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+ Abgezeichnet von: Abgezeichnet von: WELT am SONNTAG | 39 31. MAI 2009 NR. 22 Immobilien Von Matthias J. Müncheberg _______________________________ Sanft plätschern die Wellen ge- gen den Steg, eine Abendbrise streicht über das Oberdeck, und di- rekt vor dem Wohnzimmer kann bei einem guten Glas Wein von der Terrasse aus beobachtet werden, wie die glutrote Sonne im Wasser des Sees zu versinken scheint. Fi- sche springen übermütig direkt vor der Haustüre, und überm Dach zie- hen Möwen ihre Kreise. So jedenfalls sieht das idealtypi- sche Bild aus. Als ich jedoch am ganzjährig vermieteten Schwimm- Haus der Aqua Terra Lausitz GbR auf dem Partwitzer See in der Nähe von Senftenberg ankomme, sieht es ganz und gar nicht nach einem ruhi- gen Abend auf der Terrasse aus. Ein steifer Wind bläst aus West, die Wellen schlagen unerbittlich gegen die Wohn-Pontons. Hätte ich bes- ser eine Schwimmweste mitgenom- men? Das Untergestell ist unsink- bar und solide verankert, versichert mir der Hersteller, also steige ich beherzt in meine unfeste Bleibe für eine Nacht. Eine Behausung auf dem Wasser hat nun einmal kein Fundament. Das Haus schaukelt zwar nicht wirklich, aber man spürt, wie es an den Befestigungen zerrt und alles ein wenig wackelt. Daran jedoch kann man sich ge- wöhnen, und manchem Wohntyp verschafft dies sogar ein besonders heimeliges Gefühl. Bei dem vor drei Jahren errichte- ten Referenz-Haus für eine ganze Siedlung von Wasser-Behausungen fällt ansonsten der kompakte, aber gut durchdachte Grundriss auf. Das Haus ist zweigeschossig und stellt den kleinsten Haus-Typ der Serie dar. Flur, Bad und geräumige Wohnküche mit Anschluss an ein großzügig geschnittenes Sonnen- deck bilden das Erdgeschoss. Über einen verschließbaren Beton- Schwimmsteg kann das Ufer er- reicht werden. Der kleine Wohn- raum mit Sitzecke und Zugang zum Balkon, der beim Schwimm-Haus wie bei einem Dampfer Oberdeck heißt, sowie das Schlafzimmer mit großen Fenstern zum See befinden sich im Obergeschoss. In größerer Zahl gibt es die Schwimm-Villen bisher vor allem in den Niederlanden, Dänemark und Nordamerika. In Deutschland tut man sich noch schwer mit dieser neuartigen Wohnform, und das liegt auch an bürokratischen Hür- den. „Ein Problem ist, dass viele Wasserflächen in Deutschland nicht verkauft, sondern nur als Nutzfläche verpachtet werden kön- nen“, sagt Architekt Matthias Bey- er. Er hat acht Schwimmhäuser für die Rummelsburger Bucht in Berlin geplant, die kurz vor der Realisie- rung stehen. Soll das „Grundstück“ beleihbar sein, funktioniert dies in der Regel über eine Erbpacht. Nur so besteht überhaupt eine Aussicht auf einen Bankkredit. Außerdem seien Floating Lofts etwa um 30 Prozent teurer als ein herkömmliches Einfamilienhaus mit vergleichbarer Ausstattung, schätzt der wasseraffine Architekt. „Problematisch – und dadurch teu- rer – ist neben der Gründung des Aufbaues auf einem Ponton vor al- lem die Technik, das betrifft bei- spielsweise die Gas- und Wasseran- schlüsse“, sagt Beyer. Gerade darin liegt jedoch der Reiz für viele Städter, die das be- sondere Ambiente schätzen und Wert legen auf eine individuelle, naturnahe Wohnform: das leise Spiel der Wellen und der immer- währende Ausblick auf das beruhi- gende Nass direkt vor der Haustür lassen nicht nur Wassersportler- Herzen höher schlagen. Dabei sind die Floating Lofts echte Häuser, nicht etwa nur Hausboot-Verschnit- te. Die Enge und Muffigkeit, die auf vielen umgebauten Lastkähnen und Schiffen oft herrscht, ist hier ebenso wenig Thema wie die typi- schen kleinen Schiffsbullaugen, durch die nur wenig Licht einfällt. Weitere Prototypen sind in den letzten Monaten entstanden: Für das maritime Wohnen auf inner- städtischen Kanälen geeignet ist et- wa ein 30 bis 40 Tonnen schweres Floating Home mit 105 Quadratme- tern Wohnfläche, Terrasse und be- gehbarem Dach, das sich ein Pär- chen aus Berlin für das Wohnen auf einem Seitenarm des Landwehrka- nals in Tiergarten bei der Mitt- schiffs-Werft in Berlin-Köpenick bestellt hat. Für den dauerhaften Auftrieb sorgen acht einzeln aus- tauschbare Schwimmkörper. „Wohnen an und auf dem Wasser hat Zukunft“, sagt Thomas Wilde, Geschäftsführer der Berliner Firma Steeltec 37. Für sein Schwimm- Musterhaus „Ar-Che“ wurde er kürzlich mit einem Innovations- preis ausgezeichnet. Auf großstäd- tischen Seen und Kanälen sieht Wilde allerdings nur selten genü- gend Platz für Schwimmvillen oder dauerhafte Wohnsitze. Interessen- ten müssten sich eher aufs platte Land begeben, beispielsweise an die Seen der ehemaligen mittel- deutschen Braunkohlenreviere, von denen viele zurzeit aufgefüllt und erschlossen werden. Schwankende Exklusivität auf dem Wasser Schwimmende Häuser gibt es heute in relativ lautem Design und in individueller Modulbauweise. Die Bewohner sollten aber seefest sein Schwimmvillen der Firma Steeltec 37. Die Modulbauweise ist relativ günstig, dafür treiben Anschlussleitungen für Wasser und Gas den Preis STEELTEC 37 Fortsetzung auf Seite 41 Anzeige Baulärm So viel Miete darf man kürzen Seite 41

2009 schwankende exklusivität auf dem wasser

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ImmobilienVon Matthias J. Müncheberg_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _

Sanft plätschern die Wellen ge-gen den Steg, eine Abendbrisestreicht über das Oberdeck, und di-rekt vor dem Wohnzimmer kannbei einem guten Glas Wein von derTerrasse aus beobachtet werden,wie die glutrote Sonne im Wasserdes Sees zu versinken scheint. Fi-sche springen übermütig direkt vorder Haustüre, und überm Dach zie-hen Möwen ihre Kreise.

So jedenfalls sieht das idealtypi-sche Bild aus. Als ich jedoch amganzjährig vermieteten Schwimm-Haus der Aqua Terra Lausitz GbRauf dem Partwitzer See in der Nähevon Senftenberg ankomme, sieht esganz und gar nicht nach einem ruhi-gen Abend auf der Terrasse aus. Einsteifer Wind bläst aus West, dieWellen schlagen unerbittlich gegendie Wohn-Pontons. Hätte ich bes-ser eine Schwimmweste mitgenom-men? Das Untergestell ist unsink-bar und solide verankert, versichertmir der Hersteller, also steige ichbeherzt in meine unfeste Bleibe füreine Nacht. Eine Behausung aufdem Wasser hat nun einmal keinFundament. Das Haus schaukeltzwar nicht wirklich, aber manspürt, wie es an den Befestigungenzerrt und alles ein wenig wackelt.Daran jedoch kann man sich ge-wöhnen, und manchem Wohntypverschafft dies sogar ein besondersheimeliges Gefühl.

Bei dem vor drei Jahren errichte-ten Referenz-Haus für eine ganzeSiedlung von Wasser-Behausungenfällt ansonsten der kompakte, abergut durchdachte Grundriss auf. DasHaus ist zweigeschossig und stelltden kleinsten Haus-Typ der Serie

dar. Flur, Bad und geräumigeWohnküche mit Anschluss an eingroßzügig geschnittenes Sonnen-deck bilden das Erdgeschoss. Übereinen verschließbaren Beton-Schwimmsteg kann das Ufer er-reicht werden. Der kleine Wohn-raum mit Sitzecke und Zugang zumBalkon, der beim Schwimm-Hauswie bei einem Dampfer Oberdeck

heißt, sowie das Schlafzimmer mitgroßen Fenstern zum See befindensich im Obergeschoss.

In größerer Zahl gibt es dieSchwimm-Villen bisher vor allem inden Niederlanden, Dänemark undNordamerika. In Deutschland tutman sich noch schwer mit dieserneuartigen Wohnform, und dasliegt auch an bürokratischen Hür-

den. „Ein Problem ist, dass vieleWasserflächen in Deutschlandnicht verkauft, sondern nur alsNutzfläche verpachtet werden kön-nen“, sagt Architekt Matthias Bey-er. Er hat acht Schwimmhäuser fürdie Rummelsburger Bucht in Berlingeplant, die kurz vor der Realisie-rung stehen. Soll das „Grundstück“beleihbar sein, funktioniert dies in

der Regel über eine Erbpacht. Nurso besteht überhaupt eine Aussichtauf einen Bankkredit.

Außerdem seien Floating Loftsetwa um 30 Prozent teurer als einherkömmliches Einfamilienhausmit vergleichbarer Ausstattung,schätzt der wasseraffine Architekt.„Problematisch – und dadurch teu-rer – ist neben der Gründung des

Aufbaues auf einem Ponton vor al-lem die Technik, das betrifft bei-spielsweise die Gas- und Wasseran-schlüsse“, sagt Beyer.

Gerade darin liegt jedoch derReiz für viele Städter, die das be-sondere Ambiente schätzen undWert legen auf eine individuelle,naturnahe Wohnform: das leiseSpiel der Wellen und der immer-

währende Ausblick auf das beruhi-gende Nass direkt vor der Haustürlassen nicht nur Wassersportler-Herzen höher schlagen. Dabei sinddie Floating Lofts echte Häuser,nicht etwa nur Hausboot-Verschnit-te. Die Enge und Muffigkeit, die aufvielen umgebauten Lastkähnenund Schiffen oft herrscht, ist hierebenso wenig Thema wie die typi-schen kleinen Schiffsbullaugen,durch die nur wenig Licht einfällt.

Weitere Prototypen sind in denletzten Monaten entstanden: Fürdas maritime Wohnen auf inner-städtischen Kanälen geeignet ist et-wa ein 30 bis 40 Tonnen schweresFloating Home mit 105 Quadratme-tern Wohnfläche, Terrasse und be-gehbarem Dach, das sich ein Pär-chen aus Berlin für das Wohnen aufeinem Seitenarm des Landwehrka-nals in Tiergarten bei der Mitt-schiffs-Werft in Berlin-Köpenickbestellt hat. Für den dauerhaftenAuftrieb sorgen acht einzeln aus-tauschbare Schwimmkörper.

„Wohnen an und auf dem Wasserhat Zukunft“, sagt Thomas Wilde,Geschäftsführer der Berliner FirmaSteeltec 37. Für sein Schwimm-Musterhaus „Ar-Che“ wurde erkürzlich mit einem Innovations-preis ausgezeichnet. Auf großstäd-tischen Seen und Kanälen siehtWilde allerdings nur selten genü-gend Platz für Schwimmvillen oderdauerhafte Wohnsitze. Interessen-ten müssten sich eher aufs platteLand begeben, beispielsweise andie Seen der ehemaligen mittel-deutschen Braunkohlenreviere,von denen viele zurzeit aufgefülltund erschlossen werden.

Schwankende Exklusivität auf dem WasserSchwimmende Häuser gibt es heute in relativ lautem Design und in individueller Modulbauweise. Die Bewohner sollten aber seefest sein

Schwimmvillen der Firma Steeltec 37. Die Modulbauweise ist relativ günstig, dafür treiben Anschlussleitungen für Wasser und Gas den Preis

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