13
10.3.1 Aufhängung der Schultergliedmaße Die Aufhängung der Schultergliedmaße am Thorax wird vom M. trapezius, M. rhomboideus, M. latissimus dorsi und vom M. omotransversarius übernommen. M. trapezius (Trapezmuskel) c Steckbrief: M. trapezius Ursprung: Pars cervicalis: Nackenstrang ab 2. HW Pars thoracica: Lig. supraspinale vom 1.10. BW Ansatz: Halsteil zur gesamten Spina scapulae Brustteil zum oberen Drittel der Spina scapulae Innervation: R. dorsalis der Nn. accessorii (XI) Funktion: Vorführer und Abduktor der Schultergliedmaße bei Kontraktion eines Anteils kraniale Rotation der Skapula bei Kontraktion beider Anteile Dorsalgleiten der Skapula Der M. trapezius ist ein platter und flächiger, direkt unter der Haut liegender Muskel, der aus einer Pars cervicalis und einer Pars thoracica besteht (Abb. 10.5). Der zervi- kale Anteil verläuft vom Nackenband zur gesamten Länge der Spina scapulae, während der thorakale Anteil vom Lig. supraspinale nur zum dorsalen Drittel der Spina sca- pulae zieht. Bei gemeinsamer Kontraktion beider Anteile hebt er die Skapula dorsal an, leitet also das Abfußen der entsprechenden Vordergliedmaße ein. Seine Pars cervicalis führt bei Kontraktion die Vorder- gliedmaße kranial, die Pars thoracica ebenso. Diese ge- meinsame Funktion, trotz des anatomisch unterschiedli- chen Verlaufs, erklärt sich aus dem Ansatzgebiet der Pars thoracica. Dieses liegt dorsal der Drehachse, um die die Skapula sich bewegt. k Praxistipp Eine Atrophie der Muskulatur im Bereich der Lage des Kopfeisens des Sattels wird umgangssprachlich gerne als Atrophie des Trapezmuskels bezeichnet. Durch Druck im Bereich des kaudalen Schulterblattran- des kommt es u. a. zum Wegdrücken (Extension) der Brustwirbelsäule, wodurch der Thorax im Verhältnis zur Skapula absinkt. Dadurch entsteht das Bild einer Muskel- lücke bzw. einer Atrophie im Bereich des Trapezmuskels. Dann handelt es sich aber nicht um einen sichtbaren Ab- bau des M. trapezius. Dieser wäre viel zu dünnhäutig, um eine solche Lücke zu bilden. Die Muskulatur, die atrophiert, ist der M. spinalis im betroenen Bereich. Diese Atrophie kommt zum einen durch den einwirken- den Druck zustande, zum anderen aber auch durch die Verhinderung der Aufwölbung des Widerrists. 10 Schultergliedmaße 68 Abb. 10.5 M. trapezius, Lateralansicht. Dünnhäutiger Muskel, besteht aus einer Pars cervicalis und einer Pars thoracica. aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag

10.3.1 Aufhängung der Schultergliedmaße · vom Manubrium sterni zur Mandibula ( Abb. 10.11). In einigen Anatomiebüchern wird er auch als M. sternoce-phalicus benannt. Er verläuft

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Page 1: 10.3.1 Aufhängung der Schultergliedmaße · vom Manubrium sterni zur Mandibula ( Abb. 10.11). In einigen Anatomiebüchern wird er auch als M. sternoce-phalicus benannt. Er verläuft

10.3.1 Aufhängung der Schultergliedmaße

Die Aufhängung der Schultergliedmaße am Thorax wirdvom M. trapezius, M. rhomboideus, M. latissimus dorsiund vom M. omotransversarius übernommen.

M. trapezius (Trapezmuskel)

c Steckbrief: M. trapezius● Ursprung:

– Pars cervicalis: Nackenstrang ab 2. HW– Pars thoracica: Lig. supraspinale vom 1.–10. BW

● Ansatz:– Halsteil zur gesamten Spina scapulae– Brustteil zum oberen Drittel der Spina scapulae

● Innervation: R. dorsalis der Nn. accessorii (XI)● Funktion:

– Vorführer und Abduktor der Schultergliedmaße– bei Kontraktion eines Anteils kraniale Rotation der

Skapula– bei Kontraktion beider Anteile Dorsalgleiten der

Skapula

Der M. trapezius ist ein platter und flächiger, direkt unterder Haut liegender Muskel, der aus einer Pars cervicalisund einer Pars thoracica besteht (▶Abb. 10.5). Der zervi-kale Anteil verläuft vom Nackenband zur gesamten Längeder Spina scapulae, während der thorakale Anteil vom

Lig. supraspinale nur zum dorsalen Drittel der Spina sca-pulae zieht. Bei gemeinsamer Kontraktion beider Anteilehebt er die Skapula dorsal an, leitet also das Abfußen derentsprechenden Vordergliedmaße ein.

Seine Pars cervicalis führt bei Kontraktion die Vorder-gliedmaße kranial, die Pars thoracica ebenso. Diese ge-meinsame Funktion, trotz des anatomisch unterschiedli-chen Verlaufs, erklärt sich aus dem Ansatzgebiet der Parsthoracica. Dieses liegt dorsal der Drehachse, um die dieSkapula sich bewegt.

k PraxistippEine Atrophie der Muskulatur im Bereich der Lage desKopfeisens des Sattels wird umgangssprachlich gerne alsAtrophie des Trapezmuskels bezeichnet.Durch Druck im Bereich des kaudalen Schulterblattran-des kommt es u. a. zumWegdrücken (Extension) derBrustwirbelsäule, wodurch der Thorax im Verhältnis zurSkapula absinkt. Dadurch entsteht das Bild einer Muskel-lücke bzw. einer Atrophie im Bereich des Trapezmuskels.Dann handelt es sich aber nicht um einen sichtbaren Ab-bau des M. trapezius. Dieser wäre viel zu dünnhäutig,um eine solche Lücke zu bilden. Die Muskulatur, dieatrophiert, ist der M. spinalis im betroffenen Bereich.Diese Atrophie kommt zum einen durch den einwirken-den Druck zustande, zum anderen aber auch durch dieVerhinderung der Aufwölbung des Widerrists.

10 – Schultergliedmaße

68

▶Abb. 10.5 M. trapezius, Lateralansicht. Dünnhäutiger Muskel, besteht aus einer Pars cervicalis und einer Pars thoracica.

aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag

Page 2: 10.3.1 Aufhängung der Schultergliedmaße · vom Manubrium sterni zur Mandibula ( Abb. 10.11). In einigen Anatomiebüchern wird er auch als M. sternoce-phalicus benannt. Er verläuft

M. rhomboideus (Rautenmuskel)

c Steckbrief: M. rhomboideus● Ursprung:

– cervicis: Nackenstrang auf Höhe des 2.–7. HW– thoracis: vom Lig. supraspinale auf Höhe 1.–8. BW

● Ansatz: Innenfläche des Schulterblattknorpels● Innervation: Ventraläste der segmentalen Hals- und

Brustwirbel● Funktion:

– Feststeller, Heber und Rückführer der Schulterglied-maße (Rotation kranial der Skapula)

– Heber des Halses

Auch der M. rhomboideus besteht aus einer Pars cervicisund einer Pars thoracis (▶Abb. 10.6). Sein Halsteilkommt vom Lig. nuchae und zieht medial zur Cartilagoscapulae (Margo dorsalis scapulae). Der Brustteil ziehtvom Lig. supraspinale ebenfalls medial an die Cartilagoscapulae. Durch diesen Ansatz dient er dem Pferd alsSchultergliedmaßenheber. Das Anheben der Skapula lei-tet gemeinsam mit der Beugung der Zehen, des Karpal-,Ellbogen- und des Schultergelenks die Hangbeinphaseder Schultergliedmaße ein.

Der kranial an der Cartilago scapulae ansetzende Anteilrotiert die Skapula kranial und fungiert somit als Schul-tergliedmaßenrückführer.

Durch den Verlauf des Halsteils von Schulterblatt zurHalswirbelsäule besteht eine der Verbindungen zwischenSchultergliedmaße und Halswirbelsäule. Die Pars cervicisdienen als Aufwärtsbeweger des Halses.

10.3 Aufhängung des Brustkorbs

Schu

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69

M. rhomboideus cervicis

Ligamentum nuchae

Cartilago scapulae

M. rhomboideus thoracis

▶Abb. 10.6 M. rhomboideus, Lateralansicht. Er besteht aus einer Pars cervicis und einer Pars thoracis.

aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag

Page 3: 10.3.1 Aufhängung der Schultergliedmaße · vom Manubrium sterni zur Mandibula ( Abb. 10.11). In einigen Anatomiebüchern wird er auch als M. sternoce-phalicus benannt. Er verläuft

M. latissimus dorsi (breitester Rückenmuskel)

c Steckbrief: M. latissimus dorsi● Ursprung: am Lig. supraspinale ab 3. BW bis 6. LW

und an der Fascia thoracolumbalis● Ansatz: strahlt in den M. tensor fasciae antebrachii

und in den M. teres major ein● Innervation: N. thoracodorsalis (Plexus brachialis)● Funktion:

– Rückführer der Schultergliedmaße– Beuger des Buggelenks– bei fixierter Gliedmaße Vorzieher des Rumpfes

Der M. latissimus dorsi hat die anatomische Besonder-heit, dass er keine knöchernen Insertionsstellen besitzt.Er hat seinen Ursprung am Lig. supraspinale (ab Höhe 3.BWK) und an der Fascia thoracolumbalis. Durch diese fas-ziale Verbindung hat er Einfluss auf den Tonus der ge-samten dorsalen Muskelkette bis in die Lendenpartie(S.98). Er verbindet das Schultergelenk und den gesam-ten Rücken. Der M. latissimus dorsi verläuft kranial-ven-tral und strahlt medial des Buggelenks in den M. teresmajor sowie in den M. tensor fascia antebrachii ein(▶Abb. 10.7).

Er dient als stärkster Rückführer der Schultergliedma-ße und bewegt in der Stützbeinphase den Rumpf nachvorne. Somit stellt er den Gegenspieler zum M. brachio-cephalicus dar. Seine höchste Kraftentfaltung muss erbeim Abstützen der Vordergliedmaße entwickeln, ebensobeim Landen nach dem Sprung.

Bei festgehaltenem Rücken wird über den M. latissimusdorsi die freie Vorführphase der Schultergliedmaße ge-hemmt. Für eine endgradige Skapularotation kaudal inder Vorführphase der Schultergliedmaße müssen seineMuskelfasern in gut dehnbarem Zustand sein. Ist diesnicht der Fall, hat das entweder zur Folge, dass die Vor-führphase der jeweiligen Vordergliedmaße verkürzt istoder es erfolgt ein Ausweichen der Brustwirbelsäule inExtension. Es kommt zu einem reduzierten Raumgriff, zuSpanntritten, die aus einer vermehrten Beugung des Ell-bogengelenks resultieren.

Der M. latissimus dorsi wird häufig durch unpassendeSättel, fehlerhafte Gurtung oder Vorgurte komprimiert.Durch die dadurch entstehenden Verspannungen kannsich das Pferd nicht mehr frei über den Rücken und mitraumgreifender losgelassener Schulter bewegen.

k PraxistippEine Dehnung des M. latissimus dorsi bei zu weit nachdorsal geführtem Vorderbein führt zur Extension derBrustwirbelsäule. Diese Dehnung soll nie bei arthroti-schen Veränderungen der Wirbelgelenke und Kissing spi-nes angewendet werden! Auch bei gesunden Pferdensoll eine Kompression der Facettengelenke vermiedenwerden, indem das Bein vor allem nach kranial anstattdorsal geführt wird. Eine Alternative zur oben beschrie-benen Dehnung stellt das Aufwölben der BWS dar(▶Abb. 10.8).

M. omotransversarius (Schulter-Hals-Muskel)

c Steckbrief: M. omotransversarius● Ursprung: Faszie im lateralen Schulterbereich● Ansatz: Querfortsätze der 2.–4. Halswirbel● Innervation: Ventraläste der Nn. cervicales● Funktion:

– Vorführer der Schultergliedmaße– bei einseitiger Kontraktion/festgestellter Gliedma-

ße: Seitwärtszieher des Halses

Der Verlauf des M. omotransversarius lässt sich bereitsaus seinem Namen herleiten. Er kommt aus der Schulter-faszie (omos = große Schulter) und zieht an die Querfort-sätze der 2.–4. Halswirbel. Er ist relativ fest mit dem kra-nialen Anteil des M. brachiocephalicus verwachsen. Da-durch übernimmt er nicht nur die Aufhängung der Schul-tergliedmaße, er übernimmt auch einen kleinen Anteilbeim Tragen des Rumpfes. Seine hauptsächliche Funktionliegt im Vorführen der Schultergliedmaße und bei einsei-tiger Kontraktion bewirkt er eine Lateralflexion der Hals-wirbelsäule zu seiner Seite (▶Abb. 13.12).

10 – Schultergliedmaße

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Fascia thoracolumbalis

▶Abb. 10.7 M. latissimus dorsi,Lateralansicht.

aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag

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10.3 Aufhängung des Brustkorbs

Schu

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10.3.2 Rumpfträger

Zu den Trägern des Rumpfes gehören der M. brachioce-phalicus, der M. sternomandibularis, der M. subclavius,der M. serratus ventralis thoracis sowie die Mm. pectora-les superficialis und profundus.

M. brachiocephalicus (Arm-Kopf-Muskel)

c Steckbrief: M. brachiocephalicusZusammengesetzt aus M. cleidocephalicus (obererAnteil) und M. cleidobrachialis (unterer Anteil).

M. cleidocephalicus (cleidomastoideus)● Ursprung: Klavikularstreifen● Ansatz: Proc. mastoideus des Schläfenbeins● Innervation: R. ventralis der Nn. accessorii (XI)● Funktion:

– Vorführer der Schultergliedmaße– Niederzieher und Seitwärtszieher des Kopfes

M. cleidobrachialis● Ursprung: Klavikularstreifen● Ansatz: Crista humeri● Innervation: N. axillaris● Funktion: Vorführer der Gliedmaße

Der M. brachiocephalicus, der als Hauptvorführer derSchultergliedmaße fungiert, kommt aus der Oberarmfas-zie wie von der Crista humeri und zieht an den Schädelzum Proc. mastoideus (▶Abb. 10.9). Er wird durch denKlavikularstreifen, der ein Rudiment der Klavikula dar-stellt, in 2 separat benannte Muskeln unterteilt: in denM. cleidocephalicus, der vom Klavikularstreifen bis zumProc. mastoideus verläuft, und den M. cleidobrachialis,der vom Klavikularstreifen zum Oberarm zieht.

Der Klavikularstreifen ist eine quer zu den Muskelfa-sern verlaufende Sehnenplatte im Verlauf des M. brachio-cephalicus, ungefähr auf Höhe C4/5, die bei manchenPferden zu palpieren ist. Funktionell ist der M. brachioce-phalicus unbedingt als durchgehender Muskel zu be-trachten. Die Dehnbarkeit des Gewebes ist am Klavikular-

streifen nicht herabgesetzt. Muskelfaserrisse sind meis-tens kaudal von ihm zu finden.

Der Muskeltonus des M. brachiocephalicus ist ausschlag-gebend für die Qualität der Vorhandbewegung. Ein locke-res, losgelassenes Vorschwingen der Schultergliedmaße istnur bei gewölbtemWiderrist und entsprechender Rücken-tätigkeit möglich. Aus diesem Arbeitswinkel kann derArmkopfmuskel raumgreifend arbeiten. Gleichzeitig mussder jeweils kontralaterale M. brachiocephalicus geschmei-dig und dehnfähig sein, da er das stützende Vorderbeinmöglichst lange exzentrisch stabilisieren muss.

Bei weggedrücktem Rücken und abgesenktem Brust-korb kommt es zu spannigen Tritten ohne den gewünsch-ten Raumgriff. Auch bei zu enger Einstellung hinter derSenkrechten (Einrollen, zu kleiner Ganaschenwinkel)wird die Vorführphase verkürzt. Bei relativ erarbeiteterAufrichtung aber, die sowohl mit einer Dehnung derHalslinie nach vorne als auch einem Anheben des Halseseinhergeht, kann der Raumgriff der Vorhand schwung-voll, raumgreifend und erhaben wirken.

Bei einseitigen Verspannungen des M. brachiocephali-cus geht das Pferd ungleich, was bis zur Vorhandlahmheitführen kann.

▶Abb. 10.8 Dehnung des M. latissimus dorsidurch Aufwölben der Brustwirbelsäule.(Fotografin: Cornelia Brenner)

M. brachiocephalicus

▶Abb. 10.9 M. brachiocephalicus, Lateralansicht. Er besteht ausdem M. cleidocephalicus und dem M. cleidobrachialis.

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Wird der Raumgriff der Schultergliedmaße erzwungen,ohne dass das Pferd den Schub von hinten nach vorne ver-arbeiten kann, kommt es sowohl am fußenden als aucham stützenden Bein zu Muskelverspannungen und weiteram stützenden Bein zu den erwähnten Muskelfaserrissen.

Die weiteren Funktionen des Kopfarmmuskels sind dieBeugung der Halswirbelsäule und bei einseitiger Kon-traktion ihre Seitneigung.

Eine erzwungene Kopf- und Halshaltung durch eineharte Reiterhand oder unsachgemäß angewandte Hilfs-zügel führt zu Gegendruck von Seiten des Pferdes undzur kontraproduktiven Entwicklung des M. brachioce-phalicus, das Pferd entwickelt einen Unterhals.

In seiner Funktion als Rumpfträger muss er in Verstär-kungen und der Landephase nach dem Sprung vermehrteMuskelarbeit leisten. Um einer Überlastung vorzubeugen,muss das Pferd dahingehend trainiert werden, sich indieser Phase muskulär zu stabilisieren, ohne seine Losge-lassenheit zu verlieren.

Dies geschieht über kleine, adäquat aufeinander auf-bauende Trainingsfrequenzen:● Verstärkungen sollten z. B. vor allem über kurze Stre-

cken abgefragt werden, der Wechsel zwischen Aufrich-tung und Dehnungshaltung muss immer möglich sein.

● Für das Springpferd ist es vor allem die Landung, dietrainiert werden muss, die exzentrische Muskelarbeitder Schultergliedmaße ist trainingsintensiver als dieKraftarbeit der Hinterhand am Sprung.

● Für Spring- und Dressurpferde sind Trainingseinheitenüber Cavaletti und Bodenricks ebenso wie Gymnastik-reihen mit Sprüngen eine sinnvolle Arbeit zur Entwick-lung der Rumpfträger.

k PraxistippDer Muskeltonus des Arm-Kopf-Muskels ist bei vielenPferden zu hoch und immer wieder zu regulieren. Nachdetonisierenden Maßnahmen am M. brachiocephalicussowie manipulativen Techniken im Bereich von Schulter-gliedmaße und kaudaler HWS muss die Koordination imdarauffolgenden Training im Vordergrund stehen.Dies gilt im Prinzip nach allen physiotherapeutischen An-wendungen, jedoch ist die Propriozeption der Schulter-gliedmaße sicherheitsrelevant, da es bei Koordinations-störungen zum Straucheln bis hin zu Stürzen kommenkann. Bei einem Hypertonus des M. brachiocephalicuskommt es ebenfalls zur verminderten Nervenleit-geschwindigkeit und dadurch zur verzögerten Reaktion.Der Spannungszustand des Arm-Kopf-Muskels ist durcheinen einfachen Griff zu überprüfen (▶Abb. 10.10).

10 – Schultergliedmaße

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▶Abb. 10.10 Griff zur Spannungsprüfung desM. brachiocephalicus. (Fotografin: CorneliaBrenner)

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M. sternomandibularis(Brustbein-Unterkiefer-Muskel)

c Steckbrief: M. sternomandibularis (M. ster-nocephalicus)● Ursprung: Manubrium sterni● Ansatz: Tuberositas m. sternomandibularis am Kau-

dalrand des Unterkiefers● Innervation: R. ventralis der Nn. accessorii● Funktion: Öffner der Maulspalte

Der M. sternomandibularis läuft, wie sein Name besagt,vom Manubrium sterni zur Mandibula (▶Abb. 10.11). Ineinigen Anatomiebüchern wird er auch als M. sternoce-phalicus benannt. Er verläuft am weitesten ventral amUnterhals und stellt die ventrale Begrenzung der Drossel-rinne dar. Proximal verlaufen beide Seiten eng neben-einander, vor ihrem Ansatz ziehen sie lateral an dieTuberositas musculi sternomandibularis des Unterkiefe-rastes. Zusammen mit dem M. brachiocephalicus verbin-det der M. sternomandibularis den Schädel mit derSchultergliedmaße.

Seine Funktion liegt vor allem im Öffnen der Maulspal-te. Er zählt zusammen mit den Muskeln des Zungenbeinszu den Koppermuskeln.

Bei Abwehrreaktionen gegen die Reiterhand wie Weg-drücken oder auf die Hand legen beißt das Pferd die Kie-fer zusammen oder sperrt das Maul auf. Durch beide Re-aktionen (sowie durch Koppen) kommt es zur Hypertro-phie des M. sternomandibularis. Am positiv entwickeltenReitpferdehals dagegen ist die Drosselrinne definiert aus-gebildet.

k PraxistippLäsionen des Kiefergelenks werden durch den M. sterno-mandibularis auf das Brustbein und über die Brustmus-kulatur auf die Schultergliedmaße übertragen und um-gekehrt. Bei Stellungs- und Fußungsfehlern ist immer dieStellung des Kiefergelenks zu überprüfen.

10.3 Aufhängung des Brustkorbs

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▶Abb. 10.11 M. sternomandibularis,Lateralansicht.

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M. subclavius (unterer Schlüsselbeinmuskel)

c Steckbrief: M. subclavius● Ursprung:

– 1.–4. Rippenknorpel– Sternum

● Ansatz: strahlt in M. supraspinatus und Schulterfaszieein

● Innervation: Nn. pectorales craniales● Funktion:

– Rumpfträger– Feststeller des Buggelenks

Der M. subclavius läuft vom Sternum und den 1.–4. Rip-penknorpel in den M. supraspinatus und die Schulterfas-zie (▶Abb. 10.12). Er fungiert wie der M. pectoralis pro-fundus nicht nur als Rumpfträger, sondern auch als Stabi-lisator des Schultergelenks. Aufgrund seiner Lage undFunktion wird er auch als kranialer Abschnitt des M.pectoralis profundus beschrieben.

Vor allem bei Springpferden ist er häufig stark aus-gebildet und dann kranial des Margo cranialis der Skapu-la gut zu palpieren.

10 – Schultergliedmaße

74

Facies lateralis

▶Abb. 10.12 M. subclavius, Lateral-ansicht.

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M. serratus ventralis(unterer gezackter Muskel)

c Steckbrief: M. serratus ventralis● Ursprung:

– Pars cervicis: Querfortsätze der 4.–7. HW– Pars thoracis: 1.–8. Rippe

● Ansatz:– Facies serrata scapulae– Cartilago scapulae

● Innervation:– Rr. ventrales der Halsnerven– N. thoracicus longus (Plexus brachialis)

● Funktion:– wichtigster Rumpfträger– Heber des Halses bei fixierter Gliedmaße– Träger des Halses– Hilfsinspirator

Der M. serratus ventralis mit seiner Pars cervicis und sei-ner Pars thoracis ist der Rumpfträger, der die muskuläreVerbindung zwischen Rumpf und Skapula darstellt(▶Abb. 10.13). Seine Pars thoracis kommt von den Rip-pen 1–8 und läuft in dreieckiger Form dorsal, wo er me-dial an der Facies serrata scapulae und an der Cartilagoscapulae ansetzt. Die Pars cervicis hat ihren Urspung anden Querfortsätzen der Halswirbel 4–7 und zieht an dieFacies serrata.

Dieser Muskel verhindert bei korrektem Training zu-sammen mit den Mm. pectorales ein Absinken desRumpfes zwischen den Schulterblättern.

Seine Pars cervicis wird vor allem beim Landen bean-sprucht. Er fängt beim Landen auf der gestreckten Glied-maße die Rotation kaudal der Skapula ab. Bei einer Hy-pertrophie zieht er die Skapula kranial und die Vorder-gliedmaße steht rückständig. Der Halsteil dient auch alsTräger des Halses. Der Brustteil dient auch zum Anhebender Rippen 1–8, um die Einatmung zu unterstützen. Ist erin seiner Funktion als Rumpfträger überlastet oder durchunpassende Sättel und Sattelgurte komprimiert, so wirddie Einatmung für das Pferd erschwert.

10.3 Aufhängung des Brustkorbs

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M. serratus ventralis thoracis

Cartilago scapulae

Facies lateralis

M. serratus ventralis cervicis

▶Abb. 10.13 M. serratus ventralis,Lateralansicht.

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Mm. pectorales (Brustmuskeln)

c Steckbrief: Mm. pectorales superficialesZu den oberflächlichen Brustmuskeln gehören der M.pectoralis transversus und der M. pectoralis descendens.

M. pectoralis transversus● Ursprung: 1.–6.Rippenknorpel, ventral am Sternum● Ansatz: Unterarmfaszie in Höhe Ellbogengelenk● Innervation: Nn. pectorales craniales (Plexus brachialis)● Funktion:

– Adduktor der Gliedmaße– bei fixierter Gliedmaße und einseitiger Kontraktion

Seitwärtszieher des Rumpfes

M. pectoralis descendens● Ursprung: Manubrium sterni● Ansatz: Crista tuberculi majoris humeri und Ober-

armfaszie● Innervation: Nn. pectorales craniales (Plexus brachialis)● Funktion:

– Adduktor der Gliedmaße– bei fixierter Gliedmaße und einseitiger Kontraktion

Seitwärtszieher des Rumpfes

Die Pektoralismuskulatur besteht aus dem paarigen M.pectoralis profundus (tiefliegender Brustmuskel) unddem paarigen M. pectoralis superficialis (oberflächlichliegender Brustmuskel).

Jeder M. pectoralis superficialis besteht aus dem M.pectoralis transversus (querverlaufender Brustmuskel;▶Abb. 10.14, ▶Abb. 10.15) und dem M. pectoralis de-

10 – Schultergliedmaße

76

Cartilago costalis

Costa

Skapula

Radius

M. pectoralis descendens

M. subclavius

Sternum

M. pectoralis transversus

Humerus

Facies cranialis

▶Abb. 10.14 Mm. pectorales superficiales und M. subclavius, kraniale Ansicht.

aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag

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10.4 Schultergelenk (Art. humeri)

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scendens (absteigender Brustmuskel; in anderer Literaturz. T. als M. pectoralis ascendens zu finden).

Der M. pectoralis profundus kommt vom Sternumund den Rippenknorpeln der Rippen 4–9. Er zieht an dieTubercula majus und minus humeri. Durch diesen Ansatzstabilisiert er u. a. das Schultergelenk. Neben ihrer Funk-tion als Rumpfträger führen die Mm. pectorales dieSchultergliedmaße bei Kontraktion in Adduktion. Bei vor-handlastigen Pferden ist aufgrund eines Hypertonus und/oder strukturellen Verkürzung häufig eine eingeschränk-te Beweglichkeit des Buggelenks in Außenrotation undAbduktion zu finden.

Bei Pferden mit hypertoner Brustmuskulatur ist häufigein enges Vorführen der Vorderbeine zu beobachten.

Betrachtet man das Pferd von ventral, so verlaufen dieMm. pectorales so zwischen den Vorderbeinen, dass ihreFasern eine Art Hängematte für den Thorax bilden(▶Abb. 10.15). Durch dieses Bild kann man sich ihre Auf-gabe beim Auffußen der Schultergliedmaße gut vorstellen.Allerdings muss man gleichzeitig daran denken, dass diese„Hängematte“ nicht als solche genutzt werden sollte.

Unterstützt und dadurch entlastet werden die Rumpf-träger von der Bauchmuskulatur bzw. von den Muskeln,die an der „Brückenbildung“ (S.36) beteiligt sind.

Das korrekt von hinten nach vorne gerittene Pferd wirdvon hinten nach vorne größer, was bedeutet, dass dierumpftragende Muskulatur federt und das Brustbein imRaum angehoben wird. Durch das elastische Abfangender Schwungübertragung der Beckengliedmaße oder inder Landephase übernehmen die Träger des Thorax einePufferfunktion für alle distal der Skapula liegendenStrukturen.

Besonders wichtig ist diese Pufferfunktion für die Ge-lenke, die mit wenig Winkelung angelegt sind, also fürdas Karpal-, Huf- und Krongelenk; ebenso für den Fessel-träger als auch für die oberflächliche und tiefe Beugeseh-

ne. Eine weitere Voraussetzung für das Funktionieren desPuffersystems ist das freie Gleiten der Skapula in alleRichtungen.

10.3.3 Biomechanik der Skapula

In der Fortbewegung des Pferdes gleitet die Skapula aufdem Brustkorb in verschiedene Richtungen. Diese ver-schiedenen Gleitrichtungen können manualtherapeu-tisch getestet werden. Hierbei handelt es sich um Gleitbe-wegungen ventral und dorsal, Rotation kranial und kau-dal und Bewegungen in Abduktion und Adduktion.

In der Fortbewegung sind allerdings immer Bewe-gungskombinationen zu finden, was u. a. an der Konvexi-tät des Thorax liegt. In der Vorführphase bewegt sich dieSkapula in Rotation kaudal, was mit einem Gleiten ven-tral und einer Adduktion verbunden ist. In der Stützbein-phase beschreibt sie eine Rotation kranial, kombiniertmit einem Gleiten dorsal und einer Abduktion. Die Ska-pula beschreibt eine ovale Bewegung um eine wanderndeRotationsachse, die sich in der dorsalen Hälfte des Schul-terblatts befindet.

Das Gleiten der Skapula in der Stützbeinphase stellt ei-nen weiteren Puffer für die distal liegenden Strukturendar. Wird das Gleitverhalten durch muskuläre Dysbalan-cen, einen unpassenden Sattel oder klemmenden Reiter-schenkel gestört, kann sich das Pferd weniger elastischabfangen. Weiterlaufend kommt es zu Verspannungendes M. serratus ventralis thoracis.

k PraxistippDie freie Skapulabeweglichkeit, das Anheben des Wider-rists (Reiten über den Rücken) und das Training derRumpfträger lindern die Belastung auf Karpus, Zehenge-lenke, Fesselträger und Beugesehnen.

10.4

Schultergelenk (Art. humeri)

Das Buggelenk wird aus der flachen, kleineren Gelenk-grube des Schulterblatthalses und dem konvexen, größe-ren Humeruskopf gebildet. Der Gelenkwinkel beträgtzwischen 75° und 100°, was bedeutet, dass das Pferd imStand eine Beugestellung des Buggelenks zeigt. DieseWinkelung und die des Ellbogengelenks stellen einenweiteren Puffer da, sodass die Belastung auf Karpus undZehengelenke durch diese Gelenkwinkel in der Bewe-gung gemindert wird.

Das Buggelenk ist anatomisch gesehen ein Kugelgelenk(▶Abb. 10.16), funktionell agiert es aber aufgrund seinerseitlichen Führung vorrangig in Beugung und Streckung.Rotationen, Abduktion und Adduktion sind im Vergleichmit dem menschlichen Schultergelenk nur geringgradigmöglich.

M. pectoralisdescendens

M. pectoralisprofundus

Sternum

M. pectoralistransversus

Humerus

Facies ventralis

▶Abb. 10.15 M. pectoralis descendens, M. pectoralis transversus,M. pectoralis profundus, Ansicht von ventral.

aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag

Page 11: 10.3.1 Aufhängung der Schultergliedmaße · vom Manubrium sterni zur Mandibula ( Abb. 10.11). In einigen Anatomiebüchern wird er auch als M. sternoce-phalicus benannt. Er verläuft

10.4.1 Bänder

Das Schultergelenk des Pferdes besitzt keine Seitenbän-der. Die Funktion des medialen Seitenbands wird von derSehne des M. subscapularis übernommen, die Sehne desM. infraspinatus stellt das laterale Seitenband dar. Somithaben diese beiden Muskeln Einfluss auf die seitliche Sta-bilität des Buggelenks und führen die Bewegungen Stre-ckung und Beugung.

10.4.2 Muskulatur

M. subscapularis (Unterschulterblattmuskel)

c Steckbrief: M. subscapularis● Ursprung: Fossa subscapularis● Ansatz: Tuberculum minus humeri● Innervation: N. subscapularis und N. axillaris● Funktion: überwiegend Strecker des Buggelenks

Der M. subscapularis ist stark sehnig durchsetzt. Erkommt aus der Fossa subscapularis und zieht medial ansTuberculum minus humeri, wo seine Endsehne voneinem Schleimbeutel (Bursa subtendinea musculi subsca-pularis) unterlagert wird. Durch seinen Ansatz distal derDrehachse des Schultergelenks fungiert er je nach Ge-lenkstellung als Strecker oder Beuger des Buggelenks(▶Abb. 10.17).

10 – Schultergliedmaße

78

Tuberculum supraglenoidale

Tuberculum majus

Crista tuberculi majoris

Corpus humeri

Collum humeriCaput humeri

Collum scapulae

a

b

▶Abb. 10.16 Schultergelenk. (a: Salomon F-V, Geyer H, Gille U. Anatomie für die Tier-medizin. Enke 2015; b: Beatrix Schulte Wien, Deutsches Institut für Pferde-Osteopathie)

Grafik folgt

a Humerus.1. Caput humeri2. Collum humeri3. Tuberculum majus, Pars cranialis4. Tuberculum majus, Pars caudalis5. Tuberculum intermedium6. Tuberculum minus7. Crista tuberculi majoris8. Facies musculi infraspinati9. Tuberositas teres major10. Linea musculi tricipitis

11. Tuberositas deltoidea12. Crista humeri13. Sulcus musculi brachialis14. Crista supracondylaris lateralis15. Epicondylus lateralis16. Bandhöcker17. Bandgrube18. Epicondylus medialis19. Fossa olecrani20. Fossa radialis21. Trochlea humeri

b Schultergelenk, Kraniolateralansicht.

M. teres major

M. subscapularis

M. coracobrachialis

Facies medialis

▶Abb. 10.17 M. subscapularis, M. teres major und M. coracobra-chialis; Medialansicht.

aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag

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M. supraspinatus (oberer Grätenmuskel) undM. infraspinatus (unterer Grätenmuskel)

c Steckbrief: M. supraspinatus● Ursprung: Fossa supraspinata und Spina scapulae,

Cartilago scapulae● Ansatz:

– medial am Tuberculum minus humeri– lateral am Tuberculum majus humeri

● Innervation: N. suprascapularis● Funktion:

– Buggelenkstrecker– Feststeller

c Steckbrief: M. infraspinatus● Ursprung: Fossa infraspinata und Spina scapulae,

Cartilago scapulae● Ansatz:

– kurze Sehne zum Tuberculum majus humeri– längere Sehne distal zur Basis des Tuberculum ma-

jus humeri● Innervation: N. suprascapularis● Funktion:

– Buggelenkstrecker– bei angebeugtem Gelenk auch Buggelenkbeuger– stellt das laterale kontraktile Spannband des Bugge-

lenks

Auf der lateralen Seite des Schulterblatts entspringt ausder Fossa supraspinata der M. supraspinatus und aus derFossa infraspinata der M. infraspinatus (▶Abb. 10.18).DerM. supraspinatus zieht kraniolateral über das Bugge-lenk an die Tubercula majus und minus. Beim Spring-pferd ist er stärker ausgebildet, da er das Schultergelenkbei der Landung von kranial stabilisiert. Er dient als Bug-gelenkstrecker, ebenso wie der M. infraspinatus. Dieserzieht lateral an das Tuberculum majus, wo seine Sehnekaudal von der des M. supraspinatus inseriert. Sie ist wiedie Sehne des M. subscapularis von einem Schleimbeutel(Bursa subtendinea musculi infraspinatus) unterlagert.

Der M. infraspinatus kann ebenso wie der M. subscapu-laris durch seinen Arbeitswinkel die Beugung im Schul-tergelenk unterstützen.

10.4 Schultergelenk (Art. humeri)

Schu

ltergliedm

aße

79

Facies lateralis

M. infraspinatus

M. supraspinatus

M. deltoideus

▶Abb. 10.18 M. infraspinatus, M. supraspinatus und M. deltoi-deus; Lateralansicht.

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M. biceps brachii(zweiköpfiger Oberarmmuskel)

c Steckbrief: M. biceps brachii● Ursprung: Tuberculum supraglenoidale scapulae● Ansatz: Tuberositas radii (proximal an die Ulna),

strahlt über den Lacertus fibrosus in den M. extensorcarpi radialis ein

● Innervation: N. musculocutaneus● Funktion:

– Strecker des Buggelenks– Beuger des Ellbogengelenks– Feststeller des Karpalgelenks über den Lacertus fi-

brosus (passive Stehvorrichtung)

Der Muskel ist Strecker des Buggelenks, aber Beuger desEllbogengelenks. Beim Pferd ist er nur einbauchig undhat seinen Ursprung am Tuberculum supraglenoidale.Seine Ursprungssehne läuft durch den Sulcus intertuber-cularis des Humerus. Das Tuberculum intermedium stellteinen Führungskamm für die Bizepssehne dar, die an ih-rer kaudalen Seite mit Knorpeleinlagerungen durchsetztist. Er zieht mit einer Sehne an die Tuberositas radii undmit einer weiteren Sehne distal an die Ulna. Der M. bi-ceps brachii (▶Abb. 10.19) dient der passiven Schulterfi-xation im Stand und der Stabilisation des Schultergelenksvon kranial, was an den sehnigen Einlagerungen zu er-kennen ist, die den Muskel durchsetzen. Sie geben im dis-talen Drittel einen rein sehnigen Schenkel (Lacertus fi-brosus) ab. Dieser verläuft im kranialen Winkel des Ell-bogengelenks, ist durch die Haut sehr gut zu palpierenund auch oft zu sehen. Durch sein Einstrahlen in den M.extensor carpi radialis dient er als Feststeller des Karpal-gelenks und ist somit Teil der passiven Stehvorrichtungder Schultergliedmaße.

Beim Straucheln kommt der M. biceps brachii unterDehnung und streckt reflektorisch das Schultergelenk,wodurch ein Sturz verhindert werden kann.

k PraxistippDer Tonus des M. brachiocephalicus überträgt sich überdie Oberarmfaszie auf den M. biceps brachii und überden Lacertus fibrosus auf den Strecker des Karpalge-lenks.

M. deltoideus (Deltamuskel)

c Steckbrief: M. deltoideus● Ursprung: mit starker Aponeurose aus dem M. infra-

spinatus und Spina scapulae, fleischig am Margo cau-dalis scapulae

● Ansatz: Tuberositas deltoidea humeri● Innervation: N. axillaris● Funktion: Beuger des Buggelenks

Der M. deltoideus (▶Abb. 10.18) besteht beim Pferd nichtwie beim Menschen aus 3 Portionen, sondern hat sichauf 1 Portion reduziert. Er entspringt aus der Oberflächedes M. infraspinatus und der Spina scapulae und verläuftals oberflächlicher Muskel bis an die zu palpierende Tu-berositas deltoidea.

Er beugt das Schultergelenk.

10 – Schultergliedmaße

80

Facies lateralis

M. biceps brachii

M. teres minor

M. anconaeus

Lacertus fibrosus

M. extensor carpiradialis

▶Abb. 10.19 M. biceps brachii, M. teres minor, M. anconaeus undM. extensor carpi radialis, Lateralansicht.

aus: Wieland u.a., Bewegungsapparat Pferd (ISBN 9783830494447) © 2015 Sonntag Verlag