69
Eberhard Karls Universität Tübingen Prof. Dr. Karl Forchhammer Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Mikrobiologie / Organismische Interaktionen Wintersemester 2013/2014 Xylitol Gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder Wundermittel? Wissenschaftliche Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien: Wissenschaftliche Arbeit Eingereicht von Sascha Beck Provenceweg 7/101 72072 Tübingen Tel.: 0176/62111577 [email protected] Lehramt Chemie und Biologie Matrikelnr.: 3108666 Tübingen, den 11. Februar 2014

Xylitol - Gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder Wundermittel? (Beck, 2014)

Embed Size (px)

Citation preview

Eberhard Karls Universität Tübingen Prof. Dr. Karl Forchhammer

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl Mikrobiologie / Organismische Interaktionen

Wintersemester 2013/2014

Xylitol Gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder

Wundermittel?

Wissenschaftliche Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien: Wissenschaftliche Arbeit

Eingereicht von Sascha Beck

Provenceweg 7/101 72072 Tübingen

Tel.: 0176/62111577 [email protected]

Lehramt

Chemie und Biologie Matrikelnr.: 3108666

Tübingen, den 11. Februar 2014

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt und nur die angegebenen

Hilfsmittel benutzt habe. Alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach

anderen Werken, gegebenenfalls auch elektronischen Medien, entnommen sind,

sind von mir durch Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich gemacht.

Entlehnungen aus dem Internet sind durch Angabe der Quelle und des

Zugriffdatums sowie dem Ausdruck der ersten Seite belegt; sie liegen zudem für den

Zeitraum von 2 Jahren entweder auf einem elektronischen Speichermedium im

PDF-Format oder in gedruckter Form vor.

Sascha Beck

Tübingen, 11. Februar 2014

3

Vorwort und Danksagung

Im Zuge meines Chemie- und Biologie-Studiums stieß ich auf ein vermeintlich süßes

Gegenmittel für Karies-Bakterien, namens Xylitol bzw. Birkenzucker, mit sehr

vielversprechenden Eigenschaften. Nach und nach entdeckte ich immer weitere

interessante Fakten über diesen mehrwertigen Alkohol.

So trug es sich zu, dass ich innerhalb der letzten vier Jahre einen sehr intensiven

Bezug zu Xylitol erhielt und dieses Thema in meinem Freundeskreis einbrachte,

sodass mittlerweile die meisten darüber Bescheid wissen und einige Xylitol nun

selbst verwenden. Öffentlichkeitsarbeit und auch das erstellen einer Facebook-Seite

haben ihr übriges dazu beigetragen, über dieses Thema zu informieren und

aufzuklären.

Darum ist es mir an dieser Stelle ein besonderes Anliegen, Herrn Prof. Dr.

Forchhammer zu danken, da er meinem Ersuchen, meine wissenschaftliche Arbeit

über Xylitol verfassen zu dürfen, nachkam.

Besonders dankbar bin ich meinen engen und wichtigen Freunden, die mich

insbesondere emotional beim Schreiben dieser Arbeit unterstützt haben.

Lokah samasta sukhino bhavantu

4

Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung .............................................................................................. 2

Vorwort und Danksagung ............................................................................................ 3

Abbildungsverzeichnis .................................................................................................. 6

Tabellenverzeichnis ...................................................................................................... 6

1 Einleitung ............................................................................................................. 7

1.1 Vorgehensweise ............................................................................................ 8

2 Hauptteil ............................................................................................................. 10

2.1 Unterschiede zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen .............. 10

2.2 Geschichtlicher Kontext des Xylitols ........................................................... 11

2.3 Vorkommen von Xylitol in der Natur .......................................................... 12

2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen ........... 13

2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols ....................................................... 17

2.5.1 Was ist Karies? ....................................................................................... 18

2.5.2 Erste klinische Kariesversuche mit Xylitol .............................................. 19

2.5.3 Die Ylivieska-Studie ................................................................................ 21

2.5.4 Mutter-Kind-Studien .............................................................................. 24

2.5.5 Übersicht zu einigen weiteren Zahnkaries-Studien über Xylitol ............ 27

2.5.6 Worauf beruht die antikariogene Wirkung von Xylitol? ........................ 29

2.5.7 Xylitol und Parodontitis .......................................................................... 31

2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte ................................. 32

2.6.1 Verträglichkeit von Xylitol ...................................................................... 32

2.6.2 Gefahr für Haustiere .............................................................................. 33

2.6.3 Verwendung von Xylitol als Diätzucker und für Diabetiker ................... 33

2.6.4 Reduktion von Mittelohrentzündungen ................................................ 35

2.6.5 Resorption von Calcium und Eisen im Darm .......................................... 35

5

2.6.6 Auswirkungen auf Nasen-, Rachen- und Lungenbereich ....................... 36

2.6.7 Xerostomie (Mundtrockenheit) und Speichelbildung ........................... 37

2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte ............................................................. 38

2.7.1 Wirkungsweise von Xylitol auf Streptococcus mutans .......................... 38

2.7.2 Wirkungsweise auf lebensmittelverderbende Bakterienstämme ......... 40

2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten? ............................ 41

2.9 Herstellung von Xylitol ................................................................................ 43

2.9.1 Fest-flüssig Extraktion ............................................................................ 43

2.9.2 Chemische Synthese .............................................................................. 43

2.9.3 Biotechnologische Verfahren ................................................................. 45

2.10 Soziopolitische Aspekte ......................................................................... 45

2.10.1 Situation in Finnland .............................................................................. 45

2.10.2 Situation in Deutschland ........................................................................ 47

2.10.3 Situation weltweit .................................................................................. 49

3 Ausblick .............................................................................................................. 52

3.1 Soziopolitischer Ausblick ............................................................................. 52

3.2 Wissenschaftlicher Ausblick ........................................................................ 53

4 Fazit und abschließende Worte ......................................................................... 57

5 Literaturverzeichnis ............................................................................................ 60

6

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Allgemeine Strukturformel von Alditolen (Zuckeralkoholen) .............. 14

Abbildung 2: Darstellung von Xylitol und Sorbitol in der Fischer-Projektion sowie

deren Konformation (räumliche Anordnung) in Lösung ............................................ 14

Abbildung 3: Die beiden Aldopentosen D- und L-Xylose in der Fischerprojektion. .. 15

Abbildung 4: Die beiden Ketopentosen D- und L-Xylulose in der Fischerprojektion. 15

Abbildung 5: Die wichtigsten klinischen Erkenntnisse aus den finnischen Turku-

Zuckerstudien. ............................................................................................................ 21

Abbildung 6: Klinische Ergebnisse der Ylivieska-Studie. ............................................ 22

Abbildung 7: : Klinische Ergebnisse des 2. Teils der Ylivieska-Studie ........................ 23

Abbildung 8: Klinische Ergebnisse der Mutter-Kind-Studien aus Finnland ............... 26

Abbildung 9: Schematische Darstellung des Transports von Xylitol vom Speichel in

den intrazellulären Raum eines kariogenen Streptokokken Bakteriums .................. 40

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Exemplarische Auflistung von Kariesstudien über Xylitol ......................... 28

1 Einleitung 1.1 Vorgehensweise

____________________________________________________________________

7

1 Einleitung

Erkrankungen des Mundraums, einschließlich Zahnkaries und Parodontal-

erkrankungen, gehören zu den wichtigsten globalen gesundheitlichen Belastungen,

die die Mehrheit der Kinder im schulpflichtigen Alter und Erwachsene weltweit

betrifft, so die Weltgesundheitsbehörde.1 Vor diesem Hintergrund ist es wichtig

diese Probleme auf möglichst vielfältige Art und Weise anzugehen. Xylitol scheint

hierzu einen wichtigen Beitrag leisten zu können. Aber wie?

„Xylitol: Gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder Wundermittel?“ Der Titel dieser

Arbeit wirft zunächst ein paar Fragen auf: Was genau ist Xylitol, abgesehen davon,

dass es sich anscheinend um einen Zuckeraustauschstoff handelt? Welche

Eigenschaften könnte dieser Stoff innehaben, um ein vermeintliches Wundermittel

darzustellen? Und ein Wundermittel für was genau? Diesen und noch weiteren

Fragen soll in dieser Arbeit nachgegangen werden.

Wer den Begriff „Xylitol“ zum ersten Mal hört, vermutet dahinter oft irgendeinen

chemischen Stoff, aber nicht unbedingt etwas, das man zu sich nehmen möchte.

Manchen ist dieser Name vielleicht schon einmal im Zusammenhang mit

Kaugummis und Zahngesundheit begegnet. Generell ist es so, dass Xylitol (auch

„Xylit“ oder „Birkenzucker“ genannt) in Deutschland bisher nicht sonderlich bekannt

ist. Schaut man hingegen z.B. nach Finnland stellt sich in Bezug auf diesen

Zuckeraustauschstoff eine ganz andere Situation dar: Dort erhalten schon die

Kleinsten in nahezu allen Kindertagesstätten Xylitol-Bonbons oder Xylitol-

Kaugummis.2 3 Und später werden die Jugendlichen im Biologie- und

Chemieunterricht über Xylitol, seine Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten,

informiert.4 Der finnische Staat hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Stoff im

Umfang der staatlichen Gesundheitsfürsorge den Menschen näher zu bringen.5 Der

finnischen Öffentlichkeit ist Xylitol nicht nur ein Begriff, sondern stößt dort auf

1 vgl. Petersen, et al., 2005

2 vgl. Mäkinen K. , 2006

3 vgl. www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities

4 vgl. Mäkinen K. , 2006

5 vgl. Mäkinen K. , 2006

1 Einleitung 1.1 Vorgehensweise

____________________________________________________________________

8

breite Akzeptanz und wird von vielen Menschen täglich verwendet.6 Doch was

„kann“ dieser Stoff, dass er in Finnland so verbreitet ist?

Es handelt sich hierbei um ein in der Natur sehr weit verbreitetes Kohlenhydrat, das

auch im menschlichen Körper vorkommt und somit ganz natürlich ist.7 Mittlerweile

sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Xylitol sehr umfangreich und es

konnte mithilfe von vielen klinischen Studien gezeigt werden, dass dieser Stoff

vielerlei positive Eigenschaften für die menschliche Gesundheit besitzt. Auf diese

Eigenschaften und wissenschaftlichen Erkenntnisse soll u.a. in dieser Arbeit

eingegangen werden. Ein wichtiges Ziel ist es, ein möglichst umfassendes Bild über

diesen Stoff darzustellen, um für dieses Thema zu sensibilisieren, Aufklärungsarbeit

zu leisten und zu informieren. Dabei soll nicht nur die naturwissenschaftliche

Sichtweise mithilfe von wissenschaftlich fundierten Studien betrachtet werden,

sondern ebenso auch soziopolitische Aspekte berücksichtigt und die Situation in

Finnland, Deutschland und einigen anderen Ländern beleuchtet werden. Damit

diese Arbeit einem möglichst großen Leserkreis zugänglich ist, werden die meisten

verwendeten Fachbegriffe erklärt, und wo möglich, auf zu komplizierte Fachsprache

verzichtet. Da es sich hierbei jedoch um eine wissenschaftliche Arbeit handelt, war

dies nicht immer möglich. Es könnte jedoch im Anschluss auch eine abgewandelte

Fassung dieser Arbeit erstellt werden, um dieses Thema einem größeren Kreis an

Menschen verständlich zu machen, besonders in Hinblick auf die

Gesundheitserziehung in Schulen.

1.1 Vorgehensweise

Um ein möglichst umfassendes Bild von Xylitol zeichnen zu können, werden im Zuge

dieser Arbeit viele verschiedene Aspekte dieses Zuckeraustauschstoffes betrachtet.

Im Hauptteil wird zunächst dargestellt, um was es sich bei Süßstoffen und

Zuckeraustauschstoffen handelt und wie sich Xylitol in diesen Kontext einordnen

lässt. Im weiteren Verlauf werden die Entdeckung und die Geschichte zu Xylitol und

seine Verbreitung in der Natur beschrieben. Einige chemische und physikalische

Eigenschaften werden aufgezeigt. Ein großer Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit

6 vgl. Mäkinen, K., 2003

7 vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 305

1 Einleitung 1.1 Vorgehensweise

____________________________________________________________________

9

den oralhygienischen und zahngesundheitlichen Aspekten zu Xylitol, da auf diesem

Gebiet am meisten während der letzten 40 Jahre geforscht wurde. Hierzu werden

einige klinische Ergebnisse vorgestellt, insbesondere zur antikariogenen

(karieshemmenden) Wirkung von Birkenzucker. Aber auch andere medizinische

Anwendungsmöglichkeiten, bei denen Xylitol einen positiven Nutzen für die

Gesundheit darzustellen scheint, werden behandelt. Wie z.B. für die Prävention von

Mittelohrentzündungen (Otitis) und anderen bakteriellen Infektionskrankheiten des

Nasen-, Mund- und Rachenbereichs sowie zur Behandlung von Mundtrockenheit.

Auch zur Behandlung und Prävention von Osteoporose (Knochenschwund) könnte

Xylitol einen Beitrag leisten, wie Tierversuche nahelegen. Im Laufe des Hauptteils

werden immer wieder die Auswirkungen von Xylitol auf bestimmte mikrobielle

Krankheitserreger aufgegriffen. Des Weiteren soll über die Verträglichkeit, etwaige

Nebenwirkungen und die Verwendungsmöglichkeit für Diabetiker und als

kalorienarmer Ersatz für Zucker, informiert werden. Außerdem soll über die

verschiedenen Anwendungsformen von Xylitol und seine richtige Anwendung

aufgeklärt werden. Am Ende des Hauptteils werden verschiedene

Herstellungsverfahren für Birkenzucker vorgestellt. Im Anschluss zum Hauptteil soll

ein Ausblick zu Xylitol gegeben werden. Zum einen ein soziopolitischer Ausblick, um

darzulegen, inwiefern es noch Handlungsbedarf zur besseren Aufklärung und

Verbreitung von Birkenzucker insbesondere in Deutschland gibt. Zum anderen ein

wissenschaftlicher Ausblick, der aufzeigen soll, inwieweit noch weiterer

Forschungsbedarf hinsichtlich Xylitol besteht. Die Arbeit schließt mit einem Fazit ab,

das nochmal zusammenfassend die wichtigsten Eigenschaften von Birkenzucker

darstellt.

2 Hauptteil 2.1 Unterschiede zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen

____________________________________________________________________

10

2 Hauptteil

2.1 Unterschiede zwischen Süßstoffen und Zuckeraustauschstoffen

Die in Deutschland bestehende Zusatzstoffzulassungsverordnung unterteilt

Süßungsmittel in Süßstoffe und Zuckeraustauschstoffe.8 Unter Süßstoffen versteht

man natürliche oder künstliche Ersatzstoffe für den gewöhnlichen Haushaltszucker

Saccharose. Im Gegensatz zu Saccharose besitzen diese häufig ein Vielfaches der

Süßkraft. So auch Thaumatin, ein natürlicher Süßstoff, der zwei- bis dreitausend Mal

süßer als Haushaltszucker ist. Daher werden Süßstoffe nur im Milligramm Bereich

als Lebensmittelzusatzstoffe eingesetzt. Sie können chemisch hergestellt oder aus

Pflanzenteilen bzw. Mikroorganismen isoliert werden. Ein Vorteil von Süßstoffen ist,

dass diese keine oder fast keine Kalorien enthalten und unabhängig von Insulin

verstoffwechselt werden. Von letzterem profitieren insbesondere Diabetiker. Eine

weitere Eigenschaft ist, dass diese weitgehend oder komplett unverändert vom

Körper ausgeschieden werden. 9

Viele Süßstoffe, vor allem die Künstlichen, werden häufig miteinander kombiniert,

um einen noch intensiveren Süßgeschmack zu erzielen. Man spricht hier von einem

synergistischen Effekt. Sofern sie in Lebensmitteln enthalten sind, muss dies

gekennzeichnet werden. Die WHO und andere Gremien haben Höchstwerte für die

tägliche Zufuhr von Süßstoffen herausgegeben. Trotz dieser Höchstwerte ist die

Verbraucherzentrale der Ansicht, dass folgende Süßstoffe für Kinder dennoch

ungeeignet sind: Acesulfam-K, Aspartam, Cyclamat, Saccharin und Neohesperidin.10

Bei Süßstoffen kommen aufgrund ihrer geringen Masse und Menge häufig

Füllmaterialien zum Einsatz, wie zum Beispiel Zuckeraustauschstoffe oder

Abbauprodukte der Stärke, um das fehlende Volumen zu ersetzten.11 Künstliche

Intensivsüßstoffe, wie das oben erwähnte Aspartam, sind zwar weit verbreitet,

jedoch halten sie einige Wissenschaftler für umstritten.12 Lindner (2013, S.21) ist

sogar der Auffassung, dass vor allem künstlich hergestellte Süßstoffe sowohl

8 vgl. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz abgerufen unter

http://www.gesetze-im-internet.de/zzulv_1998/anlage_2_14.html 9 vgl. Flemmer, 2011, S.35

10 vgl. Flemmer, 2011, S. 34f

11 vgl. Flemmer, 2011, S.36

12 vgl. Mäkinen, 2003, S.28

2 Hauptteil 2.2 Geschichtlicher Kontext des Xylitols

____________________________________________________________________

11

Fremdstoffe für den Organismus darstellen als auch schädlich sein können. So ist

der künstliche Süßstoff Saccharin in einigen Ländern verboten, da nicht vollständig

geklärt ist, ob dieser karzinogen, also krebserregend, sein könnte.13 In Deutschland

ist dieser Stoff hingegen zugelassen.14

Zuckeraustauschstoffe sind süß schmeckende Kohlenhydrate. Sie werden wie die

Süßstoffe als Ersatz von Saccharose verwendet, insulinunabhängig verstoffwechselt

und sind teilweise unverdaulich. Auch ihr Kaloriengehalt ist geringer (ca. 2 statt 4

kcal/g). Im Gegensatz zu Süßstoffen jedoch sind Zuckeraustauschstoffe in der Regel

etwas weniger süß als Saccharose. Zu den Zuckeraustauschstoffen gehören neben

der Fructose auch die Zuckeralkohole (Polyole) Sorbitol, Mannitol, Maltitol, Laktitol,

Erythritol, Isomaltol und Xylitol.15 Xylitol nimmt jedoch eine gewisse Sonderrolle

innerhalb der Zuckeralkohole ein. Diese soll im Laufe dieser Arbeit erörtert werden.

2.2 Geschichtlicher Kontext des Xylitols

Im Jahre 1890 entdeckten der deutsche Chemieprofessor Dr. Emil Fischer und sein

Student Rudolf Stahel aus Buchenspänen eine neue Verbindung, die sie Xylit

nannten. Ein Jahr später veröffentlichte der spätere Chemie-Nobelpreisträger

Fischer seine Entdeckung. Fast zur gleichen Zeit konnte ein französisches

Forscherteam um den Chemiker M. G. Bertrand eine Art Xylitolsirup aus Weizen-

und Haferhalmen isolieren. Deutsche und französische Forscher waren auch die

ersten, die Xylitol das erste Mal auf chemischem Wege herstellten. Jedoch fand

dieser Stoff in den darauffolgenden 50 Jahren kaum Beachtung, da weder die

physiologische Bedeutung im menschlichen Metabolismus (Stoffwechsel), noch die

positiven Aspekte für die Gesundheit bekannt waren. Xylitol galt lediglich als einer

von vielen Zuckeralkoholen, die zu dieser Zeit isoliert wurden. Dies änderte sich erst

durch den amerikanischen Forscher Dr. Oscar Touster, als er in den 50er Jahren

entdeckte, dass Xylitol als Zwischenprodukt im menschlichen

Kohlenhydratstoffwechsel eine Rolle spielt. Dies führte zu neuen

13

vgl. Mäkinen, 2003, S. 28 14

vgl. Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz abgerufen unter http://www.gesetze-im-internet.de/zzulv_1998/anlage_2_14.html 15

vgl. Flemmer, 2011, S.37

2 Hauptteil 2.3 Vorkommen von Xylitol in der Natur

____________________________________________________________________

12

Forschungsvorhaben über Xylitol, welche zahlreiche Erkenntnisse über diesen

Zuckeralkohol zur Folge hatten.16 Zeitgleich war aufgrund des Zuckermangels

während und nach des Zweiten Weltkrieges in manchen Ländern, wie z.B. in

Finnland, das Interesse nach einem alternativen Süßungsmittel sehr groß. Bis dato

war Xylitol eine teure Forschungschemikalie, die ausschließlich in Laboren

verwendet wurde. Deshalb arbeiteten Ingenieure und Wissenschaftler der früheren

Finnish Sugar Company an einer wirtschaftlichen Methode zur Isolierung von Xylitol

aus Xylose (Holzzucker). Diese Bemühungen mündeten in den 1960er Jahren in der

Entwicklung eines wirtschaftlich rentablen Herstellungsprozesses für Xylitol. Da man

zur Herstellung ursprünglich finnische Birke verwendete, wurde Xylitol in Finnland

auch „Birkenzucker“ genannt, so wie es bis heute in Deutschland teilweise noch der

Fall ist.17 Später wurden auch andere verschiedene natürliche Pflanzen, die das

Polysaccharid Xylan, ein Xylosepolymer, enthalten, zur Herstellung von Xylitol

herangezogen. Zwar kommt Xylitol in freier Form in vielen Pflanzen vor, doch ist es

weitaus wirtschaftlicher diesen Zuckeraustauschstoff über eine Synthese mit

wenigen chemischen Zwischenschritten aus xylanhaltigen Pflanzenteilen

herzustellen, als es direkt zu extrahieren. Bei diesem aus einfachen chemischen

Prozessschritten gewonnenem Xylitol handelt es sich um den gleichen Stoff, der

auch in der Natur oder im menschlichen Körper vorkommt. Darum kann der auf

diesem Wege gewonnene Birkenzucker als ein natürliches Kohlenhydrat angesehen

werden.18 Es existieren mittlerweile auch noch andere Methoden zur Herstellung

von Xylitol, die in Kapitel 2.9 besprochen werden.

2.3 Vorkommen von Xylitol in der Natur

Xylitol ist ein in der Natur weit verbreiteter Stoff. Er kommt z.B. in vielen Früchten

und faserreichem Gemüse vor und spielt, wie bereits erwähnt, eine Rolle im

menschlichen Stoffwechsel. Relativ hohe Mengen an Xylitol enthalten Himbeeren,

Pflaumen, Erdbeeren und Blumenkohl mit 0,3 bis 0,9g pro 100g Trockengewicht,

16

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 9 17

vgl. Mäkinen K. K., 2011, History, Safety and Dental Properties of Xylitol. Abgerufen unter: http://www.naturallysweet.com.au/uploads/50072/ufiles/download_info/History_Safety_and_Dental_Properties_of_Xylitol.pdf 18

Mäkinen K. K., 2003, S. 9f

2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen

____________________________________________________________________

13

abhängig von der jeweiligen Jahreszeit und den unterschiedlichen Pflanzensorten.

Das freie Vorkommen von Xylitol in der Nahrung deutet darauf hin, dass Menschen

und gewisse domestizierte Tiere Xylitol während ihrer gesamten Evolution

konsumierten. Xylitol kommt natürlich in kleinen Mengen in praktisch allen

Pflanzen, Mikroorganismen und Tiergeweben vor.19 Als Intermediat

(Zwischenprodukt) des Kohlenhydratstoffwechsels entsteht Xylitol zu ca. 5 bis 15g

pro Tag in der menschlichen Leber und ist somit ein körpereigener Stoff.20

2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen

Xylitol ist chemisch gesehen ein mehrwertiger Alkohol oder auch Polyol. Diese

Bezeichnung führt im Volksmund oft zu Verwirrungen, da der Begriff Alkohol

verwendet wird. Jedoch hat Xylitol nichts mit der berauschenden Wirkung von

Ethanol, dem gängigen Alkohol, zu tun. Diese Bezeichnung leitet sich lediglich vom

chemischen Aufbau ab. Chemisch gesehen ist Xylitol im engeren Sinne auch kein

Zucker, sondern ein Zuckeralkohol, auch wenn er süß schmeckt.21

Im folgenden Abschnitt werden die drei wichtigen Zuckeralkohole Erythritol, Xylitol

und Sorbitol erläutert. Es soll deren gemeinsames chemisches Profil dargestellt und

einige Unterschiede aufgezeigt werden. Alle drei werden in der

Lebensmittelindustrie verwendet. Sorbitol, auch D-Glucitol genannt, ist von allen

Zuckeralkoholen, die als Zuckeraustauschstoffe eingesetzt werden, der in der

Lebensmittelindustrie am meisten eingesetzte. Chemisch gesehen ist er äußerst

verwandt mit Xylitol. Dennoch besitzen beide gravierende Unterschiede, betrachtet

man deren Wirkungsweise auf verschiedene biologische Systeme. Im direkten

Vergleich weist Xylitol gegenüber Sorbitol deutliche Vorteile auf, die im Einzelnen

im Verlauf des Hauptteils hervorgehoben werden.

Die allgemeine Strukturformel der Alditole, auch Zuckeralkohole genannt, ist in

Abbildung 1 dargestellt. Für Erythritol ist n=2, für Xylitol n=3 und für Sorbitol n=4,

wodurch diese Moleküle insgesamt aus 4, 5 und 6 Kohlenstoffatomen kettenförmig

19

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 305 20

vgl. Mäkinen K. K., 2011 21

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 33

2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen

____________________________________________________________________

14

aufgebaut sind. Jedes Kohlenstoffatom bei den Alditolen ist mit einer

Hydroxidgruppe verbunden.

Abbildung 1: Allgemeine Strukturformel von Alditolen (Zuckeralkoholen)22

Diese Abbildung gibt jedoch nicht die räumliche Konfiguration der Substituenten

wieder. Von den einzelnen Alditolen existieren verschiedene Diastereoisomere mit

unterschiedlichen Konfigurationen. Xylitol besitzt drei und Sorbitol vier

Chiralitätszentren. Die genaue räumliche Anordnung der OH-Gruppen von Xylitol

und Sorbitol sowie deren Konformation in Lösung sind in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: Darstellung von Xylitol und Sorbitol in der Fischer-Projektion sowie deren Konformation (räumliche Anordnung) in Lösung

23

Aufgrund seines symmetrischen Molekülaufbaus ist kein D- oder L-Präfix für Xylitol

notwendig, da es sich um identische Moleküle handelt. Zu allen Zuckeralkoholen

existieren ihre analogen Aldosen bzw. Ketosen. Für Xylitol sind das die D- bzw. L-

22

Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/65/Alditole.svg/420px-Alditole.svg.png 23

Quelle: http://www.science.uva.nl/research/amstel/dws/sweeteners/content/images/ sorbitoletal4.jpg

2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen

____________________________________________________________________

15

Xylose, auch bekannt als Holzzucker, und die D- bzw. L-Xylulose (siehe Abbildung 3

und Abbildung 4).

Abbildung 3: Die beiden Aldopentosen D- und L-Xylose in der Fischerprojektion.

24

Abbildung 4: Die beiden Ketopentosen D- und L-Xylulose in der Fischerprojektion.

25

Die einfachen Alditole sind kristalline Substanzen, die sich im Geschmack von leicht

bis stark süß unterscheiden. Xylitol und Erythritol besitzen eine vergleichbare

Süßkraft wie der Haushaltszucker Saccharose, wobei Xylitol süßer ist als Erythritol.26

Folgende Gemeinsamkeiten teilen die Zuckeralkohole miteinander:

Das Fehlen einer reduzierend wirkenden Carbonylgruppe: Diese Eigenschaft

macht das Alditolmolekül chemisch weniger reaktiv als seine

korrespondierenden Aldosen und Ketosen, wie z.B. Glucose

(Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker). Manche Zuckeralkohole

vermeiden solche chemischen Reaktionen, die bei gängigen süßen

Kohlenhydraten, wie eben der Glucose, der Fructose und der Saccharose, zu

Produkten führen, die sauer und kariogen (kariesverursachend) in der

menschlichen Zahnplaque wirken.27

Ihre reduzierende Kraft: Zuckeralkohole besitzen „zusätzliche“

Wasserstoffatome im Vergleich zu ihren analogen Aldosen und Ketosen.

Dieser kann auf andere Metabolite, wie Coenzyme (z.B. NADP und NAD)

24

Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c9/DL-Xylose.svg/361px-DL-Xylose.svg.png 25

Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b2/DL-Xylulose.svg 26

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.304 27

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.304f

2 Hauptteil 2.4 Chemische und physikalische Eigenschaften von Zuckeralkoholen

____________________________________________________________________

16

oder andere Akzeptoren übertragen werden, um chemisch reduzierte

Produkte und Intermediate des Stoffwechsels zu bilden.28

Komplexbildung: Aufgrund ihrer Polyoxystruktur können Alditole

Komplexverbindungen (chelatartige Strukturen) bilden. Vom Standpunkt

der Zahnmineralisation aus sind Komplexe mit Calciumionen (Ca2+) äußerst

wichtig.29 Auf die komplexbildenden Eigenschaften von Xylitol wird an

anderen Stellen dieser Arbeit erneut eingegangen.

Hydrophile Eigenschaften: Das Vorhandensein einer großen Anzahl von

Hydroxid-Gruppen macht die meisten Alditole sehr leicht löslich im

Speichel. Die hydrophilsten Zuckeralkohole Erythritol, Xylitol und Sorbitol

können mit Wassermolekülen um die Hydrathülle von Biomolekülen

konkurrieren. Diese Eigenschaft kann die ursprüngliche räumliche

Anordnung von Speichelproteinen und Fetten stärken. Die Löslichkeit von

Xylitol beträgt bei 25°C 180g Xylitol pro 100g Wasser und bei 50°C lösen sich

400g pro 100g Wasser.30

Abfangen von freien Radikalen: Aufgrund ihrer polyolen Natur mit vielen

Hydroxidgruppen, gelten Alditole, wie D-Mannitol, Xylitol und Erythritol als

vielversprechende Quelle zum Abfangen von freien Radikalen in

biologischen Systemen.31

Trotz gemeinsamer Eigenschaften der Zuckeralkohole untereinander unterscheiden

sie sich, indem sie spezifische selektive Effekte auf biologische Reaktionen ausüben,

die sich wiederum auf Gesundheit und Krankheit auswirken. Darum ist es sehr

irrtümlich anzunehmen, alle Zuckeralkohole hätten den gleichen Einfluss auf

biologische Prozesse. Allein die unterschiedlichen Molekülmassen führen zu

gravierenden Unterschieden im metabolischen und physiologischen Schicksal dieser

Moleküle, nach Aufnahme in den menschlichen Körper.32

28

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 29

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 30

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 31

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 304f 32

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S. 305

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

17

Der Aufbau von Xylitol aus einem C-5-Körper ist sehr wichtig für vielerlei

biochemischer Eigenschaften, wie z.B. bei der Verstoffwechslung durch kariogene

Mikroorganismen, wie dem am weitesten verbreiteten kariesverursachenden

Bakterium Streptococcus mutans. Für dieses stellt Xylitol ein geringwertiges

Substrat dar.33

Xylitol besitzt interessanter Weise eine positive Lösungsenthalpie von 153,72

KJ/mol.34 Dies bedeutet, dass Xylitol beim Lösungsvorgang in Wasser Energie

verbraucht, welche es der Umgebung entnimmt und diese dadurch abkühlt. Daher

hat Xylitol beim Auflösen im Mund einen kühlenden Effekt, der auch in Kaugummis

und Bonbons genutzt wird und diesen einen erfrischenden Geschmack verleiht.

Vom Aussehen her ist Xylitol ein weißes, geruchsloses und kristallines Pulver, wie es

auch beim Haushaltszucker Saccharose der Fall ist. Jedoch ist Xylitol ein

hygroskopischer Stoff, das heißt, dass er Feuchtigkeit aus der Luft aufnimmt und

dazu neigt zu verklumpen. Darum sollte Birkenzucker in geschlossenen Behältnissen

aufbewahrt werden. Der Brennwert von Xylitol beträgt nur 17 kJ/g 35 und ist somit

um ca. 40% geringer als Haushaltszucker. Aufgrund dieser Eigenschaft findet Xylitol

auch als Diätzucker Anwendung (siehe auch Kapitel 2.6.3).

2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

Xylitol ist hauptsächlich aus dem Bereich der Zahnpflege und Zahngesundheit

bekannt. Auch die meisten klinischen Studien zu Xylitol wurden im Zusammenhang

mit Zahnkaries durchgeführt. An dieser Stelle ist es wichtig Professor Emeritus

Kauko K. Mäkinen zu erwähnen. Er war u.a. Prof. an der University of Michigan und

der University of Turku in Finnland. Dazu Director Emeritus am International

Institute for Preventive Dentistry, ebenfalls an der University of Turku. Er war

langjährig tätig in Forschung und Lehre an verschiedenen anderen Universitäten in

Finnland und den USA und verfasste bisher mehr als 300 wissenschaftliche

Veröffentlichungen hauptsächlich auf dem Gebiet der oralen Biologie und

33

vgl. Mäkinen, 2011, S.305 34

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S. 33 35

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S. 33

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

18

Enzymchemie.36 In der überwiegenden Mehrheit der Veröffentlichungen über

Xylitol wird er zitiert und hat auf diesem Gebiet seit den frühen 1970er Jahren einen

unschätzbaren Beitrag geleistet und umfangreich über Xylitol geforscht.

2.5.1 Was ist Karies?

„Karies, die häufigste Zahnerkrankung, ist eine infektiöse, übertragbare Krankheit,

bei der durch Bakterien produzierte Säuren die Zähne angreifen.“37 Bestimmte

Bakterien können meist von den Eltern auf ihre Kinder übertragen werden, welche

dann kariogen wirken, also Zahnverfall verursachen. Bei diesen Bakterien handelt es

sich hauptsächlich um Streptococcus mutans und andere Laktobazillen

(Milchsäurebakterien). Diese Bakterien bilden zunächst einen Belag bzw. klebrigen

Film auf der Zahnoberfläche, auch Plaque genannt. In dieser Zahnplaque

verstoffwechseln die Bakterien fermentierbare (vergärbare) Kohlenhydrate und

bilden Säuren, hauptsächlich Milchsäure. Zu den fermentierbaren Kohlenhydraten

zählen z.B. die verschiedensten Zuckerarten, wie Haushaltszucker und

Traubenzucker aber auch stärkehaltige Lebensmittel und zuckerhaltige Getränke.

Die dabei entstehenden Säuren sind in der Lage Mineralstoffe wie Calcium- und

Phosphat-Ionen aus der Zahnhartsubstanz zu lösen und diese zu entmineralisieren.

Der menschliche Speichel wirkt diesem Prozess entgegen, indem er

Lebensmittelreste aus dem Mundraum spült, die Säuren der Plaquebakterien

neutralisiert, und den Zähnen Calcium und Phosphat zur Remineralisierung liefert.

Wenn jedoch die Entmineralisierung die Remineralisierung dauerhaft übersteigt,

tritt Zahnverfall auf. Individuelle Faktoren, wie Form des Kiefers und der

Mundhöhle, Menge, Qualität und Zusammensetzung des Speichels, sowie die Art

und Anzahl der Karies verursachenden Bakterien, haben Einfluss darauf, wie anfällig

eine Person für Zahnkaries ist.38

Um die „Lebensgeschichte“ der Gesamtkariesprozesse, also den Kariesbefall einer

Person, auszudrücken, verwenden Zahnmedizinforscher den DMFS-Index (steht für:

36

vgl. Mäkinen, 2003 37

Aus “Zahngesundheit” vom European Food Information Council. Abgerufen unter http://www.eufic.org/article/de/expid/basics-zahngesundheit/ 38

vgl. “Zahngesundheit” vom European Food Information Council. Abgerufen unter http://www.eufic.org/article/de/expid/basics-zahngesundheit/

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

19

decayed, missed, filled Surface). Dieser Index ist kumulativ und beinhaltet die

Anzahl der kariösen Zahnoberflächen (D), der fehlenden Zähne (M) und der mit

einer Füllung (F) versehenen Zahnoberflächen (S) eines Patienten.39 Bei der

Untersuchung von Kindern wird hauptsächlich nur der DFS-Index verwendet, da

diesen oft schon Milchzähne fehlen, die nicht im Sinne von „fehlenden Zähnen“ (M)

gewertet werden können.

2.5.2 Erste klinische Kariesversuche mit Xylitol

An der Universität Turku in Finnland wurden die ersten klinischen Tests zu Xylitol

durchgeführt mit dem Verdacht, dass dieses Kohlenhydrat möglicherweise

kariesreduzierende Eigenschaften haben könnte. Zunächst fand man in kurzen Tests

mit einer Dauer von 4-5 Tagen an Studenten der Zahnmedizin heraus, dass die

Anwendung von Xylitol mit einer ca. 50%igen Reduktion des Zahnplaquewachstums

(Wachstum der Zahnbeläge) einherging im Vergleich zu einer Anwendung von

Saccharose, Glucose, Fructose und auch Sorbitol.40 41 Diese Ergebnisse waren für die

Wissenschaftler so vielversprechend, dass sie begannen einen zweijährigen

klinischen Kariesversuch zu planen, der zu den bahnbrechenden Turku-

Zuckerstudien von 1972-1975 führte.42 Diese Studien bestanden zunächst aus zwei

verschiedenen klinischen Versuchen: einer zweijährigen „Ernährungsstudie“ (1972-

1974) und einer einjährigen „Kaugummistudie“ (1973-1974).43 An der

Ernährungsstudie nahmen 115 Personen, die in drei Gruppen eingeteilt wurden,

teil. Zwei Jahre lang erhielten die Probanden eine Diät, die entweder mit

Saccharose, Fructose oder Xylitol gesüßt wurde. Die täglich verzehrte Menge an

Birkenzucker umfasste ca 50-67g/Tag. Interessanterweise wurden diese

Süßungsmittel in gebräuchlichen Lebensmitteln des alltäglichen Lebens verarbeitet.

So gab es eine Art „Shop“ auf dem Gelände des Zahnmedizinischen Instituts der

Universität, in dem eine umfangreiche Auswahl an normalen Lebensmitteln von

Eiscreme bis hin zu mariniertem Honig, erhältlich war. Die Herstellung dieser

39

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.40 40

vgl. Scheinin & Mäkinen, 1971 41

vgl. Scheinin & Mäkinen, 1972 42

vgl. Mäkinen, 2003, S.39 43

vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

20

speziell gesüßten Lebensmittel übernahmen zwölf örtliche Unternehmen.44 „Nach

den klinischen und radiographischen Aufzeichnungen der zweijährigen Turku-Studie

wurde eine hochsignifikante Reduktion der Karies (über 85%) in der Xylitgruppe

ermittelt.“45 In zahnmedizinischer Begrifflichkeit ausgedrückt, betrug der DMFS-

Index nach zwei Jahren 7,2 in der Saccharosegruppe, 3,8 in der Fructosegruppe und

0,0 in der Xylitolgruppe. Interessanterweise wurde festgestellt, dass in der

Xylitolgruppe unerwarteterweise bei einigen Versuchsteilnehmern eine Reduktion

des DMFS-Indexes zu beobachten war. Dies bedeutet, dass bei diesen Personen

eine so genannte „Kariesreversion“ sattfand und einige Kariesläsionen einen

Wiedererhärtungsprozess durchgemacht hatten. Diese Läsionen waren kleiner

geworden im Vergleich zum Beginn der Studie und der Verzehr von Xylitol zeigte,

dass die Entwicklung dieser Läsionen reversibel ist. Als dieser signifikante Trend

schon nach sechs Monaten zu beobachten war, startete zeitnah die

„Kaugummstudie“, bei der 100 Studenten in eine Xylitol- und eine

Saccharosegruppe eingeteilt wurden. Diesmal bekamen die Probanden Kaugummis,

die mit Xylitol gesüßt waren. Die dabei täglich verzehrte Menge an Xylitol betrug

nur noch 6,7g pro Tag und Testperson und somit nur noch rund ein Zehntel der

ursprünglichen Menge, verglichen mit der Ernährungsstudie. Die Kaugummis

wurden 4- bis 5-mal täglich angewendet. Dennoch war die Reduktion der

Karieszuwachsrate in der Xylitolgruppe 82% höher als in der Saccharosegruppe.

Dadurch wurde deutlich, dass es nicht von Nöten war, die komplette Diät auf Xylitol

umzustellen, um eine effektive Kariesreduktion zu erreichen.46 Abbildung 5

veranschaulicht die wichtigsten klinischen Ergebnisse dieser Studien.

44

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.39 45

Mäkinen, K.K., 2003, S.39 46

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.41

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

21

Abbildung 5: Die wichtigsten klinischen Erkenntnisse aus den finnischen Turku-Zuckerstudien.47

Teil A: Veränderung des DMFS-Indexes über den Zeitraum von zwei Jahren bei Versuchspersonen, die während der „Ernährungsstudie“ Diäten mit Saccharose (S), Fructose (F) oder Xylitol (X) erhielten. Teil B: Veränderung des DMFS-Indexes über einem Zeitraum von zwölf Monaten bei Versuchspersonen, die Kaugummis mit Xylitol (X) oder Saccharose (S) erhielten und 4- bis 5-mal täglich anwendeten. Zu beachten ist der Kariesreversions-Effekt innerhalb der Xylitol-Gruppe, der zu negativen DMFS-Werten führte.

Die Ergebnisse der Turku-Zuckerstudien mündeten bald darauf in der Entwicklung

des ersten Kaugummis, mit dem Ziel, Zahnkaries zu reduzieren und die

Mundgesundheit zu verbessern. Dieser kam 1975 auf den finnischen Markt und kurz

darauf auch auf den US-amerikanischen.48

2.5.3 Die Ylivieska-Studie

Eine weitere Aufsehen erregende zweijährige Xylitol-Kaugummistudie fand von

1982-1984 in der finnischen Kleinstadt Ylivieska mit 11- bis 12-jährigen Schülern,

mit relativ gut kontrollierter Karies, statt.49 Im Rahmen eines von den finnischen

Gesundheitsbehörden anerkannten staatlichen Prophylaxeprogramms, wurde die

Ylivieska-Studie von staatlich angestellten Zahnärzten und Mitarbeitern des

örtlichen und öffentlichen Gesundheitszentrums durchgeführt. Die teilnehmenden

Kinder erhielten als zusätzliche Maßnahme zur amtlichen Kariesprophylaxe, wie der

freiwilligen Einnahme von Fluoridtabletten, Mundhygieneerziehung in Schulen und

47

Quelle: Mäkinen, K. K., 2003, S.40 48

vgl. Scheinin, Mäkinen, & Ylitalo, 1976 49

vgl. Isokangas, 1987

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

22

Fluoridlackierungen der Zähne im Zahngesundheitszentrum, Xylitolkaugummis, um

deren Wirksamkeit als ergänzende Maßnahme zu testen. Die Forscher fragten sich,

ob die von der Regierung anerkannten Präventionsmaßnahmen durch Gabe von

Xylitol noch übertroffen werden konnten. Die Testpersonen sollten 2- bzw. 3-mal

täglich xylitolhaltige Kaugummis anwenden. Das Ergebnis war eine 30%ige (zwei

Kaugummianwendungen täglich) bzw. 60%ige (drei Kaugummianwendungen

täglich) Reduktion der Zahnkaries. Im zweiten Teil der Studie wurden nur Kinder der

ersten Studie berücksichtigt, bei denen man ein hohes Kariesrisiko annahm. Dies

resultierte in einer 50 bis 80% Zahnkariesreduktion. Die Kontrollgruppen erhielten

keine Kaugummis.50 Veranschaulicht werden die Ergebnisse des 2. Teils der Yliviska-

Studie in Abbildung 6.

Abbildung 6: Klinische Ergebnisse der Ylivieska-Studie.51

Teil A stellt den Zuwachs an Karies in Testpersonen mit hohem Kariesrisiko innerhalb von drei Jahren dar. Die Kinder der Xylitol-Gruppe (X) erhielten zusätzlich zum staatlichen Kariesprophylaxeprogramm Xylitolkaugummis, die dreimal täglich angewendet werden sollten. Die Kontrollgruppe (K) erhielt ausschließlich das staatliche Programm ohne zusätzlich verabreichte Kaugummis. Teil B: Die Veränderung des DFS-Indexes in Abhängigkeit von der Anzahl der täglich konsumierten Xylitol-Kaugummis. Dies wurde über Fragebögen ermittelt.

50

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.42f 51

Quelle aus: Mäkinen K. K., 2003, S.42

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

23

Der 2. Teil der Ylivieska-Studie von Isokangas et al. (1993) bestand neben der

zweijährigen Kaugummistudie auch aus anschließenden Nachuntersuchungen der

Versuchspersonen, sofern diese noch im selben Bezirk wohnten. Diese

Nachuntersuchungen fanden innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach

Abschluss der eigentlichen Kaugummistudie statt und zwar 1987 und 1989, also drei

bzw. fünf Jahre nach Beendigung der Behandlung als die Probanden

zwischenzeitlich 18 bzw. 19 Jahre alt waren. Während dieser Zeit wurden von den

Probanden keine signifikanten Mengen an Xylitol-Kaugummis konsumiert.52

Abbildung 7: : Klinische Ergebnisse des 2. Teils der Ylivieska-Studie53

Veränderung des DMFS-Indexes im Verlauf einiger Jahre. Die Xylitol-Gruppe (X) konsumierte Xylitolkaugummis nur im Zeitraum von 1982-1984. Anschließend wurden keine signifikanten Mengen an xylitolhaltigen Kaugummis mehr verzehrt. Zu sehen ist, dass der Prozess des Zahnverfalls gestoppt werden konnte. Die Kontrollgruppe (K) konsumierte zu keinem Zeitpunkt xylitolhaltige Kaugummis.

Die Ergebnisse dieser Nachuntersuchungen verdeutlichten zum ersten Mal einen

nachweisbaren Langzeitschutz eines über einen gewissen Zeitraum andauernden

Xylitolprogramms für die Zähne, selbst, wenn Xylitol nach dieser Zeit nicht mehr

verwendet wurde. Bei den Versuchspersonen wurde der Kariesprozess durch den

Einsatz von Xylitol tatsächlich gestoppt, wie Abbildung 7 anschaulich verdeutlicht.

Dieser nachhaltige Effekt von Birkenzucker ist besonders Hervorhebens wert.

Erstaunlich ist auch, dass die zusätzliche Gabe von Xylitol die Zahnkariesprophylaxe

52

vgl. Isokangas, et al., 1993 53

Quelle: Mäkinen, K., 2003, S.43

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

24

signifikant verbessern konnte, obwohl die teilnehmenden Kinder auch die

staatlichen Prophylaxemaßnahmen erhielten.

2.5.4 Mutter-Kind-Studien

Wie schon gezeigt werden konnte, besitzt Xylitol eine kariostatische und sogar

antikariogene Wirkung. Besonderes Augenmerk im Anwendungsbereich von Xylitol

verdient die Wirkungsweise auf Mütter und deren Kinder. Wie bereits erwähnt, ist

Karies eine Infektionskrankheit mit welcher man sich meistens im Kindheitsalter

ansteckt. Werden die Zähne von Kindern im frühen Kindesalter schon mit dem

Karies verursachenden Bakterium Streptococcus mutans besiedelt, zeigen diese ein

höheres Kariesrisiko, als Kinder, die sich erst später oder gar nicht mit diesen

Kariesbakterien infizieren.54 55 56 Die meisten Kinder scheinen sich hierbei über ihre

Mutter mit diesen Mikroorganismen anzustecken.57 Dabei scheint die Besiedelung

des Mundraumes mit diesen Bakterien im Alter zwischen 19 und 31 Monaten

aufzutreten.58

In einer sehr aussagekräftigen, zweiteiligen und über sechs Jahre andauernden

Studie von Söderling et al. (2000) und (2001), auch als ein Teil der Ylivieska-Studien

bekannt, konnte gezeigt werden, welch großen zahngesundheitlichen Nutzen

Kinder davontragen, wenn allein ihre Mütter xylitolhaltige Kaugummis

konsumieren. Selbst Jahre nach Absetzten des regelmäßigen Konsums von Xylitol

konnte an den 6-Jährigen Kindern ein signifikanter und nachhaltig positiver Effekt

auf die Mundflora dieser Kinder nachgewiesen werden.

An dieser in Finnland durchgeführten Studie nahmen zu Beginn 195 schwangere

Frauen teil. Diese wurden aus einer Gruppe von 338 untersuchten Schwangeren

ausgesucht, da sie alle eine hohe Konzentration an Karies verursachenden Bakterien

der Mutans Streptokokken (MS) Gruppe im Speichel aufwiesen. Den Frauen der

Xylitol-Gruppe wurde empfohlen Kaugummis, die ausschließlich mit Xylitol gesüßt

sind, mindestens 2-3 mal am Tag über 21 Monate hinweg zu kauen, beginnend 3

54

vgl. Alaluusua et al., 1983 55

vgl. Köhler et al., 1984 56

vgl. Tenovuo et al., 1990 57

vgl. Berkowitz & Jordan, 1975; Caufield et al., 1985 58

vgl. Caufield et al.,1993

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

25

Monate nach Geburt ihres Kindes. Die Frauen in den Kontroll- und

Vergleichsgruppen bekamen zu drei verschiedenen Zeitpunkten, 6, 12 und 18

Monate nach der Geburt, entweder eine Fluorid- oder Chlorhexidin-Anwendung

(ein in der Zahnmedizin verwendetes Antiseptikum). Von Fluoriden ist bekannt, dass

sie die Konzentration an kariesverursachenden Bakterien im Mundraum nicht

senken59 und dadurch für die Verwendung bei den Kontrollgruppen sehr geeignet

sind. Die Kinder erhielten keine dieser Behandlungen. Nach 2, 3 und 6 Jahren

wurden der Speichel und der Zahnbelag (Plaque) der Kinder entnommen und auf

einem geeigneten Medium kultiviert, um den Grad der Besiedelung durch MS-

Bakterien zu bestimmen. In allen Gruppen nahm das Risiko einer Besiedelung durch

die kariesverursachenden Bakterien zu, jedoch war dies in der Fluorid-

Kontrollgruppe bei den 3-Jährigen um das 2,7-fache höher als in der Xylitol-Gruppe.

Dieser Unterschied ist statistisch signifikant. Selbst bei den 6-Jährigen konnte eine

signifikant niedrigere Konzentration an MS-Bakterien festgestellt werden, obwohl

die Mütter nur über einen Zeitraum von 21 Monaten nach der Geburt ihres Kindes

xylitolhaltige Kaugummis konsumierten. Belegt wurde somit, dass das Risiko für

Kinder sich mit MS-Bakterien zu infizieren drastisch gesenkt werden kann, wenn

deren Mütter xylitolhaltige Kaugummis kauen. Veranschaulicht werden diese

Ergebnisse in Abbildung 8.

59

vgl. Schaeken et al., 1991

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

26

Abbildung 8: Klinische Ergebnisse der Mutter-Kind-Studien aus Finnland60

Zu sehen ist die Veränderung des DMFS-Indexes der Kinder, deren Mütter 21 Monate nach der Geburt ihres Kinders entweder eine Chlorhexidinanwendung (CH) oder eine Fluoridanwendung (F) erhielten oder mindestens 2-3-mal täglich Xylitolkaugummis konsumierten. Keines der Kinder erhielt eine dieser Maßnahmen. Es wird deutlich, dass durch die Xylitolanwendung der Mütter die Übertragung von MS-Bakterien verhindert werden konnte.

Isokangas et al. (2000) zeigten außerdem, dass die Präsenz von MS-Bakterien bei 2-

Jährigen mit dem ersten Auftreten von Zahnkaries in diesem Alter zusammenhängt.

Bei den 5-Jährigen schließlich war das Auftreten des Zahnverfalls um ca. 70%

reduziert im Vergleich zu den beiden Kontrollgruppen, in denen die Mütter kein

Xylitol zu sich nahmen. Ein weiteres Ergebnis der Studie von Söderling et al. (2001)

ist der nachhaltige Langzeiteffekt auf die Besiedelung von MS-Bakterien während

des Durchbruchs der Milchzähne, wenn aufgrund des mütterlichen Xylitolkonsums

eine verringerte Übertragung von MS-Bakterien aufgetreten ist.

Eine weitere Mutter-Kind-Studie aus Japan konnte die Studienergebnisse von

Söderling und Isokangas bestätigen und zeigen, dass der mütterliche Konsum von

xylitolhaltigen Kaugummis effektiv die Übertragung von Mutans Streptokokken

(MS) auf deren Kinder verhindern kann.61 Bei dieser Studie wurden 107 schwangere

Frauen mit einer hohen Konzentration an MS-Bakterien im Speichel in zwei

Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe erhielt 13 Monate lang Xyltolkaugummis,

60

Quelle: Mäkinen, 2003, S.43 61

vgl. Nakai, et al., 2010

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

27

beginnend im 6. Schwangerschaftsmonat, die andere Gruppe erhielt keine

Kaugummis. Bis zum Alter von 24 Monaten wurden die Kinder auf das

Vorhandensein von MS-Bakterien im Speichel und in der Plaque hin untersucht. Die

Kinder aus der Xylitolgruppe hatten im Alter zwischen 9 und 24 Monaten eine

signifikant geringere Wahrscheinlichkeit eine Besiedelung durch MS-Bakterien

aufzuweisen. Die Kinder der Kontrollgruppe erwarben MS-Bakterien 8,8 Monate

früher als die Kinder der Xylitolgruppe. Die Forscher schreiben zudem, dass der

Konsum von xylitolhaltigen Kaugummis von japanischen Müttern die gleiche

positive Wirkung aufweist, wie dies zuweilen schon in den nordischen Ländern

demonstriert werden konnte.

2.5.5 Übersicht zu einigen weiteren Zahnkaries-Studien über Xylitol

Mittlerweile existieren dutzende Studien zur Wirksamkeit von Xylitol, besonders im

Bereich der Kariesprophylaxe. In vielen Ländern weltweit wurden die anfänglichen

Studien aus Finnland reproduziert und in den meisten Fällen konnten die

Studienergebnisse bestätigt werden. In Tabelle 1 sind exemplarisch die Ergebnisse

einiger Human-Kariesstudien aufgelistet. Mäkinen (2000) führt an, dass alle

klinischen Versuche, die den kariologischen Effekt von Xylitol untersuchten, im

Wesentlichen zu den gleichen Forschungsergebnissen führten, unabhängig vom

Alter der Versuchspersonen, die Art und Weise wie sich die Kariesaktivität im

Mundraum äußerte, und wie stark der Kariesbefall war. Auch unabhängig von den

Methoden der Verabreichung von Xylitol stellten sich ähnliche Ergebnisse ein.

Birkenzucker ist wirksam gegen koronal Karies bei Milchzähnen und den bleibenden

Zähnen und offensichtlich auch wirkungsvoll gegen Karies der

Zahnwurzeloberflächen. Dabei scheint es kaum einen Unterschied zu machen, ob

Xylitol im Essen, in Kaugummis, in löslichen Dragees, in Bonbons oder in Zahnpasta

enthalten ist. Von Xylitol konnten nicht nur Bevölkerungsgruppen profitieren, die

Zugang zu anderen systematischen Prophylaxemaßnahmen hatten und eine relativ

gute Zahngesundheit aufwiesen, sondern auch Bevölkerungsgruppen mit

schwerwiegenden Erkrankungen der Zähne, die nur einen eingeschränkten Zugang

zu präventiven und restaurativen zahnärztlichen Behandlungsmöglichkeiten hatten.

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

28

Der positive Gesamteffekt auf die Kariesrate und den Kariesbefall war für die

jeweiligen Bevölkerungsgruppen von ungefähr der gleichen Größenordnung.62

Tabelle 1: Exemplarische Auflistung von Kariesstudien über Xylitol

63

Ort der Studie Dauer (Jahre) Xylitol-Dosis (g) Kariesreduktion (%)

Turku Xylitol Studien, Finnland

64

2 1

67 6,7

>85 >82

Sowjet Studie65

2 30 73

WHO Studien66

Thailand

Polynesien

Ungarn

2,3-2,7

3 2-3

20

bis zu 20 14-20

prävent. Effekt bemerkt

58-62 37-45

Kanadische Studie67

1-2 1-3,9 52

Ylivieska Studie, Finnland

68 69

2 3

7-10 7-10

30-57 59-84

Belize Studien70

71

3,3 2

bis zu 10,7 bis zu 10,7

bis zu 73 bis zu 65

Dayton VAMC72

73

1,8 bis zu 8,5 80

Estland Studie74

2-3 5 75

50-60

Die vorgestellten Studien haben allerdings gemein, dass für eine signifikante

Reduktion der Zahnkaries xylitolhaltige Anwendungsprodukte wie Kaugummis und

Bonbons mindestens dreimal täglich, besser noch vier- bis fünfmal am Tag, über

einen Zeitraum von mehreren Monaten, angewendet werden sollten. Die insgesamt

dabei konsumierte Menge an Birkenzucker sollte 5-10g/Tag betragen. Eine

Anwendungsfrequenz von täglich weniger als drei Xylitol-Einheiten zeigte in Studien

keinen signifikanten Effekt.76 77 78

62

vgl. Mäkinen K. , 2000 63

Quellenangaben innerhalb der Tabelle beziehen sich teilweise auf Review Artikel, die die Studien detailliert beschreiben 64

vgl. Mäkinen K. K., 1993 65

vgl. Mäkinen K. K., 1993 66

vgl. Mäkinen K. K., 1993 67

vgl. Mäkinen K. K., 1993 68

vgl. Mäkinen K. K., 1993 69

vgl. Isokangas, et al., 1993 70

vgl. Mäkinen, et al., 1995 71

vgl. Mäkinen, et al., 1993 72

Steht für: Dayton, Ohio, Veterans Administration Medical Center 73

vgl. Mäkinen, et al., 1996 74

vgl. Alanen, Isokangas, & Gutmann, 1999 75

Behandlung ausschließlich an Schultagen (200 Tage pro Jahr) 76

vgl. Isokangas, 1987 77

vgl. Rekola, 1989 78

vgl. Thaweboon, Thaweboon , & Soo-Ampon, 2004

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

29

Außer den Studien mit xylitolhaltigen Kaugummis und Bonbons existieren auch eine

Reihe von Xylitol-Zahnpasta-Studien über Birkenzucker, die ebenfalls interessante

Ergebnisse hervorbrachten. Zwei dieser Studien sollen hier kurz vorgestellt werden:

Zum Beispiel führte eine über fünf Wochen andauernde Doppelblindstudie mit

einer 10%igen Xylitol-Zahnpasta zu einer Erhöhung des pH-Wertes der Zahnplaque

und des Speichels und zu einer Reduktion des Zahnplaquewachstums, verglichen

mit einer sorbitolhaltigen Zahnpasta.79 In einer anderen über drei Monate

andauernden Studie erhielten die Probanden eine 20%ige Xylitol-Zahnpasta, was zu

einem erhöhten Ammoniakgehalt im Speichel führte. Dies stellt eine positive

Entwicklung dar, da der Speichel dadurch basischer wird, Säuren neutralisieren und

somit zur Remineralisierung des Zahnschmelzes beitragen kann. Außerdem

verringerte sich die Anzahl von kariogenen Streptococcus mutans Bakterien, was

wiederum bei einer Sorbitol-Zahnpasta nicht der Fall war.80

Trotz dieser positiven Ergebnisse weißt Mäkinen (2003, S.50) daurauf hin, „dass bei

einem Kariesprophylaxeprogramm, das auf Xylit basiert, der Einsatz einer

xylithaltigen Zahnpasta nur als ein Zusatz zu anderen Wegen, auf denen Xylit

verabreicht werden soll, betrachtet werden sollte.“ Er empfiehlt eher Kaugummis

und andere Produkte, da diese den Speichelfluss anregen.81

2.5.6 Worauf beruht die antikariogene Wirkung von Xylitol?

Viele Studien konnten mittlerweile zeigen, dass die kariostatische und sogar

antikariogene Wirkungsweise von Birkenzucker auf die Zahngesundheit auf vielen

verschiedenen Faktoren beruht. Einige wurden im Verlauf dieses Kapitels schon

erwähnt. Im Folgenden werden in einer Aufzählung einige der verschiedenen

Wirkungsarten von Xylitol auf die Mundhygiene, Mundflora und Zahngesundheit

aufgelistet:

79

vgl. Mäkinen, Söderling, & Läikkö, 1987 80

vgl. Mäkinen K. , Söderling, Hurttia, Lehtonen, & Luukkala, 1985 81

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.50

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

30

Xylitol reduziert die Plaque-Bildung und die Anhaftung von

kariesverursachenden Bakterien an die Zähne und wirkt antimikrobiell.82

Birkenzucker verhindert die Entmineralisation des Zahnschmelzes und

reduziert die Säureproduktion von kariesverursachenden Bakterien.83

Der Konsum von xylitolhaltigen Kaugummis schützt die Zähne vor einem

Abfall des pH-Wertes ins saure Milieu in der Zahnplaque, selbst nach dem

Konsum von Zucker, welcher normalerweise den pH-Wert erniedrigt. Ein

saurer pH-Wert ist schlecht für die Zähne, da dieser zur Entmineralisation

der Zähne führt. Xylitol hebt den pH-Wert sogar an, wohingegen Sorbitol

diese Wirkung nicht aufzeigt.84

Xylitol wirkt direkt wachstumshemmend auf Bakterien der Mutans

Streptokokken-Gruppe (MS) und scheint einen selektiven Effekt auf diese

Bakterien auszuüben, sodass „Xylitol-resistente“ MS-Bakterien selektiert

werden.85 Diese MS-Bakterien wiederum scheinen sich leichter in den

Speichel abzulösen als ihre Elternstämme86, was zu einer Reduktion von

diesen Bakterien in der Zahnplaque führt.87

Einige Studien legen nahe, dass der Kauprozess von Xylitol-Kaugummis den

antikariogenen Effekt verstärken könnte.88 89 90

Birkenzucker hat die Eigenschaft, wie auch einige andere Zuckeralkohole,

Komplex-Verbindungen, insbesondere mit Calcium-Ionen und Proteinen des

Speichels, zu bilden. Diese Komplexe halten die Calcium-Ionen und

Speichelproteine im Speichel in Lösung und tragen so zur Verfügbarkeit

dieser Stoffe in physiologisch geeigneten Konzentrationen bei. Dies ist in

Bezug auf Calcium sehr förderlich für die Remineralisation der Zähne.91 92

82

vgl. Trahan & Mouton, 1987 83

vgl. Trahan & Mouton, 1987 84

vgl. Söderling, et al., 1989 85

vgl. Trahan & Mouton, 1987 86

vgl. Trahan, Söderling, Dréan, Chevrier, & Isokangas, 1992 87

vgl. Söderling, Trahan , Tammiala-Salonen, & Häkkinen, 1997 88

vgl. Mäkinen, et al., 2008 89

vgl. Machiulskiene, Nyvad, & Baelum, 2001 90

vgl. Scheie, Fejerskov, & Danielsen, 1998 91

vgl. Mäkinen, 2003 92

vgl. Mäkinen, 2000

2 Hauptteil 2.5 Zahnmedizinische Aspekte des Xylitols

____________________________________________________________________

31

Diese Aufzählung verdeutlicht, dass Xylitol auf äußerst umfangreiche Art und Weise

gegen Zahnkaries und ihre auslösenden Faktoren wirkt.

2.5.7 Xylitol und Parodontitis

Die Parodontitis, umgangssprachlich auch als Parodontose bezeichnet, umfasst eine

Reihe von Infektionen, die zur Entzündung des Zahnfleischgewebes und zum Abbau

des Parodontalgewebes, welches den Zahnapparat hält, führen können. Bei

schwerwiegenden Fällen kann es zum Verlust des Alveolarknochens, der die Zähne

im Kiefer befestigt, kommen und schließlich den Ausfall der betroffenen Zähne zur

Folge haben.93 Parodontitis entsteht durch eine Infektion mit Zahnplaque bildenden

Bakterien, die am Zahnfleischsaum siedeln, und einer anschließenden

Immunantwort des Wirtes. Diese spezielle, sich am Zahnfleischsaum befindliche

Zahnplaque, besitzt eine sehr umfassende orale Mikroflora aus der über 300

verschiedene Bakterienspezies identifiziert wurden. Trotz dieser Vielfalt gibt es

mittlerweile einen breiten Konsens darüber, dass vor allem das Bakterium

Porphyromonas gingivalis als einer der hauptverantwortlichen Krankheitserreger

einer Parodontitis hervortritt.94 P. gingivalis kommt in den Zahnfleischtaschen vor

und spielt bei der Initiation und dem Voranschreiten einer Parodontitis eine

wichtige Rolle und exprimiert zahlreiche verschiedene potentielle

Virulenzfaktoren.95 Vor allem die von P. gingivalis produzierten Lipopolysaccharide,

die an der Membran dieses Erregers lokalisiert sind, sind in der Lage eine

Immunantwort des Wirtes auszulösen, die letztendlich den Abbau des

Parodontalgewebes zur Folge hat.96

Han et al. (2005) führen an, dass die wachstumshemmende Wirkung von Xylitol auf

Mikroorganismen des Mundraumes, insbesondere von dem hauptsächlich für Karies

verantwortlichen S. mutans, untersucht wurde und Xylitol seit Jahrzehnten zur

Kariesprävention eingesetzt wird. Doch sei die Wirkung von Xylitol auf Menschen,

die unter Parodontitis leiden, bisher nicht untersucht worden. In ihrer Studie

setzten sie erstmalig dem Erreger P. gingivalis unterschiedliche Konzentrationen an

93

vgl. Han, et al., 2005 94

vgl. Lamont & Jenkinson, 1998 95

vgl. Dzink, Socransky, & Haffajee, 1988 96

vgl. Birkedal-Hansen, 1993

2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte

____________________________________________________________________

32

Xylitollösungen aus und stellten fest, dass sein Wachstum, abhängig von der

jeweiligen Konzentration, stark gehemmt wurde und in einer 20%igen Xylitollösung

vollständig zum erliegen kam. Nicht nur das Gesamtwachstum, sondern auch die

Ausbildung der Lipopolysaccharide von P. gingivalis als auch die Expression von

Genen, die letztendlich zum Abbau des Parodontalgewebes aufgrund der

Immunantwort des Wirtes führen, wurden gehemmt. Das erste Mal konnte gezeigt

werden, dass Xylitol einen hemmenden Effekt auf die Parodontitis verursachenden

Lipopolysacharide dieses Erregers ausübt. Dennoch bestehe noch weiterer

Forschungsbedarf in dieser Hinsicht, so die Forscher.97

2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte

Neben den sehr gut untersuchten Effekten von Birkenzucker auf die Mundhygiene

und die Zahngesundheit weist Xylitol noch viele andere allgemeinmedizinische und

therapeutische Aspekte auf. Einige ausgesuchte Aspekte für die Gesundheit sollen

in diesem Kapitel besprochen werden.

2.6.1 Verträglichkeit von Xylitol

Wie bereits erwähnt, tritt Xylitol als Zwischenprodukt im menschlichen Stoffwechsel

ganz natürlich auf und kann als ein körpereigener Stoff angesehen werden. Zur

Verträglichkeit von Birkenzucker wurden viele umfangreiche klinische Studien

durchgeführt. Diese haben gezeigt, dass als einzige mögliche Nebenwirkung von

Xylitol bei ungewohnt übermäßigen Verzehr ein osmotischer Durchfall auftreten

kann. Dieser mag unangenehm sein, ist aber harmlos und ungefährlich. Diese

Nebenwirkung tritt nur auf, wenn man den Verzehr größerer Mengen (ab ca. 30g)

nicht gewohnt ist. Die menschliche Verdauung kann sich allerdings bei

regelmäßigem Verzehr sehr schnell innerhalb weniger Tage oder Wochen auf

Birkenzucker einstellen, sodass kein Durchfall mehr auftritt.98 99

Seit 1963 ist Xylitol als Lebensmittelzusatzstoff von der Food and Drug

Administration, also der zuständigen US-amerikanischen Behörde für

97

vgl. Han, et al., 2005 98

vgl. Bässler, 1978 99

vgl. Emodi, 1978

2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte

____________________________________________________________________

33

Lebensmittelsicherheit und Arzneimittelzulassung, zugelassen und findet seit Mitte

der 1970er Jahre Verwendung auf dem amerikanischen Markt.100 Auch in der EU ist

Birkenzucker als Lebensmittelzusatzstoff mit der Kennung E 967 als unbedenklich in

uneingeschränkten Mengen zugelassen.101

2.6.2 Gefahr für Haustiere

In den Geweben von Säugetieren ist Xylitol als normaler Teil des Stoffwechsels

vorhanden. Menschen können Xylitol in angemessenen Mengen sehr gut vertragen.

Bei Hunden und Katzen ist dies jedoch nicht der Fall, was bei Hunden experimentell

gezeigt werden konnte. In Hinblick auf die Freigabe von Insulin gibt es zwischen

Hunden und Menschen erhebliche Unterschiede. Xylitol erhöht bei Hunden den

Insulinspiegel stark, was wiederum zu einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) führt.

Hunde sind Fleischfresser und weisen im Vergleich zum Menschen Unterschiede in

ihrem Stoffwechsel auf, so wie es sich im Laufe der Evolution ergeben hat.102 Des

Weiteren fehlt Hunden ein Enzym in der Leber, mit dessen Hilfe sie Xylitol abbauen

können. Das Fressen von xylitolhaltigen Produkten kann somit schwere

Leberschäden mit sich bringen.103

2.6.3 Verwendung von Xylitol als Diätzucker und für Diabetiker

Der Kaloriengehalt von Xylitol beträgt 4,06 kcal/g bzw. 17kJ/g, jedoch soll der

Kaloriengehalt um 50% bei der Aufnahme durch den Menschen geringer sein.104

Etwa zwei Drittel des aufgenommenen Xylitols werden im Dickdarm durch

Bakterien fermentiert. Dabei wird Xylitol in Gas, Fettsäuren und andere normale

Stoffwechselprodukte umgewandelt. Die dabei entstehenden kurzkettigen

Fettsäuren werden vom Organismus aufgenommen und dann in Energie

100

vgl. Milgrom, Rothen, & Milgrom, 2006 101

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (abgerufen unter http://www.bmelv.de/DE/Ernaehrung/SichereLebensmittel/SpezielleLebensmittelUndZusaetze/Zusatzstoffe/zusatzstoffe_node.html;jsessionid=519360A398595A5E4D2ED96FA07B7990.2_cid288#doc379542bodyText1) verweist auf die Datenbank der EU für Lebensmittelzusatzstoffe (abgerufen unter https://webgate.ec.europa.eu/sanco_foods/main/index.cfm?event=substance.view&identifier=324) 102

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 72 103

vgl. Lindner, 2013, S. 65 104

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 33

2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte

____________________________________________________________________

34

umgewandelt.105 Da Xylitol durch den Darm nur sehr langsam absorbiert und vom

Organismus nur sehr "verzögert" verwertet wird, wird angenommen, dass der

Brennwert ca. 2,4 kcal/g und nicht 4,06 kcal/g sein sollte. Daher sind in einigen

Ländern Werte zwischen 2 und 3 kcal/g festgelegt worden, die Herstellern in

bestimmten Ländern ermöglicht, spezifische xylitolhaltige Produkte mit dem

Vermerk "kalorienreduziert" zu bewerben.106 Dabei stellt sich die Frage, ob Xylitol

zur Gewichtsreduktion beitragen kann. Die Turku-Zuckerstudie107 führte tatsächlich

zu einer 5%igen Gewichtsreduktion. Hierbei erhielten die Versuchspersonen zwei

Jahre lang eine ausschließlich mit Xylitol gesüßte Nahrung. In gewissem Maße

scheint Xylitol die Fettdepots zu mobilisieren. Bei Versuchspersonen, die Xylitol

ausschließlich nur im Umfang einer Kariesprophylaxe in kleinen Dosen einnahmen,

wurde keine Gewichtsreduktion beobachtet.108 Dennoch ist es natürlich sinnvoll,

sofern man auf eine kalorienbewusste Ernährung wert legt, Birkenzucker anstatt

Haushaltszucker zu verwenden, um Kalorien einzusparen.

Xylitol hat einen sehr niedrigen glykämischen Index, dies bedeutet, dass Xylitol nur

in sehr geringem Maße den Blutzucker und den Insulinspiegel beeinflusst.109 Im

Jahre 1981 eingeführt, dient der Glykämische Index (GI) zur Kontrolle des

Blutzuckerspiegels bei Diabetikern. Er ist ein Maß für die Höhe des

Blutzuckerspiegels und somit auch für die Menge an ausgeschüttetem Insulin nach

Einnahme von 50g verwertbaren Kohlenhydraten.110 Birkenzucker besitzt einen GI

von 7. Zum Vergleich: Der GI von Glucose (Traubenzucker) beträgt 100, von Nudeln

70, von Coca Cola 80 und der eines Apfels 35.111 Daher eignet sich Xylitol besonders

für Diabetiker als Zuckeraustauschstoff, da es den Insulinspiegel weitgehend

unbeeinflusst lässt.

105

vgl. Lindner, 2013, S. 48 106

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 82f. 107

vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975 108

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 83 109

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 77 110

vgl. Lindner, 2013, S. 44 111

vgl. Lindner, 2013, S. 45

2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte

____________________________________________________________________

35

2.6.4 Reduktion von Mittelohrentzündungen

Eine häufige Erkrankung im Kindesalter ist die Otitis (akute Mittelohrentzündung),

die meist eine eitrige, fieberhafte und schmerzhafte Entzündung des Mittelohrs

darstellt. Auslöser sind meist ebenfalls Pneumokokken, Influenzabakterien und

andere Bakterien. Hierbei gelangen die Erreger von der Nase über die Eustachische

Röhre (Ohrtrompete), welche die Nase mit dem Ohr verbindet, ins Mittelohr. Vor

allem bei Kindern ist die Eustachische Röhre enger, kürzer und horizontaler als bei

Erwachsenen, wodurch die Entzündungswahrscheinlichkeit steigt. Hörminderung

aber auch andere Ohrschäden können Folgeerscheinungen einer akuten und

wiederkehrenden Otitis sein, die u.U. auch zu einer Störung der Sprechentwicklung

im Kindesalter führen kann. Vermeidung und Therapie von Mittelohentzündungen

ist daher sehr wichtig.112

Zahlreiche Studien und auch Praxiserfahrungen belegen ein stark reduziertes

Auftreten von Mittelohrentzündungen bei Kindern, wenn diese regelmäßig Xylitol in

Form von Kaugummis oder Bonbons zu sich nehmen. Zum Beispiel konnte dies in

zwei randomisierten (zufällig angeordneten) Doppelblind-Studien von Uhari et al.

(1996 und 1998) bei jungen Kindern aus Tagesstätten gezeigt werden. Bei

regelmäßigem Xylitol-Gebrauch konnte ein um ca. 50% reduziertes Auftreten von

akuter Mittelohrentzündung beobachtet werden, was wiederum zur verminderten

Verabreichung von Antibiotika führte. Mittelohrentzündungen sind ein häufige

Ursache für das Verschreiben von Antibiotika bei Kindern.

2.6.5 Resorption von Calcium und Eisen im Darm

Wie in Kapitel 2.4 schon angedeutet, bilden viele Zuckeralkohole, insbesondere

Xylitol, sog. Komplex-Verbindungen mit Metallionen wie Calcium und Eisen.113 Um

zu testen, ob diese Komplexbildung auch zu einer erhöhten Resorption von Calcium-

und Eisenionen durch die Verdauung führt, wurden mittlerweile viele Tierversuche

durchgeführt, vorzugsweise an Ratten. Bei diesen wurde zum einen

herausgefunden, dass Xylitol tatsächlich als Mittel gegen Osteoporose

112

vgl. Lindner, 2013, S. 53ff. 113

vgl. Angyal, 1974

2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte

____________________________________________________________________

36

(Knochenschwund) wirken kann.114 Zum anderen scheint Birkenzucker auch die

Vernetzung von Kollagenmolekülen (Hauptbestandteil von sämtlichen

Bindegewebe) zumindest in Ratten positiv zu beeinflussen.115 Bei Ratten, die eine

Calcium-Mangel-Diät erhielten, konnte eine verbesserte Einlagerung von

Calciumsalzen in die Knochenmatrix beobachtet werden.116 Inwieweit diese

Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind, muss in weiteren klinischen Studien

untersucht werden.

2.6.6 Auswirkungen auf Nasen-, Rachen- und Lungenbereich

Streptococcus pneumoniae ist ein weit verbreiteter Besiedler der oberen Atemwege

des Menschen und hauptverantwortlich für Otitis media acuta (akute

Mittelohrentzündung), ambulant erworbene Pneumonie (Lungenentzündung) und

häufiger Verursacher von bakterieller Meningitis (Hirnhautentzündung).117

Außerdem ist dieser Erreger häufig verantwortlich für Bakteriämie. Hierbei handelt

es sich um das zeitweilige Vorhandensein von Bakterien im Blut, bei der es zu keiner

Vermehrung dieser Bakterien kommt und damit auch zu keiner Absiedelung

(Metastasierung) in Organen. Bei schlechter Abwehrlage und konstanter

Einschwemmung von Bakterien in den Wirt kann es jedoch zu einer Sepsis

(Blutvergiftung) kommen.118

Nachdem durch viele verschiedene Studien bewiesen wurde, dass Xylitol das

Wachstum von S. mutans, dem hauptsächlich für Karies verantwortlichen

Bakterium, drastisch reduziert, fragten sich Kontiokari et al. (1995), ob dies auch für

andere krankheitserregenden Bakterien des Nasen-Rachen-Raumes gilt. Sie fanden

heraus, dass die Zugabe einer 1-5%igen Xylitol-Lösung zu einem Medium mit

Streptokokken deren Wachstum merklich hemmt, S. pneumoniae eingeschlossen.

Kontiokari et al. (1998) konnten außerdem zeigen, dass nicht nur das Wachstum,

sondern auch die Anhaftung von Streptococcus pneumoniae und Haemophilus

influenzae an die Epithelzellen des Nasen-Rachen-Raumes signifikant reduziert wird.

114

vgl. Svanberg & Knuuttila, 1994 115

vgl. Knuuttila, et al., 1998 116

vgl. Hämäläinen, et al., 1990 117

vgl. Ruiz, et al., 2011 118

vgl. Klieschies, et al., 2008

2 Hauptteil 2.6 Allgemeinmedizinische und therapeutische Aspekte

____________________________________________________________________

37

Der Erreger H. Influenzae (Pfeiffer-Influenzabakterium) ist ausschließlich in den

Schleimhäuten des Menschen anzutreffen und verursacht dort vor allem in den

oberen Atmungswegen wie Nase, Rachen und Luftröhre entzündliche

Erkrankungen, wie z.B. Bronchitis und Lungenentzündung. Für das Studienergebnis

war eine 5%ige Xylitol-Lösung notwendig. Diese Konzentration ist in der Mundhöhle

zumindest kurzzeitig einfach zu erreichen, da in einem Kaugummi ca. 0,5g Xylitol

enthalten sind und sich in der Mundhöhle ca. 10ml Speichel befinden.119 Des

Weiteren wird angeführt, dass aufgrund einer weltweit immer weiteren

Verbreitung von penizillinresistenten Pneumokokken-Stämmen neue

Herangehensweisen gefunden werden müssen, um bakterielle Infektionen zu

verhindern. Xylitol scheint hierfür ein vielversprechendes Mittel zu sein.

In einer weiteren Studie von Tapiainen et al. (2004) setzten diese fünf

verschiedenen Bakterienstämme von Streptococcus pneumoniae u.a. 0,5-5%ige

Xylitollösungen aus und untersuchten anschließend die Ultrastruktur dieser

Bakterien mit einem Elektronenmikroskop. Sie beobachteten, dass die Zellwand der

Pneumokokken sehr diffus wurde und deren Polysaccharid-Kapsel zerfetzt und

dünner. Die Anzahl der beschädigten Zellen stieg im Laufe der zwei stündigen

Exposition mit diesen Xylitollösungen an. Dies war jedoch nicht der Fall bei

Lösungen mit Glucose, Fructose oder Sorbitol (auch ein Zuckeralkohol). Tapiainen et

al. (2004) führen an, dass diese Studie ebenfalls den schädlichen Effekt von Xylitol

auf Pneumokokken demonstriert und dass die beobachteten Veränderungen in der

Polysaccharid-Kapsel und in der Zellwand die Anheftung und die Virulenz

(Ansteckungskraft) beeinflussen könnten, was wiederum die gute klinische

Wirksamkeit der Prävention von Mittelohrentzündungen mit Hilfe von Xylitol erklärt

und stützt.

2.6.7 Xerostomie (Mundtrockenheit) und Speichelbildung

Die Xerostomie (Mundtrockenheit; verminderte Speichelbildung) kann Probleme

beim Kauen, Sprechen und Schlucken verursachen. Der verminderte Speichelfluss

führt häufig auch zu Infektionen, zu Karies (Wurzeloberflächenkaries

119

vgl. Kontiokari, et al., 1995

2 Hauptteil 2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte

____________________________________________________________________

38

eingeschlossen) und Mundwinkelrhagaden. Mundtrockenheit ist häufig eine

Nebenwirkung verschiedenster Medikamente, wie Antidepressiva, Analgetika

(Schmerzmittel), Antihistaminika, Beruhigungsmittel, etc. Chemotherapie,

Ernährungsmängel und Diabetes können ebenfalls Auslöser sein bzw. die

Xerostomie weiter verschlimmern. Xylitol regt den Speichelfluss im Mund erheblich

an. Zum einen können xylithaltige Kaugummis und Lutschpastillen die Beschwerden

lindern und zum anderen wird der Schutz vor Karies erhöht. Es ist auch möglich eine

Wasser-Xyltiol-Lösung als Spülung anzuwenden. Xylitolhaltige Mundsprays für

Patienten mit Mundtrockenheit sind in einigen Ländern erhältlich.120

Neben der positiven Wirkung Mundtrockenheit zu bekämpfen, scheint die

Anwendung von Birkenzucker in Zusammenhang mit probiotischen Laktobazillen

auch effektiv Mundgeruch (Haltosis) zu verringern.121

2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte

In den bisherigen Kapiteln wurde die Wirkungsweise von Xylitol, insbesondere auf S.

mutans, besprochen. Aber auch die Wirkung auf einige Bakterien, die diverse

Erkrankungen des Mund-, Nasen-, Rachen- und Ohrenbereichs verursachen oder

Erreger die Parodontitis auslösen, wurde dargestellt. In diesem Kapitel soll ein

wenig genauer der Transportmechanismus von Xylitol in und aus S. mutans

betrachtet werden, aber auch die Auswirkungen von Birkenzucker auf einige

ausgewählte lebensmittelverderbende Bakterien.

2.7.1 Wirkungsweise von Xylitol auf Streptococcus mutans

Viele verschiedene kariogene Streptokokkenstämme sind in der Lage, die

Zuckeraustauschstoffe Sorbitol und Manitol zu verstoffwechseln, auch wenn diese

Substanzen nicht direkt sonderlich kariogen wirken. Diese Bakterienstämme

besitzen verschiedene Enzyme, die Sorbitol und Mannitol in verwertbare Moleküle,

wie Glucose und Fructose umwandeln können und dadurch indirekt förderlich auf

das Wachstum dieser kariogenen Bakterien wirken. Daher können diese Stoffe als

120

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S. 75f 121

vgl. Iwamoto, Suzuki, Tanabe, Takeshita, & Hirofuji, 2010

2 Hauptteil 2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte

____________________________________________________________________

39

indirekt kariogen betrachtet werden.122 Anders hingegen verhält es sich mit Xylitol:

Es unterstützt nicht das Wachstum von kariogenen Streptokokkenstämmen,

sondern hemmt es nachweislich. Diese Wirkung beruht darauf, dass Birkenzucker

verschiedene lebenswichtige Stoffwechselreaktionen in diesen schädlichen

Bakterien hemmt, wie z.B. durch unterschiedliche Enzymhemmungen, die entweder

intrazellulär (innerhalb der Zelle) oder auch an oder in unmittelbarer Umgebung der

Zellwand erfolgen können. Meistens wird Xylitol von vielen Mikroorganismen gar

nicht erst in die Zelle aufgenommen, was darauf hindeutet, dass diese keinen

Transportmechanismus für Xylitol in die Zelle besitzen.123 Für den Transport von

verschiedenen Zuckern und auch für Xylitol, sofern dieses aufgenommen werden

kann, sind die sog. Phosphotransferasesysteme (PTS) verantwortlich. Selbst wenn

Xylitol in die Zelle aufgenommen werden kann, kann es innerhalb der Zelle nicht zur

Produktion von Milchsäure aus Xylitol verwendet werden. Im Gegenteil: Oft erweist

sich die Aufnahme von Xylitol in diese Zellen als schädlich für diese. „Es muss jedoch

betont werden, dass Xylit eine natürliche Substanz ist und von verschiedenen

anderen Mikroorganismen verstoffwechselt werden kann, die wenig oder keine

Signifikanz im Hinblick auf die Zahngesundheit haben.“124 Dies trifft zum Beispiel auf

einige im Boden lebende Bakterien und auch auf verschiedene Hefepilze zu.

Abbildung 9 stellt schematisch den Transport von Xylitol in ein kariogenes

Streptokokken Bakterium dar: Zunächst wird mithilfe des PTS Xylitol bei Aufnahme

in die Zelle zu Xylitol-5-Phosphat phosphoryliert. Dieser Vorgang verbraucht Energie

und dies geschieht normalerweise auch mit anderen Zuckern oder Zuckeralkoholen.

Innerhalb der Zelle kann es jedoch dazu kommen, dass sich das phosphorylierte

Xylitol anreichert und eine Konzentration erreicht, die giftig für das Bakterium ist

und dessen Stoffwechsel hemmt. Möglich ist auch eine anschließende

Dephosphorylierung des gebildeten Xylitol-5-Phosphats, wodurch Xylitol das

Phosphat wieder verliert und schließlich über einen Prozess, der sich Expulsion

(EXP) nennt, wieder aus der Bakterienzelle ausgeschieden und in den Speichel

abgegeben wird. Dieser Vorgang ist sehr ungünstig für das Bakterium, da er keine

122

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.34 123

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.35 124

aus: Mäkinen, K. K., 2003, S.35

2 Hauptteil 2.7 Weitere mikrobiologische Aspekte

____________________________________________________________________

40

Energie liefert, sondert nur verbraucht. Man spricht hierbei auch von einem

„nichtigen Zyklus“.125

Abbildung 9: Schematische Darstellung des Transports von Xylitol vom Speichel in den intrazellulären Raum eines kariogenen Streptokokken Bakteriums

126

Kariogene Streptokokken, die in der Lage sind, Xylitol in die Zelle aufzunehmen, bewerkstelligen dies über das Phosphotransferasesystem (PTS), welches das Xylitol-Molekül phosphoryliert und dabei Energie verbraucht. Das so entstandene Xylitol-5-Phosphat kann sich in der Zelle anreichern und toxisch auf den Stoffwechsel des Bakteriums auswirken, oder es wird wieder dephosphoryliert und aus der Zelle über Expulsion (EXP) ausgeschieden. Dieser Zyklus ist für das Bakterium ungünstig, da es keine Energie liefert sondern nur verbraucht.

2.7.2 Wirkungsweise auf lebensmittelverderbende Bakterienstämme

Xylitol ist durch einige kommensale, also mit dem Menschen symbiotisch lebende

Mikroorganismen nicht gärfähig und verwertbar, wie dies u.a. bei Streptococcus

mutans der Fall ist. Auf den Stoffwechsel bestimmter Mikroorganismen wirkt Xylitol

sogar inhibitorisch, d.h. hemmend und unterdrückend. Diese Eigenschaften von

Birkenzucker legen nahe, dass sich dieser mehrwertige Alkohol auch als nicht

gärungsfähigen und unverwertbaren Zusatz in der Lebensmittelindustrie für diverse

Lebensmittel eignen könnte.127 Kracher (1975) ist der Ansicht, dass gewisse

Lebensmittel sogar von einem Zusatz von Xylitol profitieren könnten aufgrund der

Süßkraft von Xylitol, seiner relativen chemischen Stabilität und anderen

Eigenschaften. Dies und auch der Verdacht, dass Xylitol ebenfalls das

Mindesthaltbarkeitsdatum von bestimmten Produkten verlängern könnte,

125

vgl. Mäkinen, K. K., 2003, S.35f 126

Quelle: Mäkinen, K. K., 2003, S.35 127

vgl. Mäkinen & Söderling, 1981

2 Hauptteil 2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten?

____________________________________________________________________

41

veranlassten Mäkinen und Söderling (1981) dazu, den Effekt von Xylitol auf einige

Mikroorganismen, die Lebensmittel verderben lassen, zu untersuchen. Sie konnten

nachweisen, dass eine 0,5 %ige Xylitollösung sehr effektiv das Wachstum von

Clostridium butyricum (ein weitverbreiteter Lebensmittelverderber) und

Lactobacillus bulgaricus (verwendet bei der Herstellung von Milchprodukten)

komplett unterband. Auch deren Säureproduktion wurde gehemmt. Eine 0,5 %ige

Xylitollösung ließ ebenso kein Wachstum bei Saccharomyces cerevisiae, der Back-

bzw. Bierhefe, Escherichia coli, ein verbreitetes Darmbakterium und Salmonella

typhii, einem Krankheitserreger, zu. Nachdem schon in den Turku-Zuckerstudien128

über zwei Jahre hinweg viele verschiedene Lebensmittelprodukte, die mit Xylitol

gesüßt waren, von den Probanden ohne Probleme verzehrt werden konnten und

diese Xylitol-Lebensmittel den allgemeinen Voraussetzungen und

Qualitätsansprüchen von Lebensmitteln gerecht wurden, sollte diese Studie über

lebensmittelverderbende Mikroorganismen und deren gehemmtes Wachstum

durch Xylitol weiteren Studien den Anstoß geben zu untersuchen, ob in einigen

Fällen nicht sogar auf Konservierungsmittel verzichtet werden kann, wenn

stattdessen Xylitol beigesetzt wird.129

2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten?

Um von den vielen positiven Eigenschaften von Xylitol zu profitieren, ist es nicht

unbedingt notwendig jeglichen Zucker der täglichen Ernährung vollständig mit

diesem Zuckeraustauschstoff zu ersetzen. Sinnvoll ist es allerdings vor allem solche

Lebensmittel durch eine xylitolhaltige Alternative zu ersetzen, die ansonsten das

höchste kariogene Potential besitzen. Hierzu zählen vor allem Kaugummis, Bonbons,

Lutschpastillen und Hartkaramellen.130 Klinische Studien konnten zeigen, dass

insbesondere diese Produkte wiederum gleichzeitig mit am besten geeignet sind,

um den größtmöglichen Nutzen von Xylitol zu erzielen, vorausgesetzt, sie enthalten

ausschließlich diesen einen Zuckeraustauschstoff und keine weiteren Süßungsmittel

128

vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975 129

vgl. Mäkinen & Söderling, 1981 130

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S.65

2 Hauptteil 2.8 Anwendungsformen von Xylitol – Was ist zu beachten?

____________________________________________________________________

42

oder gar Zucker.131 Darum ist beim Kauf von z.B. xylitolhaltigen Kaugummis und

Bonbons unbedingt darauf zu achten, dass Xylitol in der Zutatenliste möglichst an

erster Stelle steht und auch das einzige verwendete Süßungsmittel ist.

Jeglicher Zusatz von Xylitol zur Ernährung leistet einen Beitrag zur Kariesprophylaxe,

wobei jedoch nicht jedes Produkt, das mit Xylitol gesüßt ist, den gleich starken

positiven Effekt für die Gesundheit besitzt. Das wichtigste beim Einsatz von Xylitol

scheint jedenfalls die kontinuierliche und langfristige Anwendung von Xylitol zu

sein, am besten über mehrere Jahre hinweg und bei Kindern insbesondere in den

Jahren, wenn die Zähne durchbrechen und reifen.132

Mittlerweile gibt es viele verschiedene Formen und Produkte, wie Xylitol

eingenommen werden kann. Vorteilhafte Produkte sind, wie teilweise schon

beschrieben, z.B. Kaugummis und Bonbons. Aber auch Zahnpasten und

xylitolhaltige Nahrungsmittel können geeignet sein. Selbst die Anwendung in

Reinform als Pulver ist sehr sinnvoll, wenn man z.B. einen Teelöffel Xylitol nach dem

Zähneputzen mind. 5 Minuten im Mund verweilen lässt. Für Kleinkinder und

Säuglinge eignen sich auch Schnuller, die mit Xylitolsirup befüllt werden können.

Auch pur in Pulverform lässt sich Birkenzucker sehr gut anwenden, wenn man damit

seinen Mund spült.133

Ein sehr wichtiger Aspekt in der Anwendung von Xylitol, um den bestmöglichen

Nutzen zu erzielen, ist die tägliche Anwendungsfrequenz von Birkenzucker: mind. 3

bis vorzugsweise 5 Anwendungen am Tag sind am wirkungsvollsten. Ein weiterer

wichtiger Punkt ist die Expositionsdauer. Desto länger möglichst hohe

Konzentrationen von Xylitol im Mundraum verweilen, desto besser seine Wirkung.

Darum sollte der Verbraucher beim Kauf von xylitolhaltigen Produkten und deren

Anwendung unbedingt darauf achten, dass man diese möglichst lang (5-10 min) im

Mund behalten kann, damit der Birkenzucker dadurch lange mit Zähnen und

Zahnplaque in Kontakt bleibt.134 Auch für die positive Wirkung auf den gesamten

Nasen-, Mund-, Rachen- und Ohrenbereich ist eine lange Expositionsdauer

vorteilhaft.

131

vgl. Mäkinen, 2003, S.69 132

vgl. Mäkinen K. K., 2003, S.65 133

vgl. Mäkinen, K. K., 2003 134

vgl. Mäkinen, 2003, S.69

2 Hauptteil 2.9 Herstellung von Xylitol

____________________________________________________________________

43

2.9 Herstellung von Xylitol

Für die Herstellung von Xylitol existieren verschiede Verfahrenstechniken. Zum

einen kann Xylitol über eine Extraktion aus natürlichen Stoffen gewonnen werden,

zum anderen über eine chemische Synthese. Auch die Herstellung durch

biotechnologische Verfahren mithilfe von Mikroorganismen ist möglich.135

2.9.1 Fest-flüssig Extraktion

Wie bereits erwähnt, kommt Birkenzucker ganz natürlich in vielen Früchten,

Gemüsen und Pflanzen vor. Zum Beispiel in Blumenkohl, Mirabellen, Himbeeren,

Erdbeeren, Trauben und Bananen, aber auch in Hefen, Flechten und Pilzen ist dieser

mehrwertige Alkohol enthalten. Daher ist eine Methode zur Gewinnung von

Birkenzucker eine Extraktion aus diesen natürlichen Quellen. Für die Extraktion von

Xylitol kommt eine fest-flüssig Extraktion zum Einsatz. Bei solch einem Verfahren

wird mithilfe eines Feststoffes ein Stoff aus einer Flüssigkeit extrahiert, welcher sich

an diesen Feststoff anlagert. Jedoch ist der Gehalt an natürlich vorkommenden

Xylitol äußerst gering und beträgt meist nur weniger als 900mg/100g

Trockengewicht. Dies stellt ein großes ökonomisches Problem dar, weshalb Xylitol

meist nicht über dieses Verfahren gewonnen wird, da es zu unrentabel ist.136 137

2.9.2 Chemische Synthese

Der Prozess der chemischen Synthese von Birkenzucker beginnt mit der Produktion

von Xylose (Holzzucker) aus Xylan.138 Xylane sind Polysaccharide (Vielfachzucker),

bei denen hauptsächlich D-Xylose-Einheiten miteinander zu langen Ketten verknüpft

sind. Sie gehören zu den Hemicellulosen, sind in der Natur sehr weit verbreitet und

stellen das zweithäufigste Polysaccharid überhaupt dar.139 Das Xylan wird über eine

säurekatalysierte Hydrolyse (das Aufspalten von meist langkettigen organischen

Verbindungen in ihre Untereinheiten mit Wasser) in einzelne Xylose-Moleküle

aufgespalten. Das notwendige Xylan für die Herstellung von Xylitol liefern die

135

vgl. Parajó, Domínguez, & Domínguez, 1998 136

vgl. Hyvönen, Koivistoinen, & Voirol, 1982 137

vgl. Pepper & Olinger, 1988 138

vgl. Counsell, 1977 139

vgl. Polizeli, 2005

2 Hauptteil 2.9 Herstellung von Xylitol

____________________________________________________________________

44

Hemicellulose-Bestandteile von verschiedenen Pflanzen, wie z.B. Maiskolben, das

Stroh von Weizen und Hafer, Baumwollsamen, die Schalen von

Sonnenblumenkernen und Kokosnüssen und die faserigen Bestandteile von

Zuckerrohr.140 Jedoch enthalten diese pflanzlichen Bestandteile auch noch andere

Hemicellulose-Anteile außer Xylan, die aus anderen Zuckereinheiten, wie zum

Beispiel der Glucose, Arabinose (Gummizucker), Mannose und Galactose

(Schleimzucker) bestehen können. Diese müssen im Anschluss an die Hydrolyse

über teure Aufreinigungsverfahren entfernt werden, sofern die weitere

Verarbeitung reine Xylose voraussetzt.141 Bei dem darauffolgenden

Verarbeitungsschritt mit Wasserstoffgas, wird bei einer Temperatur von ca. 80-140

°C und einem Druck von ca. 50 bar die Xylose zu Xylitol reduziert. Die bei diesem

Schritt entstehende Lösung muss mithilfe von weiteren Trenn- und

Aufreinigungsverfahren aufgearbeitet werden, um reinen Birkenzucker zu

erhalten.142 Ungefähr 50-60% der ursprünglich eingesetzten Xylose wird bei diesem

Verfahren in Xylitol konvertiert. Die Trenn- und Aufreinigungsverfahren stellen beim

gesamten Herstellungsprozess die kostspieligsten Schritte dar.143

Die chemische Herstellung von Xylitol ähnelt sehr der von Sorbitol. Dennoch sind

die Produktionskosten für Birkenzucker aufgrund des Hydrolyse-Prozesses und die

dafür benötigten Ausgangsstoffe zur Gewinnung der nötigen Xylose wesentlich

höher. Zur Herstellung von Sorbitol wird statt Xylose Glucose benötigt. Diese kann

in hohen Konzentrationen, hohen Erträgen und hoher Reinheit unter sehr milden

Bedingungen aus Stärke (besteht aus vielen miteinander verketteten Glucose-

Einheiten) hydrolysiert werden.144

140

vgl. Counsell, 1977 141

vgl. Hyvönen, Koivistoinen, & Voirol, 1982 142

vgl. Hyvönen, Koivistoinen, & Voirol, 1982 143

vgl. Nigam & Singh, 1995 144

vgl. Parajó, Domínguez, & Domínguez, 1998

2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte

____________________________________________________________________

45

2.9.3 Biotechnologische Verfahren

Eine weitere Methode zur Herstellung von Xylitol ist mithilfe von verschiedenen

Mikroorganismen möglich. So sind einige Bakterienstämme, Pilze und Hefen in der

Lage, Xylose zu Xylitol umzuwandeln.145

2.10 Soziopolitische Aspekte

In diesem Kapitel werden soziopolitische Aspekte in Bezug auf den Gebrauch, die

Verwendung und die Stellung von Xylitol in Finnland, Deutschland und auszugsweise

in anderen Ländern betrachtet.

2.10.1 Situation in Finnland

Finnland ist das führende Land, wenn es um die Erforschung, Aufklärung und

flächendeckende Anwendung von Xylitol innerhalb der Bevölkerung geht. Die ersten

und wichtigen Studien zur zahngesundheitlichen Anwendung von Xylitol wurden

hier durchgeführt. Xylitol ist der erste finnische „functional food“-Inhaltsstoff

(funktionelles Lebensmittel)146, dessen positive Wirkung auf die Gesundheit

wissenschaftlich belegt wurde. Weltweite Aufmerksamkeit erhielt dieser

Zuckeraustauschstoff, als die beiden Wissenschaftler Arje Scheinin und Kauko

Mäkinen den hemmenden Effekt auf die Zahnkaries in den frühen 1970er Jahren

mithilfe der Turku-Zuckerstudien147 nachweisen konnten. Birkenzucker wird

inzwischen weltweit von Fachpersonen empfohlen, doch wurde in Finnland Xylitol

bereits im Jahre 1988 von der finnischen Zahnärztekammer offiziell befürwortet –

das erste Mal weltweit. Daraufhin folgte auch die schwedische und norwegische

Zahnärztekammer. Die regelmäßige Anwendung von xylitolhaltigen Produkten nach

den Mahlzeiten ist zu einer allgemeinen Gewohnheit von vielen Finnen

geworden.148 Diese Art von zahngesundheitlicher Prävention ist bislang einzigartig

auf der Welt. Im Allgemeinen sind fast ausschließlich alle Kaugummis in Finnland

145

vgl. Parajó, Domínguez, & Domínguez, 1998 146

Funktionelle Lebensmittel enthalten Zutaten, die die Gesundheit zusätzlich zum eigentlichen Nährwert der Lebensmittel fördern sollen. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Antioxidantien, probiotische Bakterienstämme und Phytosterole (vgl. http://www.ellviva.de/Gesundheit/Functional-Food-Nahrungsmittel-mit-Funktion.html) 147

vgl. Scheinin & Mäkinen, Turku Sugar Studies I-XXI, 1975 148

vgl. www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities

2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte

____________________________________________________________________

46

mit diesem Zuckeraustauschstoff gesüßt, so die Food For Life Finland im Auftrag der

European Technology Platform der Europäischen Kommission.149 Auch Mäkinen

(2003) bestätigt dies: Die Marktsättigung von xylitolhaltigen Kaugummis liegt bei

fast 100%.

Die Liste an Beispielen von öffentlichen Institutionen, Regulierungsbehörden,

Kontrollorganen und professionellen Organisationen in Finnland, die Xylitol zur

Prävention von Karies befürworten oder empfehlen, ist sehr lang. Neben der

Empfehlung der eben erwähnten finnischen Zahnärztekammer, führen zum Beispiel

öffentliche Gesundheitszentren klinische Studien zu Xylitol oder Programme zur

Demonstration von dessen Wirksamkeit durch. Diese Gesundheitszentren

empfehlen Xylitol für alle Altersgruppen seit Mitte der 1980er Jahren.150 Aber auch

der Finnish Students Health Service, administriert vom Bildungsministerium,

empfiehlt Xylitol seit 1990.151 152 Des Weiteren unterstützt das finnische

Ministerium für soziale Angelegenheiten und Gesundheit Kampanien über und für

Xylitol an öffentlichen Schulen. So wurde zum Beispiel die „Smart Habit Xylitol

Campaign“ 1992 ins Leben gerufen.153

Wie bereits in der Einleitung angedeutet, greifen die Karies-Präventionsprogramme

schon bei den Kleinsten: 2003 händigten ungefähr zweidrittel aller öffentlichen und

privaten Kindertagesstätten den Kindern nach dem Mittagessen Xylitolkaugummis

oder –bonbons aus. Mittlerweile sind es sogar 92% der Kindergärten.154 Die Kosten

werden entweder von den Eltern der Kinder übernommen, oder aus dem Etat der

öffentlichen Gesundheitsgremien der betreffenden Gemeinde bzw. Kommune

finanziert.155 156

Auch in der Bildungspolitik ist Xylitol fest verankert: An öffentlichen Schulen wird im

Biologie- und Chemieunterricht über die Anwendung und den Nutzen von Xylitol

informiert. Manche Schulen händigen ebenfalls Kaugummis oder Lutschpastillen

149

vgl. www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities 150

vgl. Mäkinen K. , 2006 151

vgl. Turtola, 1990 152

vgl. Murtomaa et al., 1993 153

vgl. Nordblad et al., 1995 154

vgl. European Technology Platform / Food for life Finland, abgerufen unter www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities 155

vgl. Mäkinen K. , 2006 156

vgl. Kovari et al., 2003

2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte

____________________________________________________________________

47

o.ä. aus. Die Kosten hierfür werden, wie bei den Kindertagesstätten, von der

öffentlichen Hand übernommen.157 Diese eine tägliche Gabe an Xylitol ist als

kariesprophylaktische Maßnahme natürlich nicht ausreichend, doch ergänzt dies

normalerweise das Xylitolprogramm, das zu Hause unter Aufsicht der Eltern oder

Großeltern in Finnland durchgeführt wird. Die Verabreichung in den Schulen und

Kindertagesstätten ist vor allem auch als Gesundheitserziehungsmaßnahme zu

verstehen.158

Des Weiteren beinhalten die Abschlussprogramme in Oralhygiene an den

Polytechnischen Schulen Vorträge und Prüfungen über Xylitol. Seit 1975 ist dieser

mehrwertige Alkohol Bestandteil der Curricula an Zahnmedizinischen Schulen in

Finnland.159

Das Bewusstsein für Zahnhygiene, aber auch die flächendeckende Anwendung von

Xylitol mögen Gründe für die außerordentlich niedrige Zahnkariesquote der Finnen

sein. Der European Information Food Council gibt an, dass die Finnen heute einen

DMFS-Index von 1 aufweisen, welches zu einem der niedrigsten Werte in Europa

gehört.160

2.10.2 Situation in Deutschland

Im Vergleich zu Finnland stellt sich in Deutschland eine ganz andere Situation in

Bezug auf Birkenzucker dar. Wie gezeigt werden konnte, ist in Finnland die

Verbreitung, Empfehlung, Aufklärung, Sensibilisierung und Edukation von und über

Xylitol von starkem politischen wie auch öffentlichen Interesse und Engagement

geprägt. In Deutschland sind Xylitol und seine vielfältigen

Anwendungsmöglichkeiten längst nicht so weit verbreitet und bekannt. Dennoch

scheinen sich immer mehr Menschen auch hierzulande dafür zu interessieren und

Xylitol zu nutzen. Das mag nicht zuletzt auch am steigenden Angebot von

xylitolhaltigen Produkten im Internet, wie auch in Apotheken und Supermärkten zu

liegen. Allein das Angebot beim großen Online-Versandhändler Amazon ist äußerst

157

vgl. Mäkinen K. , 2006 158

vgl. Mäkinen K. , 2003, S.74 159

vgl. Mäkinen K. , 2006 160

vgl. http://www.eufic.org/article/de/expid/basics-zahngesundheit/

2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte

____________________________________________________________________

48

umfangreich.161 Dort finden sich neben reinem fein- oder grobkörnigen Xylitol in

Pulverform zum Beispiel auch Produkte, wie verschiedenste xylitolhaltige

Kaugummis, Bonbons, Schoko- und Fruchtdrops und (Trink-) Schokoladen, bis hin zu

Brotaufstrichen und xylitolhaltigen Marmeladen mit verschiedenen Früchten. Aber

auch Artikel zur direkten medizinischen Anwendung sind zu finden, wie Zahnpasten,

Mundspülungen, Nasenspülungen, Feuchtigkeitscremes und sogar Xyliol-

Infusionslösungen. Für Kleinkinder gibt es Zahngels, die in einen schnullerartigen

Verteiler hineingegeben werden können. Über das Internet erhältlich sind nicht nur

Xylitol-Produkte sondern auch viele nützliche Informationen.

Ein großes Problem von Xylitol stellt dessen hoher Einkaufspreis dar. Ein Kilo reines

Xylitol über das Internet bestellt, kostet meist zwischen 8-10€ pro Kilogramm.162

Dies mag u.a. an den hohen Herstellungskosten liegen. Doch interessanter- und

paradoxerweise wird Xylitol in Deutschland mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von

19% besteuert, wohingegen Haushaltszucker und der am weitesten verbreitete

Zuckeraustauschstoff Sorbitol und selbst künstliche Süßstoffe wie Saccharin nur mit

dem verminderten Satz von 7% besteuert werden. In einer Online-Petition vom

19.04.2013 an den Bundestag163 wird gefordert, alle Zuckeraustauschstoffe und

Süßungsmittel mit dem gleichen verminderten Mehrwertsteuersatz von 7% zu

besteuern, insbesondere in Hinblick auf Xylitol und dessen nachweislich positive

Wirkung auf die Zahngesundheit. Es wird kritisiert, dass der für die Zähne und den

Stoffwechsel schädliche Haushaltszucker im Vergleich zu Xylitol privilegiert

behandelt wird und dies im Erachten der Petitionssteller ein Verstoß gegen den

Gleichbehandlungsgrundsatz darstellt.

161

vgl. http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&url=search-alias%3Daps&field-keywords=xylitol&rh=i%3Aaps%2Ck%3Axylitol 162

vgl. http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&url=search-alias%3Daps&field-keywords=xylitol&rh=i%3Aaps%2Ck%3Axylitol 163

vgl. https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_04/_19/Petition_41763.html

2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte

____________________________________________________________________

49

2.10.3 Situation weltweit

Insbesondere seit den vergangenen 10 Jahren ist Xylitol international auf dem

Vormarsch. Weltweit empfehlen und befürworten öffentliche Institutionen,

Behörden und professionelle Organisationen die Anwendung von Xylitol-

Kaugummis zur Kariesprävention: So z.B. die nationalen Zahnärztekammern von

Kanada, Finnland, Estland, Frankreich, Ungarn, Island, Irland, Malta, Norwegen,

Peru, Südafrika, die Schweiz, Schweden, Taiwan, die Niederlande, die Türkei,

Großbritannien und die USA. Außerdem existieren auch Empfehlungen der

Gesundheitsministerien von Finnland, Italien und Japan. Aber auch andere

zahnärztliche Vereinigungen Befürworten Xylitol: Das nationale Komitee für

Mundgesundheit in China, die School Dentists‘ Association in Japan und die British

Dental Health Foundation aus Großbritannien, um einige zu nennen. Ebenso die

Weltgesundheitsorganisation empfiehlt dies. Aber auch die Streitkräfte von

Finnland und den USA nutzen Xylitol-Kaugummis.164 Seit 2005 sind in allen „Meals,

Ready-to-Eat“ (auch bekannt als MRE), also den Notrationen bzw.

Einmannpackungen der US-Armee, Xylitol-Kaugummis enthalten, um die

Zahngesundheit der Soldaten zu verbessern.165

Die amerikanischen nationalen Gesundheitsinstitute (National Institutes of Health,

NIH) haben eine sehr interessante Einschätzung von Milgrom et al. (2006)

veröffentlicht, in der sie die Situation von Xylitol als Präventionsmittel in der

Zahngesundheit und bei Mittelohrentzündungen in den USA darstellen. Folgende

wichtige Aussagen sind zu entnehmen: Obwohl Xylitol seit 1963 in den USA

zugelassen ist, hat Birkenzucker erst seit der Jahrtausendwende überhaupt

Aufmerksamkeit als therapeutisches Mittel erfahren. Es wird darauf hingewiesen,

dass in den Jahren von 1981-1985 20 wissenschaftliche Artikel in englischer Sprache

über Xylitol-Humanstudien veröffentlich wurden und es von 2001-2005 schon über

40 waren. Obwohl das Potential von Xylitol bekannter wird, scheint dies bei der

Mehrheit aller Zahnärzten nicht angekommen zu sein. Es werden mehrere Faktoren

angeführt. Ein Problem ist zum einen, dass es sehr lange an geeigneten Xylitol-

Produkten mangelte, die man Patienten hätte empfehlen können. Mittlerweile gibt

164

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.315 165

vgl. Scott, 2006

2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte

____________________________________________________________________

50

es zwar eine Reihe an Produkten, wie Kaugummis, Mundwasser und Zahnpasta,

welche auch therapeutisch wirkungsvolle Mengen an Xylitol enthalten. Doch haben

auch die großen amerikanischen Süßigkeiten Hersteller ein gesteigertes Interesse an

Xylitol bemerkt und festgestellt, dass sich Produkte mit dem Label Xylitol sehr gut

verkaufen. Jedoch sind die Hersteller aufgrund der amerikanischen Gesetzgebung

nicht verpflichtet genau anzugeben, wieviel Xylitol tatsächlich in den Produkten

enthalten ist. Sie sehen diese nur als Konsumprodukte an und nicht als

gesundheitliches Präventionsmittel. So kritisieren die NIH, dass Produkte auf dem

Markt erhältlich sind, die zwar in sehr geringen Mengen Xylitol enthalten, diese

Mengen jedoch bei weitem nicht ausreichen, um einen therapeutischen Nutzen zu

erzielen. Manche Produkte scheinen so schlecht beschriftet zu sein, dass weder

Zahnärzte noch Verbraucher einschätzen können, ob diese Produkte tatsächlich

wirksam sein können. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass eines der

geeignetsten Vehikel für Xylitol das Kaugummi ist, doch die Produkte, die

ausreichende Mengen an Birkenzucker enthalten, immer noch sehr teuer sind.

Damit Xylitol überhaupt einen bedeutungsvollen Effekt auf das US-amerikanische

Kariesproblem haben kann, müssen diese Produkte, um die Kosten zu senken, in

großen Mengen eingekauft und dann zu niedrigen Preisen bzw. kostenlos

insbesondere an einkommensschwache Familien verteilt werden, so Milgrom et al.

(2006). So schreiben sie, dass die Häufigkeit von Zahnkaries in den USA umgekehrt

proportional mit dem Einkommen von Familien korreliert und, dass gerade

einkommensschwache Familien nur einen sehr begrenzten Zugang zu zahnärztlicher

Versorgung haben. Es werden aber auch positive Beispiele für den erfolgreichen

Einsatz von Xylitol angeführt: Im ländlichen Klamath Falls in Oregon haben

schwangere Frauen und ihre Säuglinge Zugang zu einem von der öffentlichen Hand

finanzierten Programm, durch welches sie eine zahnärztliche Versorgung erhalten.

Hierbei bekommen die Mütter nach der Geburt ihres Kindes von den Zahnärzten

kostenlos Xylitolkaugummis ausgehändigt. Laut Milgrom et al. (2006) erhalten diese

privaten Zahnärzte ein monatlich festgesetztes Gehalt für die Behandlung dieser

Frauen und erzielen einen höheren Verdienst, wenn Erkrankungen der Zähne

verringert werden können. Dies scheint die Zahnärzte zum Verteilen der

xylitolhaltigen Kaugummis zu motivieren. Jedoch ist wohl die Folgebereitschaft der

2 Hauptteil 2.10 Soziopolitische Aspekte

____________________________________________________________________

51

regelmäßigen Einnahme der Kaugummis beschränkt und es sollten noch effektivere

Methoden entwickelt werden. Dennoch werden birkenzuckerhaltige Kaugummis

nicht von der amerikanischen Medicaid, ein Versicherungsprogramm von der

Regierung, das schwangeren Frauen aus einkommensschwachen Familien

ermöglicht, kostenlosen Zugang zu zahnmedizinischer Versorgung zu erhalten,

abgedeckt.

3 Ausblick 3.1 Soziopolitischer Ausblick

____________________________________________________________________

52

3 Ausblick

3.1 Soziopolitischer Ausblick

Wie deutlich gezeigt werden konnte, ist Finnland Vorreiter im Einsatz von Xylitol zur

Kariesprävention im großen Maßstab. Auf allen Ebenen der staatlichen

Gesundheitsfürsorge, von Kindergärten über Schulen und der zahnmedizinischen

Ausbildung bis hin zu staatlichen Xylitol-Programmen, spielt dieser

Zuckeraustauschstoff eine wichtige Rolle und wird auch gesellschaftlich sehr gut

akzeptiert und aktiv in der breiten Bevölkerung verwendet. Birkenzucker mag ein

Grund dafür sein, dass die Finnen europaweit mit am wenigsten unter Karies leiden.

Doch hat Birkenzucker nicht nur einen positiven Effekt für die Zähne, sondern auch

weitere positive Aspekte für die Gesundheit, wie im Hauptteil dieser Arbeit

dargelegt wurde.

In Deutschland hingegen stellt sich eine ganz andere Situation dar. Es gibt

Kaugummis und andere Zahnpflegeprodukte zu kaufen, die Xylitol enthalten und

manche Apotheken bieten Xylitol sogar in Pulverform zu sehr hohen Preisen an (bis

zu 24€/Kg). Dennoch ist der gesundheitliche Nutzen von Xylitol in der breiten

deutschen Bevölkerung letztlich weitgehend unbekannt. Es wäre wünschenswert,

wenn sich dies ändern und das deutsche Gesundheitswesen sich ein Beispiel an

Finnland nehmen könnte. Vor allem Karies-Hochrisikogruppen, die meist aus

einkommensschwachen Familien stammen könnten von Birkenzucker ungemein

profitieren. Aber nicht nur Kinder könnten von dem nachhaltigen positiven Effekten

von Xylitol einen großen Nutzen ziehen, sondern auch Diabetiker

(insulinunabhängige Verstoffwechslung), Mütter (stecken ihre Kinder seltener mit

Karies an), Kinder (präventive Wirkung gegen Mittelohentzündungen), alte

Menschen (Osteoporose), manche behinderte Menschen und andere, für die gute

Zahnpflege schwierig ist aufrecht zu erhalten, und im allg. die gesamte Bevölkerung,

deren zahnmedizinischer Zustand sich verbessern könnte, um nur ein paar wenige

Aspekte zu nennen.

Es wäre wünschenswert, wenn auch an deutschen Schulen Xylitol in den Lehrplänen

verankert wäre und die Schüler über den Nutzen und die korrekte und effektive

Anwendung von Birkenzucker unterrichtet und für dieses Thema sensibilisiert

3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick

____________________________________________________________________

53

werden könnten. Auch Schulungen für das zahnmedizinische Personal könnte dazu

beitragen das Wissen über Birkenzucker an die Patienten weiterzugeben. Xylitol-

Aufklärungs-Programme und –Kampanien sollten auch der allg. Bevölkerung zur

Verfügung stehen und insbesondere Eltern sollten über Xylitol Bescheid wissen,

sodass sie ihre Kinder u.a. vor den Folgen der Zahnkaries bewahren können.

Finnland ist ein EU-Mitgliedsland. Wäre es nicht möglich das Thema Xylitol auf EU-

Ebene anzugehen? Im Allgemeinen gehört ein großer politischer Umsetzungswillen

dazu, egal ob dieses Thema auf kommunaler, regionaler, Landes-, oder

Bundesebene angegangen werden soll. Dass dies jedoch möglich ist, zeigt das

beispielhafte Verhalten von Finnland.

3.2 Wissenschaftlicher Ausblick

Im Hauptteil dieser Arbeit wurden zu den unterschiedlichsten

Anwendungsmöglichkeiten von Xylitol die verschiedensten wissenschaftlichen

Studien zitiert und erörtert. Obwohl deutlich wurde, dass das Themengebiet um

Birkenzucker herum sehr umfangreich ist und die Anwendungsmöglichkeiten

äußerst umfassend sind, konnten längst nicht alle wissenschaftlichen Aspekte und

Forschungsergebnisse im Zuge dieser Arbeit aufgegriffen werden. Im Folgenden ist

eine Auflistung zu weiteren Anwendungsmöglichkeiten von Xylitol

zusammengetragen, auf die im Einzelnen nicht weiter eingegangen werden kann. Es

soll dadurch aufgezeigt werden, was für ein weitfassendes Potential diesem

Zuckeraustauschstoff innewohnt. Die Auflistung beinhaltet verschiedene

ausgesuchte medizinische und ernährungswissenschaftliche Anwendungs-

möglichkeiten und Effekte von Xylitol:

Verringert zusammen mit Lactoferrin (Protein, das als Enzym wirkt und

antivirale und antimikrobielle Eigenschaften besitzt) die Biofilmbildung von

Pseudomonaden (ein opportunistischer Krankheitserreger).166

Verlängert den Effekt von Chlorhexidin (Antiseptikum aus der Zahnmedizin)

auf S. mutans (wichtigster Verursacher der Zahnkaries).167

166

vgl. Ammons, et al., 2009

3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick

____________________________________________________________________

54

Als Energiequelle während Infusionstherapien.168 Hierzu wurde umfangreich

an Anwendungsmöglichkeiten über Jahrzehnte in Deutschland geforscht.169

Förderung der endogenen Fettmobilisation und Fettoxidation.170

Potentielles Mittel gegen Geschwüre des Verdauungstraktes.171

Reanimation aus dem diabetischen Koma (frühe Beobachtungen von

Japanern und Deutschen).172

Vorbeugen einer Nebennierenrinden-Suppression während einer Steroid-

Therapie.173

Anhebung der Hörschwellen-Werte bei Patienten mit einem Ménière-

Syndrom (Erkrankung des Innenohrs mit Drehschwindel, einseitigem

Hörverlust und Tinitus).174 175

Therapie einer Adenosindeaminase-Defizienz (Enzym, das die Umwandlung

von Adenosin zu Inosin katalysiert; Mangel kann zu schweren

Immundefekten führen) in einer Form einer adulten Muskelerkrankung.176

Therapie einer Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Defizienz in den Zellen

von roten Blutkörperchen (Anämie, Blutarmut).177

Wiederherstellen des Adenosinnukleotid-Spiegels des Herzmuskels.178

Erhöhung des Spiegels der Retinol-Bindeproteine (vitamin-A-bindende

Proteine).179

Behandlung von Ketonämie (krankhafte Anhäufung von Aceton und anderen

Ketonkörpern im Blut).180

Einsatz als proteinschonender und thiaminschonender Wirkstoff und

Stimulation der enteralen Vitaminsynthese.181 182

167

vgl. Hildebrandt & Sparks, 2000 168

vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 169

vgl. Mäkinen K. K., 201, S.305 170

vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 (darin zitierte Quelle) 171

vgl. Assouline & Danon , 1981 172

vgl. Mäkinen K. K., 2011, S.305 173

vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 (darin zitierte Quelle) 174

vgl. Palchun, et al., 1982 175

vgl. Palchun, 1983 176

vgl. Bruyland & Ebinger, 1994 177

vgl. Van Eys, et al., 1974 178

vgl. Zimmermann & Gerlach, 1978 179

vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 (darin zitierte Quelle) 180

vgl. Touissant, Roggenkamp, & Bässler, 1967

3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick

____________________________________________________________________

55

Erhaltung von roten Blutkörperchen.183

Verbesserung von arzneimittelinduzierter Hämolyse (das Auflösen von roten

Blutkörperchen).184

Milderung der Umstände bei Mukoviszidose.185

Wiederherstellung von integralen Membran-Transportproteinen in

Streptococcus lactis.186

Einsatz zur Hautpflege zusammen mit Farnesol, vor allem bei atopisch

trockener Haut und zur Regulation der Haut-Mikroflora insbesondere von

Staphylococcus aureus (potenzieller opportunistischer Krankheitserreger).187

Vorbeugen von Herzrhythmusstörungen während der Narkose.188

Stimulation der Sekretion von Bauchspeicheldrüsenenzymen.189

Günstige Auswirkung auf das Wachstum von Brathähnchen.190

Einsatz bei der Wundpflege zur Verhinderung von Wund-Biofilmen.191

Verhinderung der Oxidation von Fischöl und somit Unterdrückung des

fischartigen Geruchs.192

Einsatz als Desinfektionsmittel in der Lebensmittelsicherheit und

Küchenhygiene.193

Es wird deutlich, dass vor allem in den vergangenen 40 bis 50 Jahren sehr viel

Forschung hinsichtlich Xylitol betrieben wurde und die Bereiche, in denen dieser

Zuckeraustauschstoff vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten aufweist,

unterschiedlicher kaum sein könnten. Offensichtlich besteht weiterhin sehr viel

Forschungsbedarf zu diesem Thema, um das gesamte Potential von Birkenzucker

auch tatsächlich ausschöpfen zu können. Weitere Forschungsbemühungen sind

181

vgl. Georgieff, Moldawer, Bistrian, & Blackburn, 1985 182

vgl. Rofe, et al., 1982 183

vgl. Quadflieg & Brand, 1978 184

vgl. Ukab, et al., 1981 185

vgl. Zabner, et al., 2000 186

vgl. Ambudkar & Maloney, 1986 187

vgl. Katsuyama, et al., 2005 188

vgl. Yoshimura, Yamada, & Haraguchi, 1979 189

vgl. Vainshtein, Pivikova, & Maksudova, 1973 190

vgl. Takahashi, Mashiko, & Akiba, 2000 191

vgl. Dowd, et al., 2009 192

vgl. Faraji & Lindsay, 2004 193

vgl. Kwon, N.H., et al., 2003

3 Ausblick 3.2 Wissenschaftlicher Ausblick

____________________________________________________________________

56

unabdingbar. Wichtig sind jedoch nicht nur die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf

den unterschiedlichsten Teilgebieten, sondern auch die Umsetzung und das „An-

den-Mann-bringen“, damit Xylitol auch wirklich den Menschen dienlich sein kein.

Hierzu ist viel Aufklärungsarbeit notwendig. Vor allem im medizinischen Bereich ist

das Potential dieses mehrwertigen Alkohols längst nicht ausgeschöpft und doch so

vielversprechend. Beispielsweise wären noch weitere klinische Studien hinsichtlich

der Anwendung von Xylitol bei Parodontitis und Osteoporose wünschenswert.

Außerdem könnte ein weiteres Ziel sein, die Herstellungskosten für dieses

Kohlenhydrat zu senken, damit mehr Menschen von Xylitol profitieren können.

4 Fazit und abschließende Worte

____________________________________________________________________

57

4 Fazit und abschließende Worte

Ist Xylitol ein gewöhnlicher Zuckeraustauschstoff oder ein Wundermittel? Der Titel

dieser wissenschaftlichen Arbeit scheint auf den ersten Blick ein wenig polemisch

anzumuten. Doch ist es hoffentlich gelungen darzulegen, dass es sich bei Xylitol

keinesfalls um einen gewöhnlichen Zuckeraustauschstoff oder ein gewöhnliches

Süßungsmittel handelt. Im Folgenden sollen nochmal in Kurzform die wichtigsten

Eigenschaften von Xylitol zur besseren Übersicht aus dem Hauptteil dieser Arbeit

zusammengetragen werden. Die dazugehörigen Literaturangaben sind den

entsprechenden Stellen des Hauptteils und dem Literaturverzeichnis zu entnehmen.

Allgemeine Eigenschaften und Verträglichkeit:

Sieht aus und schmeckt weitgehend wie gewöhnlicher Haushaltszucker und

besitzt die gleiche Süßkraft.

Wird nach anfänglicher Eingewöhnung auch in sehr großen Mengen

vertragen (mehrere 100g/Tag). Kann jedoch, wenn ungewohnt, bei

übermäßigem Verzehr abführend wirken. Für die zahnmedizinische

Wirksamkeit sind allerdings nur 5-10g/Tag auf mehrere Einheiten verteilt

von Nöten.

Ist ein natürliches Kohlenhydrat und kommt in Obst und Gemüse, im

menschlichen Stoffwechsel (Leber produziert ca. 5-15g/Tag) und praktisch

allen tierischen Geweben vor.

Ist von allen wichtigen großen und weltweiten

Nahrungsmittelaufsichtsbehörden (WHO/EU/USA) in jeglicher

Verzehrmenge als unbedenklich eingestuft.

Zahngesundheit:

Hemmt Zahnkaries nachhaltig.

Führt zur Remineralisierung der Zähne und sorgt für einen physiologisch

optimalen pH-Wert für die Zähne in der Mundhöhle.

Regt die Speichelbildung an und bildet Komplexe mit Calcium und Eiweißen

des Speichels, was wiederum zur Remineralisierung der Zahnhartsubstanz

beiträgt.

4 Fazit und abschließende Worte

____________________________________________________________________

58

Birkenzucker reduziert die Anzahl kariogener Bakterien wie S. mutans und

anderer Laktobazillen im Speichel und in der Zahnplaque.

Wichtige kariesverursachende Bakterien werden an der Anhaftung an die

Zahnoberfläche als Plaquebakterien gehindert, sodass weniger Zahnbelag

gebildet wird. Diese können dadurch keine schädlichen Säuren, die zur

Entmineralisierung der Zähne führen, absondern.

Mütter stecken wesentlich seltener ihre Kinder mit Karies an und dies hat

einen nachhaltigen positiven Effekt auf die Zahngesundheit der Kinder zur

Folge.

Längerfristige Anwendung von Xylitol führt zu einem nachhaltigen

antikariogenen Effekt für die Zähne, auch wenn Xylitol nach einer intensiven

Behandlungszeit nicht mehr verwendet werden sollte.

Die Turku-Zuckerstudien konnten sogar einen „reversiblen Karieseffekt“

aufzeigen, bei dem kleinere Kariesläsionen durch Remineralisierung

verschwinden.

Allg. Medizinische Aspekte:

Insulinunabhängige Verstoffwechslung (gut für Diabetiker).

Ca. 40% geringerer Kaloriengehalt im Vergleich zu Haushaltszucker, daher

geeignet zur Verwendung als Diätzucker.

Wirkt präventiv bei Mittelohrentzündungen und einigen anderen

bakteriellen Infektionskrankheiten des Mund-, Nasen-, Rachen- und

Ohrenbereichs, wie Erkältungen, Grippen und Lungenentzündungen.

Aufgrund der Anregung der Speichelbildung Anwendung gegen

Mundtrockenheit und Mundgeruch.

Potentielles Hilfsmittel bei Osteoporose. Könnte auch Menschen helfen die

Knochensubstanz zu härten, da Xylitol Komplexe mit Calcium bildet und

dadurch dessen Absorption im Verdauungstrakt erleichtern könnte. Weitere

klinische Studien sind allerdings notwendig.

Diese Auflistung ist selbstverständlich nicht vollständig, doch soll hiermit zumindest

teilweise das umfangreiche Potential von Xylitol dargelegt werden, um zu zeigen,

4 Fazit und abschließende Worte

____________________________________________________________________

59

dass es sich bei diesem Stoff tatsächlich um eine Art „Wundermittel“ handelt. Es

findet auf so vielfältige und unterschiedliche Weise Anwendung, besonders im

medizinischen Bereich. Im Zuge der Recherchen für diese Arbeit und auch während

des Schreibens hat sich berechtigter Weise die Frage aufgedrängt, warum dieser

Stoff immer noch so unbekannt ist. Viele Menschen profitieren gesundheitlich

schon jetzt von Birkenzucker, aber es könnten und sollten noch viel mehr sein.

Darum ist ein Ziel dieser Arbeit, einen kleinen Beitrag hin zu mehr Sensibilisierung

für und Aufklärung über das Thema Xylitol und dessen Anwendungsmöglichkeiten

zu leisten, damit noch mehr Menschen insbesondere im deutschsprachigen Raum

davon erfahren. Besonders auch im Hinblick auf die die Gesundheitserziehung in

Schulen könnte Xylitol einen wichtigen Beitrag leisten, so wie es in Finnland der Fall

ist. Meines Erachtens nach, dürfte es nicht so schwer sein, Menschen für Xylitol zu

begeistern, da die Vorteile so offensichtlich auf der Hand liegen. Besonders Kinder,

die eine sehr wichtige Zielgruppe für den Einsatz von Xylitol darstellen, sind wohl

am einfachsten zu überzeugen – Süßes naschen, das auch noch gesund und gut für

die Zähne ist.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

60

5 Literaturverzeichnis

Alaluusua, S., & Renkonen, O.-V. (1983). Streptococcus mutans establishment and

dental caries experience in children from 2 to 4 years old. Scand J Dent Res,

91, S. 453-457.

Alanen, P., Isokangas, P., & Gutmann, K. (1999). Xylitol candies are as effective as

xylitol chewing gums in caries prevention: The Estonian field study in

children. Comm Dent Oral Epidemiol (in press).

Ambudkar, S., & Maloney, P. (1986). Bacterial anion exchange. Use of osmolytes

during solubilization and reconstitution of phosphate-linked antiport from

Streptococcus lactis. J Biol Chem, 261, S. 10079-10086.

Ammons, M. C., Ward , L., Fisher, S., Wolcott, R., & James, G. (2009). In vitro

susceptibility of established biofilms composed of a clinical wound isolate of

Pseudomonas aeruginosa treated with lactoferrin and xylitol. Int J

Antimicrob Agents, 33, S. 230-236.

Angyal, S. (1974). Complexing of polyols with cations. Tetrahedron, 30, S. 1695-

1702.

Assouline, G., & Danon , A. (1981). Hyperosmotic xylitol, prostaglandins and gastric

mucosal barrier. Prostaglandin Med, 7, S. 63-70.

Bässler, K.-H. (1978). Xylitol. (J. Counsell, Hrsg.) London: Applied Science Publishers.

Berkowitz, R. J., & Jordan, H. V. (1975). Similarity of bacteriocins of Streptococcus

mutans from mother and infant. Arch Oral Biol, 20, S. 725-730.

Birkedal-Hansen, H. (1993). Role of cytokines and inflammatory mediators in tissue

destruction. Journal Periodontal Research, 28, S. 500-510.

Bruyland, M., & Ebinger, G. (1994). Benificial effect of a treatment with xylitol in a

patient with myoadenylate deaminase deficiency. Clin Neuropharmacol, 17,

S. 492-493.

Caufield, P. W., Childers, N. K., Allen, D., & Hansen, J. B. (1985). Distinct bacteriocins

carrelate with different groups of Streptococcus mutans plasmids. Infect

Immun, 48, S. 51-56.

Caufield, P. W., Cutter, G. R., & Dasanayake, A. P. (1993). Initial acquisition of

mutans streptococci by infants: Evidence for a descrete window of

infectivity. J Dent Res, 72, S. 37-45.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

61

Dowd, S., Sun, Y., Smith, E., Kennedy, J., Jones, C., & Wolcott, R. (2009). Effects of

biofilm treatments on the multi-species Lubbock chronic wound biofilm

model. J Wound Care, 18, S. 508-512.

Dzink, J., Socransky, S., & Haffajee, A. (1988). The predominant cultivable

microbiota of active and inactive lesions of destructive periodontal disease.

J. Clin. Periodontol., 15, S. 316-323.

Emodi, A. (Januar 1978). Xylitol: its properties and food applications. Food Technol.,

S. 28-32.

Faraji, H., & Lindsay, R. (2004). Characterization of antiocidant activity of sugars and

polyhydric alcohols in fish oil emulsions. J Agric Food Chem, 52, S. 7164-

7171.

Flemmer, A. (2011). Echt süß! Gesunde Zuckeralternativen im Vergleich. Kirchzarten

bei Freiburg: VAK Verlags GmBH.

Georgieff, M., Moldawer, L., Bistrian, B., & Blackburn, G. (1985). Xylitol, an energy

source for intra-venous nutrition after trauma. J Parenter Enteral Nutr, 9, S.

199-209.

Hämäläinen, M., Knuuttila, M., Svanberg, M., & Koskinen, T. (1990). Comparison of

the effect of gluconate, lactose and xylitol on bone recalcification in calcium-

deficient rats. Bone, 11, S. 429.

Han, S.-J., Jeong, S.-Y., Nam, Y.-J., Yang, K.-H., Lim, H.-S., & Chung, J. (2005). Xylitol

Inhibits Inflammatory Cytokine Expression Induced by Lipopolysaccharide

from Porphyromonas gingivalis. Clinical and Diagnostic Laboratory

Immunology, 12(11), S. 1285-1291.

Hildebrandt, G., & Sparks, B. (2000). Maintaining mutans streptococci supression

with xylitol chewing gum. J Am Dent Assoc, 131, S. 909-916.

Hyvönen, L., Koivistoinen, P., & Voirol, F. (1982). Food technological evaluation of

xylitol. Advances in Food Research, 28, S. 373-403.

Isokangas, P. (1987). Xylitol chewing gum in caries prevention. Academic

Dissertation, University of Turku.

Isokangas, P. (1987). Xylitol chewing gum in caries prevention. A longitudinal study

on Finnish school children. Proc Finn Dent Soc, 83(1), S. 1-117.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

62

Isokangas, P., Mäkinen, K. K., Tiekso, J., & Alanen, P. (1993). Long-term effect of

xylitol chewing gum in the prevention of dental caries: A follow-up 5 years

after termination of a prevention program. Carie Res, 27, S. 495.

Isokangas, P., Söderling, E., Pienihäkkinen, K., & Alanen, P. (2000). Occurrence of

dental decay after maternal consumption of xylitol chewing gum, a follow up

from 0 to 5 years of age. J Dent Res, 79, S. 1885-1889.

Iwamoto, T., Suzuki, N., Tanabe, K., Takeshita, T., & Hirofuji, T. (2010). Effects of

probiotic Lactobacillus salvarius WB21 on haltosis and oral health: an open-

label pilot trial. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod, 110, S.

201-208.

Katsuyama, M., Kobayashi, Y., Ichikawa, H., Mizuno, A., Miyachi, Y., Matsunaga, K.,

& Kawashima, M. (2005). A novek method to control the balance of skin

microflora. 2. A study to assess the effect of a cream containing farnesol and

xylitol on atopic dry skin. J Dermatol Sci, 38, S. 207-213.

Klieschies, R., Panther, U., & Singbeil-Grischkat, V. (2008). Hygiene und medizinische

Mikrobiologie, Lehrbuch für Pflegeberufe (Bd. 5. aktualisierte und

überarbeitete Auflage). Stuttgart: Schlattauer.

Knuuttila, M., Svanberg, M., Kuoksa, T., Mattila, P., & Karjalainen, K. (1998). Xylitol

effects collagen and its glycosylation in diabetic rats. J Dent Res, 77, S. 718.

Köhler, B., Andréen, I., & Jonsson, B. (1984). The effect of caries-preventive

measures in mothers on dental caries and the oral presence of the bacteria

Streptococcus mutans and lactobacilli in their children. Arch Oral Biol, 29, S.

879-883.

Kontiokari, T., Uhari, M., & Koskela, M. (August 1995). Effect of Xylitol on Growth of

Nasopharyngeal Bacteria In Vitro. Antimicrobial Agents and Chemotherapy,

S. 1820-1823.

Kontiokari, T., Uhari, M., & Koskela, M. (1998). Antiadhesive effects of xylitol on

othopathogenic bacteria. Journal of Antimicrobial Chemotherapy, 41, S. 563-

565.

Kovari, H., Pienihäkkinen, K., & Alanen, P. (2003). The use of xylitol chewing gum in

kindergartens. A follow-up study in Savonlinna, Finland. Acta Odontol Scand,

61, S. 367-370.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

63

Kracher, F. (1975). Bedeutung-Wirkung-Anwendung. Kakao & Zucker, 27, S. 108.

Kwon, N. H., Kim, S. H., Kim, J. Y., Lim, J. Y., Kim, J. M., Jung, W. K., . . . Park, Y. H.

(2003). Antimicrobial performance of alkaline ionic fluid (GC-100X) and its

ability to remove Escherichia coli O157:H7 from the surface of tomatoes. J

Food Protect, 66, S. 1604-1610.

Lamont, R., & Jenkinson, H. (1998). Life below the gum line. Pathogenic mechanisms

of Poryphyromonas gingivalis. Microbiol. Mol. Biol. Rev., 62, S. 1244-1263.

Lindner, B.-N. (2013). Xylit - der ideale Zucker. Kirchzarten bei Freiburg: VAK Verlags

GmbH.

Machiulskiene, V., Nyvad, B., & Baelum, V. (2001). Caries preventive effect of sugar-

substututed chewing gum. Community Dent Oral Epidemiol, 29(4), S. 278-

288.

Mäkinen, K. (2000). Can the pentitol-hexitol theory explain the clinical observations

made wit xylitol? Medical Hypotheses, 54(4), S. 603-613.

Mäkinen, K. (2006). Public endorsement and use of xylitol for caries prevention with

special reference to Finish Health Centre programmes. Finn Dent J, S. 66-75.

Mäkinen, K. K. (1993). Prevention of dental caries by xylitol: Issues relating to health

claims. In: Tillotson, J. E. (Herausgeber) America's Foods Health Messages

and Claims. Boca Raton, Florida: CRC Press, 167.

Mäkinen, K. K. (2003). Der Einsatz von Xylit in der Kariesprophylaxe. Heidelberg:

PraxisVerlag.de.

Mäkinen, K. K. (2011). Sugar Alcohol Sweeteners as Alternatives to Sugar with

Special Consideration of Xylitol. Medical Principles and Practice, 20, S. 303-

320.

Mäkinen, K. K., Bennett, C. A., Hujoel, P. P., Isokangas, K. P., Isotupa, K. P., Pape Jr,

H. R., & Mäkinen, P.-L. (1995). Xylitol chewing gums and caries rates: A 40-

month cohort study. J Dent Res, 74, S. 1904.

Mäkinen, K. K., Hujoel, P. P., Bennett, C. A., Isotupa, K. P., Mäkinen, P.-L., & Allen, P.

(1993). Polyol chewing gums and caries rates in primary dentition: A 24-

month cohort study. Caries Res, 30, S. 408.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

64

Mäkinen, K. K., Pemberton, D., Mäkinen, P.-L., Chen, C.-Y., Cole, J., Hujoel, P. P., . . .

Lambert, P. (1996). Polyol-combinant salvia stimulants and oral health in

Veterans Affairs patients - An exploratory study. J Spec Care Dent, 16, S. 104.

Mäkinen, K., & Söderling, E. (1981). Effect of Xylitol on Some Food-Spoilage

Microorganisms. Journal of Food Science, 46, S. 950-951.

Mäkinen, K., Alanen, P., Isokangas, P., Isotupa, K., Söderling, E., & Mäkinen, P.-L.

(2008). Thirty-nine-month xylitol chewing-gum programme in initially 8-

year-old school children: a feasibility study focusing on mutans streptococci

and lactobacilli. International Dental Journal, 58, S. 41-50.

Mäkinen, K., Söderling, E., & Läikkö, I. (1987). Zuckeralkohole (Polyole) als "aktive"

Zahnpastenbestanteile. Oralprophylaxe, 9, S. 115-120.

Mäkinen, K., Söderling, E., Hurttia, H., Lehtonen, O.-P., & Luukkala, E. (1985).

Biochemical, microbiologic, and clinical comparisons between two

dentifrices that contain different mixtures of sugar alcohols. J. Am. Dent.

Assoc., 111, S. 745-751.

Milgrom, P., Rothen, M., & Milgrom, L. (2006). Developing Public Health

Interventions with Xylitol for the US and US-Associated Territories and

States. Suom Hammaslaakarilehti, 13(10-11), S. 2-11.

Murtomaa, H., Vuopio, T., & Turtola, L. (1993). The use of Xylitol chewing gum in

oral health Promotion for Finnish students. Health Promotion Int, 8, S. 271-

274.

Nakai, Y., Shinga-Ishihara, C., Kaji, M., Moriya, K., Murakami-Yamanaka, K., &

Takimura, M. (2010). Xylitol Gum and Maternal Transmission of Mutans

Streptococci. J. Dent. Res., 89, S. 56-60.

Nigam, P., & Singh, D. (1995). Processes of fermentative production of Xylitol — a

sugar substitute. Process Biochemistry, 30(2), S. 117-124.

Nordblad, A., Suominen-Taupale, L., Murtomaa, H., Vartiainen, E., & Koskela, K.

(1995). Smart Habit Xylitol Campain, a new approach in oral health

promotion. Community Dent Health, 12, S. 230-234.

Palchun, V. (1983). Diagnostic informativity of the drugs used to reveal

intralabyrinthine hydrops according to the data of audiologic and

biochemical studies. Zh Ushn Nos Gorl Bolezn, 43, S. 27-31.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

65

Palchun, V., Aslamazove, V., Buyanovskaya, O., & Polyakova, T. (1982). Employment

of xylit for intralabyrinthine hydropsy detection. Vestn Otorinolaringol, 4, S.

35-38.

Parajó, J., Domínguez, H., & Domínguez, J. (1998). Biotechnological production of

xylitol. Part 1: Interest of Xylitol and Fundamentals of its Biosynthesis.

Bioresource Technology, 65, S. 191-201.

Pepper, T., & Olinger, P. (1988). Xylitol in sugar-free confections. Food Technology,

42, S. 98-106.

Petersen, P., Bourgeois, D., Ogawa , H., Estupinan-Day, S., & Ndiaye, C. (2005). The

global burden of oral diseases and risks to oral health. Bulletin of the World

Health Organization, 83, S. 641-720.

Polizeli, M. (2005). Xylanases from fungi: properties and industrial applications. Appl

Microbiol Biotechnol, 67(5), S. 577-591.

Quadflieg, K., & Brand, K. (1978). Carbon and hydrogen metabolism of xylitol and

various sugars in human erythrocytes. Hoppe-Seyler's Z Physiol Chem, 359, S.

29-36.

Rekola, M. (1989). Correlation between caries incidence and frequency of chewing

gum sweetened with sucrose or xylitol. Proceedings of the Finnish Dental

Society, 85(1), S. 21-24.

Rofe, A., Krishnan, R., Bais, R., Edwards, J., & Conyers, E. (1982). A mechanism for

the thiamine-sparing action of dietry xylitol in the rat. Aust J Exp Biol Med

Sci, 60, S. 101-111.

Ruiz, V., Rodríguez-Cerrato, V., Huelves, L., del Padro, G., Naves, P., Ponte, C., &

Soriano, F. (2011). Adherence of Streptococcus pneumonia to Polystyrene

Plates and Epithelial Cells and the Antiadhesive Potential of Albumin and

Xylitol. Pediatric Research, 69, S. 23-27.

Schaeken, M. J., Keltjens, H. M., & van der Hoeven, J. S. (1991). Effects of fluoride

and chlorhexidine on the microflora of dental root surfaces and progression

of root-surface caries. J Dent Res, 70, S. 150-153.

Scheie, A., Fejerskov, O., & Danielsen, B. (1998). The effects of xylitol-containing

chewing gums on dental plaque and acidogenic potential. J Dent Res, 77(7),

S. 1547-1552.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

66

Scheinin, A., & Mäkinen, K. (1971). The effect of various sugars on the formation

and chemical composition of dental plaque. Int. Dent. J., 21, S. 302-321.

Scheinin, A., & Mäkinen, K. (1972). Effect of sugars and sugar mixtures on dental

plaque. Acta Odontol. Scand, 30, S. 235-257.

Scheinin, A., & Mäkinen, K. (1975). Turku Sugar Studies I-XXI. Acta Odontol. Scand.,

33 (Suppl. 70), S. 1-349.

Scheinin, A., Mäkinen, K., & Ylitalo, K. (1976). Turku sugar studies. V. Final report on

the effect of sucrose, fructose and xylitol diets on caries incidence in man.

Acta Odontol Scand, 34(4), S. 179-216.

Scott, A. E. (Januar 2006). Xylitol chewing gum: a recommended addition to the

MRE package. U.S. Army Medical Department Journal, S. 56-58.

Söderling, E., Isokangas, P., Pienihäkkinen, K., & Tenovuo, J. (2000). Influence of

Maternal Xylitol Consumption on Acquisition of Mutans Streptococci by

Infants. J Dent Res, 79(3), S. 882-887.

Söderling, E., Isokangas, P., Pienihäkkinen, K., Tenovuo, J., & Alanen, P. (2001).

Influence of Maternal Xylitol Consumption on Mother-Child Transmission of

Mutans Streptococci: 6-Year Follow-Up. Caries Research, 35, S. 173-177.

Söderling, E., Mäkinen, K., Chen, C.-Y., Pape, H., Loesche, W., & Mäkinen, P.-L.

(1989). Effect of Sorbitol, xylitol, and xylitol/sorbitol chewing gums on dental

plaque. Caries Res., 23, S. 378-384.

Söderling, E., Trahan , L., Tammiala-Salonen, T., & Häkkinen, L. (1997). Effects of

xylitol, xylitol-sorbitol, and placebo chewing gums on the plaque of habitual

xylitol consumers. Eur J Oral Sci, 105(2), S. 170-177.

Svanberg, M., & Knuuttila, M. (1994). Dietry xylitol retards bone resorption in rats.

Miner Electrolyte Metab, 20, S. 153.

Takahashi, K., Mashiko, T., & Akiba, Y. (2000). Effect of dietary concentration of

xylitol on growth in male broiler chicks during immunological stress. Poult

Sci, 79, S. 743-747.

Tapiainen, T., Sormunen, R., Kaijalainen, T., Kontiokari, T., Ikäheimo, I., & Uhari, M.

(2004). Ultrastructure of Streptococcus pneumoniae after exposure to

xylitol. Journal of Antimicrobial Chemotherapy, 54, S. 225-228.

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

67

Tenovuo, J., Lehtonen, O.-P., & Aaltonen, S. (1990). Caries development in children

in relation to the presence of mutans streptococci in dental plaque and of

serum antibodies against whole cells and protein antigen I/II of

Streptococcus mutans. Caries Res, 34, S. 59-64.

Thaweboon, S., Thaweboon , B., & Soo-Ampon, S. (2004). The effect of xylitol

chewing gum on mutans streptococci in salvia and dental plaque. Southeast

Asian J Trop Med Public Health, 35(4), S. 1024-1027.

Touissant, W., Roggenkamp, K., & Bässler, K. (1967). Behandlung der Ketonämie im

Kindesalter mit Ksylit. Z Kinderheilkunde, 98, S. 146-154.

Trahan , L., & Mouton, C. (1987). Selection for Streptococcus mutans with an

altered xylitol transport capacity in chronic xylitol consumers. J Dent Res,

66(5), S. 982-988.

Trahan, L., Söderling, E., Dréan, M., Chevrier, M., & Isokangas, P. (1992). Effect of

xylitol consumption on the plaque-salvia distribution of mutans streptococci

and the occurrence and long-term survival of xylitol-resistant strains. J Dent

Res, 71(11), S. 1785-1791.

Turtola, L. (1990). A trial of adding Xylitol chewing gum to a part of university

students’ meals. Fin Stud Health Serv Treaties, S. 30.

Uhari, M., Kontiokari, T., & Niemelä, M. (1998). A novel use of Xylitol sugar in

preventing acute otitis media. Pediatrics, 102, S. 879.

Uhari, M., Kontiokari, T., Koskela, M., & Niemelä, M. (1996). Xylitol chewing gum in

prevention of acute otitis media: double blind randomised trial. BMJ, 313, S.

1180.

Ukab, W., Sato, J., Wang, Y., & Van Eys, J. (1981). Xyltiol mediated amelioration of

acetylphenyl-hydrazine-induced hemolysis in rabbits. Metabolism, 30, S.

1053-1059.

Vainshtein, S., Pivikova, M., & Maksudova, D. (1973). Xylitol action on the gastric

secretion and the external secretory function of the pancreas in patients

with duodenal ulcer. Vopr Pitan, 1, S. 14-17.

Van Eys, J., Wang, Y., Chan, S., Tanphaichitr, V., & King, S. (1974). Xylitol as a

therapeutic agent in glucose-6-phosphate dehydrogenase deficiency. in

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

68

Sipple, H.L., McNutt K.W.(Herausgeber): Sugars in Nutrition. New York,

Academic Press, S. 613-631.

Yoshimura, N., Yamada, H., & Haraguchi, M. (1979). Anti-arrhythmic effect of xylitol

during anesthesia. Masui, 28, S. 841-848 (auf japanisch mit englischer

Zusammenfassung).

Zabner, J., Seiler, M., Launspach, J., Karp, P., Kearney, W., Look, D., . . . Welsh, M.

(2000). The osmolyte xylitol reduces the salt concentration of airway surface

liquid and may enhance bacterial killing. Proc Natl Acad Sci USA, 97, S.

11619-11641.

Zimmermann, H., & Gerlach, E. (1978). Stimulation of myocardial adenine

biosynthesis by pentoses and pentitols. Pflügers Arch, 376, S. 223.

Verwendete Quellen aus dem Internet

www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3

%95%C3%91&url=search-alias%3Daps&field-

keywords=xylitol&rh=i%3Aaps%2Ck%3Axylitol

Xylitolhaltige Produkte bei Amazon (Zugriff am 30.01.2014)

www.bmelv.de/DE/Ernaehrung/SichereLebensmittel/SpezielleLebensmittelUndZusa

etze/Zusatzstoffe/zusatzstoffe_node.html;jsessionid=519360A398595A5E4D2ED96F

A07B7990.2_cid288#doc379542bodyText1

Homepage des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft über

Lebensmittelzusatzstoffe (Zugriff am 17.01.2014)

www.ellviva.de/Gesundheit/Functional-Food-Nahrungsmittel-mit-Funktion.html

(Zugriff am 21.01.2014)

https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2013/_04/_19/Petition_41763.html

Online-Petition an den Bundestag zur gleichen Besteuerung aller

Zuckeraustauschstoffe mit dem verminderten Mehrwertsteuersatz von 7%

insbesondere von Xylitol (Zugriff am 17.01.2014)

5 Literaturverzeichnis

____________________________________________________________________

69

www.eufic.org/article/de/expid/basics-zahngesundheit/

„Zahngesundheit“ vom European Food Information Council. (Zugriff am 19.01.2014)

www.foodforlife.fi/english/finnish-innovations/xylitol-combats-cavities

European Technology Platform / Food for life Finland (Zugriff am 08.01.2014)

www.gesetze-im-internet.de/zzulv_1998/anlage_2_14.html

Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (Zugriff am 12.01.2014)

www.naturallysweet.com.au/uploads/50072/ufiles/download_info/History_Safety_

and_Dental_Properties_of_Xylitol.pdf

Mäkinen, K. K. (2011) History, Safety and Dental Properties of Xylitol (Zugriff am

26.06.2013)

https://webgate.ec.europa.eu/sanco_foods/main/index.cfm?event=substance.view

&identifier=324

Xylitol aufgelistet in der EU-Daten für Lebensmittelzusatzstoffe (Zugriff am

15.01.2014)