele Details zugunsten der Vollständigkeit des Überblicks ausge-spart bleiben müssen. Für detailliertere Darstellungen verweise ich deshalb auf dieinzwischen reichlich vorhandene Literatur (Bazerman et al. 2005, Bazerman/Russell1994, Ehlich et al. 2000, MacArthur et al. 2006).

2. Forschungsansätze im Bereich des wissenschaftlichen Schreibens

In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Forschungstraditionen dargestellt, wo-bei die im ersten Unterabschnitt (2.1) dargestellten Untersuchungen zu interkultu-rellen Unterschieden beim wissenschaftlichen Schreiben am kürzesten behandeltwerden, da in ihrem Rahmen keine Theorien des (wissenschaftlichen) Schreibensim engeren Sinne entwickelt wurden. In den weiteren Unterabschnitten (2.2 bis 2.7)werden dann die wichtigsten Forschungstraditionen unter inhaltlichen Gesichts-punkten zusammengefasst.

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2.1 Interkulturelle Unterschiede beim wissenschaftlichen Schreiben

Interkulturelle Unterschiede bei der Strukturierung wissenschaftlicher Texte wurdenerstmals von Kaplan (1966/1972) systematisch untersucht. Er leitet aus der Untersu-chung von 600 englischen Aufsätzen von Studierenden nicht-englischer Mutter-sprache eine Typologie wissenschaftlicher Schreib- und Denkstile ab, die in der in-terkulturellen Schreibforschung bis heute immer wieder zitiert wird: Englische Tex-te seien demnach linear aufgebaut, semitische parallel strukturiert, orientalischeseien »spiralig«, romanische zeigten eine explizit ausgewiesene »Zick-Zack«-Struk-tur, während russische eine »assoziative« (d. h. nicht explizit signalisierte) Zick-Zack-Struktur zeigten. Kaplans Untersuchung basierte allerdings lediglich auf derAnalyse einzelner Absätze aus den 600 Arbeiten, seine konkreten linguistischen Ka-tegorien bleiben unklar. Auch wird nicht vollständig klar, wie viele Sprachen er in-nerhalb der drei globalen Sprachgruppen »Semitisch«, »Romanisch« und »Orienta-lisch« untersuchte. Allerding hat Kaplan in einer späteren Arbeit (Kaplan 1987) seinestarken Annahmen über kulturspezifisch unterschiedliche Schreib- und Denkstruk-turen weitgehend relativiert. Während er ursprünglich den von ihm untersuchten»Sprachgruppen« eindeutig verschiedene Schreib- und Denkstrukturen zuordnete,schränkt er dies zwanzig Jahre später (Kaplan 1987) dahingehend ein, dass die vonihm gefundenen rhetorischen Strukturen in allen Sprachen und Kulturen verfügbarwären, ihre Auftretenshäufigkeit jedoch kulturspezifisch unterschiedlich gefördertoder gehemmt werde.

Eine weitere »klassische Arbeit« der interkulturellen Wissenschaftsforschungstammt von Galtung (1985). Er vergleicht in seinem »Essay« (wie er seine Arbeitselbst nennt) vier verschiedene »intellektuelle Stile«, nämlich den »sachsonischen«,den »teutonischen«, den »gallischen« und den »nipponischen«. Er wählt diese (aus-gefallenen) Bezeichnungen, um klar zu machen, dass diese vier Stile auch in ihrenjeweiligen »Einflusszonen« (also der »teutonische« etwa auch in vielen slawischenLändern) anzutreffen seien. Galtung unterscheidet die vier Stile anhand der globa-len Kategorien der »Paradigmenanalyse«, »Thesenproduktion«, »Theoriebildung«und »Kommentare über andere Intellektuelle«. Die Merkmalsausprägungen auf die-sen vier Kategorien ergeben eigentlich nur zwei intellektuelle Stile, nämlich densachsonisch-nipponischen und den teutonisch-gallischen. Ersterer zeichnet sichlaut Galtung vor allem durch eine Stärke in der empirischen Arbeit und Thesenpro-duktion, aber in einer Schwäche in der Paradigmenanalyse und Theoriebildung aus,der zweite weist genau die umgekehrten Merkmalsausprägungen auf. Schließlichunterscheiden sich die Stile auch in Bezug auf die in ihnen vorherrschende Diskus-sionskultur: Im sachsonischen Stil gebe es einen Grundkonsens darüber, dass alleForscherInnen einer gemeinsamen »scientific community« angehören würden, waszu einem kooperativen, höflichen Umgangston führe. Demgegenüber seien der teu-tonische und der gallische Stil viel konfrontativer, es gehe in Diskussionen darum,den anderen »fertigzumachen«. Im nipponischen Stil schließlich überdecke die kul-turbedingte Höflichkeit überhaupt alle wissenschaftlichen Differenzen.

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Galtung führt die unterschiedlichen Stile auf die sozialen Strukturen zurück, in-nerhalb derer in den vier Kulturen Wissenschaft betrieben werde. Diese seien inDeutschland hierarchisch und eher kollektiv, während sie in Frankreich individua-listisch seien und in Japan aus einer Vielzahl kleiner, geschlossener Schulen beste-hen würden (über die anglo-amerikanische Sozialstruktur – und damit die Wissen-schaftskultur im sachsonischen Stil – sagt er nichts aus). Galtungs im Grunde eherimpressionistische Charakterisierung der vier intellektuellen Stile wurde im Bereichder interkulturellen Wissenschaftstextlinguistik vor allem durch die Untersuchun-gen Clynes zu den Unterschieden zwischen deutschen und englischen Wissen-schaftstexten bekannt, da Clyne Galtungs Kategorien verwendet, um die von ihmgefundenen Unterschiede zwischen den Textmerkmalen in den beiden Sprachen zuerklären (Clyne 1984, 1987a, 1987b). Clyne verfestigte mit seinen Untersuchungendie seither oftmals unreflektiert übernommene Ansicht, dass englische Wissen-schaftstexte linear aufgebaut wären, während sich deutsche Wissenschaftstextedurch Digressionen und damit »Nichtlinearität« auszeichnen würden, obwohl seinelinguistische Operationalisierung von »Linearität« nicht unbedingt nachvollziehbarist (vgl. Clyne 1987).

Interkulturelle Unterschiede zwischen wissenschaftlichen Texten unterschied-lichster Sprach- und Wissenschaftskulturen wurden seither häufig untersucht undauch festgestellt (vgl. etwa Duszak 1997, Mauranen 1993), wobei englische Textehäufig als Vergleichsbasis dienten (eine Ausnahme stellt die Untersuchung vonSachtleber 1990 dar, die Unterschiede zwischen deutschen und französischen Tex-ten untersuchte). Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden aber kaum in an-wendungsorientierte Programme übernommen.

2.2 Kognitive Schreibtheorien

Kognitive Schreibtheorien zählen seit den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahrenauch bei der Untersuchung des wissenschaftlichen Schreibens zu den einflussreich-sten Ansätzen. Hayes/Flower präsentierten in den frühen 1980er-Jahren ein Modell,das seither zwar einige Modifikationen erfahren hat, aber immer noch aktuell ist(Hayes/Flower 1980). Darin wird das Schreiben eines Textes als kognitiver Problem-lösungsprozess konzipiert, der mehrere Phasen (von der Planung bis zur Überarbei-tung) umfasst, die zyklisch mehrmals durchlaufen werden können. Außerdem stelltdas Modell den Schreibprozess als Interaktion zwischen Komponenten des Lang-zeitgedächtnisses (Vorwissen über AdressatInnen, Schreibsituation, Textsorten,sprachliches Wissen), der aktuellen Schreibaufgabe und Komponenten des Kontexts(aktuelles Thema, aktuelle Situation, motivationale Faktoren, bisher geschriebenerText) dar. Das Modell war sowohl in theoretischer als auch in anwendungsorientier-ter Hinsicht äußerst erfolg- und einflussreich. Trotz seiner unbestrittenen Meriten(vor allem in Bezug darauf, dass es die Aufmerksamkeit darauf lenkte, dass »Schrei-ben« mehr umfasst als das »Zu-Papier-Bringen« sprachlicher Ausdrücke) lenkte seinkognitiver Schwerpunkt die theoretische und praktische Aufmerksamkeit auf kogni-tive Strategien und damit weg von sprachlichen Merkmalen (wissenschaftlicher)

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Texte. Außerdem stellte es die einzelne schreibende Person in den Mittelpunkt undnicht die sozialen Implikationen des Schreibens für Individuen und Gruppen.

Ausgehend von Hayes/Flowers ursprünglichem Modell hat sich ein regelrechtesParadigma der Schreibforschung am Schnittpunkt von kognitiver Psychologie undTextlinguistik entwickelt. Schreiben wird darin als Problemlösungsprozess konzi-piert, in dem unterschiedliche Wissenstypen eingesetzt und verschiedene Kompo-nenten des kognitiven Apparates beansprucht werden. Domänenwissen stellt dieinhaltlichen Konzepte zur Verfügung, über die geschrieben wird. Linguistisches Wis-sen umfasst die (fach)sprachlichen Ausdrücke und die grammatischen Regeln, umdiese zu wohlgeformten Sätzen zu kombinieren. Pragmatisches Wissen steuert un-ter Berücksichtigung der Schreibsituation und der prospektiven LeserInnenschaftdie Auswahl einer adäquaten Textsorte durch die/den Schreibende/n. Das prozedu-rale Wissen schließlich kombiniert und integriert die relevanten Elemente undRoutinen aus den ersten drei Wissensdomänen zu einem erfolgreichen Schreibpro-zess. Dabei entscheidet sowohl das Ausmaß vorheriger Schreibpraxis als auch desexpliziten Lernens darüber, ob dieser Prozess ökonomisch ist und zu einem erfolg-reichen Produkt führt (vgl. Alamargot/Chanquoy 2001).

Die ersten drei Wissenstypen sind Bestandteile des Langzeitgedächtnisses,während das prozedurale Wissen eine Komponente des aktuellen Schreibprozessesist. Dieser umfasst im klassischen Modell von Hayes/Flower vier Subprozesse: diePlanung, die Übersetzung und die Überarbeitung, die von einer Monitorkompo-nente gesteuert und integriert werden. Während der Planung werden unter Berück-sichtigung relevanter kontextueller Faktoren (wie Aufgabenstellung, Thema, Publi-kum) relevante inhaltliche Konzepte sowie ein adäquater Schreibplan aktiviert(oder generiert). Der Übersetzungsprozess transformiert die Elemente, die in derPlanungsphase aktiviert werden, in sprachliche Formen. Der Output des Überset-zungsprozesses wird im Überarbeitungsprozess unter Beachtung der kontextuelldeterminierten Schreibziele kritisch evaluiert und der Text nach dem Lesen überar-beitet. Der Überarbeitungsprozess kann dabei rekursiv Elemente der vorherigenProzesse wieder aktivieren, deren Ergebnis wird dann in einem neuerlichen Überar-beitungsdurchgang wieder kritisch bewertet etc. etc. Methodisch wurde das Modellhauptsächlich durch verbale Protokolle, die (geübte) SchreiberInnen während desSchreibens erstellten, konstituiert. In späteren Arbeiten wurden Varianten des Mo-dells vorgeschlagen, in denen einzelne Dimensionen und Prozesse differenziert , dieSequenzierung (oder Parallelität) einzelner Prozesskomponenten spezifiziert undindividuelle Unterschiede in der Textproduktion untersucht wurden. Das Modell in-spirierte zahlreiche nachfolgende Untersuchungen und Modellkonzeptionen nichtnur im englischsprachigen, sondern auch im deutschsprachigen Raum (vgl. Ala-margot/Chanquoy 2001, Baurmann/Weingarten 1995).

Für den Bereich des wissenschaftlichen Schreibens sind kognitive Schreibmodel-le vor allem im Anwendungsbereich sehr einflussreich. Eine Vielzahl von Schreib-kursen für Studierende basiert auf den prozessorientieren Grundannahmen desoben skizzierten Modells. Im Mittelpunkt steht dabei das Bewusstmachen der ein-zelnen Phasen des Schreibprozesses, bewusste Steuerungsmöglichkeiten für diese

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und das Schärfen der metakognitiven Prozesse, die die Sequenzierung und Integra-tion der einzelnen Teilprozesse steuern. Für die meisten kognitiven Schreibmodelle,wie auch für die auf ihnen basierenden didaktischen Anwendungen, gilt allerdingsAntos’ Warnung, dass bei einer unreflektierten Übernahme kognitiver Modelle indie textlinguistische Theoriebildung die Gefahr drohe, dass sich die Textlinguistik inder kognitiven Psychologie »auflöse« und der Blick für die speziellen sprachlich-se-miotischen Charakteristika von Texten völlig verloren ginge (Antos 1997). Dieser Ge-fahr ist in jenen kognitiven Texttheorien zumindest teilweise begegnet worden, dieexplizit kohärenztheoretische Modelle aus der Linguistik mit kognitionstheoreti-schen Ansätzen aus der Psychologie zu verbinden suchen (Sanders/Schilperoord2006).

2.3 Schreiben, um zu lernen – der »Writing Across the Curriculum«-Ansatz

Der Entwicklung der Schreibkompetenz von Kindern und Jugendlichen wurde imanglo-amerikanischen Raum bereits früh Aufmerksamkeit geschenkt. Obwohl dieUntersuchung von Britton et al. (1975) die Schreibkompetenzentwicklung von Kin-dern und Jugendlichen zwischen 11 und 19 Jahren im Großbritannien der späten1960er-Jahre untersuchte, wurde sie zu einer der einflussreichsten Arbeiten für die»Writing Across the Curriculum« (WAC)-Bewegung in den USA. Untersucht wurden2.122 Texte aus fünf Fächern von 500 Burschen und Mädchen. Jeder dieser Textewurde von RaterInnen einer der drei Sprachfunktionen »expressiv«, »transaktional«und »poetisch« zugeordnet. Eine Aufschlüsselung der Daten nach Schulstufen zeigt,dass der Anteil der expressiven Texte praktisch konstant bleibt, während die Anzahlder transaktionalen Texte konstant (und in der letzten untersuchten Schulstufedrastisch) steigt und die der poetischen Texte in den ersten drei untersuchten Schul-stufen eher konstant bleibt und in der letzten Stufe drastisch sinkt. Allerdings gibt esauch Unterschiede zwischen den untersuchten Fächern. Die große Bedeutung, diedie Untersuchung von Britton et al. (1975) für die WAC-Bewegung erhielt, stammtvon einer Interpretation ihrer Ergebnisse, die empirisch eigentlich nicht abgestütztist: Die AutorInnen beklagen den geringen Anteil der expressiven Texte, da für siedas expressive Schreiben am besten für »exploration and discovery« (Britton et al.1975, S. 197) geeignet sei, denn: »It is language that externalizes our first stages intackling a problem or coming to grips with an experience« (ebd.). Diese Behauptungwurde von VertreterInnen der WAC-Bewegung immer wieder zur Rechtfertigung vonSchreibprogrammen herangezogen, in denen das Schreiben als Ausdrucksmittelder Persönlichkeit des/der Schreibenden im Vordergrund steht.

Die »Writing Across the Curriculum« (WAC)-Bewegung (Bazerman et al. 2005)stellt die im anglo-amerikanischen Raum am stärksten vertretene Richtung derSchreibdidaktik dar. Dabei handelt es sich allerdings weniger um eine klar abgrenz-bare Theorie als um einen humanistisch orientierten didaktischen Ansatz, der aufder eben dargestellten grundlegenden Arbeit von Britton et al. (1975) und zwei Arbei-ten von Janet Emig (1971, 1977) aufbaut. Wie schon oben erwähnt, sind Britton et al.(1975) überzeugt, dass das »expressive Schreiben« die am besten geeignete Praxis

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sei, um sich neue Inhalte anzueignen. Emig (1971) studierte Protokolle des »LautenDenkens« (»think-aloud-protocols«) von jungen erwachsenen SchreiberInnen undgelangte zu einer Konzeption des Schreibens als eines komplexen, rekursiven Pro-zesses, in dessen Verlauf sich die Schreibenden aktiv und effektiv neue Informationaneignen. In Emig (1977) präsentiert sie einen eher programmatischen Aufsatz, indem sie argumentiert, dass Schreiben eine einzigartige und ausgezeichnete Art desLernens sei.1 Sie stützt diese Behauptung hauptsächlich durch einen Rückgriff aufdie psychologischen Theorien Wygotskis, aber auch auf die Arbeiten von Britton etal. und anderen KognitionspsychologInnen. Ihre berühmt gewordene Argumentati-on läuft darauf hinaus, dass erfolgreiche Lernstrategien und der Prozess sowie dasProdukt des Schreibens parallel strukturiert seien und sich dadurch wechselseitigergänzen: Beide Prozesse involvieren nach Emig multi-repräsentationale Prozesse,die miteinander integriert werden; Lernen erfordert selbstgesteuertes Feedback, dasdurch das Schreiben erfolgen kann; erfolgreiches Lernen erfordert die Herstellungneuer kognitiver Verbindung zwischen Konzepten, was durch die sprachliche Ko-dierung dieser Konzepte und ihre Gruppierungs- und Re-Gruppierungsmöglichkei-ten im Zuge der Texterstellung erleichtert wird, und schließlich erfordern laut Emigbeide Prozesse (Lernen und Schreiben) aktives, selbstgesteuertes persönliches En-gagement.

Die Grundlagen dieses häufig auch mit »writing to learn« umschriebenen Ansat-zes sind damit empirisch weitgehend nicht abgesichert, denn weder die Schlussfol-gerung von Britton et al. (1975), dass das expressive Schreiben eine Art »privilegier-ter Modus« der Wissensaneignung sei, noch Emigs Behauptung einer weitgehendenParallelität von erfolgreichen Lernstrategien und Merkmalen des Schreibprozessessind empirisch abgesichert. Trotzdem haben diese Arbeiten vor allem in den USA zueiner breiten schreibdidaktischen Bewegung im schulischen und universitären Be-reich geführt (vgl. Bazerman et al. 2005, Bräuer 1996), die sich in weiterer Folge auchauf die anglo-amerikanische Bakhtin Rezeption und die sogenannte »Aktivitäts-theorie« in der Tradition Wygotskis und Leontievs (vgl. Prior 2006) stützt. Dabei wur-den v.a. die beiden Konzepte der »Stimme« (»voice«) nach Bakhtin und des »Besit-zes« (»ownership«, dieser Terminus geht laut Bazerman et al. 2005 auf die PädagogikPaolo Freires zurück) eines Texts relevant: Damit ist gemeint, dass Schreibende beimSchreiben jedes Texts eine eigene Perspektive entwickeln müssen, die ihren persön-lichen Zugang zum Thema reflektiert. Laut den VertreterInnen des WAC-Ansatzesentwickelt sich diese Fähigkeit durch das Schreiben persönlicher Texte, in denenauch Schreibaufgaben, die vor allem eine kognitive Bearbeitung eines Themas ver-langen, reflektiert werden. Demgemäß arbeitet die WAC-orientierte Schreibpädago-gik häufig mit Schreibjournalen, in denen Schreibende laufend ihre Gedanken zuden ihnen gestellten Schreibaufgaben notieren. Weiters werden im WAC-AnsatzPrinzipien der traditionellen Rhetorik und ihrer Betonung der anlassbezogenenTextproduktion und -gestaltung aufgegriffen und die allgemeinen Stadien desSchreibprozesses vermittelt. WAC-Programme wurden deshalb in den USA vor al-lem im schulischen Bereich und in Kursprogrammen für StudienanfängerInnen im-plementiert.

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Die mangelnde empirische Absicherung der Grundannahmen der WAC-Bewe-gung wurde und wird häufig von KritikerInnen betont. In einer frühen Auseinander-setzung mit dieser Kritik präsentierten Langer/Applebee (1987) eine empirischeStudie, in der sie die Effekte verschiedener Schreibaufgaben und Schreibunter-richtsmethoden an höheren Schulen untersuchten. Sie kommen u.a. zu dem Ergeb-nis, dass Schreiben Lernprozesse besser fördert als andere Lernmethoden (wie z.B.das Lesen von Lehrbuchtexten) und unterschiedliche Schreibaufgaben für unter-schiedliche Arten der Informationsaufnahme geeignet seien. Vor allem würde dasSchreiben besser als andere Lernmethoden dabei helfen, zu lernende Inhalte imLangzeitgedächtnis zu integrieren und sinnvolle Verbindungen zu bereits vorhan-denen Inhalten herzustellen. Trotzdem zeigen spätere Übersichtsarbeiten, von de-nen hier eine der neuesten (Ochsner/Fowler 2004) referiert werden soll, dass die Zu-sammenhänge zwischen Schreiben und Lernen empirisch bei weitem nicht so klarsind, wie oft behauptet wurde. Ochsner/Fowler stellen Probleme bzw. weiteren For-schungsbedarf in fünf Bereichen fest: Auf der konzeptuellen Ebene stellen sie eine inder Praxis oft nicht vorhandene Trennung zwischen WAC- und WID-Programmen(siehe unten) fest, und damit sei es auch nicht überprüfbar, ob der WAC- oder derWID-Ansatz für etwaige Effekte von Schreibunterstützungsprogrammen verant-wortlich sei. Neben diesem konzeptuellen Problem stellen sie fest, dass in den meis-ten Studien die möglichen Effekte alternativer Lehrmethoden gar nicht überprüftund darüber hinaus die tatsächlichen Lerneffekte von Schreibprogrammen für Stu-dierende nicht erhoben worden seien. Diese beiden letzteren Kritikpunkte hängensicherlich damit zusammen, dass – wie Russell (2001) ausführt – im Bereich der For-schung sowohl bei WAC- wie auch WID-orientierten Ansätzen naturalistische Studi-en überwiegen, d.h. dass in beiden Richtungen die Überzeugung herrscht, dass ex-perimentelle Untersuchungen (in denen etwa verschiedene Lernmethoden syste-matisch variiert und ihre Effekte quantifiziert würden) dem komplexen Zusammen-hang zwischen Schreib- und Lernprozessen nicht angemessen seien. Neben dieseninhaltlichen Schwächen stellen Ochsner/Fowler (2004) außerdem fest, dass dietatsächlichen Kosten von Schreibprogrammen selten erhoben und mit den Effektenverglichen worden seien und auch der Frage der Ausbildung kompetenter Schreib-trainerInnen2 zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt werde. Insgesamt kann man da-mit sagen, dass der WAC-Ansatz, obwohl er sicherlich der international am weite-sten verbreitete ist, erhebliche theoretische und konzeptionelle Schwächen auf-weist, die eine weitere empiriegestützte Theoriebildung unabdingbar erscheinenlassen.

2.4 Schreiben als disziplinspezifische und -konstitutive Praxis –der »Writing in the Disciplines«-Ansatz

Mit der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre wurden rhetorische Ansätze in der Erfor-schung der Wissenschaftskommunikation immer wichtiger. Eine der bahnbrechen-den Arbeiten in diesem Bereich ist Bazermans Untersuchung des experimentellenAufsatzes in den Naturwissenschaften und seiner historischen, rhetorischen, kogni-

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tiven und sprachlichen Bedingungsfaktoren (Bazerman 1988). Bazerman geht da-von aus, dass die Fähigkeit, einen adäquaten Text in einer wissenschaftlichen Diszi-plin (oder Subdisziplin) zu verfassen, nur dann gegeben ist, wenn der/die AutorInauch weiß, welche soziale und kognitive Funktion der Text in der spezifischen Kom-munikationssituation hat. Das heißt, Textsortenwissen geht weit über das Wissenüber angemessene Textstrukturen hinaus und umfasst auch das Wissen über diszi-plinspezifische Methoden der Wissenserzeugung sowie über die soziale Struktur ei-ner wissenschaftlichen Gemeinschaft. Wissenschaftliche Textsorten sind damitnicht Produkte bestimmter Disziplinen, sondern konstituieren diese mit. Bazermanzeigt dies an der historischen Entwicklung verschiedener rhetorischer Verfahren inwissenschaftlichen Aufsätzen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert und deren Zusam-menhang mit der Herausbildung wissenschaftlicher Gemeinschaften und experi-menteller Verfahren auf. Bazermans Arbeit lenkte damit die Aufmerksamkeit wegvon kognitiven Prozessen, die während des Schreibprozesses im Individuum ablau-fen, hin zur sozialen Bedeutung des Schreibens für die Wissenschaft. Textsorten(»genres«) werden damit für die VertreterInnen der sogenannten »new rhetoric«(Freedman/Medway 1994) zu konstitutiven Bestandteilen von wissenschaftlichenDisziplinen.

Die durch die eben dargestellte Arbeit von Bazerman mitbegründete Richtungwird im Englischen mit dem Terminus »Writing in the Disciplines« (WID) bezeich-net. Ihre VertreterInnen können verschiedenen theoretischen Richtungen innerhalbder Text- und Diskursanalyse zugeordnet werden. Bazerman selbst und viele andereForscherInnen, die in Nordamerika in diesem Bereich tätig sind, zählen sich selbstzur Schule der sogenannten »new rhetoric genre studies« (Freedman/Medway 1994),deren VertreterInnen nur in sehr generellen theoretischen Grundannahmen bezüg-lich des Zusammenhangs zwischen Textsorten (»genres«), sozialem Handeln, Wis-senskonstruktion und der historischen Veränderbarkeit sozialer Prozesse, in denenlaut dieser Schule Textsorten (in einem sehr weiten Sinne) eine zentrale Rolle spie-len, übereinstimmen. Bezogen auf den Bereich des wissenschaftlichen Schreibenspostulieren Berkenkotter/Huckin, dass »writers acquire and strategically deploygenre knowledge as they participate in their field’s or profession’s knowledge-produ-cing activities« (Berkenkotter/Huckin 1995, S. 3). Die VertreterInnen der »new rheto-ric studies« sind stark interdisziplinär ausgerichtet und stützen sich auf eine Reihevon Ansätzen aus der Soziologie und Sozialpsychologie (sozialer Konstruktivismus,Strukturierungstheorie, soziale Kognitionstheorien), aus der interpretativen An-thropologie (Geertz 1991, Lave/Wenger 1991) und aus der Literaturwissenschaft(Bakhtin 1986). Textsorten werden dabei als lokal und historisch verfestigte, aberprinzipiell adaptierbare Antworten auf immer wiederkehrende Anforderungen inrhetorischen Situationen gesehen, die so stabil wie nötig und so flexibel wie möglichsoziale Typifizierungen (= Bedeutungsproduktionsprozesse) darstellen. Der Erwerbvon (wissenschaftlichem) Textsortenwissen kann aus der Sicht der VertreterInnender »new rhetoric studies« niemals von der aktiven Teilnahme an den relevanten so-zialen Praktiken, deren Bestandteil die entsprechenden Textsorten sind, getrenntwerden. Untersucht wurden, meist im Rahmen von umfangreichen Einzelfallstu-

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dien, Texte und Textproduktion in den Naturwissenschaften (experimentelle Physik:Bazerman 1988, Biologie: Berkenkotter/Huckin 1995, Myers 1990) und in den Sozial-und Geisteswissenschaften (Nelson 1987). All diese Studien zeichnen sich durch de-taillierte, ethnographisch fundierte Untersuchungen zur Genese und sozialen Be-deutung einzelner Textsorten in bestimmten Disziplinen sowie zum Erwerb der Text-sortenkompetenz durch einzelne Individuen aus. Eine detaillierte und theoretischfundierte linguistische Analyse der Spezifika der untersuchten Textsorten fehlt aller-dings sehr häufig, was einen Vergleich der einzelnen Untersuchungen untereinan-der sehr schwer macht. Außerdem ist die praktische Anwendbarkeit der einzelnenStudien etwa im Bereich der Vermittlung von Textsortenkompetenz durch das Be-harren der VertreterInnen der »new rhetoric studies« auf der prinzipiellen Unlehr-barkeit von Textsortenwissen nur sehr begrenzt.

Eine Variante des WID-Ansatzes, der in US-amerikanischen Übersichtsarbeitenhäufig übersehen wird, ist im Rahmen der Systemisch-Funktionalen Linguistik (SFL)in der Tradition Michael Hallidays (vgl. Halliday1994) entstanden. Seit den 80er-Jah-ren des 20. Jahrhunderts haben VertreterInnen dieser Richtung vor allem in Austra-lien (mit dem Zentrum in Sydney, wo Halliday über fast drei Jahrzehnte gewirkt hat)eng mit PädagogInnen und DidaktikerInnen im Schul- und Hochschulbereich zu-sammengearbeitet und eine Vielzahl von Schreibzentren und Schreibprogrammenentwickelt, die äußerst effizient sind (vgl. z.B. Bonanno/Jones 1997, Gay 1999, Joneset al. 1989). Die SFL ist eine komplexe Sprachtheorie, die einen engen wechselseiti-gen Konstitutionszusammenhang zwischen kontextuellen Faktoren und sprachli-chen Merkmalen auf allen Ebenen der Äußerungsorganisation annimmt (vgl. Halli-day 1994). Demgemäß postuliert die SFL auch, dass wissenschaftliche Texte diszi-plinspezifische Konventionen der Wissensproduktion und der Wissenschaftsorgani-sation nicht nur widerspiegeln, sondern auch mitkonstituieren. Diese Ansicht ist imvölligen Einklang mit den oben dargestellten Grundannahmen der US-amerikani-schen »new rhetoric studies«-VertreterInnen, der große Unterschied zwischen denbeiden Schulen besteht allerdings in der Grundeinstellung zur Lehrbarkeit (undauch zur Stabilität) von Textsortenkonventionen. Die VertreterInnen der SFL gehendavon aus, dass Textsortenkonventionen prinzipiell historisch veränderbar sind,aber über längere Phasen doch stabil bleiben, und außerdem, dass Textsortenwis-sen explizit gemacht werden kann und damit lehr- und lernbar ist. Aus dieser An-nahme folgt die oben erwähnte anwendungsorientierte Grundhaltung der SFL-TheoretikerInnen, die durch die multi-kulturelle Zusammensetzung der australi-schen Studierendenpopulation und den Einfluss der Bernstein’schen Emanzipa-tionspädagogik (Bernstein 1990, 1996), unter dem Halliday ursprünglich seine Theo-rie entwickelte, noch verstärkt wurde. Wie im Bereich der »new rhetoric studies« wur-den auch im Rahmen der SFL wissenschaftliche Texte in einer Reihe von sozial- undnaturwissenschaftlichen Disziplinen untersucht (vgl. etwa die Beiträge in Halli-day/Martin 1993, Martin/Veel 1998 oder Coffin 2000). Besonderes Augenmerk legendie VertreterInnen der SFL dabei (neben der Untersuchung disziplinspezifischerTextsorten) auf die Bedeutung der sogenannten »grammatischen Metaphern« undihre Funktion für die Organisation wissenschaftlicher Texte. Halliday (1994, 1998)

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prägte diesen Terminus, um die zunehmende Abstraktion in wissenschaftlichenTexten (auch in historischer Hinsicht) und deren komplexe textuelle Organisationtheoretisch fassbar zu machen. Nach Halliday können alle semantischen Einheitenentweder »kongruent« (d. h. mit der ihnen in der einzelsprachlichen Grammatikentsprechenden Konstruktion3) oder durch eine »grammatische Metapher« (d.h.durch eine Konstruktion auf einer anderen grammatischen Ebene) ausgedrücktwerden. Grammatische Metaphern bewirken dabei meist eine Kondensierung derInformation: So kann etwa der einfache Satz »der Bus fährt« durch die grammatischeMetapher »das Fahren des Busses« (nominale Gruppe, die selbst Teil eines Satzes seinmuss) ausgedrückt werden. Durch den Prozess der Metaphorisierung wird es mög-lich, komplexe semantische Sachverhalte zu einzelnen syntaktischen Komponentenzu »kondensieren« (so wie oben ein einfacher Satz zu einer nominalen Gruppe wird)und damit auch leichter innerhalb von komplexen Sätzen zu verschieben. Gramma-tische Metaphorisierung, inhaltliche Abstraktion und Kondensierung sowie Aspekteder Textorganisation (im Speziellen die thematische Progression in Texten) hängendemzufolge eng miteinander zusammen (Halliday 1998, Martin 1993). Hallidayzeigt anhand der zunehmenden Häufigkeit verschiedener Arten von gramma-tischen Metaphern in naturwissenschaftlichen Texten aus verschiedenen histori-schen Epochen, wie sich theoretische Komplexität und Abstraktionsgrad sowieAspekte der Textorganisation miteinander verschränkt entwickelt haben.

Während die Analyse der sprachlichen und textuellen Merkmale wissenschaftli-cher Texte bei VertreterInnen der SFL immer höchst diffizil und durch die Verwen-dung einer einheitlichen Theorie auch vergleichbar und nachvollziehbar ist (undsich damit von der oben erwähnten Schwäche vieler Studien im Bereich der »newrhetoric studies« unterscheidet), bleibt in diesen Untersuchungen häufig die Analy-se des Kontexts unbefriedigend.

2.5 Wissenschaftliches Schreiben für Nicht-MuttersprachlerInnen – primär fremdsprachendidaktisch motivierte Ansätze

Während sich TheoretikerInnen und PraktikerInnen sowohl des WAC- wie auch desWID-Ansatzes vornehmlich mit dem wissenschaftlichen Schreiben von Mutter-sprachlerInnen beschäftigen, wurden im Bereich des (Fach)Sprachenunterrichts fürnichtmuttersprachliche Studierende sowohl im englisch- wie auch im deutschspra-chigen Raum Ansätze entwickelt, die sich mit theoretischer Konzeption und Ver-mittlung von wissenschaftlichen Texten für Studierende beschäftigen.

Im englischsprachigen Bereich sind hier vor allem die Arbeiten von John Swaleszu nennen (am bekanntesten sicherlich Swales 1990), der seit mehr als 20 Jahren imBereich der Vermittlung von »English for Academic Purposes« (EAP) für nichtmut-tersprachliche Studierende in den USA tätig ist. Er hat sich dabei vor allem mit derTextsorte des »research article« und dessen rhetorischer »IMRD«-Struktur (»Intro-duction – Methods – Results – Discussion«) im Bereich der Naturwissenschaften be-schäftigt, seine Konzepte werden aber auch im Bereich der Sozial- und teilweise auchder Geisteswissenschaften angewandt. Laut Swales besteht ein enger Zusammen-

Helmut Gruber | Modelle des wissenschaftlichen Schreibens 19

hang zwischen Textsorten und den Diskursgemeinschaften, die sie verwenden. Dis-kursgemeinschaften sind in Swales’ Konzeption sozio-rhetorische Netzwerke, diegemeinsame Ziele haben (die nicht unbedingt wissenschaftlich sein müssen, d. h.Diskursgemeinschaften sind nicht mit wissenschaftlichen Disziplinen oder Subdis-ziplinen gleichzusetzen) und zum Erreichen dieser Ziele u.a. bestimmte Textsortenzur Kommunikation untereinander verwenden. Textsorten sind in Swales’ ModellKlassen von (mündlichen oder schriftlichen) kommunikativen Ereignissen, diedurch ihren kommunikativen Zweck und die daraus resultierenden rhetorischenStrukturen charakterisiert sind. Jede Textsorte besteht dabei aus verschiedenenPhasen (»stages«) und diese bestehen wiederum aus einzelnen rhetorischen Zügen(»moves«). Rhetorische Züge können durch einzelne Sätze, aber auch durch länge-re Passagen realisiert werden und sind selbst wieder bezüglich einzelner sprachli-cher Aspekte (Tempusgebrauch, dominantes Vertextungsmuster, Verwendung re-deberichtender Verben etc.) charakterisierbar. Besonders bekannt wurde Swales’didaktisch motivierte Beschreibung der Einleitung von »research articles«. Diesebestehen in seinem Modell aus drei Phasen (»Etablierung eines Territoriums« –»Etablieren einer Nische« – »Besetzen einer Nische«), die hintereinander realisiertwerden müssen. Jede dieser drei Phasen wird durch ein bis drei verschiedene rhe-torische Züge realisiert. Wie Swales’ Wortwahl bei der Bezeichnung der Phasenzeigt, konzipiert er wissenschaftliches Schreiben als ein Mittel, um »rhetorischesTerritorium« zu etablieren und zu verteidigen. Swales’ Modell wurde ob seiner eherpräskriptiven Ausrichtung häufig kritisiert, zieht man aber in Betracht, dass esprimär entwickelt wurde, um NichtmuttersprachlerInnen möglichst effizient eineSprach- und Textsortenkompetenz zu vermitteln, die es ihnen ermöglicht, am eng-lischsprachigen wissenschaftlichen Diskurs, der in den Naturwissenschaften derfast ausschließlich relevante ist, gleichberechtigt teilzunehmen, so relativiert sichdiese Kritik.

Im deutschsprachigen Bereich sind vor allem Konrad Ehlich und seine Mitarbei-terInnen an der Ludwig-Maximilians-Universität in München zu nennen, die sichunter fremdsprachdidaktischen Gesichtspunkten mit dem wissenschaftlichenSchreiben von Studierenden nichtdeutscher Muttersprache beschäftigt haben. Eh-lich führt dabei zwei neue Aspekte in die theoretische und praktische Beschäftigungmit dem wissenschaftlichen Schreiben ein, nämlich die Unterscheidung zwischen»primären« und »sekundären« Textsorten (bzw. Textarten, wie sie in der funktiona-len Pragmatik, die Ehlich mitbegründet hat, genannt werden) sowie das Konzept der»Alltagssprache der Wissenschaft« (Ehlich 1993). Primäre Textsorten sind laut Ehlichall jene Textsorten, die »für sich« stehen können und im universitären Betrieb häufigdie Funktion beurteilungsrelevanter Leistungen haben (also Proseminar- und Semi-nararbeiten, Rezensionen, Textzusammenfassungen etc.). Sekundäre Textsortensind hingegen »wissensverarbeitende« Texte, die als AdressatInnen meist die Produ-zentInnen selbst haben – also Mitschriften, Exzerpte, Protokolle usw. Ihre Funktionbesteht darin, das Lernen der Studierenden zu unterstützen bzw. stellen sie Vorstu-fen bei der Produktion »primärer« Textsorten dar. In einer Reihe von Untersuchun-gen wurden sprachliche, kommunikativ-funktionale und kontextuelle Merkmale

20 Wissenschaftliches Schreiben an der Universität vermitteln

Helmut
Kommentar zu Text
Eigennamen nicht trennen!

verschiedener dieser sekundären Textsorten (Moll 2002, 2003; Steets 2003) ebensowie die einzelner primärer Textsorten (Fischer/Moll 2002) untersucht.

Unter der »Alltagssprache der Wissenschaft« versteht Ehlich (1993) jene Eigen-schaften der Wissenschaftssprache, die nicht fachsprachlich im engeren Sinne sind,sondern die (deutsche) Wissenschaftstexte generell charakterisieren, aber häufignicht ins Blickfeld geraten – also die Bildung komplexer Nominalkomposita, die Ver-wendung agensloser Passivkonstruktionen und sogenannter »hedged performati-ves (z.B. »es kann gesagt werden …«) etc. Nach Ehlich stellen gerade sie für Nicht-muttersprachlerInnen eine große Schwierigkeit dar, weil sie auch in »Deutsch alsFremdsprache«-Kursen kaum explizit vermittelt werden. Basierend auf diesen Kon-zepten erstellten Ehlich und seine MitarbeiterInnen ein Kurskonzept für auslän-dische Studierende, in denen sie mit verschiedenen Aspekten des deutschen wis-senschaftlichen Schreibens vertraut gemacht werden (vgl. Redder 2002). In seinemexakt auf den deutschsprachigen Kontext und institutionell auf die Ludwig-Maximi-lians-Universität zugeschnittenen Charakter ist dieses Kurskonzept jenen im eng-lischsprachigen Raum vergleichbar, die auf dem »academic literacies«-Ansatz basie-ren (Jones et al. 1999).

2.6 Ansätze und Untersuchungen im deutschen Sprachraum

Im Gegensatz zu fachsprachlichen Aspekten der deutschen Wissenschaftssprache,die in den unterschiedlichsten Bereichen sehr gut untersucht und dokumentiertsind (auf die allerdings hier nicht näher eingegangen werden soll und kann), ist dieAlltagssprache der Wissenschaft im Deutschen bisher relativ wenig untersucht wor-den. Neben einigen älteren, wissenschaftssprachkritischen Untersuchungen (Pan-ther 1981, Polenz 1981) liegen auch wissenschaftshistorische Analysen zum Sprach-gebrauch einzelner WissenschaftlerInnen (vgl. Kretzenbacher/Weinrich 1995) sowieeinige wissenschaftssoziologische Untersuchungen, die sich aber eher mit der ge-sellschaftlichen Funktion von Wissenschaftssprache im Allgemeinen auseinander-setzen (Bungarten 1986), vor.

Die Arbeitsgruppe »ProWiTec« (Jakobs et al. 1995, Knorr/Jakobs 1997) beschäftigtsich mit der Produktion wissenschaftlicher Texte, speziell mit der Fragestellung, wieComputer und Neue Medien zweckmäßig eingesetzt werden könnten. Außerdemwird wissenschaftliches Schreiben als ein Teilbereich der Domäne des berufsspezi-fischen Schreibens angesehen. Demgemäß finden sich auch Untersuchungen zurberuflichen Kommunikation (z.B. Jakobs 2007) und zur mediengestützten Kommu-nikation (z.B. Jakobs 2005). Jakobs (1999) beschäftigt sich mit den Formen der Text-vernetzung in wissenschaftlichen Texten.

Kretzenbacher charakterisiert Wissenschaftssprache generell durch ihre »textuel-le Reduktion« (Kretzenbacher 1991, S. 118), die sich zwar auf allen textuellen Ebenenzeige, hauptsächlich jedoch auf der syntaktischen. Demgemäß konzentriert er sichin seiner Darstellung des Wissenschaftsdeutsch auch auf diese Ebene. Die Haupt-charakteristik der deutschen Wissenschaftssprache in diesem Bereich ist die Verla-gerung der Information vom verbalen auf den nominalen Bereich. Interessant (al-

Helmut Gruber | Modelle des wissenschaftlichen Schreibens 21

lerdings von Kretzenbacher nicht erwähnt) ist dabei, dass sich die beschriebenenReduktionsmechanismen teilweise auch im Englischen wiederfinden (vgl. Halliday1998).

Graefen (1994, 1996) hat eine umfangreiche Untersuchung eines Einzelaspektsder deutschen Wissenschaftssprache vorgelegt. An einem Textkorpus aus unter-schiedlichen Wissenschaftsbereichen untersucht sie im theoretischen Rahmen derfunktionalen Pragmatik phorische und deiktische Prozeduren. Deiktische Elementewerden von wissenschaftlichen AutorInnen nach Graefen hauptsächlich dazu ge-nutzt, um Verweise im Textraum durchzuführen und damit die RezipientInnen beimAufbau komplexer propositionaler Strukturen zu unterstützen. Sie würden damitlaut Graefen das Fehlen expliziter Textkommentierungen kompensieren.

Kruse beschäftigt sich mit dem wissenschaftlichen Schreiben (deutschsprachi-ger) Studierender hauptsächlich unter einem praxisorientierten Aspekt. Er themati-siert das Schreiben von Studierenden mit seinen institutionellen Einflussfaktoren(Kruse 2003) ebenso wie in Bezug auf schreibdidaktische und arbeitstechnischeAspekte (Kruse et al. 1999). Außerdem hat er mit Keine Angst vor dem leeren Blatt.Ohne Schreibblockaden durchs Studium (Kruse 2002) einen der erfolgreichstenSchreibratgeber für Studierende im deutschen Sprachraum vorgelegt. In Kruse(2006) rekonstruiert er die historischen und institutionellen Bedingungen, unter de-nen sich die für das deutschsprachige universitäre Ausbildungssystem so zentraleTextsorte der »Seminararbeit« im Zuge der Humboldt’schen Universitätsreform anden deutschen Universitäten des ausgehenden 19. Jahrhunderts entwickelt hat.

Gruber et al. (2006) führten eine Studie zum wissenschaftlichen Schreiben vonStudierenden in Österreich durch, in der sie versuchten Bourdieus Habituskonzept(Bourdieu 1989) in einem Modell des wissenschaftlichen Schreibens von Studieren-den fruchtbar zu machen. In dieser Untersuchung wird die Schreibpraxis von öster-reichischen Studierenden aus drei sozialwissenschaftlichen Fächern (Sozial- undWirtschaftsgeschichte, Personalwirtschaft und Wirtschaftspsychologie) untersucht,indem linguistische Textanalysen auf der Makro- und Mikroebene mit Interview-analysen und der teilnehmenden Beobachtung dreier Seminare kombiniert werden.Um die Ergebnisse zu erklären, entwickelten Gruber et al. (2006) ein Textmodell, indem zwischen »Texttypen« (abstrakten Einheiten auf einem allgemeinen Niveau),die hauptsächlich durch institutionelle und soziale Zwecke definiert sind, und»Textsorten«, die die (semiotisch angereicherten) Realisierungen von Texttypen inbestimmten institutionellen und sozialen Kontexten darstellen, unterschiedenwird. Texttypen und -sorten sind mit dem feldspezifischen Habitus einer Person in-sofern verbunden, als das Wissen, welche Texttypen und -sorten für bestimmte Auf-gaben in einem Feld relevant sind, ein feldspezifisches symbolisches Kapital dar-stellt. Ein allgemeines Ziel des Projekts war es zu untersuchen, ob fortgeschritteneStudierende bereits einen disziplinspezifischen Habitus entwickelt haben und dem-nach Texte produzieren, die fachspezifische Textsorten realisieren. Ein weiteres Zielder Untersuchung bestand darin, herauszufinden, ob und welche sprachlichenMerkmale einer Seminararbeit mit ihrer Beurteilung durch den/die SeminarleiterInkorrelieren.

22 Wissenschaftliches Schreiben an der Universität vermitteln

Die quantitativen und qualitativen Textanalysen aller sprachlichen Charakteristi-ka, die in diesem Projekt untersucht wurden, zeigen, dass die Studierenden in dendrei Seminaren unterschiedliche Textsorten produzieren, die jedoch alle zu einemTexttyp, der von den AutorInnen »universitäre Prüfungsarbeit« genannt wird,gehören. Dieser Texttyp befindet sich am Schnittpunkt zweier sozialer Felder, näm-lich des universitären und des akademischen Feldes (vgl. Bourdieu 1992).

Die Resultate von Gruber et al. (2006) zeigen auch, dass sich die Studierenden desdoppelten institutionellen Zwecks dieses Texttyps bewusst sind, allerdings in unter-schiedlicher Art. Während sich Studierende der Wirtschaftsgeschichte hauptsäch-lich am wissenschaftlichen Zweck einer Seminararbeit orientieren und damit denHabitus von JungwissenschaftlerInnen zeigen, orientieren sich Personalwirtschafts-studierende und Studierende der Wirtschaftspsychologie am Prüfungscharakter derTexte und zeigen damit eher einen »Studierendenhabitus«.

Der Zusammenhang zwischen sprachlichen Textmerkmalen und der Benotungder Texte erwies sich als komplex. Die meisten sprachlichen Merkmale der mikro-textuellen Ebene zeigten keinen Zusammenhang mit der Benotung durch die Semi-narleitung. Viele Merkmale der meso- und makrotextuellen Ebene hingegen zeigtenklare Zusammenhänge mit den Noten der Arbeiten.

In einem Nachfolgeprojekt entwickelten Gruber, Huemer und Rheindorf basie-rend auf den Ergebnissen von Gruber et al. (2006) ein Konzept für einen Schreibkursfür Studierende im Rahmen eines »Blended learning«-Ansatzes (vgl. Gruber et al.2009).

2.7 Schreibentwicklungsmodelle

Der letzte Bereich der Schreibforschung, der in diesem Überblick dargestellt werdensoll, ist die Schreibentwicklungsforschung, wobei ich mich hier mit wenigen Aus-nahmen auf jene Modelle beschränken will, deren Fokus auf der Modellierung derEntwicklung einer wissenschaftlichen Textkompetenz liegt und jene Ansätze außerAcht lasse, die die Entwicklung des Schreibens bzw. der Schreibkompetenz allgemeinoder auch die Entwicklung einer allgemeinen Textkompetenz bei Kindern zum Ge-genstand haben (vgl. dazu die einschlägigen Übersichtsarbeiten in Shanahan 2006,Tolchinsky 2006 sowie Feilke 1996 und Schmölzer-Eibinger 2008). Eines der bis heu-te einflussreichsten Entwicklungsmodelle wurde bereits 1980 von Bereiter/Scarda-malia präsentiert und 1987 nochmals umfassend dargestellt (vgl. Bereiter/Scardama-lia 1980, 1987). Darin unterscheiden die AutorInnen zwischen zwei grundlegendenSchreibstrategien, nämlich der »Wissenswiedergabestrategie« (knowledge tellingstrategy) und der »Wissenstransformationsstrategie« (knowledge transformingstrategy).

Die erste Strategie wird laut Bereiter/Scardamalia vor allem von ungeübtenSchreibenden verwendet und besteht darin, Wissensinhalte so, wie sie aus demLangzeitgedächtnis abgerufen werden, nach einem vorab gespeicherten Textsche-ma aneinanderzureihen und daraus einen Text zu erstellen. Diese Texte seienprimär lokal kohärent, aufgrund der mangelnden Auseinandersetzung der Schrei-

Helmut Gruber | Modelle des wissenschaftlichen Schreibens 23

benden mit den Inhalten (bzw. mit dem Zusammenhang zwischen den wiedergege-benen Inhalten und dem konkreten Schreibziel) erzeugten sie aber keinerlei neueErkenntnisse.

Im Rahmen der Wissenstransformationsstrategie setzt sich der/die Schreibendeaktiv mit dem Zusammenhang zwischen Schreibziel, Wissensinhalten und den re-levanten und adäquaten sprachlichen Formen auseinander, um einen situationsa-däquaten Text zu produzieren, der neue Zusammenhänge zwischen den gespei-cherten Wissenselementen herstellt. Die AutorInnen sehen die beiden Strategienals »Extrempunkte« eines Kontinuums an, an dessen einem Ende die »Wissenswie-dergabestrategie« steht, auf deren Basis sich dann bei geübten SchreiberInnenschrittweise die »Wissenstransformationsstrategie« entwickelt. Die »Wissenstrans-formationsstrategie« ist leicht mit den im WAC-Ansatz (s. o.) postulierten positivenEffekten des »writing to learn« in Zusammenhang zu bringen. Bereiter /Scardama-lia geben keinen allgemeinen zeitlichen Entwicklungsrahmen an, in dem der Über-gang von der Wissenswiedergabe- zur Wissenstransformationsstrategie erfolgensollte, oder auch, ob dieser Übergang für alle Schreibenden in allen Bereichen glei-chermaßen erfolgt. Trotz – oder vielleicht wegen – dieser Allgemeinheit des Modellsist es bis heute eines der am weitesten verbreiteten kognitiven Schreibentwick-lungsmodelle.

Im deutschen Sprachraum haben die Vertreter der sogenannten »Siegener Schu-le« (Augst et al. 2007, Augst/Faigel 1986 und Becker-Mrotzek 1997) im Rahmen derfunktionalen Pragmatik die Entwicklung der Schreibkompetenz bei Kindern und Ju-gendlichen untersucht, wobei in beiden Ansätzen betont wird, dass die Entwicklungder Schreib- bzw. Textkompetenz prinzipiell nie als vollständig abgeschlossen zubetrachten ist.

Zwei Arbeiten, die sich explizit mit der Entwicklung der wissenschaftlichen Text-kompetenz von Studierenden auseinandersetzen, wurden vor kurzem von Pohl undvon Steinhoff vorgelegt (Pohl 2007, Steinhoff 2007). Beide stammen aus der SiegenerSchule, haben aber eigenständige Entwicklungsmodelle des wissenschaftlichenSchreibens vorgelegt.

Pohl (2007) untersucht eine relativ kleine Stichprobe von zwölf studentischenTexten, die von drei Studierenden über die Dauer ihres gesamten Studiums hinwegverfasst wurden. Dadurch gelingt es ihm, individuelle Schreibentwicklungsprofilenachzuzeichnen und zu zeigen, dass die studentische Schreibentwicklung individu-ell sehr unterschiedlich verlaufen kann, aber dennoch (fast) immer die gleichen Sta-dien aufweist. Allerdings bedingt der geringe Umfang der untersuchten Textstich-probe auch, dass die Ergebnisse und Schlussfolgerungen Pohls nur mit großer Vor-sicht generalisierbar sind. Pohl untersucht in seiner Arbeit mehrere zentrale Berei-che des wissenschaftlichen Schreibens: ● die Fähigkeit, eine adäquate Einleitung zu schreiben● Intertextualität, d.h. unterschiedliche Aspekte des Umgangs mit der Sekundärli-

teratur und ihrer Verarbeitung im eigenen Text● die Entwicklung der wissenschaftlichen Argumentation● sowie die »wissenschaftliche Alltagssprache« im Sinne Ehlichs (s.o.).

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Helmut Gruber
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Helmut Gruber
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1986)
Helmut Gruber
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Helmut Gruber
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(1997)

Basierend auf den Einzelergebnissen in diesen Bereichen schlägt er ein Entwick-lungsmodell vor, das folgende drei Stufen umfasst: 1) das gegenstandsbezogene Schreiben2) das diskursbezogene Schreiben und 3) das argumentationsbezogene Schreiben.

Beim gegenstandsbezogenen Schreiben steht die Beschreibung der wissenschaftli-chen Sachverhalte im Vordergrund der studentischen Formulierungsaktivitäten.Die wissenschaftliche Alltagssprache ist auf diesem Niveau erst rudimentär ausge-prägt, wissenschaftliches Argumentieren findet auf keiner textuellen Ebene statt.

Beim diskursbezogenen Schreiben steht die Darstellung verschiedener Ansätze,die einen wissenschaftlichen Sachverhalt konzeptualisieren, im Vordergrund. DieBeschreibung als zentrale Formulierungsstrategie bleibt damit bestehen, wechseltaber gleichsam auf eine höhere Ebene: Während auf der gegenstandsbezogenenEbene ein Sachverhalt beschrieben wird, ohne dass den Schreibenden bewusstwäre, dass wissenschaftliche Sachverhalte nicht theorieunabhängig existieren, wer-den auf der diskursbezogenen Ebene zwar die unterschiedlichen theoretischenKonzeptionen eines Gegenstands erkannt, ohne dass die Studierenden diese aberselbst kritisch bewerten würden.

Erst auf der Ebene des argumentationsbezogenen Schreibens können die Studie-renden selbstständig globale Fragestellungen für ihre Arbeiten entwickeln und be-arbeiten. Ihnen steht dann in allen untersuchten sprachlichen Bereichen eine aus-gearbeitete Text- und Formulierungskompetenz zur Verfügung. Laut Pohl beinhaltetjedes höhere Niveau jene Kompetenzen, die auf dem (bzw. den) niedrigeren Ni-veau(s) entwickelt wurden.

Steinhoff (2007) führte eine korpusbasierte Studie von 296 Seminararbeitendurch, die von 72 Studierenden aus unterschiedlichen sozial- und geisteswissen-schaftlichen Fächern stammen. Er verglich dieses studentische Textkorpus mit je ei-nem Vergleichskorpus wissenschaftlicher und wissenschaftsjournalistischer Texte.Auch Steinhoff untersuchte mehrere Bereiche des wissenschaftlichen Schreibens,nämlich die Realisierung der AutorInnenselbstreferenz in den Texten; verschiedeneAspekte der Intertextualität; konzessive Argumentation; die Entwicklung und Reali-sierung der Kritik an anderen Texten im eigenen Text (also die Entwicklung eineszentralen Aspekts einer wissenschaftlichen AutorInnenperspektive) und die wissen-schaftliche Begriffsbildung. Steinhoff ergänzt seine korpuslinguistische Methodeimmer wieder durch qualitative Untersuchungen. Auch er schlägt ein dreistufigesModell der Textkompetenzentwicklung vor, das auf Piagets Theorie des problem-lösenden Handelns basiert: ● Auf der ersten Stufe versuchen Studierende durch Transposition wissenschafts-

untypischer Schreibmittel und -verfahren ihre wissenschaftlichen Schreibpro-bleme zu lösen und erzeugen dadurch Texte und Formulierungen, die sich durchStilbrüche und ungeschickte Formulierungen auszeichnen. Auf dieser Stufe fin-den sich auch Verfahren der Imitation, in denen wissenschaftstypische Formulie-

Helmut Gruber | Modelle des wissenschaftlichen Schreibens 25

rungen nachgeahmt werden, was in überkomplexen Phrasen und zu komplizier-ten Satzbauplänen resultiert.

● Auf der zweiten Stufe, die durch Transformation gekennzeichnet ist, entwickelndie Studierenden ein erstes Verständnis für wissenschaftliche Textmerkmale undihre funktionale Verwendung. Allerdings entwickeln sie dieses Verständnis nochnicht vollständig, sondern benutzen einzelne Verfahren überaus häufig.

● Erst auf der dritten Stufe (der »kontextuellen Passung«) haben Studierende dieFähigkeit zu einem wissenschaftstypischen und kontextadäquaten Sprachge-brauch entwickelt.

Im Gegensatz zu Pohl nimmt Steinhoff allerdings an, dass Studierende jedes tiefereNiveau überwinden müssen, um auf das nächste zu gelangen.

3. Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Beitrag habe ich versucht, einen Überblick über die relevantesten Ansät-ze und Arbeiten im Bereich der (linguistischen) Erforschung des wissenschaftlichenSchreibens zu geben, wobei ich mich auf die englischsprachige und deutschspra-chige Forschung konzentriert habe.

Neben der Erforschung interkultureller Unterschiede, die nicht im Zentrum die-ses Aufsatzes standen, konnten die folgenden Schwerpunktsetzungen identifiziertwerden: Kognitive Schreibtheorien behandeln Schreiben als einen Problemlösungs-prozess, an dem unterschiedliche Wissenstypen und kognitive Prozesse beteiligtsind und der rekursiv verläuft. Im Zentrum steht das Individuum mit seiner kogniti-ven Ausstattung, kontextuelle (soziale, situationale und kulturelle) Faktoren tretenbei der Modellierung des Schreibprozesses in den Hintergrund. Zur Modellkon-struktion finden in diesem Paradigma häufig Methoden der experimentellen Psy-chologie Anwendung.

Der »writing to learn«-Ansatz, der der »Writing Across the Curriculum«-Bewegungzugrunde liegt, basiert im Grunde auch auf einem kognitiven Modell des Schreibens,das allerdings empirisch weitgehend nicht überprüft ist, sondern im Rahmen vonvielfältigen Anwendungsprogrammen unhinterfragt übernommen wurde. DieGrundannahme, dass Schreiben eine besondere (und gegenüber anderen Lernfor-men) ausgezeichnete Form der Wissensaneignung sei, bedürfte einer eingehende-ren empirischen Überprüfung, vor allem in Bezug auf den Zusammenhang zwi-schen Lernendentypen, Aufgabenstellungen, Textsorten und Lernergebnissen.

Rhetorische Schreibtheorien stellen soziale und kulturelle Aspekte des Schrei-bens in den Vordergrund und betonen den dialektischen Zusammenhang zwischentextuellen Praktiken und fachspezifischen Epistemologien im Rahmen des »Writingin the Disciplines«-Ansatzes. Auch hier wird der kognitive Aspekt des Schreibensnicht übersehen, er wird allerdings im Rahmen von sozio-kognitiven Ansätzen mo-delliert. Methodisch dominieren hier meist naturalistische Fallstudien, in derenMittelpunkt »dichte Beschreibungen« (im Sinne von Geertz 1991) einzelner Text-sorten und deren sozialer und historischer Verflechtungen stehen. Im Rahmen der

26 Wissenschaftliches Schreiben an der Universität vermitteln

Systemisch-Funktionalen Linguistik wurden sowohl detaillierte Beschreibungeneinzelner Textsorten und ihrer funktionalen Zusammenhänge mit disziplinspezifi-schen Merkmalen erarbeitet wie auch die historische Entwicklung von wissen-schaftlichen Textsorten und wissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen unter-sucht.

Fremdsprachendidaktische Ansätze haben sich sowohl im englischsprachigenwie im deutschsprachigen Raum mit der Vermittlung einzelner für LernerInnen re-levanter Textsorten beschäftigt und entsprechende Modelle sowie Lehr- und Lern-methoden entwickelt.

Entwicklungsmodelle der Textkompetenz wurden in diesem Beitrag nur dannberücksichtigt, wenn sie sich mit der Entwicklung der wissenschaftlichen Textkom-petenz zumindest auf dem Niveau von Studierenden beschäftigen. Die Übersichthat gezeigt, dass es eindeutig identifizierbare Entwicklungsschritte auf dem Weg zueiner ausgebildeten wissenschaftlichen Textkompetenz gibt, die allerdings von ver-schiedenen Personen auf verschiedene Art und Weise und in unterschiedlicher Ge-schwindigkeit durchlaufen werden. Außerdem stimmen alle Modelle darin überein,dass die Entwicklung der Textkompetenz von Erwachsenen nie als abgeschlossenangesehen werden kann, sondern mit neuen Schreibanforderungen immer wiedervon Neuem einsetzt, dass aber Personen, die bereits mehrere Textsorten »beherr-schen«, schneller neue Textsortenkompetenzen erwerben.

Mit Ausnahme älterer deutschsprachiger Untersuchungen der deutschen Wis-senschaftssprache hat sich gezeigt, dass die Theoriebildung in allen dargestelltenTeilbereichen meist auch unter anwendungsorientierten Gesichtspunkten erfolgt,d.h. dass Schreibtheorien und Schreibprogramme, durch die Studierende beim Er-werb einer wissenschaftlichen Textkompetenz unterstützt werden sollen, in engergegenseitiger Zusammenarbeit erstellt werden, wenn auch die Programme, die aufunterschiedlichen Ansätzen beruhen, differieren. Allen Ansätzen ist auch gemein-sam, dass sie Schreiben als einen Prozess auffassen, der weit mehr umfasst als das»Aufschreiben« eines Textes und in dem individuelle, situationale und soziale Fakto-ren miteinander interagieren.

Trotzdem gibt es auch noch eine Reihe von Forschungsdesiderata: So sind die Zu-sammenhänge zwischen Kognition und sprachlich-semiotischen Merkmalen vonTexten trotz (oder wegen) der reichhaltigen Forschungslage im Bereich der kogniti-ven Texttheorien weitgehend unbekannt. Eine genaue Modellierung dieses Zusam-menhangs könnte auch erhellen, ob und inwieweit die grundlegenden Postulate des»writing-to-learn«-Ansatzes haltbar sind und welche etwaigen Zusammenhängezwischen Textsorten und Wissenserwerb bestehen. In diesem Zusammenhangkönnte die Differenzierung zwischen sekundären und primären Textsorten auch fürdie Lösung des Problems vielversprechend sein, welche textuellen Praktiken überDisziplinen hinweg bestimmte Aspekte des Lernens unterstützen und welche fürdie Ausbildung eines disziplinspezifischen Habitus relevant sind und wie sich dieserentwickelt.

Helmut Gruber | Modelle des wissenschaftlichen Schreibens 27

Anmerkungen

1 »Writing represents a unique mode of learning« (Emig 1977, S. 122) – mit diesen berühmt gewor-denen Worten beginnt ihr Aufsatz.

2 Dieser Kritikpunkt zielt auf das in anglo-amerikanischen Schreibzentren übliche TutorInnen-system ab, in dem höhersemestrige Studierende als SchreibtutorInnen für niedrigersemestrigeStudierende fungieren, aber oft nur über eine minimale Ausbildung in Schreibdidaktik verfügen.

3 Demnach werden etwa »Prozesse« in indoeuropäischen Sprachen durch Verben, »TeilnehmerIn-nen« an diesen Prozessen durch Nomina ausgedrückt. Auf den dieser Annahme zugrundeliegenden natürlichkeitstheoretischen Aspekt, etwa im Sinne von Dresslers Natürlichkeitstheorie(Dressler 1989), kann hier nicht eingegangen werden.

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