6
Unsere Heimat Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich Jahrgang 82 Heft 1• 2011 P.b.b. Verlags postamt 3100 St. Pölten Aufgabepostamt 3580 Horn GZ 02Z030318 M

Walpurga Oppeker, Überlegungen zur Ausstattung des Kapitelsaals der Kartause Mauerbach. In: Unsere Heimat 1/2011, 37-41

Embed Size (px)

Citation preview

Unsere HeimatZeitschrift für Landeskundevon Niederösterreich

Jahrgang 82 • Heft 1 • 2011P.b.b.Verlagspostamt 3100 St. PöltenAufgabepostamt 3580 Horn

GZ 02Z030318 M

Abb. 1: li. StirnfrontRefektorium, re. Kapitelsaal. -Foto: WalpurgaOppeker

Überlegungen zur Ausstattung des Kapitelsaales der KartauseMauerbach

Von Walpurga oppeker

In der Pfarrkirche Königstetten (BH Tulln) befindet sich ein barocker Passionszyklusaus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.') Diese sieben Ölbilder stammen nach seitlangem tradierter Überlieferung aus der Kartause Mauerbach.2) Ihre Zusammengehö­rigkeit wird, abgesehen von der Thematik, bestätigt durch die zwar unterschiedlich gro­ßen, aber sonst gleichartigen barocken Furnierholzrahmen mit Goldinnenleisten, untenausgestellt und oben mit gestuftem Bogenabschluss.Die Folge besteht aus sieben Darstellungen von unterschiedlicher Größe zur Leidensge­schichte Christi. Eben durch diese verschiedenen Formate können sie im Vergleich mitdem Grundriss des Klos­ters3

) wohl am ehestendem Kapitelsaal zugeord­net werden.Gegen Überlegungen, dieGemälde im Refektorium(Abb. 1) zu platzieren,spricht neben den ver­schiedenen Bildformatenund der Anzahl sieben vorallem auch die Thematikder Passion. Üblicherweisewurden für die Ausstattungsolcher Räume auch beiden Eremitenorden eherThemen wie da LetzteAbendmahl gewählt (z. B.in der Certo a von Pavia,Kamadulenser-EremieMajk-Puszta). Das Lizitationsprotokoll anlässlich der Aufhebung des Klosters Mauerbachzählt für das Refektorium zehn gemalte Bilder, neun harte Tische, neun Fenstervorhängeund eine Standuhr auf") Die Bilder hingen wohl auf den annähernd gleich großen Flä-

') Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Osterreichs. Niederösterreich südlich der Donau, Teil 1:A-L. Bearb. Peter AlCHINGER-ROSENBERGER u.a. (Horn/Wien 2003) (Horn/Wien 2003) 1096.

') Wie Anm. 1 sowie Ulrike KNALL-BRSKOVSKY u. KARL NEUBARTH, Baugeschichte der Kartause im17. und 18. Jahrhundert. In: OZKD LIII, Heft 2/3/4 (Wien 1999), Kartause Mauerbach 1314bis heute, 453-492; 469, Anm. 71,470;

') Kartause Mauerbach 1314 bis heute. In: OZKD LIII, Heft 2/3/4 (Wien 1999) 403.') Nach einer Abschrift im BDA Mauerbach, Abt. Baudenkmalpflege, aus: NOLA, Klosterakten, Kar­

ton 204, 1782 - 1. Teil (ad 6. November 1782), Licitations Ausweis über die beim Kloster Mauerbachunterrn 28. Oktober 1782 licitando veräußerten Effekten und Mobilien, - die in diesem Dokumenterwähnten Akten über den Verkauf dürften skartiert worden sein; in der Abschrift ist allerdingsvon einer, bereits verkauften .sanduhr" die Rede, es dürfte sich dabei wohl um einen Schreibfeh­ler im Original bzw. einen Lese- oder Tippfehler des Kopisten handeln;

37

Abb. 2: Todesangst Christi arn Ölberg. - Foto:Bundesdenkmalamt, Wien

ehen zwischen den Fenstern und zu beiden Seiten der Türe, es ist also anzunehmen,dass es sich dabei eher um gleichformatige Gemälde gehandelt hat. Den Platz zwischenden beiden nördlichen Fenstern könnte die ehemals notwendig vorhandene Kanzel fürdie Lesungen eingenommen haben, dort würde aber auch die icher repräsentativeStanduhr hinpassen.Kapitelsaal und Sakristei, östlich und westlich als Flügel an das Presbyterium der Kircheangebaut, sind, abgesehen von der Bibliothek, die einzigen anderen repräsentativenRäume, die für die Unterbringung des Passionsbilderzyklus in Frage kommen. Da manvon der Sakristei und der Bibliothek annehmen kann, dass deren Wände hauptsächlichmit Schränken möbliert waren, bleibt zur Hängung dieser großformatigen Bilder nurder ehemalige Kapitelsaal, dessen Gewölbe nach der Aufhebung der Kartause einge­schlagen worden waren. Es ist anzunehmen, dass diese ähnlich wie die der Sakristeigestaltet waren: Kreuzrippengewölbe mit Fruchtschnüren als Betonung der Rippenund Sonnenblumenmotiven an den Scheiteln, je ein geflügeltes Engelsköpfchen inden Fensterzwickeln. Im Übrigen gab es auch in der Sakristei laut Lizitationsausweiself, sicher kleinere, auf Kupfer gemalte Passionsbilder mit schwarzen Rahmen und ver­goldeten Leisten.5

)

In den Unterlagen, die aus der Zeit der Aufhebung der Kartause stammen, finden sichin Bezug auf den Kapitelsaal, oder das "Kapitelhaus", wie es hier heißt, unterschiedlicheAngaben. Der Lizitationsausweis vom 28. Oktober 1782 führt hier einen geschnitztenAltar mit gemaltem Altarblatt, geziert mit verschiedenen Reliquiaren und Bildern an,der vorläufig auf seinem Platz verbleiben soll. Die Seitenwände des Raumes waren mitHartholztafeln verkleidet und mit sieben Bildern geschmückt. 6

) Eine "Konsignation"vom November 1782 meldet dagegen in diesem Raum einen ,,Kreuzaltar" mit zwei hölz­ernen Statuen und vier vergoldeten Engeln, dazu zwei Hartholzkästen für Antepen­dien. 7

) Das Motiv des Kreuzaltares würdewunderbar die sieben Passionsbilder ausKönigstetten ergänzen, denn dem Zyklusfehlt die Darstellung der Kreuzigung.Zu lesen gewesen wäre die Bilderfolgeausgehend von der Stirnwand im Westen,dem Eingang von der Kirche her in denKapitelsaal, folgendermaßen:Oberhalb der Türe hing das einzigequerformatige, sehr große Bild der"Todesangst Christi am Olberg"B) (Abb.2), das von seiner Ausdehnung her einebreite Wandfläche benötigt und durchseine Form für einen Gewölbebogenkonzipiert ist.9

) Es folgen vier Szenen anden beiden Längsmauern und -wänden.Zwischen den westlichen und den mittleren Fenstern, bzw. einer Türe gegenüber, müss­ten die Darstellungen ,Jesus vor Kaiphas, der sein Kleid zerreißt" (Abb. 3) und auf deranderen Seite die "Verspottung oder Dornenkrönung Christi" (Abb. 4) platziert gewesen

5) Wie Anm. 4.B) Wie Anm. 4.7) Wie Anm. 4, Karton 205, 1782 - 2. Teil.8) Ca. 400 cm breit, - eine exakte Messung ist durch die hohe Hängung der meisten Bilder nicht

möglich.9) Ein im Aufbau und Format sehr ähnliches, aber kleineres Bild hängt heute in der Pfarrkirche

Imbach (BH Krems), ebenfalls als Teil eines ansonsten völlig andersartigen Passionszyklusses.

38

Abb. 3: Christus vor Kaipjs. - Foto: Bundes­denkmalamt, Wien

Abb. 4: Verspottung Christi. - Foto: Bundes­denkmalamt, Wien

sein. Beide Bilder sind ebenso wie die beiden folgenden von mittlerem Format. IO) The­

matisch die nächste Darstellung ist die Szene der "Geißelung Christi" (Abb. 5), der dasGemälde "Ecce homo" (Abb. 6) ,Jesus vor Pilatus, gegenüber steht. Die beiden schmalenBilder, der "Fall Christi unter dem Kreuz" (Abb. 7) und die "Kreuzabnahme" (Abb. 8)des Leichnams Jesu"); könnten den Kreuzaltar an der östlichen Stirnwand des Raumes

Abb. 5: Geißelung Christi. - Foto: Bundesdenk­malamt, Wien

10) Ca.((gO\ 28f>cm.

lI)ca.~cm.

Abb. 6: Ecce homo. - Foto: Bundesdenkmal­amt, Wien

39

Abb. 7: Fall Christi unter dem Kreuz. - Foto:Bundesdenkmalamt, Wien

Abb. 8: Kreuzabnahme.malamt, Wien

Foto: Bundesdenk-

zu beiden Seiten flankiert haben. Er übernimmt hier das Thema der in diesem Bilderzy­klus fehlenden Kreuzigungsszene. Ob das großes Kreuz mit Korpus, datiert in die Mittedes 18. Jahrhunderts, heute begleitet von den untypischen Assistenzfiguren St. Petrusund Paulus12

) - in der aus dem späten 19. Jahrhundert stammenden Kirchenausstat­tung ist es noch Bestandteil eines "Kreuzaltares" (Abb. 9), die Apostelfiguren flankiertendamals den Hochaltar 'S), ebenfalls in der Kirche von Königstetten - zu diesem Altargehörte, oder ob es sich um ein gemaltes Altarblatt handelte, wie einer der oben zitier­ten Ausweise meldet, ist nicht sicher belegt. 14

) Hier sind die Angaben in den Quellennicht eindeutig.Zur eventuellen Herkunft und Datierung der Bilder ist eine weitere Notiz von Interesse.Im Dokument Was der PrälatJohann IV. Werner während seiner Regierungszeit bezahlt, zum KLo­ster erkauft und bauen lassen hat, ist, neben sechs Altarblättern und kleineren Bildern von(Tobias) Pock, auch die Rede davon, dass er Zugleich das Leiden Christi als 7 Stück samtden Rahmen machen und vergolden lassen hätte. 15

) Johann IV. Werner stand dem Kloster

") Dehio NO-süd 1 (wie Anm. 1) 1096.") Dehjo NO (Wien/München 41953) 160.14) Auch beim Imbacher Passionszyklus ist die Golgothaszene, deren Figuren heute im Kirchenvor­

raum stehen, als einzige vollplastisch gestaltet.15) NOLA, Klosterakten Karton 202, 1560-1709; zitiert nach einem Au zug im BDA Mauerbach, Abt.

Baudenkrnalpflege;Johann IV. Werner, 1647-1678 Prälat.

40

Abb. 9: Ehemaliger Kreuzaltar. - Foto: Bundes­denkmalamt, Wien

Abb. 10: Prälatenstuhl. - Foto: WalpurgaOppeker

zwi ehen 1647 und 1678 vor. Ob es sich dabei um die sieben Bilder des KönigstettnerZykJu handelt ist ungewiss. Jedenfalls müsste dann die Rahmung geändert wordensein, die heutige deutet auf das 18. Jahrhundert hin.Die Bilder müssen an den beiden Längsmauern zwischen den Fenstern so gehängt gewe­sen ein, das die unteren, etwas ausgestellte Rahmenränder tiefer als die Fensternischeplatziert waren. Unterhalb von Fenstern und Bildern waren die Seitenwände mit Holzpa­neelen '6) und wahrscheinlich mit einer Art Chorgestühl verbaut, erkennbar an der inetwa 70 cm breiten Aussparung der Kehlheimerplatten des Bodens an den beidenLängsseiten und an einer Seite der Mauer gegen das Presbyterium. Ein Rest davon istder Prälatenstuhl mit Furnierintarsien, der heute im Presbyterium der Kirche steht und1729 bezeichnet ist") (Abb. 10). Weiters bestand die Einrichtung des Kapitelsaales,auch noch aus zwei großen Hartholzkästen für Antependien, die sicher zu beiden Seitender Türe zur Kirche platziert waren. Eine Vorstellung, wie die Möblierung in Mauerbachausge ehen haben könnte, bietet der Kapitelsaal der Kartause Ittingen, der als Raumzwar wesentlich gedrungener, daher auch nicht mit Bildern ausgestattet ist. Aber auchseine Längswände sind mit einem Gestühl verbaut und die Stirnwand ziert ein Altar,flankiert von zwei Bildern. '8)

16) Vgl. Anm. 4.17) Karl FAHRlNGER, Eine so gute Gelegenheit - Der Fall der Kartause Mauerbach. In: OZKD LIII,

Hefl2/3/4 (Wien 1999), Kartau e Mauerbach 1314 bis heute, 387-392, 389, Abb. 453.18) Jürg GANZ, Die Kartausen Mauerbach und ILtingen. In: OZKD un, Heft 2/3/4 (Wien 1999), Kar­

tause Mauerbach 1314 bis heute, 568--575, 572, Abb. 662.

41