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23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
- Der Idealismus -
Hauptseminar:
Begriffe, Phänomene und Entwicklungen von Krieg und Frieden
Prof. Dr. Dr.h.c. MeyersInstitut für Politikwissenschaft
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Gliederung
2. Der Idealismus
1. Ideengeschichtliche Grundlage
3. Geschichtliche Einordnung
4. Vergleich: Idealismus - Realismus
5. Der Neoidealismus
6. Kritik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
2. Der Idealismus
1. Ideengeschichtliche Grundlage
3. Geschichtliche Einordnung
4. Vergleich: Idealismus - Realismus
5. Der Neoidealismus
6. Kritik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Ideengeschichtliche Grundlage: Kant
• Ideengeschichtlich geht der Idealismus zurück auf Immanuel Kant, dem Vertreter der europäischen Aufklärung
• Er verfasste 1795 „Zum Ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf.“
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Ideengeschichtliche Grundlage: Kant“Nun hat aber die republikanische Verfassung, außer der Lauterkeit ihres Ursprungs, aus dem reinen Quell des Rechtsbegriffs entsprungen zu sein, noch die Aussicht in die gewünschte Folge, nämlich den ewigen Frieden; wovon der Grund dieser ist. Wenn (wie es in der Verfassung nicht anders sein kann) die Beistimmung der Staatsbürger dazu erfordert wird, um zu beschließen, ‘ob Krieg sein solle, oder nicht’, so ist nichts natürlicher, als daß, da sie alle Drangsale des Krieges über sich selbst beschließen müßten (als da sind: selbst zu fechten; die Kosten des Krieges aus ihrer eigenen Habe herzugeben; die Verwüstung, die er hinter sich läßt, kümmerlich zu verbessern; zum Übermaße des Übels endlich noch eine, den Frieden selbst verbitternde, nie( wegen naher immer neuer Kriege) zu tilgende Schuldenlast selbst zu übernehmen, sie
sich sehr bedenken werden, ein so schlimmes Spiel anzufangen.”
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Ideengeschichtliche Grundlage: Kant
“Da hingegen in einer Verfassung, wo der Untertan nicht Staatsbürger, die also nicht republikanisch ist, es die unbedenklichste Sache von der Welt ist, weil das Oberhaupt nicht Staatsgenosse, sondern Staatseigentümer ist, an seinen Tafeln, Jagden, Luftschlössern, Hoffesten u. d. gl. durch den Krieg nicht das mindeste einbüßt, diesen also wie eine Art von Lustpartie aus unbedeutenden Ursachen beschließen, und der Anständigkeit wegen dem dazu allezeit fertigen diplomatischen Korps die Rechtfertigung desselben gleichgültig überlassen kann.” (Kant 1970, S. 205-206)
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Fazit
• Durch die demokratische Verfassung eines Staates kann Krieg vermieden werden.
• Kant vertritt das Vernunftsprinzip, das den unaufgeklärten Naturzustand der Völker überwindet Ausbreitung der Demokratie als Friedenspolitik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
2. Der Idealismus
1. Ideengeschichtliche Grundlage
3. Geschichtliche Einordnung
4. Vergleich: Idealismus - Realismus
5. Der Neoidealismus
6. Kritik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Grundannahmen des Idealismus• Das internationale System ist anarchisch.• Der Mensch ist gut und vernunftbegabt.• Beste Regierungsform ist die Demokratie.• Macht lässt sich aus den IB eliminieren.• Zwischen dem individuellen und dem
allgemeinen Wohl besteht eine Harmonie. • Hauptakteure sind die Menschen als Individuen
und Völker.
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Normative Grundwerte (1)
• Negativ: Macht, Ausbeutung, Gewalt, Ungleichheit, Krieg, Rüstung
• Positiv: Frieden, Gleichheit, Solidarität, Abrüstung
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Normative Grundwerte (2)
• Idealistischer Nationalismus = System gleicher, freier, selbstbestimmter demokratischer Nationalstaaten, die friedlich miteinander leben
• Idealistischer Internationalismus = Vernetzung aller Nationalstaaten durch alle Arten von grenzüberschreitenden Transaktionen wie z.B. Handel führt zu Organisation der Welt, die auf dem Völkerrecht basiert (=Weltstaat)
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Ziel des Handelns (1)• Das Ziel ist die Verwirklichung von Werten.
• Das Vernunftsprinzip dient der Verwirklichung.
• Eine Weltregierung auf der Basis einer Weltgesellschaft wird für möglich gehalten.
• Genaue Umsetzung:
- Souveräne Staaten gehen Verträge ein und verzichten freiwillig auf Souveränität
– Institutionen und Zwischenstationen: Vereinigte Staaten von Europa, Völkerbund, internationales Schiedsgericht
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Ziel des Handelns (2)
• Falls das Ziel der Verwirklichung der Wert in einem Weltstaat nicht erreicht werden sollte, liegt das an dem Resultat der Verführung durch schlechte Politiker oder falsche Erziehung.
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Vertreter• Norman Angell (1872-1967), Hauptwerk “The Great
Illusion”, 1910• Alfred Zimmern (1879-1957), Hauptwerk “The
League of Nations and the rule af Law”, 1936 • Ramsay Muir (1872-1941), Hauptwerk “The
Independent World and it’s Problems”, 1939• David Miltrany (1888-1977)• Woodrow Wilson (1856-1924), Präsident der USA
(1913-1921)
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
2. Der Idealismus
1. Ideengeschichtliche Grundlage
3. Geschichtliche Einordnung
4. Vergleich: Idealismus - Realismus
5. Der Neoidealismus
6. Kritik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Der Erste Weltkrieg• Idealistische Kritik an der wachsenden Rivalität
und Rüstungspolitik der Großmächte• Idealismus unterstützt eine Friedenspolitik, um
die Logik der Machtpolitik zu unterbinden• Unterscheidung: pazifistischer Idealismus besteht
schon seit Jahrhundertwende und Idealismus als Lehrmeinung in den Internationalen Beziehungen seit den 1920er Jahren bis Mitte 40er
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Der Erste Weltkriegund Präsident Wilson
• Legitimation des Kriegseintritts 1917 durch Kreuzzug für die Demokratie
• “Vierzehen Punkten” von 1918:– Gründung eines Völkerbunds – Zentrale Friedensbedingung ist die
Demokratisierung des Staates• Fortsetzung durch Roosevelt
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Der Zweite Weltkriegund der Ost-West-Konflikt
• Rückkehr zum Realismus
• Wechsel in der US-Politik, hin zum Realismus, mit dem Präsidenten Truman als Nachfolger von Roosevelt
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Zusammenfassung• Erster Weltkrieg
Idealismus wird als konkurrierendes Deutungssystem zum bis dahin vorherrschenden Realismus etabliert
mehr Einfluss auf die Politik• Zweiter Weltkrieg Rückkehr in der Wissenschaft
und in der Politik zum Realismus • Eskalation des Ost-West-Konflikts endgültiges Ende
für den Idealismus und Aufstieg für den Realismus
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
2. Der Idealismus
1. Ideengeschichtliche Grundlage
3. Geschichtliche Einordnung
4. Vergleich: Idealismus - Realismus
5. Der Neoidealismus
6. Kritik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Idealismus RealismusMenschenbild Positiv: vernunftbegabtes
WesenNegativ: machtorientiertesWesen
Ziele des Handelns Verwirklichung von Werten(Frieden, Gerechtigkeit)
Sicherung des nationalenÜberlebens (Machtinteresse)
Logik des Handelns Normorientiert ZielorientiertGrundkennzeichen derinternationalenBeziehungen
Wertegemeinschaft derVölker bzw. Menschen
Regierungen, die imnationalen Interesse desStaates handeln
Hauptakteure in deninternationalenBeziehungen
Völker, die in Demokratiendurch ihre Regierungenvertreten werden
Regierungen, die imnationalen Interesse desStaates handeln
Kriegsursache Moralisch fehlgeleitete, nicht-demokratische Regierungen
GestörtesMachtgleichgewicht zwischenStaaten
Grundbedingungen fürFrieden
Partnerschaft demokratischerVölker
Machtgleichgewicht
WissenschaftlicheGrundorientierung
Normativ Empirisch
Prägend für dieinternationale Politik
Zwischenkriegszeit Vor allem nach dem ZweitenWeltkrieg
Führende Vertreter Wilson Morgenthau
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Zwischen Realismusund Idealismus
• Institutionalismus: – Kooperation ist prinzipiell denkbar– Realistische Begründung: Kooperation aus
Eigennutz• Strukturalismus:
– Internationales System durch materielle Strukturen gekennzeichnet
– Kooperation nur durch Aufhebung von struktureller Ungleichheit möglich
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Die vier Traditionen in der Lehre von den IB
Leitende Prinzipien
IdeenMaterielleStrukturen
Allgemeinwohl Idealismus StrukturalismusInteressen-
orientierungEigeninteresse Realismus Institutionalismus
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
2. Der Idealismus
1. Ideengeschichtliche Grundlage
3. Geschichtliche Einordnung
4. Vergleich: Idealismus - Realismus
5. Der Neoidealismus
6. Kritik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Historische Situation
• Ende des Ost-West-Konflikt
• Aufwertung internationaler Kooperation
• Ausbreitung der Demokratie
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Der Neoidealismus
• Der Neoidealist Charles Kegley sieht in der internationalen Kooperation Anzeichen für eine Weltgesellschaft.
• Durch die Weltgesellschaft kann die Anarchieproblematik überwunden werden.
• Dazu ist keine hierarchische Weltordnung nötig.• Er übernimmt die idealistischen
Grundannahmen.
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Der Neoidealismus
• Die beste Regierungsform ist die Demokratie, da sie “pure communication“ ermöglicht.
• Durch “pure communication“ können gute Menschen (internal goodness) andere beeinflussen.
• Dies kann auf internationale Ebene übertragen werden. Eine Weltgesellschaft demokratischer Staaten entsteht.
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Pure Communication
Government
People
Government
People
Government
People
International Society
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Gegenüberstellung Waltz - Kegley
das internationale Systemzeichnet sich durch Anarchieaus
ersetzt die internationaleAnarchie durch eineinternationale Gesellschaft
Anarchie ist die Ursache vonKonflikten und Krieg
Anarchie kann vermiedenwerden, wenn dieinternationale Gesellschaftentsprechend organisiert ist
da Anarchie nicht eleminiertwerden kann, kann auch Kriegnicht eleminiert werden
dadurch können auch Kriegund Konflikte umgangenwerden, ohne das eine „worldgovernment“ geschaffenwerden muss
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
2. Der Idealismus
1. Ideengeschichtliche Grundlage
3. Geschichtliche Einordnung
4. Vergleich: Idealimus - Realismus
5. Der Neoidealimus
6. Kritik
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Wo liegen die Schwächen des Idealismus?
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Kritik (1)• Erste Kritik von Edward Hallet Carr (1892-1982) in dessen
Buch “The Twenty Year Crisis” (1939) :– In den 20 Jahren von 1919 bis 1939 wurde trotz
Völkerbund, Appeasement-Politik und der idealistischen Politikberatung keine friedliche Welt geschaffen
– In der zweiten Auflage des Buches von 1946 radikaler Bruch mit dem Idealismus: Die Wirklichkeit ist nicht durch einen idealistischen Völkerbund sondern durch neue Aufrüstung, Protektionismus und die Ausbreitung von Faschismus geprägt.
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Kritik (2)• Im idealistischen Erziehungsgedanken ist immer auch
ein Keim zum Totalitarismus enthalten: Wenn man nicht freiwillig Einsicht in das Vernünftige zeigt, ist es legitim, jemanden mit Gewalt auf den richtigen Weg zu bringen.
• Reaktionen der Länder auf Weltwirtschaftskrise widerlegt Grundannahmen des Idealismus: – Errichtung möglichst autarker Großraumwirtschaften
in den USA, Großbritannien, Japan und Deutschland– Krise sollte aus eigener Kraft statt durch Kooperation
überwunden werden
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Kritik (3)• Der Zweite Weltkrieg zeigt, dass der Idealismus nicht
zum Frieden führt:– Probleme des Sicherheits- und Machtdilemmas
werden nicht beachtet.– Der Idealismus kann den Zweiten Weltkrieg nicht
erklären, denn seine Grundsätze waren maßgebend für die Politik vor dem Krieg und konnten diesen trotzdem nicht verhindern.
– Die Westmächte begegneten der Nazipolitik nicht mit entsprechender Machtpolitik.
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
Kritik (4)
• Die Grundannahmen des Idealismus werden vom 2. Weltkrieg widerlegt:– Die Völker sind nicht friedliebend– Demokratien verhalten sich nicht vernünftig,
denn alle faschistischen Länder hatten vorher eine demokratische Phase durchlaufen und Hitler kam auf demokratischen Weg zur Macht.
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle
„Idealistisch“ mag man dieses Anliegen deshalb nennen, weil es sich nicht mit der analytischen Durchdringung dessen begnügt, was war oder ist, sondern im planerischen Vorgriff auf die Zukunft Antworten auf die Frage formuliert, was vernünftigerweise sein sollte. Allerdings ist in Gestalt von UNO, NATO und EU sowie von mancherlei internationalen Regimen in den letzten Jahrzehnten viel an verlässlich und fair arbeitenden internationalen Strukturen geschaffen worden, was vor einem Jahrhundert noch als völlig utopisch und illusionistisch gegolten hätte. Man sollte bezüglich dieser „Schule“ den Begriff des Idealismus darum besser mit Hochachtung im Sinn der Arbeit an „konkreten Utopien“, nicht aber abwertend im Sinn weltfremder Glasperlenspielereien verwenden.“ (Patzelt, 2001, S.406)
23.06.2005 Referenten: Christiane Bausch, Kristina Enderle