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Fuchs, Andreas: 100 Jahre "Sozialistische Bodensee-Internationale" (SBI) : 1902 - 2002 ; eine Chronologie denkwürdiger Ereignisse ; Festschrift / Götzis, 2002. - 44 S.
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Andreas Fuchs
1902 - 2002
100 Jahre
„Sozialistische
Bodensee-Internationale“
(SBI)
Eine Chronologie
denkwürdiger Ereignisse
- Festschrift -
Herausgegeben von der „Sozialistischen
Bodensee-Internationale“ (SBI)
Götzis / 2002
Wir
widmen
diese
Schrift
Karl
Großhans
und
gedenken
in
Ehrfurcht
der
Verstorbenen
unserer
Bewegung
Karl Großhans
Geboren 1881 in Altensteig (Württ.),
Schriftsetzer und Redakteur.
Seit 1899 Mitglied der SPD,
Parteivorsitzender in Konstanz.
1904 erster Sekretär des „Informationsbu-
reaus“ der sozialdemokratischen Arbeiter-
vereine am Bodensee in Konstanz.
Während der gesamten „Weimarer Repu-
blik“ Mitglied des Badischen Landtages.
Im „Dritten Reich“ aufgrund persönlicher
Verfolgung durch den badischen Reichsstatt-
halter und Gauleiter Robert Wagner in fünf
Konzentrationslagern inhaftiert und gefoltert.
Am 9. Mai 1945 völlig abgemagert und
körperlich gebrochen von der US-Army
aus dem KZ Mauthausen befreit.
Danach Fortsetzung der politischen Tätigkeit
als Ehrenvorsitzender des SPD-Ortsvereins
Konstanz, teilweise vom Krankenbett aus.
Redakteur beim SÜDKURIER.
Am 25. Mai 1946 an den Folgen der
KZ-Mißhandlungen im 66. Lebensjahr in
Konstanz verstorben.
Die Sozialistische Partei Badens in ihrem
Nachruf auf Karl Großhans:
„Wir verlieren und betrauern in ihm einen
unserer Besten, den wir niemals vergessen
können und werden.“
Grußwort des
Präsidiums der SBI
Liebe Mitglieder, Freundinnen und Freunde der
„Sozialistischen Bodensee-Internationale“ !
Vor 100 Jahren traf sich die Sozialdemokratie der Bodenseeregion zu ihrem „I. Internationa-
len Arbeiterfest in Bregenz. Dies war die Geburtsstunde unserer heutigen „Sozialistischen Bo-
densee-Internationale“. Die weitere, sehr wechselhafte geschichtliche Entwicklung brachte
Höhen und Tiefen mit sich. Sie wurde geprägt durch äußerste Kraftanstrengungen der ur-
sprünglich wenigen Parteivereine sowie nahestehender Gewerkschaftsorganisationen, um so-
zialdemokratischem Gedankengut im vielfach konservativ-katholischen Umfeld wenig-
stens ansatzweise Gehör zu verschaffen.
Somit gilt im Jubliäumsjahr unser Dank und unsere Anerkennung all den beherzten Frauen
und Männern, welche in ihren Bemühungen um eine gerechtere Gesellschaft niemals nach-
gelassen und die „Sozialistische Bodensee-Internationale“ fortwährend mit Leben erfüllt ha-
ben. Viele von ihnen sahen sich deswegen zu Zeiten des Kaiserreiches und der NS-Diktatur
existentiellen Bedrohungen ausgesetzt, manche sind aufgrund ihres aufrechten Charakters zu
Tode gekommen. All diesen Genossinnen und Genossen gilt unserer besonderer Respekt, wir
werden ihnen stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Ungeachtet aller widrigen Bedingungen ist es uns jedoch gelungen, in zunehmendem Maße
an der politischen Gestaltung unserer Heimatregion teilzuhaben. Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten wirken heute auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene an der Ent-
wicklung dieser „Euregio Bodensee“ entscheidend mit. 220 SBI-Mitgliedsorganisationen bie-
ten zudem die Gewähr einer angemessenen Verankerung in den Kommunen. Die Unterstüt-
zung von rund 280.000 Wählerinnen und Wählern bei den letzten nationalen Wahlen im Ein-
zugsbereich der SBI zeigt uns, daß wir auf dem richtigen Weg sind.
Mögen sich auch in Zukunft viele Menschen am Bodensee bereitfinden, um die sozialdemo-
kratischen Ideale von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität engagiert in politisches Handeln
umzusetzen - dies ist unser vordringlichster Wunsch im 100. Jubiläumsjahr der „Sozialistischen
Bodensee-Internationale“.
Freundschaft!
Fredi Alder Karl Falschlunger Norbert Zeller MdL
Rorschach Bregenz Friedrichshafen
Vizepräsident Präsident Vizepräsident
5
Seit nunmehr 100 Jahren existiert in der Boden-
see-Region ein gemeinsamer Dachverband sozi-
aldemokratischer Regionalorganisationen.
Es bedurfte schon einer gehörigen Portion an
„Glaubensfestigkeit” im Sinne Karl Schlaginhau-
fens, um die „Sozialistische Bodensee-Internatio-
nale” auf den Weg zu bringen und sie, mit Aus-
nahme von Kriegszeiten sowie faschistischer Sy-
steme in Deutschland und Österreich, am Leben
zu erhalten.
Die Rahmenbedingungen, welchen sich die So-
zialdemokratie am Bodensee zu Beginn des 20.
Jahrhunderts gegenübergestellt sah, waren im
Sinne einer gedeihlichen Entwicklung von Partei-
und Gewerkschaftsorganisationen äußerst un-
günstig. Monarchische Staatsformen in Deutsch-
land und Österreich-Ungarn versuchten die sy-
stemgefährdende Sozialdemokratie - wenn
schon nicht mehr anhand eines Parteiverbotes -
so doch mit erheblichen Restriktionen bei ihrer
politischen Arbeit zu behindern. Hinzu traten ein-
schneidende Maßnahmen der Arbeitgeberschaft
gegen sozialdemokratisch orientierte Lohnem-
pfängerInnen bis hin zur Entlassung, was auch
im republikanisch strukturierten Staatswesen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft deutlich zum
Tragen kam. Hierzu gesellte sich noch ein im Bo-
denseegebiet weitumfassender Einfluß der ka-
tholischen Kirche, welche als Stütze obrigkeits-
staatlicher Herrschaftsstrukturen die Grundprin-
zipien sozialdemokratischer Politik oftmals erbit-
tert bekämpfte.
Eben diese geschilderten ungünstigen Rahmen-
bedingungen beförderten jedoch nachhaltig die
Entstehung und Entwicklung einer internationa-
len sozialdemokratischen Vereinigung am Bo-
densee. Gesellschaftliche Ächtung sowie politi-
sche Diskriminierung bis hin zu behördlicher Ver-
folgung an Wohnort und Arbeitsplatz steigerten
das Verlangen der kleinen sozialdemokratischen
Gemeinschaften nach überörtlicher politischer,
kultureller und kameradschaftlicher Betätigung
mit Gleichgesinnten.
Schon mehrere Jahre vor der Geburtsstunde der
„Arbeiter-Internationale” am Bodensee trafen
sich sozialdemokratisch orientierte „Arbeiter(bil-
dungs-)vereine” sowohl am westlichen als auch
am östlichen Seeufer zu gemeinsamen grenzü-
berschreitenden Unternehmungen. Dieser
Wunsch nach konzertiertem Vorgehen der
Sozialdemokratie am Bodensee dürfte hinsicht-
lich seiner Wurzeln bereits in entsprechenden
Betätigungen zu Zeiten des Bismarckschen
100 Jahre
„Sozialistische Bodensee-
Internationale (SBI)”
Eine Chronologie denkwürdiger Ereignisse
I. Zum Geleit
„Solange der Sozialismus Glaube und nicht nur Interesse ist,
solange birgt er in sich die wertvollsten Kräfte
und den ewig jungen Antrieb,
im Dienste des Menschen selbstlos zur Tat zu schreiten!”
Karl Schlaginhaufen
Präsident der Arbeiterunion St.Gallen
in seinem Grußwort zur Bodensee-Internationale 1931
6
„Sozialistengesetzes” begründet liegen. Damals
schmuggelten deutsche und schweizerische
Kuriere in Zürich hergestellte illegale sozialde-
mokratische Druckschriften über den Bodensee
nach Deutschland hinein. Später wurden dann
immer wieder gemeinsame Kundgebungen und
Vortragsversammlungen abgehalten. Bei solchen
Zusammenkünften traten bereits prominente
Redner aus den Bodensee-Anrainerstaaten auf,
wie beispielsweise 1895 der SPD-Vorsitzende
August Bebel auf dem Hohentwiel bei Singen.
Derartige Begegnungen förderten nicht nur das
Selbstbewußtsein dieser politischen Minderheit,
sondern sie begünstigten insbesondere bei wohl-
vorbereiteten öffentlichkeitswirksamen Auftritten
die gesellschaftliche Akzeptanz der Sozialdemo-
kratie. In einer Zeit, die sich hinsichtlich maß-
geblicher meinungsbildender Prozesse von der
gegenwärtigen Mediengesellschaft grundlegend
unterschied, waren öffentliche Massenveranstal-
tungen für politische Organisationen unverzicht-
bar. Die sozialdemokratische Bewegung benö-
tigte dementsprechende Veranstaltungen vor
allem in Diasporagebieten zu ihrer Sozialisation
in das gesellschaftliche Umfeld mit dem Ziel
einer nachfolgenden möglichst breiten Veran-
kerung in Bevölkerung, Betrieben und Parla-
menten.
Dies waren wohl auch die Grundüberlegungen,
welche dazu führten, daß sich im Jahr 1902 über
900 sozialdemokratisch gesinnte Frauen und
Männer in Bregenz zu Umzug, Kundgebung
sowie daraus hervorgehender Grundsteinlegung
für die „Sozialistische Bodensee-Internationale”
trafen. Die anfänglich lose Vereinigung durchlief
sodann einen mehrere Jahre währenden Prozeß
organisatorischer Straffungen und Neuerungen,
bis sie sich schließlich zu einer eigenständigen
und mit Statuten ausgestatteten Organisation
entwickelt hatte.
Josef Peter, ein bedeutender Vorarlberger Sozi-
aldemokrat und früherer Präsident der „Boden-
see-Internationale”, beschrieb im Rahmen eines
Beitrages für die Festzeitung zur Massenkundge-
bung 1931 in St.Gallen die Anfänge der Orga-
nisation wie folgt:
„Als in den achtziger Jahren des vorigen (19.;
d.V.) Jahrhunderts die Arbeiterbewegung im
Entwicklungsstadium war, und am 20. August
1880 auf dem Schloß Wyden im Kanton Zürich
der erste Geheimkongreß der damals hart ver-
folgten Sozialdemokraten von Deutschland,
Schweiz und Frankreich stattfand, da wurde auch
bald unter den Sozialisten der Bodenseeländer
der Gedanke einer Arbeiter-Internationale der
Bodensee-Uferstaaten lebendig. Sowohl die
Partei als auch die Gewerkschaftsbewegung war
damals in den am Bodensee und in der Nähe lie-
genden Städten und größeren Industriegemein-
den sehr schwach. Aber das Zusammengehörig-
Bregenz, die Wiege der SBI, um die Jahrhundertwende
7
keitsgefühl und die Verfolgungen, die damals
unsere Vorkämpfer insbesondere in Deutschland
und Österreich durchmachen mußten, führte die
Genossen mit (...) Kampfgeist für die internatio-
nale Arbeiterbewegung zusammen(...). Alle (...)
bis zum heutigen Tage stattgefundenen Kund-
gebungen (...) haben örtlich und allgemein zur
Stärkung der Gesamtbewegung der Arbeiterklas-
se beigetragen. Die Solidarität, der entschlossene
Wille zur Eroberung des Sozialismus wurde stark
gefördert”.
Aber auch das Bedürfnis nach Überwindung po-
litischer Grenzen, getragen von der Utopie eines
auf den Fundamenten von „Freiheit, Gerechtig-
keit und Solidarität” errichteten sozialistischen
„Weltstaates”, beflügelte den Vereinigungswillen
der SBI-Gründungsgeneration. Lassen wir noch-
mals den zuvor bereits zitierten Josef Peter zu
Wort kommen:
„Niemand mehr als die Arbeiter des Bodenseege-
biets, die tagtäglich verspüren müssen, welche
wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Hin-
dernisse die Grenzpfähle sind, können durch tat-
kräftige Agitation, durch gegenseitige Unterstüt-
zung in allen Belangen unsere Forderungen der
Erfüllung näher bringen. Die Menschen werden
überzeugt, daß es Kriege gibt, solange die
Grenzpfähle bestehen, und daß wir uns nur dann
von der Knechtschaft des Kapitalismus befreien
können, wenn der Sozialismus die Grenzpfähle
hinwegfegt!”.
Wie aus den nachfolgenden chronologischen
Darstellungen zu ersehen ist, haben sich die Agi-
tationsinstrumente der SBI den Veränderungen
des Medienzeitalters entsprechend umgestaltet.
An die Stelle früherer Großkundgebungen traten
vermehrt Themenveranstaltungen mit kompeten-
ten FachreferentInnen aus allen drei Bodensee-
Anrainerstaaten, deren Ergebnisse sodann medi-
al weiterverbreitet wurden. Gänzlich hat die tra-
ditionsreiche und -bewußte „Sozialistische Bo-
densee-Internationale” aber nicht auf ihre grenz-
übergreifenden Freundschaftstreffen verzichtet.
Diese wurden stets in angemessenen Zeitab-
ständen einberufen, um zum einen das erheben-
de pathetische Moment solcher Veranstaltungen
und deren beeindruckende Außenwirkung auf-
recht zu erhalten, sowie solidarisches und
freundschaftliches Miteinander unter den Sozial-
demokratinnen und Sozialdemokraten am Bo-
densee auch auf solche Art und Weise weiterhin
pflegen zu können.
Die vielfach aus Sicherheitsgründen gebotene
Nichtanfertigung schriftlicher Unterlagen seitens
der Sozialdemokratie im Vorfeld oder während
totalitärer Systeme sowie eine 1934 im Angesicht
des „Austro-Faschismus” vorgenommene Selbst-
vernichtung des SBI-Archivs in Bregenz haben
die Erforschung der SBI-Geschichte zu einem
höchst aufwendigen Zusammensetzen einzelner,
weit verstreuter Mosaiksteinchen dokumentierter
Aktivitäten werden lassen. Herausgeber und
Verfasser bitten deshalb um Verständnis dafür,
daß keine lückenlose Darstellung der Entwick-
lungsgeschichte möglich ist. Verbote und Verfol-
gungen sind somit auch der Grund, warum
lange Zeit 1908 als Gründungsjahr angenom-
men wurde. Es lagen bis vor kurzem keine
schriftlichen Belege über die Anfänge der Or-
ganisation vor. Persönliche Erinnerungen sowie
daraus sich ergebende Überlieferungen konnten
den korrekten Sachverhalt nicht mehr erfassen.
Das tatsächliche Datum des organisatorischen
Beginns der SBI verdanken wir den umfassenden
Recherchen von Dr. Reinhard Mittersteiner zur
Geschichte der Vorarlberger ArbeiterInnenbe-
wegung. Weitere Recherchen im Vorarlberger
Landesarchiv sowie der damaligen lokalen und
überregionalen Presse haben ergeben, daß kei-
ne Ansätze zur Gründung der „Bodensee-
Internationale” vor dem Jahr 1902 nachgewie-
sen werden können und gleichzeitig 1902 ein-
deutig als Beginn einer kontinuierlichen Entwick-
lung anzusehen ist.
Auf den folgenden Seiten soll nun dargestellt
werden, wie sich die politische Zeitgeschichte am
regionalen Beispiel der Sozialdemokratie an den
Ufern des Bodensees abgespielt hat - insoweit es
die Aktenlage und der begrenzte Platz einer Fest-
schrift zulassen. In diesem Sinne wird darum er-
sucht, der vorgenommenen Begrenzung auf die
Beschreibung wesentlichster Sachverhalte Ver-
ständnis entgegenzubringen. Manche angespro-
chenen geschichtlichen Vorgänge wären gewiß
einer eingehenderen separaten Veröffentlichung
würdig.
Andere Begebenheiten wiederum, welche hier
gerafft angeführt sind, waren bereits Gegen-
stand ausführlich dokumentierter Untersuchun-
gen.
Die nachfolgende chronologische Übersicht glie-
dert sich in fünf Abschnitte: Sie beginnt mit dem
„I. Internationalen Arbeiterfest” in Bregenz als
Auftaktveranstaltung und beschreibt im weiteren
8
Verlauf des ersten Abschnittes die Entwicklung
der Organisation bis hin zur Wiederaufnahme
ihrer Tätigkeit nach dem Ersten Weltkrieg. Der
zweite Abschnitt widmet sich den Aktivitäten der
„Arbeiter-Internationale” zwischen den Nach-
kriegsjahren und dem Beginn faschistischer Sy-
steme in Deutschland und Österreich. Es folgen
sodann exemplarische Darstellungen sozialde-
mokratischen Widerstandes am östlichen Bo-
densee während des „Dritten Reichs” bzw. des
„Austro-Faschismus”. Im vierten Abschnitt wer-
den die Wiedererrichtung der SBI und die
Fortsetzung ihrer politischen Tätigkeit nach tradi-
tionellem Muster während des Zeitraumes von
1946 bis 1965 aufgezeigt. Schließlich gibt der
fünfte Teil Auskunft über eine sodann stattgefun-
dene Umgestaltung des traditionsreichen Arbei-
terInnenverbandes in einen modernen grenz-
übergreifenden sozialdemokratischen Regional-
verband am Bodensee.
Die Mitgliedsorganisationen der SBI
SPD-Kreisverbände Konstanz,
Sigmaringen, Bodenseekreis,
Ravensburg, Lindau (Bodensee),
Kempten (Allgäu), Oberallgäu
SPÖ-Landes-
organisation
Vorarlberg
Fraktion
sozialdemo-
kratischer
Gewerkschaf-
terInnen
Vorarlberg
(FSG)
SPS-Kantonalparteien
Schaffhausen, Thurgau,
St.Gallen, Appenzell-
Ausserhoden
SPO
SPD
9
1902Das am 10. August bei „herrli-
chem Wetter” stattfindende „I. In-
ternationale Arbeiterfest” der Sozialdemokratie
in Vorarlbergs Metropole Bregenz stellt die Ge-
burtsstunde der „Sozialistischen Bodensee-
Internationale” dar.
„900 Genossen, (...) aus Vorarlberg, (...) aus der
Schweiz und den deutschen Bodenseeufer-Staa-
ten” - „Männlein und Weiblein” - nehmen an ei-
nem Umzug sowie einer nachfolgenden Kund-
gebung teil. Drei namentlich nicht genannte
Redner aus der Schweiz, dem Deutschen Reich
und Deutsch-Österreich sprechen zu den Ver-
sammelten im „Bavariagarten” und bringen
begeisternde „Hochrufe auf die Sozialdemokra-
tie” aus. Im Mittelpunkt ihrer Ausführungen steht,
wie bei allen frühen Kundgebungen der „Arbei-
ter-Internationale” am Bodensee, eine eindring-
liche Aufforderung an die ArbeiterInnenschaft,
sich in der Sozialdemokratischen Partei sowie in
den ’freien Gewerkschaften’ zu organisieren.
Das kulturelle Rahmenprogramm, welches auch
in Zukunft stets derartige Zusammenkünfte be-
gleiten wird, gestalten bei der Bregenzer Auf-
taktveranstaltung die Musikkapelle Vorkloster
und „die wackeren Dornbirner Sänger”.
Möglicherweise wird das „I. Internationale Ar-
beiterfest” aufgrund eines erwünschten Mobili-
sierungseffektes im Vorfeld der Wahl zum Land-
tag von Vorarlberg nach Bregenz einberufen, an-
sonsten dürfte die zentrale Lage dieser Stadt im
östlichen Bodenseeraum ausschlaggebend ge-
wesen sein. Ein Vertreter der deutsch-österreichi-
schen Sozialdemokratie hatte eingangs ebenfalls
die politische Agitation zugunsten von Partei und
’freien’ Gewerkschaften in den Mittelpunkt seiner
II. Aus der Chronik der „Sozialistischen
Bodensee-Internationale”:
„100 Jahre für Freiheit, Gerechtigkeit
und Solidarität am Bodensee”
„Vereinzelt sind wir nichts - vereinigt alles !”
Gründerjahre und weitere Entwicklung der Organisation
bis zum Ende des Ersten Weltkrieges
Die Geburtsstunde der SBI am 10. August 1902
10
Grußworte gestellt, indem er betonte, „daß es
heute eines jeden Arbeiters Pflicht ist, sich zu or-
ganisieren, um hiedurch in die Lage versetzt zu
sein, die von allüberall auf ihn wirkenden Schä-
den mit Erfolg abwehren zu können”.
1903Anläßlich des „Zweiten Inter-
nationalen Arbeiterfestes” in Ror-
schach (CH) beschließen sämtliche anwesenden
Vorstände der sozialdemokratischen Vereine eine
erste organisatorische Straffung des Verbandes, in-
dem sie für zukünftige VertreterInnenversammlungen
ein Delegiertensystem einführen.
Das Fest an sich wird bereits von deutlich mehr
Menschen als die Auftaktveranstaltung in Bre-
genz besucht: Alleine am Umzug beteiligen sich
1.200 Anhängerinnen und Anhänger der So-
zialdemokratie, bei der anschließenden Kund-
gebung erhöht sich deren Zahl noch um ein Be-
trächtliches. Als Hauptredner tritt Redakteur Wirz
aus Zürich in Erscheinung. Erstmals werden auch
die vor allem in Vorarlberg und der Ostschweiz
zahlreich vertretenen italienischen ArbeiterInnen
in die Kundgebung miteinbezogen. „Eine Genos-
sin” referiert auf „temperamentvolle Weise” in
deren Landessprache. Italienischsprachige Re-
ferentInnen sind fortan bei allen Kundgebungen
der „Arbeiter-Internationale” bis einschließlich
1931 vertreten.
Dieser Hinweis belegt zudem, daß schon wäh-
rend des noch stark patriarchalisch geprägten
Gesellschaftsgefüges der Jahrhundertwende
Frauen in hervorgehobenen Positionen bei sozi-
aldemokratischen Kundgebungen am Bodensee
auftreten. Hierbei handelt es sich um einen
durchaus bemerkenswerten Vorgang, denn
Frauen besitzen zu dieser Zeit noch kein allge-
meines Wahlrecht, Politik wird vielfach als aus-
schließliche Angelegenheit der Männer betrach-
tet. Für ihre Beteiligung an öffentlichen politi-
schen Veranstaltungen, zumal solchen der So-
zialdemokratie, haben Frauen nicht selten nie-
derträchtigste Schmähungen seitens ’bürgerli-
cher Kreise’ hinzunehmen.
1904Am 12. April tagt die im Jahr
zuvor beschlossene Delegierten-
versammlung, Ort der Zusammenkunft ist erneut
das schweizerische Rorschach. Die 48 anwesen-
den VereinsvertreterInnen verständigen sich hier-
bei darauf, ihre „Internationalen Arbeiterfeste”
zukünftig in zweijährigem Rhythmus abzuhalten
und den „agitatorischen Wert” besonders her-
auszustellen. Zudem bekräftigen die Versam-
melten ihre Absicht, auf jährlichen Delegierten-
versammlungen „die Organisationen der ver-
schiedenen Länder einander näher bringen” zu
wollen.
Zum Festort des Jahres 1904 ist das bayerische
Lindau auserwählt worden. Dort treffen sich am
19. Juni 2.500 Personen im „Schützengarten“,
um den Ausführungen des bayerischen SPD-Vor-
sitzenden, Reichs- und Landtagsabgeordneten
Georg von Vollmar, zu lauschen.
Eine bereits am Vormittag tagende erneute Dele-
giertenversammlung erlaubt erstmals einen ge-
naueren Einblick in die seinerzeitigen organisa-
torischen Strukturen der sozialdemokratischen
„Arbeiter-Internationale” am Bodensee: 72 Ver-
eine (vorwiegend freigewerkschaftliche Orga-
nisationen und eventuell einige der wenigen Par-
teivereine im Bodenseegebiet) aus 22 Orten sind
mit insgesamt 300 Delegierten vertreten.
Diese Lindauer Konferenz fällt einen wichtigen
Beschluß zur weiteren Professionalisierung der
Verbandsarbeit. Ab dem Sommer soll in Kon-
stanz ein „Zentralauskunftsbureau” eingerichtet
werden, welches den ArbeiterInnen Auskunft
über „Streiks, Lohnbewegungen und Arbeiter-
verhältnisse in den verschiedenen Ländern” zu
verschaffen sowie „Aufklärung (...) über die Ver-
sicherungsverhältnisse der Arbeiter” zu erteilen
hat. Als dessen Sekretär wird von den Delegier-
ten der Konstanzer SPD-Vorsitzende Karl Groß-
hans bestellt.
1905In diesem Jahr treffen sich die
Delegierten der „Arbeiter-Inter-
nationale” im thurgauischen Arbon (CH). Wei-
tere Maßnahmen zur organisatorischen Straf-
fung werden beschlossen, insbesondere soll der
Ablauf zukünftiger Konferenzen durch eine Ge-
schäftsordnung geregelt werden.
Ein großes „Internationales Sozialistentreffen”
außerhalb der nunmehr in zweijährigem Rhyth-
mus einberufenen „Arbeiterfeste” führt 12.000
Anhängerinnen und Anhänger der Sozialdemo-
kratie in Konstanz (D) zusammen. Grund für die-
sen enormen Zulauf ist vor allem die magische
Anziehungskraft des Hauptredners August Bebel,
Vorsitzender der deutschen Sozialdemokratie.
11
14 Sonderzüge und drei Sonderschiffe bringen
die TeilnehmerInnen in die Konzilsstadt, wo sie
sich zunächst zu einem mächtigen Umzug for-
mieren. Nachdem die Behörden das Mitführen
roter Fahnen im Umzug ausdrücklich verboten
haben, heften die findigen SozialdemokratInnen
sogleich weiße Schleifen an ihre mitgeführten 60
roten Banner und überlisten somit die ihnen aus-
gesprochen mißgünstig gesinnte monarchische
Obrigkeit mit deren eigener Paragraphenreiterei.
Doch das reaktionäre „deutsche Polizeibüttel-
tum” wartet noch mit weiteren Restriktionen für
die Konstanzer SozialistInnenzusammenkunft
auf: Sie belegt ausländische Referenten mit
einem Redeverbot. Betroffen hiervon sind die
Kundgebungsredner Dr. Victor Adler (Österreich)
und Hermann Greulich (Schweiz). Aber auch für
diese Schikane findet das Organisationskomitee
einen Ausweg, indem es die Kundgebung nach
den Ausführungen Bebels im schweizerischen
Kreuzlingen fortsetzt, wo Adler und Greulich un-
gehindert auftreten können.
Im Mittelpunkt der gehaltenen Ansprachen steht
somit naturgemäß die Kritik an den herabwürdi-
genden Umgangsformen des monarchischen
Systems und seiner Repräsentanten mit den Ver-
treterInnen sozialdemokratischen Gedanken-
guts. Der deutsche Reichskanzler Bernhard Fürst
von Bülow muß sich vom SPD-Vorsitzenden
Bebel den Vorwurf gefallen lassen, daß er mit
dem in Konstanz und andernorts erlassenen
Redeverbot Deutschland „vor der ganzen Welt”
blamiere.
Dem im Staatsarchiv Freibung verwahrten minu-
tiösen Bericht eines Polizeiangehörigen verdankt
die Nachwelt nicht nur ein wörtlich mitstenogra-
phiertes Redemanuskript August Bebels, sondern
auch das nachfolgende aufschlußreiche Ver-
zeichnis aller Herkunftsorte der Konstanzer
KundgebungsteilnehmerInnen. Sie kommen aus
Singen, Überlingen, Radolfzell, Villingen, Frei-
burg, Offenburg, Furtwangen, Waldshut, Isny,
Ulm, Wangen i.A., Ebingen, Spaichingen, Wein-
garten, Ravensburg, Lindau, Kempten (alle dem
Deutschen Reich zugehörig), Zürich, Winterthur,
St.Gallen, Rorschach, Wil, Buchs, Frauenfeld,
Romanshorn, Arbon, Weinfelden, Bürglen, Chur,
Herisau, Schaffhausen (alle CH), sowie den Or-
ten Bregenz, Dornbirn, Feldkirch, Schwarzach
und Bludenz im österreichischen Kronland
Vorarlberg.
1906Das „IV. Internationale Arbeiter-
fest” in Dornbirn (A) sieht einen
von 4.000 Personen besuchten stattlichen Sozia-
listInnenaufmarsch. Zu den Versammelten spre-
chen Reichsratsabgeordneter Dr. Wilhelm Ellen-
bogen aus Wien sowie der Zürcher Sozialdemo-
krat und evangelische Stadtpfarrer Paul Pflüger.
Erneut gehen die Vortragenden mit dem monar-
chischen Staatswesen hart ins Gericht. Pflüger
„feiert” in diesem Zusammenhang mit „beweg-
ten Worten (...) den Kampf der russischen Re-
volution gegen den Absolutismus”.
Vorsitzender einer am Vormittag im Dornbirner
„Mohren”-Saal tagenden Delegiertenversamm-
lung ist Arbeitersekretär Böschenstein aus St.
Gallen. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen
12
darf angenommen werden, daß Böschenstein
über längere Zeit hinweg eine führende Position
in der „Arbeiter-Internationale” am Bodensee
bekleidet hat; eigentliche Präsidenten können
jedoch erst nach dem Ersten Weltkrieg nament-
lich benannt werden.
1907Persönliche Zwistigkeiten führen
vorübergehend zu Turbulenzen in
dem noch jungen Verband: Karl Großhans tritt
als Sekretär des „Zentralauskunftsbureaus” zu-
rück, nachdem ihn der Konstanzer Gewerk-
schaftsvorsitzende Beuchert als „Polizeispitzel”
denunziert hatte. Das „Zentralauskunftsbureau”
wird fortan von „Interims-Sekretär Ludwig Stei-
ger” mit Dienstsitz in Konstanz und Emmishofen
(CH) weitergeführt. Die offizielle Bezeichnung
dieser Einrichtung lautet von nun an „Informati-
onsbureau der Arbeitervereine am Bodensee”.
1908Das diesjährige „Internationale
Arbeiter-Sommerfest” lockt ein
über 1000-köpfiges Publikum ins oberschwäbi-
sche Ravensburg. Hauptredner der dortigen
Kundgebung sind Reichs-und Landtagsabgeord-
neter Karl Hildenbrand (SPD) und Reichsratsab-
geordneter Ferdinand Hanusch (SDAP/Öster-
reich). Einem Zeitungsbericht über den Verlauf
der ebenfalls in Ravensburg tagenden Delegier-
tenversammlung kann erstmals eine offizielle Be-
zeichnung für den Dachverband der sozialdemo-
kratischen ArbeiterInnenvereine am Bodensee
entnommen werden, er nennt sich „Arbeiterver-
band der Bodenseeuferstaaten”. Neuer Sekretär
des „Informationsbureaus” ist nunmehr Albert
Senn aus Arbon.
Die Konsolidierung der sozialdemokratischen
„Arbeiter-Internationale” und ihre zunehmende
Anziehungskraft auf die ArbeiterInnen der Bo-
denseeregion rufen bei den politischen Geg-
nern ernsthafte Bedenken hervor. So wird auf
dem St.Galler Katholikentag dieses Jahres an-
geregt, die Katholischen Gesellenvereine und
deren Jugendorganisationen am Bodensee
ebenfalls zusammenzuschließen: „Die Sozialde-
mokraten haben nämlich auch eine Organisa-
tion der Bodensee-Uferstaaten, die ihnen viel-
leicht besser zustatten kommt, als die Zentralor-
ganisationen. Hier wäre ein Schutzwall sehr von-
nöten”.
(„Arbeiterblatt”/ Organ des Vorarlberger Arbei-
terbundes vom 31.07.1908).
1909Im Rahmen einer Delegierten-
versammlung des „Arbeiterver-
bandes” in Arbon beantragen die Holzarbeiter-
gewerkschaft Romanshorn sowie die Arbeiter-
union Arbon, das „Informationsbureau” aufzulö-
sen und sich danach schwerpunktmäßig auf „peri-
odisch stattfindende Sozialistenzusammenkünf-
te” am Bodensee konzentrieren zu wollen. Ein
diesbezügliches Abstimmungsergebnis ist nicht
bekannt, wohl aber tritt das Büro fortan in den
eingesehenen Unterlagen öffentlich nicht mehr
in Erscheinung.
An den organisatorischen Vorbereitungen der
beiden folgenden Großveranstaltungen in Arbon
und Bregenz beteiligt sich u.a. ein „Landesaus-
schuß der Sozialdemokratischen Landesorgani-
sation der Internationalen Arbeitervereine in der
Schweiz”, als dessen Präsident, nachweisbar in
den Jahren 1911 und 1913, Fritz Platten aus Zü-
rich auftritt. Das letztmalige öffentliche Auf-
scheinen des „Informationsbureaus” vor dem
Ravensburger Treffen im Sommer 1908 und die
hervorgehobene Position des Zürcher Sozialde-
mokraten Platten in vorgenannter Organisation
mögen nach dem Zweiten Weltkrieg mangels
schriftlicher Unterlagen zu der Auffassung mit
beigetragen haben, daß die „Bodensee-Interna-
tionale“ 1908 gegründet worden und Fritz Plat-
ten ihr Präsident gewesen sei. Eine dementspre-
chende offizielle Annahme hielt sich immerhin
fast 50 Jahre.
1911Die internationale Zusammen-
kunft der Sozialdemokratie am
Bodensee wird im Jahr 1911 nach Arbon einbe-
rufen. Im Anschluß an einen imposanten Umzug
durch die Stadt, bei welchem „sieben Musikkorps
und Tambouren” sowie „174 Banner” gezählt
werden, sprechen „hervorragende Meetingsred-
ner” zu einer 10.000 Personen umfassenden
Menschenmenge: Reichsratsabgeordneter Dr.
Adolf Braun (SDAP), Landtagsabgeordneter Dr.
Karl Liebknecht (SPD) und Nationalrat Hermann
Greulich (SPS) sowie Onorevole Musatti, Par-
lamentsabgeordneter der italienischen Sozial-
demokratie. Anknüpfend an die Ausführungen
des mit „lang andauerndem Beifall” bedachten
Dr. Karl Liebknecht verabschiedet die Arboner
14
Massenversammlung nachfolgende Resolution:
„Die am 16. Juli 1911 in Arbon stattfindende in-
ternationale Sozialistenzusammenkunft prote-
stiert energischst gegen die von blut- und geld-
gierigen Kapitalisten angezettelte Kriegshetze
und fordert das Proletariat der in Betracht kom-
menden Länder auf, auf Grund der Resolution
des internationalen Sozialistenkongresses in
Stuttgart mit allen Mitteln gegen einen eventuell
ausbrechenden völkermordenden Krieg vorzuge-
hen”.
1913„Internationale Sozialisten-Zu-
sammenkunft” der „Arbeiter-In-
ternationale” am Bodensee in Bregenz. 8.000
Menschen strömen zu Umzug und nachfolgen-
der Großkundgebung in den Seeanlagen. „128
sozialdemokratische Arbeitervereine aus 38 Or-
ten” rund um den Bodensee werden gezählt. Na-
tionalrat Hermann Greulich (SPS), Landtagsab-
geordneter Adolf Hoffmann (SPD) und Reichs-
ratsabgeordneter Dr. Karl Renner (SDAP) halten
erneut mitreißende Ansprachen gegen „Kriegs-
hetzerei und Rüstungswahn”; sie spornen zu
„neuer Arbeit im Dienste der völkerbefreienden,
völkerverbrüdernden Sozialdemokratie” an. Die
in späteren Zeitungsberichten wiedergegebenen
Auffassungen, auch Mussolini und Bebel hätten
auf diesem Bregenzer Treffen gesprochen, haben
sich als unzutreffend erwiesen.
1914-22Trotz aller beschwören-
den Mahnungen und
Appelle kommt es zum Ausbruch des Ersten
Weltkrieges; entsprechende militärische Maß-
nahmen werden zumindest anfangs von einer
Mehrheit insbesondere der sozialdemokratischen
Basis aber auch ihrer Parlamentsvertretungen in
den kriegsbeteiligten Ländern mitgetragen.
Dieser Waffengang führt in seiner Folge zur bis
heute vielfach unüberwundenen Entzweiung der
sozialistischen Bewegung, die Tätigkeit der Bo-
densee-Sozialisten ruht fortan für längere Zeit.
Nach dem Kriege werden die monarchischen Sy-
steme in Deutschland und Österreich-Ungarn
gestürzt, republikanische und vorerst von der So-
zialdemokratie (mit-)regierte Staatswesen treten
an ihre Stelle. Gravierende Versorgungsmängel
in den ersten Nachkriegsjahren, Geldentwer-
tung, aber auch Erschwernisse bei Grenzübertrit-
ten lassen ein Wiederaufleben der sozialdemo-
kratischen „Arbeiter-Internationale” am Boden-
see vorerst nicht zu. Dies ändert sich jedoch
durch die Stabilisierung der wirtschaftlichen und
politischen Verhältnisse um das Jahr 1923.
Erste Fotografie eines SozialistInnen-Treffens am Bodensee: Der imposante Umzug in Arbon 1911
15
1923Mitglieder sozialdemokratischer
Organisationen aus Lindau, Bre-
genz und Rorschach erwägen bei einer gemein-
samen Besprechung erstmals die „Wiedererrich-
tung“ der „Arbeiter-Internationale“ am Boden-
see. Eine größere Konferenz scheitert vorerst
noch an den bereits angedeuteten Schwierigkei-
ten bei Grenzübertritten. Stadtrat Dipl.Ing. Oskar
Groll aus Lindau (SPD), Landtagsabgeordneter
Josef Peter aus Bregenz (SDAP) und vor allem
Stadtrat Schönmann, SPS-Präsident von Ror-
schach, drängen dennoch auf eine baldmögli-
che Wiederbelebung der Organisation.
1924Die Rahmenbedingungen gestat-
ten es nunmehr, eine Konferenz
zur Wiederbelebung der „Arbeiter-Internationa-
le“ einzuberufen. Diese findet am 24. August in
Rorschach statt und wählt den Lindauer SPD-
Stadtrat Dipl.Ing. Oskar Groll zum „provisori-
schen Leiter“ sowie die bayerische Inselstadt zum
vorläufigen Vorort des Verbandes. Aus nachfol-
genden Orten sind Delegierte anwesend: Fried-
richshafen, Lindau (beide D), Bregenz (A), Ror-
schach, Rorschacherberg, Goldach, Steinach,
Arbon und Kreuzlingen (alle CH). Der Verband
führt von nun an die offizielle Bezeichnung „Ar-
beiter-Internationale der Bodensee-Uferstaaten“.
1925Eine in Friedrichshafen am würt-
tembergischen Seeufer tagende
Konferenz der „Arbeiter-Internationale“ be-
schließt, die internationalen SozialistInnenzu-
sammenkünfte am Bodensee mit einem Treffen
Ende August dieses Jahres in der Zeppelin-Stadt
fortzuführen. SPD-Stadtrat Jakob Braun aus
„Kampf dem Faschismus - Hoch die Republik!“
Die „Arbeiter-Internationale der Bodensee-
Uferstaaten“ während der Zwischenkriegszeit
Ein ungewöhnliches Bild für die „württembergische Riviera“: Sozialistische Fahnenabordnungen beim Aufmarsch der „Arbeiter-Internationale“
1925 in Friedrichshafen
16
Friedrichshafen wird mit der organisatorischen
Vorbereitung und Leitung des Treffens betraut.
Die sozialdemokratische Parteipresse schreibt:
„Nachdem die wirtschaftlichen Verhältnisse bes-
ser und stabiler geworden, sollen die Kund-
gebungen wieder aufgenommen werden. Die
diesmalige gilt nur als bescheidener Anfang“.
Dieser „bescheidene Anfang“ führt 5.000 So-
zialdemokratinnen und Sozialdemokraten nach
Friedrichshafen, im Umzug wirken 40 Fahnen-
abordnungen und zwei Musikkapellen mit. Ein
vorabendlicher Fackelzug und eine Morgenfeier
der „Sozialistischen Arbeiterjugend“ werden neu
in das Programm der Zusammenkünfte aufge-
nommen, auch tritt die „Arbeiter-Internationale“
erstmals mit einem eigenen Logo in Erscheinung.
Festredner sind Nationalrat Dr. Eisler (SDAP)
sowie die SPD-Reichstagsabgeordneten Hilden-
brand und Sänger. Mit großer Begeisterung wird
der 84-jährige Hermann Greulich (SPS), liebe-
und ehrfurchtsvoll als ’Papa Greulich’ tituliert,
empfangen. Auch diese „Ikone“ der eidgenössi-
schen Sozialdemokratie spricht zu den in Fried-
richshafen versammelten Massen. Alle Redner
setzen sich mit Leidenschaft dafür ein, die in
Deutschland und Österreich errichteten demo-
kratischen Republiken mit Leben zu erfüllen und
sie gegen reaktionäre Bestrebungen zu verteidi-
gen. Die Beteiligten, so ist einer späteren Druck-
schrift zu entnehmen, wähnen sich am Beginn
einer „langen friedvollen und fortschrittlichen
Epoche der Völker“.
1927Schwere innenpolitische Zerwürf-
nisse in Österreich sowie eine
kompromißlos antisozialdemokratische Grund-
einstellung des Vorarlberger Landeshauptman-
nes und nachmaligen österreichischen Bundes-
kanzlers Dr. Otto Ender verhindern die vorgese-
hene Abhaltung einer Massenzusammenkunft
der „Arbeiter-Internationale“ in Bregenz. Trotz
sofortiger persönlicher Intervention der SDAP-
Vorstandsmitglieder Dr. Otto Bauer, Karl Seitz
und Dr. Karl Renner bei Bundeskanzler Prälat Dr.
Ignaz Seipel muß die gesamte Veranstaltung bin-
nen von acht Tagen nach Arbon an das freiheit-
Prominente Teilnehmer der Arboner Kundgebung von 1927 (v.l.n.r.): Reichstagspräsident Paul Löbe (SPD), SI-Sekretär Dr. Friedrich Adler,
Nationalrat Dr. Johannes Huber (SPS), Nationalrat Dr. Wilhelm Ellenbogen und Max Winter (beide SDAP)
17
licher gesinnte schweizerische Seeufer umorga-
nisiert werden. Dr. Ender hatte vorgegeben, daß
bei diesem SozialistInnentreffen angesichts der
politischen Verhältnisse in Österreich Unruhen zu
erwarten seien.
Die Bregenzer Sozialdemokratie veranstaltet des-
halb am Vorabend des Arboner Treffens eine
machtvolle Protestkundgebung „gegen die Will-
kürpolitik Dr. Enders“ mit über 1.000 Teilneh-
merInnen im „Blumenegg“-Saal, welche nicht
verboten werden kann. Referenten sind hierbei
drei der vier Hauptredner des Arboner Treffens:
Reichstagspräsident Paul Löbe (SPD), Nationalrat
Dr. Wilhelm Ellenbogen (SDAP) und Dr. Friedrich
Adler, Sekretär der Sozialistischen Internatio-
nale. Den Abmarsch vom Schiff nach Arbon so-
wie ihre Rückkehr nutzen die Bregenzer Sozial-
demokratinnen und Sozialdemokraten zu spon-
tanen ungenehmigten Demonstrationszügen
durch die Stadt.
Am Arboner SozialistInnentreffen selbst beteili-
gen sich stattliche 10.000 Menschen, neben den
vorerwähnten Rednern spricht auch Nationalrat
Dr. Johannes Huber (SPS) zu den Versammelten.
Josef Peter aus Bregenz, Zeitzeuge dieser Vor-
gänge und späterer Präsident der „Arbeiter-
Internationale“, zollt der Arboner Sozialdemo-
kratie rückblickend höchstes Lob: „Niemand hät-
te die Schlagfertigkeit und die bewundernswürdi-
ge Organisation der Arboner Genossen erwar-
tet“. Zudem erntet Landeshauptmann Dr. Ender
das Mißfallen der Bregenzer Gastronomie, die
angesichts des Kundgebungsverbotes einen
enormen Verdienstausfall beklagt.
1929Wiederum 10.000 Menschen
strömen nach Lindau zur „Sozia-
listischen Bodensee-Internationale“, wie die Ver-
anstaltung von einer Festzeitung betitelt wird. Ei-
nige TeilnehmerInnen der mittlerweile weitbe-
kannten SozialistInnentreffen am Bodensee kom-
men bis aus Hamburg-Altona. Zu den prominen-
testen Rednern zählen u. a. Staatskanzler a.D.
Dr. Karl Renner (SDAP), Nationalrat Dr. Robert
Grimm (SPS) und Reichstagsabgeordneter Dr.
Rudolf Breitscheid (SPD). Mit Marie Juchacz,
SPD-Reichstagsabgeordnete aus Berlin und
Gründerin der deutschen Arbeiterwohlfahrt, er-
greift erstmals eine überregional bekannte Frau
das Wort auf einer Zusammenkunft der „Arbei-
ter-Internationale“. Das Treffen steht unter dem
Motto „Dem Faschismus zum Trotz“; in den
Kundgebungsreden wird übereinstimmend vor
extremistischem Nationalismus und damit ein-
hergehender Kriegsgefahr gewarnt. Auf beson-
dere Abscheu stoßen hierbei „die brutalen Re-
gierungsmaßnahmen Mussolinis“ in Italien.
1930Bei der Delegiertenversammlung
in Kreuzlingen wird SDAP-Land-
tagsabgeordneter Josef Peter aus Bregenz zum
neuen Präsidenten der „Arbeiter-Internationale“
gewählt. Die Delegierten sprechen sich zunächst
dafür aus, in Bregenz ihre nächste Massenzu-
sammenkunft abhalten zu wollen. Aufgrund der
Vorgänge des Jahres 1927 verzichten die Bre-
genzer allerdings zu Gunsten St.Gallens mit der
Begründung, „daß sich die Bregenzer Bürger-
schaft (gemeint sind vor allem die Anhänger von
Dr. Enders ’bürgerlicher’ CVP; d.V.) vorerst mer-
ken soll, daß die Arbeiterschaft solidarisch dieje-
nigen Städte meiden wird, welche sich arbeiter-
feindlich zeigen“. Somit definiert sich die „Arbei-
ter-Internationale“ zunehmend selbstbewußt
auch als einen nicht unbedeutenden ökonomi-
schen Faktor, welcher von der Geschäftswelt in
den bisherigen, zu Tausenden besuchten Kund-
Ausschnitt vom Titelblatt der Festzeitung zum Lindauer SozialistInnentreffen 1929
18
gebungsorten, durchaus wahrgenommen wor-
den ist.
Im selben Jahr findet in Konstanz - außerhalb
der periodischen Massenzusammenkünfte der
„Arbeiter-Internationale“ - ein „Sozialistisches
Massen-Meeting“ unter dem Motto „Gegen
Faschismus und Militarismus - Für Demokratie
und internationale Verständigung“ statt. Dieses
wird anläßlich der 50. Wiederkehr des Geheim-
kongresses der deutschen Sozialdemokratie auf
Schloß Wyden in der Schweiz und der „25-jähri-
gen Erinnerung des Verbots einer internationalen
Kundgebung in Konstanz“ einberufen. 8.000
Besucherinnen und Besucher sowie ein Groß-
aufgebot an internationaler sozialdemokrati-
scher Prominenz weilen anläßlich der Veranstal-
tung am badischen Bodenseeufer. Unter ihnen
befinden sich Nationalrat Dr. Otto Bauer und Dr.
Friedrich Adler (SDAP), Nationalrat Dr. Robert
Grimm (SPS), Reichskanzler a.D. Hermann
Müller-Franken, Reichstagsabgeordneter Otto
Wels, Reichstagsabgeordneter Artur Crispien und
der bedeutende Parteitheoretiker Eduard Bern-
stein (alle SPD) sowie weitere bekannte „Mit-
glieder der Exekutive der Sozialistischen Arbeiter-
internationale“, darunter auch Adelheid Popp
und Pietro Nenni. Zu den TeilnehmerInnen des
vorabendlichen Fackelzuges durch Konstanz
spricht der ehemalige Sekretär des „Informati-
onsbureaus“ und jetzige SPD-Landtagsabgeord-
nete für den badischen Seekreis, Karl Großhans.
Die Kundgebungsreden auch der ausländischen
ReferentInnen stehen ganz im Zeichen des be-
vorstehenden deutschen Reichstagswahlkamp-
fes. Sie befassen sich somit im wesentlichen mit
den Errungenschaften der deutschen Sozialde-
mokratie seit 1919, wobei an vorderster Stelle
das Frauen- und Verhältniswahlrecht angeführt
wird.
1931Die Massenzusammenkunft in
der ostschweizerischen Metro-
pole St.Gallen kann mit einer Rekordbeteiligung
aufwarten: 15.000 Menschen kommen zur Ver-
anstaltung der „Arbeiter-Internationale“, welche
unter dem mehr denn je aktuellen Motto „Kampf
dem Faschismus“ steht. Ein „mächtiger Festzug“,
bestückt mit jeweils sechs Musikkapellen und
Spielmannszügen, füllt trotz „ungeheurer Hitze“
die Straßen der Kantonshauptstadt. Hauptredner
des Treffens in St.Gallen sind Nationalrat Dr.
Wilhelm Ellenbogen (SDAP), Reichstagsabgeord-
neter Dr. h.c. Adam Remmele (SPD), ehemaliger
badischer Staatspräsident, sowie Nationalrat
Ernst Nobs (SPS), späterer erster Bundesrat der
eidgenössischen Sozialdemokratie.
„Sozialistisches Massen-Meeting“ in Konstanz 1930
19
Künstlerisch gestaltete Einladungen zur „Bodensee-Internationale“ 1931 in St.Gallen
In den Ansprachen wird vor einem weiteren „Vor-
andringen des Hakenkreuzes“ gewarnt, welches
durch die „kapitalistische Wirtschaftsordnung“
und darin begründeten Reparationsleistungen
Deutschlands begünstigt werde. Besondere An-
erkennung erfährt eine im kulturellen Rahmen-
programm gegebene „Festspielaufführung“
(„Der Tag wird kommen“) unter der Regie von
Vasa Hochmann. Die Parteipresse würdigt das
beeindruckende Treffen in St.Gallen mit den
Worten: „Die Bodensee-Internationale 1931 war
ein außerordentlich starker ideeller Erfolg. Mit
Staunen sah das reaktionäre Bürgertum, welch
gewaltige Kraft der Arbeiterklasse auch heute
noch, trotz zermürbender Wirtschaftskrise, inne-
wohnt.“
20
1933-45Eine erweiterte Vor-
standssitzung der „Ar-
beiter-Internationale“, welche am 12. Februar
1933 vermutlich im seinerzeitigen Vorort Bre-
genz stattfindet, beschließt die Einberufung der
nächsten Massenzusammenkunft auf den 15.
und 16. Juli dieses Jahres dortselbst. Jedoch las-
sen die politischen Verhältnisse für 12 dunkle
Jahre keine weiteren Zusammenkünfte mehr zu.
Die in Deutschland auch von allen ’bürgerlichen’
Kräften „ermächtigten“ Nationalsozialisten ver-
bieten im Juni 1933 die Sozialdemokratische
Partei und entheben deren Mandatsträger ihrer
Ämter. Im Februar 1934 wird der österreichi-
schen Sozialdemokratie das selbe unbarmherzi-
ge Schicksal zuteil.
Viele sozialdemokratische FunktionsträgerInnen
müssen Hausdurchsuchungen über sich ergehen
lassen, verlieren ihre Arbeit, werden inhaftiert
und mißhandelt. Manche von ihnen bezahlen für
ihren aufrechten Charakter und ihre unerschüt-
terliche politische Überzeugung mit dem Leben.
Besonders schlimm trifft es prominente Vertre-
terInnen der Sozialdemokratie, wie den eingangs
erwähnten SPD-Landtagsabgeordneten Karl
Großhans aus Konstanz. Ein tragisches Schicksal
ereilt auch den sozialdemokratischen Bregenzer
Stadtvertreter und Gewerkschaftssekretär
Samuel Spindler. Aufgrund seiner jüdischen
Abstammung droht dem evangelischen Christen
das Konzentrationslager, angesichts dessen er im
November 1942 durch Suizid aus dem Leben
scheidet.
Die Tätigkeit der „Arbeiter-Internationale“
kommt vollständig zum Erliegen, ihr Archiv im
Vorort Bregenz wird durch Selbstvernichtung
Anfang 1934 dem Zugriff der diktatorisch auf-
tretenden Machthaber entzogen.
In den dunklen Jahren des „Austro-Faschismus“
bzw. der nationalsozialistischen Herrschaft ge-
lingt es einer Reihe österreichischer und deut-
scher Sozialdemokraten, ihre im Rahmen der
„Arbeiter-Internationale“ am Bodensee geknüpf-
ten Kontakte zu schweizerischen Genossinnen
und Genossen aufrecht zu erhalten und damit
u.a. Fluchtwege aus ihrer Heimat zu organisie-
„Freiheit und Leben kann man uns nehmen,
die Ehre nicht!“
Verbot der Sozialdemokratie in Deutschland und Österreich -
Sozialdemokratischer Widerstand gegen den Faschismus im
östlichen Bodenseeraum
Diese in Bregenz geplante „Massenzusammenkunft“ kommt auf-
grund der politischen Rahmenbedingungen bereits nicht mehr
zustande
21
ren, um prominente Angehörige der Sozialde-
mokratie oder sich selbst zumindest vorerst vor
Schlimmerem zu bewahren. Somit kann bei-
spielsweise die Flucht des noch 1929 in Lindau
als Redner aufgetretenen damaligen SPD-
Reichstagsabgeordneten Dr. Rudolf Breitscheid
über Friedrichshafen in die Schweiz mitunterstützt
werden.
Besonders wertvoll sind derartige Kontakte auch
zum Aufbau sozialdemokratischer Untergrund-
arbeit durch die Exilorganisationen von SDAP
und SPD. Letztere errichtet im Spätherbst 1933 in
St.Gallen eines ihrer „Grenzsekretariate“, wel-
ches mit Erwin Schoettle, einem vormaligen Stutt-
garter SPD-Funktionär, besetzt wird. Schoettle er-
fährt durch die schweizerischen Genossinnen
und Genossen sowohl Unterstützung bei seiner
politischen Tätigkeit als auch bei den außeror-
dentlich schwierigen Bemühungen zur Sicher-
stellung der Lebensgrundlagen seiner mitgekom-
menen Familie. Mit eidgenössischer Unterstüt-
zung kann Erwin Schoettle enge Kontakte zu
einer im Raum Ravensburg-Weingarten (Ober-
schwaben) agierenden sozialdemokratischen
Untergrund-Organisation aufnehmen. Durch
„zahlreiche Mittelsmänner“ im Reich werden so-
dann illegale Druckschriften (z.B. der „Rote
Kurier“) nach Deutschland eingeschleust sowie
im Jahr 1935 ein Schulungskurs zur verdeckten
Agitation mit „14 Teilnehmern aus Stuttgart und
Oberschwaben in Kressbronn“ (Württemberg)
abgehalten.
Die Verbreitung illegaler politischer Druckschrif-
ten wird zudem von den „Revolutionären Sozi-
alisten“ in Vorarlberg, einer vorwiegend von jün-
geren und linksstehenden Sozialdemokraten aus
der ehemaligen „Sozialistischen Arbeiterjugend
(SAJ)“ getragenen Organisation, praktiziert.
Auch diese von 1934-1938 bestehende Grup-
pierung unterhält Kontakte zur Zentrale ihrer
Exil-Organisation, vor allem aber profitiert sie
von besten Verbindungen in die Schweiz. Die
„Revolutionären Sozialisten“ Vorarlbergs werden
durch Franz Schmidt, Redaktor des sozialdemo-
kratischen St.Galler Blattes „Volksstimme“, bei
der Herstellung ihrer Zeitung „Der Kämpfer“
umfassend unterstützt. Die Stadt St.Gallen darf
somit als ein Zentrum sozialdemokratischen Wi-
derstandes gegen den Faschismus im östlichen
Bodenseeraum bewertet werden. Neben vielfälti-
gen Verteilaktionen beteiligen sich die „Revo-
lutionären Sozialisten“ noch an der Durch-
schleusung von Freiwilligen, welche auf republi-
kanischer Seite am spanischen Bürgerkrieg teil-
nehmen wollen, in die Schweiz. Nach dem An-
schluß Österreichs an Hitler-Deutschland wird
diese Gruppierung als solche aufgelöst, viele ih-
rer Aktivisten beteiligen sich jedoch fortan am
„Grenzsekretär“ Erwin Schoettle und das Titelblatt einer Ausgabe des von ihm in St.Gallen herausgegebenen „Roten Kuriers“
22
1946Am 25. Mai verstirbt Landtags-
abgeordneter a.D. Karl Groß-
hans, ehemaliger Sekretär des „Zentralaus-
kunftsbureaus“ der „Arbeiter-Internationale“, an
den Folgen seiner unbarmherzigen KZ-Haft im
66. Lebensjahr in Konstanz. Seine Beisetzung
führt erstmals seit 1933 wieder viele Sozialde-
mokratInnen aus den Bodensee-Anrainerstaaten
zusammen. Im Zeichen tiefer Trauer zeigen sie
sich von dem festen Willen beseelt, aus neu zu
errichtenden demokratischen Staatswesen in
Österreich und Deutschland heraus eine bessere
Zukunft aufzubauen. So wirken die Mitglieder
der Sozialdemokratie in vielen Städten und Ge-
meinden des österreichischen und deutschen Bo-
denseegebiets in vorderster Reihe beim demo-
kratischen Wiederaufbau, der Beseitigung von
Kriegsschäden und der Herstellung einer gesi-
cherten Versorgungslage für die Bevölkerung
mit.
1948„Man kann äußere Formen zer-
brechen, man kann einen Na-
mensruf untersagen, man kann Sekretariate
schließen, man kann Vertrauensmänner verhaf-
ten - aber man kann nicht die Arbeiterschaft aus-
rotten und man kann nicht eine Weltanschauung
abschaffen“
(„Vorarlberger Wacht“, 20. 04. 1934).
Am 8. August des Jahres 1946 erfolgt nach den
dunklen Jahren von Faschismus und Krieg die
„Wiedererrichtung“ der „Arbeiter-Internationale“
am Bodensee in Bregenz, ihrem Gründungs-
und letzten Vorort vor dem Verbot in
Deutschland und Österreich. Josef Peter aus
Bregenz wird zum Präsidenten der Organisation
gewählt, dieses Amt hatte er schon von 1930 bis
1933 inne. Als Vizepräsidenten fungieren Ernst
Rodel (Arbon) für die SPS und Gustav Röhl
(Lindau) für die SPD.
Auf weiteren Sitzungen in Lindau, St.Gallen und
Rorschach wird eine neue Satzung diskutiert und
sodann auch genehmigt. Fortan führt die vor-
malige „Arbeiter-Internationale der Bodensee-
Uferstaaten“ ausschließlich die Bezeichnung
„Sozialistische Bodensee-Internationale (SBI)“.
1951Nach einem musikalischen Will-
kommensgruß, dargeboten von
den „Bregenzer Arbeitersängern“ („Hebt unsere
Fahnen in den Wind“), wird im dortigen
„Arbeiterheim“ an der Anton-Schneider-Straße
eine stark besuchte SBI-Delegiertenversamm-
lung eröffnet. Kantonsrat Ernst Rodel (SPS),
Landtagsabgeordneter Alfred Frenzel (SPD) und
Landesrat Jakob Bertsch (SPÖ), Mitglied der Vor-
arlberger Landesregierung, erörtern gemeinsam
„Die Grenzen auf - Die Herzen auf!“
Wiedererrichtung und Werdegang der SBI nach dem Zweiten Weltkrieg
Widerstand gegen die nationalsozialistische
Diktatur.
Ebenfalls große Unterstützung aus der Schweiz
erfährt die Widerstandsgruppe um den ehemali-
gen Stuttgarter Bezirksleiter der Eisenbahner-
gewerkschaft Karl Molt. Dieser organisiert u.a.
im November 1937 ein Treffen mit Funktionären
der „Internationalen Transportarbeiter-Föderati-
on (ITF)“ in Arbon. Bei seiner Widerstandstätig-
keit, welche in erster Linie den Aufbau eines Or-
ganisationsnetzes zur Einschleusung und Vertei-
lung illegaler Schriften sowie zur Informations-
beschaffung im Deutschen Reich umfasst, sind
Molt auch Gewerkschafter und Sozialdemokra-
ten aus Arbon und Rorschach behilflich. 1938
wird seine Gruppe mit Hilfe eines Verbindungs-
mannes der Geheimen Staatspolizei (Gesta-
po) enttarnt, ihre Mitglieder werden zu lang-
jährigen Haftstrafen verurteilt oder wegen „Lan-
desverrats“ hingerichtet (Fridolin Endraß aus
Friedrichshafen).
Dies sind nur wenige Beispiele für eine Vielzahl
an Aktivitäten deutscher, österreichischer und
schweizerischer SozialdemokratInnen. Derart
gefährliche und teilweise lebensbedrohliche
Unternehmungen waren nur auf der Grundlage
der „gelebten Solidarität“ - vielfach herrührend
aus gemeinsamer Betätigung in der „Arbeiter-
Internationale der Bodensee-Uferstaaten“ -
durchführbar.
23
mit den Abgesandten der sozialdemokratischen
Organisationen Anliegen und Probleme der
GrenzgängerInnen unter den ArbeitnehmerIn-
nen.
Am gleichen Ort findet drei Monate später eine
erneute Delegiertenversammlung zum Thema
„Die politische und wirtschaftliche Lage in den
Bodensee-Uferstaaten“ statt. Südwürttemberg-
Hohenzollerns Innenminister Viktor Renner (SPD)
sowie die schon im April aufgetretenen Referen-
ten Kantonsrat Rodel (SPS) und Landesrat Bertsch
(SPÖ) sprechen zu den Versammelten.
1952Die SBI-Delegiertenversamm-
lungen in Arbon und Bregenz
befassen sich wiederum mit aktuellen politischen
Themen aus Deutschland, Österreich und der
Schweiz. Ein jeweils über 200-köpfiges Audito-
rium nimmt die sachkundigen Ausführungen von
Landtagsabgeordnetem Richard Jäckle, Land-
tagsabgeordnetem Alfred Frenzel, Innenminister
Viktor Renner (alle SPD), Nationalrat Rudolf
Schümperli, dem Thurgauer Regierungsrat Dr.
August Roth (beide SPS), den SPÖ-Nationalräten
Hans Draxler und Dr. Ernst Koref sowie deren
Fraktionskollegin Rosa Jochmann - letztere zu-
dem Bundesvorsitzende der SPÖ-Frauen - mit
großem Interesse entgegen.
1953Nach 22 Jahren führt die
„Bodensee-Internationale“ ihre
Mitglieder erstmals wieder zu einem großen
Freundschaftstreffen zusammen. Kundgebungs-
ort ist die Thurgauer Industriestadt Arbon am
schweizerischen Ufer. Einer vorabendlichen
„Landsgemeinde der Jugend“ auf der dortigen
„Schloßwiese“ folgt am darauffolgenden Tag der
4.000 Personen zählende Umzug durch das
„rote Arbon“, mit klingendem Spiel begleitet von
der Stadtmusik Bregenz-Vorkloster, der Arbeiter-
musik St.Gallen und der Stadtmusik Arbon.
Kundgebungsredner sind Bundestagsabgeord-
neter Erwin Schoettle, SPD-Vorsitzender von
Württemberg-Baden und vormaliger „Grenz-
sekretär“ der Exil-SPD in St.Gallen, Nationalrat
Dr. Ernst Koref (SPÖ) sowie SPS-Präsident
Nationalrat Walter Bringolf, Stadtpräsident von
Schaffhausen. Deren Reden stehen unter dem
Motto „Für Frieden und Freiheit aller Völker“;
man fordert ein geeintes Europa und die Frei-
lassung aller Kriegsgefangenen. Überschattet
wird diese „glänzend verlaufene“ Großveran-
staltung vom Tode des Vorarlberger Nationalrats
Hans Draxler (SPÖ), der während des Umzuges
verstirbt.
1954Der hochkarätige Parlaments-
redner Bundestagsabgeordneter
Fritz Erler (SPD) sowie Stadtrat Dr. Karl Kunst
(SPÖ) aus Innsbruck locken 300 Teilneh-
merInnen zu einem großen Vertrauensleutetref-
fen nach Bregenz. Ihre Themen sind: „Warum
wollen wir Sozialisten die vereinigten Staaten von
Europa?“ (Erler) und „Sozialistische Kommunal-
politik“ (Dr. Kunst).
1955Erneutes Freundschaftstreffen
und Großkundgebung der SBI im
baden-württembergischen Friedrichshafen. Bun-
desminister Dipl.Ing. Karl Waldbrunner (SPÖ),
Nationalrat Dr. Hans Oprecht (SPS) und Bun-
destagsabgeordneter Erich OIlenhauer, Vorsit-
zender der SPD, führen über 6.000 Teilneh-
merInnen bei dieser „machtvollen Sozialisten-
kundgebung“ zusammen. Ollenhauer bezeich-
net es in Friedrichshafen als „vordringliche
Aufgabe“ seiner Politik, die deutsche Wiederver-
einigung herbeiführen zu können. Voraussetzung
hierfür sei eine „kontrollierte Abrüstung in Ost
und West“.
1957Das diesjährige Freundschafts-
treffen vereinigt 4.000 Sozialde-
mokratinnen und Sozialdemokraten zu Umzug
und Kundgebung in der Vorarlberger Landes-
hauptstadt Bregenz. Als Redner treten SPS-
Fraktionspräsident Nationalrat Matthias Eggen-
berger, Bundestagsabgeordneter Fritz Erler (SPD)
und Vizekanzler DDr. Bruno Pittermann (SPÖ)
vor die Abordnungen der sozialdemokratischen
Vereinigungen. Sie fordern hierbei mit Nach-
druck eine Ächtung des atomaren Wettrüstens.
1958Neben einer Arbeitskonferenz im
Naturfreundehaus Markelfingen
(D) findet im Saal des Konstanzer Konzilsgebäu-
des ein Festakt zum (vermeintlichen) 50-jährigen
24
Sowohl der Demonstrationszug als auch die Kundgebung des SBI-Treffens in Bregenz 1957 erfreuen sich eines starken BesucherInnenandran-
ges - vier prominente Vorarlberger Sozialdemokraten führen den mächtigen Umzug an (v.l.n.r.): Nationalrat Dr. Ernst Haselwanter die beiden
Bregenzer Kommunalpolitiker Vizebürgermeister Josef Peter und Stadtrat Anton Lieger sowie Bundesrat Anton Mayrhauser
26
Jubiläum der „Bodensee-Internationale“ und
dem 10. Jahrestag ihrer Wiedererrichtung nach
dem Zweiten Weltkrieg statt. Hierbei sprechen
u.a. Vizekanzler DDr. Bruno Pittermann (SPÖ)
SPS-Vorsitzender Nationalrat Walter Bringolf und
der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Bundes-
tagsabgeordneter Waldemar von Knoeringen, zu
dem zahlreich erschienenen Publikum.
1959Landtagsabgeordneter Dr. Walter
Peter aus Bregenz, späterer
Vizepräsident des Landesparlamentes von Vor-
arlberg, übernimmt das Amt des SBI-Präsidenten
von seinem Vater Josef Peter, welcher aus-
schließlich der Verbotszeit 14 Jahre unermüdlich
und erfolgreich als Präsident der „Bodensee-
Internationale“ gewirkt hat. Der Friedrichsha-
fener Kreis- und Stadtrat Friedrich Fehrenbach
tritt als deutscher Vizepräsident neu ins SBI-Prä-
sidium ein.
1960Die Großkundgebung der SBI
führt an einem „wolkenlosen
Sommertag“ 5.000 Menschen ins schweizerische
Arbon. Prominente Festgäste sind in diesem Jahr
Österreichs Innenminister Josef Afritsch (SPÖ),
Bundestagsabgeordneter Waldemar von Knoe-
ringen (SPD) sowie der neue Schweizer Bundes-
rat Dr. Hans Peter Tschudi (SPS), „ein sachlicher,
reservierter und kultivierter Redner“. Ihre An-
sprachen stehen unter der Losung: „Die Grenzen
auf - Die Herzen auf!“ und verurteilen erneut die
Bedrohung der Völker durch moderne Waffen-
systeme und das menschenverachtende Wirken
kommunistischer Diktaturen.
Erstmals veranstaltet die SBI zudem einen
„Internationalen Frauentag“ in der Lindauer
„Sängerhalle“ mit Mascha Oettli (SPS), dem Ti-
roler Landesrat Rupert Zechtl (SPÖ) und Bun-
destagsabgeordneter Martha Schanzenbach
(SPD). „Glücklicher leben in einer freieren Welt“
lautet das Motto der Veranstaltung, bei welcher
die „Möglichkeiten der Frau, auf das politische
Geschehen einzuwirken“, erörtert werden.
Während eines zweitägigen Diskussionsforums
in Rehetobel (CH) behandeln Referenten aus den
drei Parteien Fragen des „organisatorischen Auf-
baus und politischen Wirkens“ der Sozialdemo-
kratie am Bodensee.
1961Mit 300 TeilnehmerInnen stark
besucht ist das diesjährige Ver-
trauensleute-Treffen in Konstanz. SPD-Bundes-
tagsabgeordneter Dr. h.c. Alex Möller, seinen
Zeitgenossen bekannt als „Genosse Generaldi-
rektor“, spricht hierbei zur politischen Situation in
der Bundesrepublik Deutschland nach den jüng-
sten Wahlen. Außerdem richtet diese SBI-Ver-
sammlung eine solidarische „Grußadresse an
das eingemauerte Berlin“, welche von Dr. h.c.
Alex Möller, der dort tags darauf bei einer Groß-
kundgebung mitwirkt, persönlich überbracht
wird. Ihr Inhalt lautet wie folgt: „Die ’Soziali-
stische Bodensee-Internationale’, in der die so-
zialistischen Parteien der drei Bodensee-Anrai-
nerstaaten zusammengeschlossen sind, bewun-
dert die aufrechte Haltung der Berliner Bevöl-
kerung in ihrem Kampf um Sein oder Nichtsein,
um Recht, Freiheit und Demokratie. Sie versi-
chert die Berliner Bevölkerung ihrer Verbunden-
heit und die Genossen in der geteilten Stadt ihrer
sozialistischen Solidarität.“
1962Bei einem „Internationalen
Freundschaftstreffen“, welches
anläßlich des Internationalen Frauentages in
Bregenz stattfindet, werden die Ansprachen erst-
mals ausschließlich von drei Frauen gehalten:
Gewerkschaftssekretärin Edith Rüefli (SPS), Land-
tagsabgeordnete Luise Haselmayr (SPD) und
Tirols SPÖ-Bundesrätin Maria Hagleitner.
1963Auf der Delegiertenversammlung
im Lindauer Gasthof „Köchlin“
referiert SBI-Präsident Landtagsabgeordneter Dr.
Walter Peter (SPÖ) zum Thema „Die Krise des
Europa-Gedankens“.
Ein „Internationales Freundschaftstreffen“ wird
anläßlich des 100-jährigen Jubiläums der
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands nach
Friedrichshafen einberufen. 1.200 Teilneh-
merInnen kommen in die städtische Festhalle,
um der SBI-Kundgebung mit Nationalrat Alois
Piperger (SPÖ), Nationalratspräsident Walter
Bringolf (SPS) und dem baden-württembergi-
schen SPD-Vorsitzenden, Bundestagsabgeord-
netem Dr. h.c. Alex Möller beizuwohnen. Hierbei
geht Dr. h.c. Alex Möller mit dem politischen
Hauptkonkurrenten hart ins Gericht, die „Schwä-
bische Zeitung“ meldet: „Möller mischte biswei-
27
len kräftig Pfeffer in seine Ausführungen, und
zumal in der Auseinandersetzung mit der CDU
fehlte es nicht an Schärfe“. Ebenfalls deutliche
Worte findet Nationalrat Alois Piperger, der eine
eventuelle Rückkehr Otto Habsburgs, dieser
„Marionette der internationalen Reaktion“, nach
Österreich „leidenschaftlich“ ablehnt. Auf viel-
fach kritische Resonanz stößt bei den Besu-
cherInnen die Tatsache, daß in Friedrichs-
hafen „keine roten Fahnen“ zu sehen gewesen
seien.
Wiederum in Rehetobel findet eine zweitägige
Seminartagung zum Thema „Grundsätze der
Parteiprogramme von SPÖ/SPD/SPS“ mit den
Referenten Dr. Norbert Leser (SPÖ), Alfred Braun
(SPD) und Kantonsrat Dr. Paul Steiner (SPS) statt.
1964Erstmals steht der Umweltschutz
am Bodensee im Mittelpunkt
eines SBI-Vertrauensleute-Treffens, welches in
Romanshorn tagt. Als fachkundige Referenten
treten hierbei Stadtrat Roman Heinz (SPÖ),
Landtagsabgeordneter Dr. Karl Häberle (SPD)
und Nationalrat Alfred Abegg (SPS), Stadtpräsi-
dent von Kreuzlingen, vor das Auditorium. Zur
vertiefenden Erörterung von Umweltschutz- und
Raumordnungsangelegenheiten bildet sich aus
dieser Konferenz heraus die „Planungsgemein-
schaft Bodensee der SBI“.
1965Als Ergebnis mehrerer Beratun-
gen der vorerwähnten „Pla-
nungsgemeinschaft“ beschließt das Vorstands-
gremium der SBI in Bregenz die sogenannte „Bo-
densee-Deklaration“, welche nachhaltigen Um-
welt- und insbesondere Gewässerschutz als zen-
trale Forderungen beinhaltet.
Ein höchstkarätig besetztes Rednerpodium er-
hebt das diesjährige SBI-Freundschaftstreffen in
Arbon zum meistbesuchten der Nachkriegszeit:
Die prominentesten Kundgebungsredner und deren Gastgeber beim Treffen der 10.000 in Arbon 1965 (v.l.n.r.): Der Thurgauer
Regierungspräsident Dr. Willy Stähelin, SBI-Präsident Ernst Rodel, Bundesrat Dr. Willy Spühler (SPS), Außenminister Dr. Bruno Kreisky,
Regierender Bürgermeister Willy Brandt (SPD)
28
10.000 Menschen verfolgen gebannt die Aus-
führungen der sozialdemokratischen Spitzenpo-
litiker Außenminister Dr. Bruno Kreisky (SPÖ),
Regierender Bürgermeister und SPD-Vorsitzender
Willy Brandt sowie Bundesrat Dr. Willy Spühler
(SPS). Alle Redner befassen sich schwerpunkt-
mäßig mit dem Europa-Gedanken, Willy Brandt
beendet seine Ansprache mit einem abgewan-
delten Kennedy-Zitat: „Fragt nicht danach, was
Europa für Euch tut, sondern fragt, was ihr für
Europa tun könnt!“
Allerdings endet in Arbon auch der Reigen regel-
mäßig wiederkehrender SBI-Großkundgebun-
gen, an ihre Stelle treten fortan vermehrt the-
menspezifische Fachkonferenzen. Die großen
„Internationalen Freundschaftstreffen“ werden
jedoch, wie eingangs bereits erwähnt, nicht voll-
kommen aufgegeben. Traditionelle und neuzeit-
liche Veranstaltungen sollen in einem, an den
Bedürfnissen der modernen Mediengesellschaft
orientierten, angemessenen Verhältnis zueinan-
der stehen.
„Arbeit schaffen - Umwelt schützen - Frieden sichern“
Die Entwicklung der traditionsreichen „Bodensee-Internationale“ zu einem moder-
nen sozialdemokratischen Regionalverband
1966Bei einer SBI-Sitzung im Kreuz-
linger Stadthaus stehen erneut
Fragen des Gewässer- und Landschaftsschutzes
auf der Tagesordnung. Referate hierzu halten
Landtagsabgeordneter Dr. Karl Häberle (SPD),
Kantonsrat Josef Rickenbach und Nationalrat
Alfred Abegg (beide SPS).
Die Delegiertenversammlung des Jahres 1966 in
Rorschach befaßt sich mit dem Thema „Der bun-
desstaatliche Aufbau der Schweiz“, Vortragender
ist Kantonsrat Josef Rickenbach (SPS). Bundesrat
Anton Mayrhauser aus Bregenz vertritt fortan als
Nachfolger Dr. Walter Peters die SPÖ im SBI-
Präsidium.
Im Mittelpunkt eines SBI-Vertrauensleute-Treffens
in Bregenz steht die Frage „Regierungsbeteili-
gung oder Opposition?“. Diese wird aus der
Sicht von Mannheims Bürgermeister Walter
Krause, Fraktionsvorsitzender der SPD im Land-
tag von Baden-Württemberg, und dem Vorarl-
berger Landesrat Josef Schoder (SPÖ) beantwor-
tet. Eine Übernahme von Regierungsverantwor-
tung ermögliche es der Sozialdemokratie, die
politische Entwicklung maßgeblich mitzugestal-
ten, so die Diskutanten. Sie berge jedoch auch -
zumal in großen Koalitionen - erhebliche Risiken
hinsichtlich des Selbstverständnisses der Arbei-
terInnenbewegung.
1967In Konstanz erhält eine SBI-
Tagung zum Thema „Die große
Koalition in der Bundesrepublik Deutschland“
Informationen aus erster Hand: Referent ist Prof.
Dr. Horst Ehmke (SPD), Staatssekretär im Bun-
desjustizministerium.
Als prominenter Gastredner beim SBI-Diskus-
sionsforum „Christentum und Sozialismus“ kann
der Wiener Journalist und „Präsident der öster-
reichischen Paulus-Gesellschaft“ DDr. Günter
Nenning auf dem Gebhardsberg bei Bregenz
begrüßt werden. Mit dem praktizierenden Ka-
tholiken und Sozialisten Nenning präsentiert die
„Bodensee-Internationale“ dem interessierten
Publikum einen sowohl sachverständigen als
auch kritischen Wegbegleiter von Kirche und
Sozialdemokratie, an dessen Auffassungen sich
die Geister nicht nur im Jahr 1967 scheiden.
1968In Romanshorn lädt die SBI zur
Diskussion über die „Grundsätze
der Wirtschaftspolitik unserer Parteien in den drei
Ländern“ ein und hat wiederum ein hochkaräti-
ges Referentenpodium vorzuweisen: Dr. Heinz
Kienzl (SPÖ), Generalrat der Österreichischen
Nationalbank, Dr. Rudolf Morawietz (SPD), per-
sönlicher Referent des Bundeswirtschaftsmini-
sters Prof. Dr. Karl Schiller und Dr. Max Baltens-
perger, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPS.
Im Oktober verstirbt SBI-Präsident Friedrich
Fehrenbach (SPD) aus Friedrichshafen im Amt.
Mit dem langjährigen Friedrichshafener Kommu-
nalpolitiker verliert die „Sozialistische Bodensee-
Internationale“ einen ihrer engagiertesten und
profiliertesten Repräsentanten.
29
1969Das Vertrauensleute-Treffen in
Arbon hat den Wirtschaftswis-
senschaftler und früheren Vize-Ministerpräsi-
denten der CSSR, Prof. Ota Sik, zu Gast. Er
beleuchtet die politische und wirtschaftliche
Entwicklung der Tschechoslowakei nach der Nie-
derschlagung des „Prager Frühlings“. Sachkun-
dige Diskutanten sind alt Bundesrat Prof. Dr. Max
Weber und der Thurgauer Regierungsrat Rudolf
Schümperli (beide SPS).
SPD-Parteigeschäftsführer Georg Heidak ist nun-
mehr neues SBI-Präsidiumsmitglied für die deut-
sche Sozialdemokratie anstelle des verstorbenen
Friedrich Fehrenbach.
1971Zum „Bodensee-Treffen“ von SBI
und SPD mit Bundeskanzler Willy
Brandt (SPD) sowie Baden-Württembergs sozial-
demokratischem Innenminister Walter Krause in
der Ravensburger Oberschwabenhalle kommen
4.000 TeilnehmerInnen. Brandt verteidigt hierbei
die „Ostpolitik“ der SPD-geführten deutschen
Bundesregierung und betont, daß er nicht daran
denke, „eine Spaltung Deutschlands rechtmäßig
zu billigen und den Trennungsstrich zu den Kom-
munisten verwischen zu lassen“. Für erhebliche
Aufregung sorgt bereits im Vorfeld dieser Veran-
staltung eine vermeintliche Attentatsdrohung
gegen Willy Brandt, welche dazu führt, daß sich
ein Großaufgebot von 90 Polizeikräften um die
Sicherheit des Bundeskanzlers in Ravensburg be-
müht. Zudem dokumentiert das Ravensburger
„Bodensee-Treffen“ deutlich, daß Oberschwaben
nach wie vor alles andere als ein ‘Stammland’
der Sozialdemokratie darstellt: SPD-Lautspre-
cherwagen, welche auch in den Landgemeinden
um Ravensburg Werbefahrten zur Großkundge-
bung durchführen, werden dort von drohenden
Bauern mit Mistgabeln und „unzweideutigen
Handbewegungen“ empfangen, womit diese
Bauern laut „Schwäbischer Zeitung“ zu verstehen
geben wollen, „daß sie in Bonn Köpfe rollen
sehen möchten“.
In der Südtiroler Provinzhauptstadt Bozen grün-
det sich ein „Arbeitsgemeinschaft der Sozialisti-
schen Parteien der Alpenregion (ASA)“, welcher
später auch die „Sozialistische Bodensee-
Internationale“ beitritt.
1972Eine SBI-Delegation besucht den
Deutschen Bundestag in Bonn.
Deren Erfahrungsbericht steht im Mittelpunkt des
diesjährigen Delegiertentreffens in Arbon. Aus-
serdem wählen die dort versammelten Delegier-
ten ein runderneuertes SBI-Präsidium: National-
rat Roman Heinz aus Feldkirch ersetzt Anton
Mayrhauser als SPÖ-Vertreter im dreiköpfigen
Führungsgremium, der Konstanzer Bundestags-
abgeordnete Fritz-Joachim Gnädinger (SPD)
kommt für Georg Heidak und Kantonsrat Josef
Rickenbach aus Arbon tritt die Nachfolge des
bisherigen SPS-Vertreters Ernst Rodel an.
1973„Neuregelungen der gesetzlichen
Bestimmungen zum Schwanger-
schaftsabbruch“ bewegen die Gemüter in den
Bodensee-Anrainerstaaten und sind somit auch
zentrales Thema eines SBI-Vertrauensleute-Tref-
fens in Bregenz. Es referieren die Präsidentin der
SPS-Frauen Marie Boehlen, Hellmut Schürholz
(SPD) und Nationalrätin Anneliese Albrecht
(SPÖ).
Eine „Internationale Arbeitnehmerkonferenz“
führt rund 350 TeilnehmerInnen in die Stadthalle
des oberschwäbischen Tettnang. Zu ihnen spre-
chen Vizekanzler Ing. Rudolf Häuser (SPÖ), SPS-
Präsident Nationalrat Dr. Arthur Schmid, Bundes-
minister Walter Arendt (SPD) und sein Kabinetts-
kollege Dr. Erhard Eppler (SPD) sowie Karl
Schwab, DGB-Landesvorsitzender von Baden-
Württemberg. Themen sind „soziale Sicherheit,
Humanisierung der Arbeitswelt“ und „betrieb-
liche Mitbestimmung“. Hauptredner Walter
Arendt kündigt in diesem Zusammenhang zu-
sätzliche Gesetzesinitiativen der deutschen Sozi-
aldemokratie „für eine menschengerechtere
Gestaltung der Arbeit“ an.
Weitere SBI-Konferenzen beschäftigen sich mit
den Schwerpunktthemen der Autobahnführung
im östlichen Bodenseeraum sowie dem Umwelt-
schutz. Letzterer steht im Mittelpunkt einer
großen SBI-Bodenseekonferenz in Bregenz mit
den Vortragenden Nationalrat Dr. Hans Schmid
(SPS), Landtagsabgeordnetem Claus Weyrosta
(SPD) und dem Vorarlberger Landesrat Ernst
Winder (SPÖ). Als besondere Herausforderung
30
Aktivitäten der SBI in den frühen 70er Jahren, unten die vollbesetzte Ravensburger Oberschwabenhalle beim „Bodensee-Treffen“ 1971 - der
eingefügte Bildausschnitt zeigt SPD-Kreisvorsitzenden Kurt Rückstieß und Bundeskanzler Willy Brandt auf dem Rednerpodium
31
wird hierbei die zunehmende Verschmutzung des
Bodensees angesehen.
Auf Anregung von Hermann Dorfmüller (SPD
Lindau) kommt es während dieses Jahres auch
mehrfach zu einem intensiven Gedankenaus-
tausch zwischen den Jungsozialistinnen und
Jungsozialisten der Bodenseeregion.
1975Das SBI-Vertrauensleute-Treffen
auf dem Gebhardsberg bei
Bregenz befaßt sich mit Fragen der Wirtschafts-
politik. Es referieren Nationalrat Dr. Rolf Weber
(SPS), Rudolf Bindig (Mitglied des SPD-Landes-
vorstandes in Baden-Württemberg), und Dr.
Heinz Kienzl (SPÖ), Vizepräsident der Öster-
reichischen Nationalbank. Rudolf Bindig aus
Allensbach wird zudem als neuer SPD-Vertreter
und Nachfolger Fritz-Joachim Gnädingers in das
Präsidium der „Sozialistischen Bodensee-Inter-
nationale“ gewählt.
1977„Stand und Zukunftsprobleme
der Sozialversicherungen im Bo-
denseeraum“ ist das Thema des SBI-Vertrauens-
leute-Treffens in Bregenz. Als Hauptreferent fun-
giert Bundestagsabgeordneter Hans Geiger
(SPD), welcher sein umfassendes Fachwissen
nicht nur aus der parlamentarischen Arbeit, son-
dern auch aus dem Engagement im Landes- und
Bundesvorstand der deutschen Ortskrankenkas-
sen bezieht.
1978Erstmals und gleich mit zwei
Konferenzen tagt die Bodensee-
Internationale in Langenargen (D). Gemeinsam
mit der Friedrich-Ebert-Stiftung wird ein Seminar
zur Vollbeschäftigungspolitik abgehalten. Kurze
Zeit darauf findet auf Schloß Montfort ein „Eu-
ropa-Parteitag“ von SPD und SBI statt, bei wel-
chem Europa-Abgeordneter Horst Seefeld (SPD)
zu mehr als 100 TeilnehmerInnen über die
Aufgaben des im kommenden Jahre erstmals di-
rekt zu wählenden Europäischen Parlaments
spricht.
1981Zunehmend bestimmt das Thema
„Verkehrspolitik“ die Diskus-
sionsforen der SBI. Auf der jährlichen Delegier-
tenversammlung, welche 1981 in Rorschach
stattfindet, beschäftigen sich die Anwesenden mit
dem „Projekt Splügenbahn - eine neue Alpen-
transversale aus dem Bodenseeraum“; es refe-
riert Nationalrat Prof. Dr. Hans Schmid (SPS).
Diese Delegiertenversammlung verabschiedet
sodann eine Resolution zur Befürwortung des
„Splügen-Projektes“ als „bester Lösung zur künf-
tigen Bewältigung des europischen Nord-Süd-
Verkehrs“.
1982„Der Bodensee als Wirtschafts-
raum“ steht im Mittelpunkt eines
SBI-Vertrauensleute-Treffens in der Lindauer
Inselhalle. Als Vortragende fungieren der
Thurgauer Arbeitersekretär Kantonsrat Walter
Wüthrich (SPS), der Leiter des Landesarbeitsam-
tes Vorarlberg, Mag. Norbert Neururer (SPÖ)
und Heinz Siefritz (SPD), Vorsitzender des
Deutschen Gewerkschaftsbundes im Bodensee-
kreis. Die Referenten befassen sich sowohl mit
dem gegenwärtigen Stand und den Zukunfts-
aussichten der regionalen Wirtschaft als auch mit
den absehbaren ungünstigen Entwicklungen auf
dem Arbeitsmarkt.
Auf einer stark besuchten SBI-Maifeier im Bre-
genzer Festspielhaus ergreifen Kantonsrat Josef
Dahinden (SPS), Bundestagsabgeordneter Rudolf
Bindig (SPD) und Nationalrat Roman Heinz
(SPÖ) das Wort. Angesichts der bevorstehenden
Nationalratswahl in der Alpenrepublik ruft Rudolf
Bindig dem österreichischen Publikum zu: „Er-
halten Sie sich Ihre sozialistische Mehrheit!“ -
dieser Wunsch geht leider nicht in Erfüllung.
1983Zum „Bodensee-Treffen“ der SBI
in Bregenz kommen, neben
1.000 Gästen, Alt-Bundeskanzler Willy Brandt
(SPD), Präsident der Sozialistischen Internatio-
nale, und Österreichs Bundeskanzler Dr. Fred
Sinowatz (SPÖ). Die Veranstaltung steht unter
dem Motto „Arbeit schaffen - Umwelt schützen -
Frieden sichern“. Willy Brandt bringt seine damit
verbundene Hoffnung zum Ausdruck, daß die
Verwirklichung des Nachrüstungsteils im „NATO-
Doppelbeschluß“ durch ein Gipfeltreffen der
Staatsmänner Reagan (USA) und Andropow
32
(UdSSR) doch noch vermieden werden könne.
Dr. Fred Sinowatz erläutert den Anwesenden das
Regierungsprogramm seiner sozialliberalen Koa-
lition und stellt angesichts sozialdemokratischer
Wahlniederlagen in Österreich sowie Großbri-
tannien fest, „daß den Sozialisten derzeit ein rau-
her Wind konservativer Gedanken“ entgegen
weht. Grußworte sprechen zudem Regierungsrat
Florian Schlegel (SPS) und - als Gastgeber -
Dipl.Ing. Fritz Mayer, sozialdemokratischer
Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz.
Fritz Mayer, einer der populärsten Politiker seiner
Zeit am Bodensee und selbst aktives SBI-Vor-
standsmitglied, genießt auch außerhalb der So-
zialdemokratie hohes Ansehen, was nicht zuletzt
darin zum Ausdruck kommt, daß er die Stadt
Bregenz im ansonsten mehrheitlich „schwarzen“
Vorarlberg mit einer absoluten SPÖ-Mehrheit
regieren kann.
Eine „Internationale Arbeitnehmerkonferenz“ im
Bregenzer Gewerkschaftshaus hört Referate zur
aktuellen Sozialpolitik von Nationalrat Prof. Dr.
Hans Schmid (SPS), Bundestagsabgeordnetem
Rudolf Bindig (SPD) und Sozialminister Alfred
Dallinger (SPÖ).
1984Die SBI-Delegiertenversammlung
in Bregenz widmet sich dem
„Waldsterben im Bodenseeraum“, begleitet von
sachkundigen Ausführungen des Vorarlberger
Landtagsabgeordneten Ernst Winder (SPÖ).
Aktuelle innenpolitische Ereignisse Österreichs
sind Hauptinhalt eines weiteren Referates von
Finanzminister Dr. Herbert Salcher (SPÖ). Aus-
serdem wird SPS-Kantonsrat Josef Dahinden aus
Goldach als Nachfolger Josef Rickenbachs in
das SBI-Präsidium gewählt.
1985Das SBI-Vorstandsgremium ver-
abschiedet auf seiner Sitzung in
Bregenz eine Resolution für Frieden, Völkerver-
ständigung und Menschenrechte anläßlich der
40. Wiederkehr des 8. Mai 1945 und protestiert
gegen ein geplantes Treffen ehemaliger SS-An-
gehöriger in Nesselwang (Allgäu).
„Auto und Umwelt“ sind das bestimmende Dis-
kussionsthema des diesjährigen Vertrauens-
leute-Treffens in Friedrichshafen. Als fachkundige
Referenten haben sich ARBÖ-Landessekretär
Othmar Gabrielli (SPÖ), Werner Vetterli (SPS),
Ein gern gesehener Gast am Bodensee: SI-Präsident Willy Brandt bei seinem dritten Auftritt vor der SBI in Bregenz 1983, empfangen vom SBI-
Präsidenten Roman Heinz (SPÖ)
33
der Vorsteher des St. Galler Amtes für Schiffahrt
und Verkehr, sowie Hans-Jürgen Wicht (SPD),
ehemaliger „Rufbus“-Geschäftsführer in Fried-
richshafen, zur Verfügung gestellt.
Eine weitere Tagung in Bregenz befaßt sich mit
der „Müllentsorgung im Bodenseeraum“. Hierbei
sprechen Nationalrat Hans Rohrer (SPS), Kan-
tonsrat Dr. Andres Gut (SPS), Willi Bernhard
(SPD) und Landtagsabgeordneter Mag. Peter
Spannring (SPÖ) über zukunftsweisende Kon-
zepte in der Abfallwirtschaft.
1986SBI-VertreterInnen beteiligen sich
an einer von der SP Arbon aus-
gerichteten Feier zum 85. Geburtstag Ernst Ro-
dels am Vorabend seines Festtages. Ernst Rodel,
langjähriger SPS-Parlamentarier, Redaktor der
„Thurgauer Arbeiterzeitung“ und stets agiler Mit-
streiter der „Bodensee-Internationale“, hatte Eh-
rungen durch die sozialdemokratische Bewe-
gung bislang bescheiden zurückgewiesen. 1984,
nach 36-jähriger Präsidiums- und Vorstands-
tätigkeit in der SBI, beendete er sein Abschieds-
schreiben an Präsident Roman Heinz mit den
Worten: „Ich will keine Dankesrede“.
1987Eine Delegiertenversammlung in
Friedrichshafen greift erneut das
„Splügen-Bahn-Projekt“ auf und fordert dessen
Verwirklichung. Die Referate zum Thema „Güter-
verkehr im Alpentransit“ halten Kantonsrat Jakob
Rothenberger (SPS), Gemeindeammann von
Buchs, Landtagsabgeordneter Karl Falschlunger
(SPÖ) und Bundestagsabgeordneter Rudolf
Bindig (SPD). Karl Falschlunger aus Bregenz,
Ober-Kapitän bei der „Weißen Flotte“, wird 1987
als Nachfolger von Roman Heinz ins SBI-
Präsidium gewählt.
1988Die „Sozialistische Bodensee-
Internationale“ feiert mit rund
300 Gästen das „Dreier-Jubiläum 125 Jahre
SPD - 100 Jahre SPÖ - 100 Jahre SPS“ im
Rahmen einer Bodensee-Schiffahrt an Bord der
MS „Österreich“. Grußworte aller drei nationalen
Parteivorsitzenden - Helmut Hubacher (SPS), Dr.
Franz Vranitzky (SPÖ) und Dr. Hans-Jochen Vo-
gel (SPD) - werden verlesen.
Das Vorstandsgremium verabschiedet anläßlich
seiner Sitzung in St.Margreten (CH) eine Reso-
lution zum Ausstieg aus der Kernenergie und zur
Verhinderung des Baus einer atomaren Wieder-
aufarbeitungsanlage in Wackersdorf (Ober-
pfalz).
1989Ein „Sozialismus-Symposium“
des „Ludwig-Bolzmann-Instituts
für neuere österreichische Geistesgeschichte“ auf
Schloß Hofen oberhalb Lochaus (A) befaßt sich
mit der Frage „Ein Jahrhundert Sozialdemokratie
im Bodenseeraum - Ende oder Anfang?“. SPD-
Bundestagsabgeordneter Rudolf Bindig richtet
als amtierender SBI-Präsident ein Grußwort an
die VeranstaltungsteilnehmerInnen.
Das SBI-Vertrauensleute-Treffen in Bregenz wid-
met sich dem Thema „ArbeitnehmerInnen und
der EU-Binnenmarkt“. Hierzu sprechen Kan-
tonsrat Josef Dahinden (SPS), Europa-Abgeord-
neter Dr. Rolf Linkohr (SPD) und Nationalrätin
Gabriele Traxler (SPÖ).
1990Gemeinsame Kundgebung mit
Naturschutzverbänden in Ror-
schach gegen den Ausbau des Flughafens Al-
tenrhein. Für die SBI sprechen Landtagsab-
1987: Initiative für den Splügen-Bahntunnel
34
geordneter Norbert Zeller (SPD) und Nationalrat
Paul Rechsteiner (SPS) zu den 1.000 Teilneh-
merInnen, außerdem wird in Bregenz eine inter-
nationale Pressekonferenz zu diesem Thema ab-
gehalten.
Landtagsabgeordneter Norbert Zeller aus Fried-
richshafen ist ab diesem Jahr auch neues SBI-
Präsidiumsmitglied und ersetzt fortan den bishe-
rigen SPD-Vertreter Rudolf Bindig.
1992„Öffentlicher Verkehr im Boden-
seeraum“ heißt das zentrale
Thema des diesjährigen Vertrauensleute-Treffens
in Romanshorn. Referent ist u. a. Kurt Altherr
(SPS) von den Schweizerischen Bundesbahnen.
Der Ausbau des öffentlichen Personennahver-
kehrs wird hierbei als wichtiger Bestandteil sozi-
aldemokratischer Verkehrspolitik hervorgeho-
ben. Anschließend wählen die Delegierten den
Romanshorner Gemeindeammann Walter Ande-
res als Nachfolger Josef Dahindens zum Vertre-
ter der eidgenössischen Sozialdemokratie im
SBI-Präsidium.
Eine geplante Diskussionsveranstaltung in Kon-
stanz über „Zuwanderungs- und Asylprobleme“
muß wegen des Todes von Willy Brandt abgesagt
werden.
1993Auf ihrer Konferenz in Romans-
horn setzt sich die SBI intensiv mit
der „Euregio Bodensee“ und deren Zukunftsper-
spektiven auseinander. Nach Vorträgen von
Europa-Abgeordnetem Dr. Rolf Linkohr und
Landtagsabgeordnetem Norbert Zeller (beide
SPD) wird als zentraler Beschluß die Forderung
der Errichtung eines demokratisch legitimierten
Das „Gipfeltreffen“ auf dem Gebhardsberg 1994 (v.l.n.r.): Landtags-Vizepräsident Karl Falschlunger (SPÖ), SPD-Vorsitzender
Mininisterpräsident Rudolf Scharping, SPÖ-Vorsitzender Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky, Bundespräsident Dr. Otto Stich (SPS),
Gemeindeammann Walter Anderes (SPS) und Bundestagsabgeordneter Rudolf Bindig (SPD)
35
„grenzüberschreitenden Gremiums zur politi-
schen Beratung und Koordinierung in der
Bodenseeregion“, kurz „Bodensee-Parlament“
genannt, erhoben.
Eine weitere Zusammenkunft in Bregenz befaßt
sich mit „Europa zwischen Wirtschaftsgemein-
schaft und Europäischer Union“, Gastredner ist
Europa-Abgeordneter Jannis Sakellariou (SPD).
1994Bei ihrem ersten „Bahnforum“ in
Lindau fordert die SBI den Aus-
bau der „Bodensee-Gürtelbahn“. Kurz zuvor hat-
te eine 40-köpfige SBI-Delegation dieselbe be-
fahren und war mit dem Zug nach Schaffhau-
sen gereist, wo sie von Regierungsrat Ernst Neu-
komm (SPS) empfangen wurde.
Die 75-Jahr-Feier des SPD-Ortsvereins Langen-
argen dient gleichzeitig als „Internationales
Freundschaftstreffen“ der SBI und führt Dele-
gationen vom Rheinfall bis zum Allgäu in der
vollbesetzten Festhalle zusammen. Kundge-
bungsrednerInnen sind Nationalratspräsidentin
Dr. Gret Haller (SPS), Bundesministerin a.D.
Nationalrätin Dr. Hilde Hawlicek (SPÖ) und Ru-
dolf Dressler, stellvertretender Fraktionsvorsit-
zender der SPD im Deutschen Bundestag. Die-
selben sprechen sich übereinstimmend für weit-
reichende Maßnahmen zur Überwindung der
Massenarbeitslosigkeit aus, um somit Rechts-
radikalismus und Fremdenhaß einen wichtigen
Nährboden möglichst entziehen zu können.
Eigentlicher Höhepunkt im Jahresprogramm der
SBI ist jedoch das von ihr einberufene „Gipfel-
treffen“ auf dem Gebhardsberg bei Bregenz.
Hierbei kommen Bundespräsident Dr. Otto Stich
(SPS), SPD-Kanzlerkandidat Ministerpräsident
Rudolf Scharping und Bundeskanzler Dr. Franz
Vranitzky (SPÖ) zu einem von den internationa-
len Medien vielbeachteten Gedankenaustausch
zusammen.
Die turnusgemäße SBI-Delegiertenversammlung
in Romanshorn befaßt sich mit „regionaler Zu-
sammenarbeit über die Staatsgrenzen hinweg“,
anschaulich dargestellt von Freiburgs Oberbür-
germeister Dr. Rolf Böhme (SPD). Außerdem wird
beschlossen, daß die „Bodensee-Internationale“
der „Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE)“
beitreten soll.
1995Wiederum verkehrspolitische Be-
lange und insbesondere der Aus-
bau des öffentlichen Personennahverkehrs ste-
hen im Mittelpunkt der SBI-Agenda für 1995 und
beschäftigen in diesem Jahr alleine drei SBI-Kon-
ferenzen. Hierbei referieren u.a. der St.Galler
Regierungsrat Hans Rohrer, Nationalrätin Hil-
degard Fässler (beide SPS), Bundestagsabge-
ordneter Rudolf Bindig und Landtagsabgeord-
neter Norbert Zeller (beide SPD).
Auch zieht es die „Bodensee-Internationale“
mehrfach in die Schweiz. Zum einen befaßt man
sich in Schaffhausen mit der „Internationalen Bo-
densee-Konferenz (IBK)“, deren Aufgaben ihr
amtierender Präsident, Regierungsrat Ernst Neu-
komm (SPS), erläutert. Zum anderen beteiligt
sich die SBI am Wahlfest der SP Thurgau in Ar-
bon, bei welchem Bundesrätin Ruth Dreyfuss
(SPS) und der sozialdemokratische Thurgauer
Ständerat Dr. Thomas Onken im Mittelpunkt des
Interesses stehen.
Die Herbstversammlung in Konstanz hat das
Motto „Für ein soziales Europa“. Kantonsrätin
Kathrin Hilber (SPS) und der baden-württember-
gische Staatssekretär Werner Weinmann (SPD)
sind sachkundige Vermittler aktueller Inhalte so-
zialdemokratischer Sozialpolitik. Staatssekretär
Weinmann fordert in diesem Zusammenhang
die klare Definition der sozialen Marktwirtschaft
in den europäischen Vertragswerken, „um den
sozialen Frieden in Europa zu erhalten“.
1996Zum Thema „Innere Sicherheit“
veranstaltet die SBI ein Diskus-
sionsforum in Überlingen. Eine hochkompetente
Expertenrunde, bestehend aus dem General-
direktor für öffentliche Sicherheit Dr. Michael
Sika (Österreich), Regierungsrat Hans Rohrer
(SPS) und Baden-Württembergs Innenminister
Frieder Birzele (SPD), diskutiert hierbei über
zukünftige Auswirkungen des „Schengener Ab-
kommens“ auf die Bodenseeregion.
Eine Fachtagung in Bregenz vertieft die bisheri-
gen Überlegungen zur „Schaffung eines attrakti-
ven Schienennahverkehrs im östlichen Boden-
seeraum“. Auch hier sind fachkundige Vortra-
gende vor Ort, darunter der Vorarlberger Lan-
desrat Manfred Rein (ÖVP) und Lindaus Ober-
bürgermeister Jürgen Müller sowie Vertreter der
drei Bundesbahnen.
36
Ausgewiesene regionale ExpertInnen begleiten
die SBI-Konferenz zum Thema „Situation und
Perspektiven des Arbeitsmarktes in der
Bodenseeregion“ in Konstanz, welche von über
130 TeilnehmerInnen besucht wird. Im
Mittelpunkt des Interesses stehen Überlegungen
zum Abbau der Erwerbslosenzahlen und zur
Ankurbelung der Binnennachfrage.
1997Im SPÖ-Landtagsclub in Bregenz
veranstaltet die SBI eine Presse-
konferenz zum „lokalen Eisenbahnverkehr in
Regie der Kommunen“. Dipl.Ing. Peter Turkowski,
Geschäftsführer der „Bodensee-Oberschwaben-
Bahn“ aus Friedrichshafen, referiert über diesbe-
zügliche praktische Erfahrungen aus seinem Un-
ternehmen.
Eine Tagung zu aktuellen Fragen der Bildungs-
politik wird in Kreuzlingen abgehalten. Hierbei
wirken Landtagsabgeordneter Elmar Mayer, Par-
teiobmann der SPÖ Vorarlbergs, Landtags-
abgeordneter Norbert Zeller, bildungspolitischer
Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag von
Baden-Württemberg, sowie Regierungsrätin
Vreni Schawalder (SPS), Vorsteherin des
Thurgauer Erziehungsdepartements, als Vortra-
gende mit. Die Anwesenden verabschieden eine
Resolution, welche unter anderem „eine grenzü-
berschreitende Lehrerfortbildung und die gegen-
seitige Anerkennung der beruflichen Aus-
bildungsabschlüsse in den Bodensee Anrainer-
staaten“ als Forderungen zum Inhalt hat.
1998Aus Anlaß ihres „Internationalen
Freundschaftstreffens“ in Ror-
schach organisiert die SBI ein Sonderschiff, wel-
ches in Bregenz, Lindau, Langenargen, Fried-
richshafen und Romanshorn zahlreiche Mitrei-
sende an Bord nimmt. Am Umzug beteiligen
sich, trotz sengender Hitze, 700 Personen, sie
werden von der Stadtmusik Rorschach und einer
Langenargener Fahnenabordnung angeführt.
Bei der anschließenden Kundgebung im Stadthof
sprechen Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer
(SPÖ), Bundestagsabgeordnete Heidemarie
Wieczorek-Zeul, stellvertretende Bundesvorsit-
zende der SPD, und SPS-Präsidentin Dr. Ursula
Koch. Das allgemeine Interesse gilt aktuellen po-
litischen Themen wie der weiterhin besorgniser-
regenden Arbeitsmarktlage und dem politischen
Klima in Deutschland angesichts der bevorste-
henden Bundestagswahl.
Traditioneller Aufmarsch der „Bodensee-Internationale“ 1998 in Rorschach
37
Im Hafen von Bregenz findet an Bord der MS
„Austria“ eine „Internationale Alpenverkehrs-
Tagung“ von SPE, ASA und SBI statt. Prominen-
tester Gastredner ist hierbei der eidgenössische
Bundesrat Moritz Leuenberger (SPS). Des weite-
ren referieren Nationalrat Andrea Hämmerle
(SPS), die Europa-Abgeordneten Klaus Rehder
und Dr. Rolf Linkohr (beide SPD) sowie ihr Frak-
tionskollege Dr. Hannes Swoboda (SPÖ). Von
den Versammelten wird eine Resolution zur Un-
terstützung der „Leistungsabhängigen Schwer-
verkehrsabgabe (LSVA)“ in der Schweiz verab-
schiedet.
Im Herbst ist erneut Europa-Abgeordneter Dr.
Rolf Linkohr (SPD) bei einer SBI-Veranstaltung zu
Gast; er spricht in Romanshorn über das Thema
„Europa im Zeitalter der Sozialdemokratie“.
1999Eine Delegation der „Sozialisti-
schen Bodensee-Internationale“
wird von Bundesminister Dr. Caspar Einem (SPÖ)
in Wien zu einem Gedankenaustausch über die
„Ertüchtigung der NEAT-(Bahn-)Zulaufstrecken“
auf dem Territorium der Republik Österreich em-
pfangen.
2000Erneut reist die SBI in Sachen „Er-
tüchtigung der NEAT-Zulauf-
strecken“ zu einem wichtigen Entscheidungsträ-
ger; dieses Jahres sprechen ihre Abgesandten bei
Bundesminister Reinhard Klimmt (SPD) in Berlin
vor. Konkret fordert man den Ausbau der Bahn-
strecken Ulm-Lindau und München-Lindau.
In der Lindauer Inselhalle tagt die Bodensee-
Internationale zum Thema „Mobbing in der
Arbeitswelt“, begleitet von einem Impulsreferat
des DGB-Bundesvorstandsmitglieds Ulf Imiela.
Im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung der
SBI im Friedrichshafener „Graf-Zeppelin-Haus“
spricht Prof. Dr. Peter Glotz von der Hochschule
St.Gallen, früherer SPD-Bundesgeschäftsführer,
vor 300 ZuhörerInnen über Ursachen und
Gefahr des Rechtsextremismus.
2001„Linke Frauen am See: Lieber
lustvoll mitentscheiden als die
Last fremder Entscheidungen tragen“ - dies ist
das Motto einer öffentlichen SBI-Veranstaltung in
Bregenz mit der St.Galler Regierungsrätin
Kathrin Hilber (SPS), Landtagsabgeordneter Re-
nate Schmidt, stellvertretende SPD-Bundesvorsit-
zende, ÖGB-Landessekretärin Manuela Auer
(SPÖ) und Gertrud Zweifel-Schäfli (SPS), SGB-
Vizepräsidentin im Kanton St.Gallen. Hierbei
wird den über 100 TeilnehmerInnen unter ande-
rem die Idee des „Prix Wasserfrau“ vorgestellt,
mit welchem zukünftig von Seiten der SBI „be-
sondere Verdienste zum Wohle der Frauen in der
Region Bodensee“ ausgezeichnet werden sollen.
Auf einer Vorstandssitzung in Romanshorn
spricht der Thurgauer Regierungsrat Dr. Claudius
Graf-Schelling (SPS) über „Rechtsextremismus
und Abwehrmaßnahmen der kantonalen Ad-
ministration“. Das Thema „Rechtsextremismus“
beschäftigt zudem eine weitere Vorstandssitzung
in Bregenz, an welcher Vorarlbergs Sicherheits-
direktor Hofrat Dr. Elmar Marent teilnimmt.
Die alljährliche Delegiertenversammlung in Ro-
manshorn befaßt sich mit dem bevorstehenden
100-jährigen SBI-Jubiläum und hört ein diesbe-
zügliches Referat des Langenargener Gemeinde-
archivars Andreas Fuchs. Zudem wird Fredi Alder
(SPS) aus Rorschach, von 1995-1999 Mitglied
des eidgenössischen Nationalrates, als Nachfol-
ger von Walter Anderes in das Präsidium der
Bodensee-Internationale gewählt.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Renate Schmidt gemeinsam
mit Elke Giesinger, ab 2002 SPÖ-Vertreterin im SBI-Präsidium, bei
der Bregenzer Frauen-Veranstaltung 2001
38
2002Das Projekt „A.I.D.A. St.Gallen“,
eine Schule für fremdsprachige
Frauen, wird während eines Festaktes auf der
Fährverbindung Romanshorn - Friedrichshafen
mit dem von der SBI erstmals vergebenen „Prix
Wasserfrau“ ausgezeichnet. SBI-Vorstandsmit-
glied Hildegard Fässler, neugewählte Frakti-
onspräsidentin der SPS im eidgenössischen Na-
tionalrat, überreicht dem Projekt „A.I.D.A.“ eine
von Irene Thoma geschaffene Preisfigur.
Die „Sozialistische Bodensee-Internationale“ fei-
ert an ihrem Geburtsort, der Vorarlberger
Landeshauptstadt Bregenz, das 100-jährige
Jubiläum. Einer guten SBI-Tradition entspre-
chend treten wiederum prominente Vertreter von
SPD, SPS und SPÖ vor die Festversammlung:
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, stellver-
tretender Bundesvorsitzender der SPD, SPS-
Vizepräsident Nationalrat Hansjürg Fehr und
SPÖ-Vorsitzender Nationalrat Dr. Alfred Gusen-
bauer.
Im Sommer des Jubiläumsjahres übergibt
Landtags-Vizepräsident a.D. Karl Falschlunger
(SPÖ) seinen Sitz im SBI-Präsidium an die stell-
vertretende Landesvorsitzende der Vorarlberger
Sozialdemokratie und SPÖ-Landesfrauenrefe-
rentin Elke Giesinger aus Frastanz. Somit zieht
erstmals - und nicht zu früh - in der 100-jähri-
gen SBI-Geschichte eine Frau in das höchste
Führungsgremium des traditionsreichen Ver-
bandes ein.
„Prix Wasserfrau“ 2002: Vertreterinnen des preisgekrönten Projektes „A.I.D.A.“ aus St.Gallen gemeinsam mit SPS-Fraktionspräsidentin Hilde-
gard Fässler (links) und der Künstlerin Irene Thoma, welche die von ihr geschaffene Preisfigur in Händen hält
39
Anhand der voranstehenden Chronologie mag
deutlich geworden sein, wie sehr begründet die
Würdigung all der verdienten Persönlichkeiten,
welche die SBI mit Leben erfüllt haben, durch das
Präsidium in seinem Grußwort tatsächlich ist.
Wie viele Mühen, welch großes Maß an Zivilcou-
rage, an persönlichem Engagement und politi-
scher Standfestigkeit waren notwendig, um diese
Organisation aus schwierigsten Anfängen her-
aus zu dem Ansehen und der fortwährenden mit-
gestaltenden Präsenz im politischen Geschehen
der Bodenseeregion zu führen, welche ihr auch
von politisch fernstehenden ZeitgenossInnen be-
scheinigt wird? Die „Sozialistische Bodensee-
Internationale“ gilt zurecht nicht nur als traditi-
onsreichste, sondern auch als aktivste internatio-
nale politische Vereinigung am Bodensee.
Es dürfte durch die vorliegende Schrift zudem
hinreichend verdeutlicht worden sein, daß dieser
Sozialismus, wie er von der SBI zum Wohle der
arbeitenden Bevölkerung am Bodensee während
der letzten 100 Jahre praktiziert worden ist, vor
der Geschichte bestanden hat. Die Organsiation
trägt deshalb mit Stolz und Selbstbewußtsein
weiterhin ihren traditionellen Namen „Sozialisti-
sche Bodensee-Internationale“, sie hat ihn be-
wußt nicht dem Zeitgeist geopfert.
„Lond it luck!“ - „Laßt nicht locker!“. Diese cha-
rakterliche Grundfeste in der Persönlichkeits-
struktur des seealemannischen Menschenschla-
ges möge auch zukünftigen Generationen von
politisch engagierten Frauen und Männern in der
SBI stets ausreichende Antriebskraft verleihen,
um ihre anspruchsvollen Aufgaben angemessen
und - „trotz alledem“ - frohen Mutes bewältigen
zu können.
Mit diesem Geburtstagswunsch an die SBI be-
dankt sich der Verfasser
bei allen Privatpersonen, Organisationen und
Institutionen, welche ihm bei der Erstellung die-
ser Festschrift ihre Unterstützung gewährt haben.
Besonderer Dank für die wertvolle Mitarbeit gilt
Herrn Willi Bernhard (D Meckenbeuren), Herrn
Rudolf Bindig MdB (D Weingarten), Herrn Josef
Dahinden (CH Goldach), Herrn Hermann
Dorfmüller (D Lindau (B)), Frau Gertraud Faber
(D Kempten (A)), Frau Herta von Freytag (D
Friedrichshafen), Frau Elke Giesinger (A
Frastanz), Herrn KR Peter Gubser (CH Arbon),
Frau Barbara Gysi (CH St.Gallen), Herrn Georg
Heidak (D Friedrichshafen), Herrn Peter Hess
(CH Frauenfeld), Herrn Dr. Stefan Keller (CH
Zürich), Frau Evelyn König (A Bregenz), Herrn
Winfried Kropp (D Konstanz), Herrn Dr. Reinhard
Mittersteiner (A Hausleiten), Herrn Prof. Mag.
Norbert Neururer (A Bregenz), Herrn Kurt
Rückstieß (D Ravensburg), Herrn Karl Schweizer
(D Lindau (B)), Herrn Mag. Dr. Wolfgang Weber
MA (UCL) (A Bregenz) und Herrn Dr. Gert Zang
(D Reichenau) sowie dem amtierenden SBI-
Präsidium, Herrn Karl Falschlunger (A Bregenz),
Herrn Fredi Alder (CH Rorschach) und Herrn
Norbert Zeller MdL (D Friedrichshafen).
III. „Lond it luck!“
Schlußbetrachtung und Dank
Andreas Fuchs
40
Quellenverzeichnis
Württembergische Landesbibliothek, D Stuttgart
(„Schwäbische Tagwacht“)
Staatsarchiv D Freiburg (diverse Bestände)
Stadtarchiv D Ulm/Donau („Donau-Wacht“)
Stadtarchiv D Ravensburg („Oberschwäbischer
Anzeiger“, „Schwäbische Zeitung“)
Stadtarchiv D Friedrichshafen mit Bodensee-
Bibliothek („Seeblatt“, „Schwäbische Zeitung“)
Stadtarchiv D Konstanz (diverse Bestände)
Sammlung Rudolf Bindig MdB, D Weingarten
Sammlung Andreas Fuchs, D Langenargen
Sammlung Karl Schweizer, D Lindau (B)
Sammlung Norbert Zeller MdL, D Friedrichs-
hafen
Vorarlberger Landesarchiv, A Bregenz (Polizei-
akten der Bezirkshauptmannschaft, Vereinsver-
zeichnis)
Vorarlberger Landesbibliothek, A Bregenz
(„Vorarlberger Volksblatt“, „Vorarlberger Tag-
blatt“, „Vorarlberger Landeszeitung“)
SBI-Archiv im SPÖ-Landtagsclub, A Bregenz
(Nachlässe Anton Mayrhauser und Roman
Heinz)
Sammlung Karl Falschlunger, A Bregenz
Sammlung Dr. Reinhard Mittersteiner, A Haus-
leiten („Volks-Zeitung“, „Vorarlberger Wacht“)
Kantonsbibliothek Vadiana CH St.Gallen („Ost-
schweizerische Arbeiter-Zeitung“, „Volksstim-
me“, „St. Galler Stadt-Anzeiger“)
Kantonsbibliothek CH Frauenfeld („Bodensee-
zeitung“, „Thurgauer Zeitung“, „Oberthur-
gauer“)
Stadtbibliothek CH Schaffhausen („Echo vom
Rheinfall“)
Archiv Dr. Stefan Keller, CH Zürich (Nachlaß
Ernst Rodel)
Abbildungsverzeichnis
SBI-Archiv (Titelseite, S. 5, 22, 25, 26, 29, 33,
34, 35, 37, 38, 40, 42, 43)
Stadtarchiv Konstanz (S. 3, 10, 19)
Stadtarchiv Ulm (S. 4, 20, 21)
Stadtarchiv Bregenz (S. 7)
Sammlung Dr. Mittersteiner / Hausleiten (S. 8)
Stadtarchiv Lindau (B) (S. 13)
Museum Arbon (S. 13, 15, 42)
Stadtarchiv Ravensburg (S. 13)
Sammlung Schweizer / Lindau (B) (S. 16, 18,
Umschlagrückseite)
Archiv Dr. Keller / Zürich - Nachlaß Rodel (S.
17, 28)
Foto Magnus / Friedrichshafen (S. 39)
Sammlung Dorfmüller / Lindau (B) (S. 42)
Literaturverzeichnis
Dorfmüller, Hermann: „Von Schmugglern &
Gendarmen, Revoluzzern & Ratsherren: 100
Jahre SPD in Lindau - 100 Jahre Lindauer Stadt-
geschichte“, Lindau (B), höha, 1999.
Dreier, Werner: „Zwischen Kaiser und ‘Führer’:
Vorarlberg im Umbruch 1918-1938“, Bregenz,
fink’s, 1986.
Fuchs, Andreas: „1919-1994: 75 Jahre
Sozialdemokraten für Langenargen“. Tettnang,
Senn, 1994.
Greussing, Kurt (Hg.): „Im Prinzip: Hoffnung -
Arbeiterbewegung in Vorarlberg 1870-1946“.
Bregenz, fink’s, 1984.
Hardmeier, Benno: „Aus der Geschichte der
schweizerischen Arbeiterbewegung“. Bern,
Schweizerische Arbeiterbildungszentrale, 1970.
Historischer Verein St. Gallen: „Neujahrsblätter“
36-44 und 70-74.
St.Gallen, Zolliker, 1896-1904 / 1930-34.
Küng, Heribert: „Der Kanton St.Gallen und
seine ausländischen Nachbarn 1918-1939“.
Zürich, Thesis, 1999.
Mielke, Helmut: „Erwin Schoettle“, in: „Unser
Land und seine Sozialdemokraten: Erwin
Schoettle - August Dreesbach“, o.O., o.V., o.J.
Mittersteiner, Reinhard: „‘Fremdhäßige’,
Handwerker & Genossen: Die Entstehung der
sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in
Vorarlberg“. Bregenz, Vorarlberger Autoren
Gesellschaft, 1994.
Raichle, Gerhard u.a.: „SPD 1907-1982:
Ortsverein Friedrichshafen“. Friedrichshafen,
Zeppelin-Druckerei, 1982.
Ders. u.a.: „Die ‘ausgesperrte’ Geschichte“,
(Geschichte am See 26). Friedrichshafen,
Kreisarchiv, 1985.
Rieber, Christoph: „Das Sozialistengesetz und
die Sozialdemokratie in Württemberg 1878-
1890“. Stuttgart, Müller und Gräff, 1984.
Schadt, Jörg / Schmierer, Wolfgang: „Die SPD in
Baden-Württemberg und ihre Geschichte“.
Stuttgart, Kohlhammer, 1979.
Schnabel, Thomas / Hauser-Hauswirth, Ange-
lika: „Formen des Widerstandes im Südwesten
1933-1945: Scheitern und Nachwirken“. Ulm,
Süddeutsche Verlagsgesellschaft, 1994.
Subok, L.I. u.a.: „Die Geschichte der Zweiten
Internationale“, Moskau, Progress, 1983.
Wickert, Christl u.a.: „Der Freiheit verpflichtet:
Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie
im 20. Jahrhundert“. Marburg, Schüren, 2000.
Zang, Gert (Hg.): „Arbeiterprovinz: Alltag,
Politik und Kultur zwischen Kirchturm und
Fabrikschornstein - Singen 1985-1933“. Kon-
stanz, Eigenverlag des Arbeitskreises für
Regionalgeschichte Bodensee e.V. / Kommis-
sionsverlag: Stadler, 1989.
Ders.: „Das neue Konstanz: Die Anfänge der
Sozialdemokratie im Konstanz der liberalen Ära
(1869-1878)“. Konstanz, Arbeitskreis für
Regionalgeschichte Bodensee e.V., 1980.
Verzeichnis der Abkürzungen poli-
tischer Organisationen
ASA Arbeitsgemeinschaft der Sozialisti-
schen Parteien der Alpenregion
ARBÖ Auto-, Motor- und Radfahrerbund
Österreichs
CVP Christliche Volkspartei (in Deutsch-
österreich)
DGB Deutscher Gewerkschaftsbund
IBK Internationale Bodensee-Konferenz
ITF Internationale Transportarbeiter-
Föderation
ÖGB Österreichischer Gewerkschafts-
bund
ÖVP Österreichische Volkspartei
SAJ Sozialistische Arbeiterjugend
SDAP Sozialdemokratische Arbeiterpartei
(Deutschösterreichs)
SGB Schweizerischer Gewerkschaftsbund
SPD Sozialdemokratische Partei
Deutschlands
SPE Sozialdemokratische Partei Europas
SPÖ Sozialistische/Sozialdemokratische
Partei Österreichs
SPS/SP Sozialdemokratische Partei der
Schweiz
IV. Anmerkungen
41
Dipl.Ing. Oskar Groll
Lindau (B)
Mitglied des Stadtrates
Provisorischer Leiter 1924
Präsident 1925-1926
Heinrich Abegg
Arbon
Mitglied des Großen Rates des
Kantons Thurgau
Präsident 1926-1930
Josef Peter
Bregenz
Abgeordneter zum Vorarlberger
Landtag und Vizebürgermeister
der Landeshauptstadt Bregenz
Präsident 1930-1933 /1948-1959
Dr. Walter Peter
Bregenz
Vizepräsident des Vorarlberger
Landtages
Präsident 1959-1966
Ernst Rodel
Arbon
Abgeordneter zum Nationalrat der
Schweizerischen Eidgenossenschaft
Präsident u. Vizepräsident 1948-1972
Gustav Röhl
Lindau (B)
Bürgermeister (ehrenamtlich) und
Mitglied des Stadtrates
Vizepräsident 1948-1959
Anton Mayrhauser
Bregenz
Bundesrat der Republik Österreich
Vizepräsident 1966-1972
Friedrich Fehrenbach
Friedrichshafen
Mitgl. des Kreistages u. Stadtrates
Präsident u. Vizepräs. 1959-1968
Georg Heidak
Friedrichshafen
SPD-Parteigeschäftsführer
Vizepräsident 1969-1972
42 Die Präsidiumsmitglieder der SBI seit Gründung (soweit bekannt)
Roman Heinz
Feldkirch
Abgeordneter zum Nationalrat der
Republik Österreich
Präsident u. Vizepräs. 1972-1987
Fritz-Joachim Gnädinger
Konstanz
Mitglied des Deutschen Bundestages
Vizepräsident 1972-1975
Josef Rickenbach
Arbon
Mitglied des Großen Rates des
Kantons Thurgau
Präsident u. Vizepräs. 1972-1984
Karl Falschlunger
Bregenz
Vizepräsident des Vorarlberger
Landtages
Präsident u. Vizepräs. 1987-2002
Josef Dahinden
Goldach
Mitgl. des Großen Rates des
Kantons St.Gallen
Präsident u. Vizepräs. 1984-1992
Rudolf Bindig
Weingarten
Mitgl. des Deutschen Bundestages
Präsident u. Vizepräs. 1975-1990
Fredi Alder
Rorschach
Abgeordneter zum Nationalrat der
Schweizerischen Eidgenossenschaft
(1995-1999)
Vizepräsident seit 2001
Norbert Zeller
Friedrichshafen
Mitglied des Landtages von
Baden-Württemberg
Präsident u. Vizepräs. seit 1990
Walter Anderes
Romanshorn
Mitglied des Großen Rates des
Kantons Thurgau, Gemeinde-
ammann von Romanshorn
Präsident u. Vizepräs. 1992-2001
43
Wir danken nachfolgenden
Gönnerinen und Gönnern
für die finanzielle Unterstützung
bei der Herausgabe dieser
Veröffentlichung
Anwaltskanzlei Wirlitsch, D Konstanz
Irene Belzig, D Immenstaad
Günther Biegert, D Ravensburg
Josef Büchelmaier, Oberbürgermeister, D Friedrichshafen
Gottfried Christmann, DGB-Regionalvorsitzender, D Ravensburg
Karl Falschlunger, A Bregenz
Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen, A Feldkirch
Jan Germerodt, D Eriskirch
Elke Giesinger, A Frastanz
Gerhart Höfflin, Bürgermeister, D Stetten
Gerd Ilg, D Weiler-Simmerberg
Jürgen Klein, D Wasserburg (B)
Alexandra König, A Bregenz
Dr. Eduard Leifert, Landrat, D Lindenberg
Heidi Lück MdL, D Durach
Rüdiger Neef, D Singen
Pensionistenverband Österreichs, Landesorganisation Vorarlberg
Karin Rehbock-Zureich MdB, D Waldshut-Tiengen
Dr. Karl Renner-Institut, A Bregenz
Michael Ritsch, A Bregenz
Dr. Elke Sader, LAbg., A Lochau
Dr. Wolfgang Sigg, D Friedrichshafen
SPD-Ortsverein D Bermatingen
SPD-Ortsverein D Langenargen
SPD-Ortsverein D Tettnang
SPÖ-Bezirksorganisation A Bregenz
SPÖ-Landesorganisation Vorarlberg, A Bregenz
SPÖ-Landtagsclub, A Bregenz
SPÖ-Stadtorganisation A Bregenz
SPS-Bezirk CH Rorschach
SPS-Großratsfraktion Kanton St. Gallen
SPS-Kantonalpartei, CH St. Gallen
SPS-Sektion CH Rorschach
Dieter Stauber, D Friedrichshafen
Maria Theresia Horcher-Tradowsky, D Berg
Karl-Heinz Treiber, D Gammertingen
Peter Turkowski, D Friedrichshafen
Alfred Vogler, D Friedrichshafen
Hans-Jürgen Wicht, D Immenstaad
Norbert Zeller MdL, D Friedrichshafen
42