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+ B ERLINER M ORGENPOST S ONNABEND , 17. M AI 2008 A6 Boot Kostenlose Bootskurse Kinder, die die dritte bis sechste Schulklasse besuchen, können bei vielen Berliner Segel- und Surf- klubs jetzt wieder kostenlos Ein- blicke in den Wassersport nehmen. Die Aktion der Bootsmesse Boot & Fun läuft die ganze Saison über. Wie man sich anmeldet, steht im Internet unter www.traudichaufs- wasser.de. BM Mängel an jedem vierten Boot Die Wasserschutzpolizei hat bei jedem vierten Boot auf Branden- burgs Seen und Flüssen etwas zu bemängeln, meistens unvollständi- ge Ausrüstung und Schiffspapiere. Bei einer Großkontrolle über Pfingsten wurden knapp 2200 Fahrzeuge kontrolliert. ddp Probesegeln in Köpenick Der Yachtklub Wendenschloss lädt am kommenden Sonnabend zum Tag der offenen Tür. Ab 10 Uhr stehen in dem Klub an der Nieber- gallstraße 34 in Köpenick ver- schiedene Boote zum Probesegeln bereit, vom Optimisten für die Jüngsten bis zum sportlichen Flying Dutchman. BM Seefunkzeugnis: kein Bußgeld Im Mai ist die neue Regelung über Seefunkzeugnisse in Kraft getreten, doch Bußgelder sollen dieses und nächstes Jahr nicht erhoben wer- den, wenn der Skipper eines Bootes mit Funkgerät kein Seefunkzeugnis hat. Es muss aber wenigstens ein Mitglied der Besatzung über so ein Zeugnis verfügen. BM Sonderangebot Karibikcharter Für schnell entschlossene Charte- rer, die zwischen 1. Juni und 18. Juli von der Karibikinsel Martinique aus Segelferien machen wollen, gibt es eine Ermäßigung von 20 Prozent auf den Charterpreis aller Ein- rumpfyachten unter 47 Fuß (14,33 Meter). Die Yachten müssen aber schon bis zum 31. Mai 2008 gebucht werden. mjm Boote News DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE ------------------------------------------------------ T Von Matthias J. Müncheberg Das Paradies liegt nur eine gute Au- tostunde vor den Toren Berlins: Der Naturpark Uckermärkische Seen mit seinen 300 Gewässerflä- chen kann ab sofort als Rundtour im Paddelboot erkundet werden. Wahlweise beginnt der etwa 65 Ki- lometer lange Törn in Wasserstadt Fürstenberg/Havel oder im Flößer- städtchen Lychen. Drei bis vier Tage benötigen Ka- nuten für den Ausflug: Entgegen dem Uhrzeigersinn führt der Kurs über Großen Lychen- und Stolpsee auf die abwärts fließende Havel bis zum Templiner Seenkreuz. Und hier beginnt der schönste Paddel- abschnitt der gesamten Strecke: Von der wieder in Betrieb genom- menen Selbstbedienungsschleuse Templin aus geht es den knapp vier Kilometer langen Stadtsee entlang. Nach weiteren zwei Kilometern über den sich nördlich anschließen- den Bruch- und den Gleuensee öff- net sich vor dem Paddler das Tor zu einer ganz anderen Welt. Motorboote dürfen hier nicht fahren Markiert wird es mit einer wuchti- gen gelben Tonne, die mittig im Fahrwasser positioniert ist. Sie zeigt an, dass Motorbooten die Wei- terfahrt verboten ist. Ab hier herrscht also Stille, jedenfalls hal- ten sich die Geräusche der Zivilisa- tion fern. Sie machen hundertfa- chem Vogelgezwitscher Platz, das aus Schilf, Unterholz und Wald her- überklingt. Wir befinden uns direkt vor der Einfahrt in den knapp eineinhalb Kilometer langen Netzowgraben. Der verbindet den Gleuen- mit dem lang gestreckten Netzowsee, auf dem das Fahren mit Verbrennungs- motoren ebenfalls nicht erlaubt ist. Unser Ziel: Das Naturschutzgebiet Knehdener Moor, durch das der Netzowgraben hindurchführt. Doch vorher gilt es, einen engen, feuchtkalten Wassertunnel zu be- wältigen, durch den wir aufmerk- sam gegen die Strömung steuern müssen. Das Wasser ist in dem Na- delöhr so flach, dass mit dem Pad- del stellenweise sogar gestakt wer- den kann. Achtung, hier liegen gro- ße Steine im Weg! Wird der Som- mer zu heiß, kann der Graben an dieser Stelle trockenfallen – dann muss der Paddler sein Boot ein Stück tragen. Seltene Orchideenarten sind zu sehen Hinter der dunklen Röhre, die die Verbindungsstraße von Templin nach Knehden und Netzow trägt, halten wir den Atem an. In diesem Naturparadies gedeihen seltene und sehr anspruchsvolle Orchide- enarten wie etwa das Hellgelbe Knabenkraut, das einen bestimm- ten, nur hier vorkommenden Pilz zum Leben benötigt; der Moor- frosch und eine der größten heimi- schen Spinnenarten, die Listspin- ne, finden hier ebenfalls geeigneten Lebensraum. Sogar die Europäi- sche Sumpfschildkröte hat sich an einigen Stellen des Knehdener Moors angesiedelt. Ja, so ungefähr muss es wohl am Amazonas aussehen: Stilles, klares Wasser ist umgeben von üppiger Vegetation, abgestorbene Bäume ragen ins träge strömende Wasser hinein. Überall raschelt und platscht es aus den seitlichen Was- serarmen und den teils zum Greifen nahen Uferpflanzen. Nicht selten müssen wir den Kopf einziehen und in gebückter Haltung paddeln – der tief über das Wasser hängenden Äs- te wegen. Bootstransport auf dem Anhänger Libellen umspielen die Boote, ein Pirol ruft. Möglichst ohne ein Ge- räusch zu verursachen, gleiten un- sere schlanken GFK-Boote an einer Biberburg vorbei. Hier würde selbst das Auslösegeräusch der Ka- mera stören. Familie Biber ist je- doch nicht zu Hause oder hat sich gut versteckt. Weiter geht es, vorbei an drei Graureihern. Sie halten im dichten Unterholz Wacht, so steif, als hätten sie einen Stock ver- schluckt. Dann weitet sich wie ein Haff der bis zu 70 Meter tiefe Netzower Rin- nensee. An seinem nordwestlichen Ufer liegt eine kleine Badestelle – herrliche Abkühlung nach der meh- rere Stunden währenden Muskelar- beit. Nun ist es nur noch ein Stein- wurf in südwestlicher Richtung: Weithin sichtbar prangt vom gegen- überliegenden Ufer das Schild des „Lindenhofs“, eines Landgasthofs mit Tisch und Stühlen mitten auf ei- ner Wiese – willkommene Rast nach einem Paddelmarathon. Wer will, übernachtet hier in Gästezim- mern oder dem preiswerten Heu- hotel, bevor es am nächsten Tag auf dem Wasser weitergeht. In Lindenhof gibt es einen beson- deren Service für Paddler: „Wer will, kann sein Kanu per Trailer vom Netzowsee zum westlich gele- genen Platkowsee bei Lychen trans- portieren lassen“, sagt Jan-Peter Wagner. Nur 15 Minuten währe die Autofahrt, für die er pro Boot fünf Euro verlange, wenn der sechs Boo- te fassende Trailer voll belegt sei, sagt der Jungunternehmer (Tel. 03987/401 61 80, www.gestuet-lin- denhof.de). Damit eröffnen sich für Wasserwanderer auf Uckermark- törn völlig neue Paddelmöglichkei- ten: Es schließt sich der Kanukreis zu einem Rundkurs, der Vergleich- bares an Natur und Stille sucht. Das hat auch Christoph Thum er- kannt: Der Veranstalter von Kanu- reisen bietet ab Saisonbeginn für 299 Euro „Biberpaddeln“ an, einen fünftägigen, begleiteten Rundkurs durch den Naturpark (039888/ 433 77, www.treibholz.com). Nächster Rundfahrttermin ist der 2. bis 6. Juni. Mietpreis ab 25 Euro Doch auch für einen Tagestörn, ins- besondere für den Ausflug auf eige- nem Kiel mit Kindern, lohnt die Anfahrt: Auf die etwa 16 Kilometer lange Tour im schönsten Abschnitt des gesamten Rundkurses – vom Bruch- über den Gleuensee, Net- zowgraben bis zum Netzowsee – hat sich der Milmersdorfer Kanu- verleiher Peter Reitzig spezialisiert: Seine gutmütigen Kanadier und Kajaks werden am Bruchsee, gleich in der Nähe des Fährkruges, ins Wasser gesetzt (039886/340 40, www.kanulust.de). Paddelunterricht, Tipps zur Re- gion und Wissenswertes zu Flora und Fauna entlang Tour sind im Mietpreis von 25 Euro pro Boot enthalten. Die einfache Fahrt dau- ert zweieinhalb Stunden, wer Hin- und Rückfahrt bucht, muss mit Mit- tags- und Badepause rund acht Stunden kalkulieren. Ist das Brandenburg oder doch der Amazonas? Mit dem Paddelboot auf großer Entdeckungstour im Naturpark Uckermärkische Seen Paddelparadies Uckermärkische Seen: Wer viel Ausdauer hat, erreicht über die 100 Kilometer paddeltauglicher Wasserwege die Märkische Seenplatte FOTOS: MÜNCHEBERG Das Schild ist unmissverständlich: Motorboote sind hier verboten N Stolp- see Gr. Lychen- see Gr. Küstrinsee Gr. Wentowsee Netzowsee Shuttleservice Platkowsee Havel Zootzen Himmel- pfort Bredereiche Röddelin Hammelspring Fürstenberg/ Havel Lychen Templin 5 km BERLIN BRANDENBURG UCKERMARK Warum nur kann ein Pelikan mit ganz wenigen Flügelschlägen so weite Strecken segeln? Und könnte sich nicht auch der Mensch dieses Wunder der Natur nutzbar ma- chen? Die Antwort auf diese Fragen ist ein faszinierendes Stück Technik mit einem etwas sperrigen Namen: das Bodeneffektfahrzeug. Der Pelikan macht es vor: Um Energie zu sparen, fliegt er nur we- nige Zentimeter über dem Meer. Dabei bildet sich ein Luftpolster, das sich mit ihm fortbewegt – der Bodeneffekt. Jeder kennt ihn aus dem Büro: Schiebt man ein Blatt Papier über einen glatten Tisch, hebt es ab und schwebt ein Stück. Flugzeug- wie Schiffskonstruk- teure wollen diesen Effekt schon lange nutzen. Ihre Maschinen sol- len knapp über der Wasseroberflä- che dahinjagen und zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie wä- ren schneller als ein Schiff, aber sparsamer als ein Flugzeug. Recht weit in dieser Entwicklung ist das französische Unternehmen Focus 21. Dessen Ziel ist es, ein schnittiges Bodeneffektfahrzeug zu bauen, das Besitzern großer Yachten den Heli- kopter an Bord ersetzt. Doch die Trans-Aquatis-Modelle von Focus 21 sollen nicht nur als 200 Stunden- kilometer schnelle Tenderboote dienen, sondern auch als Passagier- fähren, schwimmfliegende Luxus- Flitzer oder schnelle Frachtboote. „Der Bedarf ist da“, sagt Chefin- genieur Éric Magré, ein ehemaliger Hubschrauber-Ingenieur. Er hat verschiedene Modelle gezeichnet, die Platz für vier bis 15 Passagiere bieten, und der erste Prototyp soll in einigen Monaten abheben. Flug- zeugkonstrukteur Ulrich Schäfer von der Fachhochschule Aachen ist skeptisch. „Ich glaube, dass das nie richtig funktionieren wird. Die Fahrzeuge sind viel zu anfällig für Böen.“ Die fliegenden Schiffe könn- ten bei einem Windstoß schnell aus der Bahn geworfen werden. Majestätisch zeigten sich hinge- gen die sogenannten Ekranoplane, die die sowjetische Marine wäh- rend des Kalten Krieges entwickel- te. Mit 106 Meter Länge, 40 Meter Spannweite und 540 Tonnen Ab- fluggewicht brauchte das „kaspi- sche Monster“, wie es die Amerika- ner nannten, zehn Turbinen um sich aus dem Wasser zu heben. Im Flug konnten dann acht Turbinen abge- schaltet werden. Wegen seines ho- hen Gewichts blieb der Riesenflie- ger unanfällig gegen Windstöße. Der Vorteil der russischen Riesen war seinerzeit, dass sie weder von Radar noch von Sonar erfasst wur- den und bis zu 750 km/h erreichten. Inzwischen orten moderne Radar- anlagen aber auch sehr tief fliegen- de Maschinen. In der Vergangen- heit arbeiteten auch die Deutschen eifrig an Bodeneffektfahrzeugen. Wegweisend zeigte sich der Flug- zeugkonstrukteur Alexander Lip- pisch in den 50er-Jahren. Seine X-113 drehte als weltweit erstes Bo- deneffektflugzeug einige Runden über dem Bodensee. Schnell wurde jedoch klar, dass jede noch so kleine Welle dem Flieger die stabile Flug- lage rauben würde. Wegen der ge- ringen Spannweite von nur 5,89 Metern brauchte die X-113 den Bo- deneffekt, und der ist nur in gerin- ger Höhe (bis 1,5 Meter) gegeben. Das Modell wurde nie in Serie ge- baut, lieferte aber die Grundlage für neue Bodeneffektfahrzeuge. Zu sehen sind die schnellen Flug- boote dennoch bislang nicht, was in erster Linie am Seegang liegt. „Während Bodeneffektfahrzeuge relativ problemlos über Binnenseen fliegen können, wird es auf den Ozeanen schon deutlich heikler“, sagt Josef Mertens, Aerodynamiker an der FH Aachen. Doch das möch- te Éric Magré von Focus 21 nun än- dern. Den Wellen will er mit der Größe seiner Fahrzeuge entgegen- treten. Die 15-Passagier-Version soll in drei Meter Höhe schweben: „Das erschließt uns eine Menge verschie- dener Einsatzgebiete, hauptsäch- lich in Küstengegenden und um In- seln herum.“ 2010 sollen die ersten Pelikan-Flugboote ausgeliefert werden, zu Preisen ab etwa einer Million Euro. Daniel Hautmann Ein Boot fliegt übers Wasser wie ein Pelikan Halb Schiff, halb Flugzeug, sind Bodeneffektfahrzeuge ideale Transporter an der Küste – wenn nur nicht die Wellen wären Pelikane gleiten dicht über dem Wasser auf einem Luft- polster und nutzen den Bodeneffekt Ende 2008 soll ein neues Boot den Effekt nutzen – entwickelt von einem Hub- schrauber- Ingenieur FOTOS: PA/ MAYALL; DASSAULT

2008 ist das brandenburg - oder doch der amazonas?

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paddeln im naturpark uckermaerkische seen...

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B E R L I N E R M O R G E N P O S T

S O N N A B E N D , 1 7 . M A I 2 0 0 8A 6 Boot

Kostenlose BootskurseKinder, die die dritte bis sechsteSchulklasse besuchen, können beivielen Berliner Segel- und Surf-klubs jetzt wieder kostenlos Ein-blicke in den Wassersport nehmen.Die Aktion der Bootsmesse Boot &Fun läuft die ganze Saison über.Wie man sich anmeldet, steht imInternet unter www.traudichaufs-wasser.de. BM

Mängel an jedem vierten BootDie Wasserschutzpolizei hat beijedem vierten Boot auf Branden-burgs Seen und Flüssen etwas zubemängeln, meistens unvollständi-ge Ausrüstung und Schiffspapiere.Bei einer Großkontrolle überPfingsten wurden knapp 2200Fahrzeuge kontrolliert. ddp

Probesegeln in KöpenickDer Yachtklub Wendenschloss lädtam kommenden Sonnabend zumTag der offenen Tür. Ab 10 Uhrstehen in dem Klub an der Nieber-gallstraße 34 in Köpenick ver-schiedene Boote zum Probesegelnbereit, vom Optimisten für dieJüngsten bis zum sportlichen FlyingDutchman. BM

Seefunkzeugnis: kein BußgeldIm Mai ist die neue Regelung überSeefunkzeugnisse in Kraft getreten,doch Bußgelder sollen dieses undnächstes Jahr nicht erhoben wer-den, wenn der Skipper eines Bootesmit Funkgerät kein Seefunkzeugnishat. Es muss aber wenigstens einMitglied der Besatzung über so einZeugnis verfügen. BM

Sonderangebot KaribikcharterFür schnell entschlossene Charte-rer, die zwischen 1. Juni und 18. Julivon der Karibikinsel Martiniqueaus Segelferien machen wollen, gibtes eine Ermäßigung von 20 Prozentauf den Charterpreis aller Ein-rumpfyachten unter 47 Fuß (14,33Meter). Die Yachten müssen aberschon bis zum 31. Mai 2008 gebuchtwerden. mjm

BooteNewsDAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

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T Von Matthias J. Müncheberg

Das Paradies liegt nur eine gute Au-tostunde vor den Toren Berlins:Der Naturpark UckermärkischeSeen mit seinen 300 Gewässerflä-chen kann ab sofort als Rundtourim Paddelboot erkundet werden.Wahlweise beginnt der etwa 65 Ki-lometer lange Törn in WasserstadtFürstenberg/Havel oder im Flößer-städtchen Lychen.

Drei bis vier Tage benötigen Ka-nuten für den Ausflug: Entgegendem Uhrzeigersinn führt der Kursüber Großen Lychen- und Stolpseeauf die abwärts fließende Havel biszum Templiner Seenkreuz. Undhier beginnt der schönste Paddel-abschnitt der gesamten Strecke:Von der wieder in Betrieb genom-menen SelbstbedienungsschleuseTemplin aus geht es den knapp vierKilometer langen Stadtsee entlang.Nach weiteren zwei Kilometernüber den sich nördlich anschließen-den Bruch- und den Gleuensee öff-net sich vor dem Paddler das Tor zueiner ganz anderen Welt.

Motorboote dürfen hier nicht fahrenMarkiert wird es mit einer wuchti-gen gelben Tonne, die mittig imFahrwasser positioniert ist. Siezeigt an, dass Motorbooten die Wei-terfahrt verboten ist. Ab hierherrscht also Stille, jedenfalls hal-ten sich die Geräusche der Zivilisa-tion fern. Sie machen hundertfa-chem Vogelgezwitscher Platz, dasaus Schilf, Unterholz und Wald her-überklingt.

Wir befinden uns direkt vor derEinfahrt in den knapp eineinhalbKilometer langen Netzowgraben.Der verbindet den Gleuen- mit demlang gestreckten Netzowsee, auf

dem das Fahren mit Verbrennungs-motoren ebenfalls nicht erlaubt ist.Unser Ziel: Das NaturschutzgebietKnehdener Moor, durch das derNetzowgraben hindurchführt.

Doch vorher gilt es, einen engen,feuchtkalten Wassertunnel zu be-wältigen, durch den wir aufmerk-sam gegen die Strömung steuernmüssen. Das Wasser ist in dem Na-delöhr so flach, dass mit dem Pad-del stellenweise sogar gestakt wer-den kann. Achtung, hier liegen gro-ße Steine im Weg! Wird der Som-mer zu heiß, kann der Graben andieser Stelle trockenfallen – dannmuss der Paddler sein Boot einStück tragen.

Seltene Orchideenarten sind zu sehenHinter der dunklen Röhre, die dieVerbindungsstraße von Templinnach Knehden und Netzow trägt,halten wir den Atem an. In diesemNaturparadies gedeihen selteneund sehr anspruchsvolle Orchide-enarten wie etwa das HellgelbeKnabenkraut, das einen bestimm-ten, nur hier vorkommenden Pilzzum Leben benötigt; der Moor-frosch und eine der größten heimi-schen Spinnenarten, die Listspin-ne, finden hier ebenfalls geeignetenLebensraum. Sogar die Europäi-sche Sumpfschildkröte hat sich aneinigen Stellen des KnehdenerMoors angesiedelt.

Ja, so ungefähr muss es wohl amAmazonas aussehen: Stilles, klaresWasser ist umgeben von üppigerVegetation, abgestorbene Bäumeragen ins träge strömende Wasserhinein. Überall raschelt undplatscht es aus den seitlichen Was-serarmen und den teils zum Greifennahen Uferpflanzen. Nicht seltenmüssen wir den Kopf einziehen undin gebückter Haltung paddeln – dertief über das Wasser hängenden Äs-te wegen.

Bootstransport auf dem AnhängerLibellen umspielen die Boote, einPirol ruft. Möglichst ohne ein Ge-räusch zu verursachen, gleiten un-sere schlanken GFK-Boote an einerBiberburg vorbei. Hier würdeselbst das Auslösegeräusch der Ka-mera stören. Familie Biber ist je-doch nicht zu Hause oder hat sichgut versteckt. Weiter geht es, vorbeian drei Graureihern. Sie halten imdichten Unterholz Wacht, so steif,als hätten sie einen Stock ver-schluckt.

Dann weitet sich wie ein Haff derbis zu 70 Meter tiefe Netzower Rin-nensee. An seinem nordwestlichenUfer liegt eine kleine Badestelle –herrliche Abkühlung nach der meh-rere Stunden währenden Muskelar-beit. Nun ist es nur noch ein Stein-

wurf in südwestlicher Richtung:Weithin sichtbar prangt vom gegen-überliegenden Ufer das Schild des„Lindenhofs“, eines Landgasthofsmit Tisch und Stühlen mitten auf ei-ner Wiese – willkommene Rastnach einem Paddelmarathon. Werwill, übernachtet hier in Gästezim-mern oder dem preiswerten Heu-hotel, bevor es am nächsten Tag aufdem Wasser weitergeht.

In Lindenhof gibt es einen beson-deren Service für Paddler: „Werwill, kann sein Kanu per Trailervom Netzowsee zum westlich gele-genen Platkowsee bei Lychen trans-

portieren lassen“, sagt Jan-PeterWagner. Nur 15 Minuten währe dieAutofahrt, für die er pro Boot fünfEuro verlange, wenn der sechs Boo-te fassende Trailer voll belegt sei,sagt der Jungunternehmer (Tel.03987/401 61 80, www.gestuet-lin-denhof.de). Damit eröffnen sich fürWasserwanderer auf Uckermark-törn völlig neue Paddelmöglichkei-ten: Es schließt sich der Kanukreiszu einem Rundkurs, der Vergleich-bares an Natur und Stille sucht.

Das hat auch Christoph Thum er-kannt: Der Veranstalter von Kanu-reisen bietet ab Saisonbeginn für

299 Euro „Biberpaddeln“ an, einenfünftägigen, begleiteten Rundkursdurch den Naturpark (039888/433 77, www.treibholz.com).Nächster Rundfahrttermin ist der2. bis 6. Juni.

Mietpreis ab 25 EuroDoch auch für einen Tagestörn, ins-besondere für den Ausflug auf eige-nem Kiel mit Kindern, lohnt dieAnfahrt: Auf die etwa 16 Kilometerlange Tour im schönsten Abschnittdes gesamten Rundkurses – vomBruch- über den Gleuensee, Net-zowgraben bis zum Netzowsee –

hat sich der Milmersdorfer Kanu-verleiher Peter Reitzig spezialisiert:Seine gutmütigen Kanadier undKajaks werden am Bruchsee, gleichin der Nähe des Fährkruges, insWasser gesetzt (039886/340 40,www.kanulust.de).

Paddelunterricht, Tipps zur Re-gion und Wissenswertes zu Floraund Fauna entlang Tour sind imMietpreis von 25 Euro pro Bootenthalten. Die einfache Fahrt dau-ert zweieinhalb Stunden, wer Hin-und Rückfahrt bucht, muss mit Mit-tags- und Badepause rund achtStunden kalkulieren.

Ist das Brandenburg oder doch der Amazonas?Mit dem Paddelboot auf großerEntdeckungstour im Naturpark

Uckermärkische Seen

Paddelparadies Uckermärkische Seen: Wer viel Ausdauer hat, erreicht über die 100 Kilometer paddeltauglicher Wasserwege die Märkische Seenplatte FOTOS: MÜNCHEBERG

Das Schild ist unmissverständlich: Motorboote sind hier verboten

N

Stolp-see

Gr. Lychen-see

Gr. Küstrinsee

Gr. Wentowsee

Netzowsee

Shuttleservice

Platkowsee

Havel

Zootzen

Himmel-pfort

Bredereiche

Röddelin

Hammelspring

Fürstenberg/Havel

Lychen

Templin

5 km

BERLIN

BRANDENBURG

UCKERMARK

Warum nur kann ein Pelikan mitganz wenigen Flügelschlägen soweite Strecken segeln? Und könntesich nicht auch der Mensch diesesWunder der Natur nutzbar ma-chen? Die Antwort auf diese Fragenist ein faszinierendes Stück Technikmit einem etwas sperrigen Namen:das Bodeneffektfahrzeug.

Der Pelikan macht es vor: UmEnergie zu sparen, fliegt er nur we-nige Zentimeter über dem Meer.Dabei bildet sich ein Luftpolster,das sich mit ihm fortbewegt – derBodeneffekt. Jeder kennt ihn ausdem Büro: Schiebt man ein BlattPapier über einen glatten Tisch,hebt es ab und schwebt ein Stück.

Flugzeug- wie Schiffskonstruk-teure wollen diesen Effekt schonlange nutzen. Ihre Maschinen sol-len knapp über der Wasseroberflä-che dahinjagen und zwei Fliegenmit einer Klappe schlagen: Sie wä-ren schneller als ein Schiff, abersparsamer als ein Flugzeug. Rechtweit in dieser Entwicklung ist dasfranzösische Unternehmen Focus21. Dessen Ziel ist es, ein schnittigesBodeneffektfahrzeug zu bauen, dasBesitzern großer Yachten den Heli-kopter an Bord ersetzt. Doch dieTrans-Aquatis-Modelle von Focus

21 sollen nicht nur als 200 Stunden-kilometer schnelle Tenderbootedienen, sondern auch als Passagier-fähren, schwimmfliegende Luxus-Flitzer oder schnelle Frachtboote.

„Der Bedarf ist da“, sagt Chefin-genieur Éric Magré, ein ehemaligerHubschrauber-Ingenieur. Er hatverschiedene Modelle gezeichnet,die Platz für vier bis 15 Passagierebieten, und der erste Prototyp sollin einigen Monaten abheben. Flug-zeugkonstrukteur Ulrich Schäfervon der Fachhochschule Aachen istskeptisch. „Ich glaube, dass das nierichtig funktionieren wird. DieFahrzeuge sind viel zu anfällig fürBöen.“ Die fliegenden Schiffe könn-ten bei einem Windstoß schnell ausder Bahn geworfen werden.

Majestätisch zeigten sich hinge-gen die sogenannten Ekranoplane,die die sowjetische Marine wäh-rend des Kalten Krieges entwickel-te. Mit 106 Meter Länge, 40 MeterSpannweite und 540 Tonnen Ab-fluggewicht brauchte das „kaspi-sche Monster“, wie es die Amerika-ner nannten, zehn Turbinen um sichaus dem Wasser zu heben. Im Flugkonnten dann acht Turbinen abge-schaltet werden. Wegen seines ho-hen Gewichts blieb der Riesenflie-

ger unanfällig gegen Windstöße.Der Vorteil der russischen Riesenwar seinerzeit, dass sie weder vonRadar noch von Sonar erfasst wur-den und bis zu 750 km/h erreichten.Inzwischen orten moderne Radar-anlagen aber auch sehr tief fliegen-

de Maschinen. In der Vergangen-heit arbeiteten auch die Deutscheneifrig an Bodeneffektfahrzeugen.Wegweisend zeigte sich der Flug-zeugkonstrukteur Alexander Lip-pisch in den 50er-Jahren. SeineX-113 drehte als weltweit erstes Bo-

deneffektflugzeug einige Rundenüber dem Bodensee. Schnell wurdejedoch klar, dass jede noch so kleineWelle dem Flieger die stabile Flug-lage rauben würde. Wegen der ge-ringen Spannweite von nur 5,89Metern brauchte die X-113 den Bo-deneffekt, und der ist nur in gerin-ger Höhe (bis 1,5 Meter) gegeben.Das Modell wurde nie in Serie ge-baut, lieferte aber die Grundlagefür neue Bodeneffektfahrzeuge.

Zu sehen sind die schnellen Flug-boote dennoch bislang nicht, was inerster Linie am Seegang liegt.„Während Bodeneffektfahrzeugerelativ problemlos über Binnenseenfliegen können, wird es auf denOzeanen schon deutlich heikler“,sagt Josef Mertens, Aerodynamikeran der FH Aachen. Doch das möch-te Éric Magré von Focus 21 nun än-dern. Den Wellen will er mit derGröße seiner Fahrzeuge entgegen-treten. Die 15-Passagier-Version sollin drei Meter Höhe schweben: „Daserschließt uns eine Menge verschie-dener Einsatzgebiete, hauptsäch-lich in Küstengegenden und um In-seln herum.“ 2010 sollen die erstenPelikan-Flugboote ausgeliefertwerden, zu Preisen ab etwa einerMillion Euro. Daniel Hautmann

Ein Boot fliegt übers Wasser wie ein PelikanHalb Schiff, halb Flugzeug, sind Bodeneffektfahrzeuge ideale Transporter an der Küste – wenn nur nicht die Wellen wären

Pelikanegleiten dichtüber demWasser aufeinem Luft-polster undnutzen denBodeneffekt

Ende 2008 sollein neues Bootden Effektnutzen –entwickelt voneinem Hub-schrauber-Ingenieur FOTOS: PA/

MAYALL; DASSAULT