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Einführung in DSGE-Modelle und deren Lösung mit
Hilfe von Dynare
4. Das Neu-Keynesianische Basismodell
Prof. Dr. Jochen Michaelis
Wintersemester 2015/2016
MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
4. Neu-Keynesianisches Makromodell (mit Calvo-Pricing)
Gali, Jordi (2008): Monetary Policy, Inflation, and the Business Cycle, Chap. 3
Ansatz der neu-keynesianischen Makroökonomik
Märkte sind unvollkommen
• Preis- und Lohnanpassung: Kontraktdauer, Anpassungskosten, Erwartungsbildung
(sticky prices, sticky wages)
• Marktstruktur: Monopolistische Konkurrenz/Preissetzungsspielräume
• Kapitalmarkt: Kreditbeschränkungen
• Informationsasymmetrien/Informationskosten (sticky information)
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Methodik
• Mikroökonomische Fundierung
• Intertemporale Optimierung
• zumeist rationale Erwartungen
• daher stochastische dynamische Gleichgewichtsmodelle
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Ergebnisse
• Marktunvollkommenheiten sind quantitativ wichtig!
• Selbst kleine Rigiditäten auf der mikroökonomischen Ebene können bedeutsame
Wirkungen auf der makroökonomischen Ebene haben
• Monetäre Impulse können konjunkturelle Effekte nach sich ziehen
• Geldpolitik ist für den Konjunkturverlauf möglicherweise relevanter als
Technologieschocks
• Langfristig gelten die gleichen Bedingungen wie in der friktionsfreien RBC-Welt:
monetäre Schocks sind langfristig neutral in Bezug auf reale Variablen
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Grundannahmen des Modells
1. Monopolistische Konkurrenz auf den Gütermärkten
Preissetzungsspielräume für Unternehmen (reale Rigidität), wohlfahrtsoptimales
Niveau an Output wird auch bei flexiblen Preisen nicht erreicht
2. Verzögerte Preisanpassung bei Unternehmen (Calvo Pricing)
Unternehmen können nach Schocks nicht auf optimale Weise Preise anpassen
(nominale Rigidität)
3. Geschlossene Volkswirtschaft, keine Kapitalakkumulation, kein Staat
Die ersten beiden Annahmen führen dazu, dass Geldpolitik reale Effekte besitzt!
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Drei Bausteine:
IS-Relation (Güternachfrage)
PC-Kurve (Güterangebot)
Zinsregel
IS-Relation: Euler-Gleichung i.V.m. Markträumung
(4.1) 𝑦𝑡 = 𝐸𝑡𝑦𝑡+1 − 𝜎−1(𝑖𝑡 − 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 − 𝜌) +𝜉𝑡
Güternachfrage heute ist eine
- positive Funktion der für morgen erwarteten Güternachfrage
- negative Funktion des Realzinssatzes 𝑟𝑡 ≡ 𝑖𝑡 − 𝐸𝑡𝜋𝑡+1
- positive Funktion der Zeitpräferenz
- positive Funktion des Schockterms 𝜉𝑡
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Firmen
Monopolistische Konkurrenz:
Jede Firma i produziert eine eigene Varietät (differenzierte Produkte)
Exkurs:
Preissetzungsspielräume sind Reflex der „love of variety“ der Haushalte, Haushalte schätzen
Produktvielfalt
Modellierung der love of variety gemäß Dixit und Stiglitz (AER 1977):
CES-Nutzenfunktion:
(4.2) 𝑈 = 𝐶1𝜀−1
𝜀 + 𝐶2𝜀−1
𝜀 +⋯+ 𝐶𝑚𝜀−1
𝜀
𝜀
𝜀−1
= 𝐶𝑖𝜀−1
𝜀𝑚𝑖=1
𝜀
𝜀−1
mit 𝑖 = 1,… ,𝑚 als Index für die Varietäten (= Firmen)
𝜀 > 1 als Substitutionselastizität zwischen je zwei Varietäten (Maß für die Ähnlichkeit der
Produkte)
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Angenommen, von jeder Varietät wird gleich viel konsumiert:
(4.3) 𝑈 = 𝑚 ∙ 𝐶𝑖𝜀−1
𝜀
𝜀
𝜀−1
= 𝑚𝜀
𝜀−1 ∙ 𝐶𝑖
Der gesamte Konsum sei gleich Z, folglich entfällt auf jede Varietät 𝐶𝑖 =𝑍
𝑚.
Einsetzen in (4.3) liefert:
(4.4) 𝑈 = 𝑚1
𝜀−1 ∙ 𝑍
Für ein gegebenes Konsumniveau Z steigt der Nutzen in der Zahl der Varietäten.
Beträgt bspw. der Konsum 100, so stellt sich ein HH besser, wenn er zwischen 20
anstelle von 10 verschiedenen Produktvarianten wählen kann.
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Zurück zu den Firmen
Firmen produzieren jeweils differenzierte Güter mit folgender Technologie:
(4.5) 𝑌𝑡 𝑖 = 𝐴𝑡𝑁𝑡(𝑖)
Produktion sei linear in Arbeit; Produktivität (= techn. Fortschritt) ist für alle Firmen
gleich, 𝐴𝑡 trägt keinen Firmenindex
Aus dem Optimierungskalkül der Haushalte leitet sich folgende Nachfragefunktion
nach der Varietät i ab (siehe Blanchard/Kiyotaki):
(4.6) 𝑌𝑡 𝑖 =𝑃𝑡(𝑖)
𝑃𝑡
−𝜀𝑌𝑡
Die Substitutionselastizität 𝜀 entspricht der Preiselastizität der Nachfrage nach
Varietät i!
Unternehmen maximieren den Gewinn unter den Nebenbedingungen (4.5) und (4.6),
Instrumente sind entweder der Preis 𝑃𝑡(𝑖) oder die Beschäftigung 𝑁𝑡 𝑖 .
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Verzögerte Preisanpassung: Calvo (1983)-Modell
• Die Unternehmen müssen bei der Gewinnmaximierung beachten, dass sie ihren
Preis nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit in der nächsten Periode ändern
können (Calvo Pricing).
• Empirisch: Preise passen sich träge an (z.B. ECB Inflation Persistence Network)
• Stotternde Preisanpassung (Calvo 1983): zu jedem Zeitpunkt darf ein
Unternehmen seinen Preis mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 − 𝜃 anpassen
(„Lotterie“)
• Mit der Wahrscheinlichkeit 𝜃 bleibt er konstant, es gilt der Preis der Vorperiode.
• Durchschnittliche Dauer bis zur nächsten Preisanpassung =1
1−𝜃
• 𝜃 = Maß für den Grad der Preisrigidität (sog. Calvo-Parameter)
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
• Anpassungszeitpunkt ist unabhängig davon, was andere Unternehmen tun, wann
die letzte Anpassung vorgenommen wurde und wie groß der Unterschied
zwischen dem Preis der Vorperiode und dem optimalen Preis ist.
• Gesamtwirtschaftlich: in jeder Periode bleibt ein Anteil 𝜃 der Preise unverändert,
während die übrigen 1 − 𝜃 Preise angepasst werden. Das aggregierte Preisniveau
folgt näherungsweise der Differenzengleichung:
(4.7) 𝑃𝑡 = 𝜃𝑃𝑡−1 + 1 − 𝜃 𝑃𝑡∗
mit 𝑃𝑡∗ als optimaler Preis im Fall der Preisanpassung.
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Mikroökonomische Preissetzung/ Trägheit von Preisen
• Im Durchschnitt ändern 15 % aller Unternehmen ihre Preise im Monat in der
Eurozone;
• In den USA scheinen die Preise häufiger zu wechseln; ca. 25 % aller Unternehmen
ändern ihre Preise
Unverarbeitete Energie Industrie- Dienst- Insgesamt
Nahrungsmittel (Ölprodukte) güter leistungen
Eurozone 28.3 78.0 9.2 5.6 15.1
USA 47.7 74.1 22.4 15.0 24.8
Quelle: Dhyne et al. (2005)
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Aus der Gewinnmaximierung (mit Nebenbedingung rigider Preise) kann die neu-
keynesianische Phillips-Kurve hergeleitet werden (siehe Appendix):
PC-Kurve:
(4.8) 𝜋𝑡 = 𝛽𝐸𝑡𝜋𝑡+1 + 𝜎 + 𝜑1−𝜃 1−𝛽𝜃
𝜃∙ 𝑦𝑡 + 𝜈𝑡
mit 𝜈𝑡 als Angebots- oder Kostenschock
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Zentralbank
Zinsregel formalisiert durch die Taylor-Regel:
(4.9) 𝑖𝑡 = 𝜌 + 𝜓𝜋𝜋𝑡 + 𝜓𝑦𝑦𝑡 + 𝜔𝑡
mit 𝜔𝑡 als monetärer Schock (unsystematisches Zinssetzungsverhalten der ZB)
Mögliche Gründe für geldpolitische Schocks:
- Fehler der Zentralbank (z.B. bei Schätzung des Outputs)
- interne Differenzen (Tauben vs. Falken)
- außergewöhnliche Umstände (z.B. Finanzkrise)
- bessere Informationen als die Öffentlichkeit
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
alternativ: optimale Geldpolitik
- setze Zins so, dass eine Verlustfunktion minimiert wird
Loss function:
(4.10) 𝐿 =1
2𝑦𝑡
2 + 𝜒 𝜋𝑡 − 𝜋𝑧𝑖𝑒𝑙 2
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Neu-Keynesianisches Basismodell:
(4.11) 𝑦𝑡 = 𝐸𝑡𝑦𝑡+1 − 𝜎−1 𝑖𝑡 − 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 − 𝜌 + 𝜉𝑡 IS-Relation
(4.12) 𝜋𝑡 = 𝛽𝐸𝑡𝜋𝑡+1 + 𝜎 + 𝜑1−𝜃 1−𝛽𝜃
𝜃∙ 𝑦𝑡 + 𝜈𝑡 PC-Kurve
(4.13) 𝑖𝑡 = 𝜌 + 𝜓𝜋𝜋𝑡 + 𝜓𝑦𝑦𝑡 + 𝜔𝑡 Zinsregel
(4.14) 𝑦𝑡 = 𝑎𝑡 + 𝑛𝑡 Technologie
(4.15) 𝑟𝑡 = 𝑖𝑡 − 𝐸𝑡𝜋𝑡+1 Fisher-Gleichung
(4.16) (𝑤𝑡−𝑝𝑡) = 𝜑 ∙ 𝑛𝑡 + 𝜎 ∙ 𝑐𝑡 Arbeitsangebot
(4.17) 𝑦𝑡 = 𝑐𝑡 Markträumung
Sieben Gleichungen mit sieben endogenen Variablen: 𝜋𝑡 , 𝑦𝑡 , 𝑐𝑡 , 𝑛𝑡 , 𝑖𝑡 , 𝑟𝑡 , (𝑤𝑡 − 𝑝𝑡)
System von zwei Differenzengleichungen in Erwartungswerten; Lösung häufig nicht
explizit anzugeben, Simulationen notwendig (Impuls-Antwort-Funktionen)
Mittel zur Reduktion der Komplexität: log-Linearisierung
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Neu-Keynesianisches Basismodell
Schocks und diskretionäre
Geldpolitik
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MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Negativer Nachfrageschock (1)
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𝑦
𝑟
𝑀𝑃
𝐼𝑆0 𝐼𝑆1
𝑟0
𝑦
𝜋
𝜋0
𝑃𝐶
𝜋1
0
0 𝑦0
• Negativer Nachfrageschock: 𝜉𝑡 < 0
• IS-Kurve nach links
• Output sinkt
• Inflation sinkt
MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Negativer Nachfrageschock (2)
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𝑦
𝑟
𝐼𝑆0 𝐼𝑆1
𝑟0
𝑦
𝜋
𝜋1
𝑃𝐶
𝜋0
0
0 𝑦0
𝑀𝑃0
𝑀𝑃1 𝑟1
• Geldpolitik senkt Realzins auf 𝑟1
• Output steigt auf Ausgangsniveau
• Inflation steigt auf Ausgangsniveau
• Kein Zielkonflikt zwischen y- und 𝜋-
Stabilisierung
• Nachfrageschocks können perfekt
absorbiert werden
• Blanchard: divine coincidence
MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Negativer Nachfrageschock (3)
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Alternative Darstellung
𝑦
𝜋
𝜋1
𝑃𝐶
𝜋0
0 𝑦0
𝐼𝑆1 𝐼𝑆0 • Kontraktiver Schock, Output sinkt,
Inflation sinkt
• Geldpolitik senkt Realzins
• Rückkehr zum alten Gleichgewicht
MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Kontraktiver Angebotsschock (1)
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𝑦
𝑟
𝐼𝑆0
𝑟0
𝑦
𝜋
𝜋1
𝜋0
0
0
𝑀𝑃0
𝑃𝐶0
𝑃𝐶1
• Kontraktiver Angebotsschock 𝜈𝑡 > 0
• PC-Kurve nach oben
• Höhere Inflation bei konstantem Output
MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Kontraktiver Angebotsschock (2)
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𝑦
𝑟
𝐼S
𝑟0
𝑦
𝜋
𝜋1
𝜋0
0
0
𝑀𝑃0
𝑃𝐶0
𝑃𝐶1
𝑟1 𝑀𝑃1
𝑦1
• Geldpolitik erhöht Realzins
• Inflation sinkt, aber y sinkt gleichfalls
• Bei Rückkehr auf altes Inflationsniveau
entsteht Outputlücke 𝑦1
• Trade-off zwischen y- und 𝜋-
Stabilisierung
MAGKS Makroökonomik WS 2015/2016 Prof. Dr. Jochen Michaelis
Neu-Keynesianisches Basismodell
Kontraktiver Angebotsschock (2)
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• Geldpolitik verschiebt durch
Zinserhöhung IS nach links
• Jeder Punkt zwischen A und B kann
gewählt werden
• Aber!: Trade-off
𝑦
𝜋
𝜋1
𝜋0
0
𝑃𝐶0
𝑃𝐶1
𝐴
𝐵
Alternative Darstellung