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43. Störungen betrieblicher Organisationen 43.1 Klassifikation und Diagnostik Siegfried Greif und Karl Heinz Wiedl Inhaltsverzeichnis 1. Betriebliche Organisationen als Systeme . . 1052 2. Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1052 2.1 Arbeit und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . 1052 2.2 Systemische Imbalancen . . . . . . . . . . . . . . . 1053 3. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056 4. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060 1052 1. Betriebliche Organisationen als Systeme Der Begriff «Organisation» wird pragmatisch als Oberbegriff für alle sozialen Gebilde gebraucht, die größer als Kleingruppen und kleiner als die gesamte Gesellschaft sind. Hierzu zählen nicht nur Industriebetriebe, sondern auch Behörden, Schulen, Krankenhäuser, Vereine und Gefäng- nisse. Allgemein können Organisationen als «Systeme von Menschen, Aufgaben und Re- geln» definiert werden (Greif, 1994). Aufgaben beschreiben, was getan werden soll (Input, Strukturen und Output werden dabei als Teil der Aufgabe verstanden). Regeln geben an, wie die Aufgaben durchgeführt werden sol- len (z.B. welche Qualitätskriterien oder Ver- haltensstandards eingehalten werden müssen). Störungen betrieblicher Organisationen, die aus klinisch-psychologischer Sicht von Bedeutung sind, lassen sich nach dieser Definition als Stö- rungen in den Beziehungen zwischen Men- schen, Aufgaben und Regeln darstellen. So kann in einer Organisation Streß durch quanti- tative Überforderung entstehen, wenn die Mit- arbeiter(innen) eine größere Menge von Aufga- ben erledigen sollen, als sie bewältigen können (Beziehung Aufgabenmenge Personen). Kon- flikte (Personen Regeln) können aus unter- schiedlichen Auffassungen über Qualitätskrite- rien resultieren (z. B. darüber was eine «gute» Leistung ist), durch Übertreten ungeschriebe- ner Spielregeln (wenn z. B. Mitarbeiter bei ei- nem Chef, der keinen Widerspruch hören möchte, gegen zuviel Arbeit protestieren), bei unklaren Regeln der Zusammenarbeit zwischen zwei Abteilungen (wenn Fehler auftreten, ver- sucht man, sie der anderen Abteilung zuzu- schieben) oder wenn Aufgaben und Regeln nicht konfliktlos umgesetzt werden können (Aufgaben Regeln, Beispiele: Behinderung der Durchführung der Arbeitsaufgaben bei Ein- haltung aller Sicherheitsbestimmungen oder unterschiedliche Erwartungen verschiedener Vorgesetzter/Bereiche an dieselben Mitarbeiter). 2. Klassifikation 2.1 Arbeit und Gesundheit Die Untersuchung der Zusammenhänge zwi- schen Arbeit und Gesundheit ist ein interdiszi- plinäres Forschungsfeld der Arbeitswissenschaft, an dem Disziplinen wie Ingenieurwissenschaf- ten, Arbeitsmedizin, Psychologie, Industrie- soziologie usw. beteiligt sind (Luczak & Volpert, 1997). Wichtige Schwerpunkte der Arbeits- und Organisationspsychologie in diesem Gebiet

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Lehrbuch Entwicklungspsycho

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43. Störungen betrieblicherOrganisationen43.1 Klassifikation und DiagnostikSiegfried Greif und Karl Heinz Wiedl

Inhaltsverzeichnis1. Betriebliche Organisationen als Systeme . . 1052

2. Klassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10522.1 Arbeit und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . 10522.2 Systemische Imbalancen . . . . . . . . . . . . . . . 1053

3. Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1056

4. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1060

1052

1. BetrieblicheOrganisationen als Systeme

Der Begriff «Organisation» wird pragmatisch alsOberbegriff für alle sozialen Gebilde gebraucht,die größer als Kleingruppen und kleiner als diegesamte Gesellschaft sind. Hierzu zählen nichtnur Industriebetriebe, sondern auch Behörden,Schulen, Krankenhäuser, Vereine und Gefäng-nisse. Allgemein können Organisationen als«Systeme von Menschen, Aufgaben und Re-geln» definiert werden (Greif, 1994).

Aufgaben beschreiben, was getan werden soll(Input, Strukturen und Output werden dabeials Teil der Aufgabe verstanden). Regeln gebenan, wie die Aufgaben durchgeführt werden sol-len (z.B. welche Qualitätskriterien oder Ver-haltensstandards eingehalten werden müssen).Störungen betrieblicher Organisationen, die ausklinisch-psychologischer Sicht von Bedeutungsind, lassen sich nach dieser Definition als Stö-rungen in den Beziehungen zwischen Men-schen, Aufgaben und Regeln darstellen. Sokann in einer Organisation Streß durch quanti-tative Überforderung entstehen, wenn die Mit-arbeiter(innen) eine größere Menge von Aufga-ben erledigen sollen, als sie bewältigen können(Beziehung Aufgabenmenge ⇔ Personen). Kon-flikte (Personen ⇔ Regeln) können aus unter-

schiedlichen Auffassungen über Qualitätskrite-rien resultieren (z.B. darüber was eine «gute»Leistung ist), durch Übertreten ungeschriebe-ner Spielregeln (wenn z.B. Mitarbeiter bei ei-nem Chef, der keinen Widerspruch hörenmöchte, gegen zuviel Arbeit protestieren), beiunklaren Regeln der Zusammenarbeit zwischenzwei Abteilungen (wenn Fehler auftreten, ver-sucht man, sie der anderen Abteilung zuzu-schieben) oder wenn Aufgaben und Regelnnicht konfliktlos umgesetzt werden können(Aufgaben ⇔ Regeln, Beispiele: Behinderungder Durchführung der Arbeitsaufgaben bei Ein-haltung aller Sicherheitsbestimmungen oderunterschiedliche Erwartungen verschiedenerVorgesetzter/Bereiche an dieselben Mitarbeiter).

2. Klassifikation

2.1 Arbeit und Gesundheit

Die Untersuchung der Zusammenhänge zwi-schen Arbeit und Gesundheit ist ein interdiszi-plinäres Forschungsfeld der Arbeitswissenschaft,an dem Disziplinen wie Ingenieurwissenschaf-ten, Arbeitsmedizin, Psychologie, Industrie-soziologie usw. beteiligt sind (Luczak & Volpert,1997). Wichtige Schwerpunkte der Arbeits- undOrganisationspsychologie in diesem Gebiet

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105343. Störungen betrieblicher Organisationen

sind die Erforschung der Auswirkungen vonBelastungen oder Streß am Arbeitsplatz (Greif,Bamberg, & Semmer, 1991), von belastendenorganisationalen Faktoren (z.B. Konflikten zwi-schen Abteilungen und Hierarchieebenen) undder Erwerbslosigkeit auf die psychische Gesund-heit (engl. «Mental Health») sowie der Wech-selwirkungen zwischen Arbeit und anderen Le-bensbereichen (z.B. Schichtarbeit ⇔ Arbeit u.Familie, insbesondere bei erwerbstätigen Frau-en).

Das Problemfeld im Grenzbereich zwischenArbeits- und Organisationspsychologie und Kli-nischer Psychologie, das sich mit der Diagnoseund Intervention bei psychischen oder psycho-somatischen Störungen sowie der Förderungdes Gesundheitsverhaltens im Kontext von Ar-beit und Organisationen beschäftigt, wird auchals Klinische Organisationspsychologie («IndustrialClinical Psychology») bezeichnet. Interven-tionsprogramme zum Gesundheitsverhaltenbehandeln z.B. Alkohol am Arbeitsplatz, Tablet-tenkonsum, Rauchen oder Übergewicht. ImUnterschied zur psychotherapeutischen odermedizinischen Behandlung beschränken sichdie Interventionen der Klinischen Organisa-tionspsychologie auf präventive oder korrektiveMaßnahmen, die nicht unter den Heilkunde-begriff fallen (s. Kap. 43.2/Intervention). In derPraxis werden Interventionsprogramme jedochmeistens erst nach bereits eingetretenenLeistungsstörungen durchgeführt.

Miner (1992) systematisiert die diagnostischrelevanten Störungen in Organisationen undunterscheidet dabei drei Ebenen: (1) Individu-um am Arbeitsplatz, (2) Gruppe und (3) Orga-nisation und Kontext (s. Tab. 1). «Störungen»werden in Miners Modell auf Leistungs- oderVerhaltensdefizite beim Bewältigen von Auf-gaben und beim Einhalten von Regeln der Or-ganisation sowie auf Abweichungen von Rol-lenanforderungen zurückgeführt. PraktischeBedeutung erhalten diese Störungen für die Or-ganisation zunächst einmal durch ihre Häufig-keit und die erwarteten kurz- und langfristigenbetrieblichen oder gesellschaftlichen Kosten. Wennbeispielsweise in einem Unternehmen oderBereich Alkoholprobleme allgemein häufigauftreten und als Folge Leistungsprobleme,Konflikte und Arbeitsausfälle, nimmt die Be-reitschaft der Unternehmensleitung zu, eigen-ständig oder in Kooperation mit Krankenkassen

Analysen und Interventionsmaßnahmen zurReduktion des Problems zu finanzieren.

Die Klassifikation nach Miner (1992) beruhtim Kern auf der einfachen Annahme, daß Stö-rungen durch Defizite in spezifizierbaren Merk-malsbereichen entstehen, die sich Individuen,Gruppen oder Organisationen mit Kontext-bedingungen zuordnen lassen. Derartige Mo-delle können daher als Defizitmodelle bezeich-net werden. Defizitmodelle sind in diesemGebiet sehr gebräuchlich.

Warr (1987) hat auf empirischer Grundlageunter der Bezeichnung «Vitamin-Modell» ein et-was differenzierteres Modell zur Systematisie-rung der Zusammenhänge zwischen Arbeit, Er-werbslosigkeit und psychischer Gesundheit ent-wickelt. Analog zur Wirkung verschiedenerGruppen von Vitaminen unterscheidet er ge-sundheitsförderliche Arbeitsumweltmerkmale,die konstant zunehmende positive Auswirkun-gen auf die psychische Gesundheit haben (phy-sische Sicherheit, Verfügung über Geld, sozialerStatus) von Merkmalen, bei denen die positiveWirkung anfangs ansteigt, bei größerer Ausprä-gung aber abflacht oder sogar geringer wird(Kontrollmöglichkeiten, Möglichkeiten zur An-wendung von Fähigkeiten, extern gesetzte Ziele,Abwechslungsreichtum, Klarheit über die Um-welt, Zahl der sozialen Kontakte). Bei dieser zwei-ten Gruppe werden nur für die unteren Aus-prägungsgrade der Merkmale Wirkungen nacheinem Defizitmodell angenommen. Warr gehtwie Miner davon aus, daß es möglich ist, dieWirkung einzelner Merkmale auf Individuen iso-liert zu betrachten. In komplexen und dynami-schen Problemsituationen, wenn sich beispiels-weise Unternehmensbereiche in vielen Merk-malen grundlegend ändern, ist dies jedochschwierig. In wirtschaftlichen Krisensituationenkönnen durch die erforderlichen raschen Ent-scheidungen regelrechte «Desperadoprozesse» mitchaotischen Veränderungen der Aufgaben, Re-geln und Personalzuordnungen entstehen. Umkomplexe Wechselwirkungen und Dynamikenin ihren pathogenen Wirkungen analysieren zukönnen, sind systemische Ansätze erforderlich.

2.2 Systemische Imbalancen

Systemische Analysen pathologischer organisa-tionaler Bedingungen gibt es bisher kaum.

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1054 B. Störungsbezogener Teil VIII: Störungen von interpersonellen Systemen

Tabelle 1: Klassifikation diagnostisch relevanter Störungen (modifiziert nach Miner, 1992)

(1) Ebene Individuum am Arbeitsplatz

(1.1) Fähigkeiten, Wissen und KompetenzenDefizite in anforderungsrelevanten Einzelbereichen (z. B.: intellektuelle Fähigkeiten, soziale Kompetenzen, speziellesFach und Er fahrungswissen).

(1.2) Individuelle MotivationFrustration wichtiger Motive (z. B. Mißerfolgsvermeidung, Erfolg, soziale Kontakte), Konflikte zwischen Motiven undRegeln, auffällig niedrige Leistungsstandards, geringe allgemeine Leistungsmotivation.

(1.3) Gefahren und UnfallrisikenUnfälle und Gefährdungen (z.B. durch technische Mängel, Gefahrstoffe, zu geringes Gefahrenbewußtsein und riskan-tes Verhalten).

(1.4) Streß, Emotionen, Befindens- und PersönlichkeitsstörungenStressoren am Arbeitsplatz (schwierige Aufgaben und Regeln, Zeitdruck, ständige kleine Ärgernisse, Schichtarbeit,Umgebungsbelastungen wie Lärm, Handlungsunterbrechungen, usw.), Befindensbeeinträchtigungen, häufige Ärger-ausbrüche, Ängste (z. B. durch komplexe Fehlersituationen und Suche nach Schuldigen, Veränderungen der Aufgabenund Regeln, zunehmendes Änderungstempo, Erwerbslosigkeitsrisiken), psychosomatische Beschwerden (Schlafstö-rungen, Kopfschmerzen, Herz-Kreislaufbeschwerden usw.,) Alkohol- und Drogenabhängigkeit, Burnout (Gefühl, durchdie Arbeit ausgebrannt oder ausgelaugt zu sein), Arbeitssucht, streßanfälliger Persönlichkeitstypus (Typ A/Hektiker,Friedman, 1969; Streßtypen nach Brengelmann, 1988, A: Übererregungstyp, B: Er folgstyp, C Streßtyp, D: Unterer-regungstyp), Persönlichkeitsstörungen, Psychosen.

(1.5) Körperliche Merkmale und BehinderungenDysfunktionale körperliche Merkmale (z. B. Übergewicht bei Tätigkeiten in engen Räumen), unzureichende sensori-sche oder motorische Fähigkeiten, Behinderungen (soweit für die Ausführung der Arbeit erforderlich und nichtkompensierbar), Arbeitsabwesenheit durch häufige Krankheit.

(1.6) Entlassungen und ErwerbslosigkeitPsychische und somatische Folgen, beruflicher oder sozialer Abstieg, Armut.

(2) Ebene Gruppe

(2.1) ArbeitsgruppenNegative Auswirkungen von Gruppenkohäsion (z.B. niedrige Leistungsnormen in der Arbeitsgruppe, Sanktionen ge-genüber Normabweichlern) Gewalt am Arbeitsplatz, sexuelle Übergriffe, Mobbing (feindseliges Verhalten gegenübereinzelnen Personen), ineffektives Management, unangemessenes Führungsverhalten (z. B. unklare Formulierung vonAufgaben und Regeln, Führung durch Angst).

(2.2) Arbeit, Freizeit und FamilieÜbertragung von Arbeitsstreß in die Freizeit oder Familie (z.B. Gereiztheit gegenüber Familienmitgliedern), Leistungs-einbrüche oder Verhaltensstörungen durch Familienkrisen oder Trennungen, Priorität von außerberuflichen Beschäfti-gungen.

(3) Ebene Organisation und Kontext

(3.1) OrganisationUnzureichende organisationale Maßnahmen (Desorganisation, Mißmanagement, usw.), Fehlentscheidungen bei Stel-lenbesetzungen, unangemessene Regeln (z. B. überzogene Leistungsstandards), zu große Kontrollspanne (zu großeAnzahl von Mitarbeitern pro Führungskraft).

(3.2) Gesellschaftlicher und wir tschaftlicher KontextUngünstige ökonomische Bedingungen (schwierige wir tschaftliche Situation des Unternehmens), Sanktionen alsFolge von Rechtsbrüchen im Unternehmen (Kundenverluste oder Gefängnisstrafen für Geschäftsführer), Verletzungsozialer Werte (z.B. unethisches Verhalten aus Kundensicht), Konflikte zwischen Anforderungen in der Arbeit undgesellschaftlichen Werten (z. B. Umweltverschmutzung durch problematischen Umgang im Unternehmen mit Schad-stoffen), negative Auswirkungen der geographischen Lage oder regionalen Kultur (Entfernung zur Familie, inter-kulturelle Konflikte, usw.).

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105543. Störungen betrieblicher Organisationen

Argyris (1957) beschreibt die Merkmale tradi-tioneller, hierarchischer und arbeitsteiliger Or-ganisationsstrukturen als pathologische Orga-nisationsdimensionen, Palazzoli et al. (1984)untersuchen typische widersprüchliche undparadoxe Kommunikationsprozesse in Organi-sationen als pathogene systemische Strukturen.

Im folgenden Modell zur Analyse komplexerUrsachen- und Wirkungszusammenhänge ver-wenden wir den Begriff der systemischenImbalance. Aus der Balance gerät ein System(z.B. eine Person, Gruppe oder Organisation)in der Regel nicht sofort, wenn sich einzelneFaktoren verändern (z.B. durch spezifischeQualifikationsdefizite, wie in Defizitmodellenangenommen wird). Soziale Systeme sind imallgemeinen in der Lage, spezifische Defiziteselbstorganisiert auszugleichen (Qualifikations-defizite z.B. durch Lernen in der Arbeit oderdurch Veränderungen der Zuständigkeiten fürdie Aufgaben) oder ein «dynamisches Gleich-gewicht» aufrecht zu halten. Von systemischenImbalancen sprechen wir erst, wenn ein Systemnach allen ihm möglichen eigenaktiven Ver-suchen aus dem Zustand dynamischen Gleich-gewichts gerät. Mit dem Imbalance-Begriffkönnen wir demnach multiple relationaleWechselwirkungen zwischen hypothetischenUrsachen und Wirkungen unter Berücksich-tigung eigenaktiver und selbstorganisierter Aus-gleichshandlungen beschreiben. Diese Auffas-sung von Störungen ist angelehnt an das auf v.Uexküll und v. Weizsäcker zurückgehende Mo-dell des existentiellen Funktionskreises, dasebenfalls von einer – in Grenzen – gegebenenSelbstregulationsfähigkeit von Person-Umwelt-Systemen ausgeht und sich als konzeptuelleGrundlage für verschiedene andere psycholo-gische Anwendungsbereiche bewährt hat (z.B.Rehabilitation, vgl. Kobbert, 1978). Störungenin Organisationen werden analog dazu aufunterschiedliche Arten von Imbalancen syste-mischer Beziehungen zwischen Menschen, Auf-gaben und Regeln zurückgeführt.

Prinzipiell wäre es möglich, zwischen kurz-und langfristigen Imbalance-Zuständen zu un-terscheiden. In den meisten Imbalance-Model-len – insbesondere in der Streßforschung – wirdjedoch angenommen, daß mit Ausnahme vonArbeitsunfällen nur eine langfristige Expositionzu nicht mehr reversiblen gesundheitlichenSchädigungen und Minderungen der Erwerbs-

fähigkeit führt. Im folgenden verwenden wirdaher die Dauer der Imbalance nicht als Klassi-fikationsmerkmal.

Wichtiger erscheint die Unterscheidung zwi-schen (1) stabilen und (2) dynamischen Imba-lance-Zuständen. Als stabil bezeichnen wir Un-gleichgewichtszustände, die innerhalb desbetrachteten Systems (Individuum am Arbeits-platz, Arbeitsgruppe, betriebliche Organisation)zumindest eine zeitlang konstant oder bestän-dig wiederkehrend durch eine bestimmte Rela-tion charakterisiert sind (Bsp.: ständige Über-stunden, zu wenig Erholzeit und als langfristigeFolge zunehmende Gereiztheit oder auf derEbene der Organisation periodisch auftretendenicht lösbare Konflikte zwischen Produktionund Verwaltung). Dynamische Imbalancen sindUngleichgewichtszustände mit einer Relation,die sich (kontinuierlich oder diskontinuierlich)ändert (Bsp.: Zeitdruck und Qualifikations-defizite führen zur Aufschaukelung von Feh-lern und Streßreaktionen bis zum Zusammen-bruch des Arbeitssystems).

Zur Klassifikation organisationaler Imbalan-cen werden drei hierarchische Systemebenenunterschieden (die höheren Ebenen schließendie unteren ein):

(1) Beziehungen zwischen Individuen, Aufga-ben und Regeln (individuelle Ebene).

(2) Beziehungen zwischen mehreren Personenoder Gruppen, Aufgaben und Regeln (Gruppen-ebene).

(3) Beziehungen zwischen den Aufgaben undRegeln aller Organisationsmitglieder eines Be-reichs oder Beziehungen zum Kontext der Or-ganisation (Ebene Organisation und Kontext).

Tabelle 2 beschreibt das resultierende Klassifika-tionssystem und die sechs Arten von Imbalan-cen (A bis F). Die einzelnen Imbalancetypenspezifizieren dabei Merkmale der Personen oderAnforderungen durch Aufgaben und Regeln,welche die arbeitenden Menschen aus einemals ideal oder optimal unterstellten dynami-schen Gleichgewicht bringen können. Dabeiwird im allgemeinen angenommen, daß das Ri-siko für das Auftreten von Befindensbeein-trächtigungen oder psychischer Störungen derOrganisationsmitglieder durch diese Imbalance

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1056 B. Störungsbezogener Teil VIII: Störungen von interpersonellen Systemen

entsteht. Beeinträchtigungen und psychischeStörungen in betrieblichen Organisationen wer-den somit relational definiert.

Es ist zweifellos methodisch komplexer, nicht-konstante Relationen zu untersuchen, in de-nen sich entweder die handelnden Personenoder ihre Aufgaben, Ressourcen und Regelnoder alle Relationen dynamisch verändern. Wirnehmen jedoch an, daß gerade die dynami-schen Imbalancen eine besondere Relevanz fürdie klinische Organisationspsychologie haben.

Unternehmensberater empfehlen, die Lern-fähigkeit der Organisation durch eine Transfor-mationen von Strukturen und Prozessen sogrundlegend zu verbessern, daß sie jederzeitdynamisch und erfolgreich auf externe und in-terne Änderungen reagieren kann. Die «lernen-de Organisation» soll im Ideal das Potential ent-wickeln, beliebige System-Umwelt-Imbalancenselbstorganisiert auszugleichen. Beispiele wärendie Einführung flexibler Teamarbeit in Verbin-dung mit einem umfassenden, kundenorien-tierten Qualitätsmanagement oder «offene»,gemeindenahe Reformmodelle psychiatrischerKrankenhäuser (Büssing, 1992). Sicher ist, daßgrundlegende Transformationen von Organisa-tionen zunächst einmal auf allen Ebenen zusystemischen Imbalancen führen. Wenn dieUmstrukturierung abgeschlossen ist, kann sichin der Organisation ein neues dynamischesGleichgewicht herausbilden. Ob aber das Idealeiner lernenden Organisation, die beliebige ex-

terne und interne Veränderungen selbständigausgleichen kann, jemals erreicht werden kann,ist zu bezweifeln.

3. Diagnostik

Nach Miner (1992) dient die klinische Diagno-stik in der Industrie in ihrem praktischen Kernder Erfassung nicht akzeptierter Leistungs- undVerhaltensdefizite und der Analyse ihrer Ursa-chen und Folgen, um angemessene präventiveund korrektive Maßnahmen einleiten zu kön-nen (für Interventionskonzepte s. Kap. 43.2).Der diagnostische Prozeß ähnelt dabei demVorgehen von Klinischen Psycholog(inn)en beiEinzelfalldiagnosen zu emotionalen oder psy-chosomatischen Befindensbeeinträchtigungen.

Weil es im Prinzip möglich ist, ohne vorhe-rige diagnostische Untersuchungen ungeeigne-ten Mitarbeiter(innen) zu kündigen, meinenviele, daß es in der Industrie für differenzierteklinisch-psychologische Diagnostik keinenpraktischen Bedarf gibt. Miner (1992) diskutiertdie Kündigung als Lösungsversuch unter Be-rücksichtigung empirischer Untersuchungen.Wie sich zeigt, werden beabsichtigte Entlassun-gen aufgrund schwacher Leistungen oft nichtumgesetzt, weil sie aus rechtlichen Gründenschwierig sind oder weil sie von einzelnen Füh-rungskräften, Mitarbeiter(inne)n oder von dergewerkschaftlichen Interessenvertretung ver-hindert werden. Durch erfolglose Kündigungs-

Tabelle 2: Verschiedene Arten systemischer Imbalance in Organisationen

Stabilität der Imbalance

Systemebene

Individuum

Gruppe

Organisation u. Kontext

stabile Imbalance

Aerhöhter Streß an einem Arbeitsplatzund stabile individuelle Fehlzeiten

Ckonstante Konflikte zwischen Abteilun-gen und Produktivitätseinbußen

Eallgemein hoher organisationaler Streßund erhöhter Krankenstand in allenAbteilungen

dynamische Imbalance

Bbeschleunigte technologische Änderun-gen an einem Arbeitsplatz und progres-siver Anstieg der Fehlzeiten

DStändige Reorganisation der Aufgabenin Arbeitsgruppen und ständig zuneh-mende Fluktuation

Fdynamische Marktveränderungen,Schließung von Abteilungen/Betriebenoder Produktionsverlagerungen mitEntlassungswellen und zunehmendeAngst vor Erwerbslosigkeit

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105743. Störungen betrieblicher Organisationen

versuche können wiederum hohe sekundäreKosten, anhaltende Konflikte und Mißtrauenunter den Mitarbeiter(innen) mit leistungs-beeinträchtigenden Folgen entstehen. Die prin-zipielle Kündigungsmöglichkeit liefert deshalbkein stichhaltiges Argument gegen den Einsatzpsychodiagnostischer Untersuchungsmethoden.

Wir unterscheiden drei diagnostische Fragestel-lungen:

(1) Untersuchung der angestrebten Leistungs- undVerhaltensstandards, Ausgleich von Imbalancen.

– Welche Leistungen werden gefordert?– Welche Standards (z.B. Qualitätskriterien)

müssen eingehalten werden?– Welche Anforderungen (Fähigkeiten, Wissen,

Kompetenzen und Fertigkeiten) sind zur Be-wältigung der Aufgaben erforderlich?

– Wie sollen sich die Mitarbeiter(innen) gegen-über anderen (Kunden, Vorgesetzten, Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern) verhalten?

– Welches Verhalten wird erwartet, wenn Stö-rungen oder Imbalancen auftreten?

In vielen Organisationen werden heute dieStandards und Leistungsziele durch Verfahrender Leistungsbeurteilung oder durch Zielverein-barungsgespräche mit Individuen oder Arbeits-gruppen schriftlich festgelegt. Zur Analyse derAnforderungen können standardisierte psycho-logische Befragungs- und Beobachtungsinstru-mente eingesetzt werden (vgl. Dunckel, 1998).

(2) Festlegung und Erfassung der nicht akzeptiertenAbweichungen/Imbalancen.

– Welche Abweichungen/Imbalancen werdennicht akzeptiert?

– Wie werden nicht-akzeptierte Abweichun-gen/Imbalancen erfaßt?

Nicht akzeptierte Leistungsabweichungen undQualifikationsdefizite können im Rahmen vonFeedbackgesprächen zur Leistungsbeurteilungoder nach nicht erreichten Zielen schriftlichfestgehalten werden. Für die Definition und Er-fassung anderer nicht akzeptierter Verhaltens-defizite oder komplexer Imbalancen fehlen ge-eignete Verfahren. Mit Interviews könnenwichtige ungeschriebene Regeln kaum vollstän-dig im Vorhinein erfaßt werden. Oft werden sie

erst im Konfliktfall nachträglich von den Betei-ligten als gravierende Regelverletzung rekla-miert.

(3) Analyse hypothetischer Ursachen und Folgen.

– Wie können hypothetische Ursachen oder in-tervenierende Variablen gefunden und erfaßtwerden?

– Wie können klinisch-psychologisch relevanteFolgen erhoben und analysiert werden?

Zur Analyse hypothetischer Ursachen (z.B.Arbeitsstreß), intervenierender Variablen (z.B.fehlende soziale Unterstützung durch die Ar-beitskollegen) und Folgen (z.B. Gereiztheit oderpsychosomatische Beschwerden) von Imbalan-cen in Organisationen sind wir im allgemeinenauf kasuistische Analysen (Interviews und an-fallende Daten) angewiesen. Es gibt aber auchstandardisierte Instrumente, die für die klinisch-psychologische Diagnostik empfohlen werdenkönnen.

In Tabelle 3 werden ausgewählte Merkmaleund Instrumente zur Analyse der drei angespro-chenen Fragestellungen zusammengestellt. Siesind für die Einzelfallanalyse geeignet und kön-nen sehr einfach (auch ergänzend zur Anamne-se in der therapeutischen Praxis) eingesetzt wer-den.

In Kasten 1 wird ein Verfahren zur streßbezoge-nen Arbeitsplatzanalyse vorgestellt. BezüglichBelastungsanalysen zeigte Büssing (1992), wieman standardisierte «streßbezogene Tätigkeits-analysen» an allen Arbeitsplätzen verschiede-ner Abteilungen der Organisation durchführenund in Verbindung mit qualitativen Datenaggregieren kann; damit können gesundheits-bezogene Analysen der Imbalance von Orga-nisationsstrukturen auf der Grundlage indi-vidueller Tätigkeitsanalysen erstellt werden. InQuerschnittserhebungen kann seine Unter-suchungsstrategie für die Erfassung stabilerorganisationaler Imbalancen, in Längsschnitt-untersuchungen aber auch für dynamischeImbalancen verwendet werden.

Klinisch-psychologische Einzelfallanalysen und-diagnosen dürfen aus rechtlichen Gründennur im Auftrag der betreffenden Mitarbeiter(in-nen) durchgeführt werden und unterliegen der

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1058 B. Störungsbezogener Teil VIII: Störungen von interpersonellen Systemen

Schweigepflicht. In Auftrag von Unternehmenwerden die beschriebenen Untersuchungs-instrumente in der Regel nur in größerenPersonenstichproben eingesetzt und anonymausgewertet, um kritische Probleme (z.B. Ko-stenanstieg durch Fehlzeiten) in bestimmtenArbeitsbereichen als Grundlage für Interventio-nen zu identifizieren. Unternehmen haben inder Regel kaum Interesse an Erhebungen, de-ren Ergebnisse das Unternehmen in einemschlechten Licht erscheinen lassen könnten.Probleme wie Arbeitsstreß, Alkoholismus oderGewalt am Arbeitsplatz sind zweifellos dia-gnostisch relevante Problemstellungen für dieKlinische Psychologie. Sie werden aber fast aus-schließlich in betriebsübergreifenden Frage-bogenerhebungen untersucht.

Klinische PsychologInnen sollten die Mög-lichkeit in Betracht ziehen, daß klinisch-psy-chologisch relevante Symptomatiken durchsystemische Imbalancen in der Arbeitswelt zu-

mindest mitbedingt sein können. Ein aktuellesBeispiel für dynamische Imbalancen auf Grup-penebene mit destabilisierenden individuellenAuswirkungen hat Leymann (1993) bei Erhe-bungen in Schweden über die psychischen Aus-wirkungen sozialer Konflikte am Arbeitsplatzgefunden. Er hat dafür den Begriff Mobbing ein-geführt und bezeichnet damit ständiges feind-seliges oder schikanöses Verhalten gegenübereinzelnen Organisationsmitgliedern. KritischeAuswirkungen erwartet er, wenn «Mobbing-Handlungen» häufig (mindestens 1x pro Wo-che) und über einen längeren Zeitraum (min-destens 6 Monate) erlebt werden. Leymann hateinen Fragebogen Leymann Inventory for Psycho-logical Terrorization LIPT entwickelt, mit demdie Betroffenen die Auftretenshäufigkeiten ei-ner Liste von 45 feindseligen Handlungen ein-schätzen können (Bsp.: Ständige Unterbrechung,abwertende Blicke oder Gesten, man wird wieLuft behandelt, ständige Kritik an der Arbeit).

Tabelle 3: Auswahl standardisierter diagnostischer Instrumente

Diagnose von

Anmerkungen. Zwischen Ursachen/intervenierenden Variablen und den Folgen, die in der gleichen Zeile der Tabellestehen, besteht keine direkte Zuordnung. Die Folgen in der rechten Spalte können bei verschiedenen Ursachenauftreten.

Hypothetische Ursachen/intervenierende Variablen

1. Individuum

• Fähigkeiten, Wissen u. Kompetenzen (Dunckel, 1998)

• Streß am Arbeitsplatz, geringer Handlungsspielraumund geringe Soziale Unterstützung (Dunckel, 1998)

• Arbeitssicherheit u. Gefahrenbewußtsein (Hoyos &Ruppert, 1993)

• Typ A (Friedman, 1969; Streßtyp nach Brengelmann,1988)

• Arbeitsplatzunsicherheit und Erwerbslosigkeit (Mohr,1997)

2. Gruppe

• Gewalt am Arbeitsplatz (Wynne et al., 1995)• Mobbing (Leymann, 1993)

3. Organisation u. Kontext

• Streßbezogene Tätigkeitsanalysen in psychiatrischenKrankenhäusern (Büssing & Glaser, 1996).

Hypothetische individuelle Folgen

• Arbeits- und Lebenszufriedenheit (Neuberger &Allerbeck, 1978; Semmer et al., 1990)

• Gereiztheit/Belastetheit (Mohr, 1986)

• Psychosomatische Beschwerden (Mohr, 1986)

• Somatische Erkrankungen

• Abwesenheits- und Fluktuationsrate (Nicholson,1989)

• Unfallrate (Hoyos & Ruppert, 1993)

• Alkoholismus, Tablettenabhängigkeit

• Maslach Burnout Inventory (Büssing & Perrar, 1992)

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105943. Störungen betrieblicher Organisationen

Kasten 1Instrument zur streßbezogenen Arbeitsanalyse

Verfahren/NamenInstrument zur streßbezogenen Arbeitsanalyse(ISTA) (Semmer, Zapf & Dunckel, 1995; 1998)

GegenstandsbereichISTA wurde Anfang der 80er Jahre entwickeltund erfaßt streßrelevante Aspekte der Arbeit(Stressoren, Anforderungen und Ressourcen)in den Bereichen materielle Aufgaben, Ko-operationsanforderungen und soziale Anfor-derungen. Es dient der Abschätzung vonBelastungsschwerpunkten, nicht so sehr (nach-folgend notwendigen) vertiefenden Analysen.Ursprünglich bezog es sich auf gewerblicheArbeitsplätze, die gegenwärtige Struktur ent-hält neben allgemeinen Beurteilungsanfor-derungen auch solche für spezielle Arbeitsplät-ze (z.B. Büroarbeit oder Unterrichtstätigkeit).Theoretische Hintergründe liegen in der Hand-lungspsychologie ebenso wie in der Streßfor-schung – Stressoren beziehen sich vor allemauf Beeinträchtigungen der Handlungsregu-lation.

Struktur des Verfahrens• Es liegt eine Fragebogen für die Selbst- undfür die Fremdbeurteilung (Arbeitsplatzanaly-tiker) vor. Für das Verfahren ist ein Trainingder Beurteiler (Anforderungsanalyse, Urteils-fehler, Befragungstechnik usw. notwendig).Pro Arbeitsplatz wird ein Zeitaufwand von 2bis 2,5 Std. angegeben.

• Itembeispiel Skala Zeitspielraum: «Wie lan-ge können Sie während der Arbeitszeit IhrenArbeitsplatz verlassen? (gar nicht; bis zu 5 Mi-nuten; mehr als 5 bis zu 15 Minuten; mehr als15 bis zu 30 Minuten; mehr als 30 Minutenbis zu 1 Stunde; mehr als 1 Stunde)».

• Itembeispiel Skala Unsicherheit: «Wie oft er-halten Sie unklare Anweisungen? (sehr selten/nie; selten – etwa 1x/Monat; gelegentlich –etwa 1x/Woche; oft – mehrmals pro Woche;sehr oft – ein bis mehrmals täglich)».

• Die derzeit letzte Version 5 enthält 19 Ska-len (Arbeitskomplexität und Qualifikationser-fordernisse; Variabilität; Handlungsspielraum;Partizipation; Zeitspielraum; Unsicherheit; Ar-beitsorganisatorische Probleme; Arbeitsunter-brechungen; Unfallgefährdung; EinseitigeBelastung; Umgebungsbelastung; Konzentra-tionsanforderungen; Zeitdruck; Kommunika-tionsmöglichkeiten; Kooperationserfordernisse;Kooperationsenge; Kooperationsspielraum;«Emotionsarbeit», Zumutbarkeit und Re-spekt).

Gütekriterien• Reliabilität: Für die Skalen werden Konsisten-zen zwischen .58 und .94 angegeben. Die Be-urteilerübereinstimmung für die Fremdbeur-teilung liegt mit Werten zwischen .44 und 87höher als die Übereinstimmung Selbst/Fremd.

• Validität: Die Selbst- und die Fremdbeur-teilung korrelieren zwischen .23 und .54, wasfür genügend Spezifik beider Zugänge spricht.

•Normen: Wegen der notwendigen Anforde-rungsspezifik der zu stellenden Fragen undUrteile existieren (bisher) keine allgemein an-wendbaren Normen. ISTA hat sich in einerReihe von empirischen Untersuchungen alsvalides Instrument zur Abschätzung des Zu-sammenhanges zwischen Stressoren und psy-chosomatischen Beschwerden erwiesen.

Er nimmt an, daß selten erkannt wird, daß dieeigentliche Störungsursache bei vielen in the-rapeutischer Behandlung befindlichen Patien-ten mit generalisierten Angststörungen oderdepressiven Störungen in Mobbing-Erlebnissenam Arbeitsplatz liegen (vgl. Knorz & Zapf,1996). Die Dunkelziffer für die allgemeine Sui-zidrate nach Mobbing schätzt er höher ein, als

die Unfallrate während der Arbeit. Leymannsverallgemeinernde Schätzungen und Folgerun-gen zur Bedeutung von Mobbing sind kontro-vers und bisher nicht durch repräsentative Er-hebungen abgesichert.

Für die Untersuchung von dynamische Imba-lancen ist der dynamische Testansatz geeignet.Bei diesem Ansatz wird das psychodia-

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1060 B. Störungsbezogener Teil VIII: Störungen von interpersonellen Systemen

gnostische Vorgehen durch gezielte «Mini-In-terventionen» erweitert (z.B. ein Training deruntersuchten Fähigkeiten). Die dabei resultie-renden Veränderungen in der Testperformanzwerden registriert und diagnostisch interpre-tiert. Wenn Effekte ausbleiben, indiziert dieseine transsituationale Stabilität des Merkmals.Performanzveränderungen können auf Lern-fähigkeit oder Veränderungspotential hinwei-sen, wenn sich bei den verwendeten TestsReliabilitätsmängel ausschließen lassen. Verfah-ren speziell für betriebliche Anwendungen sinddie sog. «Trainability Tests» zur Untersuchungder Trainierbarkeit spezifischer beruflicher Fer-tigkeiten oder «dynamische Assessment Cen-ter» zur Erfassung der Lernfähigkeiten im Be-reich sozialer Kompetenzen (vgl. Guthke &Wiedl, 1996). Im Unterschied zu konventionel-len Testverfahren ist es mit dynamischen Testsgrundsätzlich möglich, die Anpassungsfähig-keit des Individuums auf Imbalancen durch ge-zielte Imbalance-Interventionen abzuschätzenund zu analysieren. Für die Diagnostik von kli-nisch-psychologisch relevanten Adaptations-störungen fehlen aber geeignete Instrumentebislang.

Dynamische Imbalancen auf organisationa-ler Ebene können so komplex und einzigartigsein, daß sie sich kaum durch standardisierteMethoden erfassen lassen. Zur qualitativenEinzelfallanalyse des Zustands einer Organisati-on gibt es immer quantitative Daten, wie z.B.Veränderungen der Produktivitätskennzahlenoder Umsätze in Relation zu Beschäftigten-zahlen, Kundenreklamationen, Arbeitsplatz-wechsel, Unfälle, Fehlzeiten und Mitarbeiter-fluktuation und eventuell Ergebnisse ausMitarbeiterbefragungen sowie eine Fülle anfal-lender Materialien, die qualitativ ausgewertetwerden können, wie Fortbildungswünsche undSeminarthemen, Protokolle von Mitarbeiter-gesprächen oder Problemlösegruppen, kritischeStellungnahmen im Bericht des Betriebsrats aufBetriebsversammlungen, Rundschreiben undMemos von Führungskräften oder auch be-triebstypische Anekdoten und Graffiti. Unter-nehmensberatungen verwenden anfallende be-triebswirtschaftliche Daten und Dokumenteoder führen Befragungen durch und erstellenauf dieser Grundlage Gutachten mit Ist-Ana-lysen und Empfehlungen für Veränderungen.Eine Zukunftsvision für die Klinische Organisa-

tionspsychologie wäre, daß es einmal genausoselbstverständlich wird, Störungen und organi-sationale Imbalancen aus psychologischer Sichtzu begutachten und Interventionsprogrammevorzuschlagen. Einzelfallanalysen von Organi-sationen – ob sie von Betriebswirten oder Psy-chologen durchgeführt werden – sind immermethodisch angreifbar, aber wir brauchen sie.

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43.2 Störungen betrieblicherOrganisationen: InterventionKarl Heinz Wiedl und Siegfried Greif

Inhaltsverzeichnis1. Inhaltliche Beschreibung von Ungleich-

gewichtszuständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1062

2. Interventionsstrategien und ihreKlassifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1064

2.1 Korrektive und präventive Intervention . . . . 10652.2 Hilfesysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10652.3 Vom Defizitausgleich zur dynamischen

Intervention und selbstlernendenOrganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067

2.4 Zusammenfassende Klassifikation derInterventionsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . 1068

3. Der Umgang mit stabilen und dynamischenImbalancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1068

3.1 Ausgleich stabiler Defizite . . . . . . . . . . . . . . 10683.2 Ansatzpunkte zur Förderung dynamischer

Selbstentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1069

3.3 Coaching von Individuen und Gruppen alsdynamisches Hilfesystem . . . . . . . . . . . . . . 1069

4. Interventionsprogramme mit klinisch-psychologischer Zielsetzung . . . . . . . . . . . . 1072

4.1 Implementationsmodelle . . . . . . . . . . . . . . 10734.2 Programmentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . 10744.3 Ein aktuelles Beispiel: Programmentwicklung

bei Mobbing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10744.4 Rahmenbedingungen psychologischer

Tätigkeit im Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1075

5. Evaluationsprobleme undZukunftsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1078

6. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1079

1062

1. Inhaltliche Beschreibungvon Ungleichgewichts-zuständen

An welchen «Störungen» betrieblicher Organi-sationen können klinisch-psychologisch akzen-tuierte Interventionen ansetzen? Wir haben imvorherigen Kapitel vorgeschlagen, den Störungs-begriff relational zu definieren und an syste-mischen Imbalancen der Beziehungen zwi-schen Menschen, Aufgaben und Regeln inOrganisationen festzumachen. Zur Klassifika-tion organisationaler Imbalancen haben wir (1)stabile und (2) dynamische Imbalance-Zustän-den unterschieden. Ferner unterscheiden wirdrei hierarchische Systemebenen:

(1) Individuelle Ebene (2) Gruppenebene (3)Organisation und Kontext

Das auf dieser Struktur beruhende Klassifi-kationsschema (s. Kap. 43.1) dient im folgen-den als Grundlage für die Systematisierungklinisch-psychologischer Interventionen in be-trieblichen Organisationen.

Ungleichgewichte auf den beschriebenenBeziehungsebenen können nach unterschied-lichen Gesichtspunkten analysiert werden.Zum einen kann das Verhältnis von Risikofak-toren (individueller Vulnerabilität oder «Streß-empfindlichkeit» und äußeren Stressoren) zuden inneren und äußeren Ressourcen betrach-tet werden, das in unterschiedlichen Bedin-gungsmodellen körperlicher und psychischerStörungen und Erkrankungen thematisiert wird.In diesem Zusammenhang ist unter organisa-tionalen Gesichtspunkten v.a. auf bestimmteFormen gesundheitsgefährdenden Verhaltens(z.B. Rauchen, Problemtrinken, Bewegungs-

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106343. Störungen betrieblicher Organisationen

mangel) und körperliche Veränderungen (z.B.Alternsprozesse, Bluthochdruck, etc.) als Kom-ponenten von Vulnerabilität hinzuweisen.Hierzu wurden bereits in der Anfangsphase kli-nisch- und gesundheitspsychologischer Inter-ventionen in Betrieben Programme entwickelt(vgl. Manuso, 1986; Liepmann, 1990). Prakti-sche Ansatzpunkte zur Förderung der Gesund-heit am Arbeitsplatz finden sich v.a. in derarbeitswissenchaftlichen Streßforschung (vgl.z.B. Greif, Bamberg & Semmer, 1991; Luczak &Volpert, 1997).

Ideal wären Interventionsprogramme, diedazu führen, daß die OrganisationsmitgliederRessourcen zur selbstorganisierten Bewältigungsystemischer Imbalancen aufbauen. Nach Rich-ter (1996) können wir als Ressourcen unterschei-den zwischen organisationalen (z.B. Beteiligungan gesundheitsförderlicher Arbeitsgestaltung),sozialen (z.B. Ausbau der Unterstützung durchKollegen, Lebenspartner) und personalen Hilfs-quellen (z.B. Förderung von aktivem Gesund-heitsverhalten). Allerdings zeigen neuere Analy-sen jedoch auch, daß aus Hilfsquellen Belastun-gen werden können so kann die sozialeUnterstützung durch Lebenspartner z.B. bei be-ruflichen oder sonstigen Belastungen umschla-gen und Konflikte oder negative «Spillover-Ef-fekte» mit neuen Beanspruchungsmustern her-vorrufen (Jonas & Fletcher, 1994). Dies machtwiederum Interventionskonzepte erforderlich,die Arbeit, Familie bzw. Partnerschaft und Frei-zeit gleichermaßen und in ihrem Zusammen-hang thematisieren (vgl. Wiedl & Wiedl, 1995).

In Anlehnung an das transaktionale Streß-modell von Lazarus (1996) können weiterhinsystemische Imbalancen in Organisationen alsErgebnis wechselseitiger Beeinflussung und Ver-änderung von Personen und ihrer Umgebungbetrachtet werden. Durch Umgebungsbedin-gungen (wie z.B. Lärm), Arbeitsaufgaben, Re-geln, Organisation und andere Organisations-mitglieder sowie die übrige soziale Umwelt undnichtmenschliche Objekte wird das Individu-um beeinflußt; durch sein Handeln übt es an-dererseits aber zugleich selbst Einfluß auf dieseund andere Bedingungen aus. Zustände der Ba-lance oder Imbalance sind danach immer sol-che, die in konkreten Handlungsvollzügen derbeteiligten Personen manifest werden. Dabeispielen Prozesse der subjektiven Wahrnehmungund Bewertung dieser Bedingungen und Mög-

lichkeiten der Personen (innere Ressourcen,personeigene Vulnerabilität oder «Belastbar-keit») eine zentrale, den Interaktionsprozeßsteuernde Rolle. Die Bedeutung dieser für dieklinisch-psychologische Betrachtung besonderswichtigen subjektiven Seite von Person-Um-welt-Relationen wird im «Person-Environment-Fit»-Modell (PE-Fit) nach French (1978) spezifi-ziert.

Nach diesem Modell sind nicht nur «objek-tiv» bestimmbare «Misfits» von Personen undUmwelt kritisch. Entscheidend ist auch die sub-jektive Wahrnehmung oder inwieweit es unter-schiedliche Grade der Veridikalität oder Verläß-lichkeit der Wahrnehmung und Bewertung von(1) Fähigkeiten, Fertigkeiten und Bedürfnissender Person einerseits und (2) Anforderungen,Möglichkeiten und Ressourcen der Umwelt an-dererseits gibt. Während beim Vorliegen objek-tiver «Misfits» in der Relation Individuum-Umwelt eher konventionelle Maßnahmen derpersonbezogenen Intervention (Qualifizierung,Plazierungsentscheidungen) oder aber der Ar-beitsplatzgestaltung, Organisationsveränderungund Netzwerkentwicklung angezeigt sind, ver-langen «Misfits», die auf eine geringe Veridikali-tät von Umwelt- und/oder Selbstwahrnehmungrückführbar sind, anders geartete Interventions-methoden. Hier ist z.B. an erfahrungserwei-ternde Beratung und Gesprächstechniken,Techniken der Beobachtung und Verhaltens-registrierung, o.ä., zu denken. Beispiele sindMethoden der Selbstüberwachung, die zu einerVerbesserung der Selbstkenntnis und Einschät-zung der eigenen Handlungsfolgen (vgl. Perrez& Gebert, 1995) genutzt werden können. Ex-plizit für den betrieblichen Bereich sindCoaching-Modelle entwickelt worden, die u.a.eine Überprüfung und Revision von Wahr-nehmungs- und Beurteilungstendenzen zumGegenstand haben (z.B. Hauser, 1993; vgl. hier-zu Rauen, 1996). Auch die Korrektur irrationa-ler, berufsbezogener Mythen, wie sie vor allemim Rahmen der burn-out-Problematik als ver-mittelnde Größen für Wahrnehmungs- und Be-wertungsprozesse offenkundig werden, durchbetriebsinterne kognitiv-verhaltenstherapeuti-sche Programme gehört hierher (vgl. Burisch,1989).

Zur inhaltlichen Eingrenzung weiterer Im-balancen können schließlich auch Unterschei-dungen herangezogen werden, die sich aus Ar-

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1064 B. Störungsbezogener Teil VIII: Störungen von interpersonellen Systemen

beitsplatzanalysen auf der Grundlage der Hand-lungsregulationstheorie ergeben (Richter, 1996).Semmer (1984) unterscheidet drei grundlegendeArten von «Regulationsproblemen» bei Arbeits-tätigkeiten: (1) Probleme des Regulations-aufwandes (2) Probleme der Regulationsunsicher-heit und (3) Probleme der Zielunsicherheit.

Probleme des Regulationsaufwandes resultie-ren aus zu knappen Zeitvorgaben bei an sichgegebenen Arbeitskompetenzen, aus Umge-bungsbelastungen, insbesondere Lärm und ausHandlungsunterbrechungen (z.B. Wartezeitenam Bildschirm). Regulationsunsicherheit liegtvor, wenn Arbeitsziele bekannt, die Mittel undWege jedoch unsicher und unbekannt oder zuzahlreich bzw. zu komplex sind oder aber wenndie Arbeitstätigkeit mit unklaren oder wider-sprüchlichen Rollenerwartungen verbundenist. Untersuchungen zeigen, daß diese Proble-me zu Erschwernissen auf psychologischer (z.B.Aufmerksamkeitsbeanspruchung) und physio-logischer Ebene (abnorme Höhe oder Dauervon Aktivierung) führen und u.a. mit psycho-somatischen Beeinträchtigungen einhergehen.Notwendigkeit und Ansatzpunkte für korrek-tive – und noch besser – präventive Interven-tionen sind somit evident.

Konkrete Ansatzpunkte für Interventionenergeben sich bei genauer Untersuchung der Be-ziehungen zwischen diesen Regulationsproble-men und Ressourcen. Verschiedene, teilweisedurch subjektive Parameter vermittelte Formenvon «Misfits» im Verhältnis von betrieblicherUmwelt und Individuum und schließlich die

aufgeführten Regulationsprobleme bieten sichfür Interventionen an. Diese Interventionenwerden insofern zu systembezogenen Maßnah-men, als die angezielten Störgrößen für die Sy-steme relevant sind und die Interventionen inForm von Programmen organisiert werden, diein das betriebliche System als Subsysteme ein-gegliedert sind (vgl. hierzu Abschnitt 4). Zu-sammenfassende Hinweise auf beispielhafte be-triebliche Interventionen finden sich in Tabelle 1.

2. Interventionsstrategienund ihre Klassifikation

Ziel der klinisch-psychologischen Interventionbei systemischen Imbalancen ist die Wiederher-stellung und Aufrechterhaltung eines dynamisch-selbstorganisierten Gleichgewichtszustands derbehandelten Systemebene (Individuum, Grup-pe oder Organisation und Kontext). Im voran-gegangene Kapitel wurden auf der Grundlageunseres systemischen Störungsbegriffs und derEinführung spezifischer theoretischer Konzep-te die inhaltlichen Ansatzpunkte klinisch orien-tierter betrieblicher Interventionen aufgefächert.In diesem Abschnitt werden zunächst allge-meine Interventionsstrategien diskutiert undklassifiziert, die sich aus der Betrachtung derZielrichtung dieser Interventionen, ihrerSystemebene innerhalb der Organisation sowieaus der Unterscheidung stabiler vs. dynami-scher Ungleichgewichtszustände ergeben.

Tabelle 1: Ansatzpunkte und Beispiele betrieblicher Interventionen

Ansatzpunkte

Regulationsprobleme

Verhältnis Risikofaktoren/Ressourcen

objektive und subjektive Aspekte vonPerson-Environment-Fit

Beispielhafte Interventionen

• Gestaltung von Arbeitstätigkeiten in der Produktion (Ulich, 1994)• Analyse von Regulationsbehinderungen in der Büroarbeit (Leitner et

al., 1993)

• «Stay-Well» Programme (Manuso, 1984)• Spezifische Gesundheitsförderung im Betrieb (Murza & Laaser, 1994)• Reduzierung von Fehlzeiten und Burnout durch Erhöhung von Autono-

mie und Partizipation (Burisch, 1989, S. 131)

• Entwicklung eines realistischen Selbstbildes durch Coaching-Ansätze(Huck, 1995)

• Seminarkonzepte auf der Grundlage des rational-emotiven Ansatzes(Schelp et al., 1990)

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106543. Störungen betrieblicher Organisationen

2.1 Korrektive und präventiveIntervention

Ulich (1994, S.146) unterscheidet drei grund-legende Strategien der Arbeitsgestaltung:

– Korrektive Arbeitsgestaltung mit dem Ziel derKorrektur erkannter Mängel.

– Präventive Arbeitsgestaltung mit dem Ziel dervorwegzunehmenden Vermeidung gesund-heitlicher Schädigungen und Beeinträchti-gungen.

– Prospektive Arbeitsgestaltung mit dem Zielder Schaffung von Möglichkeiten der Per-sönlichkeitsentwicklung.

Bei korrektiven Strategien wird erst im nach-hinein interveniert, wenn im Arbeitssystem ge-sundheitliche Beeinträchtigungen oder Schädi-gungen, verbunden mit sichtbaren Kosten fürdie Organisation, bereits aufgetreten sind. EinBeispiel ist die Einführung von Hebehilfen fürkörperlich schwere Hebeaufgaben nach einerZunahme des Krankenstands durch Rücken-beschwerden. Werden dagegen bereits im Sta-dium des Entwurfs von Arbeitssystemen mög-liche Schädigungen oder Beeinträchtigungender Gesundheit durch entsprechende Gestal-tungsmaßnahmen vermieden werden, wäredies eine «präventive Arbeitsgestaltung». EinBeispiel wären Hebehilfen und Hebeübungen,die bereits in der Planungsphase bei der erstenEinrichtung des Arbeitsplatzes vorgesehen undeingeführt werden, um dadurch das Entstehenvon Rückenbeschwerden zu verhindern. Gehtes nicht nur um die Verminderung oder Ver-meidung von Krankheiten und psychosozialenSchädigungen oder Beeinträchtigungen, son-dern weitergehend um die positive Förderungder Persönlichkeitsentwicklung etwa durchSchaffung von Handlungsspielräumen, sprichtUlich auch von «prospektiver Arbeitsgestal-tung».

Die zentrale Bedeutung der Merkmale der Ar-beitstätigkeit (Handlungsspielraum, Belastun-gen, Ressourcen) für die Aufrechterhaltung derEffizienz betrieblicher Organisationen setzt kli-nisch-psychologisch motivierten Interventio-nen enge Grenzen – insbesondere der präven-tiven Intervention. Es wird eher die Ausnahmeals die Regel sein, wenn klinisch-psychologi-sche Beratung und Intervention direkt zu Ver-

ringerung beispielsweise des Zeitdrucks am Ar-beitsplatz führt. Eher sind personzentrierte Maß-nahmen zu erwarten, die nach erfolgter Schä-digung (z.B. durch Herzinfarkt) auf eineVeränderung des Leistungseinsatzes abzielen oderaber die in präventiver Weise die Bewältigungs-kompetenzen von Mitarbeitern gegenüber«unveränderbaren» Arbeitsanforderungen ver-bessern sollen. Streßmanagement und Entspan-nungstraining (z.B. Brengelmann, 1988), unteranderem auch für bestimmte Zielgruppen wiebeim «Relocation Counceling» zur Streßmini-mierung bei Pendlern, sind typische Beispielefür die Umsetzung dieses Konzepts. Auch ter-tiäre Prävention nach erfolgter Schädigungdurch rehabilitative Arbeitsgestaltung (Ansatz-punkt Arbeitsplatz) oder unterstützende Sozio-und Psychotherapie (Ansatzpunkt Individuum;vgl. Richter, 1996) dürften eher selten sein.

In der zitierten Fachliteratur finden sich Bei-spiele für korrektive und präventive Interven-tionen auf der Ebene des individuellen Arbeits-platzes. Die Ebene Gruppe oder Organisationund Kontext werden bestenfalls tendenziell alsAnsatzpunkte für korrektive und präventiveMaßnahmen behandelt. Hier werden über-individuelle Reorganisationsmaßnahmen, Hu-manisierung und Gesundheitsförderung alsintegrale Bestandteile des gesamten Manage-ment-Systems begriffen und Gesundheit als Wett-bewerbsfaktor gesehen (Roth, 1996; s.a. Murza& Laaser, 1994). Auch mehren sich Hinweise,daß die langfristige Rentabilität derartiger aufGesundheit und Wohlbefinden gerichtetersystemischer Investitionen unter Kosten-Nut-zen-Gesichtspunkten zunehmend erkannt undvon Unternehmen berücksichtigt wird.

2.2 Hilfesysteme

Im Rahmen der präventiven wie korrektivenIntervention kommt für die Einflußnahme aufSystemebene der Einrichtung von Hilfe-systemen große Bedeutung zu. Vor dem Hin-tergrund des systemischen Therapie- und Bera-tungsansatzes unterscheidet Ludewig (1992)vier Arten von Hilfesystemen:

(1) Anleitung (Hilfe beim Erweitern von Mög-lichkeiten durch Zurverfügungstellen von Wis-sen).

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1066 B. Störungsbezogener Teil VIII: Störungen von interpersonellen Systemen

(2) Beratung (Hilfe beim Nutzen der vorhande-nen Möglichkeiten durch Förderung der Nut-zung vorhandenen Strukturen).

(3) Begleitung (Hilfe, die Lage durch eine Sta-bilisierung des Systems besser zu ertragen).

(4) Therapie (Hilfe, das Leiden durch einen Bei-trag zur Lösung des Problemsystems zu been-den).

Je nach Auftragskonstellation können unter-schiedliche Hilfesysteme für die Interventionangemessen sein. Im Prinzip ideal erscheinthier zweifellos die «Therapie», weil nur durchsie das Problemsystem gelöst wird.

Von Schlippe und Schweitzer (1996, S. 114f.)ergänzen ein fünftes Hilfesystem:

(5) Selbstentdeckung (Hilfe zur Selbsterken-nung durch Bereitstellung therapeutischer Kom-petenz).

Ein «Selbstentdeckungskontrakt» erfordert nichtunbedingt ein konkret zu lösendes Problem.Auch ohne akuten Problemdruck kann ein

Hilfeauftrag durch das Bedürfnis motiviert sein,über sich selbst zu reflektieren.

In der klinisch-psychologischen Interventionin der Industrie hat die fachliche Beratung undAnleitung einen wesentlich höheren Stellen-wert als in der Psychotherapie. Ratsuchende ausder Industrie greifen oft erst sehr spät in akutenexistentiellen Krisensituationen auf psycholo-gische Hilfe zurück. Die gesamte berufliche Exi-stenz der Hilfesuchenden kann in der Krise vonschnellen fachliche Analysen, Ratschlägen undEntscheidungen abhängig sein. Erst danach er-öffnen sich Möglichkeiten für weitergehendetherapeutische Hilfen. Zumindest in den An-fangsphasen im Beratungsprozeß bilden fach-liche und psychologische Beratung, Anleitungund Begleitung durch den Berater, Analysenund fachliche Problemlösungen durch die Rat-suchenden eine eng verkoppelte Einheit. Erstim Verlauf des Prozesses können erfahrungs-gemäß partiell auch therapieähnliche Hilfepro-zesse entstehen, vermittelt durch Selbstent-deckungs- oder Selbstreflektionsprozesse, diedurch Fragen zur Selbstbeobachtung, Selbstein-schätzung und Zielklärung gefördert werdenkönnen. Angemessener erschiene es hier jedoch

Abbildung 1: Hilfesysteme und Selbstreflektion

Hilfesysteme – systemisch betrachtet

Selbst-Therapie

Selbstreflexion

Begleitung

Beratung Anleitung

Problemlösung

Begleitung bei derSelbstentdeckung

Selbstorgani-siertesLernen

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106743. Störungen betrieblicher Organisationen

von einer Förderung von «Selbsttherapie» oder«selbstorganisiertem Lernen» (vgl. Greif &Kurtz, 1996) zu sprechen. Dies wird der akti-ven, zielorientierten Problemlöserrolle der Kli-entele in der Industrie eher gerecht. Abbildung 1skizziert die systemischen Zusammenhänge.

Für einen praxisnahen «Brückenschlag» zwi-schen Interventionsmethoden der KlinischenPsychologie und der Arbeits- und Organisa-tionspsychologie bieten sich Konzepte dersystemische Therapie und Beratung an wie siebei von Schlippe und Schweitzer (1996) darge-stellt werden. Hier finden wir viele nützlicheHinweise über Grundhaltungen von Berater(in-ne)n, Kontrakte und Geprächsbeginn, Analyse-und Fragetechniken sowie Schlußinterventio-nen, die in Seminaren und unter Supervisionerlernt werden können.

2.3 Vom Defizitausgleich zurdynamischen Intervention undselbstlernenden Organisation

Miner (1992) hat ein klinisch-psychologischesModell zur Diagnose und Intervention in derIndustrie entwickelt, das im Kern auf der An-nahme beruht, daß Störungen als Abweichun-gen von etablierten organisationalen Standardsoder Leistungsdefizite entstehen. Werden sol-che Abweichungen identifiziert, erfolgt nachder Diagnose zur Ermittlung der Ursachen dieEinleitung angemessener korrektiver Maßnah-men. Als korrektive Interventionen führt er Bei-spiele (1) zur organisationsinternen oder exter-nen Einzelberatung von Führungskräften mitpersönlichen Problemen, Ausscheiden aus demArbeitsleben, Alkohol- und Drogenproblemensowie (2) «Employee Assistance Programs (EAPs)»an, in denen die Mitarbeiter(innen) im Betriebprofessionelle Beratung bei einem Spektrumvon Problemen (Alkohol, Drogen, persönlicheSchwierigkeiten, Konflikte mit der Familie, fi-nanzielle Situation und rechtliche Unterstüt-zung) in Anspruch nehmen können. DieseMaßnahmen zielen lediglich darauf ab, die be-obachteten konkreten Leistungsdefizite zu kor-rigieren. Die einfache Interventionsstrategie,spezifische Leistungsdefizite oder andere stabi-le Imbalancen durch spezielle professionelleBeratung auszugleichen, bezeichnen wir des-

halb als «Defizitausgleich». Der Schwerpunkt derMaßnahmen liegt dabei nach Miner (1992) inder individuellen Beratung unter Anwendungnondirektiver Beratungstechniken.

Störungen, die auf Ungleichgewichtszustän-den beruhen, deren Relationen sich verändern,haben wir dynamische Imbalancen genannt.Beispiele auf individueller Ebene sind Auf-schaukelungsprozessen in persönlichen Krisen-situationen, auf Gruppenebene Eskalationenvon Konflikten und auf der Ebene Organisa-tion und Kontext Beschleunigung des Inno-vationstempos. Durch Einmalaktionen zumAusgleich konkreter Defizite wären sie kaumerfolgreich zu behandeln. In unterschiedlichenPhasen einer persönlichen Krise können ganzverschiedene Maßnahmen angemessen sein.Ein Konflikt kann in der Arbeitsgruppe anfangsnoch durch ein «klärendes» Gespräch bearbei-tet werden. Ist er zu gegenseitigen persönlichenBeleidigungen eskaliert, hilft oft nur noch eineTrennung der Gruppenmitglieder. Unterneh-men versuchen, das erhöhte Innovationstempodurch flexibel selbstorganisiert lernende Ar-beitsbereiche zu bewältigen. Interventions-strategien, die sich an veränderliche Entwick-lungen dynamischer Imbalancen anpassen, be-zeichnen wir als «dynamische Entwicklungen».Wie die aufgeführten Beispiele zeigen, ordnenwir hier nicht nur professionelle Hilfen ein, diean die Veränderungsdynamik des Problem-systems angepaßt werden, sondern auch Maß-nahmen zur Förderung der (Selbst-)Entwick-lung oder flexibel selbstlernender Organisatio-nen (s.u.).

Wenn durch die Maßnahmen zur Arbeits-gestaltung eine dynamische Entwicklung derLernmöglichkeiten am Arbeitsplatz gefördertwird (z.B. mit dynamisch an die Entwicklungpraktischer Erfahrungen angepaßten, qualita-tiv unterscheidbaren Lern- und Entwicklungs-stufen bei der Aufgabenbearbeitung), wäre dieseine dynamische Intervention. Hierzu gehörtauch eine Veränderung der flexiblen oder dy-namischen Anpassung an Aufgabenänderun-gen (vgl. Nicholson & West, 1988) oder ansystematisch schwankende Belastungen (z.B.Einsatz spezieller Bewältigungsstrategien in pe-riodisch auftretenden Stoßzeiten).

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1068 B. Störungsbezogener Teil VIII: Störungen von interpersonellen Systemen

2.4 Zusammenfassende Klassifi-kation der Interventionsstrategien

Abbildung 2 zeigt zusammenfassend die Klassi-fikation der Interventionsstrategien. An derlinken Seite des Würfels finden sich die System-ebenen Individuum (bzw. einzelner Arbeits-platz), Gruppe, Organisation (und Kontext). Ander unteren Kante ist die Unterscheidung zwi-schen stabilen und dynamischen Imbalancenaufgeführt. In der Kombination ergeben sichanalog zu unserer Unterscheidung von Artensystemischer Imbalancen in Organisationensechs verschiedene Interventionsstrategien aufder Vorderseite des Würfels. In Anlehnung anUlich (1994) können Strategien zur Verringe-rung von Beeinträchtigungen oder Krankheitenjeweils entweder korrektiv oder präventiv an-gelegt sein, wie die Unterscheidung links obenam Würfel wiedergibt. Insgesamt ergeben sichdanach zwölf verschiedene Strategien.

3. Der Umgang mit stabilenund dynamischen Imbalancen

Die Einführung neuer Technologien, der im-mer raschere technologische Wandel und die

damit verbundenen tiefgreifenden strukturel-len Organisationsveränderungen sowie Anfor-derungen an die Flexibilität der Organisations-mitglieder (Nicholson & West, 1988) verstärkendie Notwendigkeit, dynamische Interventions-strategien auf den Ebenen Individuum, Gruppeoder Organisation und Kontext einzusetzen.Nach einer kurzen Erörterung von Maßnahmenzum Defizitausgleich und zur Förderung dyna-mischer (Selbst-)Entwicklung soll daher ein spe-zifischer, in vielen Unternehmen mittlerweileetablierter Ansatz zur Bearbeitung dynamischerImbalancen für Individuen und Gruppen aus-führlicher dargestellt werden. Diese Beziehungs-ebenen wurden gewählt, weil hier wesentlicheTätigkeitsfelder auch für klinisch-psycholo-gische Intervention liegen.

3.1 Ausgleich stabiler Defizite

Die meisten Methoden der korrektiven und prä-ventiven Veränderung von Arbeitssystemen set-zen an der Veränderung konkreter Gestaltungs-merkmale auf der Ebene individueller Arbeitsplätzeoder der Arbeitsaufgaben von Arbeitsgruppen an.Die wichtigsten Merkmale sind die Belastungs-oder Streßfaktoren (wie Lärm, Hitze und andereUmgebungsfaktoren, Konzentrationsanforde-

Abbildung 2: Klassifikation der Interventionsstategien.

Astabiler individueller

Defizitausgleich

Bdynamische individuelle

Entwicklung

Dkorrektiv

Bkorrektiv

Fkorrektiv

Dpräventiv

Bpräventiv

FpräventivC

stabiler individuellerDefizitausgleich

Ddynamische

Gruppenentwicklung

Estabiler organisatorischer

Defizitausgleich

Fdynamische

Organisationsentwicklung

Apräventiv Bpräventiv

Akorrektiv Bkorrektiv

Präventiv

Korrektiv

Individuum

Gruppe

Organisation

Stabile Dynamische

Imbalance

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rungen und Zeitdruck, Ärger und Konflikte).Hierher gehören aber auch entwicklungsför-dernde Arbeitsinhaltsmerkmale und sozialeRessourcen, wie Arbeitskomplexität, Abwechs-lungsreichtum, Autonomie, Ganzheitlichkeit,Lernmöglichkeiten, Kooperation und sozialeUnterstützung. Maßnahmen zur Veränderungder Personenseite zielen auf Qualifizierung imweitesten Sinne sowie auf die Vermittlung spezi-fischer Kompetenzen (z.B. Streßverarbeitung, so-ziale Kompetenzen etc.).

Die Veränderung von Merkmalen auf der Ebe-ne Organisation und Kontext betrachtet vor allemMerkmale des Organisationsaufbaus, wie Hierar-chie («Steilheit» oder Höhe der Pyramide) undZentralisierung vs. Dezentralisierung, Formalisie-rungs- und Standardisierungsgrad der Aufgaben,Ausmaß der Spezialisierung und Rollendifferen-zierung sowie Merkmale der Ablauforganisation,z.B. Informationssysteme, Methoden der Lei-stungs- und Qualitätskontrolle, Bezahlungssyste-me, Beförderungen, Aus- und Weiterbildung,Planungsinstrumente sowie Führungsstile undunternehmenspolitische Verhaltensgrundsätze(Verhalten gegenüber Kunden, Tarifpartnern,Umwelt, Kapitalgebern oder Lieferanten, etc.).

Klinisch-psychologisch relevante Imbalancenauf organisationaler Ebene werden nur von we-nigen Autoren behandelt. Büssing (1992) analy-siert die strukturellen Imbalancen in psychia-trischen Krankenhäusern durch «streßbezogeneTätigkeitsanalysen» und ihre psychosomatischenAuswirkungen auf das Pflegepersonal. Er ver-gleicht dabei verschiedene (traditionelle und of-fene) Organisationsformen. Seine Untersuchun-gen sind u.E. beispielhaft für einen systemischenund gleichzeitig konkret individuumbezogenenAnsatz und ließen sich auch auf betriebliche Or-ganisationen übertragen.

3.2 Ansatzpunkte zur Förderungdynamischer Selbstentwicklung

Es gibt nur wenige konzeptuelle Beschreibun-gen in der Arbeits- und Organisationspsycho-logie, die explizit auf dynamische ImbalancenRücksicht nehmen. Zu den Ausnahmen gehörtdas Prinzip der «dynamischen Arbeitsgestal-tung» nach Ulich (1978). Damit meint er eineGestaltung von Arbeitssystemen, die der Per-sönlichkeitsentwicklung des Menschen durch

Erweiterung bestehender oder Schaffung neuerArbeitssysteme und durch die Möglichkeit desWechsels zwischen verschiedenen Arbeitssyste-men Rechnung trägt. Hoffs (1985) Konzept zurBeratung in der beruflichen Entwicklungnimmt ebenfalls explizit auf dynamische Ver-änderungen der Person und der Berufstätig-keit Rücksicht. Eine Weiterentwicklung diesesKonzepts im «Coaching-Ansatz» wird untennoch ausführlich dargestellt.

Auf der Systemebene der Organisation behan-delt Gebert (1978) verschiedene Formen der Be-wältigung von Umweltkomplexität und Dyna-mik und die Förderung der Innovativität undFlexibilität von Organisationen. Das Projekt«Fördertraining» der Bildungsabteilung vonDaimler Benz wäre ebenfalls hier einzuordnen.In diesem Projekt erhalten Führungskräfte eineintensive individuelle Beratung über einen län-geren Zeitraum (inzwischen 10 Jahre) und kom-men regelmäßig in Förderkreisen zusammen,um die Balance zwischen Anforderungen undKompetenzen, aber auch Arbeit und Freizeitimmer wieder neu zu finden und um sich aufdie zu erwartenden Veränderungen einzustel-len (vgl. Gottschall, 1987).

3.3 Coaching von Individuenund Gruppen alsdynamisches Hilfesystem

Coaching stellt einen populärwissenschaft-lichen Sammelbegriff dar, der häufig unreflek-tiert auf eine Vielzahl von Formen der betrieb-lichen Einflußnahme auf Personen angewandtwird. Coaching erscheint hierbei oft als Allheil-mittel und dem Coach wächst dementspre-chend – in Analogie zur Psychotherapieszene –leicht die Rolle eines «Guru» zu.

Hiervon sind Ansätze zu unterscheiden,Coaching definitorisch einzugrenzen, eineninhaltlichen und prozessualen Rahmen zu eta-blieren und Indikationsstellungen für die Nut-zung dieses Konzepts im Rahmen der Organi-sationsentwicklung festzulegen. Coaching stelltdanach eine auf die Erhaltung oder Verbesse-rung der Handlungsfähigkeit gerichtete betrieb-liche Interventionsform dar, die aus einer Kom-bination aus unterschiedlicher, unterstützenderProblembewältigung und persönlicher Bera-tung auf Prozeßebene für ein breites Spektrum

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beruflicher und privater Probleme besteht(Rauen, 1996). Hilfe zur Selbsthilfe bzw. Selbst-verantwortlichkeit steht stets im Zentrum derBemühungen. Dies macht Coaching im vor-liegenden Kontext adaptiver Interventions-formen so bedeutsam. In der Praxis zeigt sichzudem eine gewisse Breitenwirkung dadurch,daß Coaching mittlerweile auf den verschiede-nen hierarchischen Ebenen von Institutioneneingesetzt wird.Im Rahmen dieser definitorischen Festlegungkönnen fünf formale Settings für Coaching un-terschieden werden:

– Einzel-Coaching durch einen externen Berater,– «Vorgesetzten-Coaching» als entwicklungs-

orientierte Führung von Mitarbeitern durchVorgesetzte,

– Gruppen-Coaching von mehreren Personenohne festgelegten Funktionszusammenhang,

– System-Coaching als Gruppen-Coaching vonPersonen in einem festgefügten System-zusammenhang (z.B. eine Abteilung),

– Projekt-Coaching als Sonderfall von System-Coaching (z.B. Einführung eines neuen Teams).

Aus klinisch-psychologischer Sicht ist das Ein-zel-Coaching durch einen externen Beraterwegen seiner Nähe zu klinischen Interventions-verfahren von besonderem Interesse. Gleichzei-tig stellt es die verbreitetste Form des Coachingdar. Wir werden uns daher im folgenden daraufbeschränken.

Die Nähe des Coaching zu klinischen Ver-fahren zeigt sich bei den Inhalten bzw. Anläs-sen, bei den Beziehungsmustern und bei denverwendeten Methoden. Als Anlässe werden ge-nannt Probleme mit der Organisationsstruktur(z.B. Neuordnung von Kompetenzen, Karriere-stillstand, Strukturwandel), Organisationskulturund Führungsstil (z.B. Förderung übergreifen-der Teamarbeit, Einführung neuer Konzepte fürArbeitsgruppen) und der persönliche Bereich.Hierunter fallen (nach Rauen, 1996):

– Mangelnde soziale Kompetenzen (Wie redetman mit Mitarbeitern? Wie geht man mitKonflikten um? Wie motiviert man Mitarbei-ter? Wie bleibt man unter Streß gelassen?)

– Leistungs- und Motivationsblockaden– Umgang mit komplexen Strukturen (Kom-

plexitätsmanagement)– Verhaltens- und Wahrnehmungsblockaden

– Persönliche Krisen («der Karren steckt imDreck»)

– Überprüfung der Lebens- und Karriere-planung (Wie soll es weitergehen im Leben?)

– Bedürfnis nach echtem Feedback und einemkompetenten Gesprächspartner

– Kritische Reflexion der Berufsrolle und kon-fliktträchtiger Interaktions- und Führungs-situationen

Anlässe aus dem persönlichen Bereich stellenmit über 70% den größten Anteil dar. FürCoaching als Interventionsform für Systemewerden jedoch auch diese in ihrer Beziehungzu beruflichen bzw. organisationalen Gegeben-heiten betrachtet.

Das Beziehungsmuster des Einzel-Coachingist dadurch gekennzeichnet, daß eine Personsich im Rahmen einer Zweierinteraktion exklu-siv beraten läßt und dabei auch problematischeberufliche und persönliche Themen bearbeitetwerden können. Coaching-Beziehungen sinddaher in der Regel längerfristiger Natur (Richt-größe 5 Monate bis 4 Jahre). Sie benötigenangesichts der zu bearbeitenden Probleme einhohes Maß an Offenheit und setzen daher Frei-willigkeit, Vertrauen und Neutralität (externerCoach) voraus. Das Ziel der Förderung vonSelbsthilfe und Eigenständigkeit verlangt (wiedie zumindest zu Beginn der Coaching-Ent-wicklung vorherrschende Zielgruppe hochran-giger Führungskräfte) Gleichwertigkeit der Po-sition von Coach und «Gecoachtem». LetztererTerminus widerspricht bereits – wie die Bezeich-nung «Coachee» – der geforderten Gleichran-gigkeit, so daß zunehmend die Bezeichnung«Klient» präferiert wird. Zwischen Klient undCoach kommt es zu einem Arbeitsbündnis mitfesten Regeln. Als Aufgabe des Coach wird v.a.die Funktion einer Steuerung und Optimierungvon Prozessen herausgestellt. Andere Charakte-risierungen akzentuieren den Aspekt der hel-fenden Beziehung in einer lernenden Organi-sation, der unter dem Aspekt der Limitierungund Einengung persönlicher Kontakte auf denunterschiedlichen Organisationsebenen, insbe-sondere jedoch im gehobenen Management,besonders bedeutsam sein dürfte. Dem Klien-ten kommt dabei eine aktiv partizipierende Rol-le zu. In Kasten 1 wird anhand eines von Hauser(1993) konzipierten Prozeßmodells der Ablaufeiner Coaching-Sitzung illustriert.

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Eine Übersicht über die Methodik dieser Formvon Beratung zeigt, daß konzeptuell Anleihenbei den unterschiedlichsten psychologischenTherapieformen, deren Wirksamkeit in unter-schiedlichem Ausmaß gesichert ist, gemachtwerden. Beispiele sind eine verhaltenstherapeu-tische Ausrichtung bei Huck (1989), ein huma-nistisch-klientzentrierter Ansatz bei Schmidt(1993), die Nutzung von Psychodrama und ge-stalttherapeutischen Techniken bei Schreyögg(1995) oder von Techniken der neurolingu-istischen Programmierung (NLP; Weiß, 1993)sowie eklektische Kombinationen bei den mei-sten Autoren (z.B. Rückle, 1992; vgl. zusam-

menfassend die angegebenen Referenzen beiRauen, 1998). In jedem Falle bedarf wirkungs-volles Coaching einer fundierten Kenntnisklinisch-psychologischer Interventionstechni-ken.

Angesichts der berichteten inhaltlichen, die Be-ziehung betreffenden sowie methodischenÜberschneidungen stellt sich die Frage nach ei-ner Abgrenzung zur Psychotherapie. Dies wirdin Tabelle 2 illustriert.

Entscheidend für die Differenzierung ist, daßder Coach wie der Klient immer die beruflicheRolle und damit betriebliche Zielstellungen

Kasten 1Schematischer Ablauf eines Coaching-Gesprächs nach der «RAFAEL»-Methode (Hauser,1993)

Dieses Vorgehen ist v.a. insofern hilfreich, alses dem «Gecoachten» genügend Raum zurSelbstexploration gibt (vgl. auch Rauen,1996).

R ReportA AlternativenF FeedbackA AustauschE Erarbeitung vonL Lösungsschritten

Report «Wie haben Sie die Situation erlebt?Zunächst läßt man den Klienten berichten,um seine Wahrnehmung und Bewertung derSituation und seines Verhaltens zu erkunden.Der Coach erhält hier wichtige Informationenfür sein weiteres Vorgehen. Je nachdem, obdie Selbstwahrnehmung des Gecoachten mitden eigenen Beobachtungen übereinstimmtoder nicht, kann sich der Coach für eine be-hutsamere oder forschere Vorgehensweise ent-scheiden.

Alternativen «Was würden Sie beim nächsten Malanders machen?»Der Klient wird ermutigt, nach Alternativenzu suchen, die ihn seinem Ziel näherbringen.Selbstveränderungskräfte können so mobili-siert werden und Verhaltensmodifikation ini-tiieren.

Feedback «So habe ich Sie erlebt»Der Coach gibt nun Feedback; er achtet dar-auf, daß die Rückmeldungen auch «ankom-men» und richtig verstanden werden. Er un-terstützt die positiven Ansätze und benenntsie explizit, scheut sich aber auch nicht, nega-tive Punkte zu thematisieren. Letzteres ist fürein realistisches Feedback unerläßlich, weil al-leiniges Loben als plumpe «Schönfärberei» an-gesehen wird.

Austausch «Welche Dinge sehen wir verschie-den?»Hier werden vom Coach die Diskrepanzenzwischen Selbstwahrnehmung (Report) undFremdwahrnehmung (Feedback) angespro-chen. Die unterschiedlichen Sichtweisen wer-den benannt, und gemeinsam werden dieGründe für diese Abweichungen analysiert.Hieraus ergeben sich oft wesentliche neue Er-kenntnisse für den Gecoachten.

Erarbeitung von Lösungsschritten «Was ist alsNächstes zu tun?»Zum Abschluß des Gespräches werden dieKonsequenzen aus dieser Sitzung besprochen.Die nächsten Schritte, die auf dem Weg zurZielerreichung weiterführen sollten, werdenkonkretisiert.

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(Umgang mit systemischen Imbalancen) imAuge haben sollen. Ein indikatives Kriteriumist weiterhin die Fähigkeit zur Selbstregulation.Ist diese beeinträchtigt bzw. selektiv aufgeho-ben (Beispiel Vorliegen einer sozialen Phobie),so empfiehlt der Coach die Aufnahme einerPsychotherapie. Ansonsten ist Coaching wohlam ehesten als ressourcenorientierte adaptiveForm der Prävention einzustufen.

Überschneidungen ergeben sich auch zu ei-nem weiteren klinisch-psychologischen Instru-mentarium, der Supervision. Supervision istdem Coaching sehr ähnlich, wesentlicherUnterschied ist ihr Bezug zu Personen, derenArbeit wesentlich durch die Gestaltung vonBeziehungen bestimmt ist (Sozialarbeitern,Psychotherapeuten). Coaching dagegen istnicht ohne die Spezifika der profitorientiertenbzw. dienstleistungsorientierten Zielstellungender jeweiligen Organisationen zu sehen.

Abschließend ist anzumerken, daß aktuelleÜbersichten zu Coaching (Rauen, 1996) einweites Spektrum an theoretischen Schwer-

punktsetzungen aufzeigen, in dem auch stärker«klinische» Varianten ihren Platz finden. Dieseröffnet Perspektiven für Klinische Psycholo-gen, allerdings mit der Einschränkung, daß diefür dieses Berufsfeld in hohem Maße erforder-lichen Qualifikationen im wirtschaftswissen-schaftlichen und organisationspsychologischenBereich erfüllt sind.

4. Interventionsprogrammemit klinisch-psychologischerZielsetzung

Wie oben gezeigt, lassen sich Möglichkeitenklinisch-psychologischer Intervention im Be-trieb auf der Grundlage geeigneter theoretischerKonzepte strukturieren und entwickeln. Ein-flüsse auf die Auswahl und konkrete Ausgestal-tung solcher Interventionen erwachsen jedochauch – und bisher in erster Linie – aus der be-trieblichen Praxis selbst. Als erstes sind hier die

Tabelle 2: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Coaching in der Personalentwicklung und Psychotherapie(mod. nach Rauen, 1996)

Gemeinsamkeiten:

Unterschiede:

Verwendung psychotherapeutischer Methoden und InterventionenAnalyse der Wahrnehmung der Aufgaben und der Gestaltung der RolleDie Rolle des Beraters als Zuhörer und GesprächspartnerBeschäftigung mit den Erlebnissen des KlientenReflektierende Ver fahrenBeziehungsaufnahme und -gestaltung als ZielHauptsächlich praktiziert durch externe BeraterVerhaltenserweiterung bzw. -flexibilisierung beim Klienten

Coaching in der PE Psychotherapie

Im Vordergrund steht die berufliche Rollebzw. damit zusammenhängende aktuelleAngelegenheiten des Klienten (Schwer-punkte: Leistung und Führung). Einkonkreter Bezug zur Unternehmens-wirklichkeit (z.B. Personalentwicklung) isti.d.R. gegeben.Die Selbstwirksamkeits- und Selbst-regulationsfähigkeiten müssen nochfunktionstüchtig sein.Meist geringe emotionale Tiefe derthematisierten Probleme.Für schwerwiegende psychische Problemeungeeignet.(Betriebs-)Wirtschaftliche Fachkompetenzund Unternehmenserfahrung des Beratersist notwendig.Zielorientier te Bearbeitung von Problemen,Erreichen eines Soll-Zustandes.

Bearbeitung tiefgehender privater undpersönlicher (psychischer) Probleme unterBerücksichtigung der individuellenLebensgeschichte. Die thematisiertenProbleme können auch weiter zurücklie-gen.

Der Mangel an diesen Fähigkeiten machti.d. R. eine Psychotherapie notwendig.

Oftmals werden tiefgehende emotionaleProbleme thematisier t.Explizite Ausrichtung auch auf schwerepsychische Probleme.Derartige Kompetenzen sind für dieDurchführung von Psychotherapie keinenotwendigen Voraussetzungen.Oftmals ursachenorientiertes Analysierenvon Problemen.

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konkret im Betrieb auftretenden Probleme so-wie spezifische Interessenlagen – insbesondereder Unternehmensleitung – zu nennen. Alszweites ist zu berücksichtigen, daß Position undTätigkeit des Psychologen ja selbst Bestandteiledes betrieblichen Systems sind bzw. im Verlaufder Intervention dazu werden und somit nichtlosgelöst von dessen Gesetzmäßigkeiten undRegeln gesehen werden dürfen. Letzterer Punktbetrifft insbesondere die rechtlichen Rahmen-bedingungen psychologischer Tätigkeit. Wei-terhin ist für die Form der organisatorischenUmsetzung im Betrieb zu beachten, daß sie Aus-wirkungen auf Verlauf, Ergebnisse und Neben-effekte hat. Im folgenden sollen diese Punkteweiter erörtert werden. Die Vorgehensweise beider Programmentwicklung soll sodann exem-plarisch anhand eines aktuellen Themas –Mobbing – verdeutlicht werden.

4.1 Implementationsmodelle

Psychologische Leistungen für Betriebe undandere Institutionen generell und klinisch-psychologische Programme im speziellen kön-nen grundsätzlich nach drei Modellen organi-siert werden als betriebsinterne Programme, alsProgramme einer unabhängigen vermittelndenBeratungseinrichtung («Service Center Pro-grams») und als Angebot öffentlicher bzw.psychosozialer Stellen.

Betriebsinterne Programme beinhalten dieAufgabe der Problemidentifikation und -defini-tion, der Erschließung interner und externerInterventionsressourcen und der Vermittlung,Koordination und ggf. direkten Durchführungvon Maßnahmen. Vorteile sind v.a. die intimeKenntnis der Organisation sowie eine erleich-terte Kommunikation und verbesserte Identifi-kation mit den Programmen. Nachteile liegenim Problem der Vertraulichkeit, in Rollen- undAbteilungskonflikten sowie den hohen Anfor-derungen an innerbetriebliche personale Res-sourcen.

Beim «Service Center-Modell» wird die Iden-tifikation und Definition von Problemen, diesubsequente Vermittlung von Behandlungsres-sourcen und ggf. die Durchführung kurzfristi-ger Interventionsmaßnahmen (z.B. Beratung,Krisenintervention) einem unabhängigen,betriebsexternen Dienstleister übertragen. Die-

ser fungiert als Verbindungsstelle zwischen Be-trieb und Programmträger (bei längerfristigenProgrammen). Das Modell hat die Vorteile derKostenersparnis für kleinere Unternehmen, ei-ner leichter herzustellenden Vertraulichkeit, ei-ner vermutlich besseren Identifikation undAusnutzung externer Ressourcen, einer größe-ren Streubreite erreichbarer Mitarbeiter, einerbesseren Kommunikation mit den Fachleutenund den externen Einrichtungen und gewöhn-lich auch eines stärker diversifizierten und pro-fessionelleren Personals.

Nachteile können in einer abnehmendenKompetenz für Beratung und sonstige Interven-tionen innerhalb des Betriebes, dem Mangel anIdentifikation mit den Programmen, der Eta-blierung von «outsider» Rollen, einem Mangelan Wissen über die Organisation beim ServiceCenter und den externen Trägern und in er-schwerter Kommunikation liegen. Manche dermöglichen Nachteile des Modells könnendurch Modifikationen behoben werden, bei-spielsweise durch Entwicklung von Ressourcenfür die Durchführung bestimmter Funktioneninnerhalb des Betriebes selbst sowie durch län-gerfristige Kontakte zwischen Betrieb und ex-terner Einrichtung.

Angebote öffentlicher Dienste und Institutio-nen (Industrie- und Handelskammern, Gewerk-schaften, Stiftungen, konfessionelle, städtischeoder von Vereinen getragene Einrichtungen)werden von Betrieben unmittelbar wahrge-nommen, die keine internen Dienste und kei-nen Zugang zu vermittelnden Einrichtungenhaben. Vorteile eines solchen Programms sinddie hohe Glaubwürdigkeit für die Mitarbeiter,die der Trägerorganisation nahestehen (z.B. Ge-werkschaftsmitglieder), hohe Vertraulichkeitsowie Kostengünstigkeit. Nachteile liegen dar-in, daß Nicht-Mitglieder oft nicht teilnehmenkönnen, Mißtrauen zwischen der Firma unddem Programmträger entstehen kann und u.a.auch nur limitierte professionelle Kompeten-zen sowohl innerhalb des Betriebes als auch in-nerhalb der Trägerorganisation zur Verfügungstehen.

Je nach Problemlage und Abwägung der Vor-und Nachteile wird die eine oder andere Formdieser Grundmodelle oder ihre Verbindung imRahmen eines Vernetzungskonzepts zu präfe-rieren sein. Dies wird weiter unten anhand eineskonkreten Beispiels noch weiter verdeutlicht.

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4.2 Programmentwicklungen

Interventionen auf der Grundlage des dar-gestellten Balance/Imbalance-Rahmenmodellsund nach Maßgabe der soeben konkretisiertenAnsatzpunkte lassen sich sowohl als individu-elle als auch kollektive Maßnahmen organisie-ren. Interventionen im betrieblichen Rahmensind in der Regel kollektive Maßnahmen. Siewerden als Programme realisiert, deren Ziel esist, für bestimmte Mitarbeitergruppen oder fürdie gesamte Belegschaft eines Betriebes Verän-derungen in den o.g. Komponenten herbeizu-führen. Bisherige Programme sind weitgehendpersonorientiert, beinhalten also die Erhöhunginnerer Ressourcen und die Verringerung vonAspekten der Vulnerabilität. Die Funktion desKlinischen Psychologen im Betrieb liegt in derProblemanalyse, der Programmentwicklung undin ihrer effektiven Implementation und Eva-luation (s. Abschnitt 5.1).

Grundsätzlich lassen sich zwei Klassen vonProgrammen unterscheiden. Bei ersterer wer-den Beratungs- und Trainingsverfahren als spezi-fische präventive oder korrektive strukturelle Maß-nahmen vorgesehen, mit deren Hilfe jeweilsbestimmte aktuelle Problemsituationen in derbetrieblichen Organisation beseitigt werdensollen. Derartige Ansätze reichen von den fürdie klinische Betriebspsychologie paradigma-tischen Alkoholismusprogrammen über Ange-bote für die Bearbeitung von Problemen, wiesie bei Arbeitswechsel (Umsetzung) und spezi-fischen Arbeitsanforderungen, Auflösung vonArbeitsplätzen, Entlassung, Versetzung, Pensio-nierung entstehen bis zur Behandlung von fa-miliären und interpersonellen Schwierigkeiten,Scheidungsproblemen, finanziellen Konfliktenund gruppenspezifischen Arbeits- und Füh-rungsproblemen (z.B. Vermittlung von Asser-tivität bei Frauen im Betrieb).

Die zweite, historisch jüngere Klasse von Pro-grammen zielt auf die Vermittlung oder auchWiederherstellung von Grundkomponenten psy-chischer und auch körperlicher Gesundheit auf brei-ter Front. Konkrete Ansatzpunkte sind Streß-Management (Regulationskompetenzen),Gesundheitsverhalten (Vulnerabilitätskompo-nenten), Führungsverhalten (Vermittlung an-gemessener Kompetenzen im Sinne eines op-timalen PE-Fit) und die Entwicklung undNutzung von Selbsthilfegruppen und anderen

Formen sozialer Unterstützung (externale Res-sourcen). Ein Beispiel für letzteren Ansatz wür-de die Entwicklung eines sozialen Netzwerkesfür weibliche Führungskräfte darstellen. Insge-samt handelt es sich hier um eher unspezifischeMaßnahmen der primären oder sekundärenPrävention.Bei allen Programmen zeigt sich eine pragma-tische Verwendung unterschiedlicher therapeu-tischer bzw. Interventionstechniken nach Maß-gabe der jeweiligen Zielsetzung. Kennzeichnendfür diese Programmentwicklung ist ferner dieAnnahme, daß psychische und körperliche Ge-sundheit und betriebliche Effizienz in einemWechselwirkungsprozeß stehen. Eine Übersichtüber historische wie aktuelle Formen und Ergeb-nisse solcher Programmentwicklungen gebenLiepmann (1990) und Schorr und Jilski (1987).

4.3 Ein aktuelles BeispielProgrammentwicklung bei Mobbing

«Mobbing» stellt einen Modebegriff dar, der«eine extreme Form sozialer Stressoren am Ar-beitsplatz» umschreibt (Knorz & Zapf, 1996).Formal wird von Mobbing gesprochen, wenneine Person systematisch mindestens einmalpro Woche über einen Zeitraum von minde-stens einem halben Jahr von folgenden Hand-lungen betroffen ist:

– Angriffen auf die Möglichkeit, sich mitzutei-len (z.B. ständige Kritik),

– Angriffen auf die sozialen Beziehungen (z.B.räumliche oder soziale Isolierung),

– Angriffen auf das soziale Ansehen (z.B. Ge-rüchte),

– Angriffen auf die Qualität der Arbeit (z.B. Zu-weisung kränkender Arbeiten),

– Angriffen auf die Gesundheit (z.B. Zwang zugesundheitsschädigenden Arbeiten).

Nach Leymann (1993) entwickelt sich Mobbingmeist auf der Grundlage konflikthafter betrieb-licher Situationen. Für den weiteren Verlaufwird ein Phasenmodell vorgeschlagen, nachdem auf schlechte Konfliktverarbeitung und er-ste Angriffe (Phase 1) systematische und ver-dichtete feindselige Maßnahmen folgen (Phase2, eigentliches Mobbing). Hier kommt es auchzu einer Verschlechterung der psychischen und

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physischen Verfassung der Betroffenen. Demschließt sich eine Phase der Rechts- und Macht-übergriffe an (3), in der die beeinträchtigte Ver-fassung der Betroffenen oft als Anlaß für Sank-tionen dient. Ärztliche und psychologischeFehldigagnosen wirken auf diesen Prozeß zu-rück und verkomplizieren ihn zusätzlich. EinTeufelskreis etabliert sich. Am Ende steht derAusschluß der Betroffenen aus dem Betrieb oderder Arbeitswelt, verbunden mit Krankschrei-bungen, Frührente, etc. (4).

Andere Verläufe sind denkbar (vgl. Knorz &Zapf, 1996), insgesamt stellt Mobbing nachseiner interaktiven, Wechselwirkungen undTransaktionen beinhaltenden Charakteristikein typisches Beispiel für ein dynamisches Un-gleichgewicht dar. Es wird in Zusammenhanggebracht mit der zunehmenden Konflikthaf-tigkeit und existentiellen Bedrohung von Ar-beitsplätzen, konstituiert für Unternehmenoder Behörden einen beträchtlichen Schadenund führt für die Betroffenen zu psychischenund körperlichen Beeinträchtigungen, gefähr-det deren Erwerb des Lebensunterhalts, bedrohtin der Konsequenz Lebensperspektive, Lebens-sinn und Tagesstruktur, belastet zusätzlich dasaußerberufliche soziale Umfeld und erschöpftggf. dessen Ressourcen. Intervention ist ange-zeigt, nach dem vorliegenden Stand der vorlie-genden Forschung wie Theorienbildung gibt esallerdings keine «wahren» oder «falschen» An-sätze (vgl. Neuberger, 1994); vielmehr legenunterschiedliche theoretische Zugänge jeweilsunterschiedliche Vorgehensweisen nahe. Mob-bing stellt somit eine Problem dar, das für diegegenwärtige gesellschaftliche und wirtschaft-liche Situation, in der stets neue und nurschwer beurteilbare Ungleichgewichte in derFolge spezifischer Entwicklungen wirksam wer-den (z.B. Globalisierung, lean management,technologische Entwicklungssprünge, etc.) ty-pisch ist. Es bedarf eines möglichst umfassen-den Programmansatzes, der den unterschied-lichen Facetten des Problems gerecht wird.Folgende Eckpunkte sind bedeutsam

Das oben dargestellte Phasenmodell (undauch andere denkbare Verläufe) legt nahe, ver-schiedene Formen der Intervention bzw. Prä-vention vorzusehen. Oben wurde eine Unter-scheidung zwischen primärer (prospektiverArbeitsgestaltung), sekundärer (korrektiver Ar-beitsgestaltung) und tertiärer Prävention (reha-

bilitative Arbeitsgestaltung) vorgeschlagen. Denhierfür erforderlichen Maßnahmen der inner-und außerbetrieblichen Aufklärung und Kom-petenzvermittlung im Vorfeld, des Umgangsmit Risikosituationen (betrieblichen Konflik-ten) und der unterstützenden sozio- wie psy-chotherapeutischen Maßnahmen und weiterenberatenden Interventionen wird am ehesteneine innovative Kontakt- und Vernetzungsstelleim Sinne des o.g. Service-Center-Modells ge-recht, wie sie bereits in einigen Regionen ent-wickelt wurde. Ihre Funktion ist wie in Abbildung3 dargestellt beschreibbar.

Die Mobbing-Kontaktstelle ist, unterstützt vonverschiedenen Trägern, mit hauptamtlichenMitarbeitern ausgestattet. Sie leistet erste Hilfe,versucht die Öffentlichkeit zu sensibilisierenund trägt dadurch beispielsweise zur Vermei-dung der häufig genannten Fehldiagnosen beiArzt- oder Psychologenkontakten bei; Bildungs-arbeit dient der primär-präventiven Qualifizie-rung und ein Netzwerk wird aufgebaut, dasjeweils die Hilfen leisten kann, die zum Durch-brechen des Teufelskreises Mobbing in den ver-schiedenen Phasen seiner Entwicklung beitra-gen können. Hierzu können dann innerbetrieb-liche Maßnahmen wie die eines verbessertenKonfliktmanagements oder Programme zur För-derung adäquater Coping-Strategien in Mob-bing-Situationen (vgl. Knorz & Zapf, 1996)ebenso beitragen wie die Vermittlung von Psy-chotherapie oder sozialarbeiterischer oder ju-ristischer Beratung oder die Organisation einesGesprächs- bzw. Selbsthilfekreises für Betroffe-ne.

4.4 Rahmenbedingungenpsychologischer Tätigkeit im Betrieb

Alle Publikationen zur klinischen Betriebs-psychologie betonen die Notwendigkeit einerBerücksichtigung der Machtverhältnisse, insbe-sondere zwischen Arbeitgeber- und Arbeitneh-mervertretern (vgl. Lippmann, 1985; Schorr &Jilski, 1987). Wenngleich verläßliche empiri-sche Belege bislang nicht vorliegen, ist evident,daß es beispielsweise für die Durchführung ei-nes Programms zur Alkoholismuspräventionnicht gleichgültig ist, ob dieses in der Abtei-lung für Personalentwicklung, beim Betriebs-

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rat, bei der Gewerkschaft, in der betriebsärzt-lichen Abteilung oder im Rahmen eines unab-hängigen Modellprojekts angesiedelt ist. Jenach Lokalisation im Kraftfeld des betrieb-lichen Systems werden Interventionsprogram-me unterschiedliche Akzente des Inhalts undder Zielsetzung aufweisen, unterschiedlichenEinflüssen ausgesetzt sein, von den verschiede-nen Gruppen der Organisation unterschiedlichperzipiert und letztlich von den Zielgruppenauch unterschiedlich rezipiert werden. Für den

klinischen Psychologen im Betrieb gilt es, seineeigene Lokalisation im betrieblichen Kraftfeldzu analysieren und ggf. so auf deren Verände-rung hinzuwirken, daß seine Handlungsmög-lichkeiten dadurch optimiert werden.

Eine zweite Rahmenbedingung wird durchdie gegebenen gesetzlichen Regelungen konstitu-iert. Diese sind beispielsweise in Deutschlandim Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und imArbeitssicherheitsgesetz (ASiG) festgeschrieben.Hier ist als erstes Paragraph 75 der BetrVG zu

Abbildung 3: Vernetzung der Aufgabenbereiche eines Mobbing-Kontaktes.

Hilfsnetzwerk/Expertenunterstützung

• Selbsthilfe• Weiterbildung• ärztliche Betreuung• psychotherapeutische Betreuung• rechtliche Unterstützung• Vertrauensleute in Betriebs- und Personalrat• Unterstützung durch das Arbeitsamt• Unterstützung durch Krankenkassen• Kirchliche Betreuung• Politische Unterstützung• gewerkschaftliche Unterstützung• Kontakte zu bestehenden Mobbing-Initiativen• Zusammenarbeit mit Multiplikatoren

Mobbing-Kontaktstelle

Bildungsarbeit

• Aufklärung• Seminare• Info-Veranstaltungen• zielgruppenorientierte Weiterbildung• berufliche Qualifikation• pädagogische Materialien

Hilfe für Betroffene/Mitbetroffene

• Beratung• Vermittlung• Selbsthilfe/Selbsterfahrung• Vertrauensleute

Öffentlichkeitsarbeit

Ziel: Aufklärung, Sensibilisierung• in Presse, Rundfunk und Fernsehen• Faltblätter• mit allen Beteiligten• mit Eigenwerbung für das Projekt (CI)

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nennen, der Arbeitgebern und Personalrat eineVerpflichtung zum Schutz der freien Persön-lichkeitsentfaltung der Mitarbeiter auferlegt.Weiterhin das Arbeitssicherheitsgesetz, das u.a.die Neutralität bestimmter Berufsgruppen vor-schreibt (Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssi-cherheit) und in seiner revidierten Form aucheine Verpflichtung zur Gefährdungsbeurtei-lung, zur Durchführung von Maßnahmen zurGefährdungsbeseitigung und zur Dokumenta-tion des Ergebnisses dieser Maßnahmen ent-hält (§6). Wichtig in unserem Zusammenhangist, daß bei der Ausarbeitung gefährdender be-trieblicher Situationen auch auf psychologischeFaktoren eingegangen wird. Dies schafft einengesetzlichen Rahmen beispielsweise für Maß-nahmen zur Streßminimierung oder zur Unter-bindung von Mobbing-Situationen. Da psycho-logische Programme in Anbindung an bzw. inAbstimmung mit den genannten Instanzendurchgeführt werden oder aber die gesetzlichenRegelungen unter bestimmten Bedingungenauch für Psychologen unmittelbar gültig seinkönnen (vgl. Lippmann, 1985), ergibt sichhieraus eine Verpflichtung auf ein Rollen-verständnis, das durch die Begriffe Persönlich-keitsschutz, Neutralität und Schutz bzw. Vor-beugung bezüglich unterschiedlicher, auchpsychischer Gefährdungen gekennzeichnet ist.Die Art und Weise wie mit diesen Rollen-erwartungen umgegangen wird, dürfte in un-mittelbarer Relation zu dem Erfolg betrieblicherIntervention stehen. In diesem Zusammenhangist zu erwähnen, daß die geforderte Weisungs-freiheit und Unabhängigkeit der Betriebsärzteund Fachkräfte für Arbeitssicherheit vom ASiG,sofern Psychologen diesem unterliegen, auchgewährleistet wird (Par. 9). Die standespoliti-sche Forderung betrieblich tätiger KlinischerPsychologen geht dementsprechend auch da-hin, das ASiG für Psychologen/innen ohne Ein-schränkungen in Anwendung zu bringen.

Die gegebenen rechtlichen Rahmenbedin-gungen lassen darüberhinaus auch einige An-satzpunkte für präventive und korrektiveMaßnahmen bezüglich vorhersehbarer gesund-heitlicher und psychosozialer Störungen erken-nen. So gibt das deutsche Betriebsverfassungs-gesetz in Paragraph 91 dem Betriebsrat einMitbestimmungsrecht bei Veränderungen derArbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Ar-beitsumgebung, die den gesicherten arbeits-

wissenschaftlichen Erkenntnissen über diemenschengerechte Gestaltung der Arbeit offen-sichtlich widersprechen. Wenn Psychologenden Betriebsrat sachkundig auf der Grundlagearbeits- und organisationspsychologischer Er-kenntnisse beraten, kann dieser «angemesseneMaßnahmen zur Abwendung, Milderung oderzum Ausgleich der Belastung verlangen». Ge-meint sind nach der gängigen Rechtsprechungdabei in der Regel Fälle mit hohem Belastungs-grad und damit verbundener Gesundheits-gefahr, die auf Dauer bestehen. «Außerdemmüssen die Belastungen für jeden, der eine aus-reichende Sachkunde über gesicherte arbeits-wissenschaftliche Erkenntnisse zur menschen-gerechten Gestaltung der Arbeit besitzt,deutlich erkennbar, offensichtlich sein» (Fit-ting, Auffahrt & Kaiser, 1981). Im Unterschiedzu den vorhersehbaren Risiken sind wir beinicht vorhersehbaren, durch die Arbeitssystemebedingten Beeinträchtigungen oder Schädi-gungen auf eine wirksame Früherkennungs-diagnostik und möglichst rasche korrektiveArbeitsgestaltung angewiesen. Aus sozialmedi-zinischer Sicht wird von daher die Forderungnach regelmäßigen betrieblichen Reihenunter-suchungen und regelmäßigen Erhebungen zurErstellung eines «Belastungskatasters» (nachBetrieben und Arbeitsplätzen klassifizierteBelastungsskalierungen) gestellt. Psycholo-gische Untersuchungsinstrumente zur Erfas-sung psychosomatischer Beeinträchtigungenund psychischer Störungen dürfen aus psycho-logischer Sicht bei derartigen Reihenunter-suchungen nicht fehlen. Beispielsweise wärenstandardisierte Instrumente der streßbezogenenTätigkeitsanalyse zweifellos für solche «Bela-stungskataster» besonders geeignet. Damitkönnte auch aus psychologischer Sicht ein er-ster Schritt einer Frühdiagnostik und frühzei-tigen Intervention erfolgen. Wenn derartigeDaten in epidemiologischen Längsschnitt-untersuchungen regelmäßig im Betrieb erho-ben werden, können daraus auch Erkenntnissezur präventiven Intervention abgeleitet wer-den.

Auf praktisch-methodischer Ebene beinhal-ten die o.g. Gesetze jedoch auch Einschränkun-gen für die psychologische Tätigkeit. So bedarfder Einsatz von Fragebogenverfahren der Zu-stimmung des Betriebsrates (Paragraph 94 desBetrVG). Fragen nach persönlichen Problemen

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sind nach einschlägigen Kommentaren zurRechtsprechung weitgehend unzulässig (Fit-ting, Auffahrt & Kaiser, 1981). Wenngleichdiese auf Persönlichkeitsschutz abzielenden Re-gelungen prinzipiell wünschenswert und un-verzichtbar sind, bedeuten sie jedoch in der Pra-xis eine Erschwernis psychologischer Tätigkeitsowohl für die Erarbeitung von Indikations-stellungen für Programme als auch für derenEvaluation. Klinische Psychologen in betrieb-lichen Organisationen müssen diese Erschwer-nisse auf sich nehmen; sie müssen jedoch auchversuchen, im Sinne einer möglichst effizien-ten Gestaltung ihrer Tätigkeit für die Beschäf-tigten die im Rahmen der Gesetze gegebenenMöglichkeiten zur Erhebung relevanter Datenzu nutzen.

Lokalisation im betrieblichen Kraftfeld, Rol-lendefinitionen und rechtliche Vorgaben be-stimmen somit den Rahmen, der für klinisch-psychologische Interventionsprogramme imBetrieb gegeben ist. Um effektiv arbeiten zukönnen, muß der Psychologe diese Bedingun-gen erkennen und prinzipiell akzeptieren, sieaktiv – beispielsweise bezüglich seiner eigenenRolle – mitgestalten und Handlungsspielräumeausloten. Diese Aufgabe wird nur über eineenge Kooperation der Psychologen mit allenrelevanten Repräsentanten der betrieblichenOrganisation und der Gesellschaft realisierbarsein.

5. Evaluationsprobleme undZukunftsperspektiven

In unseren vorangegangenen Ausführungenhaben wir versucht, das weite Feld klinisch-psychologisch akzentuierter betrieblicher Inter-ventionen zu strukturieren und vorliegendeInterventionsansätze in diese Struktur einzu-ordnen. Wünschenswert wäre es, wenn zu deneinzelnen Ansätzen – ähnlich wie zu den Rou-tineverfahren klinisch-psychologischer Inter-vention im Einzelfall – Bewährungsdaten vor-lägen, die eine reflektierte Implementation undWeiterentwicklung der Verfahren ermöglichenwürden. Dies ist, mit wenigen Ausnahmen,nicht der Fall. Wohl existieren punktuelle Über-prüfungen, beispielsweise für die betrieblicheGesundheitsförderung (vgl. Murza & Laaser,

1994) oder zu modellhaft durchgeführten In-terventionen im Rahmen von Pilotprojekten(beispielsweise zum Burnout-Syndrom; vgl. Bu-risch, 1989), jedoch existieren unseres Wissenskeine Metaanalysen, die beispielsweise eine zu-verlässige Effektstärkenabschätzung einzelnerInterventionsansätze gestatten würden. Nichtvon ungefähr wird in unterschiedlichen Über-blicksdarstellungen als Beleg für eine gut eva-luierte betriebliche Interventionsstudie immernoch das bereits vor über zehn Jahren durchge-führte «Live for Life»-Projekt, eine gesundheits-psychologische betriebliche Intervention, auf-geführt (Dlugosch & Wottawa, 1994). DiesesProjekt ist insofern beispielhaft, als dort auf Ver-haltens- wie struktureller Ebene interveniertund evaluiert wurde. Ähnlich positiv ist ein vonMurza und Laaser (vgl. 1994) berichtetes Pro-jekt zur betrieblichen Gesundheitsförderungeinzuschätzen.

Schwierigkeiten der Planung und Umsetzungvon Evaluationsstudien dürften v.a. damit zu-sammenhängen, daß klinisch-psychologischeIntervention in Betrieben in aller Regel in Formvon Programmen organisiert ist (s.o.), die na-turgemäß als Subsysteme Eingriffe in bestehen-de betriebliche Systeme bedeuten. Somit isteine Vielfalt von teilweise unterschiedlichenInteressen und Zielsetzungen davon tangiert.Evaluation setzt daher eine intensive Voraus-planung und die Herstellung eines Konsensesüber Ziele, Erfassungskriterien und die Bewer-tung von Nutzenaspekten bereits vor Beginneines Evaluationsprojektes voraus. Derartigeswird sich wiederum im Rahmen bestimmter,partizipierender und offener Formen von Un-ternehmenskultur eher realisieren lassen. Eva-luation setzt somit ihrerseits wieder Maßnah-men von Organisationsentwicklung voraus.Derzeit könnten die novellierten Inhalten v.a.des Arbeitssicherheitsgesetzes (s. Abschnitt 5.)als Anschub wirken, die u.a. ja auch eine Do-kumentation der Gefährdungsbeseitigung –auch hinsichtlich psychologischer Belastungs-faktoren – vorschreiben. Fördernd zumindesthinsichtlich der Evaluation von Projekten zurGesundheitsförderung im Betrieb dürfte auchdie mittlerweile vorangeschrittene Entwicklungroutinemäßig einsetzbarer gesundheitspsycho-logischer Meßverfahren sein. Letztlich ist dar-auf zu verweisen, daß die Träger von gesund-heitsfördernden Maßnahmen im Betrieb in

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letzter Zeit ein immer stärkeres Interesse an Eva-luation erkennen lassen mit dem Ziel, die Wirk-komponenten spezifischer Programme zu iso-lieren und Instrumente für die Steuerung vonProgrammabläufen zu entwickeln (vgl. Dlu-gosch & Wottawa, 1994).

Schritte in Richtung auf eine umfassende,sowohl Ergebnisse wie Prozesse beinhaltendeEvaluation sind um so bedeutsamer, als die An-forderungen an betriebliche Interventions-programme eher ansteigen werden. Mehrfachhaben wir in den vorangegangenen Ausführun-gen auf den raschen Wandel der technolo-gischen und wirtschaftsökologischen Rahmen-bedingungen und dessen Rückwirkung aufwirtschaftliche und sozialpolitische Bedingun-gen sowie auf die Betriebe selbst und letztlichdie Arbeitsplätze verwiesen. Die Bewältigungdynamischer Imbalancen scheint daher dieAufgabe der Zukunft zu sein. Ein Problem fürdie Entwicklung angemessener Strategien stelltdie Einschätzung und konzeptuelle Bearbeitungderartiger rasanter Entwicklungen dar. Richter(1996) weist darauf hin, daß hierfür geeigneteModelle zur Vorhersage von Störungen erstnoch entwickelt werden müssen, ehe wirksamePrävention geplant werden kann. Die Untersu-chung der «Beeinträchtigungsfreiheit» und«Gesundheits- und Persönlichkeitsförderlich-keit» ist jedenfalls eine hiermit verbundenewichtige Aufgabe.

In einem weiteren Rahmen betrachtet ist al-lerdings die Frage zu stellen, welches die Folgendieser Veränderungen in der Gesellschaft über-haupt sein werden. Arbeit und Arbeitslosigkeit,Erfolg und Scheitern, interindividuell stark vari-ierende Lebensperspektiven, Lebenszufrieden-heit und Enttäuschung, gesellschaftlicher Sta-tus und die Bildung neuer Schichten undletztlich epidemiologisch manifest werdendeVeränderungen psychischer und physischerGesundheit sind Phänomene, die hiervon be-troffen sein können. Die Beantwortung der Fra-ge, ob und inwieweit diese Probleme mit derEntwicklung betrieblicher Interventionen er-folgreich bearbeitet werden können und wasgegebenenfalls die neuen Ansätze sein könn-ten, ist eine der großen Herausforderungen dernächsten Zukunft.

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