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Weißenburger Blätter Geschichte . Heimatkunde . Kultur Januar 2017 1/2017 nostra villa

1/2017 Weißenburger Blätter · 2 Shane Salerno und David Shields, Salinger, New York 2013. J. D. Salinger im Frankenland Eberhard Alsen. sagt, die Hölle sei „die Qual, der Liebe

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Weißenburger BlätterGeschichte . Heimatkunde . Kultur

Januar 20171/20

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Inhalt: Eberhard Alsen:

J. D. Salinger im Frankenland, S. 5

Reiner Kammerl:Zwischen Ellinger Tor und Schwärzgasse, S. 17

Titelbild:Der Textausschnitt im Hintergrund stammt aus der auto-biografischen Erzählung Salingers „Für Esmé mit Liebeund Unrat“ (aus: J. D. Salinger, Neun Erzählungen, Köln1966, S. 86). Die Stadt Weißenburg i. Bay. wird darin als„Gaufurt in Bayern“ genannt.

Das Foto wurde 1950 von der deutschen FotografinLotte Jacobi aufgenommen, und zwar im Auftrag des Ver-lags Little, Brown and Company in Boston, der den Fän-ger im Roggen (The Catcher in the Rye) ursprünglichveröffentlichte. Es erschien 1951 (allerdings seitenver-kehrt) auf der Rückseite der Erstausgabe des Buchs.

villa nostra – Weißenburger BlätterGeschichte . Heimatkunde . Kultur

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Impressum:

Herausgeber: Große Kreisstadt Weißenburg i. Bay., Neues Rathaus, 91780 Weißenburg i. Bay., Tel.: 09141/907102, Fax: 09141/907138 (Büro des Oberbürgermeisters)E-Mail: [email protected] Internet: http://www.weissenburg.de

Erscheinungsweise: dreimal jährlich (Januar, Mai, September)

Auflage: 3000

Schriftleitung v.i.S.d.P.: Dipl.-Archivar (FH) Reiner Kammerl, Stadtarchiv, Neues Rathaus, Tel.: 09141/907222,Fax: 09141/907227, E-Mail: [email protected]

Redaktion und Konzeption: Reiner Kammerl, Jürgen Schröppel

Beiträge: Eberhard Alsen

Fotos und Zeichnungen: Stadtarchiv Gunzenhausen, Lotte Jacobi,Stadtarchiv Pappenheim. Alle übrigen, nicht bezeichneten Auf-nahmen: Stadtarchiv Weißenburg i. Bay.

Satz und Druck: Buch- und Offsetdruckerei Braun & Elbel,Weißenburg i. Bay.

Die „villa nostra – Weißenburger Blätter“ sind kostenlos erhält-lich in den bekannten Verteilerstellen der Stadtverwaltung (u. a.Neues Rathaus, Amt für Kultur und Touristik, Stadtbibliothek),im Weißenburger Museumsshop, im Kundenzentrum der Stadt-werke GmbH, in den Weißenburger Geschäftsstellen der Spar-kasse sowie den örtlichen Buchhandlungen und Banken.

Bei Bedarf, soweit von Institutionen oder Gewerbebetrieben Exemplare zur Auslage in Wartezimmern o. Ä. gewünscht, oderauch falls frühere Ausgaben ganz oder teilweise benötigt werden,wenden Sie sich bitte an das Stadtarchiv oder das OB-Büro.

© Stadt Weißenburg bzw. Verfasser der Beiträge.

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Editorial

In diesem Jahr stehen für unsere Stadt gleich mehrere his-torische Ereignisse an, an die man besonders erinnernsollte. Dass in dieser ersten Ausgabe des Jahres 2017 kei-nes der Themen durch einen Beitrag gewürdigt ist, liegtvor allem daran, dass unsere reichhaltige Stadtgeschichtedoch schon recht ansprechend erforscht und dargestelltist. Wir dürfen in diesem Zusammenhang neben der seit1974 bestehenden „villa nostra“ auf die 1990 begründeteund inzwischen auf 16 Bände angewachsene Schriften-reihe der Stadt, die „Weißenburger Heimatbücher“, hin-weisen.

1150 Jahre ist es her, dass unsere Stadt – und mit ihrauch der Ortsteil Suffersheim – am 14. Juni des Jahres 867als „Uuzinburc“ in einer Schenkungsurkunde König Lud-wigs des Deutschen erstmals urkundlich erwähnt wird.Abgesehen davon, dass das nicht die Geburtsstunde Wei-ßenburgs ist, gibt es keine neuen Erkenntnisse zu demdarin beschriebenen Reichsgut östlich der Stadt. 1967 hatman das damals 1100-jährige Jubiläum ausgiebig gefeiert,u. a. mit einer von der „Arbeitsgemeinschaft Weißenbur-ger Heimatforschung“ herausgegebenen Festschrift:„UUIZINBURC WEISSENBURG 867-1967. Beiträgezur Stadtgeschichte“.

Vor 500 Jahren, am 31. Oktber 1517, hat Martin Lu-ther mit seinem legendären Thesenanschlag an der Wit-tenberger Schlosskirche die Reformation eingeläutet. DasEreignis feiert die evangelische Kirche jedes Jahr an die-sem Tag als Reformationsfest. Es ist auch für Weißenburgein zentrales Thema, nicht zuletzt weil die einstigeReichsstadt sehr früh den Schritt in die Reformation ge-wagt hat. Ausführlich ist das in der „Riederschen Chro-nik“ (Weißenburger Heimatbücher Band 10) dargestellt. Das Reformationsjubiläum kollidiert bei uns mit einer an-deren wichtigen Begebenheit – dem 500-jährigen Beste-hen der „Weißenburger Ratsbibliothek“. Dieser außerge-

wöhnliche Bücherschatz der Reichsstadt ist seit nunmehr40 Jahren im Ellinger Torturm untergebracht. Auf die dazugerade im Hinblick auf das Reformationsjubiläum geplan-ten Aktionen werden wir rechtzeitig hinweisen.

Das dritte für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürgerwichtige Ereignis ist die Gründung der Freiwilligen Feu-erwehr im Jahr 1867, also vor 150 Jahren. Es wird keineNeuauflage der vor 25 Jahren erschienenen aufwendigenFestschrift (Weißenburger Heimatbücher Band 3) geben.Aber in Verbindung mit den geplanten Feierlichkeitenwird die nächste Ausgabe der „villa nostra“ diesem The-ma gewidmet sein.

Wir haben uns entschieden, in dieser Ausgabe zweiBeiträge aus der neueren Stadtgeschichte zu bringen. Prof.Eberhard Alsen ist einer der profundesten Kenner desSchriftstellers J. D. Salinger, der nach dem Zweiten Welt-krieg für kurze Zeit in Weißenburg gelebt hat. In jahrelan-gen Recherchen, auch hier vor Ort, hat Prof. Alsen Spurengesammelt. Diese sind in die kürzlich erschienenen Pu-blikationen über den recht öffentlichkeitsscheuen Salingereingeflossen. Die Rekonstruktion jener Zeit und ihre Ein-bindung in das literarische Werk Salingers werden aus-führlich dargestellt.

In einem zweiten Beitrag zeichnet Stadtarchivar Rei-ner Kammerl die Entstehung des aktuell im Umbau be-findlichen Gewerbe- und Wohngebiets „Zwischen Ellin-ger Tor und Schwärzgasse“ nach.

Wir wünschen Ihnen zum Jahreswechsel alles Gute fürdas Jahr 2017

Ihr Ihr

Jürgen Schröppel Reiner KammerlOberbürgermeister Stadtarchivar

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Für lange Zeit wusste niemand, dass der amerikanischeSchriftsteller J. D. Salinger – Autor des weltberühmtenRomans Der Fänger im Roggen – nach Ende des Zwei-ten Weltkriegs für die amerikanische Armee in Weißen-burg, Gunzenhausen und Nürnberg tätig war und dassdie Stadt Weißenburg der Ort der Handlung im zweitenTeil von Salingers Kurzgeschichte „Für Esmé – mitLiebe und Unrat“ ist.1 Der Grund dafür ist, dass es bisvor Kurzem kaum Informationen über Salingers Mili-tärzeit gab, denn er hat sich sein Leben lang mit großerEnergie gegen Eingriffe in seine Privatsphäre gewehrt(er starb im Alter von 91 Jahren am 27. Januar 2010).

In diesem Aufsatz geht es mir darum, aufzuzeigen,wie Salinger seine Zeit im Frankenland in seiner Ge-schichte „Für Esmé – mit Liebe und Unrat“ dargestellthat und was er wirklich dort erlebte. Der Aufsatz ist einNebenprodukt von meinen Recherchen in amerikani-schen und deutschen Archiven für Shane Salernos Do-kumentarfilm Salinger (2013) und das dazugehörigeBuch.2

„Für Esmé – mit Liebe und Unrat”„Für Esmé“ hat zwei Teile. Die Handlung im erstenTeil findet in England statt, kurz vor der Invasion derNormandie, und die Handlung im zweiten Teil inDeutschland kurz vor und nach dem Ende des Zwei-ten Weltkriegs. Der Titel „Für Esmé – mit Liebe undUnrat“ ergibt sich aus einem Gespräch zwischen derTitelfigur Esmé, einem dreizehnjährigen englischenMädchen, und einem amerikanischen Soldaten, den Sa-linger „Stabsunteroffizier X“ nennt. Unteroffizier X er-

wähnt in seiner Unterhaltung mit Esmé, dass er Kurz-geschichten schreibt, und Esmé bittet ihn, „ausschließ-lich für sie“ eine Geschichte „mit enorm viel Unrat undGefühl“ zu schreiben. Obwohl er keine Ahnung hat,was Esmé mit „Unrat“ meint, gibt Unteroffizier X demMädchen sein Versprechen. Als sie sich von ihm ver-abschiedet, sagt Esmé, dass sie hofft, Unteroffizier Xwird „psychologisch intakt aus dem Krieg zurückkeh-ren“. Damit formuliert Esmé das zentrale Thema derGeschichte.

Der zweite Teil findet kurz vor Ende des Kriegesund mehrere Wochen nach Kriegsende statt, und zwarin einer fiktiven bayerischen Kleinstadt namens „Gau-furt“. Dort sind Unteroffizier X und neun seiner Kol-legen der Spionageabwehr (Counter IntelligenceCorps) in einem zweistöckigen Bürgerhaus einquar-tiert. Als sie dort einzogen, verhaftete Unteroffizier Xdie achtunddreißigjährige, unverheiratete Tochter derEigentümer des Hauses, denn sie „war eine Funktio-närin in der Nazi-Partei gewesen, von niedrigem Rang,jedoch hoch genug um nach den Armee-Vorschriftenunter die Kategorie ‚Sofort – Verhaftung‘ zu fallen“.

Unteroffizier X hat Sympathie für die Nazifrau,weil sie auf das Vorsatzpapier eines Buchs des NS-Pro-pagandaministers Joseph Goebbels geschrieben hatte:„Mein Gott, das Leben ist eine Hölle.“ Unteroffizier Xschreibt daher darunter ein Zitat, in dem Dostojewski

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1 „Für Esmé – mit Liebe und Unrat,” übersetzt von Elisabeth Snack, in: J. D.Salinger, Neun Erzählungen, Reinbek bei Hamburg 1968, S. 69-90.

2 Shane Salerno und David Shields, Salinger, New York 2013.

J. D. Salinger im FrankenlandEberhard Alsen

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sagt, die Hölle sei „die Qual, der Liebe unfähig zusein“.

Dann erfahren wir, dass Unteroffizier X kurz nachEnde des Krieges einen Nervenzusammenbruch erlittund zwei Wochen lang in einem Lazarett der US-Armee in Frankfurt behandelt wurde. Nach seinerRückkehr aus dem Lazarett ist Unteroffizier X immernoch nicht gesund, weder körperlich noch geistig. Erist blass wie eine Leiche, hat enorm viel Gewicht ab-genommen, seine Hände zittern, sein Zahnfleisch blu-tet, seine Wangen zucken oft unkontrollierbar, und ermuss sich ständig übergeben. Außerdem sind seineDenkvorgänge so unstabil „wie schlecht verstautes Ge-päck, das oben in einem Gepäcknetz herumrutscht“.

Am Ende der Geschichte – immer noch in seinemQuartier in Gaufurt – erhält Unteroffizier X ein irrege-laufenes Päckchen, das Esmé schon vor einem Jahr ab-geschickt hatte. Es enthält die Armbanduhr von EsmésVater, der in Nordafrika gefallen war, und einen Brief.In dem Brief bittet Esmé Unteroffizier X, er solle dieUhr ihres Vaters als „glückbringenden Talisman“ fürdie Dauer des Krieges tragen. Unteroffizier X ist zumüde, einen Brief an das dreizehnjährige Mädchen zuschreiben. Aber mit der Armbanduhr in der Hand fühltX sich „plötzlich und beinahe beglückt schläfrig“ undmurmelt eine Antwort auf Esmés Brief. Er sagt, dasser immer noch die Aussicht hat, „wieder ein Mann zuwerden, der psy-, p-s-y-c-h-o-l-o-g-i-s-c-h intakt ist“.Und damit endet die Geschichte.

Der autobiografische HintergrundWie Stabsunteroffizier X so war auch Stabsunteroffi-zier (Staff Sergeant) Salinger ein Autor von Kurzge-schichten, und auch er wurde vom britischen Nach-richtendienst für die Invasion Frankreichs ausgebildet

und zwar in einem Schulungszentrum außerhalb derKleinstadt Tiverton in der Grafschaft Devon.3

Und wie Stabsunteroffizier X war auch Salingernach Ende des Krieges mit seiner CIC-Einheit in Bay-ern stationiert, erst in Weißenburg und dann in Gunzen-hausen. Und auch Salinger erlitt unmittelbar nachKriegsende einen Nervenzusammenbruch. Soweit die offensichtlichen Parallelen.

Salingers NervenzusammenbruchIn „Für Esmé – mit Liebe und Unrat“ erfahren wirnicht, was den psychischen Kollaps von UnteroffizierX verursacht hat. Und auch über die Gründe für Salin-gers Nervenzusammenbruch ist nichts Definitives be-kannt. Die meisten Salinger-Experten nehmen an, dassdie Hauptursache für seinen Nervenzusammenbrucheine psychische Überbelastung durch traumatischeFronterlebnisse war, weil Salinger angeblich tagein undtagaus an der Seite der Frontsoldaten seines 12. Infan-terieregiments gekämpft hat.

In J. D. Salinger: A Life (2010) behauptet KennethSlawenski, dass Salinger während der Schlachten in derNormandie „an der Vorderfront an allen Kampfhand-lungen“ teilgenommen habe, und dass er dabei „für dieSicherheit und das Verhalten seiner Mannschaften ver-antwortlich war“.4

Aber erstens war Salinger kein Offizier und daherfür keine Mannschaften verantwortlich. Aus Akten imamerikanischen Nationalarchiv geht hervor, dass er bisAugust 1944 noch Gefreiter war, und auch nach seinerBeförderung zum Stabsunteroffizier hatte er nur Be-fehlsgewalt über seinen Jeepfahrer, den Schützen (und

3 Ian Hamilton, London 1988. S. 82.4 Kenneth Slawenski, J. D. Salinger: A Life, New York 2010. S. 93, 94.

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später Gefreiten) John Keenan. Und zweitens zeigendie täglichen Einsatzberichte (Periodic Reports) vonSalingers Vorgesetztem, dem Leut-nant bzw. Haupt-mann Oliver Appleton, dass seine CIC-Einheit nie anKampfhandlungen teilgenommen hat. Diese Einsatz-berichte, vom Tage der Invasion (6. Juni 1944) bis zumKriegsende (8. Mai 1945), zeigen, dass die Aufgabender CIC-Agenten darin bestanden, zurückgelasseneDokumente aus deutschen Gefechtsständen und Bürosder deutschen Verwaltung zu sammeln, Spione, Kolla-borateure und Nazi-Funktionäre zu verhaften, Kriegs-gefangene zu verhören und Jeep-Patrouillen zumachen, um Zivilisten von der Front fernzuhalten.Kurzum, Salinger verrichtete seine Arbeit als CIC-Agent meist weit hinter der Front und kam nur seltenin Lebensgefahr. Es ist daher höchst zweifelhaft, dasssein psychischer Kollaps von traumatischen Fronter-lebnissen verursacht wurde.

Salinger hat seinen Nervenzusammenbruch ineinem Brief erwähnt, den er im Juli 1945 aus dem Städ-tischen Krankenhaus in Nürnberg an Ernest Heming-way schrieb. Über die Ursache seines Nervenzusam-menbruchs sagt Salinger nichts, aber er berichtet, dasser sich schon seit einiger Zeit in einem „fast konstan-ten Zustand der Depression“ befand und dass erdachte, „es wäre gut, mit Jemandem zu sprechen, dergeistig gesund ist“. Gegen Ende des Briefs wirdklar, warum Salinger sich in einem zivilen Kranken-haus behandeln ließ und nicht in einem Lazarett deramerikanischen Armee, wie Stabsunteroffizier X in„Für Esmé“. Er schreibt: „Ich würde meinen rechtenArm dafür hergeben, aus der Armee entlassen zu wer-den, aber nicht mit einem psychiatrischen Ticket wodrauf steht ‚Dieser Mann ist nicht fit für das Leben inder Armee‘.“ 5

In einem Aufsatz in einer literaturwissenschaftlichenZeitschrift habe ich dargelegt, dass Salingers psychi-scher Kollaps höchstwahrscheinlich von dem Besucheines Konzentrationslagers ausgelöst wurde.6

Abb. 1: In diesem äußerlich unauffälligen Haus (Geheimrat-Dr.-Doerfler-Straße 20) wohnte Salinger 1945 während seines Aufenthalts

in Weißenburg. Der in der Nähe aufgewachsene Prof. Dr. Walter Doerfler kann sich

erinnern, dass an dem Haus ein Schild mit der Aufschrift CICangebracht war.

5 J. D. Salinger an Ernest Hemingway. Nürnberg, Juli 1945. Die unveröffent-lichten Briefe Salingers, die ich zitiere, liegen in der Copyright-Abteilungdes amerikanischen Nationalarchivs in Washington.

6 Eberhard Alsen, „New Light on the Nervous Breakdowns of Salinger’s Ser-geant X and Seymour Glass“. CLA Journal, März 2002. S. 379-387.

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Dieser Gedanke kam mir bei der Lektüre der Memoi-ren von Salingers Tochter Margaret (Dream Catcher,2000). Sie berichtet, dass ihr Vater kurz vor Kriegsendeals einer der ersten amerikanischen Soldaten ein KZbetrat, wo die SS Dutzende von jüdischen Häftlingenbei lebendigem Leib verbrannt hatte. Ihr Vater gab ihrkeine Details und sagte nur „Man bekommt den Geruchvon brennendem Fleisch nie ganz aus seiner Nase her-aus, egal wie lange man lebt.” 7

Margaret Salinger erinnerte sich nicht an den Na-men des Lagers. Aber es muss das KZ Kaufering IV inder Nähe von Landsberg gewesen sein, ein kleines Au-ßenlager des Dachauer Komplexes, mit etwa 3000Häftlingen. Lager Kaufering IV war nämlich das ein-zige KZ in der Nähe der Vormarschroute von Salingers12. Infanterieregiment, wo Häftlinge bei lebendigemLeibe verbrannt wurden. Das evakuierte Lager wurdeam 27. April von Soldaten einer amerikanischen Pan-zerdivision entdeckt. Kurz zuvor hatte die SS die achtUnterkünfte der nicht reisefähigen Insassen in Brandgesteckt und dann die restlichen Häftlinge per Güter-zug nach Dachau verfrachtet.8

Es ist nicht anzunehmen, dass Salinger das Lagerschon am Tag seiner Entdeckung betreten hat, aberwahrscheinlich einen Tag später, am 28. April. Dennam 29. April waren schon Kamerateams der US-Armeezur Stelle, und zwangsverpflichtete deutsche Zivilistenhatten schon begonnen, die toten Häftlinge zu begra-ben. Insgesamt wurden in dem Lager und um das Lagerherum 360 Tote gefunden, davon 86 im Schutt der nochschwelenden Unterkünfte.

Bisher wusste niemand, wann Salinger seinen Ner-venzusammenbruch erlitt. Aber am 13. Mai 1945schrieb er einen Brief aus Weißenburg, der so überkan-didelt ist, dass ich annehme, er hat ihn fast unmittelbar

nach seinem Kollaps geschrieben, d. h. weniger alszwei Wochen nach seinem KZ-Besuch.

Zu Anfang dieses Briefes an seine langjährige Ver-traute Elizabeth Murray sagt Salinger, dass selbst seinetrivialsten Gedanken „die Schärfe von Verrat haben“und dass sein „kleiner persönlicher Krieg [er meintwohl gegen die US-Armee] noch einige Zeit dauernwird“. Dann gesteht er, dass er froh ist, die euphori-schen Siegesfeiern in Amerika verpasst zu haben, denndie Zivilisten hätten keine Ahnung, was für eine „ma-nipulierte, miese Farce“ der Krieg war. Salinger sagt,er habe mit dem Gedanken gespielt, das Ende des Krie-ges damit zu feiern, dass er sich mit einer großkalibri-gen Pistole ein Loch durch die Handfläche seinerlinken Hand schießt, nur um zu sehen, wie lange esdauern würde, bis er das Schreibmaschinenschreibenwieder gelernt hätte „mit dem was von meiner Handübrig geblieben wäre“. Außerdem macht sich Salingerüber die Orden lustig, die er für die Teilnahme seinerDivision an vier großen Schlachten bekommen hat. Ersagt, er habe vor, sich je zwei der vier Sterne in dierechte und linke Seite seiner Nase einpflanzen zu las-sen.9

Salinger hat sich erst im Juli 1945 dazu durchge-rungen, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben.Ich nehme an, dass ihn seine zukünftige Frau, die er imMai 1945 kennenlernte, dazu überredet hat, denn siewar Ärztin.

Als Salinger seinen verrückten Brief aus Weißen-burg schrieb, wohnten er und seine CIC-Kollegen in

7 Margaret Salinger, Dream Catcher, New York 2000, S. 55.8 Anton Posset, Das Ende des Holocaust in Bayern, Landsberg im 20. Jahr-

hundert 2 (1993), S. 25-33.9 J. D. Salinger an Elizabeth Murray. Weißenburg, 13. Mai 1945.

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einem Privathaus in der Geheimrat-Dr.-Doerfler Straße20 (Abb. 1). Dieses Haus war von der Militärregierungals Mannschaftsquartier beschlagnahmt worden undwar bis zum 13. März 1946 mit CIC-Personal belegt.Die Dienststelle des CIC war in der „Villa Oberweg-ner“ in der Nürnberger Straße 31. Allerdings war dasCIC-Büro nur vom 13. Mai bis 10. Juli in Weißenburg;dann wurde es nach Gunzenhausen verlegt, und zwarin die Villa Schmidt, Wiesenstraße 14 (jetzt Rot-Kreuz-Straße, siehe Abb. 2). 10

War Sylvia die Nazifrau in „Für Esmé“?Über die Frau, die Salinger 1945 heiratete, konnte fürlange Zeit keiner der Salinger-Experten etwas heraus-finden, außer dass sie Sylvia hieß und Ärztin war. ZumBeispiel musste Ian Hamilton, der Autor der erstenvollständigen Salinger-Biografie, In Search of J. D. Sa-linger (1987), zugeben, dass er nicht wusste, wie Sylviamit Familiennamen hieß, was ihr Spezialgebiet in derMedizin war und wo und wann sie Salinger heiratete.Außerdem nahm Hamilton an – wie alle derzeitigen Sa-linger-Forscher – dass Sylvia eine Französin war. Sa-linger hatte nämlich in einem Brief vom September1945 angekündigt, dass er vorhabe, ein „French girl“zu heiraten.11 Das war eine bewusste Fehlinformation,die ich in Kürze erklären werde.

In ihren Memoiren lässt Salingers Tochter Marga-ret keinen Zweifel darüber, dass die geheimnisvolleSylvia nicht Französin, sondern Deutsche war. Dennals Salinger seine Braut mit nach New York brachte, dagab es Ärger in seiner Familie. Seine Eltern waren vonseiner deutschen Frau nicht gerade begeistert, dennschließlich war Salingers Vater Jude. Außerdem liefenzu der Zeit – im Mai 1946 – immer noch die Nürnber-ger Kriegsverbrecherprozesse, und zusammen mit Be-

richten von den Prozessen druckten viele amerikani-sche Zeitungen Fotos von den Bergen von Leichen inden Konzentrationslagern ab. Wenn man diesen zeitge-schichtlichen Hintergrund bedenkt, dann wird einemklar, was Salingers Schwester Doris meinte, als sie überSylvia sagte, sie sei doch „very German“. Dass die Ehevon Jerry und Sylvia Salinger platzte, als die beidennoch in der Wohnung von Salingers Eltern in New Yorkwohnten, erklärt Margaret Salinger mit der wider-sprüchlichen Behauptung „Sylvia hat die Juden ge-nauso sehr gehasst wie er die Nazis“. 12

Abb. 2: Die „Villa Schmidt“ in Gunzenhausen (Rot-Kreuz-Straße 12,früher Wiesenstraße 12) in einer Aufnahme um 1930.

Gebaut hat man das Haus 1926 als Wohnhaus für Ärzte am Kreiskrankenhaus Gunzenhausen,

ab 1945 war es als Büro des CIC beschlagnahmt. Hier wohnte auch das Ehepaar Salinger bis Ende Februar 1946.

(Foto: Stadtarchiv Gunzenhausen, Bildersammlung, Sammlung Biella)

10 Diese Informationen beruhen auf Dokumenten der amerikanischen Militär-regierung über die Beschlagnahme von Häuser in Weißenburg und Gunzen-hausen. Die Stadtarchive von Weißenburg und Gunzenhausen haben mirfreundlicherweise Fotokopien dieser Dokumente zur Verfügung gestellt.

11 Hamilton, a. a. O., S. 98.12 Margaret Salinger, a. a. O., S. 71..

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Der Grund, warum Salinger in seinem Brief über seinebevorstehende Heirat nicht die Wahrheit über SylviasStaatsangehörigkeit gesagt hat, ist, dass es amerikani-schen Soldaten im Jahr 1945 noch streng verboten war,mit deutschen Frauen Kontakt zu haben; und heiratendurften sie deutsche Frauen erst recht nicht. Verstößegegen jenes Verbot wurden mit bis zu sechs MonatenHaft und Verlust von zwei Dritteln des Solds bestraft.Als Salinger und Sylvia am 18. Oktober 1945 im Stan-desamt von Pappenheim heirateten, legte die Brauteinen französischen Pass vor, den Salinger für sie ge-fälscht hatte. Dieser Pass wurde nach Sylvias Tod inihren Papieren gefunden.

Obwohl Salingers Tochter Margaret recht hatte mitihrer Behauptung, dass Sylvia deutsche Staatsangehö-rige war, stimmt es weder, dass Salinger seine zukünf-tige Frau kennenlernte, als er sie verhaftete, nochstimmt es, dass Sylvia eine Funktionärin in der NSDAPwar; und es stimmt auch nicht, dass sie Antisemitin warund dass dies zum Scheitern der Ehe führte.

Sylvia kann nicht die Vorlage für die Nazifrau in derGeschichte „Für Esmé“ gewesen sein, denn sie warkeine Funktionärin in der NSDAP. Auf meine Anfragehin erhielt ich vom Bundesarchiv in Berlin – wo dievollständigen Mitgliedkarteien der NSDAP lagern –den Bescheid, dass Sylvia Welter weder eine Funktio-närin noch ein Mitglied der Partei war.

Außerdem gibt es keine Beweise dafür, dass ihr an-geblicher Antisemitismus der Grund für das Scheiternihrer Ehe mit Salinger war. Denn in einem Brief, indem er erklärt, warum seine Ehe mit Sylvia in die Brü-che ging, wird offenkundig, dass es einen ganz an-deren Grund dafür gab. Mehr über diesen Brief später.

Um die Entstehung der Figur der Nazifrau in „FürEsmé“ zu ergründen, habe ich mich beim Archiv der

Stadt Weißenburg erkundigt, wer 1945 die Besitzer desHauses in der Dr.-Doerfler-Straße 20 waren, das alsWohnquartier für Herrn Salinger und seine CIC-Kolle-gen beschlagnahmt wurde. Ich bekam den Bescheid,dass das Haus damals einer Familie Müller gehörte, dieeine dreiundzwanzig Jahre alte Tochter hatten. Aber diewar nicht in der Partei. Als Salinger in sein Quartier inder Dr.-Doerfler-Straße einzog, hat er dort also nieman-den verhaftet.

Aber ich habe im Stadtarchiv Weißenburg auch er-fahren, dass bei der Beschlagnahme der „Villa Ober-wegner“ (Nürnberger Straße 31), wo das CIC-Bürowar, eine Person festgenommen wurde, die auf derCIC-Liste der sofort zu Verhaftenden stand. Doch wares keine Frau, sondern ein Mann. Es scheint dahermöglich, dass die biografischen Vorgaben für die Figurder Nazifrau in „Für Esmé“ teilweise aus dem Wohn-und Arbeitsumfeld Salingers in Weißenburg geliefertwurden.

Kurzbiografie von Frau Dr. Sylvia WelterÜber Salingers deutsche Frau war für viele Jahre sowenig bekannt, weil niemand – nicht einmal seineTochter Margaret – Sylvias Familiennamen wusste. Ichhabe viel Zeit in deutschen Archiven damit vergeudet,dass ich nach Nazifunktionärinnen mit dem VornamenSylvia gesucht habe. Ich habe erst erfahren, dass Sylviamit Nachnamen Welter hieß, als ein Google „SalingerAlert“ im Juli 2007 auf einen Leserbrief in einer Klein-stadtzeitung in Hendersonville im Staat North Carolinahinwies. In diesem Brief vom 24. Juli 2007 bezog sichein Herr Richard Swift auf den Tod einer Augenärztinnamens Dr. Sylvie Louise Cary, geborene Welter, dievor vielen Jahren mit J. D. Salinger verheiratet war.

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Abb. 3: Der Eingang zum Städtischen Krankenhaus (abgebrochen 1986)an der damaligen Krankenhausstraße, heute Geheimrat-Dr.-Doerfler-Straße; Aufnahme aus dem Jahr 1938.

Als ich erst einmal den Namen Welter hatte, fand ichin den Stadtarchiven von Nürnberg und Weißenburg diefolgenden Informationen:

Sylvia Luise Welter kam am 19. April 1919 inFrankfurt auf die Welt. Ihr Vater war der KaufmannErnst Friedrich Welter, der in Paris geboren war. IhreMutter war Bertha Luise Dépireux, die trotz ihres fran-zösischen Mädchennamens deutsche Staatsbürgerin

Abb. 4: Der OP-Saal im früheren Städtischen Krankenhaus; Aufnahme aus dem Jahr 1938.

war. Sylvia wuchs in Nürnberg auf, wo sie das Mäd-chen-Realgymnasium in der Findelgasse besuchte. Da-nach war sie an den Universitäten von Erlangen,München, Prag, Königsberg und Freiburg immatriku-liert, bevor sie im Februar 1945 ihr Medizinstudium ander Universität Innsbruck mit ihrer Promotion ab-schloss.

Aus den Akten des Weißenburger Stadtarchivs gehthervor, dass sich Frau Dr. Welter am 10. März 1945beim Weißenburger Einwohnermeldeamt angemeldethat und dass sie am 12. März ihren Dienst als Assis-tenzärztin am Städtischen Krankenhaus (Abb. 3 und 4)begann. Ihre Wohnung war im Kehler Weg 10a (jetztGoethestraße 1, siehe Abb. 5).

Wie sich Salinger und Sylvia kennenlerntenAuf ihrem Weg zum und vom damaligen Weißenbur-ger Krankenhaus (bis 1985 an der heutigen Geheimrat-Dr.-Doerfler-Straße) kam die junge Ärztin jeden Tagan Salingers Quartier in der Geheimrat-Dr.-Doerfler-

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Straße 20 vorbei. Ich hatte daher angenommen, dassSalinger diese hübsche Frau oft vorbeigehen sah undsie kennenlernte, als er sie auf der Straße ansprach odersie im Krankenhaus aufsuchte.

Aber die erste Begegnung der beiden kam ganz an-ders zustande. Der Weißenburger Journalist Jan Ste-phan hat zwei Großcousins von Sylvia Welter inter-viewt, und denen hat Sylvias Schwester Alice erzählt,wie sie Salinger und Sylvia zusammenbrachte. Undzwar war Alice Welter 1945 in einem amerikanischenLazarett in Nürnberg beschäftigt und machte dort dieBekanntschaft eines amerikanischen Soldaten, der inWeißenburg stationiert war. Als Alice ihm erzählte,dass ihre Schwester und ihre Mutter auch in Weißen-burg wohnten und dass sie die beiden schon einige Zeitnicht gesehen habe, bot ihr der nette Soldat an, sie aufseiner Rückreise nach Weißenburg mitzunehmen. DerSoldat war Salinger, und bei seinem ersten Treffen mitSylvia sind gleich die Funken geflogen. Dieses ersteTreffen muss Ende Mai 1945 stattgefunden haben.13

Der Vermieter von Dr. Sylvia Welters Wohnung inder Goethestraße war Herr Max Hetzner, der ehemalige2. Bürgermeister von Weißenburg. Sein Enkel erinnertsich daran, dass in der Familie davon gesprochen wur-de, dass in der unmittelbaren Nachkriegszeit „immerein amerikanischer Offizier die im Haus wohnendeDame besucht hat“.14 Bis jetzt wusste wahrscheinlichniemand in der Familie Hetzner, dass sich dieser ame-rikanische Unteroffizier zu dem berühmten Schriftstel-ler J. D. Salinger entwickelte.

Am 30. Juni 1945 beendete Dr. Sylvia Welter ihrenDienst am Krankenhaus in Weißenburg und zog in dieWohnung ihrer Eltern in der Friedrichstraße 57 inNürnberg. Am 18. Oktober haben Salinger und Sylviaim Standesamt von Pappenheim geheiratet (Abb. 6).

Dort gab Sylvia als ihre Adresse die ihrer Eltern inNürnberg an und Salinger seine Adresse in der Dr.-Doerfler-Straße 20 in Weißenburg.

Nach ihrer Heirat zogen Jerry und Sylvia Salingerin die „Villa Schmidt“ in Gunzenhausen (Abb. 2). Indiesem großen Haus in der damaligen Wiesenstraße 12(jetzt Rot-Kreuz-Straße 12) war auch die Dienststelledes CIC. Dort wohnten sie bis Ende Februar 1946.

Salinger als NazijägerNachdem Salinger am 22. November 1945 aus der US-Armee entlassen wurde, verpflichtete er sich für sechsMonate als Special Agent des CIC, mit dem Auftrag,untergetauchte Nazis aufzuspüren und zu verhaften.Leider habe ich kaum etwas über seine Arbeit als Na-zijäger finden können, außer allgemeine Informationenaus CIC-Quellen und Aussagen in zwei von SalingersBriefen.

Schon vor Ende des Krieges hatte das CIC detail-lierte Listen von Nazifunktionären zusammengetragenund „Automatic Arrest“-Listen von zu Verhaftendenentwickelt. Die wichtigsten dieser Nazis wurden schonbei Kriegsende oder kurz danach verhaftet. Salingernahm seinen Job daher nicht besonders ernst. Das gehtaus zwei seiner Briefe hervor.

Im Juli 1945, in seinem Brief an Hemingway,schrieb Salinger, dass in seinem Sektor nur noch we-nige Verhaftungen nötig wären und dass er und seineCIC-Einheit jetzt sogar Kinder unter dem Alter von

13 Zusammenfassung eines bisher unveröffentlichten Interviews mit SylviaWelters Großcousins Bernhard und Günter Horn, das der Journalist Jan Ste-phan am 1. Oktober 2009 durchgeführt hat.

14 Information von Herrn Reiner Kammerl, Stadtarchiv Weißenburg, E-Mailvom 10. Januar 2011.

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zehn Jahren verhaften, „wenn ihre Verhaltensweise pat-zig ist“. Und in einem Brief an Elizabeth Murrayschrieb er, dass er für seine Jagd auf Nazis einenSkoda-Sportwagen gekauft habe und dass er außerdemin dem Örtchen Thalmässing einen großen schwarzenHund namens „Benny“ erworben habe, „der auf demTrittbrett mitfährt und mir zeigt wo es Nazis zu verhaf-ten gibt“. Aus dem Spaß in den beiden Briefen ist zuersehen, dass das Entnazifizierungsprogramm für Sa-linger nicht viel mehr als ein Witz war.

Aber trotzdem musste er weiterhin Nazis verhaftenund schrieb an Hemingway: „Muss ja die Statis tikenaufpumpen.“ Zu seinem Glück war es meist nichtschwierig, untergetauchte Nazis zu finden, denn siewurden oft von Nachbarn verraten. Außerdem wurdendie Verhaftungen hauptsächlich von der deutschen Po-lizei durchgeführt. Die Geschichte des CIC in Deutsch-land erklärt, wie die Verhaftungen erfolgten:

In dem tatsächlichen Vorgang der Verhaftungenwaren die CIC-Agenten eigentlich nur die Begleiter derdeutschen Polizei. Die Verdächtigen wurden in ihrenWohnungen verhaftet, und die „H-Hour“, d. h. die Zeitder Verhaftung, war normalerweise 3.00 Uhr nachts.Zu der Zeit war der Verdächtige meist im Bett, warüberrascht und nicht auf Widerstand oder einen Flucht-versuch vorbereitet.15

Anscheinend hat Salingers Nachkriegsjob als Nazi-jäger wesentlich weniger Arbeit und Risiko erfordertals sein Job im Krieg. Er muss daher seine Zeit imFrankenland sehr genossen haben, obwohl es in seinerEhe mit Sylvia Welter schon nach zwei Monaten an-fing zu kriseln.

Abb. 5: Schauplatz der Weltliteratur – das Haus Goethestraße 1in Weißenburg.

Gewitterwolken in der Ehe der SalingersAm 30. Dezember 1945, als Jerry und Sylvia Salingernoch in Gunzenhausen wohnten, schrieb er einen ei-genartigen Brief an Elizabeth Murray. Dieser Brief istfast so überspannt wie der, den er kurz nach seinemNervenzusammenbruch schrieb, denn neben mehrerenUnwahrheiten enthält er auch Passagen, die auf eineunterschwellige Feindseligkeit gegenüber Sylvia hin-deuten.16

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15 Major Ann Bray, et al. History of the Counter Intelligence Corps, Band 27,„The Occupation of Germany“. Fort Holabird, MD: US Army IntelligenceCenter 1959, S. 18.

16 J. D. Salinger an Elizabeth Murray. Gunzenhausen, 30. Dezember 1945.

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Am Anfang des Briefes beteuert Salinger, wie glücklicher mit Sylvia sei. Dieser Beteuerung folgt sofort eineUnwahrheit, die aber noch nicht feindselig ist. Salingerbehauptet nämlich, er und Sylvia wohnen „ganz allein“in einem „perfekten kleinen Haus, das mit Kohle undErdnußdosen gefüllt ist“. In Wirklichkeit wohnten siein der „Villa Schmidt“, wo auch die Dienststelle desCIC war, und sie beschäftigten nicht nur eine Köchin,sondern auch eine Frau, die ihnen die Wäsche wusch.

Dann berichtet Salinger, dass die US-Armee ihmund Sylvia zu Weihnachten 1945 einen Weihnachts-baum und einen großen Puter spendiert hat. Danach be-schreibt er, wie er und Sylvia das Weihnachtsfestgefeiert haben: „Es war sehr fröhlich, und Punkt Mit-ternacht haben wir uns mit faulen Eiern beworfen, wasein Brauch der Leute hier ist.“ Und zum Schluss desBriefes gibt Salinger eine bizarre Beschreibung vonSylvia: „Zur Zeit trägt Sylvia ihre Haare in kleinenSchweineschwanz-Zöpfchen und isst eine Pampel-muse. Über ihren Schultern trägt sie einen großen,hässlichen Postsack. Sie war Briefträgerin bevor wirheirateten und ist sehr sentimental.“

Warum die Unwahrheiten über das Haus, deutscheWeihnachtsbräuche und Sylvias Beruf vor der Heirat?Und warum das angebliche Bewerfen mit faulen Eiernund der hässliche Postsack? Was 1945 in Gunzenhau-sen nur ein Gewitterleuchten am Horizont war, entwi -ckelte sich 1946 zu einer Serie von Unwettern. Undzwar passierte das, nachdem Jerry und Sylvia gegenEnde Februar nach Nürnberg zogen. In der Friedrich-straße 57 bewohnten sie zwei Hinterzimmer in der Sie-ben-Zimmer-Wohnung von Sylvias Eltern. Als einGroßcousin von Sylvia die Welters im März 1946 be-suchte, da warnte ihn Sylvias Schwester Alice, „dasssich das junge Ehepaar ständig miteinander streitet“.

Der Grund für das Scheitern der EheDas Streiten wurde noch schlimmer, nachdem Jerryund Sylvia Salinger am 10. Mai 1946 in New York an-kamen und in die Wohnung von Salingers Eltern ein-zogen. In einem Interview mit dem Journalisten BerndNoack berichtet Sylvias Schulfreundin HildegardMayer, dass Sylvia ihr erzählt hat, Salingers Familiesei äußerst abweisend gewesen: „Soviel wie in dieserZeit hätte sie noch nie geweint. Und eines Tages lag einFlugticket auf dem Frühstückstisch: Man wollte sie los-werden.“ 17

Nur einen Monat, nachdem Jerry und Sylvia Salin-ger in New York ankamen, kehrte Sylvia schon wiedernach Deutschland zurück. Das geht aus einem Brief ausFlorida hervor, den Salinger am 13. Juni 1946 an Eli-zabeth Murray schrieb. In diesem Brief erklärt Salinger,warum seine Ehe mit Sylvia zu Bruch ging. Er sagt,dass er und Sylvia einander „die heftigste Art von Un-glücklichkeit“ brachten. Und er erklärt, warum er sounglücklich war: „Die ganze Zeit die ich verheiratetwar habe ich nichts geschrieben.“ Aber seit Sylvias Ab-reise habe er eine Geschichte fertigbekommen, dieganz anders ist als alles, was er zuvor geschrieben hat.Sie heißt „The Male Goodbye“ („Der Männliche Ab-schied“) und er warte schon auf die Antwort seinesAgenten.18 Der Titel wurde von der Redaktion der NewYorker Zeitschrift geändert, und die Geschichte er-schien 1948 als „Ein herrlicher Tag für Bananen-Fisch“.

Salingers Brief aus Florida zeigt, dass der Haupt-grund für das Scheitern seiner Ehe nicht war, dass Syl-via Juden hasste, wie Salingers Tochter behauptet hat,

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14

17 Bernd Noack, „Gunzenhausens heimlicher Held“, in: Frankfurter Allge-meine Zeitung, 22. September 2009, S. 32 (Feuilleton).

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sondern dass Sylvia ihn vom Schreiben abhielt. Undnicht schreiben zu können, war für Salinger fast soschlimm wie nicht atmen zu können, denn er war es ge-wöhnt, jeden Tag zu schreiben, auch unter den schwie-rigsten Bedingungen. Ein CIC-Kollege, Jack Altaras,erinnert sich daran, dass der Befehlsstand von SalingersRegiment einmal unter Artilleriebeschuss kam, als Sa-linger beim Schreiben war, und dass er mit seiner klei-nen Reiseschreibmaschine unter einen Tisch kroch undweiterschrieb.18

Salinger ließ seine Ehe mit Sylvia Welter am 26. Ja-nuar 1949 annullieren, da Sylvia ihn angeblich mit„böser Absicht“ und „unter falschen Vorstellungen“geheiratet habe. Der Annullierungsbescheid des Fami-liengerichts von Queens County im Staat New York er-klärt nicht, worin die „böse Absicht“ und die „falschenVorstellungen“ bestanden haben sollen. Ich vermute,dass Salinger vielleicht behauptet hat, es wäre SylviasIdee gewesen, sich als Französin auszugegeben, um ihnheiraten zu können. Aber in der Shane Salerno Biogra-fie wird Leila Hadley Luce, eine College-Freundin vonSalinger, zitiert, die behauptet, dass Salinger die Ehe an-nullieren ließ, weil er „beunruhigende Dinge heraus-gefunden habe darüber, was Sylvia während desKrieges tat, speziell mit der Gestapo“.19 Jedoch konnteich in keinem Archiv irgendwelche Hinweise auf eineGestapo-Verbindung entdecken. Dass Sylvia eine Ge-stapo-Informantin war, ist höchst unwahrscheinlich,denn in ihrem Interview mit Bernd Noack sagte FrauHildegard Mayer über Sylvia: „Die hatte mit dem Re-gime nichts am Hut, die war nicht mal im BDM“ (BundDeutscher Mädel, d. h. Nazi Girl Scouts).20 Und Syl-vias Großcousin Günter Horn ist derselben Meinung.Er schrieb mir einen Brief, in dem er versichert: „Sylviawar keine irgendwie geartete Nazi-Militantin.“ 21

Abb. 6: Das Pappenheimer Rathaus in einer Aufnahme von 1950. Hier im Standesamt wurde die Trauung vollzogen.

(Foto: Stadtarchiv Pappenheim)

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18 J. D. Salinger an Elizabeth Murray. Gunzenhausen, 30. Dezember 1945.19 Hamilton, a. a. O., S. 86.20 Salerno-Shields, a. a. O., S. 186.21 Günter Horn an Eberhard Alsen. Nürnberg, 23. November 2009.

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Als Salingers Ehe im Januar 1949 in Amerika annul-liert wurde, da wohnte Sylvia in der Schweiz, wo sieunter dem Namen Dr. Sylvia Salinger-Welter zur Au-genärztin ausgebildet wurde. Sie erfuhr von der Annul-lierung erst im August 1950. Da sie ja einen (wennauch gefälschten) französischen Pass hatte, gab esSchwierigkeiten mit den französischen Behörden, diedie Gründe für die amerikanische Nichtigkeitserklä-rung nicht akzeptieren wollten. Sylvia bat das Standes-amt Pappenheim daher um eine Erklärung, dass „keinöffentliches Aufgebot erfolgt ist“, denn ohne Aufgebotwäre die Ehe in Frankreich nicht rechtskräftig.22 Siebekam eine solche Erklärung aus Pappenheim, aber esdauerte noch bis November 1954, bis die Annullierungder Ehe in Frankreich akzeptiert wurde. Erst danachdurfte sie sich wieder Dr. Sylvia Welter nennen. Sieheiratete später einen amerikanischen Ingenieur na-mens William Cary und zog mit ihm nach Amerika. Inder Kleinstadt Hendersonville im Staat North Carolinamachte sie eine Praxis als Augenärztin auf, änderteihren Vornamen von Sylvia zu Sylvie und gab sich alsFranzösin aus.

Schaffenspause im FrankenlandIn seinem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zei-tung meint Bernd Noack, dass Salinger einen großenTeil seines Romans Der Fänger im Roggen in Gunzen-hausen geschrieben haben könnte, denn er hatte vorEnde des Krieges schon sechs Geschichten über denHelden des Romans, Holden Caulfield, fertig. Noackschreibt, dass Salinger den Roman daher schon in sei-nem Kopf hatte: „Und arbeitet womöglich sogar schonwieder intensiv daran, als er zwischen Herbst 1945 undFrühjahr 1946 durch das noch kurz vor Kriegsendeschwer zerstörte Gunzenhausen wanderte.“ 23 Aber

dieser Annahme widerspricht der Brief, in dem Salingerbeklagt, dass er in den acht Monaten seiner Ehe mit Syl-via – von Oktober 1945 bis Mai 1946 – überhauptnichts geschrieben habe.

Vom Standpunkt seines Schaffens als Schriftstellergesehen, ergab Salingers Zeit in Weißenburg, Gunzen-hausen und Nürnberg ein großes Manko. Allerdings hater später, nachdem er nach Amerika zurückgegehrt war,aus diesem Manko doch noch Kapital geschlagen.Denn 1950 hat er „Für Esmé – mit Liebe und Unrat“veröffentlicht, und diese Geschichte wird allgemein alsseine beste Kurzgeschichte gewertet. Und ganz neben-bei hat Salinger mit dieser Story die Stadt Weißenburg– wenn auch unter dem Namen Gaufurt – in der Lite-raturgeschichte verewigt.

Prof. Eberhard Alsen, geb. 1939 in Nürnberg, Studiuman der Universität Bonn und der Indiana University in denUSA, promoviert 1967. Fach: Vergleichende Literaturwis-senschaft. Lehrtätigkeit: Indiana University, University ofMinnesota, State University of New York at Cortland.Gastprofessor an der Universität Tübingen (1975, 1981)und der Universität Trier (1993-95). Bücher: Salinger’sGlass Stories as a Composite Novel (1983). RomanticPostmodernism in American Fiction (1996). The New Ro-manticism (2000). A Reader’s Guide to J. D. Salinger(2002). Mitarbeiter an Shane Salernos Biografie und Film,Salinger (2013). In Kürze wird erscheinen: J. D. Salingerand the Nazis.

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22 Sylvia Welter an den Verwaltungsinspektor Müller, Standesamt Pappenheim.Lausanne, Schweiz, 16. Februar 1953.

23 Noack a. a. O., S. 32.

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Aus aktuellem Anlass – die Betriebsgebäude der ehe-maligen Fabrik Aurnhammer werden seit Ende des ver-gangenen Jahres abgebrochen (vgl. Abb. 11) – wird andieser Stelle die Entstehung jenes Baugebiets1 skizziert.Keinesfalls soll im Nachfolgenden irgendeine Wertungder abgebrochenen Gebäude oder der geplanten Neu-bauten vorgenommen werden.2 Vielmehr geht esdarum, beispielhaft an diesem Gelände mit seinem Ge-misch aus Villen, Fabriken und Wohnhäusern darzu-stellen, wie sich unsere Stadt über den Altstadtringhinaus entwickelt hat. Ähnliche Mischgebiete etstan-den bekanntermaßen auch an der Jahnstraße, der Nie-derhofener und der Eichstätter Straße. Es fällt auf, dassdiese Bereiche aktuell alle einer Neuplanung unterwor-fen sind.

Auf dem Katasterplan von 1822 (Abb. 1) fällt nord-westlich vor dem Ellinger Tor sofort der „Schottelgra-ben“ als schmaler, lang gestreckter Weiher ins Auge.Im Norden schließen sich mehrere Grundstücksstreifenan.

Am Standort der späteren Fabrik ist unmittelbar amNordufer des „Schottelgrabens“ ein Gartenhaus einge-zeichnet. Die Nr. 301 weist es als Besitz des AnwesensMarktplatz 3 aus.3

An der Ecke Nürnberger Straße/Schwärzgasse istebenfalls ein kleines Gebäude als Gartenhaus mit Nr.80 markiert als Hinweis der Zugehörigkeit zu dem1999 abgebrochenen Haus Auf der Kapelle 16.

Nur die Nürnberger Straße 7 ist zu dieser Zeit schonmit einer offiziellen Hausnummer (511) bezeichnet, d.h. es gilt schon offiziell als Wohnhaus.

Abb. 1: Ausschnitt aus dem Katasterplan von 1822.

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1 Das Untersuchungsgebiet wird begrenzt von der Schulhausstraße im Südenund der Schwärzgasse im Norden sowie der „Zentralschule“ im Westen undder Nürnberger Straße im Osten.

2 Der Abbruch begann im Oktober 2016. Es sollen eine „Service-Wohnanlagefür Senioren mit Tiefgarage, Bürogebäude, Tagespflegeeinrichtung, Service-Station sowie einem weiteren Ärzte- und Bürogebäude“ auf dem Geländeentstehen („Weißenburger Tagblatt“ vom 04.02.2016).

3 Das wuchtige Geschäftshaus gehört seit 1693 der Familie Staudinger (ReinerKammerl/Wolfgang Wein, Vom ,Aßmann Schockn‘ zum ,Papperdeckl Wäge-mann‘. Erinnerungen an alte Weißenburger Geschäfte (Schriftenreihe derFrankenbund Ortsgruppe Weißenburg, Heft 6), Weißenburg i. Bay. 2016. S. 4.

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Abb. 2: Ausschnitt aus dem Katasterplan von 1918.

Rund 100 Jahre später zeigt uns der Katasterplan von1918 (Abb. 2) weitgehend schon die heute bekanntenStrukturen. Der „Schottelgraben“ ist aufgefüllt und zueiner Anlage umgestaltet, die Emailfabrik (Schulhaus-straße 4, gelb hinterlegt) hat bereits mächtig expandiert,während das alte Handwerkerhaus Nürnberger Straße7 (blau hinterlegt) nahezu unverändert geblieben ist.Dafür sind die Häuser Nürnberger Straße 9 (grün hin-terlegt), Nürnberger Straße 11 (rot hinterlegt) undNürnberger Straße 15 (braun hinterlegt) inzwischen ge-baut.

Vor der Einzeldarstellung sei an dieser Stelle noch kurzerläutert, warum das erste Haus an der NürnbergerStraße die Nr. 7 trägt. Das Haus Nürnberger Straße 1war das von Schuhmacher Christian Loy 1884 imStadtgraben zwischen Ellinger Tor und Zollhäuschen(vgl. Abb. 2) gebaute Wohnhaus (1938 wieder abge-brochen). Die Nummer 3 hat man dem städtischenZollhäuschen aufgedrückt. Die Nummern 5 und 13sind bis heute nicht vergeben, weil man bei der Neu-einteilung des bebauten Stadtgebiets im Jahr 1921 4 anStellen, bei denen man eine spätere Bebauung erwartethat, Nummern nicht vergeben hat.

Der „Schottelgraben“Dieser künstlich angelegte Weiher wurde ebenso wieder „Wäschgraben“ von einer Zweigleitung des Stadt-bachs gespeist.5 Ulf Beier 6 deutet den Namen sprach-geschichtlich als einen „schmutzigen Graben“. JuliusSchmuck7 gibt in seinen Notizen an, dass im „Schot-telgraben“ einst die Gerber ihre Felle und die Tuchma-cher ihre Wolle gewaschen haben.

Auf der zeichnerischen Darstellung der Stadtmar-kung vom Jahr 1575 ist der Weiher als „Schottgraben“bezeichnet, und die bekannte Stadtansicht von Michael

4 Eine erste fortlaufende Nummerierung der Häuser von 1 bis 500 war im Jahr1804 von der damals königl. preuß. Verwaltung eingeführt worden. 1876 er-folgte eine Erneuerung, und erst 1921 hat man die heute gebräuchliche Kenn-zeichnung mit Straße und Hausnummern vorgenommen.

5 In der zweiten Hälfte des 19. Jhs war der Stadtbach, beginnend in der Nie-derhofener Straße, in einen gemauerten Kanal gezwängt worden. Der miteinem Schieber versehene Abzweig zu den beiden Weihern nördlich des El-linger Tors ist bei letzten Begehungen noch sichtbar gewesen.

6 Ulf Beier, Von der Höll- zur Paradeisgasse. Straßen- und Wohnstättennamenin Weißenburg (Weißenburger Heimatbücher Band 2), 2. erw. u. akt. Auflage,Weißenburg i. Bay. 2000, S. 179 f.

7 Julius Schmuck, Häuserbuch der Stadt Weißenburg (Manuskript im Stadt-archiv).

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Abb. 3: Stadtansicht von 1652 mit „Wäsch-“ und „Schottelgraben“.

Eder aus dem Jahr 1652 (Abb. 3) erlaubt uns einenBlick von Norden über die durch eine Brücke getrenn-ten „Wäschgraben“ und „Schottelgraben“ zum EllingerTor. 8 Aufgefüllt hat man den „Schottelgraben“ im Jahr1901 und an seiner Stelle eine Grünanlage gestaltet(vgl. Abb. 2 und Abb. 4).

Abb. 4: Ansicht des Firmengeländes von Südosten um 1930. Hinter derGrünanlage ist am rechten Bildrand das Haus Nürnberger Straße 7 freisichtbar, und die damals eingeschossigen Fabrikhallen erlauben nocheinen Blick auf die Zentralschule.Diese Ecke – hier befand sich ursprünglich auch die Fabrikzufahrt vonder Nürnberger Straße her – wurde erst 1976 mit der Betriebskantineüberbaut.

Schulhausstraße 4In dem weitläufigen Garten vor dem Ellinger Tor hatdie Familie Staudinger (Marktplatz 3) wohl Ende des17./Anfang des 18. Jahrhunderts ein bewohnbares Gar-tenhaus bauen lassen. Das war damals durchaus üblich,um gerade in der Erntezeit die Gartenfrüchte vor Dieb-stahl zu schützen. Der Büchsenmacher, Schlosser undEisenhändler Ernst Staudinger (1836-1918) lässt dasGartenhaus im Jahr 1878 wohnlicher ausbauen undübergibt es samt Garten dann im Jahr 1885 an seinenältesten Sohn Ernst Staudinger (1862-1927).9

Dieser gründet im Jahr 1885 die „WeissenburgerEmail- und Blechwarenfabrik“.10 Das Gartenhaus wirdzum Kontor,11 und dahinter errichtet Staudinger „eineFabrikanlage mit Haupt- und Nebengebäude zum Be-trieb eines Email-Werkes“. 12 In schöner Regelmäßig-keit baut Staudinger sein Werk aus und errichtet neueBetriebsgebäude (Abb. 5). Bis zum Jahr 1900 liegenvon ihm allein 20 Bauanträge im Stadtarchiv vor. Dannwird es ruhiger, und ab 1906 erlischt die Bautätigkeit.

Im September 1919 tritt der Schwiegersohn, JuristArthur Schmidt (1880-1946), aus dem Staatsdienst ausund in die Emailfabrik ein. Er bringt die Firma wieder

19

8 Stadtarchiv Weißenburg PlS 63 und PlS 55.9 Das Stammhaus am Marktplatz übernimmt 1892 der jüngere Bruder Wil-

helm Staudinger (1867-1956).10 In der Gewerbeanmeldung vom 1. September 1885 wird die neue Firma be-

schrieben als „Betrieb mit einer Dampfmaschine zu 6 Pferdekräften, im ei-genen Fabrikraum und mit 14 Arbeitern“ (Stadtarchiv Weißenburg Rep. III1515/3).

11 Das Gebäude wird 1902 nach Westen erweitert, um ein Stockwerk erhöhtund es erhält dabei das markante Fachwerk.

12 Der Antrag vom 12. März wird am gleichen Tag im Stadtmagistrat geneh-migt; ein Bauplan ist leider nicht erhalten (Stadtarchiv Weißenburg, Bauakt46/1885).

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Abb. 5. Die Emailfabrik im Jahr 1903 von der Schulhausstraße (Westen)aus.

in Schwung13, aber mit dem Ende der Weimarer Repu-blik endet auch die Firmengeschichte der Emailfabrik.Ein genaues Datum der Stilllegung ist nicht belegt. Be-kannt ist dafür, dass die Gebäude ab 1933 neuen Nut-zungen zugeführt werden. So richtet sich der IngenieurHans Etschel 1933 im alten Firmenteil an der Schul-hausstraße eine Wohnung und ein „elektrisches Labo-ratorium“ ein. 1939 zieht die SA-Standarte 13 in dasGebäude ein, u. a. mit einem „Lehrsaal für 66 Mann“im Obergeschoss.

Nach dem Tod von Arthur Schmidt bleibt seineWitwe Helene Schmidt, geb. Staudinger (1887-1959),bis 1952 Eigentümerin und übergibt dann an ihrenSchwiegersohn Viktor Kretschmann (*1903) aus Riga.Dieser hatte schon 1947 mit der Einrichtung einerSchokoladenfabrik in der Fabrikbrache begonnen. Of-fiziell eröffnet hat er am 1. Oktober 1948. Der „Donau-kurier“ berichtet in seiner Ausgabe vom 26. März 1949:„... habe er seine Fabrikation im September des ver-gangenen Jahres mit etwa 15 Arbeitern aufgenommen,seine Belegschaft jedoch, die fast ausschließlich ausFrauen bestehe, schon vor Weihnachten auf das Vier-

fache erhöhen müssen, um die zahlreichen Aufträge er-füllen zu können“.

Trotz des großen Anfangserfolgs und der hoff-nungsvollen Pläne Kretschmanns geht die „Weißenbur-ger Schokoladen- und Süßwarenfabrik“ 1952 inKonkurs. Die Abwicklung zieht sich einige Jahre hinund schließlich kauft im Jahr 1955 der Fabrikant Hel-mut Aurnhammer die leer stehenden Gebäude. Dieserbaut das Werk grundlegend um und aus. In die neuenWerkhallen kommt die „Abteilung Draht-Mittel- und-Feinzug“ mit je 15 Arbeitern pro Schicht. 1961 folgtder Neubau eines Betriebs- und Sozialgebäudes an derSchwärzgasse, und 1976 vervollständigt die schon er-wähnte Kantine an der Südostecke den Bestand.14

Aus der Firma Aurnhammer wird nach dem Ein-stieg eines britischen Investors im Jahr 1973 „Aurn-hammer & Benedict“ (a+b).15 Nach der Aussiedelungder Firma in das Industriegebiet im Süden der Stadt(1988) werden die Fabrikgebäude in der Altstadt (ander Bortenmachergasse zwischen Oberer Stadtmühl-gasse und Seeweihermauer) aufgelassen und neuenNutzungen zugeführt. In der östlichen Altstadt entstehteine großzügige Wohnanlage, und in das Werk am El-linger Tor ziehen im Lauf der Zeit unterschiedlicheMieter ein, wie das Kolping-Bildungszentrum (mitWerkstätten), die Schreinerei Sestak oder bis zuletzt die„Weißenburger Tafel“. 16

13 Zu diesem Zeitpunkt läuft die Firma nach Kriegsende wieder an und be-schäftigt acht Arbeiter im Jahr 1919, 32 im Jahr 1920, 70 im Jahr 1921 und76 im Jahr 1924 (Stadtarchiv Weißenburg Rep. III 1516).

14 Stadtbauamt Weißenburg, Bauplanregistratur.15 1991 wird a+b von LEONI übernommen. Acht Jahre später verschwindet

der Firmenname durch die Verschmelzung zur „LEONI Draht GmbH & Co.KG“ (www.leoni.com; Aufruf vom 25.11.2016).

16 Immer wieder diskutiert wurden auch Pläne, in dem Areal einen zentralenOmnibusbahnhof aufzubauen.

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Nürnberger Straße 7Das Haus wird in der Denkmalliste als „Fachwerkgie-belbau, zweigeschossig, mit abgewalmtem Flügelbau“beschrieben und auf eine Erbauung am Ende des 18.Jahrhunderts geschätzt.17 Eine gleichzeitig erkannteDatierung „1708“ an einem Fenstersturz erhält alsBaudatum nicht zuletzt dadurch Glaubwürdigkeit, weildas ursprüngliche Gartenhaus schon in dem bekanntenStadtplan von 1726 eingezeichnet ist.

Im Jahr 1810 zieht der Brauknecht und ZimmererMartin König (1753-1829) aus Oberhochstatt in dasjetzt als Wohnhaus geltende Häuschen ein. Der an denälteren, kleineren Bauteil westlich anschließende Sta-del wird erst 1927 zur Werkstatt und Wohnung ausge-baut (vgl. Abb. 6).

Von dem Schmied Rudolf Maurer (1895-1954)bzw. dessen Witwe Marie Johanna Maurer erwirbtschließlich die Stadt Weißenburg das Anwesen.

Abb. 6: Das Anwesen Maurer, Nürnberger Straße 7, um 1936.Das alte Gartenhaus versteckt sich im kleineren Bauteil im Vordergrund(wird abgebrochen); hier bestand ab 1955 im Obergeschoss ein Damen-friseurgeschäft von Amanda Dunz, geb. Maurer. Der dahinter stehendeund zu Werkstatt und Wohnung ausgebaute Fachwerkstall bleibt erhal-ten. Abgebrochen wird auch das 1926 nördlich davon (rechts) gebauteNebengebäude. Am rechten Bildrand stehen Zapfsäulen. Diese sind1935 vom Deutschen Benzol-Vertrieb Nürnberg angelegt worden.

Nürnberger Straße 9

Abb. 7: Ansicht des Verlagsgebäudes Nürnberger Straße 9, um 1935.

In dem zum Nachbarhaus Nürnberger Straße 7 gehöri-gen Gartengrundstück baut sich der Verleger KarlLöper 18 im Jahr 1878 ein neues Wohnhaus mit Drucke-rei. Der von Johann Georg Friedrich Jacobi (1751-1824) und Karl Meyer (1761-1847) 1819 gegründeteVerlag („Weißenburger Wochenblatt“, ab 1920 „Wei-ßenburger Zeitung“) hatte bis 1878 am Marktplatz 7bestanden. Die Druckmaschinen laufen unter demNachfolger Georg Rascher (1864-1933) und dessengleichnamigem Sohn, Georg Rascher (1895-1967) bis1950 weiter. Nach Aufgabe des Verlags kommt dasHaus zunächst an die Brauerfamilie Bernreuther inPyras, die darin eigentlich eine Gaststätte einrichtenwill, und dann an die Familie Aurnhammer.

Das Gebäude ist von der aktuellen Baumaßnahmenicht betroffen.

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17 Gotthard Kießling, Stadt Weißenburg i. Bay. (Denkmäler in Bayern Band V.70/2), München 2001, S. 163.

18 Karl Löper (*1847 Schwerin, 1894 nach Dresden verzogen).

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Nürnberger Straße 11Acht Jahre nach der Fabrikgründung lässt sich ErnstStaudinger in unmittelbarer Nähe eine prächtige Villain Backsteinbauweise mit Schieferdach und Schmuck-elementen aus Sandstein (Abb. 7) bauen. Die Pläne da-tieren vom Februar 1893 und tragen die Unterschriftdes Zimmermanns Gustav Loy als verantwortlichemBaumeister.19 Der verspielt wirkende Turm an der Stra-ßenseite trägt im Obergeschoss das Wappen der FamilieStaudinger. Die Villa gelangt mit dem Fabrik -anwesen 1955 in den Besitz der Firma Aurnhammer.

Der Bauherr legte Wert auf eine gepflegte Garten-gestaltung. In dem zuletzt verwahrlost wirkenden Ge-lände fanden ein Gartenteich (Abb. 8) und eine Grotte(Abb. 9) Platz. Von der einstigen Pracht des Gartenswar zuletzt nichts mehr zu erkennen. Die Innenbema-lung der Grotte wurde übertüncht und das Prunkstückim Jahr 1962 mit einem Betriebsgebäude ummantelt.Gleichzeitig verschwand der Gartenteich, und in dem

Abb. 7: Die „Villa Staudinger“ (Aufnahme vom August 2016) bleibt erhalten.

Abb. 8: Der Gartenteich mit Springbrunnen befand sich zwischen Villaund Grotte (Aufnahme um 1910).

Abb. 9: Die Familie vor dem als Grotte gestalteten Pavillon, um 1910.Das Innere war mit einer mediterranen Landschaft ausgemalt. Das inte-ressante Bauwerk verschwand bei der ersten Abbruchwelle (Okt. 2016).

freien Gelände nördlich der Villa platzierte man eineneingeschossigen Lagerschuppen (Abb. 10).

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19 Der Antrag vom 6. März 1893 wird im Stadtmagistrat am 23. März geneh-migt, und am 6. Juli 1894 bestätigt Stadtbaumeister Eckart die „planmäßigeAusführung“ (Stadtarchiv Weißenburg, Bauakt 9/1893).

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Abb. 10: Der im Oktober 2016 abgebrochene Lagerschuppen zwischen

den Häusern 11 und 15.

Abb. 11: Blick vom Ellinger Torturm auf das Firmenareal zu Beginn derAbbrucharbeiten, Ende November 2016.

Nürnberger Straße 15Relativ unberührt von dem ganzen Baugeschehen bliebbis heute das Haus an der Ecke Nürnberger Straße/Schwärzgasse (Abb. 12).

Das alte Gartenhaus (vgl. Abb. 1) wich 1912 einemansprechenden Neubau. Es war der SchreinermeisterKarl Mülling (1865-1950), den es aus der Enge der Alt-stadt (Auf der Kapelle 16) hierher gezogen hat. Inner-halb eines halben Jahres war das stattliche Bauwerkvollendet.20

Abb 12: Das Haus Nürnberger Straße 15 im November 2016.

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20 Die Baubeginnsanzeige datiert vom 15. März, die Bauvollendungsanzeigevom 21. September 1912 (Stadtbauamt Weißenburg, Bauplanregistratur).

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