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Anton Bierl, Gerald Siegmund, Christoph Meneghetti, Clemens Schuster (Hg.) Theater des Fragments Irf edienÂnalysen Herausgegeben von Georg Christoph Tholen I Band 3

Übersetzungen.Nietzsche’s Greatest Hits

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Anton Bierl, Gerald Siegmund, Christoph Meneghetti,Clemens Schuster (Hg.)

Theater des Fragments

Irf edienÂnalysenHerausgegeben von Georg Christoph Tholen I Band 3

Editoriat

Medien sind niclrt nr.u Mittel der Kommunikation und Information'

soadern auch und vor allem Vemrittlungen hiltureller Selbst- und

Fremdbilder. Sie prägen u:rd verändern Konfigrrationen des Wahr'

nehmens und wissens, des vorstellens und Darstellens' Im Span'

nwrgsfeld von Kulturgeschichte und Mediengeschichte artikuliert

sichïediatiat als offener Zwischenraum' in dem sich die Formen

des Begehrens, Überliefems uld Gestaltens verschieben und Spuren

in ôerleweiligen Konstellationen von Madrt und Medien' Sprache

und Sprechen' Diskursen und Dispositiven hinterlassen'

Oas Konzeptder Reihe ist es, diese Spuren lesbar zu machen' Sie

versammelt lallanalysen und theoretische Studien - von den klassi-

schen Bild-, Ton- rmd Tertrnedien bis zu den Formen und Formaten

der zettgenö ssisd:en Hybridkultur'

Die Reihe wirdherausgegeben von Georg Christoph Tholen'

Anroru Brrnl, GERALD SrEGr,,ruND. CHntsropH MrrurcHenl,Clr¡lr¡vs Scuusrrn (Hc.)

Theater des Fragments.Performative Strategien im Theaterzwischen Antike und postmoderne

ft""rrr""iptl

Entstanden im Rahmen des vom schweizerischen Nationalfonds zur

F i)r denngder wissenschaftlichen Forschung ( S N F) fi nanzierten

pro*Doc.Graduiertenpf ogramms >Intermediale Asthetik. spiel -Ritual - Performanz<< der Universitäten Basel und Bern'

GeÍtirdert vom schweizerischen Nationalfonds ztx Förderung der

wissenschaftlichen Forschung ( SNF)'

Bibliografìsctre Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die DJutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografìe; detaillierte

bibliografische Daten sind im Internet über

http : I I dnb -d-nb.de abrufbar.

@ zoog transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmirng des

Verlages urheberrechtswidrig und strafbar' Das gilt auch ffir

Vervielfìlltigungen, Überset zunger^, Mikroverfilmungen und fi;r

die Verarbeitung mit eleltronischen Systemen'

Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld

Umschlagabbildung: Phädra von )ean Racine, Salle de Faubourg'

Théâtre du Grütli, Genf; Regie: Claudia Bosse; Fotograf: Régis Golay

' Lektorat: Clemens Schuster' Christoph Meneghetti

Satz: Clemens Schuster

Druck Majuskel Medienprodultion GmbH, Wetzlar

ISBN 978-3-8 9942-999'2

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit ctrlorfiei

gebleichtem Zellstoff.

Besuchen Sie uns im Intemet:

http : / / www.tr øns cnPt -v erløg. de

Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis

und andere Broschüren an unter:

ínfo @ tr øns cnP t'v erl øg. d,e

überlegungen zum Fragmentund zu einer fragmenrierenden poet¡k aus gräz¡stischer Sicht

ANTON BIERL

19

It¡nnlr

Errulrlruruc

Diskurs und Fragment:Für ein Theater der Auseinandersetzung

GERALD SIEGMUND

11

Zu den Beiträgen29

l. Srruu-Könpen

Menschwerden: lnszeníerungen des Heterogenenin Klaus Michael Grübers Bakchen

HÐLGA FINTER

37

Perforierte KörperARNO BOHLER

53

The Fragmentary Muse and the poetics of Refractionin Sappho, Sophocles, Offenbach

GREGoRY NAGY

69

2. Arr¡rr-K0RPER

lntermediale Übersetzung: Sprache und Musik

ERNEST W. B. HÐSS-L1]TTICH

105

exzessives fragmentierenCLAUDIA BOSSÐ

t29

Tragödie, Fragment und TheaterPATRICK PRIMAVESI

747

Tragödie und Performance. Skizzen aus einem work ln progress

HANS-THIES LEHMANN

165

3. B¡¡-o-KönPen

Ltlgen Tränen nicht?Ausdruck, Konvent¡on und Körper in der

Wooster-Group-Produktion To You the Blrdlel (Phèdre)

NIKOI,AUS MÜLLER-SCHOLL

183

Erschúitterungen zwischen KörPer und Bild

lntermediale Strategien der Big Art GroupJENS ROSELT

207

Positionen' Ex'Positionen -Ellipsen elner lnszenierenden Photographie.

Eine Fallstudie anhand von Plcture for Women (leff Wall' 1979)ANDY BLÃ.TTLER

277

4. Tn¡nr¡n-KÖnp¡n

Präsenzkultur Dlonysus ln 69CHRISToPH MENEGHET:ü

233

Fragmentierung des Dionysos,Performative SÛeteg ien i n den Bakche n-lnsr.n i"r, ng"n

MASSIMo FUSILLo

259

Übersetzung en. Nletzs che b Greates t HltsARNo BÖHLÐR rrND SUSANNE GRANZER

27t

TAFELN UND ABBILDUNGSVERZEIcHNIs29r

Aulonlnx¡N UND Auron¡n303

Übersetzungen. Nietzs che's Greates t Hits

Anno BÖ¡II.ER UND SusRNur GRRNzTR'

Lecture Performance:2 Philosophy On Stage #26. Juli 2OO7, Universität Bern, Kuppelraum3

VideoeinspielungTex, Chor Max Reinhardt Seminar+

Diese Münze, mit deralle Welt bezahlt,Ruhm -,mit Handschuhen fasse ich diese Münze an,mit Ekel trete ich sie unter mich.

Wer will bezahlt sein?Die Käuflichen ...Wer feilsteht, greiftmit fetten Händennach diesem Allerwelts-Blechklingklang Ruhm!

t...t

still! -Von grossen Dingen - [...]soll man schweigenoder gross reden: [...]

I Die Beiträge von Susanne Granzer und Arno Böhler bzw. Claudia Bosse sindals künstlerische Beiträge formal anders gesetzt.

2 Abb. I-5, Tafeln 8-l I, S. 299-302.3 Filmversion: GRENZ-film, granzer & böhler 2007; Fotoserie: http://www.

fl ickr.com/photos/oliviosari kas/tags/ph ilosophyonstage2/page3.4 Montage aus F. Nietzsche'. Dionysos-Dithyramben, ¡n: Nietzsche ,l980,

Vl,403-405, und F. Nietzsche: A/so sprach Zarathusta, in.. Nietzsche 1980,tv, 136.

Arno Böhler und Susanne Granzer

lch sehe hinauf -dort rollen Lichtmeere:- oh Nacht, oh Schweigen, oh todtenstiller Lärml

lch sehe ein Zeichen -,aus fernsten Fernen

sinkt langsam funkelnd ein Sternbild gegen mich

Höchstes 6estirn des Seinsl

1...1

was Alle hassen,was allein ich liebe,dass du ewigbistldass du notwendig bistlMeíne Liebe entzündetsich ewig nur an der Nothwendiskeit

Schild der Notwendigkeitl- das kein Wunsch erreicht,das kein Nein befleckt,ewiges Ja des Seins's,ewig bin ich dein Ja:denn ich liebe dich, oh Ewigkeit! - -

Nacht ist es: nun reden lauter alle springenden Brunnen. Und auchmeine Seele ist ein springender Brunnen.Nacht ist es: nun erst erwachen alle Lieder der Liebenden, Und auchmeine Seele ist das Lied eines Liebenden.Ein Ungestilltes, Unstillbares ist ¡n mir; das will lautwerden. Eine Be-gierde nach Liebe ist in mir, die redet selber die Sprache der Liebe.

Filmtext Einar Schleefs

'lch bin ein Jünger des Philosophen Díonysos, ich zöge vor, eher einSatyr zu sein als ein Heiliger.

5 F. Nietzsche: Ecce Homo, in: Nietzsche I 980, Vl, 259

Übersetzung en. Nietzsche's Greatest Hits

Text Susanne Granzer (live)e

Vielleicht bin ich e¡n Hanswurst... Und trotzdem oder vielmehr nichttrotzdem - redet aus mir die Wahrheit.

Der Wahrheít Freíer - du? so höhnten sienein! nur ein Dichter! [...1Nur Narr! Nur DichterlNur Buntes redend,aus Narrenlarven bunt herausredend,herumsteigend auf lügnerischen Wortbrücken,auf Lügen-Regenbogenzwischen falschen Himmelnherumschweifend, herumschleichend -nur Narrl nur DichTer! .,.

Filmtext Einar Schleefz

I 889. ln Voraussicht, dass iih über Kurzem mit der schwersten Auf-gabe an die Menschheit herantreten muss, die je an sie gestellt wur-de, scheint es mir unerlässlich, zu sagen, wer ich bin.Denn ich habe mich nicht ,,unbezeugt gelassen". Das Missverhältnisaber zwischen der Grösse meiner Aufgabe und der Kleinheit meinerZeitgenossen ist darin zum Ausdruck gekommen, dass man michweder gehört, noch auch nur gesehn hat.lch lebe auf meinen eignen Credit hin. Es ist vielleicht bloss ein Vor-urtheil, dass ich lebe? ... lch brauche nur irgendeinen ,,Gebildeten,'zu sprechen, um mich zu überzeugen, dass ich nicht lebe ...Unter diesen Umständen giebt es eine Pflicht, gegen die im Crundemq,ine Gewohnheit, noch mehr der Stolz meiner lnstinkte revoltirt,nämlich zu sagen: Hört mich! denn ich bin der und der. Verwechseltmich vor Allem nicht!

6 Montage aus F. Nietzsche'. Ecce Homo, in: Nietzsche 1980, Vl, 365 undF. Nietzsche: Dionysos-Dithyramben, in: Nietzsche

,l980, Vl, ZZ7-379.

7 F. Nietzsche: Ecce Homo, in: Nietzsche I 980, Vl, 257.

Arno Böhler und Susanne Granzer

Text Susanne Granzer (live)a

Wie man wird, was man ist.I 856.Der zwölfjährige Nietzsche:Lange hatte mir immer Glück und Freude geleuchtet, aber dann

türmten sich schwarze Wolken auf, Blitze zuckten und verderbend

fielen die Schläge des Hìmmels nieder. Im September 1848 wurdeplötzl¡ch mein geliebter Vater gemütskrank. 1849 starb er an Ce'

hirnerweichung. Seine letzten Worte waren: ,,Fränzchen - Fränzchen

- komm - Ach cottl"

Obgleich ich noch sehr jung und unerfahren war, so hatte ich nun

doch eine ldee vom Tode, - und war deshalb nicht ganz so lustigund wild, wie Kinder zu sein pflegen. Meine Mitschüler waren ge-

wohnt, mich wegen dieses Ernstes zu necken.

(Cut)

Homo sacer, der heilige Mensch. Homo sacer, der verfluchteMensch, der um den Tod weiß.

(Cut)

I 963.Ein dreizehnjähríges Mädchen:lm Tohuwabohu eines Klassenzimmers ohne Aufsicht, fährt dieWucht eines solchen ersten Wissens in ein halbwüchsige Kind, dasim Cegensatz zu den lauthals tobenden Cleichaltrigen, ein Buch vorsich liegen hat und in die Konzentration des Lesens gefallen ist. Es

ist ein Schlag, ein Blitzschlag, unerwartet, von einem heiteren, säku-larisierten Himmel herab. Er brennt eine Spur in das Gedächtnis,unwiderruflich, fügt dem Kind einen Riss in sich selbst zu, der sovorher nicht da war. - Glück oder Verhängnis?

Ein Mensch st¡rbt, ist in dem Buch zu lesen, das auf der Schulbankliegt. Es ist eine Erzählung von einem, der sein Leben willkürlichaufs Spiel setzt, als er entdeckt, dass ihn sein Denken - dem er sichlebenslang verschrieben hatte - leer zurücklässt. Öd, verödet. Er

selbst, eine Leerstelle in einer gefügig gemachten Welt, die funktio-niert. Trostlos über seine Unbeteiligtheit am Leben, will er sich in

8 lvlontage aus F. Nietzschei Autobiographisches aus den Jahren I 856-l 869.Aus me¡nem Leben. Die Jugendjahre 1844-1858, in: Nietzsche -I973,

ll,

s 80.

Übersetzungen. Nietzsche's Greatest Hits

sein Außerstes zwingen, will er sein ,,Seinkönnen" in einem Szenariodes,,Sterbenkön nens" provozieren.

lm Sterben, jetzt, hilflos verstummt am Strand verblutend, im elen-den Krepieren unter einer gleichgültigen Sonnè, jetzt, jetzt, ange-sichts des Todes, entzieht sich sein Denken jeglichem Zugriff, Jetzt,tatsächlich eingeholt vom Sterben, jetzt, da er sich gierig an seinemDenken festhalten will, stößt es ihn weg, lässt ihn fallen, fallen, insBodenlose fallen, - Mon Dieu! mein Gottl Jeder Macht seines ge-wohnten Denkens ist er beraubt, er muss sie aufgeben, muss zuKreuz kriechen, muss sich und seinem Denken die Freiheit geben -und plötzlich einen ermatteten Herzschlag lang, glaubt er, zu be-greifen...

Wie man wird, was man ist.Ab jetzt, ab diesem Riss in sich selbst, plötzlich, mitten im Lesen,gibt es für das halbwüchsige Kind eine neue Perspektive auf dieWelt, auf das eigene ln-der-Welt-sein - wofür es keinen Namen, kei-nen Begriff hat. Nur Offenheit, nur ein Gespür. Ohne zu zögern, sagtes ja, uneingeschränkt ja. Ohne gemischte Gefühle, ganz ohne ver-spricht es sich selbst, buchstäblich.

Mein Leben muss ich nicht über den Haufen werfen,,,nur" das Wiemeines Lebens muss ich ändern. Mehr weiß ich nicht, mehr versteheich noch nicht. - Aber das verstehe ich, das weiß ich, das fuhr inmich ein, das muss, das will ich versuchen. This is my way. Dann,vielleicht, glückt das Leben, mein Leben. - Pøthetic announcemenf?Obsoleter Horizont?

Aber das Kind in seiner Adoleszenz schert sich einen Dreck um sol-che Tabus.

Wie man wird, wes man ist.Der Weg vom Klassenzimmer nach Hause ist ein freudiger Flug, dieSchritte unter Strom, übervoll das Herz. Tuchfühlung mit einer un-verwundbaren Macht. Aber zu Hause, schlüpft, automatisch - stattder frohen Botschaft - eine lächerliche Nörgelei ,,gebackene Leber!die schmeckt m¡r aber gar nicht", wie von selbst aus dem Mund, daspassende Cesicht dazu tut ein übriges.

Unseliges, törichtes Vergessen. Der Horizont des ersten Anfangsverstummt, wird blicklos, sprachlos, machtlos. Leer. Keine Kometenmehr, keine Sterne, nichts mehr von alledem, wie weggeblasen.

Arno Böhler und Susanne Cranzer

Scheitern des ersten Anfangs an läppisch Banalem, von niemandembemerkt als von dem halbwüchsigen Kind selbst, Keiner wird sichlange den Kopf darüber zerbrechen, keiner, oder das Herz, Aber ich,ich. lchichich. Die Verkehrung schockiert. Ernüchterung über dieOhnmacht sich selbst gegenüber. Sich im offenen Anfang nicht hal-

ten können, trotz allen Hochgefühls, So ist das also! So, Lacht sich

da bocksbein¡g einer heimlich ins Fäustchen? Das glatte Cegenteilvon dem zu tun, was man will, unfreiwillig-freiwillig, freiwillig-unfreiwillig.

(Cut)

Filmtext Einar Schleefs

Das Ressentiment ist das Verbotene an sich für den Kranken - leiderauch sein natürlichster Hang. - Das begriff jener tiefe PhysiologBuddha, Seine ,,Religion", die man mehr als e¡ne Hygiene bezeichnendürfte, um sie nicht mit so erbarmungswürdigen Dingen wie das

Christenthum ist, zu vermischen, machte ihre Wirkung abhängigvom SÍeg über das Ressentiment; die Seele davon frei machen - ers-

ter Schritt zur Cenesung. ,,Nicht durch Feindschaft kommt Feind-schaft zu Ende, sondern durch Freundschaft kommt Feindschaft zuEnde": das steht am Anfang der Lehre Buddhas - so redet nicht dieMoral, so redet die Physiologie. - Das Ressentiment, aus der Schwä-che geboren, Niemandem schädlicher als dem Schwachen selbst, -im andern Falle, wo eine reiche Natur die Voraussetzung ¡st, ein Ce-

fühl, ein über-flüssiges Cefühl, über das Herr zu bleiben beinahe derBeweis des Reichthums ist. Wer den Ernst kennt, mit dem meine Phi-

losophie den Kampf mit den Rach- und Nachgefühlen bis in die Leh-re vom ,,freien Willen" hinein aufgenommen hat - wird verstehn,weshalb ich mein persönliches Verhalten, meine lnstinkt-Sicherheitin der Praxis * ja beispielhaft voranstelle.

Der Celehrte giebt seine ganze Kraft imJa und Neinsagen, in der Kri-tik von bereits Cedachtem ab, - er selbst denkt nicht mehr ,.. Derlnstinkt der Selbstvertheidigung ist bei ihm murbe geworden; imandren Falle würde er sich gegen den Verkehr mit Büchern wehren. -Frühmorgens beim Anbruch des Tags, in aller Frische, in der Mor-genröthe seiner Kraft, ein Buch lesen - das nenne ¡ch lasterhaftl - -

9 Montage aus F. Nietzsche: Ecce Homo, in Nietzsche I 980, Vl, 272-273 und293.

Übersetzung en. Nietzsche's Greatest Hits

An dieser Stelle ist nicht mehr zu umgehn, die Frage, wie man wird,was man ist, die Antwort auf die Frage, wie man wird, was man ist,zu geben. Ja, damit berühre ich das Meistérstück in der Kunst derSelbsterhaltung - der Selbstsucht ...Dass man wird, was man ist, setzt voraus, dass man nicht im Ce-ringsten ahnt, was man ist. Aus diesem Cesichtspunkte haben selbstdie Fehlgriffe des Lebens ihren eignen Sinn und Werth.

Text Susanne Granzer (live)

Wie man wird,was man ist,I 9s5.Ein sechsjähriges Mådchen:Ze¡t des Buchstabierens, des Erlernens der Schrift, des Lesens unddes Schreibens. Buchstabiere; ICH. Gut. Noch einmal. lchichichi-chich. Verrücktes Wortmonsterl Hört sich seltsam an, ichichichi-chich. Das Kind treibt im Spielen einen Turmbau der Sílben, lässt dieBuchstaben gerinnen, zum leeren Echo erstarren, einstürzen, lustvollwerden sie neu aufgetürmt, ichichichichich, die Buchstaben wachsenins Monströse. Tollheit des Möglichen, faszinierendes Spiel, doppel-tes, das. die Buchstaben eröffnen. Wortfindung, Wortentleerung.

Wie paralysiert setzt das Kind das Spiel fort, ichichichichichichich.lch? Das meint ja mich! durchzuckt es das Kind, ichichichichich, dasklingt fremd, befremdend, plötzlich. Beklemmend. lchichich. lchwerde mir selbst fremd, ichmir, ich werde mir selbst unheimlich.ichmir.

lch zu wem sage ich das?

Rücklings auf den Buckel springt diese Frage dem Kind mitten imarglosen Spiel, beängstigend, ängstigend, ein hässlicher Zwerg, denes m¡t einem Mal zu schleppen hat.

(Cut)

I 856.Der zwölfjährige Nietzsche:toKaum waren die Wunden nach dem Tod meines Vaters ein wenigverheilt, starb mein kleines Brüderchen. - ln der damaligen Zeit

I 0 l\4ontage aus: F. Nietzschei Autobiographisches aus den Jahren I g56-t g69.

Aus meinem Leben. Die Jugendjahre I 844-l 858, in: Nietzsche I 923, ll, 5gl .

--1

Arno Böhler und Susanne Cranzer

träumte mir einst, ich hörte in der Kirche Orgelton wie beim Begräb-nis. Da ich sah, was die Ursache wäre, erhob sich plötzlich ein Crabund mein Vater im Sterbekleid entsteigt demselben. Er eilt in dieKirche und kommt in kurzem mit einem kleinen Kinde im Arm wie-der. Der Crabhügel öffnet sich, er steigt hinein und die Decke sinktwieder auf die öffnung. Sogleich schweigt der rauschende Orgel-schafl und ich erwache. - Cenau den Tag nach dieser Nacht warplötzlich Josephchen, mein kleiner Bruder, unwohl, bekam dieKrämpfe und starb in wenigen Stunden. Mein Traum war vollständigin Erfüllung gegangen. Die kleine Leiche wurde auch noch in dieArme des Vaters gelegt. - - -

(CuÐ

Text Arno Böhler (Vortrag live)

Nietzsche's Greatest Hits, Das Wort Hlf bedeutet im Englischen;Schlag. Und wenn wir an Schlag denken, dann denken wir auch anTrauma. Traum, Trauma, Hits.

Üblicherweise ist es so, dass das Wort Trauma, zumindest beiuns, im westlichen Kontext, mit einem anderen philosophen, nichtunbedingt mit Nietzsche, in Zusammenhang gebracht wird, nämlichmit Freud. Aber vor Freud hat schon Friedrich Nietzsche eine wun-derbare Schrift verfasst, die Genealogie der Moral, in der er seine ei-gene Trauma-Theorie vorgetragen hatte, Dabei ist interessant, dasser ¡m zweiten Teil der Abhandlung Zur Genealogie der Moral - überden Ursprung und die Herkunft des Cewissens, und das bedeutet fürNietzsche immer: Ursprung und Herkunft des schlechten Gewissens- sagte, dass dieser Ursprung das sei, womit die Ceschichte desMenschen überhaupt begonnen habe. Der Mensch r,ylrd Mensch, derMensch wird in dem Moment human, in dem ,etwas, im Tier Menschauf-bricht', auf-gebrochen wird. Und zwar durch einen Hit - durcheinen Schlag, der, wie er sagt, von au[3en kommt, Nietzsche ver-gleicht dieses Ereignis sogar mit jenem Zustand, als die Wassertierezum ersten Mal ans Land gekommen waren und auf dem Land Be-dingungen vorgefunden hatten, mit denen sie physiologisch, biolo_gisch einfach nicht zurecht gekommen waren. lhre physis war aufdiese Bedingungen ganz einfach nicht eingestellt. Als wassertierehatten sie keine lnstinkte, keine gewachsenen Dispositive, auf diesie nun zurückgreifen konnten. und das ¡st genau der historischeMoment, in dem für Nietzsche das Cewissen - und das heißt für ihnimmer, das Humane - historisch seine Geschichte beginnt.

Nietzsche's Greatest H¡ts

Der Mensch,ein Tier,das gebrochen wird;das beginnt,sich nach innen zu wenden,weil es sich nicht mehr àu$ernkann;weil es keine Macht mehr besitzt,sich nach außen zu wenden,sich zu öu$ern.Wodurch?Durch das,

dass es von einer übermachtin Schach gehalten wird.- Und diese Übermacht ist für Nietzsche die Macht einer Sozietät.

Der Ursprung des Humanen liegt für ihn also darin, dass das,TierMensch', das animal rationale, gezwungen wird, sich in ganz be-stimmten gesellschaftlichen Verhältnissen zu recht zu finden, die fürdas ,Tier' im Menschen als Zwangsjacke fungieren. Unter solchenUmständen findet erst jener Bruch statt, der zum Beispiel ¡m Lareini-schen die Definition des Menschen ausmacht: der Mensch als animalrat¡onale. Als jene Bruchstelle, in der die Animatitcit des Menschenseiner Raflonalitcit plöïzlich entgegensteht. Ein Spalt, eine Kluft -Kluft, Spalt, eine aufgähnende Wunde heißt im Criechischen chaos -ein aufklaffendes Chaos zwischen der Animalitaf des Menschen undseiner Rationalitöt, das allein ist auch fùr Nietzsche das Humane:die Entstehung des Cewissens, verstanden als Akt einer Wendungnach innen, eines lnnwendigwerdens des ,Tiers Mensch' im Men-schen.

Eine Ceschichte, die sich für Nietzsche schon seit Jahrtausendenereignet hat, die inzwischen aber eine zweite entscheidende Wendeangenommen hatte. Den Vollzug jenes historischen Wendepunkts, indem wir Menschen begonnen haben, an diesem Konflikt - zwischenunseren lnstinkten, unserem biologisch animalischen Teil und demrationalen Teil im Menschen - Lust zu finden. Schon Horkheimerund Adorno haben wiederholt darauf hingewiesen, dass etwa derKantischen Aufklärungsphilosophie ein solcher sado-masochistischerZug eignet. ln Aufklärungsphilosophien geht es permanent um Kon-trolle; um Kontrolle unserer Tierheit; - des ,Tiers Mensch, im Men-sc hen.

Damit wiederholt s¡ch auf der Ebene des Humanen in gewisserWeise noch einmal das, was sich eben schon einmal ereignet hatte:damals, als die Wassertiere ans Land gespült wurden und Bedingun-gen vorgefunden hatten, die es ihnen verunmöglichten, sich nachaußen zu wenden, um sich zu äußern.Jetzt allerdings, weil das,Tier

Arno Böhler und Susanne Cranzer

Mensch' im Menschen von einer übermacht anderer Menschen -Nietzsche spricht in seinem Texl Zur Genealogie der Moralvon einerHorde von Bestien - überwältigt und gezwungen wurde, sich ihrerHerrschaftsgewalt zu unterwerfen. Und dieser Unterwerfungspro-zess hat sich inzwischen nach innen verlegt, sozusagen einverleibt,und zwar im Zuge der Ceschichte der Zivilisierung des Menschen.Dieser Prozess ist fûr Nietzsche genau jenes Moment des lnwendig-Werdens, der Einverleibung des schlechten Cewissens im Menschen;als Ursprung seiner Human¡tät. Eine Ceschichte, in der gerade derStolz des Menschen, seine Vernunft, EreignÌs wird, ereignet wird.

ln dem Moment, in dem wir beginnen, an dieser Unterwerfungder Animalitør des Menschen unter die Herrschaft der Vernunft Lustzu empfinden ... - Sie müssen sich das so vorstellen: überJahrtau-sende hat diese Unterwerfungsgeschichte dem Menschen, dem Tierim Menschen, nur wehe getan. Er hat darunter einfach nur gelitten:der Versuch, sich permanent zu kontrollieren, sich Formen abzuge-winnen, die gesellschaftlich sanktioniert wurden, um der sittlichkeitseiner Sitte zu entsprechen und gemäß zu werden, wie sich Nietz-sche in seiner Cenealogie der Moral ausgedrückt hatte - in diesemMoment also, in dem die vernünftig gewordene Menschheit an derrationalen Unterdrückung des animalischen Begehrens selbst Lustzu empfinden beginnt, setzt das ein, was wir die Kultivierung desMenschen nennen. Ereignis jenes sado-masochistischen Wende_punkts, in dem die Disziplinierung des Menschen selbst das wahr-haft Lustvolle, das eigentlich Humane am Menschen wird.

DarR¡t steht ein nächster Schritt im Akt dieser Ceschichte aus,den es in Zukunft zu vollziehen gilt: Wenn wir uns im Folgenden mitNietzsche fragen, worauf dieser prozess zusteuert, wenn wir alsoden Versuch wagen, ihn in seiner logischen Entwicklung weiter_ undzu Ende zu denken, um das Versprechen zur Sprache zu bringen,das in diesem Prozess liegt, der m¡t e¡nem permanenten Wehe_tunbegonnen und schließlich Lust zu bereiten begonnen hatte, danngewahren wir nach Nietzsche das Versprechen des souveränen lndi-viduums. Das Versprechen eines lndividuums, das nun, nach einerlangen ceschichte rationaler Disziplinierungsübungen gelernt hatund in der Lage ist, überhaupt etwas versprechen zu können _ ver_sprechen zu dürfen - weil es inzwischen jene lntellektualität entwi-ckelt hatte, die es ihm nun ermöglichte, ein Versprechen hølten zukönnen, weil es inzwischen gelernt hal\e, strqtegisch denken zukönnen, Das heißt, Dinge antizipieren, rational vorwegnehmen zukönnen. - Und so wird aus lJnlust ... Lust.

Übersetzu en. Nietzsche's Greatest Hits

Filmtext Ali Mosbah(Übersetzer von Nietzsches Cesamtwerk ins Arabische)tt

lch möchte lhnen im Folgenden etwas anderes erzählen. Eine Ce'

schichte, die sich nicht in Marokko, sondern in Deutschland ereignethatte.

AIs ich dabei war, Ecce Homo zu übersetzen, war ich Stipendiatin Schloss Wippersdorf. Auf dem Schloss waren viele Leute, alles

Schriftsteller, Künstler, Maler, Theatermacher usw. Am Abend fandeine Vorstellungsrunde statt. Jeder sollte sich kurz vorstellen: woherer komme, was er mache usw. Als ich an der Reihe war und gesagt

hatte, dass ich gerade Nietzsche übersetzen würde, da hatte ich vie'le schiefe Blicke eingefangen. Schließlich wurde ich von Einigen ge-

fragt, unter anderem folgende Frage: ,,Wie konnten Sie nur auf den

Cedanken kommen, Nietzsche ins Arabische zu übersetzen? Haben

die Leute dort überhaupt einen Bedarf und ein lnteresse an so et-

was?" Die zweite Frage lautete etwa so: ,,Trauen Sie sich so etwasüberhaupt zu übersetzen? Selbst wir Deutschen verstehen diesen

Mann und seine ldeen nicht."Gut. Was die zweite Frage betrifft, die ist ganz leicht zu beant-

worten: Nietzsche selber hat vorausgesagt, dass die Deutschen die

Letzten sein werden, die ihn verstanden haben werden. Mit dieser

Frage und ihrer Beantwortung hatte ich also kein Problem. Was dieandere Frage betrifft, da habe ich Folgendes gesagt, ,Ja wir drüben"

- denn da kam plötzlich das Wort ,,drüben", ,,wir drüben" ins Spiel -ja, auch wir langweilen uns manchmal in der Wüste und dann haben

auch wir Lust, lust¡ge Sachen zu lesen. - Dann lesen wir eben zumBeispiel auch Nietzsche.

Jetzt komme ich aber auf lhre Frage zurück. Nein, nein. Nietz-

sche ist in der arabischen Welt wirklich sehr beliebt, Natürlich nichtbei der Masse der Menschen ,,auf dem Markt" und ,,auf der Markt-straße", aber sehr wohl bei den lntellektuellen. Bei ihnen ist er sehrbeliebt und auch sehr gut gelesen, Um meine Antwort kurz zu fas-

sen: lch glaube nicht, dass ich umgebracht werde, Opfer eines fun-damentalistischen Attentats werde, nur weil ich Nietzsche übersetzthabe. Nein. Das glaube ich wirklich nicht.

I I Böhler/Cranzer 2007a.

Arno Böhler und Susanne Cranzer

Filmtext Khalid Al- Maaly(Verleger von Nietzsches Gesamtwerk in Arabisch)t:

Also, meiner Erfahrung nach sind die arabischen Leser, die meine

Bücher lesen, sehr verstreut. Es sind kleine Cemeinden, welche die

Hoffnung fast schon aufgegeben haben, überhaupt ein gutes Buch

in die Hand zu bekommen.Wenn jemand wie ich, der angeblich gute Bücher und Überset-

zungen macht, im arabischen Raum auftaucht, dann freuen sich die-se Menschen ganz einfach. Wenn ich zum Beispiel nach Tunesien,Marokko, Saudi Arabien komme, oder in den Oman, dann begegneich vielen Menschen, die meine Bücher kaufen wollen. Sie erwartenvon mir immer etwas Neues und geben die Nachrícht meiner An-

kunft sofort weiter. Ein solches Vertriebssystem dauert, alles brauchtviel Zeit, aber es birgt auch viele schöne Momente. lch zehre vondiesen Erfahrungen, lebe von Hoffnungen, eigentlich von solchenBegegnungen. Solche Leser, oder Brüder, wie Baudelaire sagte, sindes, die ich mit meiner Arbeit als Verleger eigentlich erreichen möch-te.

Filmtext Ali Mosbah

Noch eine Sache möchte ich hier an dieser Stelle zur Sprache brin-gen. - Und zwar, was die Nützlichke¡t betrifft, Nietzsche in die ara-bische Welt zu übersetzen. lch glaube, ab den 80er Jahren gab eswieder ein lnteresse an Nietzsche. Damals haben wir nämlich alle ei-

ne Übergangsperiode erlebt. Mit ,wir' meine ich meine Ceneration,die Ceneration, die in den 68ern oder kurz danach, gelebt hat, ,Wir'waren damals fast alle in der linken Szene engagie(t. Die Linke wardamals die Antwort auf unsere Fragen; Marx war die Antwort aufunsere Fragen im 20. Jahrhundert. Jetzt denke ich inzwischen, dassNietzsche die Antwort auf die Fragen des 2l . Jahrhunderts ist.

Als wir damals begonnen hatten, am Marxismus und der ldeedes Marxismus zu zweifeln, entstand irgendwie wie eine Leere inund um uns. Wir brauchten irgendwas anderes, eine neue ldee, an

die wir glauben konnten, die uns überzeugte. Da erwachte in Frank-reich, für uns gerade rechtzeitig, ein neues lnteresse an Nietzsche,und zwar durch Deleuze, Lyotard und Foucault - Autoren, die in derarabischen Welt durchwegs gut gelesen sind. Durch ihre Lektüre er-wachte wieder lnteresse an Nietzsche.

Übersetzung en. Nietzsche's Greatest Hits

Filmtext KhalÍd Al- Maaly

Ja. Zum Beispiel haben wir jetzt seine gesammelten Gedichte veröf_fentlicht. Und sie sind eigentlich hervorragend angekommen. Ein-fach, um zuzeigen: ein Philosoph dichtet, - und wie!

Verstehen Sie: Heute, oder vorgestern, habe ich in einerZeitschrift gelesen, in einer Gegend im lrak, in der es einesunnitische Bevölkerungsmehrheit gibt, dass Bäckereien, Friseur-läden und Mädchenschulen einfach geschlossen wurden und dassman keine Tomaten und keine Gurken mehr verkaufen dúrfe, weilsie Symbole für Sex seien. Und auch Ziegen dürfe man nichtaufziehen, weil ihre Schwânze so hoch seien, dass man sie sehenkönne. Daher musse man sie bedecken... und solchen euatsch,Solche Artikel sind typisch für die wahhabitische Religion, für BinLaden und seine Leute ...

Texr Arno Böhler (Vortrag live)

Was bedeuten asketische ldeale? Dieser Titel steht ùber der drittenAbhandlung von Nietzsches Schrift Zur Genealogie der Moral. ln die-sem Abschnitt behandelt er drei Typen, drei Gestalten von Men-schen. Erstens den Typus des Künstlers.

Frage: ,,Was bedeuten asketische ldeale also für Künstler?,, -Antwort Nietzsches:,,Nichts."

Asketische ldeale bedeuten für Künstler darum nichts, weil siebei ihnen rein zufällig sind. Wenn Künstler asketische Lebensformenwählen - das kann sein, kommt vor, es kann jedoch ebenso gutn¡cht sein - dann liegt in dieser Wahl keinerlei zwingende Notwen-digkeit. Sie kommt vor, muss aber keineswegs sein.

,,Was bedeuten asketische ldeale nun bei philosophen?,,, diezweite Figur, die Nietzsche in seiner dritten Abhandlung Zur Genea-Iogie der Moral bespricht?

Antwort Nietzsches: ,,Schon mehr." Die Wahl asketischer Lebens-formen ist bei ihnen nicht mehr vollkommen willkürlich. ln ihr liegtsehr wohl eine Tendenz, die der Philosophie inhärent eigentümlichist. Zwar ist es n¡cht so, dass der philosoph, als Typus genommen,per se ein Problen mit der Sinnlichkeit, mit der Materialität seinesDa-seins hätte. Vielmehr weisen philosophen für Nietzsche eineTendenz auf, asketische Lebensformen zu bejahen, aber nur, weilsie gerade darin das Optimum ihrer eigenen Existenzbedingungenwittern, Sie brauchen Mul3e, einen still gestellten Körper, einen Kör-per, der nicht stört, um meditieren, um denken zu können. Oder -wie man heute zeitgemäßer sagen könnte - sie braucher einen Kör-per, der rein als sinnliches Medium des Denkens fungiert.

1 2 Böhler/Cranzer 2007b

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Arno Böhler und Susanne Çranzer

Ein wíchtiger Vorwurf Nietzsches an die klassische philosophiebesteht gerade darin, dass die Ceschichte der abendländischen Me_taphysik immer wieder versucht hatte, den Körper im Akt des philo_sophierens zum Verschw¡nden zu bringen; ihn unsichtbar zu ma_chen, indem sie ihn in die reine lntentionalität aufzuheben trachte-ten, Eine klassische Ceste des Denkens, die wir hier, im Rahmen vonPhilosophie On Stage, gerade aufzubrechen versuchen.

lm traditionellen sinne der abendländischen philosophie soll derKörper hingegen gerade so zum Verschwinden gebracht werden,dass er mír denkend rein zu Diensten ist. Der Körper soll sich in sei-ner Körperlichkeit während des Denkens gerade nicht melden. Ersoll das Denken n¡cht stören, nicht irr¡tieren, soll dem Denken nichtdazwischen funken. - Kurz: Mul3e, das ¡st es, was die philosophentraditionellerweise nötig haben, um sich in ihrem Sinnen nicht mehrmit der sinnlichkeit, sondern mit dem Sinn ihres sinnes auseinan-dersetzen zu können. Der Philosoph braucht also asketische ldealeals Optimum seiner eigenen Existenz- und Vollzugsbedingung. Erbraucht sie, um das tun zu können, was er am líebsten tut: denken.

Ernstwird es mit der Frage nach dem sinn asketischer rdeale fürNietzsche jedoch erst dann, wenn die dritte cestalt ins spiel kommt,die er in seiner Schrift Zur Genealogie der Moralbespricht: die Figurdes asketischen Priesters. Denn das Verhältnis des Typus' des aske-tischen Priesters zu sinnlichkeit ist ein völlig anderes für ihn als dasder beiden oben besprochenen Typen, Der asketische priesterkämpft nämlich einen Todeskampf, wenn es um sein Verhältnis zursinnlichkeit geht. Er kämpft ums überleben, um sein überleben. Fürden asketischen Priester bedeuten asketische rdeale eben nicht,,nichts," auch kein ,,Optimum", sondern alles. Er braucht eine zweiteWelt, ,,a second life," er braucht eine Welt hinter der Welt der Sinne,um sich selbst, seine eigene Existenz, rechtfertigen zu können, Umseine - wie Nietzsche zu sagen pflegte - degenerierte, unwohl gera-tene Physis, die sich von der wirklichen wert per definitionem be-droht und verfolgt fühlt, überhaupt am Leben, überhaupt überrebenzu lassen.

Wie schafft, wie macht er das? Antwort Nietzsches: lndem erzwei Strategien verfolgt: Einerseits muss er jene, die wie er an ihremDasein primär leiden, zu seiner Hinterwelt überreden. Dazu brauchter Leidende, jene, die ihr eigenes Dasein primär als Strafe, Buße,Leiden empfinden und daher für eine solche Hinterwelt prädesti-niert, grundsätzlich offen und empfänglich sind,

Viel schwieriger, vier gefährricher noch wiegt für Nietzsche je-doch jene destruktive Seite der Macht des asketischen priesters, vtnder wir auch in unserem Film soeben gehört haben, dass er nämlichper se aus dem Ressentiment heraus agiert. Es geht ihm in seinemïun gar nicht so sehr nur darum, die Leidenden an sich, an seine

Übersetzungen. Nietzsche's Greatest Hits

Lehre zu binden, sondern vielmehr darum, die Glücklichen unglück-lich zu machen. Gilles Deleuze konnte daher immer wieder daraufhinweisen, dass der asketische Priester per se reaktive Züge trägt. Er

kann nur reagieren, die Setzungen anderer negieren, da er selbstunfähig ist, e¡ne eigene positive Kraft aufzubauen. Das aber heißt

nichts anderes, als dass er selbst lm Unglück - vom Unglück andererlebt. Der asketische Priester ist genau der, der aus dem Wehe-tunsein eigenes Clück, seine eigene sado-masochistische Lust aus demLeben zieht.

Filmtext Einar Schleefts

Philosophie, wie ich sie bisher verstanden und gelebt habe, ist das

freiwillige Leben in Eis und Hochgebirge - das Aufsuchen allesFremden und Fragwürdigen im Dasein, alles dessen, was durch dieMoral bisher in Bann gethan war. Durch eine lange Erfahrung, wel-

che eine solche Wanderung ¡m Verbotenen gab, lernte ich die Ursa-

chen, aus denen bisher philosophiert und moralisirt wurde, sehr an-

ders ansehn als es erwünscht sein mag: die verborgene Ceschichteder Philosophen, die Psychologie ihrer grossen Namen kam für mich

an's Licht. - Wie viel Wahrheit erträgt, wie viel Wahrheit wøgt einCeist? Das wurde für mich immer mehr der eigentliche Werthmesser.

Text Susanne Granzer (live)to

Amor fati.Liebe zum Schicksal,Fragmente aus Briefen Nietzsches an und über Lou von Salomé,März bis Dezember 1882.Crüßen Sie diese Russin von mir. lch bin nach dieser Cattung vonSeelen lüstern. Ja, ich gehe náchstens auf Raub darnach aus -

Was ich nie geglaubt habe, einen Freund meines letzten Glücks undLeidens zu finden, das erscheint mir jetzt möglich - als die goldene

Möglichkeit am Horizont meines künftigen Lebens. - Übrigens, ich

bin von einer fatalistischen ,,Cottergebenheit" - ich nenne es amor

fati -

l3 F. Nietzschei Ecce Homo, in: Nietzsche 1980, Vl, 258-259.I4 Montage von Briefstellen aus: Nietzsche I 980, Vl, I85'294.

Arno Böhler und Susanne Cranzer

Wie sollte ich mich auch vor dem Schicksal feirchten, namentlich,wenn es mir in der gänzlich unerwarteten Gestalt von Lou entgegen-tritt.

Lou ist ein wahrer Glücksfund. Unsere lntelligenzen und Ceschmä-cker sind im Tiefsten verwandt. - Ob eine solche philosophische Of-fenheit, wie sie zwischen uns besteht, schon einmal bestanden hat?

Vielleicht haben Sie au.ch ein Gefühl davon, dass ich, sowohl als,,Denker" wie als ,,Dichter" eine gewisse Vorahnung von Lou gehabthaben muss? Oder sollte ,,der Zufall?"

fm Herbst siedeln wir zusammen nach Wien über. Wir werden in Ei-

nem Hause wohnen und zusammen arbeiten.lch fange neue Studentenjahre an der Universität Wien an, - und da-hinter ein eigenes, geheimes Ziel - - -

Nun meine liebe Freundin,ist für den Beginn unserer Wiener Existenz der September ins Augezu fassen?Meín Wunsch in Betreff Wiens ist jetzt, wíe ein paquetstück in einZimmerchen des Hauses abgesetzt zu werden, in welchem Sie woh-nen wollen.

Meine liebe LoulSie sandten mir lhre Zusage, das schönste Ceschenk, das mir Jemand hätte machen können. Nun ist der Himmel über mir helllEs wird A//es gut, wie Sie es gesagt haben,

Zuletzt, meine liebe Lou, die alte, tiefe, herzliche Bitte: werden Sie,die Sie sind!Erst hat man Noth, sich von seinen Ketten zu emancipieren, undschließlich muß man sich noch von dieser Emancipation emancipie-ren!Von Herzen lhremSchicksale gewogen - dennich liebe auch in lhnenmeine Hoffnungen.Canz lhrF.N.

Lou bleibt noch l4 Tage bei mir.

Lou bleibt noch eine Woche bei mir

ü bersetzu en. Nietzsche's Greatest Hits

Sie ist das intelligenteste aller Weiber - - - Aber sie und ich, wir sinduns allzu sehr ähnlich,,,blutsverwandt." Alle fünf Tage haben wir ei-ne kleine Tragödienscene. -

t Zu Bett. B¡n jetzt krank, schwerer Anfall

Durch das Ereignis, einen ,,neuen Menschen" hinzu erworben zu ha-ben, bin ich förmlich über den Haufen geworfen.

f ch wollte alleine leben, -Aber eines Tages flog ein Vogel an mir vorùber; und ich glaubte ei-nen Adler gesehen zu haben. Und nun wollte ich den Adler um michhaben.

lch nenne Lou meinen leibhaftigen Schirroco, Sie vereinigt in sich ø/-/e Eigenschaften der Menschen, die ich verabscheue - eklig undgrässlich - Sie bekommen mir nicht - und nun habe ich mir seit Tau-tenburg die Tortur auferlegt sie zu lieben!

Zu Bett. Heftigster Anfall, lch verachte das Leben

Was machen Sie, meine lieb Lou, ich bat um heiteren Himmel zwi-schen uns.Soll ich sagen, es ¡st vorbe¡?Wollen wir uns zusammen erzürnen? Haben wir Lust einen großenLärm zu machen? Sie sind ja ein kleiner Calgenvogel!

Kalt, Krank. lch leide.

Wie es in mir mitunter schreit nach einem Menschen, sei es selbstein Scheusal, wie Sie Lou.Ach, diese verfluchte,,E¡nsamkeit"lWenn Sie allem Erbärmlichen in lhrer Natur die Zügel schießen las-sen, meine liebe Lou, wer kann dann noch mit lhnen umgehen!

Sie haben Schaden gethan, Sie haben Wehe gethan -

Eigentlich hat sich niemand in meinem Leben so hässlich gegenmich benommen wie Lou.

5 Jahre spciter, I 887lch möchte, dass die erbärmliche, schmerzüberreiche Erinnerungdieser Zeit mir von der Seele genommen würde - schmerzhaft nicht,weil sie mich beleidigt, sondern weil sie Lou in mir beleidigt hat.

Arno Böhler und Susanne Cranzer

Mein ganzer Zarathustra ist aus dieser Entbehrung gewachsen - wieunverständlich muss er sein.

Filmtext Einar Schleefts

Man darf keine Nerven haben ... Auch an der Einsamkeit leiden istein Einwand, - ich habe immer nur an der,,Vielsamkeit" gelitten ... lneiner absurd frühen Zeft, mit sieben Jahren, wusste ich bereits, dassmich nie ein menschliches Wort erreichen würde: Hat man mich jedarüber betrübt gesehn? - lch habe heute noch die gleiche Leutse-ligkeit gegen Jedermann, ich bin selbst voller Auszeichnung für dieNiedrigsten: in dem Allem ist nicht ein Cran von Hochmuth, von 9e-heimer Verachtung, Wen ich verachte, der errdth, dass er von mirverachtet wird: ich empöre durch meín blosses Dasein Alles, wasschlechtes Blut im Leibe hat... Meine Formel für die Cröße am Men-schen ist [amor fati]: dass man Nichts anders haben will, vorwärtsnicht, rückwärts nicht, in alle Ewigkeit nicht. Das Nothwendige nichtnur verhehlen, nicht nur ertragen -, laller ldealismus ist Verlogenheitvor dem Notwendígenl, sondern es lieben ...

Text Susanne Granzer (live)to

Dass man Nichts anders haben will, vorwärts nicht, rückwärts nicht,in alle Ewigkeít nicht. Das Nothwendige nicht nur verhehlen, nichtnur ertragen -, sondern es lieben... Amor fati.Friedrich Nietzsche, Ecce Homo, I 888,

(Cut)

1998, WienReplay.Wiederholung des ersten Anfangs. Versöhnung mit der noch un-gewordenen Möglichkeit.Zurück in die Erinnerung. An den ersten Schlag, den ersten Hit, denersten Anfang. Memorandum des Gewesenen. Was habe ich verspro-chen, damals, und später viele, viele Male wiederholt, bestätigt imNamen der Liebe? Was wird im Andenken an dich erinnert?Atemzüge einer hohen Zeit, die gewesen ist, und, Supplement derErinnerung, schöpferisches Ceschenk der Muse Mnemosyne, dem

i 5 F. Nietzsche: Ecce Homo, Nietzsche i980, Vl, 297I 6 F. Nietzsche: Ecce Homo, Nietzsche I 980, Vl, 297

Übersetzung en. Nietzsche's Greatest H¡ts

Cedächtnis, Versprechen einer HochZeit, die einmal geworden seinwird. Musische Wende, nicht auf dem Papier, sondern physisch.

2006, HochZeit in Sils Maria.2007, Replay in Wien.

Videoeinspielung: Text, Schlusschor Max Reinhardt SeminarlT

Der Wahrheif Freier - du? so höhnten sieneinl nur ein Dichter!t...1Nur Narr! Nur Dichter!Nur Buntes redend,aus Narrenlarven bunt herausredend,herumsteigend auf lügnerischen Wortbrücken,auf Lügen-Regenbogenzwischen falschen Himmelnherumschweifend, herumschleichend -nur Narrl nur Dichterl ...

Literatur- und Quellenverze¡chnis

Böhler/Granzer 2007a, A./5.: Nietzsche in Arabic: Interview mit demÜbersetzer Ali Mosbah, Nietzsche Circle, http://www,nietzscheci rcle.comli nterview_Mos bah g. ht ml, 2007 (1 7 .5.2009).

Böhler/Cranzer 2007b, A./S.: Nietzsche in Arabic: Interview mit demVerl eg er Kh a I i d Al -M a a Iy, http ://www. n ietzsc hec i rcle. com/i nte r-view-Almaalyg.html, 2007 (1 7. 5.2009).

CRENZ-film, granzer & böhler 2007 (Hrsg.)'. Phìlosophy On Staøe(DVD), Wien 2007.

Nietzsche 1973, F.: Werke in zwei Bcinden, hrsg. von l. Frenzel nachder Hanser-Ausgabe von Karl Schlechta, Darmstadt I973.

Nietzsche 1980, F.: Kritische Studienausgabe, hrsg. von C. Colli undM. Montinari, München/Berlin et al, 1980.

17 F. Nietzsche Dionysos-Dithyramben, in: Nietzsche 1980, Vl, 377-3lg und3 80.

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Theater des Fragments

Tafel 7

Seite 139, TaþI 7, Abb. 4:Coriolan

theatercombinat

Tafeln und Abbildun rzeich n is

Tafel I

Seite 271, Tafel B, Abb. 1:Philosophg On Stage #2,

Oliuio Sarikas, http : / / ututw.flickr.com/ pltotos/ oliuiosarikas /sets/ 72 1 5 76003 96806476/

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Tafel 9

Seite 271, Tafel 9, Abb. 2:Philosophg On Støge #2,

Oliuio Saríkas, http : / / uttt tu,t.flíckr. com/ pltotos / oliuiosarikas/sets,/ 72 1 5760O3 9 6B O64 76/

Tafeln und Abbildungsverzeichnis

Tafel 1O

Seite 271, Tafel 10, Abb. 3:Philosophg On Stage #2,

O\iuio Sarikøs, http : / / utww.flickr. com/ photos/ oliuiosaríkas/sets/ 72 I 576OO3968O6476/

Seite 271, Tafel 1O, Abb. 4:Phílosophg On Stage #2,

Oliuio Sarikas, http : / / wutul.flickr. com/ photos / oliuiosarikas,/sets/ 72 1 57600396 80647 6 /

Tafeln und Abbildungsverzeichnis

Tafel I I

Seite 271, Tafel 11, Abb. S:Philosophg On Stage #2,

OLiuio Sørikas, http : / / tuu-rtn.ftickr. corn/ photos/ otiuiosaríkas/sets/ 72 1 5 760039 6 80642 6/

Auronr¡¡NEN UND Auronp¡l

Bierl, Anton, (1960), ist seit 2002 Ordinarius fùr griechische Philo-logie an der Universität Basel sowie Mitherausgeber und Co-

Direktor des Basler Homer-Kommentars. Er hat zahlreiche Bùcherund Aufsätze, insbesondere zum Drama und seiner Rezeption sowie

zur Interdependenz von Literatur und Religion, unter kulturwissen-schaftlichen und literaturtheoretischen Fragestellungen veröffent-licht. Er dient derzeit a1s Senior Feilow am Center for Helienic Stu-díes in \üashington DC. Zudern ist er Begründer und Herausgeber

der neuen P.eilne MgthosEikonPoiesis.

Blättler, Andyr (1970), ist Doktorand des Pro*Doc-Graduiertenpro-gramms Intermediøle Astlætik. Spiel-Ritual-Performanz der Universi-täten Basel und Bern in der Medienwissenschaft. Der Arbeitstitelseiner Dissertation lautet ,,Risse im Zeitgefuge: Performative Insze-

niemngen in den Installationen von Dieter Roth, Jeff Wall undHeath Bunting".

Böhler, Arno, (1963), ist Philosoph und Filmemacher (GRENZ-fiIm),

Dozent für Philosophie an der Universität Wien sowie Projektleiterdes FV/F Forschungsprojekts Medialitcit und Zeitlichkeit perþrmati-uer Sprecløkie. Tert - Körper - Ereignis. Er gehört dem Board des

Nietzsche Circle New York an. Gemeinsam mit Susanne Gtanzergründete er L997 die wiener kulturwerkstätte GRENZ-film. ArnoBöhler ist zusammen mit Susanne Granzer Herausgeber zahlreicherDVD-Bùcher in der Reihe Philosophie im Bild sowie der Doppel-DVDPhilosophg On Støge, die im Zusammenhang mit dem FWF-For-schungsprojekt Performanz entstanden ist.

Bosse, Claudia, (1969), ist Theaterschaffende und Gründungsmit-glied der Gruppe theatercombinat, die Ende 1996 in Berlin gegrün-det wurde. 1999 L.a.t sich die Gruppe in Wien neu formiert. Seit zwei

Jahren arbeitet sie an dem Projekt tragödienprodttzenten, einertheatraien Serie, in der sie historische ,,theatermodelle + text-architekturen als materia,l zur untersuchung der gegenwart" nimmt.Die hierfur ausgewählten Texte sind Aischylos' Perser, Shake-speares und Racines Phcidra.

Theater des ments

Finter, Helga, ist seit 1991 Professorin für Theorie, Asthetik undGeschichte des Theaters am Institut für Angewandte Theaterwis-senschaft der Justus-Liebig Universität Giessen. Schwerpunkte ih-rer Forschung sind die li,sthetik der Stimme, die Theatralitä.t post-dramatischer Texte sowie das Verhältnis von Theater und Medien.Sie hat Bücher zum italienischen Futurismus, zu den Theateruto-pien Mallarmés, Jarrys, Roussels und Artauds veröffentiicht undSammelbånde zum lVerk Batailles und zum Verhältnis des Theaterszu den anderen Kúnsten herausgegeben.

tr'usíllo, Massimo, (1959), ist Professor für Literaturkritik sowie All-gemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universitàdellâquila, Italien. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der An-tike und deren Rezeption in der zeitgenõssischen Kultur, im Film,im Theater und in der Literatur. Massimo Fusillo ist Vizepråsidentder italienischen Associazione per gli studi di teoria e storia compa_rata de77a letteratura. Er ist Beiratsmitglied der Fondo pier paoloPasolini, des Europiüschen Verbands fùr Vergleichende Literatur-wissenschaft und gehört dem Herausgebergremium der Zeitschrif-ten KLEOS und Contemporanea. aÍ'r.

Gtanzer, Susenne, hat seit 1988 einen Lehrstuhl fur Rollenge-staltung am Max Reinhardt Seminar der Universität für Musik unddarstellende Kunst Wien inne. Sie hat selbst am Max Reinhard Se_minar eine Ausbildung zur Schauspielerin absolviert und war an_schließend 15 Jahre lang an verschiedenen Staatstheatern in Wien,Basel, Dusseidorf, Frankfurt a. M. und Berlin engagiert. Währenddes Engagements in Frankfurt a. M. nahm sie das Studium der phi_losophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität auf und hat1995 an der Universität Wien promoviert,

Hess-Lättich, Ernest W. 8., (1949), ist seit t992 Ordinarius fürangewandte Linguistik und Kommunikationswissenschaft an deruniversität Bern. seit 2oo7 ist er Extraordinarius an der universityof Stellenbosch, Sùdafrika. Er wal Gastprofessor an zahlreichenUniversitâten in Europa und in Asien, Nord- und Sùdamerika sowiein Nord- und Südafrika. Er war Vizepråsident der International As_sociation of Dialogue Analysis, der Association for InterculturalGerman studies sowie der Deutschen Geseilschaft für AngewandteLinguistik und ist zuîzeit Präsident der Association for InterculturalGerman studies. sein Hauptforschungsinteresse liegt im Bereichder Diskursanalyse. Ernest Hess-Lüttich ist Autor und Herausgebervon 4O Büchern und 260 Artikeln.

Autorinnen und Autoren

Lehmann, Hans-Thies, (L944), ist Professor für Theaterwissen-schaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M.Nach dem Studium der Germanistik und Philosophie war er wis-senschaftlicher Assistent am Seminar ñrr Ailgemeine und Verglei-chende Literaturwissenschaft in Berlin, wo er auch promovierte. Esfolgten Lehrauftråge frir A.sthetik an der Hochschule der KunsteBerlin und Gastprofessuren für Germanistik und Vergleichende Li-teraturwissenschaft an der Universität Amsterdam. Als Hochschul-assistent am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft der Uni-versitåt Gießen baute er mit Prof. Andrzej Wirth diesen praxisbezo-genen Studiengang aus. Nach der Habilitation 1988 war er als Uni-versitâ.tsprofessor für Theaterwissenschaft an der Johann WolfgangGoethe-Universität Frankfurt a. M. führend am Aufbau des Haupt-fach-Studien gangs Theater-, FiIm- und Medienu.tissenschafi. beteiligt.2002 grúndete er ebendort den Aufbaustudiengang Dramaturgie.

Meneghetti, Chrlstoph, (1980), ist Doktorand des Pro*Doc-Gradu-iertenprogram lns Intennediale .li,sthetik. Spiet-Rituat-P erþnnan-z derUniversitäten Basel und Bern in der TheaterwissenschaJt. Der Ar-beitstitel seiner Dissertation lautet ,,Das Scheitern der Medien imTheater" und beschåftigt sich mit einer negativen Medientheorie desTheaters.

Müller-Schöll, Nikolaus, (1964), ist Professor für neuere deutscheLiteratur mit dem Schwerpunkt Theaterforschung an der Universi-tät Hamburg. Er war wissenschaftlicher Assistent am Institut fürTheaterwissenschaft der Ruhruniversitât Bochum, wo er 2007 habi-litierte. Er studierte Literatur- und Theaterw"issenschaft in Ham-burg, Avignon, Frankfurt a. M. und an der Johns Hopkins Universi-ty in Baltimore. Zwischen 1996 und 2000 war er Lektor an der Eco-1e Normale Supérieure in Paris. 2OOO-2OO2 war er rvissenschaftli-cher Koordinator des Graduiertenkollegs Zeiterfahrung und ästheti-sche Wøhmehrrutng in Frankfurt a. M., bevor er 2OO2-2OO3 Stipen-diat der Maison des Sciences de l?Iomme, Paris, wurde.

Nagy, Gregory, wurde L984 zruLr:r Francis Jones Professor fúr klas-sische griechische Literatur und zum Professor fùr vergleichende Li-teraturwissenschaft an der Harvard University, USA, ernannt. Zu-dem ist er seit 2002 Direktor des Center for Hellenic Studies in\Ã/ashington DC. Er gehört zu den weltweit fùhrenden Autoritätenauf dem Gebiet der Homerforschung. Gregory Nagi erhielt zahlrei-che Auszeichnungen, darunter ein Guggenheim Fellowship sowieden Goodwin Award of Merit of the American Philological Associa-tion fùr sein Buch The Best of the Aclneans aus dem Jahr 1979.

Autorinnen und Autoren

Primavesi, Patrick, (i965), ist Professor fûr Gegenwartstheaterund Theatergeschíchte an der Universitä.t Leipzig, Er hat sein Stu-dium der Theater- und Literaturwissenschaft in Berlin, Gießen undFrankfurt a. M. absolviert. Seine Promotion erfoigte 1996 mit einertheater- und literaturwissenschaftlichen Arbeit ùber Walter Benja-min. Patrick Primavesi war Stipendiat am Graduíertenkolleg Theaterals Parødigma der Modeme der Universitâ.t Mainz und postdokto-rand mit Koordinatorentåtigkeit am Frankfurter GraduiertenkollegZeiterfahrung und ö.sthetische Wahrnehmung. Seit 2OO2 ist eÍ, zu-sammen mit Prof. Dr. Hans-Thies Lehmann, an Aufbau und Leitungdes Masterstudiengangs Dramaturgie im Rahmen der HessischenTheaterakademie beteiligt. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen aufdem Werk von Walter Benjamin, Bertolt Brecht und Heiner Mùllersowie beim Theater der Gegenwart (Theorie und Inszenierungsana-þe) und dem Drama und Theater um 1800.

Roselt, Jens, (1968), ist Professor fur Tfreorie und praxis des Thea_ters an der Universitåt Hüdesheim. Er studierte von 1989 bis 1994Angewandte Theaterwissenschaft an der Justus-Liebig-Universitätin Gießen, wo er 1998 promoviert hat. Zwischen 1995 und l99gwar er Stipendiat am Graduiertenkolieg Theater als paradigma d"erModerne der Universität Mainz. Zwischen 1999 und 2O0g war erwissenschaftiicher Mitarbeiter im SFB 447 Kulturen des performati_uen an der Freien Universität Berlin, wo er sich habilitierte. Nebenseiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist Jens Roselt auch als Autortättig. 1996 erhielt er den Gerha¡t-Hauptmann-Förderpreis der Frei_en Volksbùhne Berlin. 2000/2001 wâr Hausautor'am StaatstheaterStuttgart. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Asthe_tik des zeitgenössischen Theaters und der pe¡formancekunst,Schauspieitheorie, Theorie und Methode der Auffuhrungsanalysesowie Performativität im Theater.

Schuster, Clemens Maria, (7977), ist Doktorand des pro*Doc-Gra-duiertenprogramms Intermedíale Asthetik. Spiet-Rituat-perþrmanzder Universitåten Basel und Bern in der Klassischen philolo_gie/Gräzistik. Der Arbeitstitel seiner Dissertation lautet,,Eine inter_diskursive und intermediale Ästhetik der Alten Komödie desAristophanes".

Siegmund, Gerald, (1963), ist professor fùr Tanzr¡¡issenschaft mitdem Schwerpunkt Choreographie und performarì.ce an der Justus_Liebig-universitá.t Gießen. Er studierte Theaterwissenschaft, Anglis-tik und Romanistik und promovierte 1994 an der Johann WotfgangGoethe-Universität in Frankfurt a. M. Zwischen 1996 und 199g warer Post-Doktorand am Graduiertenkolleg pragmatisierung und. Ent_

Theater des Fragments

Pragmatisierung der Eberhard-Karls-Universität T\rbingen, danachbis 2OO5 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fùr AngewandteTheaterwissensehaft an der Justus-Liebig-Universität in Gießen, woer sich auch habiiitierte. 2005-2008 war er Assistenzprofessor amInstitut für Theaterwissenschaft in Bern. Gerald Siegmund arbeiteteiange für verschiedene Zeit:ungen und Zeitschriften als Journalistund Kritiker, vor allem im Bereich Tanz. Seine Schwerpunkte sinddas Gegenwartstheater und der zeitgenössische lanz, Theatertheo-rien, Performance, Intermedialitåt und die vieifältigen Grenzbereichedes Theaters At den anderen Künsten.