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20 Bild: Claudio Gotsch

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S P E Z I A L R E G I O N

La Punt Chamues-chOrt mit zwei Herzen

Schöne Aussicht vom Albulapass: Vorne beim Inn liegt La Punt,

am Fusse des Piz Mezzaun Chamues-ch.

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Spezialregion

Ruine Guardaval→ S. 26 + 28

Chesa Albertini→ S. 26

Kirche San Andrea→ S. 28

Alp Serlas→ S. 29

Chesa Merleda→ S. 26

Auf einen Blick

Unnützes Wissen zu La Punt Chamues-ch

•  In  der  Grundschule  La  Punt  Chamues-ch  gehen  momentan 37 Schüler zum Unterricht. Jeweils zwei Jahrgänge besuchen ge-meinsam die Schule.

•  1927 fährt das erste Automobil durch La Punt Chamues-ch. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Befahren der Engadiner Strassen mit Automobilen verboten. Teilweise wurden Pferde vor die Automo-bile gespannt, damit diese trotzdem im Tal verkehren konnten.

•  Wenn bis zum 15. Dezember mangels Schneefall keine Langlauf-loipen präpariert werden können, wird die Loipenerstellung mittels Kunstschnee in Angriff genommen. Dies kam noch nie vor.

•  Chamues-ch  kommt  vom Wortstamm  «Chamuotsch»  und  be-deutet «Gemse».

•  In La Punt Chamues-ch gibt es 32 Fussgänger- und Autobrü-cken, die über Gewässer führen, aber nur eine führt über den Inn.

•  La Punt Chamues-ch wurde  früher auch als Klein-Chicago be-zeichnet, weil sich die Leute aus dem Tal in den lokalen Gasthäusern zum Kartenspiel trafen und es zum Teil wüste Raufereien gab.

•  In La Punt Chamues-ch stehen zwei reformierte Kirchen, eine Sommer-  und  eine  Winterkirche.  In  der  einen  finden  die  Gottes-dienste nur im Winter statt, in der anderen nur im Sommer.

•  Die Platten-Covers der international tourenden La Punter Musi-kerin Martina Linn sind alle in der Gemeinde fotografiert worden.

•  Im Sommer reicht dem Ort die Trinkwasserversorgung mit Was-ser  aus Bergquellen.  Im Winter muss  ein Grundwasserpumpwerk am Inn zugeschaltet werden, um die Spitzen abzudecken.

•  2009 wurde im Dorf extra ein Ski-Club gegründet, damit Sandro Viletta unter dem Namen seines Wohnortes starten kann.

•  Am  Albulapass  fanden  vor  einigen  Jahren  Geologiestudenten versteinerte  Korallen.  La  Punt  Chamues-ch  liegt  rein  geologisch auf der afrikanischen Kontinentalplatte.

•  Ein  Glas  Rotwein  bestellt  man  in  La  Punt  Chamues-ch  als  «magöl vin cotschen».

•  Der britische Musiker Robbie Williams hat 2005/6 Silvester  in der Villa Albertini gefeiert. Eine Woche lang.

•  Die  Höhenangabe  auf  dem  Albula  stimmt  nicht:  Es  steht 2315 m  ü. M., es sind aber nur 2313 m ü. M.

•  Nach seinem Olympiasieg 2014 in der Superkombination taufte die Gemeinde die ehemalige Via Chamuera zu Ehren ihres Siegers in Via Sandro Viletta um.

•  Die erste Freimaurerloge Graubündens, L’intimité parfait,  traf sich ab 1816 im Wirtshaus in Las Agnas, das 1929 abgerissen wurde.

•  In La Punt Chamues-ch leben rund 740 Einwohner, das Dorf hat aber auch rund 2600 Gästebetten. Der Zweitwohnungsanteil liegt bei 70 Prozent.

•  Zu Spitzenzeiten zwischen Weihnachten und Neujahr wurde ein Wasserverbrauch von 1500 Liter Trinkwasser pro Minute gemes-sen.

•  La Punt Chamues-ch wartet bereits seit 34 Jahren auf eine Um-fahrung der Kantonsstrasse (Projektauflage 1980).

•  In La Punt Chamues-ch gehen jeden Herbst 27 Jäger auf die Jagd. Aufgrund des intensiven Hüttenlebens können die Abschusspläne jedoch selten eingehalten werden.

•  Die Bezeichnung Engadin bedeutet «Garten des Inns».

Sehenswürdigkeiten Hotel & Gastro

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Gasthaus Krone→  S. 30

Ristorante Pugliese Müsella→ S. 31

Albula Hospiz→ S. 31

Bumanns Chesa Pirani→ S. 31

MetzgereiLaudenbacher→ S. 31

Karte

«La Punt»

illustriert von CinCin,

zu bestellen unter:

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inkl. CH-Versand

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La Punt Chamues-ch

Text Jon Bollmann

Die schönste Anreise ins Engadin führt über den Albula-pass nach La Punt Chamues-ch. Der Weg über diesen farbkräftigen Pass mit seinen frischen Wässerchen und den saftigen Wäldern ist so angelegt worden, dass der vorfreudige Gast aus dem Fahrzeug oder aus den Socken heraus möglichst viel atemberaubende Landschaft zu se-hen bekommt. So weckt der Aufstieg die Lebensfreude, vertreibt allfälligen Stress und überrascht ab der Passhö-he eins ums andere Mal mit dem einzigartigen Engadiner Licht, das nicht in Worte gefasst werden kann.

Wilhelm Tell des OberengadinsDie Geschichte des Passes und des ersten Dorfes im Tal sind eng miteinander verbunden, denn vor der Nutzung des Albula als ernsthafte Transportroute lebte man auf Engadiner Seite von der Landwirtschaft, die damals wie heute keine grossen Sprünge zuliess. Die erste schriftli-che Erwähnung des Bauerndörfleins Chamues-ch dreht sich folglich auch nicht um die Errungenschaften der Einheimischen, sondern befasst sich mit dem Kauf des Gemeindegebietes durch das Bistum Chur, das 1137 mit weltlichen Mitteln ins Engadin expandierte. Was auf dem Gemeindegebiet vorher passiert war, liegt im Dun-keln. Sicher ist nur, dass bereits die Römer die Albula-route kannten und Korn sowie Wein gegen Käse, Honig, Bienenwachs und Felle tauschten. Den ursprünglichen

Die Brücke über den rauschenden Inn verbin- det das Bauerndorf Chamues-ch mit dem ehe- maligen Patrizierort La Punt, die zusammen eine Gemeinde bilden. Aus dieser fruchtbaren Verbindung ist am Fuss des Albula eine boden-ständig-weltoffene Gemeinde gewachsen. Seit über 500 Jahren werden hier Gäste empfan-gen und deren Wünsche mit gelassener Natür-lichkeit erfüllt.

Alles beginnt auf dem Albula

Alles liegt auf Gemeindegebiet:Albulasee mit Ova d’Alvra, die neben der Albulapassstrasse von der Albulapasshöhe durchs Albulatal hinunter in den Inn fliesst.←

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Säumerweg über den Pass kann man noch gut erkennen.Im 13. Jahrhundert erreichte der Handel eine interessante Grösse, woraufhin der Bischof in Madulain eine Zollstelle einrichten liess, um für die Pfaffen Geld einzutreiben. Und da es sich wohl gelohnt hat, errichtete er wenig spä-ter zum Schutz der Zollstation und der bischöflichen Be-sitztümer im Oberengadin die Burg Guardaval (von der Gerüchten zufolge ein geheimer Gang ins Dorf geführt haben soll. Leider ist dessen Eingang unbekannt). Auf der Burg residierte ein Vogt, der den Bischof vertrat und auf den Ländereien nach dem Rechten schaute. Einer die-ser Vögte schaute darüber hinaus auch den Röcken nach und liess sich gelegentlich junge Mädchen auf die Burg bringen. Als er aber die Tochter des Adam da Chamues-ch auswählte, veranlasste er damit unwillentlich die Be-freiung des Oberengadins: Der Vater führte die Tochter schön geschmückt höchstselbst zur Burg, erdolchte den vor Leidenschaft mit offenen Armen herausstürzenden Vogt und stürmte mit einer kleinen Gefolgschaft die Burg. Damit rettete er nicht nur seine Tochter, sondern befreite als Wilhelm Tell des Oberengadins die Ländereien von der Knechtschaft, was an seinem ehemaligen Wohnhaus an der Via Cumünela bis heute festgehalten ist: «Chesa Adam da Chamues-ch. Liberatur da Guardaval. 1420.»

Die Herrschaften aus ItalienBefreit vom tyrannischen Vogt bewirtschafteten die Chamues-cher die Säumerei selber weiter. Sie bauten ei-nerseits die Passstrasse aus und machten sie winterfest und bauten andererseits eine Brücke über den Inn. Dank dieser rückte Chamues-ch näher an die Albulastrasse her-an, was den Zugang zu Transitgebühren und dem saftigen Alpgras auf dem Pass erleichterte.Besonders profitiert haben die Albertini, aus Italien zu-gewanderte Herrschaften, die sich gut mit den Einheimi-schen verstanden und das Geschäft mit dem Albulapass professionalisierten. Sie waren die «Herren der Brücke» und bauten ab dem 16. Jahrhundert die Prunkbauten mit venezianischen und Tiroler Einflüssen, welche bis heute das Ortsbild von La Punt prägen. Als Juristen, Politiker,

Offiziere & Kaufleute hatten sie aber weit über das Ober-engadin hinaus Einfluss. Sie haben den Kindern eine gute Ausbildung geboten, sich (politisch) engagiert und gelten als Vorkämpfer eines modernen Rechtsverständnisses im Engadin – was damals viel Mut und Unbestechlichkeit brauchte. Dafür wurden sie mit Respekt und jahrhunderte- langem Erfolg belohnt.

Architektonische ZeitzeugenDie Familie Albertini scheint vieles richtig gemacht zu ha-ben, dass sie so lange Zeit derart erfolgreich sein konnte. Und der wirtschaftliche Erfolg zeigt sich bis heute in der Architektur der Häuser. Denn um 1630 herum verwandel-ten die Albertini La Punt durch zahlreiche Um- und Neu-bauten in ein weitherum gut erkennbares Herrendorf, das Samedan und Zuoz an baulicher Pracht überstrahlte. Die schönen Engadinerhäuser aus dieser Zeit sind gut erhalten und heute noch in Händen, welche die Geschichte sowie die Bausubstanz mit viel Rücksicht und Engagement pfle-gen. Besonders herauszustreichen ist die Chesa Albertini mit ihren auffälligen Läden: das majestätischste Haus am Platz. Es wurde 1655 errichtet und stand bis zum Bau der Kantonsstrasse direkt am Inn. Der Eigentümer Andreas Schmidt, dessen Grossmutter eine Albertini war, hat das Haus zusammen mit dem bekannten Modedesigner Hannes B. stilvoll renoviert und vermietet es an illustre Gäste wie etwa den Popstar Robbie Williams, der es an Silvester in La Punt krachen liess.Gleich nebenan steht die Chesa Froriep. Als ein Albertini einst im Schloss Tarasp gute Arbeit geleistet hatte, durfte er zum Dank etwas mitnehmen. Er wählte die Fassaden-uhr mit Glockentürmchen, die daraufhin in der Chesa Froriep eingebaut wurde. Die Glocken auf dem Dach sind über ein Drahtsystem mit anderen Glocken im Haus ver-bunden, die alle zusammen die Zeit schlagen. Die heu-tigen Besitzer, die hier aufgewachsen sind, sind direkte Nachkommen der Albertini und liessen die Bausubstanz weitgehend unverändert. Am anderen Ufer sticht die Chesa Merleda ins Auge. Sie ist eines der ersten Bündner Herrenhäuser und nationales

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6 Beat Curti sprüht vor Leidenschaft für La Punt und veranstaltet  regelmässig  Brückengespräche  in  der  Krone,  um  Brücken  zu schlagen zwischen den beiden Dörfern.

7 Andreas Froriep ist ein direkter Nachfahre der Albertini und in der Chesa Froriep aufgewachsen. In bester Familientradition wurde er  Jurist und engagiert sich heute für den Erhalt des architektoni-schen Erbes.8 Die  Chesa Froriep  eckt  an:  Wer  vom  Albulapass  herunter-

kommt, der muss um das 1609 erbaute Bürgerhaus herumzirkeln.9 Die historische Ledertruhe ist ein Zeitzeuge der Epoche, als 

in La Punt die Pferde gewechselt wurden, bevor es weiterging zum nächsten Pass. 10 Der  Glockenturm  auf  der  Chesa  Froriep  ist  verbunden  mit weiteren Glocken im Hausinneren.11 Die Chesa Albertini war ursprünglich als Bauernhaus errichtet und später  zum Bürgersitz  umgebaut worden. Sie  kann mit  dem nötigen Kleingeld gemietet werden. 

1 Die Chesa Merleda,  erbaut  zwischen  1642  und  1649,  ist  im  Bürgerhausinventar  als  Vertreter  der  «frühesten  Epoche  der  Engadiner  Herrenhäuser»  charakterisiert.  Die  gotisierenden  Gie-belzinnen und Kamintürme zeugen davon, dass der Bauherr kurz vor Baubeginn geadelt worden war.2 Die gewölbte Querhalle der Chesa Merleda ist geprägt von 

Steinböden und verkalkten Wänden. Von hier  führen Türen  in die repräsentativen Stuben.3 In  der Bischofsstube  der Chesa Merleda nächtigte  der Bi-

schof von Chur, wenn er die Gemeinde im Oberengadin besuchte.4 Regula Curti-Vaterlaus  war  schon  in  ihrer  Kindheit  oft  in 

La Punt. Sie hat die Chesa Merleda mit viel Liebe renoviert und den alten Gemäuern neues Leben eingehaucht.5 Die mit  grossartigen  Intarsien  geschmückte  Stüva sura  der 

Chesa Merleda ist im Renaissance Stil gehalten. Die speziell ge-fertigten Werkzeuge sind noch vorhanden.

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Sgraffito  ist eine  historische Technik  zur Bearbeitung  von Wand-flächen, die besonders im Italien und Böhmen des 16. Jahrhunderts benutzt wurde. Theoretisch ist es ganz einfach: Die Mauer wird grob verputzt,  erhält  dann  eine  dicke,  pigmentierte Mörtelschicht  und darauf noch ein Deckverputz. In diesen ritzt, schneidet oder kratzt der Sgraffito-Künstler nach kurzem Antrocknen, bis die darunterlie-gende Schicht  sichtbar wird. Als Werkzeug dienen  verschiedene Schlingen und Kratzeisen, Wasserwaage und Zimmermannszirkel. Und ein gutes Vorstellungsvermögen: Was soll weiss bleiben? Wo wird gekratzt? Denn hier liegt die Krux: Das Bild muss anders ange-packt werden, als man es beim Vorzeichnen getan hat. Ähnlich wie beim Bildhauen, wenn überflüssiger Stein von der Statue gehäm-mert wird. Und es muss schnell gehen, denn der Verputz trocknet rasch. Zwar kann man mit feuchten Jute-Säcken etwas Zeit gewin-nen,  innert Tagesfrist muss die gesamte Hausfassade aber  fertig sein. Und Fehler können nicht korrigiert werden.

Bedeutung der Zeichen an den Wänden

Wagen mit Pferd  Wandel und Fortschritt. Die Reise als       Symbol des Lebens.Säumer    Harmonische Verbindung verschiedener      Landschaften und Kulturen.Wassernixe  Wasser spendet Leben und Fruchtbarkeit,      die Nixe Glück und Freude.Sonne & Sterne  Erhellung, Weisheit, Ruhe, Beständigkeit.Baum des Lebens  Verwurzelt im Boden, reckt er sich zum      Himmel. Die Vögel vermitteln zwischen dem      Himmlischen und dem Weltlichen.Drache    Wohnt in einer Höhle im Boden, bewacht      grosse Schätze und auch das Feuer der      Erde. Er kann fürchterlich toben, wenn er mit      unkontrollierbarer Urgewalt hervorbricht.

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Baudenkmal, zu dessen Bauzeit (1649) Zinnen gerade der letzte Schrei waren. Das Gebäude kann unter anderem mit einem grossartigen Intarsienzimmer auftrumpfen, das in langer Handarbeit vor Ort gebaut wurde, wozu der Intarsienmeister einige Jahre im Haus gelebt hatte. Die heutigen Besitzer, Beat und Regula Curti, haben noch die originalen Werkzeuge des Künstlers, welche extra für dieses Werk angefertigt und für allfällige Reparatur-arbeiten beim Auftraggeber belassen wurden. Daneben gibt es noch das etwas spartanischere Bischofszimmer, in welchem der Bischof von Chur bei seinen Besuchen in La Punt Chamues-ch jeweils nächtigte.Während in La Punt die reichen Handelsfamilien residier-ten, lebten die einfachen Leute im Bauerndorf Chamues-ch, in dem noch heute viele alte Engadiner Häuser mit traditionellen Sgraffiti stehen. Für Liebhaber der klas-sischen Engadiner Architektur ist daher der Dorfkern von Chamues-ch erste Wahl. Beispielsweise für Giorgio Armani, der immer in schwarzen Kurzarmshirts oder weissen Hemden auftritt und hier eine Liegenschaft be- sitzt.

Ankommen und EntschleunigenWer heute über den alten Säumerpfad in den Talboden hin-unter kommt, der findet in der Gemeinde mit den zwei Her-zen ein wunderbar bodenständiges Modell des Engadins. Der Ort ist etwas für fortgeschrittene Engadinfahrende, welche den übertriebenen Trubel von St. Moritz gerne in homöopathischen Dosen geniessen und es sich nicht neh-men lassen, am Abend einen Gang zurückzuschalten, um mit dem kraftvollen Rauschen des Gletscherwassers im Ohr in einen gesunden Schlaf zu sinken. ●

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La Punt Chamues-ch

Events

La Punter Silvester FackelschlittelnAm 31. Dezember brennen  jeweils entlang der Albulapassstrasse die Fackeln. Wer seinen Schlitten bis zur Waldgrenze hinaufzieht, wird  dafür  mit  einer  drei  Kilometer  langen  Abfahrt  verwöhnt,  die knapp oberhalb des Dorfes endet. Hier spendiert  La Punt  Ferien Punsch und Glühwein,  damit  die Schlittler  und  andere  Leute mit Übersicht das Feuerwerk im Tal gut gewärmt bestaunen können.

Kunstinterventionen2001/2 konzipierten Künstler wie Pipilotti Rist, Fischli/Weiss, James Turrell und Martin Kippenberger Kunst für den öffentlichen Raum. Einige Werke sind auch heute noch zu sehen. artpublicplaiv.ch

ChalandamarzAm  1. März,  wenn  die  Kirchenglocke  von  San  Andrea  sechsmal schlägt, reihen sich die Kinder der Grösse der mitgebrachten Kuh-glocken nach auf und marschieren singend durch die Gassen, die vom Klang der vielen Schellen vibrieren. Der Brauch stammt aus der Zeit,  als Rätien eine Provinz des  römischen Reiches und der  1. März  der  Neujahrstag  war.  Die  Geistervertreibung  scheint  nur 

teilweise zu nützen: Die römischen Legionen sind zwar abgezogen, aber einige Italiener wie Armani oder Etro sind geblieben.

Alpgottesdienst mit HausbesichtigungAlle zwei  Jahre findet auf der Alp Serlas ein Alpgottesdienst statt. Bei  diesem Anlass werden  auch  die  Tore  für  eine Hausbesichti-gung dieses aussergewöhnlichen Gebäudes geöffnet. Das näch-ste Mal wahrscheinlich am 19. Juli 2015.

Guardaval SoundsIm August hallen feine Klänge von der Burg Guardaval ins Tal hin-unter, wenn Musiker wie Anna Rossinelli, Adrian Stern oder Marc Sway ihre Werke zum Besten geben. Geheimtipp!

SlowUp Mountain AlbulaEinmal  jährlich  wird  der  Albula  im  Sommer  für  Motorfahrzeuge gesperrt, so dass man die  fantastische Bergstrecke – befreit von knatternden Motoren – mit Muskelkraft und Schweiss  für sich er-obern kann. Fast wie zu Säumerzeiten.slowup-mountain-albula.ch 

Sgraffito

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Is there a God?

Auf der Landeskarte von La Punt Chamues-ch sind viele Götter eingezeichnet. Warum? Der nachfolgende Crashkurs in Rätoromanisch erklärt vieles.

God Arschaida  Lärchenwald («god» = Wald und «larsch» (lat. «larix») = Lärche).God Pschaidas  Dichter Wald («spescha» (lat. «spissea») = Dickicht).God Chamaduoir  Hier schläft das Vieh, wenn die Mittagssonne brennt («cauma» = Sonnenhitze).Champesch  Schafweide (lat. «campus» und lat. «bestia»).Munt da la Bês-cha  Schafberg (lat. «bestia»).Plaun de la Sent  Ebene, in welcher der Wermut wächst (lat. «absinthium»).Pro Lorenzin  Pra/Pro = Wiese (lat. «pratum»). Wiese des kleinen Lorenz.Pradatsch   Das lautmalerische «–atsch» macht die Wiese gross und minderwertig.Val Bella    Schönes Tal = Bauerntalk für «leicht zu bewirtschaften, ertragreich».Val S-chüra  Finstertal (lat. «obscura»).B

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Das aussergewöhnlichste Gebäude im Val Chamuera findet sich weit abgele-gen. Das Tal beginnt hinter dem Dorf-kern von Chamues-ch und führt durch eine wildromantische Urlandschaft aus Lärchen, Föhren, Arven und Frauen-schüeli bis an die Grenzberge zu Italien. Das Tal ist ein Geheimtipp für Ruhe- suchende und gilt als das urtümlichste im ganzen Engadin. Wer hierher kom-men will, der muss Schusters Rappen oder einen Drahtesel satteln, um dahin vorzustossen, wo sich Hirsch und Bart-geier gute Nacht sagen.Und dann, nach zwei Stunden Fuss-marsch, sieht man mitten im Tal auf 2000 m ü.M. einen grossen Prachtbau aus dem 19. Jahrhundert, der deutlich grösser ist als das Maiensäss, das man hier erwarten würde. Das eindrückliche Haus wirft Fragen auf: Wer hat es wohl gebaut? Und warum? Ein Blick in die Chronik fördert zu Tage, dass die Alp Serlas 1828 von Giachem Orlandi ge-gründet wurde, der in der Einsamkeit einen ganzjährigen Landwirtschafts-betrieb aufziehen wollte. Dazu kaufte er sich die umliegenden Alpen und er- richtete an sonniger, lawinen- und über-schwemmungssicherer Lage ein hospiz-ähnliches Haus mit weissgetünchten Mauern, vielen Fenstern und einem langgezogenen Stall. Dazu ein grosser Heuschober für die Winterversorgung, eine Käserei und genügend Platz für Knechte und Mägde, so dass die Alp auch dann bewohnt werden konnte, wenn die Schneemassen im Winter die Verbindung zum Dorf während Mona-ten unterbrachen. So zog er mit Mann und Kuh auf die Alp Serlas, wo er ein paar Jahre blieb. Als jedoch im siebten Jahr ein Knecht an einer Blinddarm-entzündung starb und wegen der Lawi-nengefahr bis im Frühling im Estrich aufbewahrt werden musste, wurde das Projekt nach einigen Diskussionen wie-der abgebrochen. Ein bedauerlicher Aus-gang für eine mutige Idee. Die heutigen Besitzer der Alp Serlas nutzen das Haus als Ruheort sowie als Jagdsitz. Alle zwei Jahre stehen die Gebäude anlässlich des Alpgottesdienstes auf Serlas für Besich-tigungen offen. ●

Spezialregion

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Wild: Die Alp Serlas liegt in einem der ursprünglichsten Täler des Engadins.

Das Experiment auf der Alp Serlas

Königlich & köstlichGasthaus Krone in La Punt

Text Jon Bollmann

Die Krone gehört seit Menschengedenken zu La Punt. Der Bauernhof von 1565 ist vermutlich das älteste Gebäude am südlichen Brückenkopf und profitiert von einer berau-schenden Lage am Ufer des Inn mit Blick auf die ganze Pracht der Albertinihäuser. Schon früh wurde die Krone zum Gasthaus umgebaut und ist seit Jahrhunderten ein wichtiger Treffpunkt für Ansässige und Reisende.Nach der Jahrtausendwende übernahm der Unternehmer Beat Curti das Zepter und holte den einfühlsamen Archi-tekten Hans-Jörg Ruch ins Haus. Dieser befreite das Ho-tel vom Ballast der letzten 400 Jahre und baute auf der DNA des alten Hauses ein neues Gesamtkunstwerk.

SEHEN — Die Krone ist reich verziert mit Kunst aus dem Engadin, die hier wie selbstverständlich ein Zuhau-se gefunden hat. Einen starken Eindruck hinterlassen beispielsweise die grossflächigen Werke von Not Vital, deren archaische Kraft das rauhe Klima des Engadins widerspiegeln. Demgegenüber entzückt Albert Steiner den Gast im alten Stübli mit Originalabzügen seiner Fo-tografien, welche die grandiose Kulisse des Engadins meisterhaft einfangen. Mittendrin auch die Golfspieler in Samedan, welche in Plakatform weltweit fürs Engadin werben durften.

RIECHEN — Auch einige Jahre nach ihrer Neueröff-nung riecht die Krone noch stark nach Arven, Engadiner Steinen und frischem Wind. Wenn Sie zwei Betttage in

Blaublüter schlafen bei blauem Licht. Und Sie? Hier essen Sie köstliche Spaisas principales

Tafeln & betten

Spaisas principales: sFr. 40.— bis sFr. 50.—, Mittagsmenues: ab sFr. 20.—; Zimmer ab sFr. 95.— p.P. guten Geschmack und Rauschen des Flusses inklusive.Hotel Krone, La Punt, T. 081 854 12 69. krone-la-punt.chMehr zum Künstler Not Vital: notvital.com

einem Zimmer verbringen oder in der Stüva d’En dinie-ren, nehmen Sie den Duft in sich auf. Versuchen Sie es!

TASTEN — Das Haus möchte gerne angefasst wer-den, damit die Patina weiterleben kann. Auf den Zimmern lässt sich die Lichtstimmung der eigenen Befindlichkeit anpassen. Je nachdem, ob das Zimmer in ehrliches Weiss, entspannendes Blau, sonnenwarmes Gelb oder feuriges Rot getaucht ist, werden Sie ganz unterschiedlich berührt sein.

SCHMECKEN — Sonja und Andreas Martin sind mit der Bündner Küche umgegangen wie der Architekt mit dem Haus: Sie haben die Essenz herausgearbeitet und komponieren damit perfekt erdachte Spaisas principales und Spezialiteds zu fairen Preisen.

HÖREN — Wenn sich der Geist nach einem langen Tag in der Engadiner Höhenluft müde ins Bett legt, dann erzählt ihm der Inn zum Geleit noch Episoden aus der langen Geschichte des Dorfes, seiner Häuser und der spannenden Leute, die hier schon durchgekommen sind.

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Restaurant

Hotel & Gastro

Albula HospizHolzkohlen-Tatarenhut mit diversen Fleischsorten zum Selberbraten mit verschiedenen Beilagen. 

Ab 10 Personen, Reservation erwünscht,  nur im Sommer geöffnet,T. 081 407 12 96.albulahospiz.ch

Pizzeria Gianni UnoPizza aus dem Holzofen und italienische Küche im  Arvenstübli oder auf der Sonnenterrasse.Chesa Sur Prasüras, T. 081 854 34 14.gianniuno.ch

Restaurant / Pizzeria AlbulaGilde-Betrieb mit flambierten Spiessen, Holzofenpizzas  und klassischen Gerichten für die ganze Familie.Albulastrasse, T. 081 854 12 84.restaurant-albula.ch

Ristorante Pugliese MüsellaDie süditalienische Oase im Engadin mit hervorragenden  Spezialitäten aus Apulien.Seglias 3, T. 081 854 10 24.ristorantepugliesemusella.com

LaudenbachersSlinzigaFür Carnivoren ist der Besuch bei Laudenbacher ein Muss. Wenn möglich verarbeitet Laudenbacher Fleisch aus der Region, aus dem beste Würste und Trocken-fleisch werden. Speziell erwähnenswert ist das Slinziga, ein typisches Trockenfleisch der Bündner Südtäler, ver-gleichbar mit Bresaola, aber in kleineren Stücken herge-stellt. Slinziga wird mit Salz, Zimt, Nelken, Knoblauch, Lorbeer und Pfeffer gewürzt, was ihm im Vergleich zur Bresaola ein intensiveres Aroma verleiht. Wer Glück hat, der bekommt neben jagdfrischem Wild auch selber geräucherten Lachs, für den Laudenbacher hie und da selber in einem alaskischen Fluss steht.laudenbacher.ch

Bumanns Chesa PiraniTesten Sie die Sterne-Küche des Restaurant-testers, das mit markt-frischen Zutaten aus der Region und Herzlichkeit  in original Engadiner Ar-venholzstuben aufwartet. 

Via Chantunela 15 — 19,  T. 081 854 25 15.chesapirani.ch

Hotel

B&B Chesa d’ArchSchön gelegen am Eingang zum Val Chamuera.  Arch ist rätoromanisch und bedeutet «Bogen»,  denn hier findet man den Bogen von Hektik und  Alltagsstress zu Ruhe und Entspannung.Via suot Röven 1, T. 081 851 21 00.chesa-darch.ch

B&B Chesa StailaNeueröffnung im Januar 15! Am Fusse des Albulapasses gelegen, verspricht das frisch renovierte Haus viel Sonne und Stil.Via d’Alvra 14, T. 081 854 12 88.chesa-staila.ch

Chesa AlbertiniFühlen Sie sich wie ein Albertini. Oder wie ein Popstar. Mieten Sie das prunkvollste Haus am Platz.Via Chantunela 37-39, T. 079 480 17 00.chesaalbertini.ch

Ca. 160 weitere Unterkünfteengadin.ch