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AUFSÄTZE UND BERICHTE Jörg Hagenah / Heiner Meulemann Unterschichtfernsehen? Integration und Differenzierung von bildungsspezifischen Teilpublika Wie hat sich die Einführung des dualen Rundfunks 1984 1 – also die Zulassung von pri- vaten Programmanbietern neben den etablierten öffentlich-rechtlichen Fernsehsen- dern – auf die Mediennutzung ausgewirkt? Ist, wie Nolte (2001) behauptet, mit der Etablierung von RTL und Sat.1 ein spezielles »Unterschichtfernsehen« entstanden? Und wenn ja, sind die öffentlich-rechtlichen Sender spiegelbildlich zum »Oberschicht- fernsehen« mutiert oder »das« Normalfernsehen geblieben? Hinter dem Schlagwort vom »Unterschichtfernsehen« steht die Forschungsfrage nach der Differenzierung von Teilpublika durch die Änderung der Medienorganisation; sie ist nicht so leicht beant- wortet, wie das Schlagwort sich verbreitet und selbstverständliche Realitäten schafft. Wir zeigen im Folgenden, wie sie beantwortet werden kann, und geben – für die Schichtungsdimension »Bildung« – eine erste Antwort. Wir wählen die Bildung, weil sie sowohl als Handlungsressource wie als Lebensorientierung die einflussreichste Sta- tusdimension 2 ist (vgl. jüngst Hajdar/Becker 2006). Dazu werden wir in Abschnitt 1 unsere Untersuchung im Rahmen der bisherigen Untersuchungsansätze und Untersu- chungsdaten zur Entwicklung des dualen Rundfunks einordnen und in Abschnitt 2 die Entwicklung der Fernsehnutzung global wie senderspezifisch in Abhängigkeit von »Bil- dung« nachzeichnen. Publizistik, Heft 2, Juni 2007, 52. Jahrgang, S. 154–173 Dr. Jörg Hagenah ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an der Universität zu Köln sowie Ge- schäftsführer des Medienwissenschaftlichen Lehr- und Forschungszentrums (MLFZ). Prof. Dr. Heiner Meulemann ist geschäftsführender Direktor des Forschungsinstituts für Soziologie der Universität zu Köln und Direktor des MLFZ. 1 Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung des dualen Rundfunks wurden ab Mitte der 1980er Jahre gelegt: Von 1984 bis 1989 wurde in den Bundesländern der private Rundfunk durch neue »Landesmediengesetze« legalisiert, und 1987 trat der »Staatsvertrag zur Neuordnung des Rund- funkwesens« in Kraft (vgl. Diller 1999: 164). 2 Bei den »AGF/GfK-Fernsehdaten« wird zudem der Berufsstand ausgewiesen. Informationen zu weite- ren wichtigen Schichtungsdimensionen wie Einkommen oder Berufsstatus sind nicht verfügbar.

Unterschichtfernsehen? Integration und Differenzierung von bildungsspezifischen Teilpublika

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AUFSÄTZE UND BERICHTE

Jörg Hagenah / Heiner Meulemann

Unterschichtfernsehen? Integration und Differenzierung vonbildungsspezifischen Teilpublika

Wie hat sich die Einführung des dualen Rundfunks 19841 – also die Zulassung von pri-vaten Programmanbietern neben den etablierten öffentlich-rechtlichen Fernsehsen-dern – auf die Mediennutzung ausgewirkt? Ist, wie Nolte (2001) behauptet, mit derEtablierung von RTL und Sat.1 ein spezielles »Unterschichtfernsehen« entstanden?Und wenn ja, sind die öffentlich-rechtlichen Sender spiegelbildlich zum »Oberschicht-fernsehen« mutiert oder »das« Normalfernsehen geblieben? Hinter dem Schlagwortvom »Unterschichtfernsehen« steht die Forschungsfrage nach der Differenzierung vonTeilpublika durch die Änderung der Medienorganisation; sie ist nicht so leicht beant-wortet, wie das Schlagwort sich verbreitet und selbstverständliche Realitäten schafft.Wir zeigen im Folgenden, wie sie beantwortet werden kann, und geben – für dieSchichtungsdimension »Bildung« – eine erste Antwort. Wir wählen die Bildung, weilsie sowohl als Handlungsressource wie als Lebensorientierung die einflussreichste Sta-tusdimension2 ist (vgl. jüngst Hajdar/Becker 2006). Dazu werden wir in Abschnitt 1unsere Untersuchung im Rahmen der bisherigen Untersuchungsansätze und Untersu-chungsdaten zur Entwicklung des dualen Rundfunks einordnen und in Abschnitt 2 dieEntwicklung der Fernsehnutzung global wie senderspezifisch in Abhängigkeit von »Bil-dung« nachzeichnen.

Publizistik, Heft 2, Juni 2007, 52. Jahrgang, S. 154–173

Dr. Jörg Hagenah ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent an der Universität zu Köln sowie Ge-schäftsführer des Medienwissenschaftlichen Lehr- und Forschungszentrums (MLFZ).Prof. Dr. Heiner Meulemann ist geschäftsführender Direktor des Forschungsinstituts für Soziologieder Universität zu Köln und Direktor des MLFZ.

1 Die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung des dualen Rundfunks wurden ab Mitte der1980er Jahre gelegt: Von 1984 bis 1989 wurde in den Bundesländern der private Rundfunk durchneue »Landesmediengesetze« legalisiert, und 1987 trat der »Staatsvertrag zur Neuordnung des Rund-funkwesens« in Kraft (vgl. Diller 1999: 164).

2 Bei den »AGF/GfK-Fernsehdaten« wird zudem der Berufsstand ausgewiesen. Informationen zu weite-ren wichtigen Schichtungsdimensionen wie Einkommen oder Berufsstatus sind nicht verfügbar.

1 UNTERSUCHUNGEN ZUR ENTWICKLUNG DES DUALEN RUNDFUNKS

1.1 Untersuchungsansatz und Hypothesen

Untersuchungen zum dualen Rundfunk lassen sich in zwei Richtungen einteilen. Kom-munikatorzentrierte Ansätze verfolgen die Entwicklung der Kommunikate, also des An-gebots an Programmen oder Sendeformen; rezipientenorientierte Ansätze stellen dieEntwicklung der Nachfrage, also die Mediennutzung, in den Mittelpunkt. Methodischwird das Angebot durch Inhaltsanalysen, die Nachfrage durch Befragungen – oderdurch telemetrische Verfahren – ermittelt.

Im Rahmen der bisher dominierenden kommunikatorzentrierten Ansätze wurde dieMarginalisierungshypothese der Konvergenzhypothese gegenübergestellt. Die Margi-nalisierungshypothese sagt, dass die öffentlich-rechtlichen Sender in den unteren Schich-ten Zuschauer an die privaten Sender verlieren (vgl. Krüger 1992).3 Außerdem könn-ten die öffentlich-rechtlichen Sender bei sinkenden Zuschauerzahlen gegenüber denGebührenzahlern in eine Legitimierungskrise geraten (vgl. Kleinsteuber/Wiesner/Wil-ke 1991). Die Konvergenzhypothese4 sagt, dass die öffentlich-rechtlichen Fernsehsen-der5 dazu tendieren, die ihnen aufgetragenen Programmverpflichtungen zu vernachläs-sigen, indem sie massenattraktiven Programmen einen immer größeren Anteil am Pro-grammangebot einräumen (vgl. Brosius/Zubayr 1996: 186), und dass die privaten Sen-der den Bereich der Informationssendungen ausgebaut haben, um auch in dieser Pro-grammkategorie Marktanteile zu gewinnen (vgl. Saxer 1980; Schatz/Immer/Marcin-kowski 1989).

Zahlreiche inhaltsanalytische Untersuchungen prüfen die beiden Hypothesen6 (vgl.Maier 2002: 83; Brosius/Zubayr 1996). Allerdings sind die Ergebnisse widersprüch-lich. Einerseits vergleicht Krüger seit 1985 jährlich (vgl. zuletzt Krüger 2005b; zusam-menfassend Krüger 1992, 2001; vgl. Krüger/Zapf-Schramm 2002) Sparten, Sendungs-formen und Inhalte7 öffentlich-rechtlicher und privater Sender und stellt regelmäßigauf allen drei Ebenen deutliche Unterschiede zwischen beiden Sendergruppen fest, diegegen die Konvergenzhypothese sprechen (ähnliche Ergebnisse: vgl. Trebbe/Weiß1994: 175; Weiß 1999; Meier 2003). Andererseits werden vielfach Anpassungstenden-

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3 Es gibt nach Kleinsteuber und Wiesner (1992) auch eine pessimistischere Perspektive der Hypothese:Danach zielt die Strategie der privaten Sender auf eine Ausschaltung der öffentlich-rechtlichen Senderz. B. durch den Aufkauf von attraktiven Programmrechten (Filme, Sport) und -formaten; verbundenmit einer Selbstdarstellung als Garant von Innovation und Freiheit könne dies zu einer subtilenDemoralisierung von Gebührenzahlern führen.

4 Nach Krüger (1998: 154) gibt es sechs Varianten der Distanzveränderungen zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern; aber lediglich im Fall einer beiderseitigen Annäherung könne manim engeren Sinne von Konvergenz sprechen. Eine weiter ausgelegte Konvergenzdefinition benutztMerten (1996), der eine einseitige Annäherung als hinreichend erachtet.

5 Nach Merten (1994) befindet sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einem Dilemma: Sendet erverstärkt massenattraktive Programme, setzt er sich dem Vorwurf der Konvergenz aus. Sendet er ent-sprechend dem Gebot der Grundversorgung ein breites Spektrum an weniger attraktiven Program-men, wird er marginalisiert und kommt in Legitimitätsschwierigkeiten, z. B. was die Gebührenbetrifft.

6 Die Untersuchungen beziehen sich meist auf das Fernsehen, seltener auf das Radio (vgl. Marchal2004: 704ff.).

7 Seit Januar 2005 werden vom InfoMonitor die zentralen Hauptnachrichtensendungen von ARD,ZDF, RTL und Sat.1 täglich per Inhaltsanalyse untersucht (vgl. Krüger 2005a: 302).

zen sowohl bei öffentlich-rechtlichen wie privaten Sendern erkannt, und zwar in derProgrammstruktur (vgl. u. a. Faul 1988, 1989; Schatz/Immer/Marcinkowski 1989;Donsbach/Dupré 1995; Hallermann u. a. 1998; Sutor 1999; Rossmann/Brandl/Bro-sius 2003), bei Nachrichtensendungen (vgl. Kaase 1989; Pfetsch 1991; Greger 1998;Goertz 1996) und bei der Sportberichterstattung (vgl. Scholz 1993). Merten (1996:169; vgl. 1994) beschreibt eine dreifache Konvergenz der öffentlich-rechtlichen zu denprivaten Programmen: temporal als Verschiebung der Sendeplätze, sachlich als Vergrö-ßerung/Reduktion von massenattraktiven/nicht-massenattraktiven Spartenanteilenund sozial als Veränderung der Nutzungschance des Rezipienten. Diese Untersuchun-gen wurden kritisiert, weil sie keine Aussagen über soziale Unterschiede der Nutzungerlauben, so dass gefordert wurde, die Rezipientenforschung stärker in die Konvergenz-diskussion einzubringen (vgl. Marcinkowski 1991: 59).

Im Rahmen der seltener bearbeiteten rezipientenorientierten Ansätze (vgl. Wutz/Bro-sius/Fahr 2004: 152; Theis-Berglmair 2002) geht es um die Frage, ob die Publika füröffentlich-rechtliche und private Sender8 sich nach sozialen Hintergrundsmerkmalendifferenzieren oder relativ ähnlich bleiben. Analog zu »Marginalisierungs- vs. Konver-genzhypothese« werden wir diese Alternative als »Differenzierungs- vs. Integrationshy-pothese« bezeichnen. Allerdings ist die Alternative der Nutzung bisher noch wenigerschlüssig beantwortet worden als die Alternative des Angebots. Auf der einen Seite lässtsich im Sinne der Differenzierungshypothese feststellen, dass die Vorliebe für öffent-lich-rechtliche oder für private Programme ein für die Unterscheidung von Zuschauer-gruppen aussagekräftiges Merkmal ist (vgl. Hasebrink/Krotz 1996: 365; Scherer 1994).Außerdem unterscheiden sich die von Rezipienten wahrgenommenen Images der bei-den Programmgruppen: Öffentlich-rechtliche Sender bieten ein eher intellektuell an-spruchsvolles und private Sender ein eher emotional unterhaltendes Programm (vgl.Berg/Ridder 2002: 94ff.; Berg/Kiefer 1992: 282). Daher nutzen Ältere aufgrund vonInformationsbedürfnissen eher öffentlich-rechtliche Sender und Jüngere aufgrund vonUnterhaltungsbedürfnissen eher private Sender (vgl. Ridder/Engel 2005: 434f.; Be-rens/Kiefer/Meder 1997: 90). Auf der anderen Seite zeigt sich, dass die meisten Zu-schauer sowohl öffentlich-rechtliche als auch private Programme nutzen und somit ein»duales Nutzungsverhalten« (vgl. Karnowski 2003; Hasebrink/Krotz 1996: 365; Wil-ke/Geppert 1996; Weiß 1990) im Sinne der Integrationshypothese aufweisen. DieseUntersuchungen wurden kritisiert, weil sie bis auf Karnowski (2003) nicht den Prozessder Differenzierung oder Integration der Rezeption erfassen; dazu seien Langzeit-Un-tersuchungen als »kontinuierlich begleitende rezipientenorientierte Konvergenzfor-schung« nötig (Wutz/Brosius/Fahr 2004: 157; 168; vgl. Maier 2002).

1.2 Datenquelle

Wir wollen die Differenzierungs- und die Integrationshypothese mit Hilfe der im Auf-trag der Arbeitsgemeinschaft Fernsehen (AGF) von der Gesellschaft für Konsumfor-schung (GfK) telemetrisch in einem Panel erhobenen AGF/GfK-Daten untersuchen.

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8 Die jüngsten Arbeiten unter dem Namen Konvergenz vergleichen weniger öffentlich-rechtliche undprivate Sender als die Nutzung unterschiedlicher Medienarten wie Fernsehen, PC und Internet (vgl.Plake 2004: 359; Hasebrink 2004: 67ff.; Trepte/Baumann 2004: 173ff.; Theunert 2002: 249ff.;Eckstein 2001: 30f.).

Auftraggeber, Erhebungsinstitut, Erhebungstechniken und Stichprobengröße diesesDatensatzes sind in Tabelle 1 dargestellt.

Wie die ersten drei Spalten der Tabelle ausweisen, wurden seit 1963 drei unterschied-liche Messinstrumente eingesetzt. Von 1963 bis 1974 hat Infratam im Auftrag derARD und des neu gegründeten ZDF mit Hilfe des »Tammeters« die Programmwahl amFernseher pro Minute in ca. 700 Gebührenzahler-Haushalten gemessen. Von 1975 bis1984 hat Teleskopie das »People Meter« mit sekundengenauen Programm- und Perso-nentasten eingesetzt; auf diese Weise konnten nun auch repräsentative Personendatenaus dem mit bis zu 1650 Haushalten und 4000 Personen besetzten Panel gezogen wer-den. Seit 1985 untersucht die GfK das Zuschauerverhalten. Auftraggeber ist die 1988gegründete Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF). Von 1985 bis 1994 wurdedie Fernsehnutzung mit Hilfe eines elektronischen Messgerätes im 30-Sekunden-Taktgemessen, seit 1995 gibt es ein sekundengenaues Tuner-Meter (Telecontrol XL bzw.

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Erhebungen der telemetrischen Fernsehzuschauerforschung ab 1963 Tabelle 1

Jahre Auftraggeber Erhebungs-institut

Messinstrument Panelgröße: Haushalte(HH)/Personen (P)

1963bis1974

ARD/ZDF Infratam(A. C. Nielsen/Attwood)

Tammeter: Mechani-sche Registrierungder Programmwahlam Fernseher (proMinute)

1963+: 625 Gebüh-renzahler-HH1969+: 825 Gebüh-renzahler-HH

1975bis1984

ARD/ZDF Teleskopie(infas/Allensbach)

»People Meter«: Tu-ner mit sekundenge-nauen Programm-und Personentasten

1975+: 1200 HH1979: 1500 HH1980+: 1650 HH1980+: ca. 4000 P

Seit1985

ARD/ZDFSeit 1988: Arbeits-gemeinschaft Fern-sehforschung (AGF):Anfangs mit ARD,ZDF, RTL; SAT.1Stand 2005: vierAGF-Gesellschafter(sog. Senderfami-lien: ARD-; ZDF-;RTL- und ProSie-benSAT.1-Familie)und weitereLizenzsender

Gesellschaft fürKonsum- undAbsatzforschung(GfK)

Seit 1985: Elektroni-sches Messgerät ausder Schweiz: Nut-zungsvorgänge im30-SekundentaktSeit 1995: Sekunden-genaues Tuner-Meter:Telecontrol XL bzw.GfK-Meter + Fernbe-dienung mit Perso-nentasten;Seit 2003: Messungder digitalen DVB-T-Nutzung mit spe-zieller Set-Top-Box inspezifischen HH

1985+: 2380 HH1993+: Zusätzlich1100 ostdeutsche P1995+: 4400 HH/ca. 8000 P1996+: 4760 HH/ca. 9000 P1997+: 5200 HH/ca. 10000 P2001+: 5640 HH/ca. 13000 P

Quellen: GfK (2005); Buß/Darschin (2004); Müller (2004, 2000); Karnowski (2003).Anmerkung: In den genannten Quellen wurden die Panelgrößen nicht für jedes Jahr genannt. Vermut-lich beziehen sich die Haushalts- und Personenzahlen aber auf die relevanten Umbruchsjahre und sindin den dazwischen liegenden Jahren konstant geblieben.

GfK-Meter), das mit Hilfe einer Fernbedienung mit Personentasten bedient und bei je-dem Fernseher des Haushalts eingesetzt wird. Wie die letzte Spalte der Tabelle zeigt,steigt die Stichprobengröße für Haushalte wie für Personen zwischen 1963 und 2002kontinuierlich, aber nicht regelmäßig an.

Wie alle Panelerhebungen ist der AGF/GfK-Paneldatensatz mit Problemen der Re-präsentativität bzw. Panel-Mortalität (vgl. Diekmann 2004: 271f.) behaftet. Die AGFversucht das Problem zu mindern, indem auf Basis der Erhebungskennziffern der Me-dia-Analysen die kleiner gewordenen Zellen mit neu zu rekrutierenden Personen oderHaushalten aufgefüllt werden. Auf diese Weise repräsentiert die Stichprobe zwar dieGrundgesamtheit für das aktuelle Erhebungsjahr, aber die Längschnittqualität des Pa-nels wird gemindert. Wie die Untersuchung von Karnowski (2003: 66) zeigte, warenvon den etwa 8.000 Panelpersonen des Jahres 1994 nur noch etwa 850 Personen in derim Jahr 2001 immerhin 11.000 Personen9 umfassenden Stichprobe enthalten. Wennman also AGF/GfK-Daten über einen längeren Zeitraum betrachtet, können Sekun-däranalysen nur zu einem sehr geringen Anteil eine Veränderungsdynamik auf der indi-viduellen Ebene nachzeichnen. Zum größten Teil erlauben sie – bei einer Berücksichti-gung der vollen Stichproben – lediglich Trendanalysen.

Daher wird sich auch unsere Analyse auf publizierte Kennziffern und die mit demStandardauswertungsprogramm pc#tv ausgegebenen Aggregatdaten konzentrieren. ImFolgenden stellen wir zunächst die Nutzung der Sender insgesamt und die Entwicklungdes dualen Fernsehmarkts dar, um im Hauptabschnitt die Entwicklung für Bildungs-gruppen zu verfolgen.

1.3 Entwicklung der Nutzung der Sender insgesamt

Die Veränderungen der Sehdauer von 1953 bis 2004 und der Hördauer von 1968 bis2005 sind in Abbildung 1 dargestellt.10 Die Entwicklung der Sehdauer lässt sich grobin drei Phasen einteilen: Einem Anstieg zwischen 1953 und 1960 folgt eine Stagnation,dann ab 1985 ein erneuter Anstieg bis 2000.11 Die Entwicklung der Hördauer lässt sichebenfalls in drei Phasen einteilen: Einem ersten Anstieg zwischen 1968 und 1978 folgteine Phase der Stagnation bis 1987 und ein erneuter Anstieg bis 2000. Offenbar hat dieEinführung des dualen Rundfunks die Nachfrage nach den beiden Rundfunkmedienwieder aufleben lassen – und zwar deutlich stärker als in der ersten Phase. Der Effektder Organisationsreform auf das Verhalten ist also größer als das Wachstum der bereitseingeführten Medien zuvor. Die Einführung des dualen Rundfunks ist ein wichtigerUmbruch, wenn nicht »der tiefste Einschnitt« (Wilke 1999: 23; vgl. Hasebrink 1997:264) in der Entwicklung der deutschen Medienlandschaft.

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9 Die Angaben weichen von den in Tabelle 1 beschrieben Kennziffern leicht ab; das liegt daran, dassKarnowski (2003) aus den Methodenberichten zitiert, die sich jeweils auf das zurückliegende Jahrbeziehen.

10 Alle Abbildungen und die dazugehörigen Tabellen stammen aus dem frei zugänglichen Homepage-Archiv des Medienwissenschaftlichen Lehr- und Forschungszentrums (MLFZ). Da wir Gesamtmarkt-entwicklungen im Blick haben, verzichten wir an dieser Stelle auf eine Differenzierung nach Ost- undWestdeutschland.

11 Nach Meulemann (2005) findet sich das gleiche Entwicklungsmuster in den Daten der Studie Mas-senkommunikation.

Betrachtet man die Entwicklung in der letzten Phase, also nach 1987, genauer, sosteigt die Sehdauer kontinuierlich an, während die Hördauer von 1968 bis 1992 an-steigt, bis 1998 stagniert, bis 2000 wieder ansteigt und bis 2004 leicht zurückgeht.12

Da aber der sprunghafte Anstieg im Jahr 2000 durch eine neue Erhebungsmethode13

bedingt ist, die sich allmählich einspielt, beschreibt wohl ein kontinuierlicher Anstiegzwischen 1998 und 2004 die Entwicklung am besten. Die Entwicklung der Nutzungs-

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Sehdauer von 1953 bis 2004 und Hördauer von 1968 bis 2005 pro Tag in Min. Abbildung 1

Quelle Sehdauer: 1953-1986: Oltmann 1993: 77; 1987-2004: AGF/GfK Fernsehforschung (MediaPerspektiven Basisdaten 1989: 72; 1994: 75f.; 2004: 70).Quelle Hördauer: Münchner Infratest-Institut 1968-1975/76; Teleskopie 1978/79-1981/82; GfK1983/84; Media Analyse ab 1986 (Franz/Klingler/Jäger 1991: 407; Klingler/Müller 2004: 413; 2005:469; Media Perspektiven Statistik 2004: 585; Media Perspektiven Basisdaten 2004: 79; 2003: 79;2000: 78).Anmerkungen: In ›Media Perspektiven‹ 6/1991 (Franz/Klingler/Jäger 1991: 406f.) wurden die Datenfür die Jahre 1978 und 1979, 1981 und 1982, 1983 und 1984 sowie 1989 und 1990 zusammen veröf-fentlicht.Für das Jahr 2005 lagen zu diesem Zeitpunkt noch keine GfK-Daten zur Sehdauer vor.

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12 Auch weitere Untersuchungen zeigen, dass in den 1990er Jahren der Zeitaufwand von Zuschauern fürdas Fernsehen deutlich angestiegen ist (vgl. Buß/Darschin 2004). Nach Darschin (1998) wuchs diedurchschnittliche Fernsehdauer von 147 Minuten im Jahr 1985 auf 190 Minuten im Jahr 1996; imJahre 2004 betrug die Sehdauer 225 Minuten (vgl. Zubayr/Gerhard 2005: 95). Zudem hat die Zahlder Vielseher zugenommen und ist überdurchschnittlich bei Älteren, niedrig Gebildeten und in klei-nen Haushalten gewachsen (vgl. Buß/Simon 1998: 143).

13 Nach Best/Hagenah (2006; vgl. Hagenah/Best 2005) lässt sich der Anstieg im Jahr 2000 mit der Um-stellung der Befragungsmethode von Face-To-Face zu CATI und der somit veränderten Stichproben-struktur erklären.

dauer beider Medien im dualen Rundfunk lässt sich also alles in allem als ein kontinu-ierlicher Anstieg interpretieren.

1.4 Entwicklung des dualen Rundfunkmarktes

Die privaten Fernsehsender wurden nach ihrer Einführung zunächst nur zögernd ge-nutzt, weil die Empfangstechnik – Kabelnetze, Satelliten, Satellitenschüsseln – nochnicht verbreitet war (vgl. Buß/Darschin 2004: 23).14 Als erste private Fernsehsenderbegannen RTL und Sat.115 Anfang 1984 ihre Sendungen im Kabel-Pilotprojekt Lud-wigshafen/Vorderpfalz auszustrahlen (vgl. Steinmetz 1999: 182). Ab 1989 setzte dieerste Expansionsphase bei den privaten Veranstaltern ein, als ProSieben und Tele 5 aufSendung gingen; 1992/93 begann die zweite Expansionsphase, als zum VollprogrammRTL II, fünf Spartensender und das Pay-TV Premiere hinzukamen (vgl. Noelle-Neu-mann 1997: 507). Laut AGF-Fernsehforschung (Zubayr/Gerhard 2005: 94) konntendie Zuschauer Ende 2004 aus durchschnittlich 47 Programmen auswählen.

In Abbildung 2 haben wir die Marktanteile der öffentlich-rechtlichen, der privatenund der »sonstigen« Fernsehsender seit Einführung des dualen Rundfunks dargestellt,gemessen als Anteil der Sehdauer des jeweiligen Senders an der gesamten Sehdauer inder AGF/GfK Fernsehforschung. Die »Sonstigen« umfassen im Jahre 2005 die privatenSender RTL II, kabel eins, 9Live, N24, VOX, n-tv und Super RTL sowie die öffent-lich-rechtlichen Sender 3sat, arte, Phoenix und Kinderkanal (KI.KA). Da von diesendie privaten Sender – insbesondere die beiden RTL-Sender – wohl die meiste Sehzeitfür sich beanspruchen, haben wir die »Sonstigen« insgesamt zu den privaten Senderngerechnet. In der Abbildung sind die öffentlich-rechtlichen Sender hell und die priva-ten und »sonstigen« Sender dunkel schattiert.

Während die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender 1985 den Markt mit 96,2 Prozentdominierten, hatten sie 1993 erstmalig mit 42,9 Prozent eine kleinere Sehbeteiligungals die drei erfolgreichsten Privaten RTL, Sat.1 und ProSieben mit zusammen 43 Pro-zent. Der Marktverlust der öffentlich-rechtlichen Sender ergibt sich aus dem gleicher-maßen schwindenden Anteil von ARD und ZDF. Aber die Dritten Programme derARD blieben vergleichsweise konstant.16 Von den privaten Sendern haben RTL, Sat.1und ProSieben gleichermaßen gewonnen; zeitversetzt brauchten sie jeweils ca. fünf Jah-

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14 1985 waren nur die 1,2 Millionen Kabelhaushalte und die Bewohner des Saarlandes in der Lage, dieneuen Privaten RTL plus und Sat.1 zu empfangen. In der zweiten Hälfte der 1980er stieg die Zahl derHaushalte mit Privatsenderempfang um ca. drei Millionen pro Jahr, so dass 1990 etwa 55% mit RTLoder Sat.1 versorgt waren. Seit 1995 kann man von einer Kabel- bzw. Satellitenschüssel-Vollversor-gung sprechen (vgl. Media Perspektiven Basisdaten 1995: 9).

15 Die anfänglichen Namen waren RTL plus und PKS (Programmgesellschaft für Kabel- und Satelliten-rundfunk). Die Erstausstrahlung war am 2.1.84 bzw. 1.1.1984. Nachfolgend werden für alle Sendernur die aktuellen Namen genannt.

16 Das hat drei Gründe: Erstens konnten sie ihr Kulturprogramm zugunsten von populäreren Unterhal-tungsformaten auf die neu entstandenen Spartensender 1Plus, 3Sat und arte »abladen« (siehe auchMerten 1996: 159-169). Zweitens können mit der Verbreitung der Empfangsmöglichkeiten durchKabel- und Satellitentechnik mittlerweile alle Dritten Programme bundesweit empfangen werden(vgl. Krüger/Zapf/Schramm 2000). Drittens fusionierten die dritten Programme einiger Länder, undneue Landesrundfunkanstalten (MDR, ORB bzw. später RBB) in den neuen Bundesländern wurdengegründet. Ein Teil des Erfolgs der Dritten Programmen hängt zudem mit der besonderen Beliebtheitim Osten zusammen: Während dort 29 Prozent ihr jeweiliges »Drittes« als Lieblingsprogrammbezeichnen, sind dies im Westen nur 17 Prozent (vgl. Recke 2005).

re, um an die Zehnprozentmarke heranzukommen. Seit 1994 halten sich die öffentlich-rechtlichen Sender stabil bei etwa 41 Prozent, während RTL, Sat.1 und ProSieben zuGunsten von anderen privaten Sendern Marktanteile verlieren. Seit 1994 bleiben dieAnteile von öffentlich-rechtlichen Sendern auf der einen Seite und von privaten Sen-dern auf der anderen Seite konstant. Wenn 1984 also der Zeitpunkt der Einführung desdualen Rundfunks ist, so ist 1994 der Zeitpunkt seiner Etablierung. Nach der Einfüh-rung der organisatorischen Neuerung verstrichen zehn Jahre, bis sich ein Gleichge-wicht der Marktanteile hergestellt hat, das länger bestehen kann.

2 ETABLIERUNG VON TV-TEILPUBLIKA: DIFFERENZIERUNGS- VS.INTEGRATIONSHYPOTHESE

Die Konkurrenz zwischen Sendern und Sendergruppen sollte zu einer sozialen Diffe-renzierung der Nachfrage und in der Folge zu einer Profilierung des Angebots führen,die wiederum die soziale Differenzierung der Nachfrage verschärft. Differenzierungund Profilierung bilden also eine Kausalkette, deren erster Anstoß und dessen End-punkt identifiziert werden müssen. Die privaten Sender müssen einmal von den Unter-schichten bevorzugt gewählt worden sein, bevor sie zum »Unterschichtfernsehen« wer-den konnten, so dass drei Phasen – Anstoß, Verlauf und Endpunkt – bestimmt werdenmüssen. Der Anstoß liegt hier also nicht in einer Veränderung der Verfassung des

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Marktanteile der wichtigsten öffentlich-rechtlichen und privatenFernsehprogramme von 1985 bis 2004 in %

Abbildung 2

Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung (Buß/Darschin 2004: 23; Zubayr/Gerhard: 2005: 97).Anmerkungen: Sonstige = überwiegend private Sender wie RTL II, kabel eins, VIVA oder Eurosport,aber auch öffentlich-rechtliche wie 3Sat oder Phoenix.

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Rundfunks, sondern im Entschluss privater Investoren. Die Etablierung von Teilpubli-ka wird im Folgenden zuerst in absoluten Zahlen, dann in relativen Anteilen darge-stellt.

2.1 Entwicklung in absoluter Dauer

Anders als die ›Media Perspektiven‹, die in ihren alljährlich erscheinenden Beiträgen»Tendenzen im Zuschauerverhalten« (z. B. Zubayr/Gerhard 2005) oder »Programman-gebote und Spartennutzung« (z. B. Gerhards/Klingler 2004) seit 1989 die senderspezi-fische Nutzung nicht mehr nach soziodemographischen Daten aufgliedern,17 weisendie den AGF-Mitgliedern zur Verfügung stehenden Datensätze18 auch nach 1987 so-ziodemographische Merkmale auf (vgl. Durant/Schäffner 2004). Abbildung 3 beruhtauf dieser Quelle und stellt die senderspezifische Sehdauer von »Abiturienten«, »Perso-nen mit mittlerer Reife« und »Hauptschülern« von 1988 bis 2004 dar.19

Bei den Abiturienten liegt im Jahre 1988 die Sehdauer für ARD und ZDF weit höherals für die Dritten Programme der ARD (ARD3) und die privaten Sender, ab 1994 –also zu dem Zeitpunkt, der oben (siehe Abbildung 2) als der Zeitpunkt der Etablierungdes dualen Rundfunks bezeichnet wurde – hat sich die Sehdauer aller Sender weitge-hend angenähert, und das bleibt so bis 2004. Die Rangfolge unter den Sendern aberbleibt konstant: Immer liegen die drei öffentlich-rechtlichen vor den drei privaten Sen-dern. Es findet sich also das gleiche Globalbild wie in der Gesamtgruppe (siehe Abbil-dung 2): Die Privaten gewinnen auf Kosten der beiden überregionalen öffentlich-recht-lichen Sender, während die Dritten Programme leicht zulegen. Anders als in der Ge-samtgruppe aber bleibt die Nutzung der öffentlich-rechtlichen höher als die der priva-ten Sender.

Bei Personen mit mittlerer Reife findet sich zwar das gleiche Globalbild der Entwick-lung wie bei Abiturienten, aber die Rangfolge verschiebt sich. Ab 1993 übernimmtRTL die Führung. Bis 2004 bleibt RTL vorne, gefolgt von den öffentlich-rechtlichenund schließlich von den übrigen privaten Sendern. Insgesamt haben 2004 die öffent-lich-rechtlichen mit 83 Minuten nur einen knappen Vorsprung vor den privatenSendern mit 76 Minuten.

Bei den Hauptschülern findet sich wiederum das gleiche Globalbild der Entwicklung,aber die Rangfolge verschiebt sich. Ab 1993 übernimmt RTL wiederum die Führung,ohne sie allerdings wie bei den Personen mit mittlerer Reife zu halten. Vielmehr liegenab 1997 RTL und die drei öffentlich-rechtlichen Sender gleichauf. Insgesamt haben

162 Jörg Hagenah / Heiner Meulemann

17 Nach der letzten Publikation solcher Daten in ›Media Perspektiven‹ 1/88 hatten 1987 öffentlich-rechtliche Sender bei den 14- bis 49-Jährigen eine Reichweite von 45 Prozent und 102 Minuten Seh-dauer, bei den über 50-Jährigen eine Nettoreichweite von 61 Prozent und 188 Minuten Sehdauer. Pri-vate Sender hatten bei den 14- bis 49-Jährigen eine Reichweite von 7 Prozent und 4 Minuten Seh-dauer, bei den über 50-Jährigen eine Reichweite von 5 Prozent und 4 Minuten Sehdauer.

18 Die gruppenspezifischen AGF/GfK-Fernsehdaten der Jahre 1988 bis 2004 wurden uns dankenswer-terweise von den Medienforschungsabteilungen des SWR, des WDR, SevenOne Media und von IPDeutschland – also von den Inhabern der Nutzungsrechte – zur Verfügung gestellt.

19 Die Gruppen werden nach ihrem höchsten Schulabschluss zusammengefasst. Als »Abiturienten« be-zeichnen wir Personen mit Abitur oder einem höheren Bildungsabschluss, als »Hauptschüler« Perso-nen mit Volks- bzw. Hauptschulabschluss.

Unterschichtfernsehen? 163

Senderspezifische Sehdauer von ARD, ZDF, ARD3, RTL, Sat.1 undProSieben pro Bildungsgruppe von 1988 bis 2004 pro Tag in Min.

Abbildung 3a-c

Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung, pc#tv, Fernsehpanel (D), BRD gesamt ab 1.1.2003, Erwachseneab 14 Jahre, Sehdauer in Minuten, ARD/ZDF/RTL/Sat.1/ ProSieben/ARD3.

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a. Abiturienten

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Sat.1RTLPRO7

ARD

ZDF

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2001

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2004

Seh

dau

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inM

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0

10

20

30

40

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b. Personen mit mittlerer Reife

ARDZDF

ARD3

Sat.1RTL

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RTL

ARDZDFARD3Sat.1

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c. Hauptschüler

ARD

ZDF

ARD3

Sat.1RTL

PRO7

ARDZDFARD3RTL

Sat.1

PRO7

2004 die öffentlich-rechtlichen mit 111 Minuten einen deutlichen Vorsprung vor denprivaten Sendern mit 76 Minuten, der fast so groß ist wie bei den Abiturienten.

In allen drei Bildungsgruppen findet sich also das gleiche Globalbild der Entwick-lung: Die privaten Sender etablieren sich bis 1993 auf Kosten der beiden großen öffent-lich-rechtlichen, und danach teilen sich alle Sender mit nicht weit auseinander liegen-den Anteilen und mit von Bildungsgruppe zu Bildungsgruppe leicht variierender Rang-folge den Markt. Aber die drei Bildungsgruppen unterscheiden sich deutlich durch dasNiveau der Sehdauer, das sich nach der Etablierung des dualen Rundfunks 1994 erge-ben hat. Das legt den Schluss nahe: Mit der Einführung und schließlich der Etablie-rung des dualen Rundfunks ist zwar die Nutzungsdauer des Fernsehens – wie bereitszuvor beschrieben – angestiegen. Aber die soziale Struktur der Nutzung hat sich nichtgeändert. Insbesondere hat sich – anders als man erwarten würde – kein spezifisches so-ziales Profil der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender ergeben. Statt einer diffe-renzierenden Wirkung hätte das Fernsehen gleich welcher rechtlichen Form also eineintegrierende Wirkung in der Bevölkerung. Zugespitzt formuliert: Alle sehen alles, da-mit alle mit allen über alles reden können.

Um nun zu prüfen, ob und in welchen Maße die Differenzierungs- oder die Integra-tionshypothese zutrifft, prozentuieren wir die Daten der Abbildung 3 in zwei Formen, sodass die Verteilung der Sehzeiten unabhängig von ihrer Dauer in Minuten sichtbarwird. Erstens prozentuieren wir die Sehzeit der verschiedenen Sender auf die Gesamt-sehzeit jeder Bildungsgruppe, so dass sich in der Zugangsperspektive die Neigung jederBildungsgruppe für jeden Sender ergibt. Zweitens prozentuieren wir die Nutzung derdrei Bildungsgruppen auf die Gesamtnutzung der einzelnen Sender, so dass sich in derRekrutierungsperspektive das Sozialprofil eines jeden Senders ergibt.

Wenn die Differenzierungshypothese zutrifft, wenn sich also mit der Etablierung desdualen Rundfunks die Publika für die einzelnen Sender nach der Bildung differenzie-ren, dann müsste sich Folgendes ergeben: In der Zugangsperspektive sollten sich dieAnteile der Sender in jeder Bildungsgruppe auch nach der Etablierung des dualen Rund-funks 1994 weiter auseinander entwickeln. Dies bedeutet, dass der Unterschied zwi-schen den Bildungsgruppen anwächst und die Korrelationen zwischen Bildung und derNutzung öffentlich-rechtlicher bzw. privater Sender steigen müssten. In der Rekrutie-rungsperspektive sollten die Anteile der Bildungsgruppen in jedem Sender von Anfang anvariieren und sich zwischen den Sendern stark unterscheiden. Im Zeitverlauf müsstesich für jeden Sender ein typischer Schwerpunkt der Rekrutierung herausbilden, sodass das Entropiemaß der Bildungsrekrutierung jedes Senders ansteigen sollte.

Wenn die Integrationshypothese zutrifft, wenn sich also mit der Etablierung des dualenRundfunks die Publika für die einzelnen Sender nicht nach der Bildung differenzieren,dann müsste sich Folgendes ergeben: In der Zugangsperspektive sollten die Anteile derSender in jeder Bildungsgruppe ab etwa 1994 konstant bleiben und sich zwischen denBildungsgruppen nicht stark unterscheiden. Es wäre demnach mit niedrigen und überdie Zeit gleich bleibenden Korrelationen zu rechnen. In der Rekrutierungsperspektivesollten die Anteile der Bildungsgruppen in jedem Sender von Anfang an konstant blei-ben und sich zwischen den Sendern nicht stark unterscheiden. Entsprechend wäre eingleich bleibendes Entropiemaß zu erwarten.

164 Jörg Hagenah / Heiner Meulemann

2.2 Zugangsperspektive

Die Zugangsperspektive ist in Abbildung 4 dargestellt. Tatsächlich zeigt sich, dass in je-der Bildungsgruppe die Anteile der Sender ab 1994 ungefähr konstant bleiben. 1994widmen die Abiturienten 49 Prozent ihrer Sehzeit den öffentlich-rechtlichen Sendern,die Personen mit mittlerer Reife 41 Prozent und die Hauptschüler 43 Prozent. 2004widmen die Abiturienten 48 Prozent ihrer Sehzeit den öffentlich-rechtlichen Sendern,die Personen mit mittlerer Reife 38 Prozent und die Hauptschüler 45 Prozent. Komple-mentär dazu ergeben sich die Anteilswerte für die privaten Sender. Wider Erwartensinkt die Neigung für die öffentlich-rechtlichen Sender also nicht monoton. Die Nei-gung der Abiturienten für die öffentlich-rechtlichen Sender ist 1994 8 bzw. 6 Prozent-punkte stärker als die der beiden niedrigeren Bildungsgruppen, 2004 10 bzw. 3 Pro-zentpunkte. So gesehen wird die Differenzierungshypothese bestätigt. Aber ebensokönnte man auch herausstellen, dass alle Bildungsgruppen beide Sendergruppen sehrhäufig sehen – die Abiturienten sogar zu gleichen Anteilen mit einer Tendenz zu denPrivaten und die weniger Gebildeten mit einem etwas größeren Anteil für das privateFernsehen. So gesehen wird die Integrationshypothese bestätigt.

Ebenso wie auf die beiden Sendergruppen kann die Zugangsperspektive auf einzelneSender angewandt werden. Wir gehen auf RTL ein, also auf den Sender, der am meistengewonnen und in den beiden unteren Bildungsgruppen mit dem am häufigsten gesehe-nen öffentlich-rechtlichen Sender gleichgezogen bzw. ihn überholt hat. 1994 widmendie Abiturienten 13 Prozent ihrer Sehzeit RTL, die Personen mit mittlerer Reife unddie Hauptschüler 18 Prozent. 2004 widmen die Abiturienten 11 Prozent ihrer SehzeitRTL, die Personen mit mittlerer Reife 15 Prozent und die Hauptschüler 14 Prozent.Die Neigung der Hauptschüler und der Personen mit mittlerer Reife für RTL ist also1994 beide Male 5 Prozentpunkte und 2004 3 bzw. 4 Prozentpunkte stärker als die derAbiturienten.

Aber wir bewegen uns im niedrigen Prozentbereich. Berechnet man statt der Diffe-renzen die Quotienten der Prozentwerte, so sehen 1994 die Hauptschüler und die Per-sonen mit mittlerer Reife 1,4mal soviel RTL wie die Abiturienten; 2004 sehen dieHauptschüler 1,3mal und die Personen mit mittlerer Reife 1,4mal soviel RTL wie dieAbiturienten. Wer diese Differenzen oder Quotienten beeindruckend findet, wird dieDifferenzierungshypothese bestätigt finden und RTL als »Unterschichtsender« bezeich-nen. Wer von der Ähnlichkeit der anteiligen Nutzungsdauer in den Bildungsgruppenbeeindruckt ist, wird die Integrationshypothese bestätigt finden.

Um den Zusammenhang zwischen der Bildung und der Nutzung öffentlich-rechtli-cher und privater Sender auf Basis der publizierten Aggregatkennziffern statistisch zuüberprüfen, haben wir für jedes Jahr von 1988 bis 2004 Korrelationen zwischen derNutzung öffentlich-rechtlicher bzw. privater Sender (prozentualer Sehanteil) und derZugehörigkeit zu einer der drei Bildungsgruppen berechnet. Da das verwendete MaßKendalls tau-b eine Ordinalskalierung verlangt (vgl. Benninghaus 1998: 245ff.) und esproblematisch erscheint, die Sender in eine Rangfolge zu bringen, beschränken sich dieAnalysen auf einen Vergleich zwischen den beiden Sendergruppen öffentlich-rechtlichvs. privat. Die Korrelationen variieren unsystematisch zwischen .01 und .04 und wider-sprechen somit der Differenzierungshypothese.

Unterschichtfernsehen? 165

166 Jörg Hagenah / Heiner Meulemann

Senderspezifische Sehanteile von ARD, ZDF, ARD3, RTL, Sat.1, ProSiebenund Sonstige pro Bildungsgruppe von 1988 bis 2004 pro Tag in Min.

Abbildung 4 a-c

Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung, pc#tv, Fernsehpanel (D), BRD gesamt ab 1.1.2003, Erwachseneab 14 Jahre, Sehdauer in Minuten, ARD/ZDF/RTL/Sat.1/ ProSieben/ARD3.

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2.3 Rekrutierungsperspektive

Die Rekrutierungsperspektive ist in Abbidung 5 für zwei der sechs Sender exemplarischdargestellt. Die drei öffentlich-rechtlichen Sender ARD, ZDF und ARD3 sowie die priva-ten Sender Sat.1 und RTL haben nur geringfügige Unterschiede der Rekrutierung, unddiese Verteilung ändert sich nicht. Als Beispiel geben wir die genauen Zahlen des ARD-Publikums,20 das sich 1988 zu 27 Prozent aus Abiturienten (2004: 29%), zu 30 Pro-zent aus Personen mit mittlerer Reife (2004: 30%) und zu 43 Prozent aus Hauptschü-lern (2004: 40%) rekrutiert. Allein ProSieben weicht leicht von diesem Muster ab. Des-sen Publikum rekrutiert sich 1988 zu 18 Prozent aus Abiturienten, zu 33 Prozent ausPersonen mit mittlerer Reife und zu 49 Prozent aus Hauptschülern (2002 zu 26%,41% und 33%). Die Anteile der Abiturienten und der Personen mit mittlerer Reifesteigen also um 8 Prozentpunkte, der Anteil der Hauptschüler geht um 16 Prozent-punkte zurück. ProSieben zeigt also – wenn man so will – eine schwache Bewegungvom »Unterschichtsender« zum »Oberschichtsender«. Insgesamt aber bleibt das Sozial-profil aller Sender mehr oder minder konstant.

Aber dieser Schluss ist voreilig. Denn gleichzeitig steigen auch die Anteile der Perso-nen mit mittlerer Reife und Abitur in der Bevölkerung auf Kosten der Hauptschüler an.Laut den Media-Analysen (MA) hatten 1988 in der Bevölkerung 13 Prozent das Abitur,26 Prozent die Mittlere Reife und 61 Prozent einen Hauptschulabschluss; 2004 warenes jeweils 16 Prozent, 35 Prozent und 49 Prozent. Vergleicht man dieses Profil mit demoben angegebenen Rekrutierungsprofil der ARD, so sieht man: Während die beidenoberen Bildungsgruppen in der Bevölkerung wachsen, halten die öffentlich-rechtlichenSender und die privaten Sender Sat.1 und ProSieben dort einen konstanten Anteil vonSehern. 1988 hatten in der Gesamtbevölkerung 61 Prozent einen Hauptschulab-schluss, aber nur 43 Prozent in der ARD-Seherschaft – so dass Hauptschüler in der

Unterschichtfernsehen? 167

20 Die dazugehörigen Tabellen sowie die Abbildungen mit Daten zu ZDF, ARD3, Sat.1 und RTL kön-nen bei den Autoren angefordert werden.

Senderspezifische Sehanteile von ARD und ProSieben von 1988 bis 2004pro Tag in Min.

Abbildung 5 a-b

Quelle: AGF/GfK Fernsehforschung, pc#tv, Fernsehpanel (D), BRD gesamt ab 1.1.2003, Erwachseneab 14 Jahre, Sehdauer in Minuten, ARD/ZDF/RTL/Sat.1/ ProSieben/ARD3.

a. ARD b. ProSieben

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Volks-/

HauptschuleVolks-/

Hauptschule

ARD-Seherschaft um 18 Prozentpunkte stark unterrepräsentiert waren. 2004 hingegenhatten in der Gesamtbevölkerung 49 Prozent einen Hauptschulabschluss und 40 Pro-zent der ARD-Seher – so dass Hauptschüler in der ARD-Seherschaft nur noch um 9Prozentpunkte unterrepräsentiert waren. Anders gesagt: Die öffentlich- rechtlichenSender, Sat.1 und RTL gewinnen einige Anhänger unter den Hauptschülern – und ver-lieren einige in den oberen Bildungsgruppen. So gesehen entwickeln sie sich zu »Unter-schichtsendern«. Entscheidend ist jedoch, dass sich die Profile der Sender dem Profilder Bildungsgruppen annähern. Die senderspezifischen Profile entwickeln sich nichtauseinander, sondern aufeinander zu. Das spricht mehr für die Integrations- als für dieDifferenzierungshypothese.

Für ProSieben ergibt der Vergleich Folgendes: 1988 hatten in der Gesamtbevölke-rung 61 Prozent einen Hauptschulabschluss, aber nur 49 Prozent in der ProSieben-Se-herschaft – so dass Hauptschüler in der ProSieben-Seherschaft um 12 Prozentpunkteunterrepräsentiert waren. 2004 hingegen hatten in der Gesamtbevölkerung 49 Prozenteinen Hauptschulabschluss und 33 Prozent der ProSieben-Seher – so dass Hauptschü-ler in der ProSieben-Seherschaft nun noch stärker, um 16 Prozentpunkte, unterreprä-sentiert waren. ProSieben verliert also Anhänger unter den Hauptschülern – und ge-winnt in den oberen Bildungsgruppen. So gesehen entwickelt sich ProSieben zu einem»Oberschichtsender« – was vermutlich auf eine Verlagerung des Programms zurückzu-führen ist.21

In der Rekrutierungsperspektive kann weiterhin an den Größenverhältnissen der dreiBildungsgruppen die negative Korrelation zwischen Bildung und Sehzeit abgelesenwerden.22 Bei ARD wie ZDF und bei RTL wie Sat.1 bilden zu jedem ZeitpunktHauptschüler die größte Gruppe, gefolgt von den Personen mit mittlerer Reife undAbiturienten. Bei den Dritten Programmen der ARD wird zu wenigen Zeitpunkten dieRangfolge zwischen Personen mit mittlerer Reife und Hauptschülern vertauscht. Nurbei ProSieben sind ab 1994 Personen mit mittlerer Reife die größte Zuschauergruppe,mit beträchtlichem Abstand vor den Hauptschülern. Bei allen Sendern – außer bei Pro-Sieben – ist also der Einfluss der Bildung gleich. Dass die Differenzierungskraft der So-zialkategorie Bildung sich nicht zwischen Sendern unterscheidet, spricht – nun nichtmehr auf der Ebene von Prozentwerten, sondern auf der Ebene von Zusammenhän-gen – für die Integrations- und gegen die Differenzierungshypothese.

Um die Verteilung der Bildungsgruppen auf Basis der publizierten Aggregatkennzif-fern statistisch zu überprüfen, haben wir für jedes Jahr von 1988 bis 2004 das Entropie-maß H der Bildungsverteilung für jeden Sender bestimmt. H ist Null, wenn die Vertei-lung der drei Bildungsgruppen gleich ist, und steigt an, je mehr sich die Nutzer in be-stimmten Bildungsgruppen konzentrieren. Die Ergebnisse bewegen sich sowohl beiARD, ZDF und ARD3 wie auch bei RTL, SAT.1 und ProSieben unsystematisch zwi-schen .44 und .47 und widersprechen der Differenzierungshypothese.

168 Jörg Hagenah / Heiner Meulemann

21 Nach Auskunft der PR-Abteilung von ProSieben standen von Anfang an Hollywood-Spielfilme undamerikanische Serien im Programmmittelpunkt, seitdem seien Comedy-Serien, Info- und Wissens-magazine dazugekommen (vgl. www.prosiebensat1.com, 2005).

22 Die dazugehörigen Tabellen und Abbildungen können bei den Autoren angefordert werden.

3 RESÜMEE UND AUSBLICK: EINIGE BELEGE ZUGUNSTEN DER

INTEGRATIONSHYPOTHESE UND WEITERER FORSCHUNGSBEDARF

Unsere Analyse hat einige Belege gegen die Differenzierungshypothese erbracht: Die Zu-sammenhänge zwischen Bildung und Nutzung der öffentlich-rechtlichen Sender unddie Rekrutierung des Publikums nach Bildung ändern sich nicht zwischen 1988 und2004 – wie es nach der Differenzierungshypothese zu erwarten gewesen wäre. In dersenderspezifischen Sehdauer (Abschnitt 2.1) unterscheiden sich die Bildungsgruppenzwar, aber die soziale Struktur der Nutzung hat sich seit der Etablierung des dualenRundfunks nicht geändert. In der Zugangsperspektive (Abschnitt 2.2) zeigte sich, dass injeder Bildungsgruppe die anteilige Sehdauer pro Sender seit der Etablierung der priva-ten Sender ungefähr konstant bleibt. In der Rekrutierungsperspektive (Abschnitt 2.3)zeigte sich, dass das Sozialprofil aller Sender mehr oder minder konstant bleibt; ledig-lich ProSieben bewegt sich vom »Unterschichtsender« zum »Oberschichtsender«. Aller-dings konnten wir die Entwicklungen nur auf Aggregatdatenebene statistisch prüfen,so dass weitere Personenvariablen – wie andere Schichtungsmerkmale oder das Alter –nicht kontrolliert werden konnten und die Differenzierungshypothese nicht definitivausgeschlossen werden kann.

Selbst wenn sich aber für die Differenzierungshypothese die stärkeren Belege ergebenhätten, bliebe die Frage offen, ob und wie sich komplementäre oder weitere Teilpublikaherausdifferenzieren. Bildet sich – etwa bei 3sat, Phönix oder ARTE – ein »Ober-schichtfernsehen« heraus? Bleiben die Öffentlich-Rechtlichen »das« Normalfernsehen,und wie kann man es definieren? Um diese Fragen zu beantworten, sind mindestensdrei Schritte erforderlich. Erstens müssen die Daten mit statistischen Prüfverfahren aufder Individualdatenebene analysiert werden. Zweitens sind genauere soziodemographi-sche Aufgliederungen nötig: In der Form der Kohortenanalyse (vgl. Glenn 2005) mussdie Entwicklung nach Alter und darüber hinaus möglicherweise auch nach Geschlecht,Familienstand und Berufsstand aufgegliedert werden; in die Kohortenanalyse könnenweitere Prädiktoren des Sozialstatus, also Berufsstatus und Einkommen, eingeführtwerden; schließlich lassen sich die Entwicklungen nach den Lebensstilen von Wahl(vgl. Wahl 2006; 2003; 1997) aufgliedern. Drittens sollten die Daten auch für West-und Ostdeutschland getrennt analysiert werden, weil sich gezeigt hat (vgl. Frey-Vor/Gerhard/Mende 2002), dass die Ostdeutschen das Fernsehen allgemein und insbeson-dere das private häufiger nutzen als die Westdeutschen. Viertens sollten alle Analysen inder beschriebenen ausführlichen Form auch für die Radionutzung durchgeführt wer-den.

Die vorgeschlagenen weiterführenden Untersuchungen können allerdings größten-teils nicht mehr mit publizierten Kennziffern arbeiten. Es bietet sich an, dafür die Indi-vidualdaten der Media-Analyse zu nutzen (vgl. Hagenah/Meulemann 2006). Sender-spezifische Untersuchungen müssen sich für das Fernsehen auf die Jahre 1987 bis 1996beschränken,23 können aber für das Radio in vollem Umfang durchgeführt werden.Sinnvoll wären auch entsprechende Analysen mit AGF/GfK-Fernsehdaten, allerdings

Unterschichtfernsehen? 169

23 Seit 1997 wird die Fernsehnutzung im Media-Analyse-Tagesablauf nur noch generell (Fernsehen zujeder Viertelstunde: ja/nein) und nicht mehr senderspezifisch abgefragt (vgl. Meulemann/Hage-nah/Akinci 2005).

stehen diese bisher nicht für Sekundäranalysen auf der Individualdatenebene zur Verfü-gung und wären dafür erst aufwendig aufzubereiten (vgl. Karnowski 2003: 59ff.; Bi-landzic 1998: 748).

Auch wenn die These vom »Unterschichtfernsehen« hier zunächst nicht bestätigtwurde, bleibt die Frage nach der Differenzierung von Teilpublika durch die Einführungdes dualen Rundfunkts eine offene und spannende Frage. In jedem Fall sollte unsereAnalyse gezeigt haben, dass diese Frage nicht mit Schlagworten beantwortet werdenkann, mit deren Verbreitung sie sich von selbst erledigt. Auch wenn viele die privatenSender als »Unterschichtfernsehen« bezeichnen, sind die Folgen noch keineswegs er-forscht, die die Einführung des dualen Rundfunks auf die Differenzierung vonTeilpublika gehabt hat.

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Korrespondenzanschriften: Dr. Jörg Hagenah, Universität zu Köln, Medienwissenschaftliches Lehr- undForschungszentrum der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, Greinstraße 2, D-50939KölnE-Mail: [email protected]. Dr. Heiner Meulemann, Universität zu Köln, Forschungsinstitut für Soziologie, Greinstraße 2,D-50939 KölnE-Mail: [email protected]

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