Upload
matt-muencheberg
View
213
Download
0
Embed Size (px)
DESCRIPTION
ein damenteam aus berlin und brandenburg stellt sich der haertesten ostsee-regatta
Citation preview
6
+
Sonnabend, 4. Juli 2009 | Berliner MorgenpostA 6 BOOTA 6
SegelsportWarnemünder Woche startetBei der 72. Warnemünder Wochewerden von heute an rund 800Boote in 22 Klassen auf der Ostseean den Start gehen. Rund 2000Segler und Surfer haben sich in dieMeldelisten eingetragen. In diesemJahr liegt der Fokus vor allem aufden Surfern. Ausgetragen wird dieinternationale deutsche Meister-schaft für Frauen und Männer inder olympischen RS:X-Klasse. dpa
Australien16-Jährige will Welt umsegelnDie 16-jährige Australierin JessicaWatson will als jüngster Menschallein um die Welt segeln und hatmit ihrem Plan eine Diskussionausgelöst. Der Vorsitzende einesVerbandes zur Wahrung der Famili-enwerte kritisierte die Eltern, weilsie ihre Tochter auch noch unter-stützen. Jessica ist aber unbeirrt.Die Familie arbeitet rund um dieUhr, um die zehn Meter lange Yachtauszustatten. Sie hat Sponsorengefunden und will im Septemberablegen. dpa
Dampfer-Treffen350 000 Besucher erwartetZum 9. Flensburger „Dampf Rund-um“ vom 10. bis 12. Juli werdenrund 350 000 Besucher erwartet.„So viele waren es im vergangenenJahr. Ich gehe davon aus, dass wirwieder eine so große Anzahl anMenschen erreichen“, sagte Orga-nisator Michael Reinhardt. Das„Dampf Rundum“ wird alle zweiJahre veranstaltet und gilt als größ-tes Dampfer-Treffen Europas.Neben Booten, sind auch Dampf-walzen und Lokomobile (fahrbareDampfmaschinen) zu sehen. dpa
PrerowHafenneubau noch nicht sicherDer Hafenneubau in Prerow istnach Ansicht des neuen Bürger-meisters, Andreas Meller (Linke),noch lange nicht gesichert. „Erstmit dem Raumordnungsverfahrenbekommen wir Fakten.“ Allerdingssei das für das erste Quartal 2009angekündigte Verfahren noch im-mer nicht im Gange. Der Neubausoll als Ersatz für den von Natur-schützern kritisierten NothafenDarßer Ort dienen. dpa
AusstellungDie Gesundheit auf SchiffenIm Haffmuseum Ueckermünde(Kreis Uecker-Randow) ist bis 27.September eine Ausstellung überdas Gesundheitswesen in derSchifffahrt zu sehen. Behandeltwerden Probleme wie Skorbut undandere Krankheiten vom Mittel-alter bis zur modernen Vorsorge anBord. Eindrücke können an Riech-ecke und Hörstation sowie einemTerrarium mit Madagaskar-Scha-ben gewonnen werden. dpa
Das Wichtigste in Kürze- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
BOOTENEWS
törns zur Verfügung und hat dieFrauen, darunter mehrere mit we-nig Segelerfahrung, durch spezielleTrainings auf den brandenburgi-schen Gewässern und auf der Ost-see fit gemacht für den Ausnahme-törn. Dabei gehe es den Frauennicht darum, als erste ins Ziel zu se-geln, sondern um das Gewinnen anpersönlichen Erkenntnissen, sagtder Segelausbilder, der die Regattaschon zwölf Mal mitgefahren ist.
Daniela Chudoba etwa will beimTörn ihre eigenen Grenzen austes-ten. Die Berliner Projektleiterin se-gelt seit acht Jahren und meldetesich gleich für den Wellenritt an, alssie davon hörte. Sofort ist sie mitvollem Einsatz zur Stelle, wenn esgilt, eine Leine festzuziehen oderdas Steuer zu übernehmen. Auchdie Potsdamerin Ulrike Bergmannist bei dem Törn mit dabei: Die Ideefür den reinen Frauentörn sei vordrei Jahren beim Segeln mit Freun-dinnen auf einem BrandenburgerSee entstanden, sagt die 28-Jährige.„Lasst uns die Tour mit einer reinenMädchencrew stemmen“, schlug sievor – und war damals noch nie anBord eines Segelbootes gewesen.
Nun aber sitzen die jungen Frau-en entschlossen auf der hohen Kan-te, trimmen die Yacht auf einemruppigen Gegenwindkurs, um nochein Quäntchen Geschwindigkeitaus dem schlanken Bootsrumpfherauszuholen. Ihre Wangen sind
T VON MATTHIAS J.MÜNCHEBERG
Dichte Wolken türmen sich überder kalten Ostsee vor Warnemündeauf, das salzige Wasser hat eine tief-graue Farbe angenommen, und derWind frischt stetig auf, dass es nurso pfeift in den Stagen und Wanten.Die Wellenformationen nehmennoch immer an Höhe zu, als fünfjunge Frauen aus Brandenburg undBerlin mit einer Hanse 52 hart amWind durchs Wasser pflügen. Es istdas erste Mal, dass sie für drei Tageund zwei Nächte ununterbrochenals Team auf der Ostsee unterwegssind. Das gemeinsame Ziel derFrauen im Alter von 28 bis 42 Jah-ren ist ambitioniert: Mit vier weite-ren Seglerinnen wollen sie amDienstag bei der längsten deut-schen Strecken-Seeregatta „RundBornholm“ antreten.
„Und vor allem: ankommen“,ruft Sabine Thonfeld gegen denstarken Wind, der ihr fast den Atemraubt, als ihre Hände das wagen-radgroße Steuerrad fest umschlie-ßen. Sabine ist mit 42 Jahren die Äl-teste an Bord. Sie bringt die meisteErfahrung mit und darf deshalb die„Polaris“ beim Training durch dieWellenberge skippern.
Härtetest für Mensch und MaterialDie jeweils Anfang Juli beginnendeWettfahrt, ausgesegelt anlässlichder Warnemünder Woche, gilt alssehr anspruchsvoll, egal ob es sichnun um Segler oder Seglerinnenhandelt. Trotzdem – oder geradedeswegen – nehmen viele die Her-ausforderung an: Jedes Jahr beteili-gen sich bis zu 80 Yachten an der270 Seemeilen (500 Kilometer) lan-gen Regatta, sagt Mareike Guhrvom Regattabüro der Warnemün-der Woche. „Die Ostsee ist aner-kanntermaßen eines der an-spruchsvollsten Segelreviere über-haupt. Das wird kein Zuckerschle-cken für die Mädels, aber dafür eineder besten Erfahrungen ihres Le-bens“, verspricht Michael Haufe,Geschäftsführer der Firma Team-geist GmbH aus Brandenburg.
Haufe stellt neben der Hanse 52eine Bavaria 44 H für die Übungs-
gerötet, die Augen glänzen. Gischtweht ihnen ins Gesicht.
„Muss es denn ausgerechnet jetztmit sechs Windstärken wehen?“,beschwert sich die 35-jährige AlinaFaltermayr und fragt SegellehrerHaufe, ob die Wellen bei der Regat-ta denn auf noch mehr als zwei Me-ter anwachsen können. „Kanndurchaus sein“, sagt der erfahreneSegler, der jedoch sehr zufrieden istmit den rauen Trainings-Wetterver-hältnissen vor der Warnowmün-dung an diesem Tag. Denn nur sokönne man mit den möglichen be-sonderen Anforderungen bei derWettfahrt umgehen lernen.
Das Trainingspensum ist um-fangreich und hart. Ständig heißt esSegel setzen, anluven, abfallen, auf-fieren, Kurs halten – Begriffe, diebei allen Teilnehmerinnen schonsehr bald im Schlaf sitzen müssen.Auch mit dem Problem der See-
krankheit wird die Damencrew beiihrem Übungsschlag schonungsloskonfrontiert. Doch das gehört ebendazu, da sind sich die Seglerinneneinig, und helfen sich gegenseitig,wo sie können. „Die Frauen werdenauf der Langstrecke mit Sicherheitan ihre Grenzen stoßen, deshalb istdas intensive Training besonderswichtig“, sagt Michael Haufe. Dochdas Einstimmen aufeinander klap-pe gut. „Ich hatte selten so humor-volle Teilnehmerinnen im Boot, diesehr engagiert und motiviert an dieSache herangehen“, sagt der Segel-lehrer am Ende des Übungstörns.
Für den leidenschaftlichen Was-sersportler ist die sogenannte See-mannschaft neben dem segleri-schen Wissen und Können die Er-fahrung, die es ihm ermöglicht, mitjeder Lage auf See fertig zu werden.Seemannschaft? In diesem Falldoch eher Seefrauschaft. Für Skip-perin Sabine steht fest, dass es dasEngagement und die Ernsthaftig-keit sind, die das Segeln unter Frau-en ausmachen. Seglerinnen auf ei-nem reinen Frauen-Törn seien zu-verlässiger als ihre männlichenWassersport-Kollegen, schätzt die42-jährige Angestellte. Das sei je-denfalls ihre Erfahrung aus 15 Jah-ren Schiffsführungspraxis.
Doch nicht alle Seglerinnen sindausschließlich begeistert vom Se-geln mit einer reinen Frauencrew:Gleich starke weibliche Charaktere
an Bord könnten auf Dauer zu Pro-blemen führen, befürchtet etwa Do-rit Hasselberg aus Potsdam. Die 30-jährige Eventmanagerin ist davonüberzeugt, dass gemischte Crewshomogener segelten. Doch das hältdie studierte Sportwissenschaftle-rin, die vor sechs Jahren mit demSegelsport begann, nicht davon ab,es auch mal mit einer rein weibli-chen Crew zu versuchen.
Abgerechnet wird im ZielFest steht jedenfalls schon nach denersten Trainings in Brandenburgund dem ersten gemeinsamen Se-geltag auf See, dass die Frauen anBord der „Polaris“ mindestens ge-nauso gut wie ihre männlichen Se-gel-Kollegen den Gebrauch vonTauwerk und das Bedienen der Se-gel beherrschen. Zudem können sieelegant an- und ablegen, und sieverhalten sich korrekt auch bei stär-kerem Wind und Seegang. Diese Ei-genschaften beschreibt das Segler-lexikon als „gute Seemannschaft“.
Über den noch immer existieren-den Satz „Wenn Gott gewollt hätte,dass Frauen segeln, hätten er dasWasser rosa gefärbt“, können dieSeglerinnen jedenfalls nur milde lä-cheln. Denn abgerechnet wird imZiel. Ihre See-Taufe haben sie be-reits erhalten. Nun gilt es umzuset-zen, was die Frauen an den anstren-genden Trainingswochenenden anBord der „Polaris“ gelernt haben.
Freuen sich auf die Herausforderung „Rund Bornholm“: Dorit Hasselberg, Daniela Chudoba, Sabine Thonfeld, Ulrike Bergmann und Alina Faltermayr (v. l.) FOTOS: MÜNCHEBERG
Bornholm
Rügen
WarnemündeRostock-
UsedomMECKLENBURG-VORPOMMERN
DÄNEMARK
OSTSEE
SCHWEDEN
DEUTSCHLANDPOLEN
270 SEEMEILEN
Der Törn der AmazonenLange haben sie
trainiert, amDienstag startet ein
Damenteam ausBerlin und
Brandenburg zueiner der härtesten
Ostseeregatten
Unter uns rauscht das Wasser genOstsee, nur wenige Zentimeter Be-wegung am Ruder, das Segel ist hartgetrimmt und dann ist er da: derperfekte Moment. Die Kufen desKatamarans vibrieren, begin-nen zu summen. Ein Tontiefer Zufriedenheitgeht von unserem Ge-fährt aus. Wir grin-sen.
„Geht ins Trapez!“,ruft uns der Segelleh-rer zu, der noch vorwenigen Tagen zu Vor-sicht auf dem Wasser ge-mahnt hatte. Doch die Ostsee istnicht der Wannsee, hier gelten an-dere Regeln. Wir schießen übersMeer, hinter uns die Insel Usedom,Gischt spritzt ins Gesicht. DasSummen des Katamarans schwilltzu einem Heulen an. Dann beginnteine Kufe, sich aus dem Wasser zuheben, schlägt grob auf die Wellen.„Wir brauchen Gegengewicht,sonst kentern wir!“, ruft unser Skip-per.
Als wir mit dem Segeln anfingen,dachten wir, es sei wie beim Auto-fahren. Kleine Unterschiede zwi-schen Opel Corsa und BMW 3er.Doch unterm Strich bleibt BremseBremse und Blinker Blinker. Alsowar es für uns nur logisch, eine Wo-che nach unserer bestandenen Prü-fung zum Segelschein Binnen ein
Katamaran-Wochenende zu bu-chen. So groß werden die Unter-schiede zwischen Ixylon-Jolle undHobie Cat 21 schon nicht sein –dachten wir. Bis unsere zitternden
Finger das Gurtzeug in die amMast befestigten Seile des
Trapezes haken. Es ist, als wären wir
bisher nur mit einemgedrosselten Roller aufLandstraßen unter-wegs gewesen, und jetztrasen wir in einem For-
mel-1-Wagen über As-phaltwüsten aus Wasser und
stehen dabei auch noch auf derKarosserie. Wir haben Schiss –auch weil wir uns andie Vorübungenan Land erinnern.„Kentern gehörtzum Katamaran-fahren dazu“, hatder Einweiser ge-sagt und uns auf derWiese gezeigt, wiewir einen havariertenKahn wieder aufrich-ten können. Doch dieSpielstunde ist vorbei.Wir pflügen mit 30 km/hübers Wasser und wollenvor allem eines nicht:kentern.
Doch am letzten Tagwird aus Spaß plötzlich
Ernst. Unser Hobie Cat 21 schnurrtüber das Wasser. Wir haben inzwi-schen gelernt, dass es nur zwei Ge-schwindigkeiten gibt: schnell undzu schnell. Wir bewegen uns irgend-wo dazwischen, versuchen das Op-timum aus unserem Gefährt her-auszuholen, hängen in den Trape-zen, lassen uns auf das Trampolinfallen wie die Profis. Wir sind zu-mindest genauso durchnässt wiedie Regattafahrer, die man aus demFernsehen kennt. Dann geht einervon uns über Bord. Es passiert ein-fach, platsch, Mann und Boot ent-fernen sich. Im Ernstfalloffenbart
Dann rast der Katamaran los wieein Überwasser-Torpedo. Die Segelam zehn Meter hohen Mast wirkenvom Meeresspiegel aus gigantisch.Man fühlt sich wie Don Quichotteim Wasser, der gegen schwimmen-de Windmühlen kämpfen will. Diebeiden weiß glänzenden Kufenschießen in den Wind, Segel flat-tern wild, innerhalb einer Sekundekommt das Boot zum Stehen – dasManöver glückt. Wir haben dieschwerste Prüfung bestanden. Aberso schön und sportlich es auf einemKatamaran auch zugehen mag: Unsfindet man auf dem Wannsee. Meer
brauchen wir nicht.
Geschwindigkeitsrausch auf zwei Kufen Nach ihrer Segelscheinprüfung wagen sich die Morgenpost-Reporter Grischa Rodust und Lars Kreye an Bord eines Katamarans
Grischa Rodust beim Versuch, im Trapez zu stehenLars Kreye macht dabei schon eine bessere Figur
sich der größte Nachteil des Kata-marans. Für schnelle Wenden wur-de das Boot nicht konstruiert.
Wer im Wasser schwimmt, hat –Rettungsweste und Neoprenanzugsei Dank – nicht viel zu bangen. AnBord kommt man dagegen insSchwitzen. Ganz allein eine Wendeauf einem Katamaran einzuleitenist nicht einfach. Vom Wasser ausgesehen wirkt das ganze Getue an-fangs wie in Zeitlupe. Langsamschwenkt das vier Meter breite undüber sechs Meter lange Gefährtherum und nimmt Peilung auf.
FOTO
S. P
RIVA
T
Zweitauflage Jedes Jahr betei-ligen sich mehr als 60 Yachten an„Rund Bornholm“. Nachdem 1999die erste Brandenburger Frauen-mannschaft an den Start ging,setzt nun genau zehn Jahre späterwieder eine weibliche Crew fürdas Bundesland die Segel. DieStrecke von Warnemünde bisBornholm und zurück will dieCrew in drei Tagen schaffen.
Rekordjagd Seit acht Jahrenversuchen die schnellsten Yach-ten den Streckenrekord zu bre-chen. Die Bestmarke hält seit 2001die Yacht UCA, die für die Streckenur 28 Stunden 37 Minuten und23 Sekunden benötigte. Bereitszweimal ist ein Ocean-Racer derVO-60-Klasse beim Versuch ge-scheitert, den Rekord zu brechen.
Streckenrekord hält seit 2001
Ulrike Bergmann steuert die„Polaris“ beim Übungstörn