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1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 2 1.2 Penicillinallergie und Testverfahren 4 1.3 Erythrasma . . . . . . . . . . . . . 7 1.4 Trichomycosis (bacteriosis) palmellina . . . . . . . . . . . . . . 7 1.5 Staphylokokkenimpetigo, Follikulitis, Furunkulosis . . . . . . . . . . . . . 7 1.6 Rezidivierende, chronische Furunkulose . . . . . . . . . . . . . 9 1.7 Pseudomonasinfektionen der Haut . . 10 1.8 Staphylokokkenbedingtes Syndrom der verbrühten Haut . . . . . . . . . 10 1.9 Toxisches Schocksyndrom . . . . . . 11 1.10 Streptokokkenbedingte Impetigo contagiosa und Ekthyma . . . . . . 12 1.11 Erysipel . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.12 Nekrotisierende Fasziitis . . . . . . 15 1.13 Gramnegativer Fußinfekt . . . . . . 16 1.14 Chronisch-vegetierende Pyodermien 16 Bakterielle Infektionen der Haut Kapitel 1 1

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1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . 21.2 Penicillinallergie und Testverfahren 41.3 Erythrasma . . . . . . . . . . . . . 71.4 Trichomycosis (bacteriosis)

palmellina . . . . . . . . . . . . . . 71.5 Staphylokokkenimpetigo, Follikulitis,

Furunkulosis . . . . . . . . . . . . . 71.6 Rezidivierende, chronische

Furunkulose . . . . . . . . . . . . . 91.7 Pseudomonasinfektionen der Haut . . 101.8 Staphylokokkenbedingtes Syndrom

der verbrühten Haut . . . . . . . . . 101.9 Toxisches Schocksyndrom . . . . . . 111.10 Streptokokkenbedingte Impetigo

contagiosa und Ekthyma . . . . . . 121.11 Erysipel . . . . . . . . . . . . . . . 121.12 Nekrotisierende Fasziitis . . . . . . 151.13 Gramnegativer Fußinfekt . . . . . . 161.14 Chronisch-vegetierende Pyodermien 16

Bakterielle Infektionen der Haut

Kapitel 11

Page 2: 1 Kapitel 1Bakterielle Infektionen der Hautswbplus.bsz-bw.de/bsz091970555kap.pdf · 1 1.1 Allgemeines Infektionen der Haut werden zu ca. 70% durch Staphylokokkenund Streptokokkenhervorgerufen

1 1.1Allgemeines

Infektionen der Haut werden zu ca. 70% durchStaphylokokken und Streptokokken hervorgerufen.Erst deutlich seltener kommen für Hautinfektionenandere aerob und anaerob wachsende Keime inFrage, z.B. Enterokokken, E. coli, Pseudomonasaeruginosa, Klebsiellen, Proteus und andere. Kory-nebakterien, die normalerweise an der Hautober-fläche vorkommen, können unter besonderen Mi-lieubedingungen, die ihr Wachstum begünstigen,z.B. vermehrte Feuchtigkeit, das Stratum corneumoder die Haarkutikula kolonisieren.Auch Soorpilzesind nicht selten Erreger von Hautinfektionen(C. albicans, C. tropicalis, C. parapsilosis), derenHäufigkeit in letzter Zeit zugenommen hat und die bei immunsupprimierten Kranken (iatrogen,HIV-Infektion) durch mukokutane und systemi-sche Ausbreitung ein therapeutisches Problem dar-stellen können. Aus Tabelle 1-1 ist das Erregerspek-trum zu entnehmen, das bei stationären Hautkran-ken an der Berliner Universitäts-Hautklinik imUniversitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF)nachgewiesen werden konnte.

Behandlung� Zur Behandlung wird man in der Regel bei ober-flächlichen banalen Infektionen bzw. bei Super-infektion anderer Dermatosen ein lokal antibakte-riell wirksames Präparat verordnen. Wenn das Er-regerspektrum nicht bekannt ist, greifen wir gernauf Präparate zurück, die �Chlorhexidin, Clioqui-nol oder Polyvidon-Jod enthalten, z.T. als Rezeptur.Ansonsten sind bei vorliegender Infektion bzw. beiausgedehnter Pyodermie der verantwortliche Er-

reger und sein Verhalten in der Resistenzprüfungfür die Wahl eines geeigneten Antibiotikums aus-schlaggebend. Zur lokalen antibiotischen Therapiewerden insbesondere Fusidinsäure, Bacitracin +Neomycin sowie Gentamicin weltweit häufig ver-wendet (Tabelle 1-2). Auch �Farbstofflösungenwerden nach wie vor eingesetzt.

Die lokale antibakterielle bzw. antibiotischeTherapie muss Resistenzentwicklungen berück-sichtigen; insbesondere bei längerer Behandlungist durch Wundabstriche das Erregerspektrum zubestimmen und sein Verhalten gegenüber Antibio-

2 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

Tabelle 1-2. Antibakteriell wirksame Lokalpräparate bzw.lokale Antibiotika zur Behandlung bakterieller Infektionender Haut (außer Akne; Auswahl)

Antiinfektiosa � Chlorhexidin

(z. B. Puder, Bactigras® Gaze, Hausamed® Spray)� Hexamidin

(z. B. Hexomedin® Lösung)� Polycresulen

(z.B. Dermido® Lösung)� Clioquinol

(z.B. Linola-sept® Emulsion)� Dequaliniumchlorid

(z.B. Erazol® Creme)� Polyvidon-Jod

(z.B. Betaisodona®, Braunovidon® Salbe, Wundvlies,Wundgaze)

Lokale Antibiotika � Fusidinsäure (Fucidine®)� Chlortetracyclin (Aureomycin®)� Oxytetracyclin + Polymyxin B (Terramycin®)� Mupirocin (Eismycin®, Bactroban®, Terramycin®)� Framycetin (Leukase®)� Bacitracin + Neomycin (Nebacetin®)� Gentamicin (Refobacin®, Sulmycin®)

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Tabelle 1-1. Häufiges Erregerspektrum in einem dermatologischen Krankengut. (Daten des Instituts für MedizinischeMikrobiologie der Freien Universität Berlin, 1992)

Wundabstriche [%] Blutkulturen [%] Sonstige Quellen [%]

StaphylokokkenStaph. aureus (koagulasepositiv) 36,5 38,9 36,6Staph. epidermidis (koagulasenegativ) 11,3 22,2 4,9

StreptokokkenNichthämolysierende, b-hämolysierende 16,8 16,7 22,0Streptokokken, Pneumokokken u.a.

Enterokokken 7,0 ∆ 4,9E. coli (faecalis, faecium) 4,5 5,6 ∆Pseudomonas aeruginosa 5,5 ∆ 7,3Proteus mirabilis 2,4 ∆ 4,9Sproßpilze 4,9 ∆ 14,6

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tika zu kontrollieren. Weiterhin muss auf Kontakt-sensibilisierungen geachtet werden. Besonders aufNeomycin und Gentamicin, die seit vielen Jahren inder Behandlung von Hautinfektionen verwendetwerden, ist die Allergisierungsrate hoch.

� Gegen die überaus häufigen Staphylokokkenin-fekte der Haut sind, neben dem heute viel verwen-deten Gentamicin (z.B. Sulmycin®, Refobacin®),auch Erythromycin und Clindamycin gut wirksam.Sie kommen sowohl lokal, vorwiegend in der Akne-therapie, als auch systemisch zur Anwendung. Einneueres Antibiotikum ist �Mupirocin. Gezielt beiausgedehnten Staphylokokkeninfekten der Haut in-diziert ist die systemische Anwendung penicillin-aseresistenter Penicilline, z.B. Oxacillin bzw. Flu-cloxacillin, zumal 20–50% aller Staphylokokken-

Allgemeines 3

Halogenierte organische VerbindungenUnter den gebräuchlichsten lokal wirksamen,antibakteriellen Substanzen sind einige z.T. ha-logenierte organische Verbindungen. Dazu ge-hören insbesondere:� Benzalkoniumchlorid, Cetylpyridiniumchlo-

rid,� jodophore Substanzen, z.B. Polyvidon-Jod,

Hydroxychinoline u.a. sowie� organische Verbindungen, die Chlor freiset-

zen, z.B. Chloramin, Chlorhexidin, Hexachlo-rophen u.a.

Unter diesen Substanzen hat inzwischen v.a.das Chlorhexidin (Derivate: Chlorhexidin-HCl,-acetat, -glukonat) eine Spitzenstellung als loka-les Antiseptikum eingenommen. Chlorhexidinist eine breitwirksame bakterizide Substanz mitpartiellen, fungiziden und virostatischen Eigen-schaften, die an der Haut stabil bleibt (z.B. alsChlorhexidinglukonat), eine irritative Wirkungim wirksamen Konzentrationsbereich vermissenlässt und eine nur geringe allergene Potenz be-sitzt.Dennoch wurde gelegentlich über anaphyl-aktoide Reaktionen berichtet. Die Substanzentfaltet ihre antimikrobielle Wirkung aufdem Wege ihrer Bindung an die Bakterienmem-bran; eine systemische Toxizität fehlt, im Ge-gensatz z. B. zum Hexachlorophen. Auch nach3%igem Clioquinol (8-Hydroxychinolin, Vio-form®) wurde Absorption durch die Haut fest-gestellt und die Substanz v.a. bei Kindern als po-tentielles Toxizitätsrisiko angesehen. Eine irri-tative oder allergische Kontaktdermatitis aufClioquinol kann vorkommen. Chlorhexidinwird heute gern als universelles Antiseptikumfür die präoperative Händedesinfektion undauch für die Schleimhäute (z.B. Mundwässeretc.) verwendet. Das Wirkungsspektrum um-fasst grampositive und zu einem geringerenGrade auch gramnegative Erreger; fakultativeAnaerobier und auch Soorpilze sind auf Chlor-hexidin empfindlich. In Mundwässer wird dieSubstanz in der Regel als 0,12%iges Glukonatappliziert und führt zu einer signifikanten Re-duzierung (bis 97%) der bakteriellen Flora nach ca. 3-wöchiger täglicher Anwendung. Proteus-und Pseudomonasstämme sprechen wenigergut auf Chlorhexidin an.

FarbstofflösungenFarbstofflösungen werden in der traditionelleneuropäischen Dermatologie immer noch zur lo-kalen antibakteriellen Therapie bei verschiede-nen oberflächlich superinfizierten Dermatosenverwendet. Die meisten davon gehen auf Tri-phenylmethanfarbstoffe zurück (s. unten). Diebasischen Farbstoffmoleküle binden sich anZelleiweiße und entfalten eine breite bakterio-statische Wirkung, die allerdings 24–48 h späterreversibel ist. Vor allem grampositive Erregersprechen i. Allg. gut auf Farbstofflösungen an(meist 1 : 1000; wässerig oder alkoholisch). EineBakterizidie wird selten erreicht. UV-Licht kanndie Wirkung steigern.

Kontaktallergien kommen vor, sind aber ins-gesamt selten. Auf granulierendes Gewebe bzw.abheilende Ulzera wirken Farbstofflösungenwachstumshemmend. Eine Kanzerogenität liegtnicht vor.

Häufig verwendete Farbstofflösungen sind:� Methylviolett

(Pyoctanin® Merck)� Gentianaviolett B

Pentamethylparavosaniliniumchlorid� Kristallviolett

Hexamethylpararosaniliniumchlorid� Brillantgrün

Diaminotriphenylmethansulfat� Basisches Fuchsin

Rosanilin + Pararosanilin + Magenta II� Eosin

Tetrabromfluoreszein

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stämme imstande sind, Penicillinase zu bilden.Dieser Anteil ist bei Staphylodermien der Hautvermutlich höher. Als Alternativpräparat zum Oxa-cillin gelten in erster Linie die neueren Cephalo-sporine (z.B. Cefotaxim). Oxacillinresistente Stäm-me (Staph. aureus), die gleichzeitig auch gegenCephalosporine resistent sind, kommen im der-matologischen Krankengut in Deutschland, imGegensatz zu anderen Ländern mit nosokomialerProblematik (z.B. in Japan), noch relativ selten vor. Die Isolate, die wir aus den Dermatologie-patienten in der Berliner Hautklinik gewonnen ha-ben, waren zwar sämtlich auf Vancomycin emp-findlich, erwiesen sich aber auch gegen Gentamicinund die Chinolonen in zunehmendem Maße als re-sistent.

Unter multiresistenten Staph.-aureus-Stämmenwerden Populationen verstanden, die gegen peni-cillinasefeste Penicilline (z.B. Methicillin, Oxacillin)resistent sind wie auch gegen Cephalosporine undImipenem. Inzwischen sind derartige Stämme zu95% auch gegen Aminoglykoside und Gyrasehem-mer unempfindlich, sodass sie therapeutisch zu-nehmend ein Problem darstellen. Bei Nachweis ander Haut ohne Lebensgefahr für den betroffenenKranken wird man entscheiden müssen, ob es ver-tretbar ist, von einer aufwendigen antibiotischenTherapie abzusehen; andernfalls ist der Einsatz vonVancomycin allein oder in Verbindung mit Clinda-mycin angezeigt.

■ Klassische Streptokokkeninfekte der Haut, z.B.das Erysipel, werden weiterhin mit Penicillin G be-handelt, 3–4 Mega/Tag als i.m.-Injektion. Bemer-kenswert ist, dass während der letzten Jahre derAnteil tiefer liegender Streptokokkeninfekte mitPhlegmonen der Weichteile, die z.T. in eine nekro-tisierende Fasziitis übergehen (sog. Streptokokken-gangrän), im dermatologischen Krankengut offen-bar zugenommen hat. In Einzelfällen lag hier eineMischinfektion vor, z.B. mit Staphylokokken, E. colioder Pseudomonas aeruginosa. Gegen Pseudomo-nas gut wirksam sind v.a. Azlocillin (Securopen®),Amikacin (Biklin®), Piperacillin (Pipril®), einzelneCephalosporine und z.T. auch Ciprofloxacin (Ci-probay®).

■ Enterokokken, die in unserem Kollektiv gele-gentlich in Hautabstrichen, häufiger im urolo-gischen Material (Urethralabstriche) nachgewiesenwurden (zu ca. 4,5%), waren zu einem großen Teilauf TMP/SMX resistent und auch nur zu 75% aufAmpicillin empfindlich; Mezlocillin (Baypen®) undschließlich Vancomycin waren die Reservemedika-mente.

Die klinischen Bilder, die durch die genanntenErreger hervorgerufen werden, variieren stark, jenach Aggressivität des Erregertyps und der Ab-wehrkraft des Betroffenen. Ebenso ist ihre Ausbrei-tung, insbesondere auch eine hämatogene Dissemi-nation, und die Gefahr einer Sepsis unterschiedlich.

Durch die medikamentöse Behandlung kön-nen diverse Überempfindlichkeitsreaktionenauftreten, meist Arzneimittelexantheme an derHaut, v.a. auf die diversen Penicilline (Ta-bellen 1-3 und 1-4). Besondere Aufmerksamkeitgehört der Penicillinallergie vom Typ I (s. 1.2),die mit akuter Symptomatik einhergeht undlebensgefährlich sein kann. In bis zu 10% derFälle kommt es zum Exitus letalis durchSchock.

1.2Penicillinallergie und Testverfahren

Penicilline finden heute noch breite Anwendungbei der Behandlung dermatologischer Krankheits-bilder. Neben dem Erysipel und der Lues, die alsHauptindikation für Penicillin G gelten, machenandere, nicht zuletzt dermatologische Indikationenden Einsatz von Oxacillin, Ampicillin und Amoxi-cillin zur klinischen Routine.

4 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

MupirocinMupirocin (Eismycin®, Turixin®) ist ein neueresAntibiotikum, das als Alternative zum Genta-micin zur lokalen Behandlung von Staphylo-kokkeninfektionen geeignet ist. Es ist auch als2%ige Salbe auf polyethylenglykolhaltiger Basisin Bactroban enthalten. Es handelt sich um diePseudomoninsäure, die aus P. fluorescens herge-stellt wird und keine chemische Verwandschaftmit den üblichen systemisch angewandten Anti-biotika aufweist. Die Substanz ist wirksam ge-gen grampositive Keime, insbesondere gegenpyogene Erreger der Haut, Resistenzen sind z.Z.noch kaum bekannt geworden. Inwieweit einelokale antibiotische Therapie mit Mupirocin inAnbetracht der zahlreichen, gut antibakteriellwirksamen sonstigen Substanzen vertretbar ist,muss von Fall zu Fall entschieden werden.

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Tabelle 1-4. Einige Standardantibiotika und ihre Anwendung bei bakteriellen Infektionen der Haut

Häufig Erreger Klinisches Bild

Penicillin G und V Streptokokken Impetigo contagiosa, ErysipelErythromycin P. acnes, Staphylokokken Akne, banale Hautinfektionen

(Erythrocin® u.a.)Clindamycin Staphylokokken, Anaerobier Aknepyodermien, tiefe Follikulitis,

(Sobelin®) tiefe PhlegmonenOxacillin, Flucloxacillin Staphylokokken Tiefe Staphylodermien, Phlegmonen

(Stapenor®, Staphylex®)Amoxicillin Erweiterung des Penicillinspektrums Infizierte Wunden, tiefe Pyodermien

(Amoxypen®, Clamoxyl®) auf Enterokokken, E. coli, Proteus mirabilis u.a.Clarithromycin Verbesserung des Erythromycinspektrums; wie bei Erythromycin

(Klacid®) dazu: H. influenzae, M. avium

In Einzelfällen:Ampicillin + Sulbactam Erweiterung des Ampicillinspektrums Mischinfektionen

(Unacid®) auf penicillinasebildende StaphylokokkenAmoxicillin + Clavulansäure Breites Spektrum Mischinfektionen

(Augmentan®)

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In Anbetracht dieser Anwendungsfrequenz sindÜberempfindlichkeitsreaktionen während einerparenteralen Penicillinbehandlung nicht selten (ca.1–2%; bei oraler Medikation: 0,1%) und könnenz. T. zu akuten Notsituationen führen.

In Zweifelsfällen ist vor Beginn der Behandlungeine genaue Befragung des Patienten und ggf.eine Testung notwendig. Zu beachten ist auch,ob ein wasserlösliches Penicillin G oder ein De-potpenicillin mit verlängerter Halbwertszeit(Procain, Benzathin) eingespritzt wurde.

Penicillin selbst sowie Abbauprodukte der 6-Aminopenicillansäure können die verantwort-lichen Antigene sein; da nahezu alle Penicillinegemeinsame Metaboliten aufweisen, ist die Gefahrder Kreuzallergisierung groß.

Kreuzallergien mit Cephalosporinen sind zwarselten, müssen aber berücksichtigt werden; bei be-kannter Penicillinallergie wird von uns der Einsatzvon Cephalosporinen im Allgemeinen nicht emp-fohlen.

Penicillinallergie und Testverfahren 5

Tabelle 1-3. Penicilline und ihr dermatologisches Wirkungsprofil

Penicillin G= Standardpenicillin in wasserlöslicher und schwerlöslicher Depotform(Benzathinpenicillin); penicillinaseempfindlichProcainpenicillin = verlängerte Wirkdauer und Halbwertszeit. Bei Allergien beachten!Penicillin V= orales Penicillin, magensäurefest; penicillinaseempfindlichPenicillin G und V sind wirksam bei: Streptokokken, Gonokokken, Treponemen, Borrelien, Aktinomyzeten und FusobakterienIsoxazolpenicilline= penicillinasefestes Penicillin, z. B. Oxacillin, Cloxacillin, Dicloxacillin, FlucloxacillinWirksam und vorbehalten für: Hautinfektionen durch penicillinasebildende StaphylokokkenAminopenicilline= Penicilline mit verändertem bzw. erweitertem Wirkungsspektrum, einzusetzen gegen Mischinfektionen mit Enterokokken, E. coli, Proteus u. a.; penicillinaseempfindlich; z.B. Ampicillin, AmoxicillinAcetylaminopenicilline= Reservepenicilline, einzusetzen auch gegen Hautinfektionen mit Pseudomonas aeruginosa; z.B. Azlocillin,Mezlocillin, PiperacillinSonstige: Carboxypenicilline, Mecillinam

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Tabelle 1-5. Reserveantibiotika bei Hautinfektionen

Medikament Indikation

Azlocillin, Piperacillin Pseudomonasinfektionen(Securopen®, Pipril®) (insbes. bei geschwächter Immunabwehr)

Metronidazol Anaerobierinfektionen(Clont®, Arilin® u. a.) (subkutane Phlegmonen u.ä.)

Chinolone (Gyrasehemmer) Mischinfektionen und Problemfällez. B. Ofloxacin (Tarivid®) (Staphylokokken, Klebsiellen, E. coli, Proteus, Pseudomonas u.a.) Ciprofloxacin (Ciprobay®)

Vancomycin Problemfälle und Problemkeime(Vancomycin CP Lilly) (insbes. oxacillinresistente Staphylokokken)

Technisches Vorgehen zur Abklärung einer Pe-nicillinallergie. Zur Abklärung empfehlen wir,zunächst 2% Penicillin G in Vaseline epikutan zutesten und, falls der Test negativ ausfällt, einePrick- und Intrakutantestung (in dieser Reihen-folge) anzuschließen. Dabei werden auf dervolaren Seite des Unterarms Penicillin G, dasHauptallergen PPL (Benzylpenicilloylpolylysin;0,175 mg/5 mg Lösungsmittel, Allergopen®) und die Nebendeterminantenmischung MDM(0,6 mg Benzylpenicillin-Mononatriumsalz +0,5 Dinatriumbenzylpenicilloat/5 mg Lösungs-mittel, Allergopen®) geprickt bzw. i.c. einge-spritzt. Als Testdosis empfehlen wir:� Prick:

PPL 1 E=1 µgMDM 40 E=20 µgPenicillin G 200 IE

� Intrakutan:PPL 0,1 E = 0,1 µgPPL 1,0 E = 1 µgMDM 4 E = 2 µgMDM 40 E = 20 µgPenicillin G 2 IEPenicillin G 20 IE

Der Penicillin-i.c.-Test ist bei weitem emp-findlicher als der Scratch-/Pricktest, selbst wennmit 10/100¥ niedrigeren Konzentrationen geprüftwird. Die Tests werden im Vergleich zu 0,9% NaCl(negative Kontrolle) und Histamin (positive Kon-trolle) nach 15–20 min abgelesen; zwischen den einzelnen Steigerungsstufen ist eine Wartezeit von 20 min erforderlich. Weitergehende bzw. All-gemeinreaktionen sind i. Allg. nicht zu erwar-ten, aber nicht ausgeschlossen. Hierzu müssen die Testlösungen exakt angesetzt werden, und die Testung selbst sollte stets von geschultem Per-

6 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

sonal unter erhöhten Vorsichtsbedingungen bzw.ärztlicher Aufsicht erfolgen. Der getestete Krankesollte auch nach negativer Ablesung ca. 1 h unterBeobachtung bleiben. Prick- und Intrakutantestsauf Procain und Ampicillin werden oft gleichzei-tig durchgeführt. Gelegentlich sind positive Re-aktionen auf Ampicillin allein nachweisbar, doch in der Regel besteht Kreuzreaktivität. Ansonstensollte der Patient bei jedem parenteralen Einsatzvon Penicillin ca. 30–45 min lang nachbeobach-tet werden. Bei Infusionen von Penicillin G sollteman zu Beginn die Lösung sehr langsam einlaufenlassen und sofort unterbrechen, wenn eine ver-dächtige klinische Symptomatik auftritt.

Ein RAST-Test im Blut auf Penicillin fällt erwar-tungsgemäß 2–8 Wochen nach einer akuten Peni-cillinreaktion positiv aus, d.h. solange zirkulierendeAntikörper vorhanden sind. Nach Ablauf mehrererMonate oder Jahre ist ein falsch-negativer RAST-Test zu erwarten. Positive RAST-Tests erlaubenallerdings eine zuverlässige Aussage und macheneine weitere Testung am Patienten überflüssig.

Vorgehen bei akuter Typ-I-Reaktion auf Peni-cillin. Lokale Reaktionen an der Injektionsstellesind durch Kortisoncremes, Abschnüren der Ex-tremität, evtl. Umspritzung des Allergendepotsabzufangen. Vielfach steht jedoch ein Quincke-Ödem (Gesicht/Körper, Mundschleimhaut, La-rynx) mit Kreislaufsymptomatik im Vorder-grund: Der Patient muss dann flach auf die Seitegelegt werden, enge Kleidung ist zu entfernenund sofort sind 0,5–1,0 ml einer 1 : 1000-Adrena-lin-Lösung (Suprarenin® = 0,1 mg Adrenalin)s.c. oder i.m., falls notwendig und möglich auchi.v., aber dann langsam, einzuspritzen. DieseDosis ist in kurzer Zeit (10 min) bis zu 3 ¥ zuwiederholen, wenn die Kreislaufsymptomatik

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1sich nicht gebessert hat. In der Zwischenzeitmuss eine Hilfsperson eine Dauertropfinfusionzwecks Flüssigkeitszufuhr und Volumensub-stitution anlegen (250–500 ml), anschließendsind darin 250–500 mg Prednisolon (Solu-De-cortin H®) aufzulösen zusammen mit vasokon-striktorischen Mitteln (Puls- und RR-Kontrolle).Zufuhr von Antihistaminika i.v. wird im An-schluss an die akuten Maßnahmen zur Kreislauf-stützung mit hoch dosierter Gabe von Kortiko-steroiden erforderlich sein. Eine schematischeDarstellung des Vorgehens ist nicht sinnvoll,denn in der Praxis wird man sich nach den Not-wendigkeiten im Einzelfall richten müssen. Me-chanische Beatmungsmaßnahmen, Intubationoder Tracheotomie könnten ggf. notwendig sein.Eine mehrstündige Nachbeobachtung des Kran-ken wird in der Regel angeschlossen.

LiteraturWHO Expert Committee (1990) The use of essential drugs –

model list of essential drugs, 4th report., Genf

1.3Erythrasma

Erreger: Corynebacterium minutissimum

Beim Erythrasma handelt es sich um eine ober-flächliche Infektion durch das Diphtheroid C. mi-nutissimum, die fast ausschließlich im Bereich derHautfalten auftritt, sich langsam ausbreitet und nur selten Beschwerden verursacht (gelegentlicherJuckreiz). Sie ist im Wood-Licht gut durch roteFluoreszenz nachweisbar.

Behandlung■ In der Regel genügt zur lokalen Behandlung eineantibakteriell/antimykotisch wirksame Salbe oderCreme, z.B. erythromycin- oder clindamycinhaltigoder aber ein Lokalpräparat aus der Imidazolreihe,beispielsweise Clotrimazol (Canesten®) oder Bifo-nazol (Mykospor®). Bei stationären Kranken sindFarbstoffpinselungen, etwa mit Brillantgrün 1% o.ä. , wirksam und preiswert. In hartnäckigen,ausgedehnten Fällen ist es evtl. sinnvoll, Erythro-mycin 2–3 ¥ 500 mg/Tag p.o. über 5–7 Tage zuverordnen. Die Abheilung erfolgt prompt, aller-dings ist v. a. bei adipösen, prädisponierten Per-sonen mit Rezidiven zu rechnen, sodass einegründliche Hygiene bzw. lokale Prophylaxe, z.B.

1- bis 2-monatliche Applikation eines lokal wirk-samen Präparates, bei vielen Patienten zu empfeh-len ist.

1.4Trichomycosis (bacteriosis) palmellina

Erreger: Corynebacterium tenuis (tenue)

Bei der Trichomycosis palmellina handelt es sichum die recht häufige Besiedelung des Axillar-, sel-tener des Genitalhaares mit C. tenuis, das mitschleimig-gelblichen Kolonien die Haarschäfteumhüllt. Sie sind makroskopisch, besser im Wood-Licht, durch ihre orangefarbene Fluoreszenz sicht-bar. Die Haarkutikula wird dabei angegriffen,das Keratin und der Schweiß werden z.T. abgebautbzw. zersetzt, ein charakteristischer Schweißgeruchbegleitet die Erkrankung, die vielfach bei mangeln-der Hygiene, oft bei jüngeren Individuen, vor-kommt.

Behandlung■ Die befallenen Haare sollten am besten abge-schnitten oder abrasiert werden, eine Intensivie-rung der Körperpflege mittels desodorierender,antiseptischer Seifen ist zu empfehlen.

1.5Staphylokokkenimpetigo,Follikulitis, Furunkulosis

Erreger: Staph. aureus; Staph. epidermidis (koagu-lasenegative Spezies)

Infektionen der Haut durch Staphylokokken sinddie Domäne der lokalen oder systemischen Be-handlung mit Antibiotika.Dabei kann das klinischeBild als oberflächliche Impetigo oder als oberfläch-liche bzw. tiefe Follikulitis imponieren (Folliculitiscapitis, barbae). Seltener sind tiefer liegende Infek-tionen der Weichteile, vielfach im Rahmen einerMischinfektion (Phlegmone).

Behandlung■ In der Regel wird man bei oberflächlichen Sta-phylodermien versuchen, die Infektion lokal anzu-gehen, etwa mit Clioquinol-, Polyvidon-Jod- oder

Staphylokokkenimpetigo, Follikulitis, Furunkulosis 7

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gentamicinhaltigen Lösungen, Salben und Cremes.Allerdings sind Staphylokokken auf Hautisolatenimmer weniger empfindlich auf Gentamicin, wäh-rend Kontaktallergien auf Gentamicin erheblichzugenommen haben. Abstriche aus dem Infek-tionsherd sind hilfreich, um die Empfindlichkeitdes Erregers genauer zu bestimmen und ggf. gezieltvorzugehen. Lokalantibiotika, wie sie in der Akne-therapie üblich sind, sind oft besser wirksam: z.B.Clindamycin (Sobelin® Lösung) und Erythromycin1–2% als Lösung oder Creme.

■ Zur oralen Medikation wäre ggf. Clindamycin zu verabreichen, insbesondere wenn eine tiefeFollikulitis (capitis oder barbae) vorliegt undneben Staphylokokken auch Anaerobier vermu-tet werden: Sobelin® Kaps. oder Amp. à 300 mg,4 ¥ 1/Tag.

■ Bei Kleinkindern mit ausgedehnter staphyloge-ner Impetigo ist ggf. ein orales penicillinasefestesPenicillin als Saft indiziert.

■ Bei Paronychien wäre es zusätzlich wichtig,lokal prädisponierende Faktoren, z.B. lokal feuch-tes Milieu zu Hause oder im Beruf, zu vermei-den und eine Candidose oder Diabetes auszu-schließen.

■ Bei schweren Staphylokokkeninfektionen, dieeiner systemischen Behandlung bedürfen, geltenaufgrund ihrer guten Verträglichkeit und der ge-ringen Resistenz die penicillinasefesten Penicillineals Medikamente erster Wahl; es kann gezielt Oxa-cillin oder Flucloxacillin zur Anwendung kommen:3 ¥ 2 g/Tag Stapenor® bzw. Staphylex® p.o. oder als i.v.-Kurzinfusion. Bei Weichteilphlegmonen, diehartnäckig sind und das Vorliegen von resistentenStaphylokokken vermuten lassen, wird von unsgern folgende Kombination bei stationären Patien-ten über 5 Tage parenteral, über weitere 5 Tage in re-duzierter Dosis p.o. appliziert:� Amoxicillin (Clamoxyl®)

Tbl. à 1 g, 3 ¥ 2/TagInfusion à 2 g, 3 ¥ 1/Tag und

� Flucloxacillin (Staphylex®)Kaps. à 500 mg 3 ¥ 2/TagInj.-Amp. à 1 g, 3 ¥ 1/Tag

Eine ausreichende Flüssigkeitsmenge (1 g Amo-xicillin/200 ml), die täglich eingenommen werdenmuss, ist hierfür Voraussetzung. Oxacillin (Sta-penor®) oder Dicloxacillin (Dichlor-Stapenor®Kaps.) allein kommt in ausgewählten Fällen zumEinsatz.

Als Alternative kommen Cephalosporine, mög-licherweise vom Cephalexin-Typ, in Frage, wäh-rend Makrolide oft unwirksam sind.

■ Multiresistente (MST) Staphylokokkenstämme,die auch gegenüber Oxacillin bzw. Flucloxacillin invivo oder in der In-vitro-Resistenzprüfung unemp-findlich sind, lassen sich gelegentlich als besonde-rer Keim, v.a. bei Patienten mit chronischen Ulceracruris, nachweisen. In der Berliner Hautklinik imUKBF kommen solche Fälle ca. 5- bis 10-mal imJahr vor; die betroffenen Kranken werden striktisoliert, und in manchen Fällen wird eine intensiveVancomycintherapie (evtl. in Kombination mitRifampicin) bis zum Negativwerden der täglich zuentnehmenden Abstriche bzw. Kulturen eingeleitet.

Als Alternativpräparat zum Oxacillin gelten Ce-phalosporine (Cefazolin, Cefotaxim, Imipenem).

■ Bei Mischinfektionen unter Beteiligung vonStaphylokokken wäre �Unacid® oder Augmentan®in Betracht zu ziehen. Als neues Makrolidantibioti-kum ist �Clarithromycin zu nennen.

8 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

Tabelle 1-6. Häufige, bakteriell bedingte Krankheiten derHaut

Infektionen durch KorynebakterienErythrasmaTrichomycosis (bacteriosis) palmellina

Infektionen durch StaphylokokkenImpetigoFollikulitis (Sycosis barbae)FurunkuloseParonychien (meist C. albicans)Staphylokokkenbedingtes Syndrom der verbrühten

Haut (SSSS)Infektionen durch Streptokokken

Impetigo contagiosaEkthymErysipelChronisch-rezidivierende Lymphangitis(Elephantiasis nostras)Nekrotisierende Fasziitis

Sonstige, z.T. MischinfektionenHidradenitis suppurativaGramnegativer FußinfektChronisch-vegetierende PyodermienPyodermien bei HIV-infizierten, immun-

supprimierten Kranken

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1Insgesamt ist das therapeutische Vorgehen beiStaphylodermien folgendermaßen zusammen-zufassen:� prädisponierende Faktoren berücksichtigen

bzw. ausschließen (Diabetes, Immunsuppres-sion etc.),

� bei oberflächlichen Infektionen lokal be-handeln: z.B. Clioquinol-, Polyvidon-Jod-, ery-thromycin- oder gentamicinhaltige Externa,

� bei hartnäckigen Infektionen oder bei tieferLokalisation systemische Applikation vonErythromycin oral 3–4 ¥ 500 mg/Tag oderClindamycin oral bzw. i.v. 3–4 (max. 6) ¥300 mg/Tag und

� in hartnäckigen Fällen Flucloxacillin oderCephalosporine; zur Erweiterung des Spek-trums empfehlen wir alternativ Amoxicillin +Flucloxacillin p.o. oder i.v. in der oben ange-gebenen Dosierung. 1.6

Rezidivierende,chronische Furunkulose

Erreger: Staph. aureus, Mischinfektionen

Bei Einzelkranken können unter besonderen Be-dingungen hämatogene Staphylodermien als mul-tiple Furunkel an verschiedenen Körperstellen auf-treten und immer wieder rezidivieren. Diabetes,Immundefekte humoraler oder/und zellulärer Art (Neutrophilenfunktionsstörungen, Paraprotei-nämien, Agammaglobulinämien), aber auch chro-nischer Alkoholismus, Ernährungsstörungen undmedikamentöse Immunsuppression können alsBegleitfaktoren die Erkrankung begünstigen oderunterhalten. Eine sorgfältige Abklärung unter sta-tionären Bedingungen ist notwendig. Aus den Lä-sionen wird oft Staph. aureus gezüchtet, evtl. auchaus Blutkulturen; Mischinfektionen kommen vor,fast ausschließlich nach längerem Krankenhaus-aufenthalt oder längerer ambulanter und antibioti-scher Therapie in nicht ausreichender Dosierung.

Behandlung■ Bei der Therapieplanung wird man prädisponie-rende Faktoren ausschließen und sich nach demErregerspektrum und der Resistenzprüfung rich-ten. Liegen keine genaueren Befunde über das vor-liegende Keimspektrum vor, empfehlen wir Clinda-mycin in Parenteralinfusion 3 ¥ 600 mg/Tag (So-belin® Amp. à 600 mg). Eventuell kommt Cefazolin(Gramaxin®) bzw. Cefalexin (Oracef®) oder auchdie parenterale Gabe von Amoxicillin + Flucloxa-

Rezidivierende, chronische Furunkulose 9

Ampicillin-Na + Sulbactam-Na (Unacid® Inj.i. m., i. v., à 750 mg, 1,5 g, 3 g; Unacid® PD oral,Filmtbl. à 375 mg Sultamicillin)Bei diesem Präparat handelt es sich um dieKombination eines Aminopenicillins mit einemb-Laktamasehemmer, die gegen ein breitesSpektrum grampositiver und gramnegativer Er-reger einschließlich eines großen Teils penicil-linresistenter Staph.-aureus-Stämme wirksamist. Die Kombination kann somit gerade beihartnäckigen Hautinfektionen sinnvoll einge-setzt werden. Bei der oralen Darreichungsformsind die beiden Wirkstoffe über eine Methylen-gruppe verbunden (Dosis: 2 ¥ 2 Filmtbl./Tag).Auch Streptokokken, Enterokokken, Hämophi-lusarten, Klebsiellen, E. coli und Proteus werdenerfasst, sodass Mischinfektionen unterschied-licher Zusammensetzung als Indikation in Fragekommen. Von den häufigeren, wichtigen Kei-men bleibt lediglich Pseudomonas unempfind-lich. Die Nebenwirkungen halten sich im üb-lichen Rahmen.Auch bei Kleinkindern, die älterals 1 Jahr sind, ist das Präparat anwendbar, beiKrampfneigung ist evtl. eine Sedierung mit Dia-zepam erforderlich. Auf Penicillinallergien,Kreuzallergien zu Cephalosporinen etc. ist zuachten. Bei längerer Applikation müssen Blut-zuckerwerte und Leberenzyme kontrolliert wer-den, Kombinationen mit anderen Antibiotikaund Chemotherapeutika (z.B. Allopurinol) sindzu meiden

Clarithromycin (Klacid®)Clarithromycin ist ein neues Makrolid, im Ver-gleich zum Erythromycin durch höhere Gewebs-konzentration in seiner Wirksamkeit deutlichverbessert. Es kann für dermatologische Indika-tionen bei allen Pyodermien mit grampositivenKeimen, insbesondere Staphylokokken/Strepto-kokken, eingesetzt werden. Erythromycinresis-tente Staphylokokken sprechen allerdings auchauf Clarithromycin nicht an.

Die Dosis beträgt 2 ¥ 250 mg/Tag. GegenH. influenzae und Mycobacterium avium ist dieantibakterielle Wirkung deutlich verbessert,Treponemen (S. pallida) sprechen auf Clarithro-mycin sehr gut an.

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1 gen etc. Die Behandlung erfolgt durch Kombinationvon Aminoglykosiden mit Reserveantibiotika.

1.8Staphylokokkenbedingtes Syndromder verbrühten Haut

Synonym: Ritter-v.-Rittershain-Krankheit

Erreger: Plasmakoagulasepositiver Staph. aureus

Beim staphylokokkenbedingten Syndrom der ver-brühten Haut (SSS-Syndrom) handelt es sich umeine ausgedehnte, exfoliative Dermatitis, die sichmeist perakut und erythrodermisch bei Neugebo-renen manifestiert und mit schwerer Herz- bzw.Kreislaufsymptomatik einhergehen kann. Sie trittauch bei Kleinkindern und Adoleszenten auf. Er-wachsene sind nur ausnahmsweise im Rahmeneiner systemischen Immunsuppression, einer an-deren Grundkrankheit etc. betroffen. Die klinischeSymptomatik entspricht der eines akuten, medika-mentös induzierten Lyell-Syndroms und ist davondifferentialdiagnostisch nur schwer abzugrenzen.Beim SSS-Syndrom ist jedoch die Ablösung derEpidermis als oberflächliche Nekrolyse im oberenStratum Malpighii lokalisiert, im Gegensatz zur to-xischen epidermalen Nekrolyse durch Medikamen-te (meist Sulfonamide), bei der die Trennung an derdermoepidermalen Zone zu finden ist. Die Erkran-kung ist auf das toxisch wirkende Epidermolysinoder Exfoliatin zurückzuführen, ein Toxin, das voneinigen Staphylokokkenstämmen gebildet wird(Staph. aureus, Gr. 2, Phagentyp 071) und offenbargegen Desmoglein 1 gerichtet ist.

Die verantwortlichen Erreger sind in der Regelnicht an der betroffenen Haut, sondern im Blut(Blutkulturen!) oder in fern liegenden Foci nach-weisbar, häufig im oberen Nasopharyngealraum(auch Ohren, Konjunktivalsack u.a.).

Die Hautläsionen selbst sind vielfach steril oderlediglich superinfiziert.

Behandlung■ Die Behandlung ist möglichst frühzeitig mitpenicillinasefesten Penicillinen, in der Regel mitOxacillin oder Flucloxacillin (Staphylex®) einzulei-ten, z.B. i.v.-Infusionen tgl. in 8-h-Abständen mitgleichzeitiger Flüssigkeitszufuhr in ausreichenderMenge. Eventuell kann auch mit Dicloxacillin(Diclo-Stapenor®) behandelt werden. Eine allge-meininternistische Betreuung ist von Fall zu Fall

10 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

cillin in Kombination (Clamoxyl® + Staphylex®) inFrage. Lokal müssen die Läsionen, soweit sie hier-für geeignet sind, chirurgisch eröffnet und mitPolyvidon-Jodpräparaten örtlich versorgt werden(z.B. Braunovidon® Gaze).

Eine konsequente antibiotische Therapie ist v.a. bei Lokalisation der Herde im Gesichtsbereich(Nase, Oberlippe, Ohren) notwendig. Autoinoku-lation muss vermieden werden, der Kranke selbstund seine Umgebung müssen vor Reinfektion ge-schützt werden.

1.7Pseudomonasinfektionen der Haut

Der bloße Nachweis von Pseudomonas aeruginosa,z.B. in schlecht heilenden Unterschenkelgeschwü-ren, ist keine Indikation für eine lokale oder garsystemische gezielte antibiotische Therapie. Aus-trocknende Maßnahmen (z.B. Pinselungen mitMerbromin o.ä.) würden in vielen Fällen für eineeffiziente Behandlung genügen.

Behandlung■ Bei ausgedehnten Pseudomonasinfektionen istinsbesondere die Anwendung von Aminoglykosi-den (Neomycin, Paromomycin, Kanamycin,Amica-cin und Gentamicin) als Reserveantibiotika indi-ziert, deren mittelbreites Wirkungsspektrum be-sonders für gramnegative Bakterien geeignet ist.

Ein weiteres Aminoglykosid, das Streptomy-cin, bleibt wegen seiner Toxizität bestimmtenMedikationen vorbehalten, ein weiteres, dasSpektinomycin, kommt ausschließlich bei ve-nerischen Infektionen (s.S. 184) zur Anwendung.Aminoglykoside wirken meist bakterizid, in-dem sie die Proteinsynthese der Bakterien hem-men; ihre Ausscheidung über die Niere kannNephrotoxizität zur Folge haben.

Bei gemischten Infektionen der Haut wird vonuns oft Gentamicin in Verbindung mit einem halb-synthetischen Penicillin bevorzugt. Bei schwerenInfektionen, insbesondere auch bei älteren oder/und immungeschwächten Patienten empfehlen wirdie systemische Behandlung mit Azlocillin (Secu-ropen®, s. Tabelle 1-5) oder auch Piperacillin (evtl.als Terzobact®) in Verbindung mit Gentamicin.

■ Septikämien durch Pseudomonas (kutane Mani-festation: Ecthyma gangraeno sum) können auftreten,insbesondere nach längerem Krankenhausaufenthaltbei Immungeschwächten, ausgedehnten Verbrennun-

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1notwendig. Lokal muss der Patient je nach Ausdeh-nung der Läsionen in ein mit Metalline® Folie aus-gelegtes Bett gelegt werden, als antipyretische Be-gleitmaßnahme sind nasse Wadenwickel und Para-cetamol (Benuron® Supp.) bei Bedarf zu verab-reichen. Nach 8–10 Tagen sollte die Medikation biszur völligen Abheilung und bis zum Negativwerdenaller Abstriche bzw. Kulturen oral fortgesetzt wer-den.Als Alternativmedikamente kommen Cephalo-sporine in Frage, bei vorliegender Penicillinallergieauch die neueren Makrolidantibiotika, z.B. Clarith-romycin (Klacid®).

Bei Neugeborenen und Kleinkindern ist beson-dere Vorsicht geboten. Der frühzeitige Einsatzder gezielten Antibiose ist hier lebensrettend.Hierzu s. auch S. 1247f.

1.9Toxisches Schocksyndrom

Definition und ÄtiologieDas toxische Schocksyndrom (TSS) ist eine durchein bakterielles Toxin (TSST-1) hervorgerufene,lebensbedrohlich verlaufende Multiorganerkran-kung, die mit einem akuten schweren Hautexan-them einhergeht. Beim TSST-1 handelt es sich umein Exotoxin mit einem Molekulargewicht von22000, das durch Staphylococcus-aureus-Stämmeder Phagengruppe 1 produziert wird. Viele Symp-tome werden durch das TSST-1 direkt oder mittelsIL-1 bzw. TNF-a verursacht. In der Mehrzahl derFälle steht das TSS mit der Anwendung von Vagi-naltampons bei jungen Frauen in Verbindung. Dassog. menstruelle TSS stellt ca. 90% aller Fälle dar(Inzidenz etwa 3/100000 menstruierender Frauen),die restlichen 10% der TSS-Fälle treten meist post-operativ auf, häufig nach operativen Eingriffen imHNO-Bereich. Das menstruelle TSS betrifft fastausschließlich junge Frauen mit fehlenden odersehr geringen TSST-1-Antikörpertitern und hateine Letalität von ca. 8%, während bei der nicht-menstruellen Variante die Letalität mit ca. 15% nochhöher ist. Rezidive kommen häufiger vor, wenn be-troffene Frauen weiterhin Tampons verwenden.

Diagnose und DifferentialdiagnoseDas klinische Vollbild eines TSS ist gekennzeichnetdurch Fieber (≥ 39,0 °C), Hypotension (RR syst.≤ 90 mmHg) oder orthostatische Schwäche, Ar-thralgien, Myalgien sowie ein generalisiertes, skar-latiniformes Exanthem mit akral betonter, grob la-mellärer Desquamation 1–2 Wochen nach Krank-

heitsbeginn (fehlt in der akuten Phase!). Dabei sindmindestens 3 der folgenden Organsysteme noch zu-sätzlich betroffen: Gastrointestinaltrakt (Erbrechenund Durchfall), Schleimhäute (Hyperämie von Kon-junktiven, Pharynx und Vagina), Niere (Oligurie,Azotämie, Hypokalzämie mit Hyperkalzitoninämie,Hypophosphatämie, Hypomagnesiämie, metaboli-sche Azidose), Leber (Bilirubinämie und Erhöhungder Leberenzyme), Herz (Kardiomyopathie: periphe-re Ödeme, auch an Handflächen und Fußsohlen),Lunge (Lungenödem mit respiratorischer Insuffi-zienz), Skelettmuskulatur (Myalgie, CPK-Erhöhung,Rhabdomyolyse), ZNS (Enzephalopathie: Lethargieüber Verwirrtheit bis zur Bewusstlosigkeit ohne fo-kale neurologische Symptome) oder Knochenmark(frühe Thrombozytopenie < 100000/mm3, selten mitPetechien und Blutungen).

Milde Verläufe, die nur einen Teil der diagnosti-schen Kriterien erfüllen, kommen vor. Differential-diagnostisch kommen Scharlach, Masern, Röteln,EEM, Meningokokkensepsis, Reye-Syndrom, Hepa-titis, infektiöse Mononukleose, Leptospirose, strep-tokokkenbedingtes toxisches schockähnliches Syn-drom und ein Rocky-Mountain-Fleckfieber in Fra-ge. Besonders schwierig gestaltet sich gelegentlichdie Abgrenzung gegenüber einem Kawasaki-Syn-drom (mukokutanes Lymphknotensyndrom).

Behandlung und Prophylaxe■ Im Vordergrund steht beim TSS zunächst dieintensive Schockbehandlung mit Volumen- undElektrolytsubstitution.Bei Frauen sind etwaige Vagi-naltampons sofort zu entfernen. Infektionsherdemüssen,soweit möglich,erkannt und saniert werden(Abszess, Furunkel, Empyem, septischer Abort etc.).Zur Eradikation der toxinproduzierenden Staphylo-kokken ist in den meisten Fällen eine intravenöseAntibiose erforderlich. Als Mittel der Wahl empfeh-len wir am ehesten Clindamycin (Sobelin®), weildiese Substanz bereits in geringen Dosen die Toxin-bildung hemmt und mehr als 95% aller Staph.-aureus-Stämme dagegen empfindlich sind. Die Ap-plikation erfolgt intravenös mit einer maximalenEinzeldosis von 600 mg (maximale Tagesdosis2700 mg) als Infusion. Kinder erhalten maximal40 mg/kg KG/Tag, auf 3–4 Einzeldosen verteilt, mitentsprechend reduzierter Infusionsgeschwindigkeit.

Während Schwangerschaft und Stillzeit so-wie bei Neugeborenen ist Clindamycin als i.v.-Medikation kontraindiziert. Bei anhaltendenDurchfällen sollte das Medikament wegen mög-licher Nebenwirkungen (hämorrhagische Ente-rokolitis u.ä.) abgesetzt werden.

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1 Alternativ kann Flucloxacillin (bis 12 g/Tag) undbei isoxazolylpenicillinresistenten Stämmen Van-comycin (2 g/Tag) eingesetzt werden.

Eine spezifische Antitoxintherapie ist nicht ver-fügbar. Da aber Immunglobulinpräparate TSST-1-Antikörper enthalten, kann bei schwerkranken Pa-tienten, die nicht auf die Antibiose ansprechen bzw.bei denen keine Fokussanierung erfolgen kann(z.B. Pneumonie), eine Immunglobulininfusions-therapie (400 mg/kg KG i.v. über 2 h) versuchtwerden. Prospektive, kontrollierte Studien über dieWirksamkeit von Immunglobulinpräparaten beimTSS liegen nicht vor. Bei therapierefraktärer Hypo-tension bzw. bei NNR-Insuffizienz sollten zusätz-lich Kortikosteroide in mittelhoher Dosierung ap-pliziert werden. Eine Impfung ist nicht bekannt.Zur Prophylaxe empfiehlt sich der Verzicht aufTampons oder zumindest das häufige Wechselntagsüber und die Anwendung von Binden überNacht. Bei der Prävention des nichtmenstruellenTSS sind krankenhaushygienische Maßnahmenvon entscheidender Bedeutung.

LiteraturBach MC (1983) Dermatologic signs in toxic shock syndrome

– clues to diagnosis. J Am Acad Dermatol 8: 343–347Ginsburg CM (1991) Staphylococcal toxin syndromes. Ped

Infect Dis J 10: 319–321Resnick SD (1992) Staphylococcal toxin-mediated syn-

dromes in childhood. Sem Dermatol 11: 11–18

1.10Streptokokkenbedingte Impetigocontagiosa und Ekthyma

Erreger: Strept. pyogenes, b-hämolysierende Strep-tokokken u. a.; oft Mischinfektionen mit Staphylo-kokken

Eine streptokokkenbedingte Impetigo kann an allenKörperstellen auftreten, je nach Eintrittspforte undQuelle der Infektion. Bei längerem Bestehen wird sieoft mit Staphylokokken kontaminiert, sodass einegemischte streptokokken- und staphylokokkenbe-dingte Pyodermie vorliegen kann. Die Gefahr beiStreptokokken liegt in ihrer Penetrationsfähig-keit mit Übergang in die Lymph- und Blutbahn.Lymphadenopathien sind häufig, und bei Vorlie-gen b-hämolysierender Stämme ist an eine Strepto-kokkennephritis (2–5%), evtl. auch an rheuma-tisches Fieber zu denken. Eine akute Glomerulo-nephritis bei jüngeren Individuen ist eher mit einer

streptogenen Impetigo der Haut als mit streptogenenFoci des oberen Respirationstraktes kombiniert.

Im eigenen Krankengut fanden sich b-hämoly-sierende Streptokokken immerhin in 5–10% allerWundabstriche. Häufiger waren bei der mikro-biologischen Analyse Streptokokken im infiziertenInstrumentarium, Verbandmaterial etc. nachzu-weisen (Strept. pyogenes). Stationäre Patienten mitchronischen Ulzera, Cutis vagantium, Pedikulosisund Skabies sind oft die Quelle.

Behandlung■ Therapeutisch wird bei allen streptokokkenbe-dingten Hautinfekten neben einer lokalen anti-septischen Behandlung die orale oder parenteraleApplikation von Penicillin G, ca. 1 Mio. IE/Tag, ein-gesetzt. Liegt gleichzeitig eine Mischinfektion mitStaphylokokken vor, wird die Verabreichung einesCephalosporins bzw. von Flucloxacillin empfohlen.In jedem Falle sollte man mit dem Einsatz der sys-temischen Antibiose nicht zögern, um eine häma-togene Streuung der Streptokokken zu vermeidenoder möglichst schnell zu unterbinden, evtl. unterVerabreichung hoher Penicillindosen. Insbesonde-re Wundinfektionen bei jungen Patienten, Immun-geschwächten etc. können ohne adäquate Therapieeine hämatogene Streuung mit foudroyantem Ver-lauf zeigen.

1.11Erysipel

Erreger: b-hämolysierende Streptokokken derGruppe A (Strept. pyogenes); gelegentlich Misch-infektionen mit Streptokokken der Gruppe B, C undG; seltener Mischinfektionen mit Staphylokokken,Klebsiellen, Haemophilus influenzae (Kinder) u.a.

Das Erysipel ist eine nichteitrige Entzündung derHaut mit Beteiligung der Lymphbahnen, die auchals oberflächliche Hautphlegmone aufgefasst wer-den kann. Im Gegensatz dazu reicht eine Zellulitis,auch als „subkutane Phlegmone“ anzusehen, tieferin das Unterhautgewebe hinein. Dem Erysipel undder Zellulitis gehen häufig minimale Traumen derHaut voraus. Bei beiden zeigt sich eine schmerzhaf-te Rötung und Schwellung mit unscharfer Begren-zung zur Umgebung. Etwa 5–10% der gesundenBevölkerung tragen b-hämolysierende Streptokok-ken in ihrer Rachenschleimhaut und sind somiteine potentielle Infektionsquelle für ein Erysipel;bei Patienten mit manifester Erkrankung erhöht

12 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

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1sich dieser Prozentsatz auf bis zu 30%. Demge-genüber gelten koagulasepositive Staph.-aureus-Stämme als Hauptverursacher des Erysipels beiKindern. Andere seltene Erreger eines Erysipelsbzw. einer erysipelähnlichen Hautphlegmone sindHaemophilus influenzae, Klebsiella pneumoniae,Pseudomonas aeruginosa und Yersinia enterocoli-tica. Haemophilus influenzae Typ B ist der am häu-figsten nachgewiesene Erreger von Erysipelaseer-krankungen bei Kleinkindern und Neugeborenen;in dieser Altersgruppe lässt er sich in 60% der Fällemit Gesichtserysipel isolieren. Die durch Haemo-philus, Klebsiellen oder Yersinien verursachten ery-sipelähnlichen Krankheitsbilder verlaufen häufighochakut und haben v.a. bei Kranken mit schwerenkonsumierenden Erkrankungen, z.B. bei Tumor-kranken oder bei immunsupprimmierten Patien-ten, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung.

Klinisch beginnt das Erysipel als Erythem,das sich peripher schnell ausbreitet; im weiterenVerlauf manifestiert sich das Bild einer akutenDermatitis mit Spannungsgefühl, Druckschmerzund Überwärmung ohne scharfe Abgrenzung.Typisch sind zungenförmige Ausläufer mit Lym-phangitis; schon früh tritt eine Lymphadenitis imregionären Lymphabflussgebiet auf. Die Verän-derungen variieren von diskreter Rötung über in-tensive Inflammation, Blasenbildung, phlegmo-nöse Entzündung bis zur gangränösen Verlaufs-form (E. bullosum, E. gangraenosum etc.). Seltenkönnen gleichzeitig mehrere Erysipele bei einemPatienten auftreten. Allgemeinsymptome sind ho-hes Fieber über 39 °C, Schüttelfrost, Lymphangitisund -adenitis.

Gefährlich wegen seines schweren Verlaufs ist dasüber dem Nasensattel beginnende und sichschmetterlingsförmig ausbreitende Gesichtsery-

sipel mit z.T. schwerem, beidseitigem Lidödem. Hierbesteht die Gefahr einer Augenbeteiligung und desÜbergangs der Infektion in den Sinus carvernosus.

Nach abgelaufener Infektion besteht keine Infek-tionsimmunität. Es können erneut Erysipele ananderen Stellen wie auch Rezidiverysipele in locoauftreten. Prädisponierende Faktoren (Diabetes,Durchblutungsstörungen, Paresen, Immunschwä-che) können hierfür verantwortlich sein und denVerlauf der Infektion beeinflussen. Das Erysipelasobliterans führt zum Verschluss der abführendenLymphbahnen mit persistierender Lymphstauungbis hin zur Elephantiasis nostras. Poststreptokok-kenerkrankungen wie Myokarditis, Endokarditisoder akute Glomerulonephritis wurden bei einemErysipel beschrieben.

Behandlung

Allgemeine Maßnahmen■ Patienten mit Erysipel sollten in der Regel statio-när behandelt werden, zumal Bettruhe indiziert istund die häufig betroffenen Extremitäten hochge-lagert werden müssen. Beim Gesichtserysipel sindMundbewegungen möglichst einzuschränken, zu-sätzlich sollte initial flüssige bzw. passierte Kostverabreicht werden. Bei bettlägerigen Erysipel-kranken sollte unabhängig von der Lokalisationeine zusätzliche „Low-Dose-Gabe“ von 2 ¥ 7500 IEHeparin s.c./Tag verordnet werden. Die Gerin-nungshemmung mit Heparin dient einerseits derThromboseprophylaxe und führt andererseits übereine Verbesserung der Mikrozirkulation im betrof-fenen Gebiet zu einer adäquaten Antibiotikakon-zentration am Infektionsort und damit zu einerschnelleren Abheilung.

Lokale Maßnahmen■ Initial sind feuchte Umschläge evtl. unter Zusatzvon Chloramin-, Chinolinsulfat-, Ichthyol®-Lösun-gen, Rivanol® o.ä. indiziert. Anschließend werdenin Abhängigkeit von der Morphe und der Lokalisa-tion des Erysipels Antiseptika, z.B. 3–5% Clio-quinol in Cremegrundlage oder in Lotio appliziert.Weiterhin muss eine Mitbehandlung der Eintritts-pforte erfolgen, d.h. Sanierung von Interdigitalmy-kosen, Therapie von Rhagaden und Ulcera crurumsowie Beseitigung begünstigender Faktoren, z.B.Kompressionsbehandlung bei Lymphstauung.

Systemische Antibiose■ Ein unbehandeltes Erysipel hat auch heutenoch eine relativ hohe Letalität. Daher ist einerasch einsetzende systemische Antibiose notwen-dig, wobei die Wahl des Antibiotikums von der Lo-kalisation und – falls der Nachweis gelingt – vonder Erregerkonstellation abhängig ist. Generell gilt,dass sich der klinische Befund 24–48 h nach Thera-piebeginn deutlich gebessert haben muss; sonst isteine Umstellung auf ein anderes Antibiotikum er-forderlich.

■ Beim unkomplizierten, klassischen Erysipel istals Therapie erster Wahl die Verabreichung von Pe-nicillin G 1–4 Mio. IE/Tag über ca. 10 Tage erforder-lich (Tabelle 1-7). Wir verordnen gern das Medi-kament während der ersten 3–4 Tage i.m. oder i.v.,um anschließend die Medikation mit Penicillin Voral bis zu insgesamt 10 Tagen fortzusetzen. Beiausgedehntem Befall sowie bei älteren, immunge-

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schwächten oder anderweitig gefährdeten Krankenwird die Dosis auf 4 Mio. IE/Tag erhöht und die Be-handlung mit dieser Dosis über 10 Tage parenteralals i.m.- oder i.v.-Injektion zu Ende gebracht, jenach klinischem Befund. Die Dosiserhöhung wirdauch vorgenommen, wenn beim Erysipel an denunteren Extremitäten durch ein postthromboti-sches Syndrom oder durch beginnende Einschrän-kung der Mikrozirkulation eine verminderte Bio-verfügbarkeit am Ort angenommen wird.

■ Beim fortgeschrittenen Gesichtserysipel oder beisonstigen schweren Komplikationen, z.B. nekro-tisierenden Läsionen bei Diabetes etc., werden von uns 3 ¥ 10 Mio. IE Penicillin G i.v. als Kurzin-fusion täglich über ca. 7–10 Tage verabreicht.Die hoch dosierte Penicillintherapie des Erysipelsbevorzugen wir gerade in letzter Zeit häufiger,da wir nach niedrigen Dosen vermehrt verzögerteAbläufe sehen. Liegen ausschließlich Strepto-kokken vor, sind die Gewebekonzentrationen aus-reichend, doch bei atypischem klinischem Bild mitunklarem Erregerspektrum ist entweder eine hoheparenterale Dosierung von Penicillin G oder aberder Einsatz penicillinaseresistenter Penicilline er-forderlich.

In solchen Fällen sollte eher eine Kombinations-behandlung aus Flucloxacillin (Dosis: 3 ¥ 1 g/Tagi.v.) und Ampicillin (Dosis: 3 ¥ 1 g/Tag i.v.) ange-strebt werden. Dies ist v. a. dann erforderlich, wennErysipele bei vorbestehendem Ulcus cruris auf-treten und chronische Infektionen als Mischinfek-tionsquellen vorliegen. Alternativ kann auch einKombinationspräparat, bestehend aus Ampicillinund Sulbactam (Unacid®; Dosis: initial 3 ¥ 1,5 g/Tag

i.v. für 5 Tage, anschließend 2 ¥ 0,375 g/Tag p.o. für5 Tage), eingesetzt werden.

■ Bei Penicillinunverträglichkeit bzw. -allergie isteine Umstellung der medikamentösen Behandlungauf Erythromycin (4 ¥ 500 mg p.o. oder 2 ¥ 1 gi.v./Tag) möglich. Alternativ ist bei Mischinfek-tionen auch Clindamycin (Dosis 3 ¥ 0,6 g/Tag i.v.)wirksam. Der Vorteil von Clindamycin ist nebenseinem breiten Wirkungsspektrum auch seine guteBioverfügbarkeit im Gewebe. Bei schweren Ver-läufen mit Neigung zur nekrotisierenden Fasziitisempfehlen wir bei Verdacht auf Penicillinüberemp-findlichkeit die Kombination von Clindamycin(Dosis: 3 ¥ 0,6 g/Tag i.v.) mit Cephalosporinen, z.B.Cefuroxim (Zinacef®; Dosis: 3 ¥ 1,5 g/Tag i.v.). AnKreuzallergien zum Penicillin ist allerdings bei der Verordnung von Cephalosporinen immer zudenken.

■ Bei Therapieresistenz infolge multiresistenterStaphylokokkenstämme können Vancomycin (Do-sis: 2 ¥ 0,5 g/Tag i.v.) und Rifampicin (Dosis:3 ¥ 0,3 g/Tag p.o.) bzw. Teicoplanin (Targocid®;Dosis: initial 2 ¥ 0,4 g/Tag i.v., anschließend1 ¥ 0,4 g/Tag i.v.) eingesetzt werden. Die zuletzt ge-nannten beiden Kombinationen sollten allerdingsnur als Reserveantibiotika bei schwersten Ver-läufen in gesonderten Isolierstationen stationär zurAnwendung kommen. Wegen der Gefahr einerAbszedierung oder eines Rezidivs darf die Thera-pie nicht zu früh abgebrochen, sondern sollte übermindestens 3 Wochen fortgesetzt werden.

Sonderformen und Rezidive■ Aufgrund seines schweren Verlaufs und derhäufigen Manifestation im Kleinkindesalter nimmtdas durch Haemophilus influenzae ausgelöstephlegmonöse Erysipel eine Sonderstellung ein.Neben einer evtl. notwendigen invasiven chirurgi-schen Behandlung kann hier eine intensive kombi-nierte Antibiotikatherapie mit Cephalosporinen(Cefuroxim, Cefotiam) und einem Gyrasehemmer(Ofloxacin, Tarivid®; Ciprofloxacin, Ciprobay®) in-diziert sein. Cefuroxim und Cefotiam werden auchimmer dann verwendet, wenn Gyrasehemmerkontraindiziert sind, z.B. bei Kindern, Allergienoder zerebralem Anfallsleiden. Bei bekannter Peni-cillinallergie kann alternativ Sulfamethoxazol/Tri-methoprim eingesetzt werden.

■ Erysipele, die erfahrungsgemäß aufgrund ihrerLokalisation einen schwerwiegenden Verlauf zei-

14 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

Tabelle 1-7. Behandlung des klassischen Erysipels

Klassisches ErysipelPenicillin G 1–4 Mio. IE/Tag über 3–4 Tage,anschließend Penicillin V oral bis zu ca. 10–14 Tagen(evtl. Benzylpenicillin/Phenoxymethylpenicillin)

Gesichtserysipel; bei Immunschwäche, Diabetes etc.Penicillin-G-Kurzinfusion 3 ¥ 10 Mio. IE/Tag i.v.über 10–14 Tage

Alternativen:Unacid®, CephalosporineBei Penicillinüberempfindlichkeit bzw. -allergie

Erythromycin 4 ¥ 500 mg/Tag über 14 Tage p.o.bzw. 2 ¥ 1 g Erythrocin® i.v. oder Clindamycin(Sobelin® 3 ¥ 600 mg/Tag p.o. oder i.v.) über 14 TageAlternativen:Neue Makrolidantibiotika (Clarithromycin,Roxithromycin)

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1gen können, wie z.B. das periorbitale Erysipel oder das Larynxerysipel, sollten bereits initial mit einer Antibiotikakombination behandelt werden,die gleichzeitig gegen Streptokokken, Haemophilusinfluenzae und Staphylokokken wirksam ist. Auchhier müssen Kombinationen von Cefuroxim mitpenicillinasefesten Penicillinen und/oder einemGyrasehemmer erwogen werden.

■ Bei Patienten mit rezidivierenden Erysipelen(2 oder mehr Rezidive innerhalb eines Jahres) ist eine Langzeitprophylaxe mit Benzathinpenicillin(Tardocillin® 1200 i.m.) über mehrere Monate in-diziert. Ohne diese treten in 50% der Fälle immerwieder Rezidive auf. In zweiter Linie kommen hier-für auch Phenoxymethylpenicillin, Erythromycinsowie Sulfamethoxazol/Trimethoprim (bei Penicil-linunverträglichkeit oder/und Wirkungslosigkeitvon Erythromycin) in Frage (Tabelle 1-8). In Einzel-fällen wurde eine erfolgreiche Langzeitprophylaxedurch eine Immunisierung mit polyvalenten Strep-tokokkenvakzinen (Immunität gegen M-Protein)erreicht, wobei das Präparat alle 4 Wochen über1 Jahr lang verabreicht wurde.

Die angegebenen Medikamente und Dosierun-gen gelten für Erwachsene mit normaler Nieren-und Leberfunktion. Bei Kindern und Jugendlichenist eine gewichts- bzw. körperoberflächenorien-tierte Dosisanpassung erforderlich. Die Therapie-ergebnisse sind nicht nur von der Wahl der syste-mischen antibiotischen Langzeitbehandlung, son-dern auch von einer konsequenten Kontrolle bzw.Nachbehandlung der Terrainfaktoren und Begleit-erkrankungen abhängig.

1.12Nekrotisierende Fasziitis

Synonym: Streptokokkengangrän

Bei der nekrotisierenden Fasziitis handelt es sichum eine tief lokalisierte Phlegmone, die sich ent-lang der Faszie abspielt und auch die darunter lie-genden Strukturen miterfassen kann. Ursache istmeist die Inokulation einer Vielzahl virulenter Er-reger einschließlich Staph. aureus, b-hämolysieren-der Streptokokken, Strept. pyogenes, E. coli, Entero-kokken und Klebsiellen. Zusätzlich kann Pseudo-monas vorkommen. Dennoch kann der Erreger-nachweis gelegentlich negativ ausfallen. Die Er-krankung zeigt schnell eine zentrale Nekrose, diesich allmählich demarkiert. Oft sind ältere Men-schen oder Kranke betroffen, die in ihrer Abwehr-kraft geschwächt sind. Die phlegmonös-nekroti-sierenden Herde sind oft an den Beinen zu finden,wobei anfangs ein Erysipel angenommen wird.Übergänge zum bullös-nekrotisierenden Erysipelkommen immer wieder vor, sodass die beidenKrankheitsbilder schwer voneinander abzugrenzensind.

Behandlung■ Die nekrotisierende Fasziitis muss als schwereMischinfektion der Weichteile möglichst frühzeitigmit Breitbandantibiotika behandelt werden. Wirempfehlen stets stationäre Aufnahme, Abnahmevon Material zur bakteriologischen Untersuchungaus der Tiefe und den Einsatz einer kombiniertenantibiotischen Behandlung, wie sie in Tabelle 1-9angegeben wird.

Die Patienten müssen bis zur Abheilung der aku-ten Symptomatik (Fieber,Ödem etc.) und bis zur De-markierung der Nekrose im Bett bleiben. Anschlie-ßend muss unter der antibiotischen Abdeckung dieNekrose mechanisch abgetragen und die daraus ent-standene Ulzeration lokal behandelt und gesäubertwerden. Das operative Débridement ist für einesuffiziente Lokalbehandlung außerordentlich wich-tig. Unterstützende Maßnahmen, insbesondere diescharfe Einstellung eines begleitenden Diabetes,Gewichtsabnahme bei Übergewicht etc., sind einewichtige Voraussetzung. Die operative Deckung desDefektes muss längerfristig angestrebt werden, da-mit Komplikationen möglichst vermieden werden.

Insbesondere Superinfektionen, Thrombo-sen bei längerer Bettlägerigkeit und Arzneimit-telnebenwirkungen kommen vor.

Nekrotisierende Fasziitis 15

Tabelle 1-8. Therapeutische Alternativen bei rezidivieren-dem Erysipel (nach erfolgter Standardtherapie)

� Benzylpenicillin-Benzathin 1,2 Mio. IE (Tardocillin®)i.m. alle 4 Wochen über 3–6 Monate

� Erythromycin 1 ¥ 1 g p.o./Tag über 5 Tage alle 4 Wochen über 6 Monate

� Phenoxymethylpenicillin 0,25–0,5 Mio. IE p.o./Tagüber 6 Monate Evtl. zusätzlich:

� Sulfamethoxazol/Trimethoprim, z.B. Bactrim® forteDrg. 2 ¥ 1/Tag als Langzeitprophylaxe

Cav

e

Neuerdings wurde eine zyklische intravenöseAntibiose (Penicillin G, 10 Mio. IE/Tag, evtl. Ery-thromycin 2 ¥ 1 g/Tag) alle 3 Monate, in Verbindungmit Lymphdrainage über 10 Tage empfohlen.

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Nach Abheilung der Lokalinfektion ist mit begin-nender Granulation eine operative Abdeckung derDefekte mittels Hauttransplantation anzustreben.

1.13Gramnegativer Fußinfekt

Synonym: Gramnegative „toeweb infection“

Beim gramnegativen Fußinfekt handelt es sich umdie Kolonisation einer bereits bestehenden Inter-digitalmykose mit gramnegativen Erregern, z.B.Pseudomonas, Klebsiella, Enterobacter, Proteusu.ä. Meistens ist der Befall beidseitig zu finden,in typischen Fällen sind die Vorfüße gerötet, ge-schwollen, und aus den Interdigitalräumen quilltPus heraus. In der Anamnese sind der akuten Er-krankung vielfach Lokalbehandlungen und diverseantibakteriell-antimykotische Maßnahmen oderauch eine systemische Antibiose vorausgegangen.Oft leiden die Patienten an Hyperhidrosis, die zurMazeration der Interdigitalräume führt und dasWachstum von Pseudomonas begünstigt.

Behandlung■ Therapeutisch muss der akute Prozess durch aus-trocknende Lokalmaßnahmen angegangen werden.Wir bevorzugen, die Patienten kurzfristig stationäraufzunehmen und die Vorfüße mit 0,5–1% Bril-lantgrünlösung zu pinseln, wobei Leinenläppchenzwischen die Zehen eingelegt werden. Auch Vio-form® Lotio oder desinfizierende Umschläge bzw.Salbenverbände (z.B. Polyvidon-Jod) kommen inBetracht. Die Lokalanwendung von Gentamicin ist

zwecklos. Innerlich wird man die Antibiose auf dasErregerspektrum abstimmen und eine Breitband-antibiose bevorzugen. Da in vielen Fällen Pseudo-monas vorliegt, wurden noch vor wenigen JahrenGyrasehemmer regelmäßig eingesetzt (Ofloxacin:Tarivid®, Ciprofloxacin: Ciprobay®), doch bereits1992 waren gerade die Pseudomonasstämme ausHautisolaten in unserer Berliner Klinik nur noch zu59% auf Ofloxacin und zu 68% auf Ciprofloxacinempfindlich und hatten somit die geringste An-sprechbarkeit verglichen mit den Isolaten aller ande-ren Abteilungen im Universitätsklinikum. Auch dieStaph.-aureus-Stämme aus der Haut waren gegen-über Gyrasehemmern am wenigsten empfindlich.

Mittel der Wahl bei Pseudomonasinfektionender Haut wären nach den Ergebnissen unserer Er-regerstatistik 1992 (Institut für Mikrobiologie derFreien Universität Berlin) Piperacillin (Pipril®),Ceftazidim (Fortum®) oder auch bei HautisolatenAmikacin (Biklin®). Hochwirksam war Tobramy-cin, insbesondere aber weiterhin Imipenem, das fürschwere Infektionen als Reservepräparat vorbe-halten bleibt. Beim gramnegativen Fußinfekt wirdman nur dann auf eine parenterale, gezielte Anti-biose zurückgreifen, wenn die Infektion mit aus-trocknenden, lokaldesinfizierenden Maßnahmenallein nicht zu beherrschen ist.

1.14Chronisch-vegetierendePyodermien

Synonym: Pyodermatite végétante (Hallopeau)

Chronisch-vegetierende Pyodermien sind meistenskomplizierte Krankheitsbilder, die zum einen Teileine pyodermische, zum anderen Teil aber eine vas-kulitische Komponente zeigen und vielfach Aus-druck immunologischer Prozesse an der Haut sind,die zu chronisch-granulierenden, superinfiziertenund meist ulzerierten Papeln und Plaques führen.Die Hautfalten werden bevorzugt befallen, dochauch am Stamm und an den Extremitäten könnenschlecht heilende, chronisch-vegetierende Pyo-dermien vorkommen und dort z.B. an den Unter-schenkeln venöse Ulzera vortäuschen.

Vielfach liegen den Hautveränderungen Autoim-munkrankheiten (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn,Paraproteinämien, Überlappungssyndrome etc.)zugrunde. Die ulzerös-gangränösen Läsionen sindmeistens scharf demarkiert mit phlegmonös-inter-

16 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

Tabelle 1-9. Behandlung der nekrotisierenden Fasziitisbzw. erysipelähnlicher Phlegmonen durch andere Erregerbzw. Mischinfektionen

I. WahlFlucloxacillin (Staphylex®) 3 ¥ 1–2 g i.v./Tag in Kombination mit Amoxicillin (Clamoxyl®),3 ¥ 1–2 g/Tag i.v. bzw. p.o.;oder Amoxicillin + Clavulansäure (Augmentan®)3 ¥ 1 g i.v./Tag, evtl. auch p.o.

II. Wahl bzw. Alternativena) Ampicillin + Sulbactam (Unacid®) 3 ¥ 1,5 g i.v./Tag

über 5 Tage, anschließend Dosisreduzierung über2 ¥ 0,375 g p.o./Tag über weitere 5 Tage

b) Clindamycin (Sobelin®) 3 ¥ 600 mg i.v./Tag über 10 Tage

c) Gyrasehemmer: Ciprofloxacin, Ciprobay®,2 ¥ 500 mg p.o./Tag über 10 Tage

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1minierten Rändern, die teilweise Fisteln zeigen, ausdenen sich Eiter ausdrücken lässt. Eine histo-logische Untersuchung aus dem Randgebiet ist un-erlässlich. Mikrobiologische Kulturversuche er-möglichen den Nachweis einer unterschiedlichenMischflora, die je nach Dauer, Standort etc. variiert.Oft werden aus den Läsionen Staphylokokken(Staph.-aureus-Stämme) sowie Streptokokken iso-liert. Übergänge zum Pyoderma gangraenosumsind differentialdiagnostisch schwer abgrenzbar.

Behandlung■ Die Behandlung besteht in der Säuberung undLokaldesinfektion der Läsionen, wichtiger ist je-doch die Auffindung und Behandlung einer evtl.begleitenden Immunopathie (Darm!). Neben dermeist notwendigen systemischen Antibiose sind in der Regel immunsuppressive Kombinations-behandlungen (Kortikosteroide + Immunsuppres-siva) angezeigt und erfolgversprechend. OperativeMaßnahmen sind eher kontraindiziert, da in denOperationsnarben Rezidive auftreten.

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Chronisch-vegetierende Pyodermien 17

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118 Kapitel 1: Bakterielle Infektionen der Haut

Farbabbildungen

1 Gesichtserysipel

2, 3 Karbunkel, positiver mikrobieller Befund fürStaphylococcus aureus

4,5 Sporotrichoide Pyodermien bei einem HIV-positiven Patienten mit i.v.-Drogenabusus.Mikrobiologisch: Mischflora mit Staphylo-coccus aureus und Enterokokken

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1Farbabbildungen 19

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