16
38 3. Experimenteller Teil 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der Fremdphasen Wie in Kapitel 3.2.2 erläutert, benötigt man für die Charakterisierung der vorliegenden Proben Informationen über die Struktur und Lumineszenz der enthaltenen Verbindungen. Diese Daten werden in diesem Abschnitt zusammengestellt. Bei allen diesen Verbindungen wird – wie auch bei SrBP:Eu - für die Dotierung mit Eu 2+ angenommen, dass Eu 2+ aufgrund des mit Sr 2+ etwa gleichen Ionenradius im Wirtsgitter statistisch dessen Plätze besetzt. Wie bei SrBP:Eu treten bei einigen der untersuchten Verbindungen zwei kristallographisch unterschiedliche Sr-Positionen auf. Hier wird angenommen, dass sich das eindotierte Eu 2+ entsprechend der relativen Häufigkeit auf die jeweiligen Positionen verteilt. Im Fall der Verbindung Sr 3 (PO 4 ) 2 :Eu wird diese Annahme durch eine spektroskopische Studie untermauert [Poo96]. In allen untersuchten Wirtsgittern ist Sr – und dementsprechend auch das Eu Sr - von Sauerstoff umgeben. Die Koordinationszahlen bewegen sich je nach Verbindung im Bereich von 8 bis 12 bei unterschiedlicher Koordinationssymmetrie und unterschiedlichen Sr/Eu-O- Abständen. Die Koordinationszahlen und -symmetrien sowie einige interatomaren Abstände sind am Ende dieses Kapitels (s. Seite 52) für die behandelten Verbindungen tabellarisch zusammengefasst. 3.4.1 Strontium-Borophosphat SrBPO 5 (SBP) Obwohl die Verbindung schon 1968 von Blasse et al. [Bla68] als Lumineszenzmaterial erkannt wurde, wurde die Kristallstruktur erst 1994 von Kniep et al. [Kni94] geklärt. SrBPO 5 (oder auch SrBO(PO 4 ), SBP) kristallisiert istotyp zu CeBO(PO 4 ) im Stillwellit-Typ. Die trigonale Raumgruppe ist P3121 (Nr. 152) mit den Gitterparametern a,b = 6,8488 Å und c = 6,8159 Å [Kni94]. Strontium besetzt die Wyckoff Position 3b. Eine erneute genauere

3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

  • Upload
    dinhanh

  • View
    216

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

38 3. Experimenteller Teil

3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der Fremdphasen

Wie in Kapitel 3.2.2 erläutert, benötigt man für die Charakterisierung der vorliegenden

Proben Informationen über die Struktur und Lumineszenz der enthaltenen Verbindungen.

Diese Daten werden in diesem Abschnitt zusammengestellt.

Bei allen diesen Verbindungen wird – wie auch bei SrBP:Eu - für die Dotierung mit Eu2+

angenommen, dass Eu2+ aufgrund des mit Sr2+ etwa gleichen Ionenradius im Wirtsgitter

statistisch dessen Plätze besetzt.

Wie bei SrBP:Eu treten bei einigen der untersuchten Verbindungen zwei kristallographisch

unterschiedliche Sr-Positionen auf. Hier wird angenommen, dass sich das eindotierte Eu2+

entsprechend der relativen Häufigkeit auf die jeweiligen Positionen verteilt. Im Fall der

Verbindung Sr3(PO4)2:Eu wird diese Annahme durch eine spektroskopische Studie

untermauert [Poo96].

In allen untersuchten Wirtsgittern ist Sr – und dementsprechend auch das EuSr - von

Sauerstoff umgeben. Die Koordinationszahlen bewegen sich je nach Verbindung im Bereich

von 8 bis 12 bei unterschiedlicher Koordinationssymmetrie und unterschiedlichen Sr/Eu-O-

Abständen.

Die Koordinationszahlen und -symmetrien sowie einige interatomaren Abstände sind am

Ende dieses Kapitels (s. Seite 52) für die behandelten Verbindungen tabellarisch

zusammengefasst.

3.4.1 Strontium-Borophosphat SrBPO5 (SBP)

Obwohl die Verbindung schon 1968 von Blasse et al. [Bla68] als Lumineszenzmaterial

erkannt wurde, wurde die Kristallstruktur erst 1994 von Kniep et al. [Kni94] geklärt. SrBPO5

(oder auch SrBO(PO4), SBP) kristallisiert istotyp zu CeBO(PO4) im Stillwellit-Typ. Die

trigonale Raumgruppe ist P3121 (Nr. 152) mit den Gitterparametern a,b = 6,8488 Å und c =

6,8159 Å [Kni94]. Strontium besetzt die Wyckoff Position 3b. Eine erneute genauere

Page 2: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 39

Beschreibung von Karthikeyani und Jagannathan [Kar00] erklärt die Struktur als ein helikales

Netzwerk aus miteinander quervernetzten Säulen aus Borat- und Phosphat-Tetraedern. Die

Umgebung des Sr- bzw. Eu-Ions wird als neunfach durch Sauerstoff koordinierte beschrieben.

Bei einer eingehenden Betrachtung der Sr-Umgebung stellt man jedoch fest, dass man diese

als 10fach durch Sauerstoff koordiniert betrachten kann. Benachbarte Koordinationspolyeder

sind jeweils über eine gemeinsame Ecke bzw. Kante verknüpft. Die Sr-O-Abständen variieren

zwischen 2,557 und 2,839 Å.

Abb. 3.4: Einheitszelle der Kristallstruktur von SrBPO5 [Kni94].

Aufgrund des großen Anionen-Kationen-Abstands geht man von einer ionischen Bindung

aus. Im Vergleich zu Ce3+ in CeBO(PO4) ist Sr2+ jedoch zu klein, um die 9fach koordinierte

Lage ohne weitere strukturelle Änderung einzunehmen. Eine 8fache Koordination in

Verbindung mit Sauerstoffleerstellen führt zu einer höheren Stabilität [Cot89] und wird als

mögliche Defektstruktur angenommen [Kar00].

Eine genauere Untersuchung der Eu-Umgebung in Eu2+-dotiertem SBP mit Hilfe der EPR-

Spektroskopie ergab sogar Hinweise auf eine 12fache Koordination des Eu. Aufgrund des

hohen beobachteten Splittings geht man jedoch von Eu2+-Defekt-Zentren, d. h Eu2+ in

Nachbarschaft zu einem weiteren Defekt, und möglicherweise von Eu2+ auf verschiedenen

Plätzen aus [Kar00].

Die Anregung mit Licht der Wellenlänge 300 nm führt zu Emission von sichtbarem Licht,

dessen Maximum bei 388 nm liegt, während das Maximum des Anregungsspektrums für

diese Emission bei 310 nm zu finden ist [Kar00]. Von Dorenbos [Dor00] wird die

Anregungswellenlänge mit 355 nm angegeben. Hierbei handelt es sich in etwa um die

Page 3: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

40 3. Experimenteller Teil

Absorptionskante. Die von Karthikeyani et al. veröffentlichten Lumineszenzspektren sind in

Abbildung 3.5 gezeigt. Die vergleichsweise schmalen Banden sind fd-Übergängen von Eu2+-

Ionen zuzuschreiben, die sich durch das Netzwerk der Phosphat-Gruppen des Wirtsgitters in

einem starken Kristallfeld befinden [Kar00].

Abb. 3.5: Anregungs- und Emissionsspektren von SrBPO5:Eu aus der Literatur für

Proben mit verschiedenem Eu-Anteil, gemessen bei 300 K [Kar00].

SrBPO5:Eu2+ ist ein Speicherleuchtstoff und eignet sich analog zum herkömmlich

verwendeten BaFBr:Eu2+ zum Einsatz in der Röntgenmedizin. Während in BaFBr:Eu2+

jedoch Elektronen in Farbzentren (F-Zentren) aufgrund von Halogen-Leerstellen gefangen

werden, sind in SrBPO5:Eu2+ Sauerstoffleerstellen für die Bildung der F-Zentren

verantwortlich.

Page 4: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 41

3.4.2 Strontium-Pyrophosphat α-Sr2P2O7

α-Sr2P2O7 kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Pnma mit den Gitterparametern

a = 8,9459 Å, b = 5,4133 Å und c = 13,2114 Å. Strontium befindet sich hier auf der

Wyckoff-Position 4c im Häufigkeitsverhältnis Sr1:Sr2 = 1:1. Sr ist auf beiden Positionen

9fach von Sauerstoff mit Sr-O-Abständen zwischen 2,561 Å und 2,999 Å (Sr1) bzw. 2,390 Å

und 2,852 Å (Sr2) umgeben [Bar98].

Abb. 3.6: Einheitszelle der Kristallstruktur von α-Sr2P2O7 [Bar98].

Als lumineszierendes Material wurde Strontium-Pyrophosphat bereits 1968 von Blasse et al.

beschrieben [Bla68] und im Jahr 2004 von Natarajan et al. [Nat04], auch unter Einbezug der

EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung der Lumineszenzzentren, nochmals

eingehender untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass in Eu-dotiertem Sr2P2O7 Eu2+ und

Eu3+ nebeneinander vorliegen.

Abbildung 3.7 [Nat04] zeigt das Anregungs- und Emissionsspektrum, das der Lumineszenz

von Eu3+ zugeordnet wird. Das Emissionsspektrum zeigt typische Eu3+-assoziierte

Emissionen aufgrund des 5D0 → 7F1-Übergangs bei 594 nm und des 5D0 → 7F2-Übergangs bei

615 nm.

Page 5: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

42 3. Experimenteller Teil

Abb. 3.7: Anregungsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Eu3+-zugeordnete Emission bei

(a) 594 nm und (b) 615 nm; Emissionsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Anregung bei (c) 256 nm und (d) 272 nm [Nat04].

Das Auftreten beider Emissionen deutet darauf hin, dass Eu3+ beide vorkommenden Sr-Plätze

besetzt. Zwar sind die Emissionswellenlängen der beiden Plätze gleich, je nach

Anregungswellenlänge beobachtet man jedoch unterschiedliche Intensitätsverhältnisse für die

beiden oben genannten Übergänge. Der 5D0 → 7F2-Übergang ist paritätsverboten und wird

nur beobachtet, wenn es sich um ein Lumineszenzzentrum mit starker Verzerrung und ohne

Inversionszentrum handelt. Die Intensität dieses Übergangs ist dementsprechend ein

hochsensitives Maß für die Umgebung. Für die Anregung mit 272 nm wird ein

Intensitätsverhältnis von nahezu 1:1 beobachtet. Hier handelt es sich demnach um Eu3+ auf

einem Gitterplatz mit hoher Abweichung von der Inversionssymmetrie. Verwendet man

256 nm zur Anregung, so sinkt die Intensität des 5D0 → 7F2-Übergangs deutlich. Hierbei wird

also ein Zentrum mit hoher Symmetrie beobachtet. Daher muss es sich also um Eu3+ auf zwei

verschiedenen Gitterplätzen handeln.

Die Eu2+-assoziierte fd-Emission wird bei 422 nm beobachtet [Nat04]. Das

Anregungsspektrum für diese Emission weist ein Hauptmaximum bei 330 nm und ein

Nebenmaximum bei 290 nm auf. Das von Natarajan et al. publizierte Lumineszenzspektrum

ist in Abbildung 3.8 gezeigt.

Page 6: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 43

Abb. 3.8: (a) Anregungsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Emission bei 422 nm (b) Emissionsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Anregung bei 300 nm [Nat04]

Nach Dorenbos [Dor00] liegt die Kante des Anregungsspektrums bei etwa 410 nm. Dies

stimmt gut mit dem im Phosphor-Handbook [PhoHa] veröffentlichten Anregungsspektrum

überein (s. Abb. 3.9.

Abb. 3.9: Anregungsspektrum von Sr2P2O7:Eu für die Emission bei 422 nm [PhoHa]

Ob nur einer der beiden Sr-Plätze von Eu2+ besetzt ist oder diese beiden Plätze die gleiche

Emissionswellenlänge zeigen, kann aufgrund der Lumineszenz nicht festgestellt werden. Als

Page 7: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

44 3. Experimenteller Teil

Verunreinigung konnte im EPR-Spektrum Mn2+ auf Sr-Positionen nachgewiesen werden.

Leider konnte mit Hilfe der EPR keine weitere Aussage über die Umgebung von Eu2+

getroffen werden, da möglicherweise existente Signale von Eu2+durch die Signale von Mn2+

überdeckt werden.

Interessant wäre, ob die Berechnung der Übergänge für beide zweiwertigen EuSr die gleiche

oder unterschiedliche Anregungsenergien ergibt, siehe dazu Kapitel 3.6 und 3.7 (Seite 78ff

und 113-114).

Eu-dotiertes Strontium-Pyrophosphat wird als möglicher Kandidat für den Einsatz in Lampen

zur Phototherapie bei Neugeborenengelbsucht [Bla94] gehandelt. Der Grund hierfür liegt in

der geeigneten Emission bei ca. 420 nm, die frei von UV-Strahlung ist und daher als

besonders geeignet für UV-empfindliche Kinderhaut gilt.

3.4.3 Strontium-Phosphat α-Sr3(PO4)2

Strontiumphosphat α-Sr3(PO4)2 ist isostrukturell zu Ba3(VO4)2. Die Raumgruppe ist

R-3m, die Gitterparameter der trigonalen Struktur betragen a,b = 5,390 Å und c = 19,785 Å

[Zac48]. Strontium befindet sich hier auf den Wyckoff-Positionen 3a (Sr1) und 6c (Sr2) im

Häufigkeitsverhältnis 1:2. Sr1 ist 12fach von Sauerstoff mit Sr1-O-Abständen zwischen 2,571

Å und 3;113 Å koordiniert. Bei Sr2 ist die Koordination durch Sauerstoff 10fach mit Sr2-O-

Abständen zwischen 2,435 Å und 2,750 Å [Poo96].

In Bezug auf den fd-Übergang wiesen Poort et al. in ihrer Arbeit von 1996 [Poo96] darauf

hin, dass in den Verbindungen Sr3(PO4)2:Eu2+, Ba3(PO4)2:Eu2+, Ba2Mg(B3O6)2:Eu2+ und

Ba2Ca(B3O6)2:Eu2+ von den Kationen lineare Ketten gebildet werden. Ein Kation in dieser

Kette erfährt sowohl einen Einfluss der negativen Ladung der benachbarten Anionen als auch

den von positiver Ladung der benachbarten Kationen. Letzteres führt zu einer bevorzugten

Ausrichtung eines der d-Orbitale und damit zu einer Absenkung seiner Energie. Im Falle des

Kations Eu2+ geht damit eine längere Emissionswellenlänge einher [Wai74]. Da ein Eu2+ in

der Kettenmitte zwei kationische Nachbarn hat, ist die energetische Absenkung seines d-

Niveaus stärker als für ein Eu2+ am Kettenrand. Demzufolge emittiert ein zentrales Eu2+ bei

Page 8: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 45

einer längeren Wellenlänge als ein kettenendständiges. Dies deckt sich auch mit dem

Emissionsspektrum von Sr3(PO4)2:Eu2+, welches in Abbildung 3.10 dargestellt ist.

Abb. 3.10: Anregungsspektrum (EXC) von Sr3(PO4)2:Eu für die Emission bei 400 nm

(durchgezogene Linie) bzw. 420 nm (gestrichelte Linie) inkl. der Bezeichnung der 7FJ-Zustände; Fano Antiresonanz – markiert durch ↑ - wird bei 363 nm beobachtet; Emissionsspektrum (EM) von Sr3(PO4)2 für die Anregung bei 350 nm [Poo96].

Auf zwei kurzwelliger emittierende, kettenendständige Eu2+ kommt ein langwelliger

emittierendes, kettenmittiges. Das Spektrum zeigt für eine Anregungswellenlänge von 350 nm

ein Hauptmaximum bei 400 nm und ein Nebenmaximum bei 420 nm im Intensitätsverhältnis

von etwa 2:1. Es handelt sich hierbei um die Emissionen der fd-Übergänge der beiden EuSr

[Poo96]. Die Struktur im Anregungsspektrum ist der Aufspaltung des angeregten 4f 6 5d-

Zustands in die sieben 7FJ-Niveaus zuzuschreiben [Poo96].

3.4.4 Tristrontium-Europium-Triphosphat Sr3Eu(PO4)3

Für Strontium-Europium-Phosphat, Sr3Eu(PO4)3, war in der Literatur bisher keine Struktur

bekannt. In Zusammenhang mit dieser Arbeit wurde erstmals ein Strukturmodell für diese

Verbindung vorgeschlagen. Die strukturelle Untersuchung sowie das Erstellen des

Strukturmodells wurden von Dr. Kathrin Hofmann durch einen Vergleich mit der Verbindung

Sr3La(PO4)3 durchgeführt.

Page 9: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

46 3. Experimenteller Teil

Diesem Modell zufolge kristallisiert Sr3Eu(PO4)3 isotyp zu Sr3La(PO4)3 [Bar90] in der

kubischen Raumgruppe I-43d. Der Gitterparameter für Sr3Eu(PO4)3 beträgt a = 10,120 Å.

In der Verbindung Sr3La(PO4)3 sind die Sr-Atome teilweise durch La-Atome substituiert. Es

tritt eine Rotationsfehlordnung des Phosphatanions aufgrund der Besetzung von Splitlagen

durch die Sauerstoffatome auf. Für das Strukturmodell für Sr3Eu(PO4)3 wurde das gleiche

Fehlordnungsmodell für die Phosphatanionen vorausgesetzt, die Besetzungsfaktoren für die

Sr- und Eu-Atome wurden ebenfalls übernommen. Da in den für die Strukturanalyse zur

Verfügung stehenden Proben bis zu vier Phasen nebeneinander vorliegen, ist die

Datenqualität jedoch unbefriedigend und ließ weder eine Verfeinerung der Sauerstoff-

Atomlagen noch der Besetzungsfaktoren für die Sr-, Eu- und O-Atome zu. Daher wurden nur

die Sr/Eu-Atomlage und die Gitterkonstante verfeinert.

In der folgenden Tabelle sind die Wyckoff-Lagen, die Atompositionen sowie die

Besetzungszahlen (SOF) aufgelistet. Da die Rietveld-Verfeinerung aufgrund schlechter

Datenqualität nur für Sr und Eu durchgeführt wurde, sind auch nur für die Lagen dieser

Atome die Standardabweichungen angegeben.

Tab. 3.3: Atomlagen für das Strukturmodell von Sr3Eu(PO4)3

Atom Wyckoff

Position x/a y/b z/c Besetzungs-

faktor

Sr 16c 0,0641(4) 0,0641(4) 0,0641(4) 0,75

Eu 16c 0,0641(4) 0,0641(4) 0,0641(4) 0,25

P 12a 3/8 0 1/4 1

O1 48e 0,0533 0,1300 0,3023 1/3

O2 48e 0,9700 0,1318 0,2831 1/3

O3 48e 0,0891 0,3353 0,4506 1/3

Die Kristallstruktur ist in Abbildung 3.11 dargestellt.

Page 10: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 47

Abb. 3.11: Einheitszelle der Kristall-struktur von Sr3Eu(PO4)3..

Über die Lumineszenz von Sr3Eu(PO4)3 liegen keine Informationen vor. Die Verbindung

enthält Eu3+ in stöchiometrischer Konzentration, daher ist auch nicht unbedingt von

lumineszierenden Eigenschaften auszugehen.

3.4.5 Strontium-Borat Sr3(BO3)2 und Strontium-Oxid SrO

Der Vollständigkeit halber sollen hier auch Strontium-Borat, Sr3(BO3)2, und Strontium-Oxid,

SrO, betrachtet werden, obwohl sie nicht zu den Fremdphasen in den Leuchtstoffen gehören.

Sie spielen allerdings für die theoretischen Untersuchungen eine Rolle.

Sr3(BO3)2

Sr3(BO3)2 kristallisiert in der trigonalen Raumgruppe R-3c mit den Gitterparametern

a,b = 9,0429 Å und c = 12,5664 Å. Strontium befindet sich hier auf der Wyckoff-Position

18e. Sr ist 8fach von Sauerstoff mit Sr-O-Abständen zwischen 2,494 Å und 2,923 Å

umgeben.

Die Struktur von Sr3(BO3)2 kann als Anti-Korund-Struktur aufgefasst werden. Es liegt eine

hexagonal dichteste Packung von Sr2+ vor, die Borat-Gruppen besetzen die Oktaederlücken

[Veg75]. Dadurch entsteht eine komplizierte Koordinationsumgebung aus acht O um Sr

herum. Vier der Sauerstoffionen gehören zu zweizähnigen Borat-Gruppen, die anderen vier O

sind einzähnigen Borat-Gruppen zuzuordnen. Im Koordinationspolyeder um das Sr herum

sind die ein- und zweizähnigen Borat-Gruppen einander gegenüber angeordnet.

Page 11: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

48 3. Experimenteller Teil

Abb. 3.12: Einheitszelle der Kristall-struktur von Sr3(BO3)2 [Veg75].

Der Einbau von Eu3+ in diese Struktur erfordert einen Mechanismus der

Ladungskompensation. Nach einem Vorschlag von Voort et al. [Voo92] wird ein

interstitielles O pro zwei Eu3+ eingebaut. Dieses interstitielle O verknüpft zwei planare BO3-

Gruppen zu zwei eckenverknüpften BO4-Tetraedern.

Laut Schipper et al. [Sch93] lässt sich Eu2+ in Sr3(BO3)2 nur feststellen, wenn während der

Synthese für längere Zeit reduktive Bedingungen angewendet werden. Selbst dann verbleibt

noch ein großer Teil der Eu-Ionen im dreiwertigen Zustand. Von isostrukturellem Ca3(BO3)2

dagegen ist nach gleicher Behandlung ausschließlich das Vorliegen von Eu3+ bekannt.

Schipper et al. berichten in ihrer Veröffentlichung von einer leicht gelblichen Farbe des Eu-

dotierten Sr3(BO3)2 und erklären dies damit, dass das Anregungsspektrum in den Bereich des

sichtbaren blauen Lichts hineinreicht, was ungewöhnlich für Sr2+ haltige Verbindungen ist.

Auf das Eu2+ in Sr3(BO3)2 wirkt ein ausgesprochen starkes Kristallfeld, wodurch das unterste

Absorptionsband bei einer sehr geringen Energie liegt.

Das Anregungs- und Emissionsspektrum sind in Abbildung 3.13 wiedergegeben.

Page 12: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 49

Abb. 3.13: (a) Anregungsspektrum von Sr3(BO3)2 unter Beobachtung der Emission bei 590

nm;(b) Emissionsspektrum von Sr3(BO3)2 für die Anregung bei 300 nm [Sch93].

Das Maximum der Emission liegt bei 585 nm [Dia96] bzw. 590 nm [Sch93]. Unter

Beobachtung der Emission bei 590 nm beobachtet man den ersten Peak im Anregungs-

spektrum bei ca. 477 nm [Sch93] bzw. 433 nm [Dia96]. Die unterschiedlichen Angaben bzgl.

der Anregung gehen mit unterschiedlichen Annahmen für die Größe der Stokes-Verschiebung

einher, welcher aufgrund der fehlenden Feinstruktur im Spektrum schwer zu bestimmen ist.

Diaz et al. nehmen eine Stokes-Verschiebung von 89 nm, während Schipper et al. von 76 nm

ausgehen.

SrO

Strontium-Oxid, SrO, kristallisiert isotyp zu Natriumchlorid, NaCl, in der kubischen

Raumgruppe Fm-3m, der Gitterparameter beträgt a = 5,140 Å [Pri48]. Strontium besetzt die

Wyckoff-Position 4a und ist oktaedrisch von Sauerstoff im Abstand von 2,570 Å umgeben.

Gängig ist auch die Beschreibung der Struktur als kubisch dichteste Packung der Anionen mit

Besetzung der Oktaederlücken durch die Kationen.

Page 13: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

50 3. Experimenteller Teil

Abb. 3.14: Ausschnitt aus der Kristallstruktur von SrO [Pri48].

Die Lumineszenz von Eu-dotiertem SrO wurde von Yamashita eingehend untersucht

[Yam93]. Er stellte fest, dass die Wahl der Synthesebedingungen die Farbe des

Syntheseprodukts bestimmt. Die Synthese unter Stickstoffatmosphäre liefert aufgrund von

enthaltenen Eu3+-Ionen rosa-weißes Pulver, in Wasserstoffatmosphäre hergestelltes SrO:Eu

enthält einen deutlich größeren Anteil an Eu2+ und ist daher rot-violett. Unter Anregung im

UV-Bereich kommt es zu einer starken grünen Emission, deren Ursprung Gitterdefekten

zugeschrieben wird, da sie nach dem Sintern fast vollständig verschwindet. EPR-

spektroskopische Messungen bestätigten die Existenz von Eu2+-Zentren im Material. Auch

Mn2+-Signale wurden detektiert. Die Lumineszenzeigenschaften werden durch Mn2+ jedoch

nicht beeinflusst. Photolumineszenz-Untersuchungen lieferten mögliche Hinweise auf Eu3+-F-

-Paarzentren. Das Vorliegen von Defektagglomerate dieser Art ist auch von CaO:Eu3+

bekannt [Ya293, Por82, Vo292].

Abbildung 3.15 zeigt das von Yamashita bei 16 K gemessene Anregungs- und

Emissionsspektrum von SrO:Eu. Das Anregungsspektrum wurde unter Detektion von

Emissionswellenlängen zwischen 640 nm und 680 nm aufgenommen. Das

Emissionsspektrum resultiert aus der Anregung bei 440 nm.

Page 14: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 51

Abb. 3.15: Anregungsspektrum von SrO:Eu unter Beobachtung der Emission zwischen

640 und 680 nm (durchgezogene Linie); Emissionsspektrum von SrO für die Anregung bei 440 nm (gestrichelte Linie).

Die energetische Aufspaltung der 5d-artigen Zustände des Eu2+ in ein energieärmeres t2g-

Band und ein energetisch höherliegendes eg-Band spiegelt sich im Anregungsspektrum

wieder.

Die Breite des Anregungsbandes von 400 bis 570 nm ist typisch für 4f 7→4f 65d 1(t2g)-

Übergänge von Eu2+ in kubischen Systemen [Ya293, Nak80, Rei64, Her81]. Bei dem

Anregungsband unterhalb von 380 nm handelt es sich vermutlich um den entsprechenden

Übergang in den eg-Zustand [Ya293].

Der Bereich unter 300 nm ist vermutlich trotz Sintern noch verbliebenen Gitterdefekten

zuzuschreiben [Ya293].

Page 15: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

52 3. Experimenteller Teil

3.4.6 Zusammenfassung der strukturellen und spektroskopischen Daten

Zur besseren Übersicht sind die wesentlichsten vorangegangenen Daten in der folgenden

Tabelle noch einmal zusammengestellt.

Tab. 3.4: Kristallographische Daten der untersuchten Wirtsgitter, Umgebung von EuSr in diesen Systemen und ihre Lumineszenzeigenschaften [Lau07]. Verbindung Raumgruppe Anzahl

der Sr-Plätze

CN(EuSr) d(Sr-O) bzw. d(Eu-O) / Å

Anregung / nm

Emission / nm

Sr6B(PO4)5 a I-4c2

Nr. 120 tetragonal

2 9 8

2,419 - 3,194 2,462 - 2,960

400, 420 475, 505

SrBPO5 b P3121 Nr. 152 trigonal

1 10 2,557 - 2,839

300 388

Sr2P2O7 c Pnma Nr. 62 orthorhombisch

2 9 9

2,561 - 2,999 2,390 - 2,852

300, 330 420

Sr3(PO4)2 d R-3m Nr.166 trigonal

2 12 10

2,571 - 3,113 2,435 - 2,750

367 400, 420

Sr3Eu(PO4)3e I4-3d

Nr. 220 kubisch

1 9 2,577 - 2,797 - -

Sr3(BO3)2f R-3c

Nr. 167 trigonal

1 8 2,494 -2,923 433 od. 477

585 od. 590

SrOg Fm-3m Nr. 225 kubisch

1 6 2,570 540 630

a) [Ehr06] b) [Kni94] c) [Bar98] d) [Zac48] e) [Lau07] f) [Veg75] g) [Pri48].

Abbildung 3.16 zeigt die direkte Umgebung der Strontium-Ionen in den diskutierten

Verbindungen.

Page 16: 3.4 Strukturelle und spektroskopische Literaturdaten der ...tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/1075/2/Laubach_Sonja_Dissertation_ULB_S38-53.pdf · EPR-Spektroskopie zur genaueren Charakterisierung

3. Experimenteller Teil 53

Abb. 3.16: direkte Umgebung der Strontium-Ionen in den Verbindungen (a) SrO,

(b) und (c) Sr2P2O7, (d) Sr3(BO3)2, (e) und (f) Sr3(PO4)2, (g) SrBPO5, (h) Sr6B(PO4)4PO4