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Eberhard Karls Universität Tübingen Prof. Dr. Karl Forchhammer
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Mikrobiologie / Organismische Interaktionen
Wintersemester 2013/2014
Xylitol Gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder
Wundermittel?
Wissenschaftliche Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien: Wissenschaftliche Arbeit
Eingereicht von Sascha Beck
Provenceweg 7/101 72072 Tübingen
Tel.: 0176/62111577 [email protected]
Lehramt
Chemie und Biologie Matrikelnr.: 3108666
Tübingen, den 11. Februar 2014
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt und nur die angegebenen
Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach
anderen Werken, gegebenenfalls auch elektronischen Medien, entnommen sind,
sind von mir durch Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht.
Entlehnungen aus dem Internet sind durch Angabe der Quelle und des
Zugriffdatums sowie dem Ausdruck der ersten Seite belegt; sie liegen zudem für den
Zeitraum von 2 Jahren entweder auf einem elektronischen Speichermedium im
PDF-Format oder in gedruckter Form vor.
Sascha Beck
Tübingen, 11. Februar 2014
3
Vorwort und Danksagung
Im Zuge meines Chemie- und Biologie-Studiums stieß ich auf ein vermeintlich süßes
Gegenmittel für Karies-Bakterien, namens Xylitol bzw. Birkenzucker, mit sehr
vielversprechenden Eigenschaften. Nach und nach entdeckte ich immer weitere
interessante Fakten über diesen mehrwertigen Alkohol.
So trug es sich zu, dass ich innerhalb der letzten vier Jahre einen sehr intensiven
Bezug zu Xylitol erhielt und dieses Thema in meinem Freundeskreis einbrachte,
sodass mittlerweile die meisten darüber Bescheid wissen und einige Xylitol nun
selbst verwenden. Öffentlichkeitsarbeit und auch das erstellen einer Facebook-Seite
haben ihr übriges dazu beigetragen, über dieses Thema zu informieren und
aufzuklären.
Darum ist es mir an dieser Stelle ein besonderes Anliegen, Herrn Prof. Dr.
Forchhammer zu danken, da er meinem Ersuchen, meine wissenschaftliche Arbeit
über Xylitol verfassen zu dürfen, nachkam.
Besonders dankbar bin ich meinen engen und wichtigen Freunden, die mich
insbesondere emotional beim Schreiben dieser Arbeit unterstützt haben.
Lokah samasta sukhino bhavantu
4
Inhaltsverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung .............................................................................................. 2
Vorwort und Danksagung ............................................................................................ 3
Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 6
Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 6
1 Einleitung ............................................................................................................. 7
1.1 Vorgehensweise ............................................................................................ 8
2 Hauptteil ............................................................................................................. 10
2.1 Unterschiede zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen .............. 10
2.2 Geschichtlicher Kontext des Xylitols ........................................................... 11
2.3 Vorkommen von Xylitol in der Natur .......................................................... 12
2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen ........... 13
2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols ....................................................... 17
2.5.1 Was ist Karies? ....................................................................................... 18
2.5.2 Erste klinische Kariesversuche mit Xylitol .............................................. 19
2.5.3 Die Ylivieska-Studie ................................................................................ 21
2.5.4 Mutter-Kind-Studien .............................................................................. 24
2.5.5 Übersicht zu einigen weiteren Zahnkaries-Studien über Xylitol ............ 27
2.5.6 Worauf beruht die antikariogene Wirkung von Xylitol? ........................ 29
2.5.7 Xylitol und Parodontitis .......................................................................... 31
2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte ................................. 32
2.6.1 Verträglichkeit von Xylitol ...................................................................... 32
2.6.2 Gefahr für Haustiere .............................................................................. 33
2.6.3 Verwendung von Xylitol als Diätzucker und für Diabetiker ................... 33
2.6.4 Reduktion von Mittelohrentzündungen ................................................ 35
2.6.5 Resorption von Calcium und Eisen im Darm .......................................... 35
5
2.6.6 Auswirkungen auf Nasen-, Rachen- und Lungenbereich ....................... 36
2.6.7 Xerostomie (Mundtrockenheit) und Speichelbildung ........................... 37
2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte ............................................................. 38
2.7.1 Wirkungsweise von Xylitol auf Streptococcus mutans .......................... 38
2.7.2 Wirkungsweise auf lebensmittelverderbende Bakterienstämme ......... 40
2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten? ............................ 41
2.9 Herstellung von Xylitol ................................................................................ 43
2.9.1 Fest-flüssig Extraktion ............................................................................ 43
2.9.2 Chemische Synthese .............................................................................. 43
2.9.3 Biotechnologische Verfahren ................................................................. 45
2.10 Soziopolitische Aspekte ......................................................................... 45
2.10.1 Situation in Finnland .............................................................................. 45
2.10.2 Situation in Deutschland ........................................................................ 47
2.10.3 Situation weltweit .................................................................................. 49
3 Ausblick .............................................................................................................. 52
3.1 Soziopolitischer Ausblick ............................................................................. 52
3.2 Wissenschaftlicher Ausblick ........................................................................ 53
4 Fazit und abschließende Worte ......................................................................... 57
5 Literaturverzeichnis ............................................................................................ 60
6
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Allgemeine Strukturformel von Alditolen (Zuckeralkoholen) .............. 14
Abbildung 2: Darstellung von Xylitol und Sorbitol in der Fischer-Projektion sowie
deren Konformation (räumliche Anordnung) in Lösung ............................................ 14
Abbildung 3: Die beiden Aldopentosen D- und L-Xylose in der Fischerprojektion. .. 15
Abbildung 4: Die beiden Ketopentosen D- und L-Xylulose in der Fischerprojektion. 15
Abbildung 5: Die wichtigsten klinischen Erkenntnisse aus den finnischen Turku-
Zuckerstudien. ............................................................................................................ 21
Abbildung 6: Klinische Ergebnisse der Ylivieska-Studie. ............................................ 22
Abbildung 7: : Klinische Ergebnisse des 2. Teils der Ylivieska-Studie ........................ 23
Abbildung 8: Klinische Ergebnisse der Mutter-Kind-Studien aus Finnland ............... 26
Abbildung 9: Schematische Darstellung des Transports von Xylitol vom Speichel in
den intrazellulären Raum eines kariogenen Streptokokken Bakteriums .................. 40
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Exemplarische Auflistung von Kariesstudien über Xylitol ......................... 28
1 Einleitung 1.1 Vorgehensweise
____________________________________________________________________
7
1 Einleitung
Erkrankungen des Mundraums, einschließlich Zahnkaries und Parodontal-
erkrankungen, gehören zu den wichtigsten globalen gesundheitlichen Belastungen,
die die Mehrheit der Kinder im schulpflichtigen Alter und Erwachsene weltweit
betrifft, so die Weltgesundheitsbehörde.1 Vor diesem Hintergrund ist es wichtig
diese Probleme auf möglichst vielfältige Art und Weise anzugehen. Xylitol scheint
hierzu einen wichtigen Beitrag leisten zu können. Aber wie?
„Xylitol: Gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder Wundermittel?“ Der Titel dieser
Arbeit wirft zunächst ein paar Fragen auf: Was genau ist Xylitol, abgesehen davon,
dass es sich anscheinend um einen Zuckeraustauschstoff handelt? Welche
Eigenschaften könnte dieser Stoff innehaben, um ein vermeintliches Wundermittel
darzustellen? Und ein Wundermittel für was genau? Diesen und noch weiteren
Fragen soll in dieser Arbeit nachgegangen werden.
Wer den Begriff „Xylitol“ zum ersten Mal hört, vermutet dahinter oft irgendeinen
chemischen Stoff, aber nicht unbedingt etwas, das man zu sich nehmen möchte.
Manchen ist dieser Name vielleicht schon einmal im Zusammenhang mit
Kaugummis und Zahngesundheit begegnet. Generell ist es so, dass Xylitol (auch
„Xylit“ oder „Birkenzucker“ genannt) in Deutschland bisher nicht sonderlich bekannt
ist. Schaut man hingegen z.B. nach Finnland stellt sich in Bezug auf diesen
Zuckeraustauschstoff eine ganz andere Situation dar: Dort erhalten schon die
Kleinsten in nahezu allen Kindertagesstätten Xylitol-Bonbons oder Xylitol-
Kaugummis.2 3 Und später werden die Jugendlichen im Biologie- und
Chemieunterricht über Xylitol, seine Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten,
informiert.4 Der finnische Staat hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Stoff im
Umfang der staatlichen Gesundheitsfürsorge den Menschen näher zu bringen.5 Der
finnischen Öffentlichkeit ist Xylitol nicht nur ein Begriff, sondern stößt dort auf
1 vgl. Petersen, et al., 2005
2 vgl. Mäkinen K. , 2006
3 vgl. www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities
4 vgl. Mäkinen K. , 2006
5 vgl. Mäkinen K. , 2006
1 Einleitung 1.1 Vorgehensweise
____________________________________________________________________
8
breite Akzeptanz und wird von vielen Menschen täglich verwendet.6 Doch was
„kann“ dieser Stoff, dass er in Finnland so verbreitet ist?
Es handelt sich hierbei um ein in der Natur sehr weit verbreitetes Kohlenhydrat, das
auch im menschlichen Körper vorkommt und somit ganz natürlich ist.7 Mittlerweile
sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Xylitol sehr umfangreich und es
konnte mithilfe von vielen klinischen Studien gezeigt werden, dass dieser Stoff
vielerlei positive Eigenschaften für die menschliche Gesundheit besitzt. Auf diese
Eigenschaften und wissenschaftlichen Erkenntnisse soll u.a. in dieser Arbeit
eingegangen werden. Ein wichtiges Ziel ist es, ein möglichst umfassendes Bild über
diesen Stoff darzustellen, um für dieses Thema zu sensibilisieren, Aufklärungsarbeit
zu leisten und zu informieren. Dabei soll nicht nur die naturwissenschaftliche
Sichtweise mithilfe von wissenschaftlich fundierten Studien betrachtet werden,
sondern ebenso auch soziopolitische Aspekte berücksichtigt und die Situation in
Finnland, Deutschland und einigen anderen Ländern beleuchtet werden. Damit
diese Arbeit einem möglichst großen Leserkreis zugänglich ist, werden die meisten
verwendeten Fachbegriffe erklärt, und wo möglich, auf zu komplizierte Fachsprache
verzichtet. Da es sich hierbei jedoch um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, war
dies nicht immer möglich. Es könnte jedoch im Anschluss auch eine abgewandelte
Fassung dieser Arbeit erstellt werden, um dieses Thema einem größeren Kreis an
Menschen verständlich zu machen, besonders in Hinblick auf die
Gesundheitserziehung in Schulen.
1.1 Vorgehensweise
Um ein möglichst umfassendes Bild von Xylitol zeichnen zu können, werden im Zuge
dieser Arbeit viele verschiedene Aspekte dieses Zuckeraustauschstoffes betrachtet.
Im Hauptteil wird zunächst dargestellt, um was es sich bei Süßstoffen und
Zuckeraustauschstoffen handelt und wie sich Xylitol in diesen Kontext einordnen
lässt. Im weiteren Verlauf werden die Entdeckung und die Geschichte zu Xylitol und
seine Verbreitung in der Natur beschrieben. Einige chemische und physikalische
Eigenschaften werden aufgezeigt. Ein großer Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit
6 vgl. Mäkinen, K., 2003
7 vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 305
1 Einleitung 1.1 Vorgehensweise
____________________________________________________________________
9
den oralhygienischen und zahngesundheitlichen Aspekten zu Xylitol, da auf diesem
Gebiet am meisten während der letzten 40 Jahre geforscht wurde. Hierzu werden
einige klinische Ergebnisse vorgestellt, insbesondere zur antikariogenen
(karieshemmenden) Wirkung von Birkenzucker. Aber auch andere medizinische
Anwendungsmöglichkeiten, bei denen Xylitol einen positiven Nutzen für die
Gesundheit darzustellen scheint, werden behandelt. Wie z.B. für die Prävention von
Mittelohrentzündungen (Otitis) und anderen bakteriellen Infektionskrankheiten des
Nasen-, Mund- und Rachenbereichs sowie zur Behandlung von Mundtrockenheit.
Auch zur Behandlung und Prävention von Osteoporose (Knochenschwund) könnte
Xylitol einen Beitrag leisten, wie Tierversuche nahelegen. Im Laufe des Hauptteils
werden immer wieder die Auswirkungen von Xylitol auf bestimmte mikrobielle
Krankheitserreger aufgegriffen. Des Weiteren soll über die Verträglichkeit, etwaige
Nebenwirkungen und die Verwendungsmöglichkeit für Diabetiker und als
kalorienarmer Ersatz für Zucker, informiert werden. Außerdem soll über die
verschiedenen Anwendungsformen von Xylitol und seine richtige Anwendung
aufgeklärt werden. Am Ende des Hauptteils werden verschiedene
Herstellungsverfahren für Birkenzucker vorgestellt. Im Anschluss zum Hauptteil soll
ein Ausblick zu Xylitol gegeben werden. Zum einen ein soziopolitischer Ausblick, um
darzulegen, inwiefern es noch Handlungsbedarf zur besseren Aufklärung und
Verbreitung von Birkenzucker insbesondere in Deutschland gibt. Zum anderen ein
wissenschaftlicher Ausblick, der aufzeigen soll, inwieweit noch weiterer
Forschungsbedarf hinsichtlich Xylitol besteht. Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab,
das nochmal zusammenfassend die wichtigsten Eigenschaften von Birkenzucker
darstellt.
2 Hauptteil 2.1 Unterschiede zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen
____________________________________________________________________
10
2 Hauptteil
2.1 Unterschiede zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen
Die in Deutschland bestehende Zusatzstoffzulassungsverordnung unterteilt
Süßungsmittel in Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe.8 Unter Süßstoffen versteht
man natürliche oder künstliche Ersatzstoffe für den gewöhnlichen Haushaltszucker
Saccharose. Im Gegensatz zu Saccharose besitzen diese häufig ein Vielfaches der
Süßkraft. So auch Thaumatin, ein natürlicher Süßstoff, der zwei- bis dreitausend Mal
süßer als Haushaltszucker ist. Daher werden Süßstoffe nur im Milligramm Bereich
als Lebensmittelzusatzstoffe eingesetzt. Sie können chemisch hergestellt oder aus
Pflanzenteilen bzw. Mikroorganismen isoliert werden. Ein Vorteil von Süßstoffen ist,
dass diese keine oder fast keine Kalorien enthalten und unabhängig von Insulin
verstoffwechselt werden. Von letzterem profitieren insbesondere Diabetiker. Eine
weitere Eigenschaft ist, dass diese weitgehend oder komplett unverändert vom
Körper ausgeschieden werden. 9
Viele Süßstoffe, vor allem die Künstlichen, werden häufig miteinander kombiniert,
um einen noch intensiveren Süßgeschmack zu erzielen. Man spricht hier von einem
synergistischen Effekt. Sofern sie in Lebensmitteln enthalten sind, muss dies
gekennzeichnet werden. Die WHO und andere Gremien haben Höchstwerte für die
tägliche Zufuhr von Süßstoffen herausgegeben. Trotz dieser Höchstwerte ist die
Verbraucherzentrale der Ansicht, dass folgende Süßstoffe für Kinder dennoch
ungeeignet sind: Acesulfam-K, Aspartam, Cyclamat, Saccharin und Neohesperidin.10
Bei Süßstoffen kommen aufgrund ihrer geringen Masse und Menge häufig
Füllmaterialien zum Einsatz, wie zum Beispiel Zuckeraustauschstoffe oder
Abbauprodukte der Stärke, um das fehlende Volumen zu ersetzten.11 Künstliche
Intensivsüßstoffe, wie das oben erwähnte Aspartam, sind zwar weit verbreitet,
jedoch halten sie einige Wissenschaftler für umstritten.12 Lindner (2013, S.21) ist
sogar der Auffassung, dass vor allem künstlich hergestellte Süßstoffe sowohl
8 vgl. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz abgerufen unter
http://www.gesetze-im-internet.de/zzulv_1998/anlage_2_14.html 9 vgl. Flemmer, 2011, S.35
10 vgl. Flemmer, 2011, S. 34f
11 vgl. Flemmer, 2011, S.36
12 vgl. Mäkinen, 2003, S.28
2 Hauptteil 2.2 Geschichtlicher Kontext des Xylitols
____________________________________________________________________
11
Fremdstoffe für den Organismus darstellen als auch schädlich sein können. So ist
der künstliche Süßstoff Saccharin in einigen Ländern verboten, da nicht vollständig
geklärt ist, ob dieser karzinogen, also krebserregend, sein könnte.13 In Deutschland
ist dieser Stoff hingegen zugelassen.14
Zuckeraustauschstoffe sind süß schmeckende Kohlenhydrate. Sie werden wie die
Süßstoffe als Ersatz von Saccharose verwendet, insulinunabhängig verstoffwechselt
und sind teilweise unverdaulich. Auch ihr Kaloriengehalt ist geringer (ca. 2 statt 4
kcal/g). Im Gegensatz zu Süßstoffen jedoch sind Zuckeraustauschstoffe in der Regel
etwas weniger süß als Saccharose. Zu den Zuckeraustauschstoffen gehören neben
der Fructose auch die Zuckeralkohole (Polyole) Sorbitol, Mannitol, Maltitol, Laktitol,
Erythritol, Isomaltol und Xylitol.15 Xylitol nimmt jedoch eine gewisse Sonderrolle
innerhalb der Zuckeralkohole ein. Diese soll im Laufe dieser Arbeit erörtert werden.
2.2 Geschichtlicher Kontext des Xylitols
Im Jahre 1890 entdeckten der deutsche Chemieprofessor Dr. Emil Fischer und sein
Student Rudolf Stahel aus Buchenspänen eine neue Verbindung, die sie Xylit
nannten. Ein Jahr später veröffentlichte der spätere Chemie-Nobelpreisträger
Fischer seine Entdeckung. Fast zur gleichen Zeit konnte ein französisches
Forscherteam um den Chemiker M. G. Bertrand eine Art Xylitolsirup aus Weizen-
und Haferhalmen isolieren. Deutsche und französische Forscher waren auch die
ersten, die Xylitol das erste Mal auf chemischem Wege herstellten. Jedoch fand
dieser Stoff in den darauffolgenden 50 Jahren kaum Beachtung, da weder die
physiologische Bedeutung im menschlichen Metabolismus (Stoffwechsel), noch die
positiven Aspekte für die Gesundheit bekannt waren. Xylitol galt lediglich als einer
von vielen Zuckeralkoholen, die zu dieser Zeit isoliert wurden. Dies änderte sich erst
durch den amerikanischen Forscher Dr. Oscar Touster, als er in den 50er Jahren
entdeckte, dass Xylitol als Zwischenprodukt im menschlichen
Kohlenhydratstoffwechsel eine Rolle spielt. Dies führte zu neuen
13
vgl. Mäkinen, 2003, S. 28 14
vgl. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz abgerufen unter http://www.gesetze-im-internet.de/zzulv_1998/anlage_2_14.html 15
vgl. Flemmer, 2011, S.37
2 Hauptteil 2.3 Vorkommen von Xylitol in der Natur
____________________________________________________________________
12
Forschungsvorhaben über Xylitol, welche zahlreiche Erkenntnisse über diesen
Zuckeralkohol zur Folge hatten.16 Zeitgleich war aufgrund des Zuckermangels
während und nach des Zweiten Weltkrieges in manchen Ländern, wie z.B. in
Finnland, das Interesse nach einem alternativen Süßungsmittel sehr groß. Bis dato
war Xylitol eine teure Forschungschemikalie, die ausschließlich in Laboren
verwendet wurde. Deshalb arbeiteten Ingenieure und Wissenschaftler der früheren
Finnish Sugar Company an einer wirtschaftlichen Methode zur Isolierung von Xylitol
aus Xylose (Holzzucker). Diese Bemühungen mündeten in den 1960er Jahren in der
Entwicklung eines wirtschaftlich rentablen Herstellungsprozesses für Xylitol. Da man
zur Herstellung ursprünglich finnische Birke verwendete, wurde Xylitol in Finnland
auch „Birkenzucker“ genannt, so wie es bis heute in Deutschland teilweise noch der
Fall ist.17 Später wurden auch andere verschiedene natürliche Pflanzen, die das
Polysaccharid Xylan, ein Xylosepolymer, enthalten, zur Herstellung von Xylitol
herangezogen. Zwar kommt Xylitol in freier Form in vielen Pflanzen vor, doch ist es
weitaus wirtschaftlicher diesen Zuckeraustauschstoff über eine Synthese mit
wenigen chemischen Zwischenschritten aus xylanhaltigen Pflanzenteilen
herzustellen, als es direkt zu extrahieren. Bei diesem aus einfachen chemischen
Prozessschritten gewonnenem Xylitol handelt es sich um den gleichen Stoff, der
auch in der Natur oder im menschlichen Körper vorkommt. Darum kann der auf
diesem Wege gewonnene Birkenzucker als ein natürliches Kohlenhydrat angesehen
werden.18 Es existieren mittlerweile auch noch andere Methoden zur Herstellung
von Xylitol, die in Kapitel 2.9 besprochen werden.
2.3 Vorkommen von Xylitol in der Natur
Xylitol ist ein in der Natur weit verbreiteter Stoff. Er kommt z.B. in vielen Früchten
und faserreichem Gemüse vor und spielt, wie bereits erwähnt, eine Rolle im
menschlichen Stoffwechsel. Relativ hohe Mengen an Xylitol enthalten Himbeeren,
Pflaumen, Erdbeeren und Blumenkohl mit 0,3 bis 0,9g pro 100g Trockengewicht,
16
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 9 17
vgl. Mäkinen K. K., 2011, History, Safety and Dental Properties of Xylitol. Abgerufen unter: http://www.naturallysweet.com.au/uploads/50072/ufiles/download_info/History_Safety_and_Dental_Properties_of_Xylitol.pdf 18
Mäkinen K. K., 2003, S. 9f
2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen
____________________________________________________________________
13
abhängig von der jeweiligen Jahreszeit und den unterschiedlichen Pflanzensorten.
Das freie Vorkommen von Xylitol in der Nahrung deutet darauf hin, dass Menschen
und gewisse domestizierte Tiere Xylitol während ihrer gesamten Evolution
konsumierten. Xylitol kommt natürlich in kleinen Mengen in praktisch allen
Pflanzen, Mikroorganismen und Tiergeweben vor.19 Als Intermediat
(Zwischenprodukt) des Kohlenhydratstoffwechsels entsteht Xylitol zu ca. 5 bis 15g
pro Tag in der menschlichen Leber und ist somit ein körpereigener Stoff.20
2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen
Xylitol ist chemisch gesehen ein mehrwertiger Alkohol oder auch Polyol. Diese
Bezeichnung führt im Volksmund oft zu Verwirrungen, da der Begriff Alkohol
verwendet wird. Jedoch hat Xylitol nichts mit der berauschenden Wirkung von
Ethanol, dem gängigen Alkohol, zu tun. Diese Bezeichnung leitet sich lediglich vom
chemischen Aufbau ab. Chemisch gesehen ist Xylitol im engeren Sinne auch kein
Zucker, sondern ein Zuckeralkohol, auch wenn er süß schmeckt.21
Im folgenden Abschnitt werden die drei wichtigen Zuckeralkohole Erythritol, Xylitol
und Sorbitol erläutert. Es soll deren gemeinsames chemisches Profil dargestellt und
einige Unterschiede aufgezeigt werden. Alle drei werden in der
Lebensmittelindustrie verwendet. Sorbitol, auch D-Glucitol genannt, ist von allen
Zuckeralkoholen, die als Zuckeraustauschstoffe eingesetzt werden, der in der
Lebensmittelindustrie am meisten eingesetzte. Chemisch gesehen ist er äußerst
verwandt mit Xylitol. Dennoch besitzen beide gravierende Unterschiede, betrachtet
man deren Wirkungsweise auf verschiedene biologische Systeme. Im direkten
Vergleich weist Xylitol gegenüber Sorbitol deutliche Vorteile auf, die im Einzelnen
im Verlauf des Hauptteils hervorgehoben werden.
Die allgemeine Strukturformel der Alditole, auch Zuckeralkohole genannt, ist in
Abbildung 1 dargestellt. Für Erythritol ist n=2, für Xylitol n=3 und für Sorbitol n=4,
wodurch diese Moleküle insgesamt aus 4, 5 und 6 Kohlenstoffatomen kettenförmig
19
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 305 20
vgl. Mäkinen K. K., 2011 21
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 33
2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen
____________________________________________________________________
14
aufgebaut sind. Jedes Kohlenstoffatom bei den Alditolen ist mit einer
Hydroxidgruppe verbunden.
Abbildung 1: Allgemeine Strukturformel von Alditolen (Zuckeralkoholen)22
Diese Abbildung gibt jedoch nicht die räumliche Konfiguration der Substituenten
wieder. Von den einzelnen Alditolen existieren verschiedene Diastereoisomere mit
unterschiedlichen Konfigurationen. Xylitol besitzt drei und Sorbitol vier
Chiralitätszentren. Die genaue räumliche Anordnung der OH-Gruppen von Xylitol
und Sorbitol sowie deren Konformation in Lösung sind in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Darstellung von Xylitol und Sorbitol in der Fischer-Projektion sowie deren Konformation (räumliche Anordnung) in Lösung
23
Aufgrund seines symmetrischen Molekülaufbaus ist kein D- oder L-Präfix für Xylitol
notwendig, da es sich um identische Moleküle handelt. Zu allen Zuckeralkoholen
existieren ihre analogen Aldosen bzw. Ketosen. Für Xylitol sind das die D- bzw. L-
22
Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/65/Alditole.svg/420px-Alditole.svg.png 23
Quelle: http://www.science.uva.nl/research/amstel/dws/sweeteners/content/images/ sorbitoletal4.jpg
2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen
____________________________________________________________________
15
Xylose, auch bekannt als Holzzucker, und die D- bzw. L-Xylulose (siehe Abbildung 3
und Abbildung 4).
Abbildung 3: Die beiden Aldopentosen D- und L-Xylose in der Fischerprojektion.
24
Abbildung 4: Die beiden Ketopentosen D- und L-Xylulose in der Fischerprojektion.
25
Die einfachen Alditole sind kristalline Substanzen, die sich im Geschmack von leicht
bis stark süß unterscheiden. Xylitol und Erythritol besitzen eine vergleichbare
Süßkraft wie der Haushaltszucker Saccharose, wobei Xylitol süßer ist als Erythritol.26
Folgende Gemeinsamkeiten teilen die Zuckeralkohole miteinander:
Das Fehlen einer reduzierend wirkenden Carbonylgruppe: Diese Eigenschaft
macht das Alditolmolekül chemisch weniger reaktiv als seine
korrespondierenden Aldosen und Ketosen, wie z.B. Glucose
(Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker). Manche Zuckeralkohole
vermeiden solche chemischen Reaktionen, die bei gängigen süßen
Kohlenhydraten, wie eben der Glucose, der Fructose und der Saccharose, zu
Produkten führen, die sauer und kariogen (kariesverursachend) in der
menschlichen Zahnplaque wirken.27
Ihre reduzierende Kraft: Zuckeralkohole besitzen „zusätzliche“
Wasserstoffatome im Vergleich zu ihren analogen Aldosen und Ketosen.
Dieser kann auf andere Metabolite, wie Coenzyme (z.B. NADP und NAD)
24
Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c9/DL-Xylose.svg/361px-DL-Xylose.svg.png 25
Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b2/DL-Xylulose.svg 26
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.304 27
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.304f
2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen
____________________________________________________________________
16
oder andere Akzeptoren übertragen werden, um chemisch reduzierte
Produkte und Intermediate des Stoffwechsels zu bilden.28
Komplexbildung: Aufgrund ihrer Polyoxystruktur können Alditole
Komplexverbindungen (chelatartige Strukturen) bilden. Vom Standpunkt
der Zahnmineralisation aus sind Komplexe mit Calciumionen (Ca2+) äußerst
wichtig.29 Auf die komplexbildenden Eigenschaften von Xylitol wird an
anderen Stellen dieser Arbeit erneut eingegangen.
Hydrophile Eigenschaften: Das Vorhandensein einer großen Anzahl von
Hydroxid-Gruppen macht die meisten Alditole sehr leicht löslich im
Speichel. Die hydrophilsten Zuckeralkohole Erythritol, Xylitol und Sorbitol
können mit Wassermolekülen um die Hydrathülle von Biomolekülen
konkurrieren. Diese Eigenschaft kann die ursprüngliche räumliche
Anordnung von Speichelproteinen und Fetten stärken. Die Löslichkeit von
Xylitol beträgt bei 25°C 180g Xylitol pro 100g Wasser und bei 50°C lösen sich
400g pro 100g Wasser.30
Abfangen von freien Radikalen: Aufgrund ihrer polyolen Natur mit vielen
Hydroxidgruppen, gelten Alditole, wie D-Mannitol, Xylitol und Erythritol als
vielversprechende Quelle zum Abfangen von freien Radikalen in
biologischen Systemen.31
Trotz gemeinsamer Eigenschaften der Zuckeralkohole untereinander unterscheiden
sie sich, indem sie spezifische selektive Effekte auf biologische Reaktionen ausüben,
die sich wiederum auf Gesundheit und Krankheit auswirken. Darum ist es sehr
irrtümlich anzunehmen, alle Zuckeralkohole hätten den gleichen Einfluss auf
biologische Prozesse. Allein die unterschiedlichen Molekülmassen führen zu
gravierenden Unterschieden im metabolischen und physiologischen Schicksal dieser
Moleküle, nach Aufnahme in den menschlichen Körper.32
28
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 29
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 30
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 31
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 32
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 305
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
17
Der Aufbau von Xylitol aus einem C-5-Körper ist sehr wichtig für vielerlei
biochemischer Eigenschaften, wie z.B. bei der Verstoffwechslung durch kariogene
Mikroorganismen, wie dem am weitesten verbreiteten kariesverursachenden
Bakterium Streptococcus mutans. Für dieses stellt Xylitol ein geringwertiges
Substrat dar.33
Xylitol besitzt interessanter Weise eine positive Lösungsenthalpie von 153,72
KJ/mol.34 Dies bedeutet, dass Xylitol beim Lösungsvorgang in Wasser Energie
verbraucht, welche es der Umgebung entnimmt und diese dadurch abkühlt. Daher
hat Xylitol beim Auflösen im Mund einen kühlenden Effekt, der auch in Kaugummis
und Bonbons genutzt wird und diesen einen erfrischenden Geschmack verleiht.
Vom Aussehen her ist Xylitol ein weißes, geruchsloses und kristallines Pulver, wie es
auch beim Haushaltszucker Saccharose der Fall ist. Jedoch ist Xylitol ein
hygroskopischer Stoff, das heißt, dass er Feuchtigkeit aus der Luft aufnimmt und
dazu neigt zu verklumpen. Darum sollte Birkenzucker in geschlossenen Behältnissen
aufbewahrt werden. Der Brennwert von Xylitol beträgt nur 17 kJ/g 35 und ist somit
um ca. 40% geringer als Haushaltszucker. Aufgrund dieser Eigenschaft findet Xylitol
auch als Diätzucker Anwendung (siehe auch Kapitel 2.6.3).
2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
Xylitol ist hauptsächlich aus dem Bereich der Zahnpflege und Zahngesundheit
bekannt. Auch die meisten klinischen Studien zu Xylitol wurden im Zusammenhang
mit Zahnkaries durchgeführt. An dieser Stelle ist es wichtig Professor Emeritus
Kauko K. Mäkinen zu erwähnen. Er war u.a. Prof. an der University of Michigan und
der University of Turku in Finnland. Dazu Director Emeritus am International
Institute for Preventive Dentistry, ebenfalls an der University of Turku. Er war
langjährig tätig in Forschung und Lehre an verschiedenen anderen Universitäten in
Finnland und den USA und verfasste bisher mehr als 300 wissenschaftliche
Veröffentlichungen hauptsächlich auf dem Gebiet der oralen Biologie und
33
vgl. Mäkinen, 2011, S.305 34
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S. 33 35
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S. 33
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
18
Enzymchemie.36 In der überwiegenden Mehrheit der Veröffentlichungen über
Xylitol wird er zitiert und hat auf diesem Gebiet seit den frühen 1970er Jahren einen
unschätzbaren Beitrag geleistet und umfangreich über Xylitol geforscht.
2.5.1 Was ist Karies?
„Karies, die häufigste Zahnerkrankung, ist eine infektiöse, übertragbare Krankheit,
bei der durch Bakterien produzierte Säuren die Zähne angreifen.“37 Bestimmte
Bakterien können meist von den Eltern auf ihre Kinder übertragen werden, welche
dann kariogen wirken, also Zahnverfall verursachen. Bei diesen Bakterien handelt es
sich hauptsächlich um Streptococcus mutans und andere Laktobazillen
(Milchsäurebakterien). Diese Bakterien bilden zunächst einen Belag bzw. klebrigen
Film auf der Zahnoberfläche, auch Plaque genannt. In dieser Zahnplaque
verstoffwechseln die Bakterien fermentierbare (vergärbare) Kohlenhydrate und
bilden Säuren, hauptsächlich Milchsäure. Zu den fermentierbaren Kohlenhydraten
zählen z.B. die verschiedensten Zuckerarten, wie Haushaltszucker und
Traubenzucker aber auch stärkehaltige Lebensmittel und zuckerhaltige Getränke.
Die dabei entstehenden Säuren sind in der Lage Mineralstoffe wie Calcium- und
Phosphat-Ionen aus der Zahnhartsubstanz zu lösen und diese zu entmineralisieren.
Der menschliche Speichel wirkt diesem Prozess entgegen, indem er
Lebensmittelreste aus dem Mundraum spült, die Säuren der Plaquebakterien
neutralisiert, und den Zähnen Calcium und Phosphat zur Remineralisierung liefert.
Wenn jedoch die Entmineralisierung die Remineralisierung dauerhaft übersteigt,
tritt Zahnverfall auf. Individuelle Faktoren, wie Form des Kiefers und der
Mundhöhle, Menge, Qualität und Zusammensetzung des Speichels, sowie die Art
und Anzahl der Karies verursachenden Bakterien, haben Einfluss darauf, wie anfällig
eine Person für Zahnkaries ist.38
Um die „Lebensgeschichte“ der Gesamtkariesprozesse, also den Kariesbefall einer
Person, auszudrücken, verwenden Zahnmedizinforscher den DMFS-Index (steht für:
36
vgl. Mäkinen, 2003 37
Aus “Zahngesundheit” vom European Food Information Council. Abgerufen unter http://www.eufic.org/article/de/expid/basics-zahngesundheit/ 38
vgl. “Zahngesundheit” vom European Food Information Council. Abgerufen unter http://www.eufic.org/article/de/expid/basics-zahngesundheit/
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
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19
decayed, missed, filled Surface). Dieser Index ist kumulativ und beinhaltet die
Anzahl der kariösen Zahnoberflächen (D), der fehlenden Zähne (M) und der mit
einer Füllung (F) versehenen Zahnoberflächen (S) eines Patienten.39 Bei der
Untersuchung von Kindern wird hauptsächlich nur der DFS-Index verwendet, da
diesen oft schon Milchzähne fehlen, die nicht im Sinne von „fehlenden Zähnen“ (M)
gewertet werden können.
2.5.2 Erste klinische Kariesversuche mit Xylitol
An der Universität Turku in Finnland wurden die ersten klinischen Tests zu Xylitol
durchgeführt mit dem Verdacht, dass dieses Kohlenhydrat möglicherweise
kariesreduzierende Eigenschaften haben könnte. Zunächst fand man in kurzen Tests
mit einer Dauer von 4-5 Tagen an Studenten der Zahnmedizin heraus, dass die
Anwendung von Xylitol mit einer ca. 50%igen Reduktion des Zahnplaquewachstums
(Wachstum der Zahnbeläge) einherging im Vergleich zu einer Anwendung von
Saccharose, Glucose, Fructose und auch Sorbitol.40 41 Diese Ergebnisse waren für die
Wissenschaftler so vielversprechend, dass sie begannen einen zweijährigen
klinischen Kariesversuch zu planen, der zu den bahnbrechenden Turku-
Zuckerstudien von 1972-1975 führte.42 Diese Studien bestanden zunächst aus zwei
verschiedenen klinischen Versuchen: einer zweijährigen „Ernährungsstudie“ (1972-
1974) und einer einjährigen „Kaugummistudie“ (1973-1974).43 An der
Ernährungsstudie nahmen 115 Personen, die in drei Gruppen eingeteilt wurden,
teil. Zwei Jahre lang erhielten die Probanden eine Diät, die entweder mit
Saccharose, Fructose oder Xylitol gesüßt wurde. Die täglich verzehrte Menge an
Birkenzucker umfasste ca 50-67g/Tag. Interessanterweise wurden diese
Süßungsmittel in gebräuchlichen Lebensmitteln des alltäglichen Lebens verarbeitet.
So gab es eine Art „Shop“ auf dem Gelände des Zahnmedizinischen Instituts der
Universität, in dem eine umfangreiche Auswahl an normalen Lebensmitteln von
Eiscreme bis hin zu mariniertem Honig, erhältlich war. Die Herstellung dieser
39
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.40 40
vgl. Scheinin & Mäkinen, 1971 41
vgl. Scheinin & Mäkinen, 1972 42
vgl. Mäkinen, 2003, S.39 43
vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
20
speziell gesüßten Lebensmittel übernahmen zwölf örtliche Unternehmen.44 „Nach
den klinischen und radiographischen Aufzeichnungen der zweijährigen Turku-Studie
wurde eine hochsignifikante Reduktion der Karies (über 85%) in der Xylitgruppe
ermittelt.“45 In zahnmedizinischer Begrifflichkeit ausgedrückt, betrug der DMFS-
Index nach zwei Jahren 7,2 in der Saccharosegruppe, 3,8 in der Fructosegruppe und
0,0 in der Xylitolgruppe. Interessanterweise wurde festgestellt, dass in der
Xylitolgruppe unerwarteterweise bei einigen Versuchsteilnehmern eine Reduktion
des DMFS-Indexes zu beobachten war. Dies bedeutet, dass bei diesen Personen
eine so genannte „Kariesreversion“ sattfand und einige Kariesläsionen einen
Wiedererhärtungsprozess durchgemacht hatten. Diese Läsionen waren kleiner
geworden im Vergleich zum Beginn der Studie und der Verzehr von Xylitol zeigte,
dass die Entwicklung dieser Läsionen reversibel ist. Als dieser signifikante Trend
schon nach sechs Monaten zu beobachten war, startete zeitnah die
„Kaugummstudie“, bei der 100 Studenten in eine Xylitol- und eine
Saccharosegruppe eingeteilt wurden. Diesmal bekamen die Probanden Kaugummis,
die mit Xylitol gesüßt waren. Die dabei täglich verzehrte Menge an Xylitol betrug
nur noch 6,7g pro Tag und Testperson und somit nur noch rund ein Zehntel der
ursprünglichen Menge, verglichen mit der Ernährungsstudie. Die Kaugummis
wurden 4- bis 5-mal täglich angewendet. Dennoch war die Reduktion der
Karieszuwachsrate in der Xylitolgruppe 82% höher als in der Saccharosegruppe.
Dadurch wurde deutlich, dass es nicht von Nöten war, die komplette Diät auf Xylitol
umzustellen, um eine effektive Kariesreduktion zu erreichen.46 Abbildung 5
veranschaulicht die wichtigsten klinischen Ergebnisse dieser Studien.
44
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.39 45
Mäkinen, K.K., 2003, S.39 46
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.41
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
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21
Abbildung 5: Die wichtigsten klinischen Erkenntnisse aus den finnischen Turku-Zuckerstudien.47
Teil A: Veränderung des DMFS-Indexes über den Zeitraum von zwei Jahren bei Versuchspersonen, die während der „Ernährungsstudie“ Diäten mit Saccharose (S), Fructose (F) oder Xylitol (X) erhielten. Teil B: Veränderung des DMFS-Indexes über einem Zeitraum von zwölf Monaten bei Versuchspersonen, die Kaugummis mit Xylitol (X) oder Saccharose (S) erhielten und 4- bis 5-mal täglich anwendeten. Zu beachten ist der Kariesreversions-Effekt innerhalb der Xylitol-Gruppe, der zu negativen DMFS-Werten führte.
Die Ergebnisse der Turku-Zuckerstudien mündeten bald darauf in der Entwicklung
des ersten Kaugummis, mit dem Ziel, Zahnkaries zu reduzieren und die
Mundgesundheit zu verbessern. Dieser kam 1975 auf den finnischen Markt und kurz
darauf auch auf den US-amerikanischen.48
2.5.3 Die Ylivieska-Studie
Eine weitere Aufsehen erregende zweijährige Xylitol-Kaugummistudie fand von
1982-1984 in der finnischen Kleinstadt Ylivieska mit 11- bis 12-jährigen Schülern,
mit relativ gut kontrollierter Karies, statt.49 Im Rahmen eines von den finnischen
Gesundheitsbehörden anerkannten staatlichen Prophylaxeprogramms, wurde die
Ylivieska-Studie von staatlich angestellten Zahnärzten und Mitarbeitern des
örtlichen und öffentlichen Gesundheitszentrums durchgeführt. Die teilnehmenden
Kinder erhielten als zusätzliche Maßnahme zur amtlichen Kariesprophylaxe, wie der
freiwilligen Einnahme von Fluoridtabletten, Mundhygieneerziehung in Schulen und
47
Quelle: Mäkinen, K. K., 2003, S.40 48
vgl. Scheinin, Mäkinen, & Ylitalo, 1976 49
vgl. Isokangas, 1987
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
22
Fluoridlackierungen der Zähne im Zahngesundheitszentrum, Xylitolkaugummis, um
deren Wirksamkeit als ergänzende Maßnahme zu testen. Die Forscher fragten sich,
ob die von der Regierung anerkannten Präventionsmaßnahmen durch Gabe von
Xylitol noch übertroffen werden konnten. Die Testpersonen sollten 2- bzw. 3-mal
täglich xylitolhaltige Kaugummis anwenden. Das Ergebnis war eine 30%ige (zwei
Kaugummianwendungen täglich) bzw. 60%ige (drei Kaugummianwendungen
täglich) Reduktion der Zahnkaries. Im zweiten Teil der Studie wurden nur Kinder der
ersten Studie berücksichtigt, bei denen man ein hohes Kariesrisiko annahm. Dies
resultierte in einer 50 bis 80% Zahnkariesreduktion. Die Kontrollgruppen erhielten
keine Kaugummis.50 Veranschaulicht werden die Ergebnisse des 2. Teils der Yliviska-
Studie in Abbildung 6.
Abbildung 6: Klinische Ergebnisse der Ylivieska-Studie.51
Teil A stellt den Zuwachs an Karies in Testpersonen mit hohem Kariesrisiko innerhalb von drei Jahren dar. Die Kinder der Xylitol-Gruppe (X) erhielten zusätzlich zum staatlichen Kariesprophylaxeprogramm Xylitolkaugummis, die dreimal täglich angewendet werden sollten. Die Kontrollgruppe (K) erhielt ausschließlich das staatliche Programm ohne zusätzlich verabreichte Kaugummis. Teil B: Die Veränderung des DFS-Indexes in Abhängigkeit von der Anzahl der täglich konsumierten Xylitol-Kaugummis. Dies wurde über Fragebögen ermittelt.
50
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.42f 51
Quelle aus: Mäkinen K. K., 2003, S.42
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
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23
Der 2. Teil der Ylivieska-Studie von Isokangas et al. (1993) bestand neben der
zweijährigen Kaugummistudie auch aus anschließenden Nachuntersuchungen der
Versuchspersonen, sofern diese noch im selben Bezirk wohnten. Diese
Nachuntersuchungen fanden innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach
Abschluss der eigentlichen Kaugummistudie statt und zwar 1987 und 1989, also drei
bzw. fünf Jahre nach Beendigung der Behandlung als die Probanden
zwischenzeitlich 18 bzw. 19 Jahre alt waren. Während dieser Zeit wurden von den
Probanden keine signifikanten Mengen an Xylitol-Kaugummis konsumiert.52
Abbildung 7: : Klinische Ergebnisse des 2. Teils der Ylivieska-Studie53
Veränderung des DMFS-Indexes im Verlauf einiger Jahre. Die Xylitol-Gruppe (X) konsumierte Xylitolkaugummis nur im Zeitraum von 1982-1984. Anschließend wurden keine signifikanten Mengen an xylitolhaltigen Kaugummis mehr verzehrt. Zu sehen ist, dass der Prozess des Zahnverfalls gestoppt werden konnte. Die Kontrollgruppe (K) konsumierte zu keinem Zeitpunkt xylitolhaltige Kaugummis.
Die Ergebnisse dieser Nachuntersuchungen verdeutlichten zum ersten Mal einen
nachweisbaren Langzeitschutz eines über einen gewissen Zeitraum andauernden
Xylitolprogramms für die Zähne, selbst, wenn Xylitol nach dieser Zeit nicht mehr
verwendet wurde. Bei den Versuchspersonen wurde der Kariesprozess durch den
Einsatz von Xylitol tatsächlich gestoppt, wie Abbildung 7 anschaulich verdeutlicht.
Dieser nachhaltige Effekt von Birkenzucker ist besonders Hervorhebens wert.
Erstaunlich ist auch, dass die zusätzliche Gabe von Xylitol die Zahnkariesprophylaxe
52
vgl. Isokangas, et al., 1993 53
Quelle: Mäkinen, K., 2003, S.43
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
24
signifikant verbessern konnte, obwohl die teilnehmenden Kinder auch die
staatlichen Prophylaxemaßnahmen erhielten.
2.5.4 Mutter-Kind-Studien
Wie schon gezeigt werden konnte, besitzt Xylitol eine kariostatische und sogar
antikariogene Wirkung. Besonderes Augenmerk im Anwendungsbereich von Xylitol
verdient die Wirkungsweise auf Mütter und deren Kinder. Wie bereits erwähnt, ist
Karies eine Infektionskrankheit mit welcher man sich meistens im Kindheitsalter
ansteckt. Werden die Zähne von Kindern im frühen Kindesalter schon mit dem
Karies verursachenden Bakterium Streptococcus mutans besiedelt, zeigen diese ein
höheres Kariesrisiko, als Kinder, die sich erst später oder gar nicht mit diesen
Kariesbakterien infizieren.54 55 56 Die meisten Kinder scheinen sich hierbei über ihre
Mutter mit diesen Mikroorganismen anzustecken.57 Dabei scheint die Besiedelung
des Mundraumes mit diesen Bakterien im Alter zwischen 19 und 31 Monaten
aufzutreten.58
In einer sehr aussagekräftigen, zweiteiligen und über sechs Jahre andauernden
Studie von Söderling et al. (2000) und (2001), auch als ein Teil der Ylivieska-Studien
bekannt, konnte gezeigt werden, welch großen zahngesundheitlichen Nutzen
Kinder davontragen, wenn allein ihre Mütter xylitolhaltige Kaugummis
konsumieren. Selbst Jahre nach Absetzten des regelmäßigen Konsums von Xylitol
konnte an den 6-Jährigen Kindern ein signifikanter und nachhaltig positiver Effekt
auf die Mundflora dieser Kinder nachgewiesen werden.
An dieser in Finnland durchgeführten Studie nahmen zu Beginn 195 schwangere
Frauen teil. Diese wurden aus einer Gruppe von 338 untersuchten Schwangeren
ausgesucht, da sie alle eine hohe Konzentration an Karies verursachenden Bakterien
der Mutans Streptokokken (MS) Gruppe im Speichel aufwiesen. Den Frauen der
Xylitol-Gruppe wurde empfohlen Kaugummis, die ausschließlich mit Xylitol gesüßt
sind, mindestens 2-3 mal am Tag über 21 Monate hinweg zu kauen, beginnend 3
54
vgl. Alaluusua et al., 1983 55
vgl. Köhler et al., 1984 56
vgl. Tenovuo et al., 1990 57
vgl. Berkowitz & Jordan, 1975; Caufield et al., 1985 58
vgl. Caufield et al.,1993
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
25
Monate nach Geburt ihres Kindes. Die Frauen in den Kontroll- und
Vergleichsgruppen bekamen zu drei verschiedenen Zeitpunkten, 6, 12 und 18
Monate nach der Geburt, entweder eine Fluorid- oder Chlorhexidin-Anwendung
(ein in der Zahnmedizin verwendetes Antiseptikum). Von Fluoriden ist bekannt, dass
sie die Konzentration an kariesverursachenden Bakterien im Mundraum nicht
senken59 und dadurch für die Verwendung bei den Kontrollgruppen sehr geeignet
sind. Die Kinder erhielten keine dieser Behandlungen. Nach 2, 3 und 6 Jahren
wurden der Speichel und der Zahnbelag (Plaque) der Kinder entnommen und auf
einem geeigneten Medium kultiviert, um den Grad der Besiedelung durch MS-
Bakterien zu bestimmen. In allen Gruppen nahm das Risiko einer Besiedelung durch
die kariesverursachenden Bakterien zu, jedoch war dies in der Fluorid-
Kontrollgruppe bei den 3-Jährigen um das 2,7-fache höher als in der Xylitol-Gruppe.
Dieser Unterschied ist statistisch signifikant. Selbst bei den 6-Jährigen konnte eine
signifikant niedrigere Konzentration an MS-Bakterien festgestellt werden, obwohl
die Mütter nur über einen Zeitraum von 21 Monaten nach der Geburt ihres Kindes
xylitolhaltige Kaugummis konsumierten. Belegt wurde somit, dass das Risiko für
Kinder sich mit MS-Bakterien zu infizieren drastisch gesenkt werden kann, wenn
deren Mütter xylitolhaltige Kaugummis kauen. Veranschaulicht werden diese
Ergebnisse in Abbildung 8.
59
vgl. Schaeken et al., 1991
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
26
Abbildung 8: Klinische Ergebnisse der Mutter-Kind-Studien aus Finnland60
Zu sehen ist die Veränderung des DMFS-Indexes der Kinder, deren Mütter 21 Monate nach der Geburt ihres Kinders entweder eine Chlorhexidinanwendung (CH) oder eine Fluoridanwendung (F) erhielten oder mindestens 2-3-mal täglich Xylitolkaugummis konsumierten. Keines der Kinder erhielt eine dieser Maßnahmen. Es wird deutlich, dass durch die Xylitolanwendung der Mütter die Übertragung von MS-Bakterien verhindert werden konnte.
Isokangas et al. (2000) zeigten außerdem, dass die Präsenz von MS-Bakterien bei 2-
Jährigen mit dem ersten Auftreten von Zahnkaries in diesem Alter zusammenhängt.
Bei den 5-Jährigen schließlich war das Auftreten des Zahnverfalls um ca. 70%
reduziert im Vergleich zu den beiden Kontrollgruppen, in denen die Mütter kein
Xylitol zu sich nahmen. Ein weiteres Ergebnis der Studie von Söderling et al. (2001)
ist der nachhaltige Langzeiteffekt auf die Besiedelung von MS-Bakterien während
des Durchbruchs der Milchzähne, wenn aufgrund des mütterlichen Xylitolkonsums
eine verringerte Übertragung von MS-Bakterien aufgetreten ist.
Eine weitere Mutter-Kind-Studie aus Japan konnte die Studienergebnisse von
Söderling und Isokangas bestätigen und zeigen, dass der mütterliche Konsum von
xylitolhaltigen Kaugummis effektiv die Übertragung von Mutans Streptokokken
(MS) auf deren Kinder verhindern kann.61 Bei dieser Studie wurden 107 schwangere
Frauen mit einer hohen Konzentration an MS-Bakterien im Speichel in zwei
Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe erhielt 13 Monate lang Xyltolkaugummis,
60
Quelle: Mäkinen, 2003, S.43 61
vgl. Nakai, et al., 2010
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
27
beginnend im 6. Schwangerschaftsmonat, die andere Gruppe erhielt keine
Kaugummis. Bis zum Alter von 24 Monaten wurden die Kinder auf das
Vorhandensein von MS-Bakterien im Speichel und in der Plaque hin untersucht. Die
Kinder aus der Xylitolgruppe hatten im Alter zwischen 9 und 24 Monaten eine
signifikant geringere Wahrscheinlichkeit eine Besiedelung durch MS-Bakterien
aufzuweisen. Die Kinder der Kontrollgruppe erwarben MS-Bakterien 8,8 Monate
früher als die Kinder der Xylitolgruppe. Die Forscher schreiben zudem, dass der
Konsum von xylitolhaltigen Kaugummis von japanischen Müttern die gleiche
positive Wirkung aufweist, wie dies zuweilen schon in den nordischen Ländern
demonstriert werden konnte.
2.5.5 Übersicht zu einigen weiteren Zahnkaries-Studien über Xylitol
Mittlerweile existieren dutzende Studien zur Wirksamkeit von Xylitol, besonders im
Bereich der Kariesprophylaxe. In vielen Ländern weltweit wurden die anfänglichen
Studien aus Finnland reproduziert und in den meisten Fällen konnten die
Studienergebnisse bestätigt werden. In Tabelle 1 sind exemplarisch die Ergebnisse
einiger Human-Kariesstudien aufgelistet. Mäkinen (2000) führt an, dass alle
klinischen Versuche, die den kariologischen Effekt von Xylitol untersuchten, im
Wesentlichen zu den gleichen Forschungsergebnissen führten, unabhängig vom
Alter der Versuchspersonen, die Art und Weise wie sich die Kariesaktivität im
Mundraum äußerte, und wie stark der Kariesbefall war. Auch unabhängig von den
Methoden der Verabreichung von Xylitol stellten sich ähnliche Ergebnisse ein.
Birkenzucker ist wirksam gegen koronal Karies bei Milchzähnen und den bleibenden
Zähnen und offensichtlich auch wirkungsvoll gegen Karies der
Zahnwurzeloberflächen. Dabei scheint es kaum einen Unterschied zu machen, ob
Xylitol im Essen, in Kaugummis, in löslichen Dragees, in Bonbons oder in Zahnpasta
enthalten ist. Von Xylitol konnten nicht nur Bevölkerungsgruppen profitieren, die
Zugang zu anderen systematischen Prophylaxemaßnahmen hatten und eine relativ
gute Zahngesundheit aufwiesen, sondern auch Bevölkerungsgruppen mit
schwerwiegenden Erkrankungen der Zähne, die nur einen eingeschränkten Zugang
zu präventiven und restaurativen zahnärztlichen Behandlungsmöglichkeiten hatten.
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
____________________________________________________________________
28
Der positive Gesamteffekt auf die Kariesrate und den Kariesbefall war für die
jeweiligen Bevölkerungsgruppen von ungefähr der gleichen Größenordnung.62
Tabelle 1: Exemplarische Auflistung von Kariesstudien über Xylitol
63
Ort der Studie Dauer (Jahre) Xylitol-Dosis (g) Kariesreduktion (%)
Turku Xylitol Studien, Finnland
64
2 1
67 6,7
>85 >82
Sowjet Studie65
2 30 73
WHO Studien66
Thailand
Polynesien
Ungarn
2,3-2,7
3 2-3
20
bis zu 20 14-20
prävent. Effekt bemerkt
58-62 37-45
Kanadische Studie67
1-2 1-3,9 52
Ylivieska Studie, Finnland
68 69
2 3
7-10 7-10
30-57 59-84
Belize Studien70
71
3,3 2
bis zu 10,7 bis zu 10,7
bis zu 73 bis zu 65
Dayton VAMC72
73
1,8 bis zu 8,5 80
Estland Studie74
2-3 5 75
50-60
Die vorgestellten Studien haben allerdings gemein, dass für eine signifikante
Reduktion der Zahnkaries xylitolhaltige Anwendungsprodukte wie Kaugummis und
Bonbons mindestens dreimal täglich, besser noch vier- bis fünfmal am Tag, über
einen Zeitraum von mehreren Monaten, angewendet werden sollten. Die insgesamt
dabei konsumierte Menge an Birkenzucker sollte 5-10g/Tag betragen. Eine
Anwendungsfrequenz von täglich weniger als drei Xylitol-Einheiten zeigte in Studien
keinen signifikanten Effekt.76 77 78
62
vgl. Mäkinen K. , 2000 63
Quellenangaben innerhalb der Tabelle beziehen sich teilweise auf Review Artikel, die die Studien detailliert beschreiben 64
vgl. Mäkinen K. K., 1993 65
vgl. Mäkinen K. K., 1993 66
vgl. Mäkinen K. K., 1993 67
vgl. Mäkinen K. K., 1993 68
vgl. Mäkinen K. K., 1993 69
vgl. Isokangas, et al., 1993 70
vgl. Mäkinen, et al., 1995 71
vgl. Mäkinen, et al., 1993 72
Steht für: Dayton, Ohio, Veterans Administration Medical Center 73
vgl. Mäkinen, et al., 1996 74
vgl. Alanen, Isokangas, & Gutmann, 1999 75
Behandlung ausschließlich an Schultagen (200 Tage pro Jahr) 76
vgl. Isokangas, 1987 77
vgl. Rekola, 1989 78
vgl. Thaweboon, Thaweboon , & Soo-Ampon, 2004
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
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29
Außer den Studien mit xylitolhaltigen Kaugummis und Bonbons existieren auch eine
Reihe von Xylitol-Zahnpasta-Studien über Birkenzucker, die ebenfalls interessante
Ergebnisse hervorbrachten. Zwei dieser Studien sollen hier kurz vorgestellt werden:
Zum Beispiel führte eine über fünf Wochen andauernde Doppelblindstudie mit
einer 10%igen Xylitol-Zahnpasta zu einer Erhöhung des pH-Wertes der Zahnplaque
und des Speichels und zu einer Reduktion des Zahnplaquewachstums, verglichen
mit einer sorbitolhaltigen Zahnpasta.79 In einer anderen über drei Monate
andauernden Studie erhielten die Probanden eine 20%ige Xylitol-Zahnpasta, was zu
einem erhöhten Ammoniakgehalt im Speichel führte. Dies stellt eine positive
Entwicklung dar, da der Speichel dadurch basischer wird, Säuren neutralisieren und
somit zur Remineralisierung des Zahnschmelzes beitragen kann. Außerdem
verringerte sich die Anzahl von kariogenen Streptococcus mutans Bakterien, was
wiederum bei einer Sorbitol-Zahnpasta nicht der Fall war.80
Trotz dieser positiven Ergebnisse weißt Mäkinen (2003, S.50) daurauf hin, „dass bei
einem Kariesprophylaxeprogramm, das auf Xylit basiert, der Einsatz einer
xylithaltigen Zahnpasta nur als ein Zusatz zu anderen Wegen, auf denen Xylit
verabreicht werden soll, betrachtet werden sollte.“ Er empfiehlt eher Kaugummis
und andere Produkte, da diese den Speichelfluss anregen.81
2.5.6 Worauf beruht die antikariogene Wirkung von Xylitol?
Viele Studien konnten mittlerweile zeigen, dass die kariostatische und sogar
antikariogene Wirkungsweise von Birkenzucker auf die Zahngesundheit auf vielen
verschiedenen Faktoren beruht. Einige wurden im Verlauf dieses Kapitels schon
erwähnt. Im Folgenden werden in einer Aufzählung einige der verschiedenen
Wirkungsarten von Xylitol auf die Mundhygiene, Mundflora und Zahngesundheit
aufgelistet:
79
vgl. Mäkinen, Söderling, & Läikkö, 1987 80
vgl. Mäkinen K. , Söderling, Hurttia, Lehtonen, & Luukkala, 1985 81
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.50
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
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30
Xylitol reduziert die Plaque-Bildung und die Anhaftung von
kariesverursachenden Bakterien an die Zähne und wirkt antimikrobiell.82
Birkenzucker verhindert die Entmineralisation des Zahnschmelzes und
reduziert die Säureproduktion von kariesverursachenden Bakterien.83
Der Konsum von xylitolhaltigen Kaugummis schützt die Zähne vor einem
Abfall des pH-Wertes ins saure Milieu in der Zahnplaque, selbst nach dem
Konsum von Zucker, welcher normalerweise den pH-Wert erniedrigt. Ein
saurer pH-Wert ist schlecht für die Zähne, da dieser zur Entmineralisation
der Zähne führt. Xylitol hebt den pH-Wert sogar an, wohingegen Sorbitol
diese Wirkung nicht aufzeigt.84
Xylitol wirkt direkt wachstumshemmend auf Bakterien der Mutans
Streptokokken-Gruppe (MS) und scheint einen selektiven Effekt auf diese
Bakterien auszuüben, sodass „Xylitol-resistente“ MS-Bakterien selektiert
werden.85 Diese MS-Bakterien wiederum scheinen sich leichter in den
Speichel abzulösen als ihre Elternstämme86, was zu einer Reduktion von
diesen Bakterien in der Zahnplaque führt.87
Einige Studien legen nahe, dass der Kauprozess von Xylitol-Kaugummis den
antikariogenen Effekt verstärken könnte.88 89 90
Birkenzucker hat die Eigenschaft, wie auch einige andere Zuckeralkohole,
Komplex-Verbindungen, insbesondere mit Calcium-Ionen und Proteinen des
Speichels, zu bilden. Diese Komplexe halten die Calcium-Ionen und
Speichelproteine im Speichel in Lösung und tragen so zur Verfügbarkeit
dieser Stoffe in physiologisch geeigneten Konzentrationen bei. Dies ist in
Bezug auf Calcium sehr förderlich für die Remineralisation der Zähne.91 92
82
vgl. Trahan & Mouton, 1987 83
vgl. Trahan & Mouton, 1987 84
vgl. Söderling, et al., 1989 85
vgl. Trahan & Mouton, 1987 86
vgl. Trahan, Söderling, Dréan, Chevrier, & Isokangas, 1992 87
vgl. Söderling, Trahan , Tammiala-Salonen, & Häkkinen, 1997 88
vgl. Mäkinen, et al., 2008 89
vgl. Machiulskiene, Nyvad, & Baelum, 2001 90
vgl. Scheie, Fejerskov, & Danielsen, 1998 91
vgl. Mäkinen, 2003 92
vgl. Mäkinen, 2000
2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols
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31
Diese Aufzählung verdeutlicht, dass Xylitol auf äußerst umfangreiche Art und Weise
gegen Zahnkaries und ihre auslösenden Faktoren wirkt.
2.5.7 Xylitol und Parodontitis
Die Parodontitis, umgangssprachlich auch als Parodontose bezeichnet, umfasst eine
Reihe von Infektionen, die zur Entzündung des Zahnfleischgewebes und zum Abbau
des Parodontalgewebes, welches den Zahnapparat hält, führen können. Bei
schwerwiegenden Fällen kann es zum Verlust des Alveolarknochens, der die Zähne
im Kiefer befestigt, kommen und schließlich den Ausfall der betroffenen Zähne zur
Folge haben.93 Parodontitis entsteht durch eine Infektion mit Zahnplaque bildenden
Bakterien, die am Zahnfleischsaum siedeln, und einer anschließenden
Immunantwort des Wirtes. Diese spezielle, sich am Zahnfleischsaum befindliche
Zahnplaque, besitzt eine sehr umfassende orale Mikroflora aus der über 300
verschiedene Bakterienspezies identifiziert wurden. Trotz dieser Vielfalt gibt es
mittlerweile einen breiten Konsens darüber, dass vor allem das Bakterium
Porphyromonas gingivalis als einer der hauptverantwortlichen Krankheitserreger
einer Parodontitis hervortritt.94 P. gingivalis kommt in den Zahnfleischtaschen vor
und spielt bei der Initiation und dem Voranschreiten einer Parodontitis eine
wichtige Rolle und exprimiert zahlreiche verschiedene potentielle
Virulenzfaktoren.95 Vor allem die von P. gingivalis produzierten Lipopolysaccharide,
die an der Membran dieses Erregers lokalisiert sind, sind in der Lage eine
Immunantwort des Wirtes auszulösen, die letztendlich den Abbau des
Parodontalgewebes zur Folge hat.96
Han et al. (2005) führen an, dass die wachstumshemmende Wirkung von Xylitol auf
Mikroorganismen des Mundraumes, insbesondere von dem hauptsächlich für Karies
verantwortlichen S. mutans, untersucht wurde und Xylitol seit Jahrzehnten zur
Kariesprävention eingesetzt wird. Doch sei die Wirkung von Xylitol auf Menschen,
die unter Parodontitis leiden, bisher nicht untersucht worden. In ihrer Studie
setzten sie erstmalig dem Erreger P. gingivalis unterschiedliche Konzentrationen an
93
vgl. Han, et al., 2005 94
vgl. Lamont & Jenkinson, 1998 95
vgl. Dzink, Socransky, & Haffajee, 1988 96
vgl. Birkedal-Hansen, 1993
2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte
____________________________________________________________________
32
Xylitollösungen aus und stellten fest, dass sein Wachstum, abhängig von der
jeweiligen Konzentration, stark gehemmt wurde und in einer 20%igen Xylitollösung
vollständig zum erliegen kam. Nicht nur das Gesamtwachstum, sondern auch die
Ausbildung der Lipopolysaccharide von P. gingivalis als auch die Expression von
Genen, die letztendlich zum Abbau des Parodontalgewebes aufgrund der
Immunantwort des Wirtes führen, wurden gehemmt. Das erste Mal konnte gezeigt
werden, dass Xylitol einen hemmenden Effekt auf die Parodontitis verursachenden
Lipopolysacharide dieses Erregers ausübt. Dennoch bestehe noch weiterer
Forschungsbedarf in dieser Hinsicht, so die Forscher.97
2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte
Neben den sehr gut untersuchten Effekten von Birkenzucker auf die Mundhygiene
und die Zahngesundheit weist Xylitol noch viele andere allgemeinmedizinische und
therapeutische Aspekte auf. Einige ausgesuchte Aspekte für die Gesundheit sollen
in diesem Kapitel besprochen werden.
2.6.1 Verträglichkeit von Xylitol
Wie bereits erwähnt, tritt Xylitol als Zwischenprodukt im menschlichen Stoffwechsel
ganz natürlich auf und kann als ein körpereigener Stoff angesehen werden. Zur
Verträglichkeit von Birkenzucker wurden viele umfangreiche klinische Studien
durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass als einzige mögliche Nebenwirkung von
Xylitol bei ungewohnt übermäßigen Verzehr ein osmotischer Durchfall auftreten
kann. Dieser mag unangenehm sein, ist aber harmlos und ungefährlich. Diese
Nebenwirkung tritt nur auf, wenn man den Verzehr größerer Mengen (ab ca. 30g)
nicht gewohnt ist. Die menschliche Verdauung kann sich allerdings bei
regelmäßigem Verzehr sehr schnell innerhalb weniger Tage oder Wochen auf
Birkenzucker einstellen, sodass kein Durchfall mehr auftritt.98 99
Seit 1963 ist Xylitol als Lebensmittelzusatzstoff von der Food and Drug
Administration, also der zuständigen US-amerikanischen Behörde für
97
vgl. Han, et al., 2005 98
vgl. Bässler, 1978 99
vgl. Emodi, 1978
2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte
____________________________________________________________________
33
Lebensmittelsicherheit und Arzneimittelzulassung, zugelassen und findet seit Mitte
der 1970er Jahre Verwendung auf dem amerikanischen Markt.100 Auch in der EU ist
Birkenzucker als Lebensmittelzusatzstoff mit der Kennung E 967 als unbedenklich in
uneingeschränkten Mengen zugelassen.101
2.6.2 Gefahr für Haustiere
In den Geweben von Säugetieren ist Xylitol als normaler Teil des Stoffwechsels
vorhanden. Menschen können Xylitol in angemessenen Mengen sehr gut vertragen.
Bei Hunden und Katzen ist dies jedoch nicht der Fall, was bei Hunden experimentell
gezeigt werden konnte. In Hinblick auf die Freigabe von Insulin gibt es zwischen
Hunden und Menschen erhebliche Unterschiede. Xylitol erhöht bei Hunden den
Insulinspiegel stark, was wiederum zu einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) führt.
Hunde sind Fleischfresser und weisen im Vergleich zum Menschen Unterschiede in
ihrem Stoffwechsel auf, so wie es sich im Laufe der Evolution ergeben hat.102 Des
Weiteren fehlt Hunden ein Enzym in der Leber, mit dessen Hilfe sie Xylitol abbauen
können. Das Fressen von xylitolhaltigen Produkten kann somit schwere
Leberschäden mit sich bringen.103
2.6.3 Verwendung von Xylitol als Diätzucker und für Diabetiker
Der Kaloriengehalt von Xylitol beträgt 4,06 kcal/g bzw. 17kJ/g, jedoch soll der
Kaloriengehalt um 50% bei der Aufnahme durch den Menschen geringer sein.104
Etwa zwei Drittel des aufgenommenen Xylitols werden im Dickdarm durch
Bakterien fermentiert. Dabei wird Xylitol in Gas, Fettsäuren und andere normale
Stoffwechselprodukte umgewandelt. Die dabei entstehenden kurzkettigen
Fettsäuren werden vom Organismus aufgenommen und dann in Energie
100
vgl. Milgrom, Rothen, & Milgrom, 2006 101
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (abgerufen unter http://www.bmelv.de/DE/Ernaehrung/SichereLebensmittel/SpezielleLebensmittelUndZusaetze/Zusatzstoffe/zusatzstoffe_node.html;jsessionid=519360A398595A5E4D2ED96FA07B7990.2_cid288#doc379542bodyText1) verweist auf die Datenbank der EU für Lebensmittelzusatzstoffe (abgerufen unter https://webgate.ec.europa.eu/sanco_foods/main/index.cfm?event=substance.view&identifier=324) 102
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 72 103
vgl. Lindner, 2013, S. 65 104
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 33
2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte
____________________________________________________________________
34
umgewandelt.105 Da Xylitol durch den Darm nur sehr langsam absorbiert und vom
Organismus nur sehr "verzögert" verwertet wird, wird angenommen, dass der
Brennwert ca. 2,4 kcal/g und nicht 4,06 kcal/g sein sollte. Daher sind in einigen
Ländern Werte zwischen 2 und 3 kcal/g festgelegt worden, die Herstellern in
bestimmten Ländern ermöglicht, spezifische xylitolhaltige Produkte mit dem
Vermerk "kalorienreduziert" zu bewerben.106 Dabei stellt sich die Frage, ob Xylitol
zur Gewichtsreduktion beitragen kann. Die Turku-Zuckerstudie107 führte tatsächlich
zu einer 5%igen Gewichtsreduktion. Hierbei erhielten die Versuchspersonen zwei
Jahre lang eine ausschließlich mit Xylitol gesüßte Nahrung. In gewissem Maße
scheint Xylitol die Fettdepots zu mobilisieren. Bei Versuchspersonen, die Xylitol
ausschließlich nur im Umfang einer Kariesprophylaxe in kleinen Dosen einnahmen,
wurde keine Gewichtsreduktion beobachtet.108 Dennoch ist es natürlich sinnvoll,
sofern man auf eine kalorienbewusste Ernährung wert legt, Birkenzucker anstatt
Haushaltszucker zu verwenden, um Kalorien einzusparen.
Xylitol hat einen sehr niedrigen glykämischen Index, dies bedeutet, dass Xylitol nur
in sehr geringem Maße den Blutzucker und den Insulinspiegel beeinflusst.109 Im
Jahre 1981 eingeführt, dient der Glykämische Index (GI) zur Kontrolle des
Blutzuckerspiegels bei Diabetikern. Er ist ein Maß für die Höhe des
Blutzuckerspiegels und somit auch für die Menge an ausgeschüttetem Insulin nach
Einnahme von 50g verwertbaren Kohlenhydraten.110 Birkenzucker besitzt einen GI
von 7. Zum Vergleich: Der GI von Glucose (Traubenzucker) beträgt 100, von Nudeln
70, von Coca Cola 80 und der eines Apfels 35.111 Daher eignet sich Xylitol besonders
für Diabetiker als Zuckeraustauschstoff, da es den Insulinspiegel weitgehend
unbeeinflusst lässt.
105
vgl. Lindner, 2013, S. 48 106
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 82f. 107
vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975 108
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 83 109
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 77 110
vgl. Lindner, 2013, S. 44 111
vgl. Lindner, 2013, S. 45
2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte
____________________________________________________________________
35
2.6.4 Reduktion von Mittelohrentzündungen
Eine häufige Erkrankung im Kindesalter ist die Otitis (akute Mittelohrentzündung),
die meist eine eitrige, fieberhafte und schmerzhafte Entzündung des Mittelohrs
darstellt. Auslöser sind meist ebenfalls Pneumokokken, Influenzabakterien und
andere Bakterien. Hierbei gelangen die Erreger von der Nase über die Eustachische
Röhre (Ohrtrompete), welche die Nase mit dem Ohr verbindet, ins Mittelohr. Vor
allem bei Kindern ist die Eustachische Röhre enger, kürzer und horizontaler als bei
Erwachsenen, wodurch die Entzündungswahrscheinlichkeit steigt. Hörminderung
aber auch andere Ohrschäden können Folgeerscheinungen einer akuten und
wiederkehrenden Otitis sein, die u.U. auch zu einer Störung der Sprechentwicklung
im Kindesalter führen kann. Vermeidung und Therapie von Mittelohentzündungen
ist daher sehr wichtig.112
Zahlreiche Studien und auch Praxiserfahrungen belegen ein stark reduziertes
Auftreten von Mittelohrentzündungen bei Kindern, wenn diese regelmäßig Xylitol in
Form von Kaugummis oder Bonbons zu sich nehmen. Zum Beispiel konnte dies in
zwei randomisierten (zufällig angeordneten) Doppelblind-Studien von Uhari et al.
(1996 und 1998) bei jungen Kindern aus Tagesstätten gezeigt werden. Bei
regelmäßigem Xylitol-Gebrauch konnte ein um ca. 50% reduziertes Auftreten von
akuter Mittelohrentzündung beobachtet werden, was wiederum zur verminderten
Verabreichung von Antibiotika führte. Mittelohrentzündungen sind ein häufige
Ursache für das Verschreiben von Antibiotika bei Kindern.
2.6.5 Resorption von Calcium und Eisen im Darm
Wie in Kapitel 2.4 schon angedeutet, bilden viele Zuckeralkohole, insbesondere
Xylitol, sog. Komplex-Verbindungen mit Metallionen wie Calcium und Eisen.113 Um
zu testen, ob diese Komplexbildung auch zu einer erhöhten Resorption von Calcium-
und Eisenionen durch die Verdauung führt, wurden mittlerweile viele Tierversuche
durchgeführt, vorzugsweise an Ratten. Bei diesen wurde zum einen
herausgefunden, dass Xylitol tatsächlich als Mittel gegen Osteoporose
112
vgl. Lindner, 2013, S. 53ff. 113
vgl. Angyal, 1974
2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte
____________________________________________________________________
36
(Knochenschwund) wirken kann.114 Zum anderen scheint Birkenzucker auch die
Vernetzung von Kollagenmolekülen (Hauptbestandteil von sämtlichen
Bindegewebe) zumindest in Ratten positiv zu beeinflussen.115 Bei Ratten, die eine
Calcium-Mangel-Diät erhielten, konnte eine verbesserte Einlagerung von
Calciumsalzen in die Knochenmatrix beobachtet werden.116 Inwieweit diese
Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, muss in weiteren klinischen Studien
untersucht werden.
2.6.6 Auswirkungen auf Nasen-, Rachen- und Lungenbereich
Streptococcus pneumoniae ist ein weit verbreiteter Besiedler der oberen Atemwege
des Menschen und hauptverantwortlich für Otitis media acuta (akute
Mittelohrentzündung), ambulant erworbene Pneumonie (Lungenentzündung) und
häufiger Verursacher von bakterieller Meningitis (Hirnhautentzündung).117
Außerdem ist dieser Erreger häufig verantwortlich für Bakteriämie. Hierbei handelt
es sich um das zeitweilige Vorhandensein von Bakterien im Blut, bei der es zu keiner
Vermehrung dieser Bakterien kommt und damit auch zu keiner Absiedelung
(Metastasierung) in Organen. Bei schlechter Abwehrlage und konstanter
Einschwemmung von Bakterien in den Wirt kann es jedoch zu einer Sepsis
(Blutvergiftung) kommen.118
Nachdem durch viele verschiedene Studien bewiesen wurde, dass Xylitol das
Wachstum von S. mutans, dem hauptsächlich für Karies verantwortlichen
Bakterium, drastisch reduziert, fragten sich Kontiokari et al. (1995), ob dies auch für
andere krankheitserregenden Bakterien des Nasen-Rachen-Raumes gilt. Sie fanden
heraus, dass die Zugabe einer 1-5%igen Xylitol-Lösung zu einem Medium mit
Streptokokken deren Wachstum merklich hemmt, S. pneumoniae eingeschlossen.
Kontiokari et al. (1998) konnten außerdem zeigen, dass nicht nur das Wachstum,
sondern auch die Anhaftung von Streptococcus pneumoniae und Haemophilus
influenzae an die Epithelzellen des Nasen-Rachen-Raumes signifikant reduziert wird.
114
vgl. Svanberg & Knuuttila, 1994 115
vgl. Knuuttila, et al., 1998 116
vgl. Hämäläinen, et al., 1990 117
vgl. Ruiz, et al., 2011 118
vgl. Klieschies, et al., 2008
2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte
____________________________________________________________________
37
Der Erreger H. Influenzae (Pfeiffer-Influenzabakterium) ist ausschließlich in den
Schleimhäuten des Menschen anzutreffen und verursacht dort vor allem in den
oberen Atmungswegen wie Nase, Rachen und Luftröhre entzündliche
Erkrankungen, wie z.B. Bronchitis und Lungenentzündung. Für das Studienergebnis
war eine 5%ige Xylitol-Lösung notwendig. Diese Konzentration ist in der Mundhöhle
zumindest kurzzeitig einfach zu erreichen, da in einem Kaugummi ca. 0,5g Xylitol
enthalten sind und sich in der Mundhöhle ca. 10ml Speichel befinden.119 Des
Weiteren wird angeführt, dass aufgrund einer weltweit immer weiteren
Verbreitung von penizillinresistenten Pneumokokken-Stämmen neue
Herangehensweisen gefunden werden müssen, um bakterielle Infektionen zu
verhindern. Xylitol scheint hierfür ein vielversprechendes Mittel zu sein.
In einer weiteren Studie von Tapiainen et al. (2004) setzten diese fünf
verschiedenen Bakterienstämme von Streptococcus pneumoniae u.a. 0,5-5%ige
Xylitollösungen aus und untersuchten anschließend die Ultrastruktur dieser
Bakterien mit einem Elektronenmikroskop. Sie beobachteten, dass die Zellwand der
Pneumokokken sehr diffus wurde und deren Polysaccharid-Kapsel zerfetzt und
dünner. Die Anzahl der beschädigten Zellen stieg im Laufe der zwei stündigen
Exposition mit diesen Xylitollösungen an. Dies war jedoch nicht der Fall bei
Lösungen mit Glucose, Fructose oder Sorbitol (auch ein Zuckeralkohol). Tapiainen et
al. (2004) führen an, dass diese Studie ebenfalls den schädlichen Effekt von Xylitol
auf Pneumokokken demonstriert und dass die beobachteten Veränderungen in der
Polysaccharid-Kapsel und in der Zellwand die Anheftung und die Virulenz
(Ansteckungskraft) beeinflussen könnten, was wiederum die gute klinische
Wirksamkeit der Prävention von Mittelohrentzündungen mit Hilfe von Xylitol erklärt
und stützt.
2.6.7 Xerostomie (Mundtrockenheit) und Speichelbildung
Die Xerostomie (Mundtrockenheit; verminderte Speichelbildung) kann Probleme
beim Kauen, Sprechen und Schlucken verursachen. Der verminderte Speichelfluss
führt häufig auch zu Infektionen, zu Karies (Wurzeloberflächenkaries
119
vgl. Kontiokari, et al., 1995
2 Hauptteil 2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte
____________________________________________________________________
38
eingeschlossen) und Mundwinkelrhagaden. Mundtrockenheit ist häufig eine
Nebenwirkung verschiedenster Medikamente, wie Antidepressiva, Analgetika
(Schmerzmittel), Antihistaminika, Beruhigungsmittel, etc. Chemotherapie,
Ernährungsmängel und Diabetes können ebenfalls Auslöser sein bzw. die
Xerostomie weiter verschlimmern. Xylitol regt den Speichelfluss im Mund erheblich
an. Zum einen können xylithaltige Kaugummis und Lutschpastillen die Beschwerden
lindern und zum anderen wird der Schutz vor Karies erhöht. Es ist auch möglich eine
Wasser-Xyltiol-Lösung als Spülung anzuwenden. Xylitolhaltige Mundsprays für
Patienten mit Mundtrockenheit sind in einigen Ländern erhältlich.120
Neben der positiven Wirkung Mundtrockenheit zu bekämpfen, scheint die
Anwendung von Birkenzucker in Zusammenhang mit probiotischen Laktobazillen
auch effektiv Mundgeruch (Haltosis) zu verringern.121
2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte
In den bisherigen Kapiteln wurde die Wirkungsweise von Xylitol, insbesondere auf S.
mutans, besprochen. Aber auch die Wirkung auf einige Bakterien, die diverse
Erkrankungen des Mund-, Nasen-, Rachen- und Ohrenbereichs verursachen oder
Erreger die Parodontitis auslösen, wurde dargestellt. In diesem Kapitel soll ein
wenig genauer der Transportmechanismus von Xylitol in und aus S. mutans
betrachtet werden, aber auch die Auswirkungen von Birkenzucker auf einige
ausgewählte lebensmittelverderbende Bakterien.
2.7.1 Wirkungsweise von Xylitol auf Streptococcus mutans
Viele verschiedene kariogene Streptokokkenstämme sind in der Lage, die
Zuckeraustauschstoffe Sorbitol und Manitol zu verstoffwechseln, auch wenn diese
Substanzen nicht direkt sonderlich kariogen wirken. Diese Bakterienstämme
besitzen verschiedene Enzyme, die Sorbitol und Mannitol in verwertbare Moleküle,
wie Glucose und Fructose umwandeln können und dadurch indirekt förderlich auf
das Wachstum dieser kariogenen Bakterien wirken. Daher können diese Stoffe als
120
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 75f 121
vgl. Iwamoto, Suzuki, Tanabe, Takeshita, & Hirofuji, 2010
2 Hauptteil 2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte
____________________________________________________________________
39
indirekt kariogen betrachtet werden.122 Anders hingegen verhält es sich mit Xylitol:
Es unterstützt nicht das Wachstum von kariogenen Streptokokkenstämmen,
sondern hemmt es nachweislich. Diese Wirkung beruht darauf, dass Birkenzucker
verschiedene lebenswichtige Stoffwechselreaktionen in diesen schädlichen
Bakterien hemmt, wie z.B. durch unterschiedliche Enzymhemmungen, die entweder
intrazellulär (innerhalb der Zelle) oder auch an oder in unmittelbarer Umgebung der
Zellwand erfolgen können. Meistens wird Xylitol von vielen Mikroorganismen gar
nicht erst in die Zelle aufgenommen, was darauf hindeutet, dass diese keinen
Transportmechanismus für Xylitol in die Zelle besitzen.123 Für den Transport von
verschiedenen Zuckern und auch für Xylitol, sofern dieses aufgenommen werden
kann, sind die sog. Phosphotransferasesysteme (PTS) verantwortlich. Selbst wenn
Xylitol in die Zelle aufgenommen werden kann, kann es innerhalb der Zelle nicht zur
Produktion von Milchsäure aus Xylitol verwendet werden. Im Gegenteil: Oft erweist
sich die Aufnahme von Xylitol in diese Zellen als schädlich für diese. „Es muss jedoch
betont werden, dass Xylit eine natürliche Substanz ist und von verschiedenen
anderen Mikroorganismen verstoffwechselt werden kann, die wenig oder keine
Signifikanz im Hinblick auf die Zahngesundheit haben.“124 Dies trifft zum Beispiel auf
einige im Boden lebende Bakterien und auch auf verschiedene Hefepilze zu.
Abbildung 9 stellt schematisch den Transport von Xylitol in ein kariogenes
Streptokokken Bakterium dar: Zunächst wird mithilfe des PTS Xylitol bei Aufnahme
in die Zelle zu Xylitol-5-Phosphat phosphoryliert. Dieser Vorgang verbraucht Energie
und dies geschieht normalerweise auch mit anderen Zuckern oder Zuckeralkoholen.
Innerhalb der Zelle kann es jedoch dazu kommen, dass sich das phosphorylierte
Xylitol anreichert und eine Konzentration erreicht, die giftig für das Bakterium ist
und dessen Stoffwechsel hemmt. Möglich ist auch eine anschließende
Dephosphorylierung des gebildeten Xylitol-5-Phosphats, wodurch Xylitol das
Phosphat wieder verliert und schließlich über einen Prozess, der sich Expulsion
(EXP) nennt, wieder aus der Bakterienzelle ausgeschieden und in den Speichel
abgegeben wird. Dieser Vorgang ist sehr ungünstig für das Bakterium, da er keine
122
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.34 123
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.35 124
aus: Mäkinen, K. K., 2003, S.35
2 Hauptteil 2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte
____________________________________________________________________
40
Energie liefert, sondert nur verbraucht. Man spricht hierbei auch von einem
„nichtigen Zyklus“.125
Abbildung 9: Schematische Darstellung des Transports von Xylitol vom Speichel in den intrazellulären Raum eines kariogenen Streptokokken Bakteriums
126
Kariogene Streptokokken, die in der Lage sind, Xylitol in die Zelle aufzunehmen, bewerkstelligen dies über das Phosphotransferasesystem (PTS), welches das Xylitol-Molekül phosphoryliert und dabei Energie verbraucht. Das so entstandene Xylitol-5-Phosphat kann sich in der Zelle anreichern und toxisch auf den Stoffwechsel des Bakteriums auswirken, oder es wird wieder dephosphoryliert und aus der Zelle über Expulsion (EXP) ausgeschieden. Dieser Zyklus ist für das Bakterium ungünstig, da es keine Energie liefert sondern nur verbraucht.
2.7.2 Wirkungsweise auf lebensmittelverderbende Bakterienstämme
Xylitol ist durch einige kommensale, also mit dem Menschen symbiotisch lebende
Mikroorganismen nicht gärfähig und verwertbar, wie dies u.a. bei Streptococcus
mutans der Fall ist. Auf den Stoffwechsel bestimmter Mikroorganismen wirkt Xylitol
sogar inhibitorisch, d.h. hemmend und unterdrückend. Diese Eigenschaften von
Birkenzucker legen nahe, dass sich dieser mehrwertige Alkohol auch als nicht
gärungsfähigen und unverwertbaren Zusatz in der Lebensmittelindustrie für diverse
Lebensmittel eignen könnte.127 Kracher (1975) ist der Ansicht, dass gewisse
Lebensmittel sogar von einem Zusatz von Xylitol profitieren könnten aufgrund der
Süßkraft von Xylitol, seiner relativen chemischen Stabilität und anderen
Eigenschaften. Dies und auch der Verdacht, dass Xylitol ebenfalls das
Mindesthaltbarkeitsdatum von bestimmten Produkten verlängern könnte,
125
vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.35f 126
Quelle: Mäkinen, K. K., 2003, S.35 127
vgl. Mäkinen & Söderling, 1981
2 Hauptteil 2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten?
____________________________________________________________________
41
veranlassten Mäkinen und Söderling (1981) dazu, den Effekt von Xylitol auf einige
Mikroorganismen, die Lebensmittel verderben lassen, zu untersuchen. Sie konnten
nachweisen, dass eine 0,5 %ige Xylitollösung sehr effektiv das Wachstum von
Clostridium butyricum (ein weitverbreiteter Lebensmittelverderber) und
Lactobacillus bulgaricus (verwendet bei der Herstellung von Milchprodukten)
komplett unterband. Auch deren Säureproduktion wurde gehemmt. Eine 0,5 %ige
Xylitollösung ließ ebenso kein Wachstum bei Saccharomyces cerevisiae, der Back-
bzw. Bierhefe, Escherichia coli, ein verbreitetes Darmbakterium und Salmonella
typhii, einem Krankheitserreger, zu. Nachdem schon in den Turku-Zuckerstudien128
über zwei Jahre hinweg viele verschiedene Lebensmittelprodukte, die mit Xylitol
gesüßt waren, von den Probanden ohne Probleme verzehrt werden konnten und
diese Xylitol-Lebensmittel den allgemeinen Voraussetzungen und
Qualitätsansprüchen von Lebensmitteln gerecht wurden, sollte diese Studie über
lebensmittelverderbende Mikroorganismen und deren gehemmtes Wachstum
durch Xylitol weiteren Studien den Anstoß geben zu untersuchen, ob in einigen
Fällen nicht sogar auf Konservierungsmittel verzichtet werden kann, wenn
stattdessen Xylitol beigesetzt wird.129
2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten?
Um von den vielen positiven Eigenschaften von Xylitol zu profitieren, ist es nicht
unbedingt notwendig jeglichen Zucker der täglichen Ernährung vollständig mit
diesem Zuckeraustauschstoff zu ersetzen. Sinnvoll ist es allerdings vor allem solche
Lebensmittel durch eine xylitolhaltige Alternative zu ersetzen, die ansonsten das
höchste kariogene Potential besitzen. Hierzu zählen vor allem Kaugummis, Bonbons,
Lutschpastillen und Hartkaramellen.130 Klinische Studien konnten zeigen, dass
insbesondere diese Produkte wiederum gleichzeitig mit am besten geeignet sind,
um den größtmöglichen Nutzen von Xylitol zu erzielen, vorausgesetzt, sie enthalten
ausschließlich diesen einen Zuckeraustauschstoff und keine weiteren Süßungsmittel
128
vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975 129
vgl. Mäkinen & Söderling, 1981 130
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S.65
2 Hauptteil 2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten?
____________________________________________________________________
42
oder gar Zucker.131 Darum ist beim Kauf von z.B. xylitolhaltigen Kaugummis und
Bonbons unbedingt darauf zu achten, dass Xylitol in der Zutatenliste möglichst an
erster Stelle steht und auch das einzige verwendete Süßungsmittel ist.
Jeglicher Zusatz von Xylitol zur Ernährung leistet einen Beitrag zur Kariesprophylaxe,
wobei jedoch nicht jedes Produkt, das mit Xylitol gesüßt ist, den gleich starken
positiven Effekt für die Gesundheit besitzt. Das wichtigste beim Einsatz von Xylitol
scheint jedenfalls die kontinuierliche und langfristige Anwendung von Xylitol zu
sein, am besten über mehrere Jahre hinweg und bei Kindern insbesondere in den
Jahren, wenn die Zähne durchbrechen und reifen.132
Mittlerweile gibt es viele verschiedene Formen und Produkte, wie Xylitol
eingenommen werden kann. Vorteilhafte Produkte sind, wie teilweise schon
beschrieben, z.B. Kaugummis und Bonbons. Aber auch Zahnpasten und
xylitolhaltige Nahrungsmittel können geeignet sein. Selbst die Anwendung in
Reinform als Pulver ist sehr sinnvoll, wenn man z.B. einen Teelöffel Xylitol nach dem
Zähneputzen mind. 5 Minuten im Mund verweilen lässt. Für Kleinkinder und
Säuglinge eignen sich auch Schnuller, die mit Xylitolsirup befüllt werden können.
Auch pur in Pulverform lässt sich Birkenzucker sehr gut anwenden, wenn man damit
seinen Mund spült.133
Ein sehr wichtiger Aspekt in der Anwendung von Xylitol, um den bestmöglichen
Nutzen zu erzielen, ist die tägliche Anwendungsfrequenz von Birkenzucker: mind. 3
bis vorzugsweise 5 Anwendungen am Tag sind am wirkungsvollsten. Ein weiterer
wichtiger Punkt ist die Expositionsdauer. Desto länger möglichst hohe
Konzentrationen von Xylitol im Mundraum verweilen, desto besser seine Wirkung.
Darum sollte der Verbraucher beim Kauf von xylitolhaltigen Produkten und deren
Anwendung unbedingt darauf achten, dass man diese möglichst lang (5-10 min) im
Mund behalten kann, damit der Birkenzucker dadurch lange mit Zähnen und
Zahnplaque in Kontakt bleibt.134 Auch für die positive Wirkung auf den gesamten
Nasen-, Mund-, Rachen- und Ohrenbereich ist eine lange Expositionsdauer
vorteilhaft.
131
vgl. Mäkinen, 2003, S.69 132
vgl. Mäkinen K. K., 2003, S.65 133
vgl. Mäkinen, K. K., 2003 134
vgl. Mäkinen, 2003, S.69
2 Hauptteil 2.9 Herstellung von Xylitol
____________________________________________________________________
43
2.9 Herstellung von Xylitol
Für die Herstellung von Xylitol existieren verschiede Verfahrenstechniken. Zum
einen kann Xylitol über eine Extraktion aus natürlichen Stoffen gewonnen werden,
zum anderen über eine chemische Synthese. Auch die Herstellung durch
biotechnologische Verfahren mithilfe von Mikroorganismen ist möglich.135
2.9.1 Fest-flüssig Extraktion
Wie bereits erwähnt, kommt Birkenzucker ganz natürlich in vielen Früchten,
Gemüsen und Pflanzen vor. Zum Beispiel in Blumenkohl, Mirabellen, Himbeeren,
Erdbeeren, Trauben und Bananen, aber auch in Hefen, Flechten und Pilzen ist dieser
mehrwertige Alkohol enthalten. Daher ist eine Methode zur Gewinnung von
Birkenzucker eine Extraktion aus diesen natürlichen Quellen. Für die Extraktion von
Xylitol kommt eine fest-flüssig Extraktion zum Einsatz. Bei solch einem Verfahren
wird mithilfe eines Feststoffes ein Stoff aus einer Flüssigkeit extrahiert, welcher sich
an diesen Feststoff anlagert. Jedoch ist der Gehalt an natürlich vorkommenden
Xylitol äußerst gering und beträgt meist nur weniger als 900mg/100g
Trockengewicht. Dies stellt ein großes ökonomisches Problem dar, weshalb Xylitol
meist nicht über dieses Verfahren gewonnen wird, da es zu unrentabel ist.136 137
2.9.2 Chemische Synthese
Der Prozess der chemischen Synthese von Birkenzucker beginnt mit der Produktion
von Xylose (Holzzucker) aus Xylan.138 Xylane sind Polysaccharide (Vielfachzucker),
bei denen hauptsächlich D-Xylose-Einheiten miteinander zu langen Ketten verknüpft
sind. Sie gehören zu den Hemicellulosen, sind in der Natur sehr weit verbreitet und
stellen das zweithäufigste Polysaccharid überhaupt dar.139 Das Xylan wird über eine
säurekatalysierte Hydrolyse (das Aufspalten von meist langkettigen organischen
Verbindungen in ihre Untereinheiten mit Wasser) in einzelne Xylose-Moleküle
aufgespalten. Das notwendige Xylan für die Herstellung von Xylitol liefern die
135
vgl. Parajó, Domínguez, & Domínguez, 1998 136
vgl. Hyvönen, Koivistoinen, & Voirol, 1982 137
vgl. Pepper & Olinger, 1988 138
vgl. Counsell, 1977 139
vgl. Polizeli, 2005
2 Hauptteil 2.9 Herstellung von Xylitol
____________________________________________________________________
44
Hemicellulose-Bestandteile von verschiedenen Pflanzen, wie z.B. Maiskolben, das
Stroh von Weizen und Hafer, Baumwollsamen, die Schalen von
Sonnenblumenkernen und Kokosnüssen und die faserigen Bestandteile von
Zuckerrohr.140 Jedoch enthalten diese pflanzlichen Bestandteile auch noch andere
Hemicellulose-Anteile außer Xylan, die aus anderen Zuckereinheiten, wie zum
Beispiel der Glucose, Arabinose (Gummizucker), Mannose und Galactose
(Schleimzucker) bestehen können. Diese müssen im Anschluss an die Hydrolyse
über teure Aufreinigungsverfahren entfernt werden, sofern die weitere
Verarbeitung reine Xylose voraussetzt.141 Bei dem darauffolgenden
Verarbeitungsschritt mit Wasserstoffgas, wird bei einer Temperatur von ca. 80-140
°C und einem Druck von ca. 50 bar die Xylose zu Xylitol reduziert. Die bei diesem
Schritt entstehende Lösung muss mithilfe von weiteren Trenn- und
Aufreinigungsverfahren aufgearbeitet werden, um reinen Birkenzucker zu
erhalten.142 Ungefähr 50-60% der ursprünglich eingesetzten Xylose wird bei diesem
Verfahren in Xylitol konvertiert. Die Trenn- und Aufreinigungsverfahren stellen beim
gesamten Herstellungsprozess die kostspieligsten Schritte dar.143
Die chemische Herstellung von Xylitol ähnelt sehr der von Sorbitol. Dennoch sind
die Produktionskosten für Birkenzucker aufgrund des Hydrolyse-Prozesses und die
dafür benötigten Ausgangsstoffe zur Gewinnung der nötigen Xylose wesentlich
höher. Zur Herstellung von Sorbitol wird statt Xylose Glucose benötigt. Diese kann
in hohen Konzentrationen, hohen Erträgen und hoher Reinheit unter sehr milden
Bedingungen aus Stärke (besteht aus vielen miteinander verketteten Glucose-
Einheiten) hydrolysiert werden.144
140
vgl. Counsell, 1977 141
vgl. Hyvönen, Koivistoinen, & Voirol, 1982 142
vgl. Hyvönen, Koivistoinen, & Voirol, 1982 143
vgl. Nigam & Singh, 1995 144
vgl. Parajó, Domínguez, & Domínguez, 1998
2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte
____________________________________________________________________
45
2.9.3 Biotechnologische Verfahren
Eine weitere Methode zur Herstellung von Xylitol ist mithilfe von verschiedenen
Mikroorganismen möglich. So sind einige Bakterienstämme, Pilze und Hefen in der
Lage, Xylose zu Xylitol umzuwandeln.145
2.10 Soziopolitische Aspekte
In diesem Kapitel werden soziopolitische Aspekte in Bezug auf den Gebrauch, die
Verwendung und die Stellung von Xylitol in Finnland, Deutschland und auszugsweise
in anderen Ländern betrachtet.
2.10.1 Situation in Finnland
Finnland ist das führende Land, wenn es um die Erforschung, Aufklärung und
flächendeckende Anwendung von Xylitol innerhalb der Bevölkerung geht. Die ersten
und wichtigen Studien zur zahngesundheitlichen Anwendung von Xylitol wurden
hier durchgeführt. Xylitol ist der erste finnische „functional food“-Inhaltsstoff
(funktionelles Lebensmittel)146, dessen positive Wirkung auf die Gesundheit
wissenschaftlich belegt wurde. Weltweite Aufmerksamkeit erhielt dieser
Zuckeraustauschstoff, als die beiden Wissenschaftler Arje Scheinin und Kauko
Mäkinen den hemmenden Effekt auf die Zahnkaries in den frühen 1970er Jahren
mithilfe der Turku-Zuckerstudien147 nachweisen konnten. Birkenzucker wird
inzwischen weltweit von Fachpersonen empfohlen, doch wurde in Finnland Xylitol
bereits im Jahre 1988 von der finnischen Zahnärztekammer offiziell befürwortet –
das erste Mal weltweit. Daraufhin folgte auch die schwedische und norwegische
Zahnärztekammer. Die regelmäßige Anwendung von xylitolhaltigen Produkten nach
den Mahlzeiten ist zu einer allgemeinen Gewohnheit von vielen Finnen
geworden.148 Diese Art von zahngesundheitlicher Prävention ist bislang einzigartig
auf der Welt. Im Allgemeinen sind fast ausschließlich alle Kaugummis in Finnland
145
vgl. Parajó, Domínguez, & Domínguez, 1998 146
Funktionelle Lebensmittel enthalten Zutaten, die die Gesundheit zusätzlich zum eigentlichen Nährwert der Lebensmittel fördern sollen. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Antioxidantien, probiotische Bakterienstämme und Phytosterole (vgl. http://www.ellviva.de/Gesundheit/Functional-Food-Nahrungsmittel-mit-Funktion.html) 147
vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975 148
vgl. www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities
2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte
____________________________________________________________________
46
mit diesem Zuckeraustauschstoff gesüßt, so die Food For Life Finland im Auftrag der
European Technology Platform der Europäischen Kommission.149 Auch Mäkinen
(2003) bestätigt dies: Die Marktsättigung von xylitolhaltigen Kaugummis liegt bei
fast 100%.
Die Liste an Beispielen von öffentlichen Institutionen, Regulierungsbehörden,
Kontrollorganen und professionellen Organisationen in Finnland, die Xylitol zur
Prävention von Karies befürworten oder empfehlen, ist sehr lang. Neben der
Empfehlung der eben erwähnten finnischen Zahnärztekammer, führen zum Beispiel
öffentliche Gesundheitszentren klinische Studien zu Xylitol oder Programme zur
Demonstration von dessen Wirksamkeit durch. Diese Gesundheitszentren
empfehlen Xylitol für alle Altersgruppen seit Mitte der 1980er Jahren.150 Aber auch
der Finnish Students Health Service, administriert vom Bildungsministerium,
empfiehlt Xylitol seit 1990.151 152 Des Weiteren unterstützt das finnische
Ministerium für soziale Angelegenheiten und Gesundheit Kampanien über und für
Xylitol an öffentlichen Schulen. So wurde zum Beispiel die „Smart Habit Xylitol
Campaign“ 1992 ins Leben gerufen.153
Wie bereits in der Einleitung angedeutet, greifen die Karies-Präventionsprogramme
schon bei den Kleinsten: 2003 händigten ungefähr zweidrittel aller öffentlichen und
privaten Kindertagesstätten den Kindern nach dem Mittagessen Xylitolkaugummis
oder –bonbons aus. Mittlerweile sind es sogar 92% der Kindergärten.154 Die Kosten
werden entweder von den Eltern der Kinder übernommen, oder aus dem Etat der
öffentlichen Gesundheitsgremien der betreffenden Gemeinde bzw. Kommune
finanziert.155 156
Auch in der Bildungspolitik ist Xylitol fest verankert: An öffentlichen Schulen wird im
Biologie- und Chemieunterricht über die Anwendung und den Nutzen von Xylitol
informiert. Manche Schulen händigen ebenfalls Kaugummis oder Lutschpastillen
149
vgl. www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities 150
vgl. Mäkinen K. , 2006 151
vgl. Turtola, 1990 152
vgl. Murtomaa et al., 1993 153
vgl. Nordblad et al., 1995 154
vgl. European Technology Platform / Food for life Finland, abgerufen unter www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities 155
vgl. Mäkinen K. , 2006 156
vgl. Kovari et al., 2003
2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte
____________________________________________________________________
47
o.ä. aus. Die Kosten hierfür werden, wie bei den Kindertagesstätten, von der
öffentlichen Hand übernommen.157 Diese eine tägliche Gabe an Xylitol ist als
kariesprophylaktische Maßnahme natürlich nicht ausreichend, doch ergänzt dies
normalerweise das Xylitolprogramm, das zu Hause unter Aufsicht der Eltern oder
Großeltern in Finnland durchgeführt wird. Die Verabreichung in den Schulen und
Kindertagesstätten ist vor allem auch als Gesundheitserziehungsmaßnahme zu
verstehen.158
Des Weiteren beinhalten die Abschlussprogramme in Oralhygiene an den
Polytechnischen Schulen Vorträge und Prüfungen über Xylitol. Seit 1975 ist dieser
mehrwertige Alkohol Bestandteil der Curricula an Zahnmedizinischen Schulen in
Finnland.159
Das Bewusstsein für Zahnhygiene, aber auch die flächendeckende Anwendung von
Xylitol mögen Gründe für die außerordentlich niedrige Zahnkariesquote der Finnen
sein. Der European Information Food Council gibt an, dass die Finnen heute einen
DMFS-Index von 1 aufweisen, welches zu einem der niedrigsten Werte in Europa
gehört.160
2.10.2 Situation in Deutschland
Im Vergleich zu Finnland stellt sich in Deutschland eine ganz andere Situation in
Bezug auf Birkenzucker dar. Wie gezeigt werden konnte, ist in Finnland die
Verbreitung, Empfehlung, Aufklärung, Sensibilisierung und Edukation von und über
Xylitol von starkem politischen wie auch öffentlichen Interesse und Engagement
geprägt. In Deutschland sind Xylitol und seine vielfältigen
Anwendungsmöglichkeiten längst nicht so weit verbreitet und bekannt. Dennoch
scheinen sich immer mehr Menschen auch hierzulande dafür zu interessieren und
Xylitol zu nutzen. Das mag nicht zuletzt auch am steigenden Angebot von
xylitolhaltigen Produkten im Internet, wie auch in Apotheken und Supermärkten zu
liegen. Allein das Angebot beim großen Online-Versandhändler Amazon ist äußerst
157
vgl. Mäkinen K. , 2006 158
vgl. Mäkinen K. , 2003, S.74 159
vgl. Mäkinen K. , 2006 160
vgl. http://www.eufic.org/article/de/expid/basics-zahngesundheit/
2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte
____________________________________________________________________
48
umfangreich.161 Dort finden sich neben reinem fein- oder grobkörnigen Xylitol in
Pulverform zum Beispiel auch Produkte, wie verschiedenste xylitolhaltige
Kaugummis, Bonbons, Schoko- und Fruchtdrops und (Trink-) Schokoladen, bis hin zu
Brotaufstrichen und xylitolhaltigen Marmeladen mit verschiedenen Früchten. Aber
auch Artikel zur direkten medizinischen Anwendung sind zu finden, wie Zahnpasten,
Mundspülungen, Nasenspülungen, Feuchtigkeitscremes und sogar Xyliol-
Infusionslösungen. Für Kleinkinder gibt es Zahngels, die in einen schnullerartigen
Verteiler hineingegeben werden können. Über das Internet erhältlich sind nicht nur
Xylitol-Produkte sondern auch viele nützliche Informationen.
Ein großes Problem von Xylitol stellt dessen hoher Einkaufspreis dar. Ein Kilo reines
Xylitol über das Internet bestellt, kostet meist zwischen 8-10€ pro Kilogramm.162
Dies mag u.a. an den hohen Herstellungskosten liegen. Doch interessanter- und
paradoxerweise wird Xylitol in Deutschland mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von
19% besteuert, wohingegen Haushaltszucker und der am weitesten verbreitete
Zuckeraustauschstoff Sorbitol und selbst künstliche Süßstoffe wie Saccharin nur mit
dem verminderten Satz von 7% besteuert werden. In einer Online-Petition vom
19.04.2013 an den Bundestag163 wird gefordert, alle Zuckeraustauschstoffe und
Süßungsmittel mit dem gleichen verminderten Mehrwertsteuersatz von 7% zu
besteuern, insbesondere in Hinblick auf Xylitol und dessen nachweislich positive
Wirkung auf die Zahngesundheit. Es wird kritisiert, dass der für die Zähne und den
Stoffwechsel schädliche Haushaltszucker im Vergleich zu Xylitol privilegiert
behandelt wird und dies im Erachten der Petitionssteller ein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt.
161
vgl. http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&url=search-alias%3Daps&field-keywords=xylitol&rh=i%3Aaps%2Ck%3Axylitol 162
vgl. http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&url=search-alias%3Daps&field-keywords=xylitol&rh=i%3Aaps%2Ck%3Axylitol 163
vgl. https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_04/_19/Petition_41763.html
2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte
____________________________________________________________________
49
2.10.3 Situation weltweit
Insbesondere seit den vergangenen 10 Jahren ist Xylitol international auf dem
Vormarsch. Weltweit empfehlen und befürworten öffentliche Institutionen,
Behörden und professionelle Organisationen die Anwendung von Xylitol-
Kaugummis zur Kariesprävention: So z.B. die nationalen Zahnärztekammern von
Kanada, Finnland, Estland, Frankreich, Ungarn, Island, Irland, Malta, Norwegen,
Peru, Südafrika, die Schweiz, Schweden, Taiwan, die Niederlande, die Türkei,
Großbritannien und die USA. Außerdem existieren auch Empfehlungen der
Gesundheitsministerien von Finnland, Italien und Japan. Aber auch andere
zahnärztliche Vereinigungen Befürworten Xylitol: Das nationale Komitee für
Mundgesundheit in China, die School Dentists‘ Association in Japan und die British
Dental Health Foundation aus Großbritannien, um einige zu nennen. Ebenso die
Weltgesundheitsorganisation empfiehlt dies. Aber auch die Streitkräfte von
Finnland und den USA nutzen Xylitol-Kaugummis.164 Seit 2005 sind in allen „Meals,
Ready-to-Eat“ (auch bekannt als MRE), also den Notrationen bzw.
Einmannpackungen der US-Armee, Xylitol-Kaugummis enthalten, um die
Zahngesundheit der Soldaten zu verbessern.165
Die amerikanischen nationalen Gesundheitsinstitute (National Institutes of Health,
NIH) haben eine sehr interessante Einschätzung von Milgrom et al. (2006)
veröffentlicht, in der sie die Situation von Xylitol als Präventionsmittel in der
Zahngesundheit und bei Mittelohrentzündungen in den USA darstellen. Folgende
wichtige Aussagen sind zu entnehmen: Obwohl Xylitol seit 1963 in den USA
zugelassen ist, hat Birkenzucker erst seit der Jahrtausendwende überhaupt
Aufmerksamkeit als therapeutisches Mittel erfahren. Es wird darauf hingewiesen,
dass in den Jahren von 1981-1985 20 wissenschaftliche Artikel in englischer Sprache
über Xylitol-Humanstudien veröffentlich wurden und es von 2001-2005 schon über
40 waren. Obwohl das Potential von Xylitol bekannter wird, scheint dies bei der
Mehrheit aller Zahnärzten nicht angekommen zu sein. Es werden mehrere Faktoren
angeführt. Ein Problem ist zum einen, dass es sehr lange an geeigneten Xylitol-
Produkten mangelte, die man Patienten hätte empfehlen können. Mittlerweile gibt
164
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.315 165
vgl. Scott, 2006
2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte
____________________________________________________________________
50
es zwar eine Reihe an Produkten, wie Kaugummis, Mundwasser und Zahnpasta,
welche auch therapeutisch wirkungsvolle Mengen an Xylitol enthalten. Doch haben
auch die großen amerikanischen Süßigkeiten Hersteller ein gesteigertes Interesse an
Xylitol bemerkt und festgestellt, dass sich Produkte mit dem Label Xylitol sehr gut
verkaufen. Jedoch sind die Hersteller aufgrund der amerikanischen Gesetzgebung
nicht verpflichtet genau anzugeben, wieviel Xylitol tatsächlich in den Produkten
enthalten ist. Sie sehen diese nur als Konsumprodukte an und nicht als
gesundheitliches Präventionsmittel. So kritisieren die NIH, dass Produkte auf dem
Markt erhältlich sind, die zwar in sehr geringen Mengen Xylitol enthalten, diese
Mengen jedoch bei weitem nicht ausreichen, um einen therapeutischen Nutzen zu
erzielen. Manche Produkte scheinen so schlecht beschriftet zu sein, dass weder
Zahnärzte noch Verbraucher einschätzen können, ob diese Produkte tatsächlich
wirksam sein können. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass eines der
geeignetsten Vehikel für Xylitol das Kaugummi ist, doch die Produkte, die
ausreichende Mengen an Birkenzucker enthalten, immer noch sehr teuer sind.
Damit Xylitol überhaupt einen bedeutungsvollen Effekt auf das US-amerikanische
Kariesproblem haben kann, müssen diese Produkte, um die Kosten zu senken, in
großen Mengen eingekauft und dann zu niedrigen Preisen bzw. kostenlos
insbesondere an einkommensschwache Familien verteilt werden, so Milgrom et al.
(2006). So schreiben sie, dass die Häufigkeit von Zahnkaries in den USA umgekehrt
proportional mit dem Einkommen von Familien korreliert und, dass gerade
einkommensschwache Familien nur einen sehr begrenzten Zugang zu zahnärztlicher
Versorgung haben. Es werden aber auch positive Beispiele für den erfolgreichen
Einsatz von Xylitol angeführt: Im ländlichen Klamath Falls in Oregon haben
schwangere Frauen und ihre Säuglinge Zugang zu einem von der öffentlichen Hand
finanzierten Programm, durch welches sie eine zahnärztliche Versorgung erhalten.
Hierbei bekommen die Mütter nach der Geburt ihres Kindes von den Zahnärzten
kostenlos Xylitolkaugummis ausgehändigt. Laut Milgrom et al. (2006) erhalten diese
privaten Zahnärzte ein monatlich festgesetztes Gehalt für die Behandlung dieser
Frauen und erzielen einen höheren Verdienst, wenn Erkrankungen der Zähne
verringert werden können. Dies scheint die Zahnärzte zum Verteilen der
xylitolhaltigen Kaugummis zu motivieren. Jedoch ist wohl die Folgebereitschaft der
2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte
____________________________________________________________________
51
regelmäßigen Einnahme der Kaugummis beschränkt und es sollten noch effektivere
Methoden entwickelt werden. Dennoch werden birkenzuckerhaltige Kaugummis
nicht von der amerikanischen Medicaid, ein Versicherungsprogramm von der
Regierung, das schwangeren Frauen aus einkommensschwachen Familien
ermöglicht, kostenlosen Zugang zu zahnmedizinischer Versorgung zu erhalten,
abgedeckt.
3 Ausblick 3.1 Soziopolitischer Ausblick
____________________________________________________________________
52
3 Ausblick
3.1 Soziopolitischer Ausblick
Wie deutlich gezeigt werden konnte, ist Finnland Vorreiter im Einsatz von Xylitol zur
Kariesprävention im großen Maßstab. Auf allen Ebenen der staatlichen
Gesundheitsfürsorge, von Kindergärten über Schulen und der zahnmedizinischen
Ausbildung bis hin zu staatlichen Xylitol-Programmen, spielt dieser
Zuckeraustauschstoff eine wichtige Rolle und wird auch gesellschaftlich sehr gut
akzeptiert und aktiv in der breiten Bevölkerung verwendet. Birkenzucker mag ein
Grund dafür sein, dass die Finnen europaweit mit am wenigsten unter Karies leiden.
Doch hat Birkenzucker nicht nur einen positiven Effekt für die Zähne, sondern auch
weitere positive Aspekte für die Gesundheit, wie im Hauptteil dieser Arbeit
dargelegt wurde.
In Deutschland hingegen stellt sich eine ganz andere Situation dar. Es gibt
Kaugummis und andere Zahnpflegeprodukte zu kaufen, die Xylitol enthalten und
manche Apotheken bieten Xylitol sogar in Pulverform zu sehr hohen Preisen an (bis
zu 24€/Kg). Dennoch ist der gesundheitliche Nutzen von Xylitol in der breiten
deutschen Bevölkerung letztlich weitgehend unbekannt. Es wäre wünschenswert,
wenn sich dies ändern und das deutsche Gesundheitswesen sich ein Beispiel an
Finnland nehmen könnte. Vor allem Karies-Hochrisikogruppen, die meist aus
einkommensschwachen Familien stammen könnten von Birkenzucker ungemein
profitieren. Aber nicht nur Kinder könnten von dem nachhaltigen positiven Effekten
von Xylitol einen großen Nutzen ziehen, sondern auch Diabetiker
(insulinunabhängige Verstoffwechslung), Mütter (stecken ihre Kinder seltener mit
Karies an), Kinder (präventive Wirkung gegen Mittelohentzündungen), alte
Menschen (Osteoporose), manche behinderte Menschen und andere, für die gute
Zahnpflege schwierig ist aufrecht zu erhalten, und im allg. die gesamte Bevölkerung,
deren zahnmedizinischer Zustand sich verbessern könnte, um nur ein paar wenige
Aspekte zu nennen.
Es wäre wünschenswert, wenn auch an deutschen Schulen Xylitol in den Lehrplänen
verankert wäre und die Schüler über den Nutzen und die korrekte und effektive
Anwendung von Birkenzucker unterrichtet und für dieses Thema sensibilisiert
3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick
____________________________________________________________________
53
werden könnten. Auch Schulungen für das zahnmedizinische Personal könnte dazu
beitragen das Wissen über Birkenzucker an die Patienten weiterzugeben. Xylitol-
Aufklärungs-Programme und –Kampanien sollten auch der allg. Bevölkerung zur
Verfügung stehen und insbesondere Eltern sollten über Xylitol Bescheid wissen,
sodass sie ihre Kinder u.a. vor den Folgen der Zahnkaries bewahren können.
Finnland ist ein EU-Mitgliedsland. Wäre es nicht möglich das Thema Xylitol auf EU-
Ebene anzugehen? Im Allgemeinen gehört ein großer politischer Umsetzungswillen
dazu, egal ob dieses Thema auf kommunaler, regionaler, Landes-, oder
Bundesebene angegangen werden soll. Dass dies jedoch möglich ist, zeigt das
beispielhafte Verhalten von Finnland.
3.2 Wissenschaftlicher Ausblick
Im Hauptteil dieser Arbeit wurden zu den unterschiedlichsten
Anwendungsmöglichkeiten von Xylitol die verschiedensten wissenschaftlichen
Studien zitiert und erörtert. Obwohl deutlich wurde, dass das Themengebiet um
Birkenzucker herum sehr umfangreich ist und die Anwendungsmöglichkeiten
äußerst umfassend sind, konnten längst nicht alle wissenschaftlichen Aspekte und
Forschungsergebnisse im Zuge dieser Arbeit aufgegriffen werden. Im Folgenden ist
eine Auflistung zu weiteren Anwendungsmöglichkeiten von Xylitol
zusammengetragen, auf die im Einzelnen nicht weiter eingegangen werden kann. Es
soll dadurch aufgezeigt werden, was für ein weitfassendes Potential diesem
Zuckeraustauschstoff innewohnt. Die Auflistung beinhaltet verschiedene
ausgesuchte medizinische und ernährungswissenschaftliche Anwendungs-
möglichkeiten und Effekte von Xylitol:
Verringert zusammen mit Lactoferrin (Protein, das als Enzym wirkt und
antivirale und antimikrobielle Eigenschaften besitzt) die Biofilmbildung von
Pseudomonaden (ein opportunistischer Krankheitserreger).166
Verlängert den Effekt von Chlorhexidin (Antiseptikum aus der Zahnmedizin)
auf S. mutans (wichtigster Verursacher der Zahnkaries).167
166
vgl. Ammons, et al., 2009
3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick
____________________________________________________________________
54
Als Energiequelle während Infusionstherapien.168 Hierzu wurde umfangreich
an Anwendungsmöglichkeiten über Jahrzehnte in Deutschland geforscht.169
Förderung der endogenen Fettmobilisation und Fettoxidation.170
Potentielles Mittel gegen Geschwüre des Verdauungstraktes.171
Reanimation aus dem diabetischen Koma (frühe Beobachtungen von
Japanern und Deutschen).172
Vorbeugen einer Nebennierenrinden-Suppression während einer Steroid-
Therapie.173
Anhebung der Hörschwellen-Werte bei Patienten mit einem Ménière-
Syndrom (Erkrankung des Innenohrs mit Drehschwindel, einseitigem
Hörverlust und Tinitus).174 175
Therapie einer Adenosindeaminase-Defizienz (Enzym, das die Umwandlung
von Adenosin zu Inosin katalysiert; Mangel kann zu schweren
Immundefekten führen) in einer Form einer adulten Muskelerkrankung.176
Therapie einer Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Defizienz in den Zellen
von roten Blutkörperchen (Anämie, Blutarmut).177
Wiederherstellen des Adenosinnukleotid-Spiegels des Herzmuskels.178
Erhöhung des Spiegels der Retinol-Bindeproteine (vitamin-A-bindende
Proteine).179
Behandlung von Ketonämie (krankhafte Anhäufung von Aceton und anderen
Ketonkörpern im Blut).180
Einsatz als proteinschonender und thiaminschonender Wirkstoff und
Stimulation der enteralen Vitaminsynthese.181 182
167
vgl. Hildebrandt & Sparks, 2000 168
vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 169
vgl. Mäkinen K. K., 201, S.305 170
vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 (darin zitierte Quelle) 171
vgl. Assouline & Danon , 1981 172
vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.305 173
vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 (darin zitierte Quelle) 174
vgl. Palchun, et al., 1982 175
vgl. Palchun, 1983 176
vgl. Bruyland & Ebinger, 1994 177
vgl. Van Eys, et al., 1974 178
vgl. Zimmermann & Gerlach, 1978 179
vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 (darin zitierte Quelle) 180
vgl. Touissant, Roggenkamp, & Bässler, 1967
3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick
____________________________________________________________________
55
Erhaltung von roten Blutkörperchen.183
Verbesserung von arzneimittelinduzierter Hämolyse (das Auflösen von roten
Blutkörperchen).184
Milderung der Umstände bei Mukoviszidose.185
Wiederherstellung von integralen Membran-Transportproteinen in
Streptococcus lactis.186
Einsatz zur Hautpflege zusammen mit Farnesol, vor allem bei atopisch
trockener Haut und zur Regulation der Haut-Mikroflora insbesondere von
Staphylococcus aureus (potenzieller opportunistischer Krankheitserreger).187
Vorbeugen von Herzrhythmusstörungen während der Narkose.188
Stimulation der Sekretion von Bauchspeicheldrüsenenzymen.189
Günstige Auswirkung auf das Wachstum von Brathähnchen.190
Einsatz bei der Wundpflege zur Verhinderung von Wund-Biofilmen.191
Verhinderung der Oxidation von Fischöl und somit Unterdrückung des
fischartigen Geruchs.192
Einsatz als Desinfektionsmittel in der Lebensmittelsicherheit und
Küchenhygiene.193
Es wird deutlich, dass vor allem in den vergangenen 40 bis 50 Jahren sehr viel
Forschung hinsichtlich Xylitol betrieben wurde und die Bereiche, in denen dieser
Zuckeraustauschstoff vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten aufweist,
unterschiedlicher kaum sein könnten. Offensichtlich besteht weiterhin sehr viel
Forschungsbedarf zu diesem Thema, um das gesamte Potential von Birkenzucker
auch tatsächlich ausschöpfen zu können. Weitere Forschungsbemühungen sind
181
vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 182
vgl. Rofe, et al., 1982 183
vgl. Quadflieg & Brand, 1978 184
vgl. Ukab, et al., 1981 185
vgl. Zabner, et al., 2000 186
vgl. Ambudkar & Maloney, 1986 187
vgl. Katsuyama, et al., 2005 188
vgl. Yoshimura, Yamada, & Haraguchi, 1979 189
vgl. Vainshtein, Pivikova, & Maksudova, 1973 190
vgl. Takahashi, Mashiko, & Akiba, 2000 191
vgl. Dowd, et al., 2009 192
vgl. Faraji & Lindsay, 2004 193
vgl. Kwon, N.H., et al., 2003
3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick
____________________________________________________________________
56
unabdingbar. Wichtig sind jedoch nicht nur die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf
den unterschiedlichsten Teilgebieten, sondern auch die Umsetzung und das „An-
den-Mann-bringen“, damit Xylitol auch wirklich den Menschen dienlich sein kein.
Hierzu ist viel Aufklärungsarbeit notwendig. Vor allem im medizinischen Bereich ist
das Potential dieses mehrwertigen Alkohols längst nicht ausgeschöpft und doch so
vielversprechend. Beispielsweise wären noch weitere klinische Studien hinsichtlich
der Anwendung von Xylitol bei Parodontitis und Osteoporose wünschenswert.
Außerdem könnte ein weiteres Ziel sein, die Herstellungskosten für dieses
Kohlenhydrat zu senken, damit mehr Menschen von Xylitol profitieren können.
4 Fazit und abschließende Worte
____________________________________________________________________
57
4 Fazit und abschließende Worte
Ist Xylitol ein gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder ein Wundermittel? Der Titel
dieser wissenschaftlichen Arbeit scheint auf den ersten Blick ein wenig polemisch
anzumuten. Doch ist es hoffentlich gelungen darzulegen, dass es sich bei Xylitol
keinesfalls um einen gewöhnlichen Zuckeraustauschstoff oder ein gewöhnliches
Süßungsmittel handelt. Im Folgenden sollen nochmal in Kurzform die wichtigsten
Eigenschaften von Xylitol zur besseren Übersicht aus dem Hauptteil dieser Arbeit
zusammengetragen werden. Die dazugehörigen Literaturangaben sind den
entsprechenden Stellen des Hauptteils und dem Literaturverzeichnis zu entnehmen.
Allgemeine Eigenschaften und Verträglichkeit:
Sieht aus und schmeckt weitgehend wie gewöhnlicher Haushaltszucker und
besitzt die gleiche Süßkraft.
Wird nach anfänglicher Eingewöhnung auch in sehr großen Mengen
vertragen (mehrere 100g/Tag). Kann jedoch, wenn ungewohnt, bei
übermäßigem Verzehr abführend wirken. Für die zahnmedizinische
Wirksamkeit sind allerdings nur 5-10g/Tag auf mehrere Einheiten verteilt
von Nöten.
Ist ein natürliches Kohlenhydrat und kommt in Obst und Gemüse, im
menschlichen Stoffwechsel (Leber produziert ca. 5-15g/Tag) und praktisch
allen tierischen Geweben vor.
Ist von allen wichtigen großen und weltweiten
Nahrungsmittelaufsichtsbehörden (WHO/EU/USA) in jeglicher
Verzehrmenge als unbedenklich eingestuft.
Zahngesundheit:
Hemmt Zahnkaries nachhaltig.
Führt zur Remineralisierung der Zähne und sorgt für einen physiologisch
optimalen pH-Wert für die Zähne in der Mundhöhle.
Regt die Speichelbildung an und bildet Komplexe mit Calcium und Eiweißen
des Speichels, was wiederum zur Remineralisierung der Zahnhartsubstanz
beiträgt.
4 Fazit und abschließende Worte
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58
Birkenzucker reduziert die Anzahl kariogener Bakterien wie S. mutans und
anderer Laktobazillen im Speichel und in der Zahnplaque.
Wichtige kariesverursachende Bakterien werden an der Anhaftung an die
Zahnoberfläche als Plaquebakterien gehindert, sodass weniger Zahnbelag
gebildet wird. Diese können dadurch keine schädlichen Säuren, die zur
Entmineralisierung der Zähne führen, absondern.
Mütter stecken wesentlich seltener ihre Kinder mit Karies an und dies hat
einen nachhaltigen positiven Effekt auf die Zahngesundheit der Kinder zur
Folge.
Längerfristige Anwendung von Xylitol führt zu einem nachhaltigen
antikariogenen Effekt für die Zähne, auch wenn Xylitol nach einer intensiven
Behandlungszeit nicht mehr verwendet werden sollte.
Die Turku-Zuckerstudien konnten sogar einen „reversiblen Karieseffekt“
aufzeigen, bei dem kleinere Kariesläsionen durch Remineralisierung
verschwinden.
Allg. Medizinische Aspekte:
Insulinunabhängige Verstoffwechslung (gut für Diabetiker).
Ca. 40% geringerer Kaloriengehalt im Vergleich zu Haushaltszucker, daher
geeignet zur Verwendung als Diätzucker.
Wirkt präventiv bei Mittelohrentzündungen und einigen anderen
bakteriellen Infektionskrankheiten des Mund-, Nasen-, Rachen- und
Ohrenbereichs, wie Erkältungen, Grippen und Lungenentzündungen.
Aufgrund der Anregung der Speichelbildung Anwendung gegen
Mundtrockenheit und Mundgeruch.
Potentielles Hilfsmittel bei Osteoporose. Könnte auch Menschen helfen die
Knochensubstanz zu härten, da Xylitol Komplexe mit Calcium bildet und
dadurch dessen Absorption im Verdauungstrakt erleichtern könnte. Weitere
klinische Studien sind allerdings notwendig.
Diese Auflistung ist selbstverständlich nicht vollständig, doch soll hiermit zumindest
teilweise das umfangreiche Potential von Xylitol dargelegt werden, um zu zeigen,
4 Fazit und abschließende Worte
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59
dass es sich bei diesem Stoff tatsächlich um eine Art „Wundermittel“ handelt. Es
findet auf so vielfältige und unterschiedliche Weise Anwendung, besonders im
medizinischen Bereich. Im Zuge der Recherchen für diese Arbeit und auch während
des Schreibens hat sich berechtigter Weise die Frage aufgedrängt, warum dieser
Stoff immer noch so unbekannt ist. Viele Menschen profitieren gesundheitlich
schon jetzt von Birkenzucker, aber es könnten und sollten noch viel mehr sein.
Darum ist ein Ziel dieser Arbeit, einen kleinen Beitrag hin zu mehr Sensibilisierung
für und Aufklärung über das Thema Xylitol und dessen Anwendungsmöglichkeiten
zu leisten, damit noch mehr Menschen insbesondere im deutschsprachigen Raum
davon erfahren. Besonders auch im Hinblick auf die die Gesundheitserziehung in
Schulen könnte Xylitol einen wichtigen Beitrag leisten, so wie es in Finnland der Fall
ist. Meines Erachtens nach, dürfte es nicht so schwer sein, Menschen für Xylitol zu
begeistern, da die Vorteile so offensichtlich auf der Hand liegen. Besonders Kinder,
die eine sehr wichtige Zielgruppe für den Einsatz von Xylitol darstellen, sind wohl
am einfachsten zu überzeugen – Süßes naschen, das auch noch gesund und gut für
die Zähne ist.
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