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Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Jugendarbeitsschutzgesetzes - eingerichtet durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales - Mai 2011

Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung

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Abschlussbericht

der Bund-Länder-Arbeitsgruppe

zur Überprüfung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

- eingerichtet durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales -

Mai 2011

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Gliederung

1 Einleitung ............................................................................................................................... 5

1.1 Das Jugendarbeitsschutzgesetz und seine praktische Bedeutung ................................... 5

1.2 Initiativen zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes ............................................. 6

2 Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Jugendarbeitsschutzgesetzes............ 8

2.1 Expertenanhörung ........................................................................................................... 8

2.2 Beteiligung von Sozialpartnern....................................................................................... 10

2.3 Unterarbeitsgruppen ...................................................................................................... 13

2.3.1 Unterarbeitsgruppe „Rechtssprache“....................................................................... 13

2.3.2 Unterarbeitsgruppe „Kinder in den Medien“ ............................................................. 14

2.3.3 Unterarbeitsgruppe „Ärztliche Untersuchungen“ ...................................................... 16

2.4 Forschungsprojekte zur Unterstützung der Arbeitsgruppe.............................................. 17

2.4.1 Ergebnisse der Forschungsprojekte ........................................................................ 18

2.4.1.1 Forschungsbericht „Ärztliche Untersuchungen“................................................. 18

2.4.1.2 Forschungsbericht „Abend- und Nachtarbeit“ .................................................... 21

2.4.1.3 Forschungsbericht „Arbeit in den frühen Morgenstunden“................................. 25

2.5 Die Ausbildungssituation Jugendlicher, insbesondere im Gastgewerbe ......................... 29

3 Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe.................................................................... 33

3.1 Aufbau und Sprache des Jugendarbeitsschutzgesetzes ................................................ 33

3.1.1 Aufbau..................................................................................................................... 33

3.1.2 Sprache................................................................................................................... 35

3.1.2.1 Verständlichkeit der Regelungen....................................................................... 35

3.1.2.2 Einsatz von Tabellen......................................................................................... 36

3.1.2.3 Gendering ......................................................................................................... 36

3.1.2.4 Begriffliche Änderungen.................................................................................... 37

3.2 Aktualisierungen aufgrund des geänderten Rechtsrahmens .......................................... 38

3.3 Empfehlungen zu Regelungsinhalten............................................................................. 39

3.3.1 Geltungsbereich ...................................................................................................... 39

3.3.2 Beschäftigung von Kindern und vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen ..................... 40

3.3.2.1 Erlaubte Tätigkeiten für vollzeitschulpflichtige Jugendliche ............................... 40

3.3.2.2 Beschäftigungsdauer in der Landwirtschaft....................................................... 41

3.3.3 Beschäftigung von Kindern im Kultur- und Medienbereich....................................... 42

3.3.3.1 Lage und Dauer der Beschäftigung von Kindern im Kultur- und Medienbereich 42

3.3.3.2 Beteiligung von Kindern unter drei Jahren im Kultur- und Medienbereich.......... 44

3.3.4 Beschäftigung von nicht vollzeitschulpflichtigen Kindern.......................................... 44

3.3.5 Arbeitszeit ............................................................................................................... 45

3.3.5.1 Verlängerung der täglichen Arbeitszeit.............................................................. 45

3.3.5.2 Tägliche und wöchentliche Arbeitszeit in der Landwirtschaft ............................. 46

3.3.6 Berufsschule............................................................................................................ 47

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3.3.6.1 Regelung zu erwachsenen Berufsschulpflichtigen ............................................ 47

3.3.6.2 Beschäftigungsverbot und Anrechnungsregel an Berufsschultagen.................. 48

3.3.6.3 Freistellung vor Abschlussprüfung .................................................................... 48

3.3.7 Ruhepausen............................................................................................................ 49

3.3.7.1 Länge der Ruhepausen..................................................................................... 49

3.3.7.2 Angemessene Lage der Ruhepausen ............................................................... 50

3.3.8 Schichtzeiten ........................................................................................................... 51

3.3.9 Nachtruhe................................................................................................................ 52

3.3.9.1 Grundregeln zur Nachtruhe............................................................................... 52

3.3.9.2 Regelungen zur Nachtruhe im Kultur- und Medienbereich ................................ 53

3.3.10 Fünf-Tage-Woche, Samstags- und Sonntagsruhe................................................. 54

3.3.10.1 Fünf-Tage-Woche ........................................................................................... 54

3.3.10.2 Samstagsruhe................................................................................................. 55

3.3.10.3 Sonntagsruhe.................................................................................................. 56

3.3.11 Urlaub.................................................................................................................... 57

3.3.12 Ausnahme vom Verbot der Beschäftigung mit gefährlichen Arbeiten..................... 57

3.3.13 Ausnahme vom Beschäftigungsverbot unter Tage................................................. 58

3.3.14 Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit und der Ruhepausen............................... 58

3.3.15 Neue Ausnahmegenehmigungen durch die Arbeitsschutzbehörde........................ 59

3.3.16 Aufsichtsbehörden................................................................................................. 60

3.3.17 Jugendarbeitsschutzausschüsse ........................................................................... 60

3.4 Überlegungen zu den Vorschriften über ärztliche Untersuchungen ............................ 61

3.4.1 Erstuntersuchung................................................................................................. 62

3.4.2 Erste Nachuntersuchung...................................................................................... 63

3.4.3 Weitere Nachuntersuchungen.............................................................................. 64

3.4.4 Außerordentliche Nachuntersuchung ................................................................... 64

3.4.5 Abweichen von Fristen / Datenerhebung ............................................................. 65

4 Fazit ..................................................................................................................................... 67

Behörden des Bundes und der Länder, deren Vertreterinnen und Vertreter Mitglieder in der

Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Jugendarbeitsschutzgesetzes waren

(Stand: Mai 2011) ................................................................................................................. 68

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1 Einleitung

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat im Jahr 2006 eine Bund-Länder-

Arbeitsgruppe zur fachlichen Überprüfung des aus dem Jahr 1976 stammenden Jugendarbeits-

schutzgesetzes eingesetzt. Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) regelt bundesweit die

zentralen Bedingungen der Beschäftigung aller jungen Menschen unter 18 Jahren in einem Ar-

beits- oder Ausbildungsverhältnis oder einem ähnlichen Rechtsverhältnis. Die Bund-Länder-Ar-

beitsgruppe nahm am 1. September 2006 ihre Arbeit auf. Neben dem BMAS beteiligten sich an

der Arbeitsgruppe elf Länder (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg,

Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen). Die

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) war ständig in die Arbeit eingebun-

den.

Mit dem vorliegenden Abschlussbericht, der in der Sitzung am 11./12. Mai 2011 beschlossen

wurde, hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ihre Arbeit beendet. Der Abschlussbericht referiert

die Arbeit und den Diskussionsprozess in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, fasst die Ergebnisse

von drei Forschungsprojekten zusammen und gibt die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeits-

gruppe wieder.

1.1 Das Jugendarbeitsschutzgesetz und seine praktische Bedeutung

Das Jugendarbeitsschutzgesetz hat die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Überforderung,

Überbeanspruchung und den Gefahren am Arbeitsplatz zu schützen. Um dieses Ziel zu errei-

chen, setzt das Jugendarbeitsschutzgesetz der Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen

Grenzen bzw. knüpft die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen an bestimmte Voraus-

setzungen. Kinderarbeit ist grundsätzlich verboten. Die Dauer der Arbeitszeit von Jugendlichen

ist grundsätzlich auf acht Stunden täglich und 40 Stunden in der Woche begrenzt. Differenzierte

Regeln sollen dem unterschiedlichen Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen einer-

seits sowie den spezifischen Bedürfnissen bestimmter Branchen andererseits Rechnung tra-

gen. Mit dem Jugendarbeitsschutzgesetz werden auch die europarechtlichen Vorgaben der

Richtlinie 94/33/EG des Rates der Europäischen Union über den Jugendarbeitsschutz vom

22. Juni 1994 (Jugendarbeitsschutzrichtlinie) umgesetzt.

Besondere Arbeitsschutzvorschriften für Kinder gibt es in Deutschland, beginnend mit dem

preußischen Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in den Fabriken von 1839,

seit der Frühzeit der Industrialisierung. Die erste umfassende Kodifikation des Arbeitsschutzes

von Minderjährigen in der Bundesrepublik war das Jugendarbeitsschutzgesetz aus dem Jahr

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1960. Das heute geltende Jugendarbeitsschutzgesetz stammt in den wesentlichen Zügen aus

dem Jahr 1976. Wichtige Änderungen erfolgten in den Jahren 1984 durch das Erste Gesetz zur

Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes (u. a. Aufnahme einer Reihe von Ausnahmetatbe-

ständen in Bezug auf die Arbeitszeiten und Einfügung einer Tariföffnungsklausel) und 1997

durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes mit Regelungen zur

Umsetzung der Jugendarbeitsschutzrichtlinie (insbesondere Ausdehnung des grundsätzlichen

Kinderarbeitsverbots auf unter 15-Jährige). Ebenfalls der Umsetzung der Vorgaben der Ju-

gendarbeitsschutzrichtlinie diente die 1998 in Kraft getretene Kinderarbeitsschutzverordnung,

die die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Abweichen vom Grundsatz des Verbots der Kin-

derarbeit konkretisiert.

Das Jugendarbeitsschutzgesetz hat erhebliche praktische Relevanz. Nach dem Mikrozensus

2009 gibt es in Deutschland in der Gruppe der Jugendlichen (junge Menschen im Alter von 15

bis unter 18 Jahren) 374.000 Beschäftigte. Das sind rund 15 % aller Jugendlichen. Nach Anga-

ben des Bundesinstituts für Berufliche Bildung (BIBB) befanden sich 2009 rund 230.000, also

ca. 61 % aller beschäftigten Jugendlichen, in einem Berufsausbildungsverhältnis. Die Minijob-

Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See weist zum 31. März 2010

in ihrer Statistik 113.874 Jugendliche mit einer geringfügigen Beschäftigung aus.

Über den Umfang der Beschäftigung von Kindern liegen mangels repräsentativer Erhebungen

keine genauen Erkenntnisse vor. Es ist davon auszugehen, dass die bei der Minijob-Zentrale

zum 31. März 2010 offiziell gemeldeten 7.169 geringfügig beschäftigten Kinder nur einen

Bruchteil der tatsächlich in Deutschland beschäftigten Kinder darstellen. Für eine Beschäftigung

im Kultur- und Medienbereich wurden im Kalenderjahr 2009 von den Arbeitsschutzbehörden

nach Angaben der Bundesländer 4.938 Ausnahmegenehmigungen erteilt. In der Regel wird mit

einer Genehmigung die Beschäftigung mehrerer Kinder bewilligt.

1.2 Initiativen zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes

In den Jahren vor Einrichtung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe sind von Seiten der Länder, der

Verbände und von Einzelpersonen zahlreiche Vorschläge zur Änderung des Jugendarbeits-

schutzgesetzes an das Bundesarbeitsministerium herangetragen worden.

Eine der zentralen Forderungen von Arbeitgeberseite stammt vom Deutschen Hotel- und Gast-

stättenverband (DEHOGA), der u. a. die Möglichkeit der Beschäftigung von Jugendlichen im

Gaststättengewerbe möglichst bis 24 Uhr, mindestens aber bis 23 Uhr und bis 21 Uhr am Tag

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vor dem Besuch der Berufsschule sowie eine Verlängerung der Schichtzeit (Arbeitszeit zuzüg-

lich Ruhepausen) fordert. Mögliche Änderungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes, insbeson-

dere in Bezug auf den Anwendungsbereich und die Nachtruhe, waren Gegenstand unterschied-

licher Initiativen im parlamentarischen Raum.

Die 81. Arbeits- und Sozialministerkonferenz unterbreitete im Jahr 2004 Änderungsvorschläge,

die vom Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) erarbeitet wurden.

Der LASI hatte die Auffassung vertreten, dass das Jugendarbeitsschutzgesetz „den heutigen

Bedürfnissen angepasst und modernisiert werden muss“ und einen Änderungskatalog seines

Unterausschusses 3 (Sozialer Arbeitsschutz) grundsätzlich unterstützt. Das saarländische Mi-

nisterium für Wirtschaft und Arbeit stellte in der LASI-Sitzung im März 2006 eine Initiative zur

Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes vor und warb um Zustimmung, einen entspre-

chenden Gesetzentwurf in den Bundesrat einzubringen. Ziel der saarländischen Initiative, mit

der die wesentlichen Überlegungen des LASI aufgegriffen wurden, war eine grundlegende Re-

form des Gesetzes.

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2 Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung desJugendarbeitsschutzgesetzes

Die auf Fachebene eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat im Plenum und in Unterarbeits-

gruppen beraten. Weiter fand eine Expertenanhörung mit Fachleuten verschiedener Organisati-

onen statt. Den Sozialpartnern wurde Gelegenheit gegeben, zum Änderungsbedarf Stellung zu

nehmen. Zur Unterstützung der Arbeitsgruppe wurden drei Forschungsprojekte zu den Themen

ärztliche Untersuchungen sowie Auswirkungen der Arbeit von Jugendlichen am Abend, in den

Nacht- und in den Morgenstunden in Auftrag gegeben. Insbesondere die folgenden Themenfel-

der wurden eingehend beraten:

- Kinderarbeit im Kultur- und Medienbereich,

- Arbeitszeit, Ruhepausen, Schichtzeit, Nachtruhe, Samstagsarbeit sowie Sonn- und Feiertags-

arbeit,

- ärztliche Untersuchungen.

2.1 Expertenanhörung

Im Dezember 2006 wurde eine Expertenanhörung durchgeführt, an der Vertreterinnen und Ver-

treter folgender Organisationen teilnahmen:

- Deutscher Bühnenverein - Bundesverband der Theater und Orchester,- Berufsvereinigung Medienpädagogischer Fachkräfte e.V.,- Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.,- Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion GmbH,- Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (BAJ) e.V.,- Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V.,- Deutscher Bundesjugendring,- Landschaftsverband Rheinland - Landesjugendamt,- DEHOGA Bundesverband Deutscher Hotel- und Gaststättenverband e. V.,- Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) - Hauptverwaltung,- Feinbäckerei Thiele GmbH, Göttingen,- Smurfit Kappa Zülpich Papier GmbH, Zülpich,- Verein Deutscher Gewerbeaufsichtsbeamter e.V.,- Staatliches Amt für Arbeitsschutz Köln,- Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM),- Arbeitsmedizinischer Dienst der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft,- Robert Bosch GmbH - Werksärztlicher Dienst,- Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW e.V.),- Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Werksärzte e.V.,- Bundesverband der Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes,- Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte Deutschland,- Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin e.V.,- Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz, Saarbrücken.

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Beim Thema Kinder in den Medien wurde von Seiten der Filmwirtschaft eine Flexibilisierung

und Erweiterung der täglichen Arbeitszeit bei stärkerer Altersdifferenzierung gefordert. Die

Möglichkeit zu Dreharbeiten in der Nacht sowie an Sonntagen sollte erweitert werden. Vielfach

wurde vorgeschlagen, eine Ausweitung der Arbeitszeiten von einer weisungsunabhängigen

Betreuung abhängig zu machen. Von Seiten der Filmwirtschaft und der geladenen Experten der

Arbeitsschutzbehörden wurden Verfahrensvereinfachungen gefordert, insbesondere in Bezug

auf „kleinere Mitwirkungen“, kurze Dreharbeiten und Komparsentätigkeiten.

Die Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen (Produzentenallianz) hat die Anliegen

der Filmwirtschaft mit Schreiben vom Oktober 2010 an das BMAS noch einmal präzisiert und

eine gegenüber der geltenden Rechtslage erhebliche Ausdehnung der Dauer der erlaubten täg-

lichen Arbeitszeit und der Lage der Arbeitszeit - gestaffelt nach dem Alter der Kinder - gefordert.

Zusätzlich sollten „aus zwingenden produktionstechnischen Gründen“ weitere, darüber hinaus

gehende Abweichungen in Bezug auf die Dauer und Lage der Arbeitszeit möglich sein.

Beim Thema Arbeitszeit, Ruhepausen, Schichtzeit, Ruhezeit wurde von Seiten der Praktikerin-

nen und Praktiker insbesondere die Frage der Nachtarbeit (Beschäftigung in den Abendstunden

im Gastgewerbe und im Einzelhandel sowie am frühen Morgen in Bäckereien) erörtert. Von der

Arbeitsschutzverwaltung wurde angeregt, die Arbeitszeiten stärker an der Realität der Betriebe

zu orientieren und insoweit eine Flexibilisierung auf tarifvertraglicher Ebene zuzulassen. Teil-

weise wurde von Seiten der Jugendmedizinerinnen und Jugendmediziner darauf hingewiesen,

dass der Entwicklungsstand junger Menschen sehr unterschiedlich sei. Jugendliche träten

heute vielfach erwachsener auf, Jugend sei aber weiterhin eine sensible Phase, die des beson-

deren Schutzes bedürfe. Nach Aussage der Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner gibt es

keine Untersuchungen zur gesundheitlichen Situation Jugendlicher, die zu ungewöhnlichen

Zeiten eingesetzt werden. Die Gewerkschaft NGG und der Deutsche Bundesjugendring sahen

wenig bis keinen Handlungsbedarf. Zur Erreichung des Ausbildungsziels seien Tätigkeiten zur

Nachtzeit nicht erforderlich.

Zur Regelung der Ruhepausen wurde darauf verwiesen, dass Jugendliche oft keine längeren

Ruhepausen möchten als ihre erwachsenen Kolleginnen und Kollegen. Von Seiten der Arbeits-

medizin wurden die für Erwachsene geltenden Ruhepausen des Arbeitszeitgesetzes als ausrei-

chend erachtet, wenn nicht besondere Belastungen differenzierte Ruhepausenregelungen er-

forderten. Die angehörten Expertinnen und Experten sahen in Bezug auf die für ihre Branche

geltenden Ausnahmeregelungen für die Arbeit an Samstagen und Sonntagen keinen Ände-

rungsbedarf. Aus den Reihen der Arbeitsschutzverwaltung wurde angeregt, für Kinder an

Samstagen auch die Verteilung von Prospekten zuzulassen.

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Von Medizinerseite wurden die vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen als ineffizient und

qualitativ unzureichend kritisiert. Für die Arbeitsmedizin seien die Ergebnisse der Untersuchun-

gen nicht verwertbar. Bei den Untersuchungen durch die Hausärztin oder den Hausarzt fehle in

der Regel eine berufsbezogene Beratung. Aus Sicht der Arbeitsmedizin verfügen Hausärztinnen

und Hausärzte zudem in der Regel nicht über die erforderliche Qualifikation für die Jugendar-

beitsschutzuntersuchungen. Ein Teil der Ärztinnen und Ärzte sprach sich für eine generelle Un-

tersuchungspflicht für alle Jugendlichen im Alter zwischen 15 und unter 18 Jahren aus. Zum Teil

wurde eine altersunabhängige Berufseingangsuntersuchung beim Übergang von der Ausbildung

ins Berufsleben befürwortet. Eine Untersuchung von einer Gefährdungsbeurteilung abhängig zu

machen, wurde unterschiedlich bewertet und insbesondere von Seiten der Kinder- und Ju-

gendmedizin als nicht ausreichend angesehen.

2.2 Beteiligung von Sozialpartnern

Auch Sozialpartner wurden frühzeitig in die Erörterungen einbezogen, um auf diese Weise ihre

Erfahrungen, Erkenntnisse und Auffassungen in die Arbeit der Arbeitsgruppe einbringen zu

können. Das BMAS hat im Februar 2007

- den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB),- die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V. (BDA),- den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK),- den Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH),- die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) sowie- die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)

angeschrieben und die Verbände gebeten, ihre Vorstellungen zum Jugendarbeitsschutzgesetz

mitzuteilen, insbesondere zum Thema Kinderarbeit im Kultur- und Medienbereich, zum The-

menkomplex Arbeitszeit, Ruhepausen, Schichtzeit, Nachtruhe, Samstagsarbeit sowie Sonn- und

Feiertagsarbeit und zum Thema ärztliche Untersuchungen. Die Sozialpartner wurden gebeten,

konkrete Daten und Fakten oder auch praktische Beispiele zu übermitteln.

Kinderarbeit, insbesondere in den Medien

Der DGB weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass Kinderarbeit allgemein mit einem er-

höhten Gesundheitsrisiko verbunden ist. Der ZDH setzt sich dafür ein, die Altersgrenze für die

Beschäftigung von Schülern während der Schulferien auf 14 Jahre zu senken, um ihnen ein bis

zu vierwöchiges Ferienpraktikum in den Betrieben zu ermöglichen.

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Speziell zur Situation der Kinderarbeit im Kultur- und Medienbereich beklagt der DGB, dass es

keine einheitlichen Kriterien für die Festlegung der notwendigen Schutzmaßnahmen gebe, was

zu einer mitunter sehr unterschiedlichen Genehmigungspraxis führe. Eine Flexibilisierung von

Arbeitszeitregelungen für Kinder ab sechs Jahren, insbesondere eine Ausweitung der Nachtar-

beitserlaubnis wird vom DGB abgelehnt. Eine Flexibilisierung sei als eher entwicklungshem-

mend denn persönlichkeitsfördernd einzuschätzen. Der DGB schlägt gestaffelte Altersregelun-

gen mit einer obligatorischen medienpädagogischen Betreuung vor. Des Weiteren erscheint

aus Sicht des DGB ein einheitliches Verfahren bei der Genehmigung der Tätigkeiten von Kin-

dern in Kultur- und Medienproduktionen sinnvoll. Die Anhörungspflicht der Jugendämter müsse

bestehen bleiben.

Arbeitszeit, Ruhepausen, Schichtzeit, Nachtruhe, Samstagsarbeit sowie Sonn- und Feiertags-

arbeit

Der DGB verweist auf wissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen sowohl lange als auch un-

günstige Arbeitszeiten, wie z. B. Nachtarbeit, das Unfall- und Gesundheitsrisiko Jugendlicher

erhöhen. Eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf über acht Stunden sowie eine Wochen-

arbeitszeit über 40 Stunden sei mit einer erhöhten Unfallgefahr verbunden. Es stelle sich die

Frage, ob die anfallenden Arbeiten am Abend (Gaststättengewerbe) oder am frühen Morgen

(Bäckereien) zu einer hohen Ausbildungsqualität beitrügen bzw. dazu notwendig seien. Eher sei

zu vermuten, dass in „Stoßzeiten“ billige jugendliche Arbeitskräfte körperlich hart arbeiten

müssten. Bereits heute könnten Jugendliche unter 18 Jahren in bestimmten Bereichen, wie

z. B. in Bäckereien, ab fünf Uhr morgens und in mehrschichtigen Betrieben bis 23.30 Uhr

abends (wenn durch die Verlängerung unnötige Wartezeiten vermieden werden) beschäftigt

werden. Weiterer Bedarf sei nicht ersichtlich. Der DGB sieht keinen Änderungsbedarf bei den

Regelungen zur Samstagsarbeit sowie zur Sonn- und Feiertagsarbeit.

Die BDA unterstützt in ihrer Stellungnahme die Forderungen des DEHOGA und setzt sich für

eine Verlängerung der Schichtzeit (Arbeitszeit zuzüglich Ruhepausen) von Jugendlichen auf 12

Stunden ein. Die Verlängerung der Schichtzeit sei insbesondere für Ausbildungsunternehmen,

die in den Nachmittagsstunden geschlossen sind, erforderlich. Die Beschäftigungszeit im Gast-

stätten- und Schaustellergewerbe solle bis 23 Uhr, am Tag vor einem Berufsschultag bis 21 Uhr

verlängert werden. Durch die Änderung bei der Abendarbeit würden die Ausbildungschancen

der Hauptschulabsolventen deutlich verbessert. Zudem seien die Beschränkungen der

Abendarbeit auf Grund des heutigen Freizeitverhaltens Jugendlicher nicht mehr zeitgemäß.

Nach Ansicht des DIHK sollten die Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche ab 16 Jahre

generell bis 23 Uhr ausgedehnt werden. Man könne sogar darüber nachdenken, in bestimmten

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Branchen wie Gastronomie, Schaustellergewerbe, Kulturbetrieben, Veranstaltungsmanagement

und -technik Ausnahmen bis 24 Uhr zuzulassen. Der DIHK sieht in den bestehenden

Regelungen eine Benachteiligung für Jugendliche mit Haupt- und Realschulabschluss, die ihre

Ausbildung vielfach im Alter von unter 18 Jahren beginnen und verweist auf veränderte

Lebensgewohnheiten von Jugendlichen.

Der ZDH setzt sich insbesondere für eine Erhöhung der zulässigen täglichen Arbeitszeit auf

neun Stunden ein. In Betrieben des Bauhaupt- und Baunebengewerbes könnten - bei gemein-

samer Heimfahrt mit den erwachsenen Arbeitnehmern - die Schichtzeiten der Jugendlichen

besser genutzt werden. Außerdem hält der ZDH eine Synchronisierung der Arbeitszeiten von

Jugendlichen mit denen von erwachsenen Kollegen für sinnvoll. Vertretbar erscheine eine Ver-

kürzung der Mindestdauer einer Ruhepause von 60 auf 30 Minuten für Arbeitszeiten zwischen

sechs bis acht Stunden. Der ZDH unterstützt Vorschläge, für 16-jährige Jugendliche den Ar-

beitsbeginn in Bäckereien und Konditoreien auf 4 Uhr vorzuverlegen und in der Gastronomie

die Arbeitszeit bis 23 Uhr zuzulassen. Am Vorabend von Berufsschultagen solle das Arbeits-

ende unverändert bei 20 Uhr liegen, um eine Überlastung der Jugendlichen zu vermeiden und

eine Vorbereitung auf die Berufsschule zu ermöglichen. Der ZDH setzt sich für die Aufhebung

des grundsätzlichen Samstagsarbeitsverbots ein. Er schlägt vor, den Verkauf von Back- und

Konditorwaren in Bäckereien und Konditoreien durch Jugendliche an Sonntagen und bestimm-

ten Feiertagen zuzulassen.

Die TdL hält es für erforderlich, dass der Verlängerung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst

auch durch eine Lockerung der Begrenzung der Arbeitszeit für Jugendliche auf 40 Wochen-

stunden Rechnung getragen wird. Wegen der Begrenzung der täglichen Höchstarbeitszeit sei

die Ableistung von Überstunden faktisch nicht möglich. Die VKA befürwortet flexiblere Arbeits-

zeitregelungen bei saisonabhängigen Tätigkeiten (z. B. Gartenarbeiten in Wachstumsperioden).

Nach der geltenden Rechtslage müssten die Jugendlichen im Sommer früher die tägliche Ar-

beitszeit beenden, im Winter aber länger als die Erwachsenen arbeiten.

Die Regelung der Ruhepausen (60 Minuten bei mehr als sechs Stunden Arbeitszeit) kann nach

Auffassung von TdL und VKA dazu führen, dass Jugendliche im Vergleich zu den übrigen Be-

schäftigten die volle Arbeitszeit erst bei einem früheren Beginn und/oder einem späteren Ende

der täglichen Arbeitszeit erreichen. Die VKA schlägt zumindest in den Verwaltungsberufen eine

Angleichung an die Pausendauer der übrigen Beschäftigten vor. Samstags- und Sonntagsarbeit

sollte für Jugendliche bei „ausbildungsbezogenen Ausstellungen und Messen als Betreuerinnen

und Betreuer ihrer Präsentationen” zulässig sein.

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Ärztliche Untersuchungen

Der DGB setzt sich für eine Präventionskultur zur Erhaltung und Verbesserung der Ausbil-

dungs- und Arbeitsqualität ein. Eine Schulabgangsuntersuchung könne dazu beitragen, Berufs-

orientierung und Berufswahl frühzeitig anzugehen und Ausbildungsabbrüche aufgrund gesund-

heitlicher Folgen weitgehend zu reduzieren.

Der DIHK betont den Gesundheitsschutz, hält es aber im Interesse der Arbeitgeber und der Ju-

gendlichen für hilfreich, wenn die Vorschriften zur gesundheitlichen Betreuung vereinfacht und

auf das Wesentliche reduziert würden. Grundsätzlich sieht der ZDH in den Regelungen zur ge-

sundheitlichen Betreuung eine Überregulierung und hält eine Untersuchung für ausreichend.

2.3 Unterarbeitsgruppen

Zu den speziellen Themengebieten

- Rechtssprache,

- Kinder in den Medien und

- Ärztliche Untersuchungen

hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Unterarbeitsgruppen gebildet.

2.3.1 Unterarbeitsgruppe „Rechtssprache“

Das Jugendarbeitsschutzgesetz ist eines von vier Gesetzen, die im Rahmen des vom Bundes-

ministerium der Justiz initiierten Projekts „Verständliche Gesetze“ zur Verbesserung der

Rechtssprache von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in sprachlicher und rechts-

systematischer Hinsicht überprüft worden sind. Die Unterarbeitsgruppe erörterte mit Vertreterin-

nen der Gesellschaft für deutsche Sprache alle Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes.

Ziel der sprachlichen Überarbeitung war es, Regelungen zu formulieren, die verständlich, ad-

ressatengerecht und modern sind. Zudem sollten, soweit möglich, jeweils Formulierungen ver-

wandt werden, die sowohl die männliche als auch die weibliche Form erfassen (Gendering). Die

GfdS regte weiter an, einzelne Paragrafen durch die Verwendung der Tabellenform übersichtli-

cher zu gestalten und Begriffe, die nicht mehr zeitgemäß anmuten oder schwer verständlich

sind, neu zu definieren.

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Diskutiert wurde ein anderer Aufbau des Gesetzes. Bei Vorschriften von besonderer Bedeutung

sollte das Regel-Ausnahme-Prinzip stärker herausgearbeitet werden. Von der GfdS wurde an-

geregt, die im Jugendarbeitsschutzgesetz verstreuten Begriffsbestimmungen in einem Abschnitt

zusammenzufassen und an den Beginn des Gesetzes zu stellen.

Als Ergebnis der Beratungen wurde auf Basis der aktuellen Rechtslage ein modernisierter und

anwenderfreundlicherer Formulierungsvorschlag für den geltenden Gesetzeswortlaut erstellt.

2.3.2 Unterarbeitsgruppe „Kinder in den Medien“

Die Unterarbeitsgruppe befasste sich speziell mit der Frage, ob die Regelungen in

§ 6 JArbSchG vereinheitlicht, flexibilisiert und vereinfacht werden können. Diskutiert wurden

Sonderregelungen für Kinder unter drei Jahren sowie für neue Medienformate (z. B. sog. Doku-

Soaps). Mitglieder der Unterarbeitsgruppe waren neben Vertreterinnen und Vertretern von

BMAS und Ländern auch Mitarbeiter der Arbeitsschutzbehörden der Bezirksregierung Köln so-

wie der Regierung von Oberbayern. An einer Sitzung nahmen als Gäste Vertreterinnen und

Vertreter des BMFSFJ, des Beauftragten für Kultur und Medien und der Jugendämter Köln und

Neuwied teil.

Die Unterarbeitsgruppe schlug u. a. vor, die bestehenden Altersgrenzen („über drei bis sechs

Jahre“ und „über sechs Jahre“) beizubehalten. Diese hätten sich nach Auffassung der Länder in

der Praxis bewährt. Die Aufsichtsbehörde könne innerhalb des vorgegebenen Rahmens alters-

spezifische Differenzierungen treffen. Eine Unterscheidung nach Medienformaten wurde als

nicht erforderlich erachtet. Vorgeschlagen wurde eine einheitliche Regelung für alle Veranstal-

tungsarten mit Zeitrahmen 8 bis 17 Uhr (Kinder ab drei bis sechs Jahre) bzw. 8 bis 23 Uhr (Kin-

der ab sechs Jahre). Die gestaltende Mitwirkung solle zwei (Kinder ab drei bis sechs Jahre)

bzw. vier Stunden (Kinder ab sechs Jahre) nicht überschreiten. Bei den genannten Zeitspannen

handelt es sich um einen Rahmen, den die zuständige Behörde bei ihrer Einzelfallentscheidung

unter Berücksichtigung des Alters des Kindes einzuhalten hat. Die Behörde hat abzuwägen, ob

der Einsatz des Kindes zu der gewünschten Uhrzeit bzw. für die vorgesehene Dauer tatsächlich

erforderlich ist, wobei die Gesundheit und die Entwicklung des Kindes im Vordergrund stehen.

Eine Flexibilisierung in Gestalt einer Unterscheidung zwischen Schul- und Ferienzeit wurde von

der Unterarbeitsgruppe nicht befürwortet. Eine Beschäftigung von täglich bis zu vier Stunden

sei auch in den Schulferien eine angemessene Höchstgrenze.

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Zur besseren Überprüfbarkeit der Anzahl der Beschäftigungstage des Kindes sollten die Perso-

nensorgeberechtigten im Rahmen der Einverständniserklärung zur Beschäftigung eines Kindes

dazu befragt werden, wie viele Tage das Kind in den vorangegangenen 365 Tagen bereits be-

schäftigt wurde und ob bereits zukünftige Beschäftigungen bewilligt wurden. Eine stärkere Ein-

bindung der Jugendämter wurde wegen des damit verbundenen personellen Mehraufwandes

der Jugendämter für kaum realisierbar gehalten. Ein Verzicht auf eine Genehmigung für Kinder

ab 13 Jahre und vollzeitschulpflichtige Jugendliche (etwa bei einer Beschäftigung von nicht

mehr als drei Tagen im Jahr) ist nach Meinung der Unterarbeitsgruppe nicht möglich, da eine

Kontrolle in nicht vertretbarer Weise erschwert würde.

Die Unterarbeitsgruppe befasste sich mit der Frage der Einführung spezieller Regelungen für

die Beteiligung von Kindern unter drei Jahren (Kleinstkinder) im Kultur- und Medienbereich. Für

diese Kinder gibt es keine Ausnahme vom Beschäftigungsverbot. Das bedeutet: Eine wei-

sungsabhängige Tätigkeit ist für Kinder unter drei Jahren nicht zulässig, selbst wenn sie bei

dieser Altersgruppe ausnahmsweise bereits möglich wäre. Diese Regelung sagt nichts darüber

aus, ob Kinder unter drei Jahren in ihrer natürlichen Lebensäußerung beim Gehen, Essen,

Schlafen und Spielen o. ä. fotografiert oder gefilmt werden dürfen, da dies keine Beschäftigung

im Sinne des Gesetzes ist.

Die Erörterung dieser Thematik war auch Schwerpunkt einer Sitzung der Bund-Länder-Arbeits-

gruppe im August 2009. Die eingeladenen Vertreterinnen und Vertreter des BMFSFJ und des

Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien wünschten eine Einbeziehung von

Kleinstkindern in das Gesetz. Diese Forderung entspricht einem Beschluss der Jugend- und

Familienministerkonferenz vom Juni 2009. In diesem Beschluss werden die Bundesregierung

und die zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder ge-

beten, bei einer Novellierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes ein Verbot der Beteiligung von

unter dreijährigen Kindern an der Mitwirkung bei Produktionen i. S. d. § 6 JArbSchG vorzuse-

hen. Ausnahmen sollen mit Zustimmung des zuständigen Jugendamtes zugelassen werden

können.

Eine Einbeziehung von entsprechenden Schutzregelungen in das Jugendarbeitsschutzgesetz

wurde von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe als nicht systemgerecht eingestuft. Es gehe nicht

um Fragen des Arbeitsschutzes, sondern um das Kindeswohl. Das Jugendarbeitsschutzgesetz

ist nach Auffassung der Arbeitsgruppe als Arbeitsschutzgesetz nicht der richtige Standort für

eine solche Regelung. Es wurde klargestellt, dass das Gesetz keine Beschäftigung von Kindern

unter drei Jahren zulässt und keine Genehmigungsmöglichkeit besteht. Sofern eine Aufsichts-

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behörde zu der Auffassung gelangt, dass im Einzelfall eine Beschäftigung von Kindern unter

drei Jahren stattfindet, ist diese zu untersagen und ggf. als ordnungswidrig zu ahnden.

Bei neuen Medienformaten (z. B. sog. Doku-Soaps) sah die Unterarbeitsgruppe weniger eine

Regelungslücke, sondern ein Vollzugsdefizit. Es bestand Einigkeit, dass am Beschäftigungs-

begriff, der dem Jugendarbeitsschutzgesetz zugrunde liegt, festgehalten werden soll. Bei neuen

Medienformaten sei besonders zu prüfen, ob nicht ein Beschäftigungsverhältnis vorliege und

damit das Jugendarbeitsschutzgesetz Anwendung finde. Für neue Medienformate solle keine

Regelung unabhängig vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Gesetz getroffen

werden.

Die Unterarbeitsgruppe sprach sich einem Wunsch aus der Praxis entsprechend dafür aus,

Abweichungen von Dauer und Lage der Beschäftigungszeit in begründeten Einzelfällen (z. B.

Dreharbeiten in der Nacht) zuzulassen. Die aus Reihen der Filmwirtschaft gewünschte Einfüh-

rung konkretisierender bundesweit einheitlicher Regelungen ist nach Auffassung der Unterar-

beitsgruppe im Gesetz nicht erforderlich. Der LASI habe die Aufgabe, auf eine einheitliche

Ausführung in den Ländern hinzuwirken. Die Unterarbeitsgruppe regte an, dass die Länder ent-

sprechende Richtlinien erarbeiten bzw. abstimmen.

Mit ihrem Abschlussbericht legte die Unterarbeitsgruppe der Bund-Länder-Arbeitsgruppe u. a.

einen Vorschlag zur Neufassung des § 6 JArbSchG zur Diskussion vor.

2.3.3 Unterarbeitsgruppe „Ärztliche Untersuchungen“

Die Unterarbeitsgruppe befasste sich mit den Schutzzielen der Untersuchungen nach dem Ju-

gendarbeitsschutzgesetz. Nach Abschluss des Forschungsprojekts „Ärztliche Untersuchungen“

(siehe unten, S. 17 ff.) wurden aus den Handlungsempfehlungen des Forschungsberichts Ände-

rungsoptionen abgeleitet.

Ziel des Jugendarbeitsschutzgesetzes ist es allgemein, Jugendliche im Erwerbsleben insbe-

sondere vor Arbeit zu schützen, die für sie zu früh beginnt oder zu spät endet, zu lange dauert,

zu schwer ist, die sie in ihrer Gesundheit oder Entwicklung gefährdet oder die für sie ungeeignet

ist. Ärztliche Untersuchungen sind ein wichtiges Instrument des Jugendarbeitsschutzes. Sie

müssen so gestaltet sein, dass sie diesen Schutzzweck des Gesetzes unterstützen.

- 17 -

- 18 -

Die ärztlichen Untersuchungen sollten - verbunden mit einer qualifizierten Beratung des Ju-

gendlichen und seiner Personensorgeberechtigten - alle Jugendlichen erfassen, die in das Be-

rufsleben eintreten und die sich in einem Beschäftigungsverhältnis befinden. Ärztliche Untersu-

chungen und Beratungen müssen so gestaltet sein, dass sie einer Gefährdung der Gesundheit

und Entwicklung der Jugendlichen entgegenwirken. Jugendliche sollten geschützt werden vor:

- Gesundheitsschäden und Entwicklungsstörungen durch die Ausübung einer Beschäftigung,

- Arbeiten, denen sie gesundheitlich oder von ihrer Entwicklung her körperlich und geistig nicht

gewachsen sind,

- Ausbildungsabbrüchen aus beschäftigungsbedingten gesundheitlichen Gründen.

Auf der Basis dieser Beschreibung des Schutzziels der Jugendarbeitsschutzuntersuchungen

und der Handlungsempfehlungen des Forschungsprojekts „Ärztliche Untersuchungen“ entwi-

ckelte die Unterarbeitsgruppe Änderungsoptionen und legte diese der Bund-Länder-Arbeits-

gruppe zur Beratung vor.

Die Unterarbeitsgruppe sprach sich insbesondere dafür aus, den Präventionsauftrag der Ju-

gendarbeitsschutzuntersuchungen zu stärken und die Qualifikation der Ärzte sowie die Qualität

der Untersuchungen zu verbessern. Hierzu könnten das Jugendarbeitsschutzgesetz und die

Jugendarbeitschutzuntersuchungsverordnung (JArbSchUV) um eine stärkere präventive Ziel-

stellung ergänzt werden. Gleichzeitig sollte der Aspekt der ärztlichen Beratung im Gesetz stär-

ker zum Ausdruck kommen. Die Verordnungsermächtigung in § 46 Abs. 1 JArbSchG sollte hin-

sichtlich der Festlegung der Qualifikation der untersuchenden Ärzte erweitert werden. In der Ju-

gendarbeitschutzuntersuchungsverordnung könnten dann Einzelheiten zu der notwendigen

Fortbildung geregelt werden. Grundsätzlich sprach sich die Unterarbeitsgruppe dafür aus, aus-

schließlich Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner mit der Durchführung der Nachuntersu-

chung zu betrauen. Da im Einzelnen Inhalt und Umfang der Verbesserung der Untersuchung

noch zu erarbeiten wären, ließ die Unterarbeitsgruppe den von der Klärung dieser Fragen ab-

hängigen Punkt der Kosten und der Kostentragung offen.

2.4 Forschungsprojekte zur Unterstützung der Arbeitsgruppe

Im Laufe der Beratungen stellte sich heraus, dass die Themen Abendarbeit, Arbeit in den frü-

hen Morgenstunden und Nachtruhe sowie ärztliche Untersuchungen weiterer Erörterung und

empirischer Untersuchungen bedurften. Die BAuA gab deshalb drei Forschungsprojekte zu die

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sen Themen in Auftrag. Die Projekte wurden Ende des Jahres 2007 bzw. Mitte des Jahres 2008

vergeben.

Zu Beginn der Forschungsprojekte stellten die Projektnehmerinnen und Projektnehmer ihre

Vorhaben in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor. Im weiteren Verlauf berichteten sie mehrfach

über den Stand ihrer Arbeiten. Die Projekte wurden mit der Vorlage der jeweiligen Forschungs-

berichte im Sommer / Herbst 2010 abgeschlossen.

2.4.1 Ergebnisse der Forschungsprojekte

2.4.1.1 Forschungsbericht „Ärztliche Untersuchungen“ (vorgelegt Oktober 2010)

Das Projekt „Ärztliche Untersuchungen von jungen Menschen unter achtzehn Jahren im Hin-

blick auf ihre Gesundheit und Entwicklung im Arbeitsleben in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten"

ist von einem Projektverbund der Technischen Universität Dresden durchgeführt worden. Es

beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie sich die ärztlichen Untersuchungen nach dem Ju-

gendarbeitsschutzgesetz auf der Grundlage eines Vergleichs mit anderen EU-Mitgliedstaaten

wirksamer gestalten lassen, um Jugendliche vor Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit und Ent-

wicklung zu schützen.

Zu Beginn des Forschungsberichts wird die gesundheitliche Situation der Jugendlichen in

Deutschland anhand verschiedener Studien geschildert. Demnach stellen Jugendliche in

Deutschland eine weitestgehend gesunde Bevölkerungsgruppe dar. Auch wenn die Ursachen

für die wichtigsten Gesundheitsprobleme der Jugendlichen (dies sind u. a. chronische Erkran-

kungen wie Asthma und Allergien, aber auch psychische Erkrankungen, Suchterkrankungen

und das zunehmende Auftreten von Übergewicht und Adipositas) nicht abschließend bewertet

werden können, werden Zusammenhänge zwischen dem Gesundheitszustand einerseits und

der Lebensqualität und der sozialen Situation der Jugendlichen andererseits vermutet. Außer-

dem wird die Bedeutung der Prävention, gerade für Jugendliche, betont.

Nach der Darstellung der gesetzlichen Grundlagen der ärztlichen Jugendarbeitsschutzuntersu-

chungen in Deutschland werden diese im Hinblick auf ihre Zielstellung, ihren Inhalt, die Qualifi-

kation der Untersuchenden, die Beteiligung betroffener Akteure sowie ihre Überwachung analy-

siert. Zusammengefasst stellen die ärztlichen Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutz-

gesetz ein engmaschiges Untersuchungssystem dar, mit dem in erster Linie das Ziel verfolgt

wird, Gefährdungen der Jugendlichen durch die Ausübung einer Beschäftigung zu vermeiden.

- 19 -

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Präventivmedizinische und gesundheitsförderliche Inhalte finden nach dem Forschungsbericht

im Rahmen der ärztlichen Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz nur in Ansät-

zen Berücksichtigung.

Es folgt ein Vergleich der deutschen Regelungen der Jugendarbeitsschutzuntersuchungen mit

den entsprechenden Regelungen in ausgewählten Mitgliedstaaten der EU. Dabei handelt es

sich um Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich und die Tschechische Repu-

blik. Der Vergleich erfolgt einerseits anhand von Kriterien, die einem im Rahmen des For-

schungsvorhabens entwickelten Kategoriensystem entstammen. Andererseits werden die na-

tionalen Systeme durch die jeweiligen Experten aus den Vergleichsländern bewertet. Die we-

sentlichen Unterschiede zwischen den Systemen einzelner Vergleichsländer und der Situation

in Deutschland finden sich bei der Qualifikation der Ärzte, die die Untersuchungen durchführen ,

bei den Untersuchungsinhalten und bei der Verwertung der dokumentierten Untersuchungser-

gebnisse. So werden die Untersuchungen in fast allen Vergleichsländern entweder von Ar-

beitsmedizinern oder Kinder- und Jugendmedizinern durchgeführt. In Bezug auf die Inhalte der

Untersuchungen werden gegenüber dem deutschen Vorgehen arbeitsbezogene, insbesondere

psychische Faktoren sowie Lebensstilaspekte stärker berücksichtigt.

Insgesamt kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Deutschland im Vergleich zu den anderen

untersuchten EU-Mitgliedstaaten in Bezug auf die gesundheitliche Betreuung ein gutes Ju-

gendarbeitsschutzgesetz hat und dieses auch zufriedenstellend umgesetzt wird. In den be-

trachteten Ländern gibt es kein System, das als Ganzes beispielgebend für Deutschland sein

kann.

Kernstück der Studie sind die aus der Analyse der deutschen Regelungen zu den Jugendar-

beitsschutzuntersuchungen und dem Ländervergleich gewonnenen Handlungsempfehlungen.

Diese Handlungsempfehlungen zielen nicht auf eine grundlegende Änderung des Systems der

Jugendarbeitsschutzuntersuchungen ab. Vielmehr geht es vor allem darum, die Qualität der

ärztlichen Untersuchungen zu verbessern und diese stärker in die allgemeine Prävention und

Gesundheitsförderung auf der Basis von Gesundheitszielen zu integrieren. Konkrete Empfeh-

lungen zu den Untersuchungen im Rahmen des Jugendarbeitsschutzgesetzes beziehen sich

auf die folgenden Punkte:

In Bezug auf den Rechtscharakter und den Anlass der Untersuchungen spricht sich die Studie

im Interesse der Jugendlichen und angesichts der erheblichen Bedeutung der Bewertung von

Arbeitseinflüssen im jugendlichen Alter dafür aus, die ärztlichen Jugendarbeitsschutzuntersu-

chungen als verpflichtende Untersuchungen beizubehalten. Dies gilt sowohl für die Erst- als

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auch für die erste Nachuntersuchung. Die Bedeutung der ersten Nachuntersuchung aus ar-

beitsmedizinischer Sicht wird besonders unterstrichen und dieser Hinweis mit der Empfehlung

verbunden, die erste Nachuntersuchung auch dann verpflichtend auszugestalten, wenn die Be-

troffenen bereits 18 Jahre alt sind.

Hinsichtlich der Qualifikation der Untersuchenden wird empfohlen, die erste Nachuntersuchung

von Arbeits- oder Betriebsmedizinern vornehmen zu lassen. Im Übrigen sollte in Verantwortung

der Bundesärztekammer ein Curriculum für eine arbeitsmedizinische Fortbildung erarbeitet

werden. Nur diejenigen approbierten Ärzte sollten dann die Erstuntersuchung durchführen dür-

fen, die eine Fortbildung auf der Grundlage dieses Curriculums nachweisen können.

Zielsetzung der Untersuchungen: Die Studie empfiehlt, einen stärkeren Bezug der Untersu-

chungen zur Arbeitstätigkeit herzustellen sowie die berufsberatende Zielsetzung der Jugendar-

beitsschutzuntersuchungen zu schärfen. Ziel der Untersuchungen sollte es sein, dass eine Be-

schäftigung aufgenommen wird, die, bei Einhaltung der entsprechenden Arbeitsschutzmaß-

nahmen, das gesamte Arbeitsleben hindurch ohne arbeitsbedingte Erkrankungen ausgeführt

werden kann. Der Bericht empfiehlt, dass Jugendarbeitsschutzuntersuchungen im Rahmen der

arbeitsmedizinischen Vorsorge durchgeführt oder enger mit ihr verbunden werden sollen.

Der Arztkontakt sollte im Rahmen der Jugendarbeitsschutzuntersuchungen stärker zur allge-

meinen Prävention und Gesundheitsförderung und damit zur Umsetzung nationaler Gesund-

heitsziele genutzt werden. Spezifische Gesundheitsrisiken von Jugendlichen wie Übergewicht

und Adipositas, der Konsum potentiell Sucht erzeugender Substanzen, sich entwickelnde und

bereits bestehende Abhängigkeiten sowie riskante oder aggressive Verhaltensweisen sollten

hier gezielt thematisiert werden.

Außerdem könnten die Ergebnisse dieser erweiterten Jugendarbeitsschutzuntersuchungen er-

fasst und zur Ableitung konkreter, quantitativ zu formulierender Gesundheitsziele genutzt wer-

den. In diesem Zusammenhang wird eine kontinuierliche, flächendeckende EDV-gestützte Er-

fassung und Aufbereitung der Untersuchungsdaten empfohlen.

Eine Erweiterung der Aufgabenstellung der Jugendarbeitsschutzuntersuchungen ist nach der

Studie dann sinnvoll, wenn sichergestellt ist, dass sowohl die Qualifikation der Untersuchenden

als auch die Qualität der Durchführung der Untersuchungen verbessert werden. Die Studie

schlägt deshalb vor, zusätzlich zu den bereits erwähnten Qualifikationsanforderungen an die

untersuchenden Ärzte, konkrete Leitlinien, Qualitätskriterien und Durchführungsbestimmungen

für die Untersuchungen zu formulieren. So könnten die vorhandenen ärztlichen Untersuchungs-

- 21 -

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und Dokumentationsbögen verbessert und ergänzt werden (konkret vorgeschlagen wird die

Verwendung von Anamnesebögen mit modernen Testverfahren zum Screening von psychi-

schen Auffälligkeiten und zur Abbildung des vorhandenen Suchtpotentials). Außerdem spricht

sich der Forschungsbericht für regelmäßige Kontrollen der Durchführung der Untersuchungen

überhaupt und die regelmäßige Durchführung von Qualitätsprüfungen aus.

Kostentragung und Vergütung: Die Studie empfiehlt, bei einer Stärkung der Prävention und der

Gesundheitsförderung die Übertragung der Kostenträgerschaft für die Jugendarbeitsschutzun-

tersuchungen von den Ländern auf die Träger der Unfallversicherung, die Krankenkassen und

auf die Arbeitgeber zu prüfen. Schließlich empfiehlt der Bericht, dass die Forderung nach einer

Erhöhung der Qualität der Untersuchungen sowie nach Fortbildung für die untersuchenden

Ärzte einhergehen sollte mit einer Erhöhung des entsprechenden Satzes der Gebührenordnung

für Ärzte (GOÄ) für die Untersuchungen.

2.4.1.2 Forschungsbericht „Abend- und Nachtarbeit“ (vorgelegt August 2010)

Das Projekt „Auswirkungen der Arbeit von Jugendlichen am Abend und in den Nachtstunden“

ist von der Firma AWiS-consult betreut worden. Am Beispiel des Hotel- und Gaststättengewer-

bes werden die Auswirkungen von Arbeitstätigkeiten am Abend und in den Nachtstunden auf

Gesundheit, physische und psychische Entwicklung sowie soziale Integration von jugendlichen

Auszubildenden untersucht, insbesondere die Auswirkungen auf Belastung, gesundheitliches

Befinden, Freizeitverhalten, Schlaf sowie Zufriedenheit mit berufsbezogenen und arbeitszeitbe-

zogenen Aspekten.

Der Bericht zum Forschungsprojekt gliedert sich in zwei Teile: Eine Literaturrecherche und eine

Fragebogenuntersuchung. Die Literaturrecherche widmet sich internationalen Forschungser-

gebnissen zu den Themen Belastung, Beanspruchung, Schlaf- und Freizeitverhalten von ju-

gendlichen Auszubildenden. Ein zentrales Ergebnis der Recherche ist, dass es kaum Studien

gibt, die sich gezielt mit Jugendlichen im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes befassen.

Deshalb ergeben sich auch wenige explizit für Jugendliche geltende Hinweise zur Beantwor-

tung der Fragestellung des Forschungsvorhabens. Aus den allgemeinen wissenschaftlichen Er-

kenntnissen zu Jugendlichen und jungen Menschen in der Arbeitswelt sowie aus den Erkennt-

nissen zu Nacht- und Schichtarbeit lässt sich ableiten, dass nicht nur Beginn und Ende der täg-

lichen Arbeitszeit, sondern auch die Lage und Verteilung der Arbeitszeiten negative Auswirkun-

gen haben können. So ist davon auszugehen, dass vor allem Arbeitszeiten, die am frühen Mor-

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gen beginnen oder erst am späten Abend enden, negative Auswirkungen auf die Gesundheit,

das psychische Wohlbefinden und sie soziale Kontaktmöglichkeit von Jugendlichen haben.

Neben der Literaturrecherche wurde eine Fragebogenuntersuchung zur Arbeit von Jugendli-

chen am Abend und in den Nachtstunden durchgeführt. Zielgruppe der Untersuchung im Jahr

2009 waren Auszubildende des Hotel- und Gaststättengewerbes im ersten Lehrjahr. Die Befra-

gung erfolgte in sechs verschiedenen Bundesländern in großen und kleineren Städten. 853

Fragebögen wurden ausgewertet. Ca. 26 % der befragten Auszubildenden waren unter 18-Jäh-

rige. Aus der Gesamtstichprobe füllten außerdem 157 der unter 18-Jährigen eine Arbeitszeitdo-

kumentation über eine bzw. zwei Wochen aus. Vor der Befragung wurden ausführliche Inter-

views mit jungen Beschäftigten aus der Branche, mit der Industrie- und Handelskammer Olden-

burg, Gewerkschaftsvertretern und Berufsschullehrern durchgeführt.

Im Rahmen dieser empirischen Untersuchung wurde eine Vielzahl von Überschreitungen der

Grundnormen des Jugendarbeitsschutzgesetzes festgestellt. So gaben im Rahmen der Arbeits-

zeitdokumentation 33,7 % der Jugendlichen an, mindestens einmal innerhalb der Aufzeich-

nungszeit später als 22 Uhr gearbeitet zu haben. Die tägliche Arbeitszeit überstieg für 51 % von

ihnen mindestens einmal während der Aufzeichnungszeit die Dauer von neun Stunden und für

weitere 20,3 % die Dauer von acht Stunden. Auch die wöchentliche Höchstarbeitszeit wurde

überschritten. So gaben 71,3 % der Jugendlichen an, während der Aufzeichnungszeit in min-

destens einer Woche mehr als 40 Stunden gearbeitet zu haben. Und im Rahmen der Befragung

antworteten auf eine entsprechende Frage 22,2 % der Jugendlichen, nie einen freien Sonntag

zu haben. Die tägliche Ruhezeit war in 9,7 % der Fälle immer kürzer als vorgesehen und 17,1

% der Jugendlichen berichteten, dass Ruhepausen nie eingehalten wurden. Arbeit an den Fei-

ertagen, an denen eine Beschäftigung nicht zulässig ist, kam regelmäßig vor.

Zusammenfassend kommt die Studie zu den folgenden Ergebnissen und Empfehlungen:

Es zeigen sich in Abhängigkeit von der Einhaltung der Arbeitszeitvorgaben des Jugendarbeits-

schutzgesetzes Effekte hinsichtlich der Belastung am Arbeitsplatz, der Zufriedenheit mit job-

und arbeitsbezogenen Aspekten, Schlafproblemen, Gesundheitsbeschwerden sowie Wichtigkeit

und Zeit für Freizeitaktivitäten.

Bereits bei einem Arbeitsende zwischen 20 und 22 Uhr sind ein Anstieg negativer Auswirkun-

gen auf, Schlaf und geistige Fitness nach der Arbeit sowie vermehrt Langeweile und Rücken-

schmerzen festzustellen. Bei einem Arbeitsende nach 22 Uhr sind klar negative Auswirkungen

im Hinblick auf die Zufriedenheit mit dem Ausbildungsbetrieb und der Ausbildung und verschie-

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denen Fragen der Arbeitszeitgestaltung zu verzeichnen. Insbesondere die Zeit für Freizeitakti-

vitäten wird als „nicht ausreichend“ eingeschätzt. Bedenklich ist vor allem, dass bei einer Be-

schäftigung nach 22 Uhr gesundheitliche Beeinträchtigungen zunehmen, was sich u. a. auch in

der geringeren geistigen Fitness nach der Arbeit sowie einer schlechteren Schlafqualität wider-

spiegelt. Außerdem wird von den Jugendlichen verstärkt auch über eine Belastung durch Lan-

geweile geklagt. Dies legt nach der Studie die Vermutung nahe, dass ein effizienter Arbeitsein-

satz um diese Uhrzeit nicht zu erwarten ist. Aufgrund dieser Ergebnisse kommt die Studie zu

der Empfehlung, das Ende der täglichen Arbeitszeit für die unter 18-Jährigen auf keinen Fall

über 22 Uhr hinaus auszudehnen.

In diesem Zusammenhang weist der Forschungsbericht darauf hin, dass eine Studie der BAuA

aus dem industriellen Bereich ergeben habe, dass bei einem Arbeitsende um 23 Uhr keine ne-

gativen Auswirkungen auftraten. Diese Folgerung ließe sich aus den Ergebnissen der vorlie-

genden Studie aber nicht ziehen. Denn die Rahmenbedingungen in den in der BAuA-Studie

untersuchten Betrieben entsprachen im Hinblick auf Arbeitszeit, Schichtzeit und Ruhezeit den

Grundnormen des Jugendarbeitsschutzgesetzes oder waren sogar günstiger als diese; Wo-

chenendarbeit kam nicht vor. 1

In Bezug auf die Dauer der täglichen Arbeitszeit zeigen sich signifikante Effekte vor allem für

die arbeitsplatzbezogene Zufriedenheit. So wird fast durchgehend eine größere Zufriedenheit

geäußert, wenn die Arbeitszeit bis zu acht Stunden lang ist. Die Auszubildenden weisen dann

weniger Schlafprobleme auf und haben weniger häufig gesundheitliche Beschwerden. Darüber

hinaus ist nach dem Forschungsbericht eindeutig festzustellen, dass bei einer Arbeitszeit von

mehr als neun Stunden durchgehend negative Auswirkungen zu beobachten sind, besonders

hinsichtlich des Freizeit- und Familienbereichs. Aufgrund dieser Ergebnisse empfiehlt die Stu-

die, die tägliche Arbeitszeit für Jugendliche nicht über neun Stunden hinaus auszudehnen.

Diese Ausdehnung sollte im Übrigen nur in Ausnahmefällen und unter der Voraussetzung eines

zeitnahen Ausgleichs auf durchschnittlich acht Stunden erfolgen.

Nicht alle Kombinationen aus Arbeitsende und täglicher Arbeitszeit konnten aufgrund der vor-

handenen Stichprobengrößen analysiert werden. Insoweit wird empfohlen, weitere Erhebungen

durchzuführen. Es zeigt sich, dass bei einem Arbeitsende nach 20 Uhr eine tägliche Arbeitszeit

von acht Stunden selten eingehalten wird. Fest steht nach dem Forschungsbericht weiter, dass

1In der BAuA-Studie „Berufsausbildung im Schichtdienst“, Fb 1072, Dortmund/Dresden 2006, wurden die

Auszubildenden ab dem zweiten Ausbildungsjahr in der Spätschicht eingesetzt. Diese Schicht umfasstdie Zeit von 14:30 bis 22:30 Uhr.

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ein Arbeitsende nach 22 Uhr zusammen mit einer täglichen Arbeitszeit von mehr als acht Stun-

den als stark beeinträchtigend zu bewerten ist.

Aus Gründen der gesundheitlichen Prävention und um die aus der Nacht- und Schichtarbeits-

forschung bekannten negativen Folgen zu vermeiden, sollte bei einem Arbeitsende nach 20 Uhr

die tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten.

Aus der Befragung der Auszubildenden ergibt sich, dass gerade freien Sonntagen eine beson-

dere Bedeutung zukommt, um eine ausreichende Erholung zu gewährleisten. Grundsätzlich

sind für junge Auszubildende komplett freie Wochenenden wichtig zur Erholung und Freizeit,

wie die Analyse der Befragungsergebnisse zeigt. Da es sich bei den Tagen des Wochenendes

jedoch in einigen Branchen um berufstypische Arbeitstage handelt, ist Arbeit an Samstagen und

Sonntagen dann zu erlauben, wenn ausbildungsrelevante Inhalte und berufsspezifische Ar-

beitszeiten erlernt bzw. erfahren werden sollen.

Voraussetzung ist aus Sicht der Studie jedoch, dass die weiteren Grundnormen des Jugendar-

beitsschutzgesetzes eingehalten werden. So müssen etwa Ersatzruhetage gewährt werden, um

eine Arbeitszeitmassierung mit ihren negativen Folgen, wie sie aus der Nacht- und Schichtar-

beitsforschung bekannt sind, zu vermeiden. Die Empfehlung lautet deshalb, verbindlich zu re-

geln, dass mindestens einmal im Monat ein Wochenende (Samstag und Sonntag) komplett und

zusätzlich mindestens ein weiterer Sonntag arbeitsfrei sein müssen .

Sind die täglichen Ruhezeiten häufig kürzer als die vom Jugendarbeitsschutzgesetz vorgege-

benen zwölf Stunden, zeigen sich negative Auswirkungen vor allem im gesundheitlichen Be-

reich (Müdigkeit, Kreislaufprobleme und auf einem niedrigen Niveau auch Magenprobleme).

Zudem wird die Zeit für viele Freizeitaktivitäten als zu gering eingestuft. Der Forschungsbericht

spricht daher die Empfehlung aus, eine tägliche Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden einzu-

halten.

In Bezug auf die Wochenarbeitszeit wird festgestellt, dass bei einer Arbeitszeit von mehr als 40

Stunden in der Woche negative Auswirkungen vor allem im Bereich Zufriedenheit, Schlaf, geis-

tige Fitness nach der Arbeit und Gesundheit auftreten. Auch die Zeit für Freizeitaktivitäten wird

als zu gering eingestuft. Um die aus der Nacht- und Schichtarbeitsforschung bekannten negati-

ven Effekte durch die Massierung von Arbeitszeiten zu vermeiden, wird daher empfohlen, eine

Wochenarbeitszeit von höchstens 40 Stunden einzuhalten. Ausnahmen werden nicht empfoh-

len.

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Bei Schichtzeiten von mehr als zehn Stunden zeigen sich nach der Studie negative Auswirkun-

gen in Bezug auf die Merkmale Anstrengung (hier werden Teildienste ausdrücklich genannt),

Zufriedenheit, Schlaf, geistige Fitness nach der Arbeit, gesundheitliche Beschwerden und Zeit

für Freizeit. Deshalb wird empfohlen, dass die Schichtzeiten zehn Stunden nicht überschreiten

sollten. Ausnahmen sollten nur gewährt werden, wenn ausbildungsrelevante Inhalte erlernt bzw.

berufsspezifische Arbeitszeiten erfahren werden sollen und gleichzeitig die sonstigen Schutz-

bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes strikt eingehalten werden.

In Bezug auf die Gestaltung der Ruhepausen lassen sich nach dem Forschungsbericht eindeu-

tig Auswirkungen auf Gesundheit, Schlaf sowie körperliche und geistige Fitness nach der Ar-

beit, aber auch auf verschiedene Zufriedenheitswerte sowie auf Zeit für Freizeit und Familie

belegen, wenn Ruhepausen nie oder selten eingehalten werden. Welche Folgen sich aus nur

geringfügigen Reduzierungen der gesetzlich vorgegebenen Pausenzeiten ergeben, kann auf-

grund der Datenlage nicht ermittelt werden. Der Forschungsbericht empfiehlt deshalb, von einer

Reduzierung der Pausenzeiten des Jugendarbeitsschutzgesetzes abzusehen. Außerdem soll-

ten spezielle Erhebungen zu diesem Thema durchgeführt werden.

2.4.1.3 Forschungsbericht „Arbeit in den frühen Morgenstunden“ (vorgelegt August 2010)

Das Forschungsvorhaben „Auswirkungen der Arbeit von Jugendlichen in den frühen Morgen-

stunden“ ist von AWiS-consult durchgeführt worden. Neben einer Auswertung von Unfallzahlen

werden am Beispiel der Beschäftigung Jugendlicher in Bäckereien und Konditoreien die Aus-

wirkungen einer Beschäftigung in den frühen Morgenstunden auf Gesundheit, physische und

psychische Entwicklung sowie soziale Integration von jugendlichen Auszubildenden untersucht.

Der Forschungsbericht ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil des Berichts analysiert anhand

von Unfallstatistiken der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung für die Auszubildenden

sowohl aus dem Gastronomiebereich als auch aus dem Bäcker- und Konditorhandwerk das

Unfallrisiko für verschiedene Wochentage, Tageszeiten und Arbeitsstunden. Den zweiten Teil

des Forschungsberichts bildet eine im Jahr 2009 durchgeführte Fragebogenuntersuchung.

Insgesamt ergibt die Analyse von Unfallrisiken für die Auszubildenden im Hotel- und Gaststät-

tengewerbe Unterschiede zwischen Jugendlichen und Erwachsenen. So haben Jugendliche vor

allem bei täglichen Arbeitszeiten von mehr als neun Stunden sowie bei einem Arbeitsende nach

24 Uhr ein höheres Unfallrisiko als Erwachsene. Aufgrund der Datenlage kann nicht hinreichend

belegt werden, wie sich das Unfallrisiko für Jugendliche bei einem Arbeitsende zwischen 21 Uhr

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und 24 Uhr entwickelt. Dazu wären Unfalldaten auf Stundenniveau notwendig, die nicht vorlie-

gen. Wegen der insgesamt schwachen Datenlage (die zur Verfügung stehenden Unfalldaten

beruhen auf einer Hochrechnung weniger Daten) können die Ergebnisse der Unfallanalysen

nicht für Empfehlungen herangezogen werden.

Der im Jahr 2009 durchgeführten Fragebogenuntersuchung lag eine Gesamtstichprobe von 275

Auszubildenden des Bäcker- und Konditoreihandwerks aus sechs Bundesländern zugrunde,

von denen rund 51 % unter 18 Jahre alt waren. Im Rahmen dieser empirischen Untersuchung

wurde eine Vielzahl von Überschreitungen der Grundnormen des Jugendarbeitsschutzgesetzes

festgestellt. Dies galt insbesondere in Bezug auf das Merkmal „Arbeitsbeginn“. So gaben 30 %

der Befragten unter 18-Jährigen an, an mindestens einem Tag in der Woche vor 4 Uhr mit der

Arbeit zu beginnen. Die Auswertung der von 71 befragten Jugendlichen erstellten Arbeitszeit-

dokumentation ergab außerdem, dass gut 35 % von ihnen im dokumentierten Zeitraum von

einer bzw. zwei Wochen einen Arbeitsbeginn vor 4 Uhr hatten. Die Auswertung der Arbeitszeit-

dokumentation zeigte darüber hinaus, dass die tägliche Arbeitszeit für einen Teil der Jugendli-

chen über dem gesetzlich Zugelassenen lag. So gaben 32,4 % der Jugendlichen an, im Zeit-

raum von einer bzw. zwei Wochen mindestens einmal länger als neun Stunden gearbeitet zu

haben.

Zusammenfassend kommt die Studie zu den folgenden Ergebnissen und Empfehlungen:

Bei einem Arbeitsbeginn ab 6 Uhr ergeben sich für die untersuchten Jugendlichen aus dem

Bäcker- und Konditorhandwerk wenig negative Auswirkungen. Ähnliches gilt im Hinblick auf

einen Arbeitsbeginn zwischen 4 und 6 Uhr. Trotzdem verweist der Forschungsbericht darauf,

dass die bei einem Arbeitsbeginn vor 6 Uhr enthaltenen Nachtarbeitsanteile und deren langfris-

tig negativen gesundheitlichen Auswirkungen nicht vernachlässigt werden dürfen. Diese negati-

ven Folgen, die aus der Nacht- und Schichtarbeitsforschung bekannt seien und aus einer ver-

kürzten Schlafzeit resultierten, müssten für Jugendliche grundsätzlich vermieden werden.

Liegt der Arbeitsbeginn vor 4 Uhr, ergeben sich deutliche negative Auswirkungen. Diese bezie-

hen sich hauptsächlich auf die Merkmale Anstrengung und Zufriedenheit. Aus Sicht der Studie

besonders kritisch zu betrachten sind die (wenn auch auf einem niedrigen Niveau) zu be-

obachtenden Magenprobleme der von einem Arbeitsbeginn vor 4 Uhr betroffenen Jugendlichen.

Zu beachten ist ferner, dass Beschwerden registriert werden konnten, obwohl die hier Befragten

erst wenige Monate unter den fraglichen Arbeitszeitbedingungen gearbeitet hatten.

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Hinsichtlich des Arbeitsbeginns kommt der Forschungsbericht insgesamt zu der Empfehlung,

dass ein Arbeitbeginn vor 6 Uhr nur dann erlaubt sein sollte, wenn ausbildungsrelevante Inhalte

und berufsspezifische Arbeitselemente erlernt bzw. erfahren werden sollen und die Grundnor-

men des Jugendarbeitsschutzgesetzes ansonsten eingehalten werden. Keinesfalls sollten Ju-

gendliche vor 4 Uhr mit der Arbeit beginnen.

Zur Dauer der täglichen Arbeitszeit: Sowohl bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu acht

Stunden als auch bei einer Arbeitszeitlänge zwischen acht und neun Stunden sind nach der

Studie nur wenige negative Auswirkungen zu verzeichnen. Vergleicht man hingegen eine tägli-

che Arbeitszeit bis zu acht Stunden mit Arbeitszeiten über acht Stunden, zeigen sich auch hier

bei den Jugendlichen Magenprobleme, wenn auch auf niedrigem Niveau. Diese gesundheitli-

chen Beschwerden sind aus der Nacht- und Schichtarbeitsforschung bekannt und sollten nach

der Studie sehr ernst genommen werden. Jugendliche leiden unter diesen typischen Beschwer-

den vor allem dann, wenn sie sehr früh mit der Arbeit beginnen und eine lange Arbeitszeit ha-

ben. Ab einer täglichen Arbeitszeit von mehr als neun Stunden sind deutlich negative Auswir-

kungen festzustellen, vor allem hinsichtlich der Merkmale Zufriedenheit und Schlafverhalten.

Zudem haben längere tägliche Arbeitszeiten eine direkte negative Auswirkung auf die tägliche

Ruhezeit. Aufgrund dieser Ergebnisse kommt die Studie zu dem Schluss, dass die tägliche Ar-

beitszeit bis zu neun Stunden betragen kann, jedoch nur in Ausnahmefällen und mit einem ent-

sprechenden zeitnahen Ausgleich auf durchschnittlich acht Stunden.

Die Auswertungen verschiedener Kombinationen von Arbeitsbeginn und Dauer der täglichen

Arbeitszeit konnte angesichts der Datenlage nur eingeschränkt durchgeführt werden. Nach der

Studie zeigt sich aber deutlich, dass eine Höchstdauer der täglichen Arbeitszeit von acht Stun-

den nur selten eingehalten wird, wenn die Arbeit vor 4 Uhr beginnt. Weiter ergibt sich, dass die

Kombination eines Arbeitsbeginns vor 4 Uhr und einer Dauer der Arbeitszeit, die acht Stunden

überschreitet, zu signifikanten Effekten im Hinblick auf die Merkmale Anstrengung, Zufrieden-

heit und Häufigkeit von Verletzungen führt. Entsprechende Arbeitszeiten sind deshalb nach der

Studie nicht nur als belastend, sondern auch als gefährdend zu bewerten. In diesem Zusam-

menhang wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Einhaltung der Grundnormen des Ju-

gendarbeitsschutzgesetzes verlässlich zu überprüfen.

Nach dem Forschungsbericht sollte bei einem Arbeitsbeginn vor 6 Uhr mit seinen Nachtschicht-

anteilen wie bei einem Arbeitsende nach 20 Uhr (vgl. S. 23) im Sinne eines präventiven Ge-

sundheitsschutzes für Jugendliche die tägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten.

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Zur Arbeit am Wochenende: Es wird anerkannt, dass es sich in Bezug auf den Samstag und

zum Teil auch in Bezug auf den Sonntag um berufstypische Arbeitstage im Bäckerei- und Kon-

ditoreigewerbe handelt. Gleichzeitig sollte das mit einer Arbeitszeitmassierung verbundene Ri-

siko für die betroffenen Jugendlichen durch die zeitnahe Gewährleistung von Ersatzruhetagen

eingeschränkt werden. Der Forschungsbericht empfiehlt in diesem Zusammenhang, einmal im

Monat ein komplett freies Wochenende, bestehend aus Samstag und Sonntag, zusätzlich zu

einem weiteren freien Sonntag verbindlich zu regeln.

Hinsichtlich der täglichen Ruhezeit von zwölf Stunden kommt der Forschungsbericht zu dem

Ergebnis, dass diese im Bäckerei- und Konditoreigewerbe weniger häufig unterschritten wird als

im Hotel- und Gaststättengewerbe. Angesichts der Bedeutung der täglichen Ruhezeit für die

Vermeidung von Überanstrengung, die Zufriedenheit und vor allem die körperliche und geistige

Fitness nach der Arbeit wird allgemein empfohlen, dass die tägliche Ruhezeit mindestens zwölf

Stunden lang sein sollte. Branchenbezogene Ausnahmen seien nicht zu empfehlen.

Bei einer Wochenarbeitszeit von bis zu 40 Stunden klagen die Jugendlichen nach dem For-

schungsbericht signifikant weniger über Magenprobleme als bei einer längeren Wochenarbeits-

zeit, auch wenn die Anzahl dieser gesundheitlichen Beschwerden insgesamt gering ist. Der

Forschungsbericht kommt in diesem Zusammenhang auch zu dem Schluss, dass bei einer Wo-

chenarbeitszeit von mehr als 40 Stunden zu wenig Zeit für die Freizeitaktivitäten der Jugendli-

chen bleibt. Um die aus der Nacht- und Schichtarbeit bekannten negativen Effekte durch die

Massierung von Arbeitszeit mit ihren negativen Folgen zu verhindern, empfiehlt der For-

schungsbericht daher allgemein, dass die wöchentliche Arbeitszeit nicht mehr als 40 Stunden

betragen soll; Ausnahmen hiervon seien nicht zu empfehlen.

Obwohl die Schichtzeit im Bäcker- und Konditorhandwerk nach dem Jugendarbeitsschutzge-

setz nicht länger als zehn Stunden sein darf, kommt es zu weniger Überschreitungen der

Schichtzeit als im Hotel- und Gaststättengewerbe (Schichtzeit hier bis zu zwölf Stunden). Der

Forschungsbericht empfiehlt, dass Schichtzeiten nicht länger als zehn Stunden sein sollten,

obwohl Ausnahmen von dieser begrenzten Schichtzeit nicht ausgeschlossen werden. Durch

diese Begrenzung ließen sich negative Auswirkungen durch eine Arbeitszeitmassierung und

damit zusammenhängende reduzierte Ruhezeiten vermeiden.

Im Hinblick auf die Ruhepausen kommt der Forschungsbericht nur zu eingeschränkten Ergeb-

nissen. Jedenfalls lasse sich zeigen, dass negative Effekte hinsichtlich der Merkmale jobbezo-

gene Zufriedenheit, Gesundheit, Schlaf und Häufigkeit von Verletzungen auftreten, wenn Ruhe-

pausen nie oder selten eingehalten werden. Die Ergebnisse des Forschungsberichts lassen je-

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denfalls den Schluss nicht zu, dass Ruhepausen abweichend von den bestehenden Vorgaben

des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne gesundheitliche Risiken für die Jugendlichen reduziert

werden können. Die Durchführung speziellerer Erhebungen zu diesem Thema wird empfohlen.

2.5 Die Ausbildungssituation Jugendlicher, insbesondere im Gastgewerbe

Die Arbeitsgruppe hat auch die Frage thematisiert, ob Änderungen des Jugendarbeitsschutzge-

setzes erforderlich sind, um die Ausbildungs- und Beschäftigungschancen junger Menschen zu

verbessern.

Im Jahr 2009 befanden sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 1.572.800 Perso-

nen in einer Berufsausbildung. Nach dem BIBB waren darunter rund 230.000 Jugendliche (je-

weils Stichtag: 31. Dezember 2009). Laut Statistik des DIHK wurden rund 96.000 Personen in

einem der sechs Ausbildungsberufe des Gastgewerbes ausgebildet.

Nach dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) herausgegebenen Be-

rufsbildungsbericht 2010 wurden im Ausbildungsjahr 2008/2009 (Stichtag: 30. September)

566.000 neue Ausbildungsverträge geschlossen.2 Knapp 40.000 davon entfielen laut DIHK auf

das Gastgewerbe.

Das Hotel- und Gaststättengewerbe ist eine Branche, in der in erheblichem Maße Jugendliche

ausgebildet werden. Nach Angaben des BIBB wurden im Ausbildungsjahr 2008/2009 5.055

neue Ausbildungsverträge für den Ausbildungsberuf Koch/Köchin mit Auszubildenden unter 18

Jahren abgeschlossen (31,2 % aller in diesem Jahr für diesen Beruf abgeschlossenen Ausbil-

dungsverträge). Bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen zum/zur Restaurantfach-

mann/-frau bzw. Hotelfachmann/-frau waren es 1.653 Auszubildende (24,1 %) bzw. 2.952 Aus-

zubildende (23,8 %). Niedriger lag der Anteil der auszubildenden Jugendlichen in den Berufen

Fachkraft im Gastgewerbe (18,6 %), Fachmann/-frau für Systemgastronomie (11,0 %), Hotel-

kaufmann/-frau (6,8 %).

Insgesamt ist die Anzahl der Ausbildungsverträge zurückgegangen. Nach dem Berufsbildungs-

bericht 2010 wurden im Jahr 2009 8,2 % Ausbildungsverträge weniger abgeschlossen als 2008.

2Die Arbeitsgruppe hat sich bei ihrer Arbeit auf den Berufsbildungsbericht 2010 gestützt. Inzwischen hat

das BMBF den Berufsbildungsbericht 2011 veröffentlicht, der gegenüber dem Vorjahr keine Tendenz-änderungen aufzeigt.

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Als Folge der demographischen Veränderungen ist das Gesamtangebot an Ausbildungsplätzen

größer als die Gesamtzahl der Bewerber. In vielen Berufen können demnach Ausbildungsplätze

nicht besetzt werden. Der Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2010 zeigt, dass die für das

Gastgewerbe relevanten Berufe zu den zehn Berufen mit dem höchsten Anteil an unbesetzten

Ausbildungsplätzen gehören. (Fachmann/-frau für Systemgastronomie 15,1 % - Rang 1 - und

Restaurantfachmann/-frau 13,8 % - Rang 2 -; Fachkraft im Gastgewerbe 9,4 % - Rang 6 - und

Koch/Köchin 8,2 % - Rang 8). In der Summe stehen in den genannten Berufen 28.304 ange-

botenen Ausbildungsplätzen 2.875 unbesetzte Stellen gegenüber. Nach der Statistik der Bun-

desagentur für Arbeit (Berichtsjahr September 2009 bis August 2010) ist das Angebot an Aus-

bildungsplätzen im Gastgewerbe um ein Drittel höher als die Nachfrage. Insgesamt stehen

29.193 Bewerber 44.641 Stellen gegenüber.

Die Expertise des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) „Betriebliche Berufsaus-

bildung und Weiterbildung in Deutschland“ vom Dezember 2009 zeigt, dass das Gastgewerbe

bereits mehr als alle anderen untersuchten Branchen ausbildet. Die Ausbildungsquote lag im

Gastgewerbe bei 12 % im Jahr 2008 (gegenüber 9 % im Jahr 2000), bei einer durchschnittli-

chen Ausbildungsquote von 6 % in allen untersuchten Branchen. Damit korrespondierend ist die

Zahl der Betriebe im Gastgewerbe, die trotz Ausbildungsberechtigung nicht ausbilden, deutlich

zurückgegangen (von 58 % im Jahr 2000 auf 39 % im Jahr 2008). Von allen untersuchten

Branchen erreicht das Gastgewerbe den drittniedrigsten Wert in der Kategorie Ausbildungsin-

aktivität.

Das gleiche Bild ergibt sich aus dem Bericht „Ausbildung 2010“ des DIHK, der die Ergebnisse

einer Online-Befragung von über 15.000 Unternehmen im Februar 2010 zusammenfasst. Da-

nach gehört das Gastgewerbe, zusammen mit der Banken- und Versicherungsbranche, zu den

Wirtschaftszweigen, die ihr Ausbildungsangebot am stärksten ausgeweitet haben. Gleichzeitig

hatte das Gastgewerbe 2009 im Branchenvergleich mit Abstand die größten Probleme, die vor-

handenen Ausbildungsplätze zu besetzen. 2009 gaben 43 % aller befragten Arbeitgeber im

Gastgewerbe (53 % in Ostdeutschland) an, ihre Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen

zu können. 2006 lag dieser Anteil noch bei 21 %. Nach dem DIHK-Bericht werden sich die Be-

setzungsprobleme mit dem branchenübergreifenden Angebot an freien Stellen weiter verstär-

ken. Als Grund hierfür werden auch die teilweise unregelmäßigen Arbeitszeiten im Gastge-

werbe genannt.

Nach dem DGB-Ausbildungsreport 2010 sind die Gründe für das Missverhältnis von Ausbil-

dungsplätzen und Bewerbern im Gastgewerbe in den Arbeitsbedingungen der Branche zu su-

chen. Dem DGB-Ausbildungsreport liegt eine schriftliche Befragung von 7.317 Auszubildenden

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aus den 25 am stärksten frequentierten Ausbildungsberufen zur Qualität der Ausbildung

zugrunde. In der Gesamtbewertung belegen die für das Gastgewerbe einschlägigen Berufe den

25. (Restaurantfachmann/-frau), den 24. (Hotelfachmann/-frau) und den 14. Rang

(Koch/Köchin). Aus Sicht der befragten Auszubildenden ist die Qualität der Ausbildung in den

einschlägigen Berufen des Gastgewerbes mit am schlechtesten. Besonders negativ für die Be-

rufe des Gastgewerbes fallen die Angaben zu Arbeitszeiten / Überstunden aus. Nach dem Aus-

bildungsreport leisten 40,2 % aller befragten Auszubildenden regelmäßig Überstunden. Davon

besonders betroffen sind die Auszubildenden im Gastgewerbe. So geben 65,9 % aller befragten

Restaurantfachleute und 69,4 % der befragten Hotelfachleute an, regelmäßig Überstunden ab-

zuleisten. Bei den angehenden Köchen sind es 65,4 %.

Die Angaben im Ausbildungsreport zur Arbeitszeit der Auszubildenden im Gastgewerbe werden

gestützt von den Ergebnissen des Forschungsprojekts „Auswirkungen der Arbeit von Jugendli-

chen am Abend und in den Nachtstunden“ (siehe oben, S. 20 ff.). Auch die AWiS-Studie zeigt,

dass Überstunden im Gastgewerbe der Regelfall sind. So geben lediglich 14,6 % aller Befrag-

ten an, keine Überstunden zu leisten (15,3 % der unter 18-Jährigen). Und 36,3 % (bei den unter

18-Jährigen: 32,2 %) geben an, keinen Ausgleich für die geleisteten Überstunden - weder in

Freizeit noch finanziell - zu erhalten. Darüber hinaus arbeitet mehr als ein Viertel der unter 18-

Jährigen (26,8 %) mindestens ein Mal wöchentlich länger als 22 Uhr. Auf die hohe zeitliche Ar-

beitsbelastung im Gastgewerbe weist auch die Tatsache hin, dass 37 % der unter 18-Jährigen

angeben, dass sie häufig bzw. immer kürzere Ruhezeiten als die gesetzlich für Jugendliche

vorgeschriebenen 12 Stunden haben.

Der DGB-Ausbildungsreport 2010 zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Zufrie-

denheit mit der Ausbildung und den geleisteten Überstunden. So geben 80,5 % der Befragten,

die mit ihrer Ausbildung sehr zufrieden sind, an, keine Überstunden leisten zu müssen. Umge-

kehrt gehören 68,8 % der Befragten, die mit ihrer Ausbildungssituation sehr unzufrieden sind,

zu der Gruppe von Auszubildenden, die regelmäßig Überstunden leisten muss. Je mehr Über-

stunden geleistet werden, desto unzufriedener mit der Ausbildung sind demnach die Auszubil-

denden.

Nach den Ergebnissen einer Befragung des BIBB aus dem Jahr 2002 liegen die Gründe für

eine vorzeitige Auflösung des Ausbildungsvertrages für die meisten Befragten (70 %) in der be-

trieblichen Sphäre, wozu auch ungünstige Arbeitszeiten zählen. Es ist deshalb davon auszuge-

hen, dass eine Korrelation besteht zwischen der Ableistung von Überstunden und der daraus

resultierenden Unzufriedenheit mit der Ausbildung einerseits und dem Abbruch der Ausbildung

andererseits. Nach dem Berufsbildungsbericht der Bundesregierung 2010 wurden im Jahr 2008

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bundesweit 21,5 % aller Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. In allen Berufen des Gastgewer-

bes lagen die Vertragslösungsquoten im Jahr 2008 (zum Teil deutlich) über dem Durchschnitt.

Für Restaurantfachleute lag die Quote bei 45,3 %, für Köche bei 43,8 %, für Fachkräfte im

Gastgewerbe bei 42,4 %, für Fachleute für Systemgastronomie bei 34,6 %, für Hotelfachleute

bei 33,7 % und für Hotelkaufleute bei 26 %. Es ist nicht auszuschließen, dass die weit über dem

Durchschnitt liegende Zahl an Ausbildungsabbrüchen im Gastgewerbe auch mit den als un-

günstig empfundenen Arbeitszeiten der Branche zusammenhängt. Neben der bereits zu gerin-

gen Zahl an Bewerbern leistet die hohe Abbrecherquote einen Beitrag dazu, dass die beste-

henden Ausbildungsplätze im Gastgewerbe im großen Umfang nicht besetzt werden können.

Die Vermutung liegt nahe, dass das festgestellte Missverhältnis von Ausbildungsplätzen und

Bewerbern im Gastgewerbe auch mit den Arbeitsbedingungen - und hier insbesondere mit den

Arbeitszeiten - der Branche zusammenhängt. Eine Flexibilisierung des Jugendarbeitsschutzge-

setzes würde nach Einschätzung der Arbeitsgruppe an diesem Missverhältnis nichts ändern. Im

Gegenteil ist nicht auszuschließen, dass etwa bei einer gesetzlich erlaubten Ausdehnung der

Arbeitszeit in die Abend- und Nachtstunden noch weniger Jugendliche als bisher eine Ausbil-

dung im Gastgewerbe anstreben würden.

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3 Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe empfiehlt, aus fachlichen Gründen nachfolgende Änderungen

am Jugendarbeitsschutzgesetz vorzunehmen. Die Empfehlungen beruhen auf einem einstim-

migen oder mehrheitlichen Votum der Mitglieder der Arbeitsgruppe.

Die Arbeitsgruppe hat über den gesamten Zeitraum ihrer Tätigkeit die an sie herangetragenen

Änderungsvorschläge zum Jugendarbeitsschutzgesetz von Verbänden, aus der Wissenschaft

und von Einzelpersonen in ihre Beratungen mit einbezogen.

3.1 Aufbau und Sprache des Jugendarbeitsschutzgesetzes

Die Unterarbeitsgruppe „Rechtssprache“ hat, wie bereits ausgeführt (siehe oben, S. 12 f.), For-

mulierungsvorschläge für das gesamte Jugendarbeitsschutzgesetz erarbeitet, um die Vor-

schriften anwenderfreundlicher zu gestalten. Die folgenden Empfehlungen der Bund-Länder-Ar-

beitsgruppe beruhen auf diesen Vorarbeiten.

3.1.1 Aufbau

Bei zentralen Vorschriften sollte - soweit möglich - das Regel-Ausnahme-Prinzip stärker her-

ausgearbeitet werden. Beispiel: Das Verbot der Kinderarbeit wird in einem eigenen Paragrafen

festgelegt, die Ausnahmen von diesem Grundsatz sind dann in weiteren Paragrafen aufzufüh-

ren.

Begriffsdefinitionen mit wesentlicher Bedeutung (z. B. „Kinder“, „Jugendliche“, „Arbeitgeberin-

nen und Arbeitgeber“, „Arbeitszeit“, „Woche“, „Aufsichtsbehörde“) sollten am Anfang des Ge-

setzes zusammengefasst werden.

Bei der Struktur des Gesetzes sollte der Grundsatz „Generalität vor Spezialität“ stärker berück-

sichtigt werden. Entsprechend sollten die Grundpflichten der Arbeitgeberin bzw. des Arbeitge-

bers , wie die menschengerechte Gestaltung der Arbeit, die Beurteilung der Arbeitsbedingun-

gen und die Unterweisung über Gefahren (vgl. §§ 28 bis 29 JArbSchG) an zentraler Stelle im

Gesetz geregelt werden.

Die Vorschriften zur Beschäftigung vollzeitschulpflichtiger Jugendlicher, die bisher im Abschnitt

„Beschäftigung von Kindern“ enthalten sind, sollten im Abschnitt über die Beschäftigung Ju-

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gendlicher geregelt werden. Damit soll einfacher erfassbar sein, welche Regelungen für Ju-

gendliche gelten. Die bisherige Verweisung wird als nicht ausreichend transparent angesehen.

Die Regelungen der Kinderarbeitsschutzverordnung vom 23. Juli 1998 zu den für Kinder zuläs-

sigen Tätigkeiten sollten, zur besseren Übersichtlichkeit, in die gesetzlichen Vorschriften zu den

Ausnahmen vom Verbot der Kinderarbeit integriert werden. Die Kinderarbeitsschutzverordnung

könnte dann aufgehoben werden.

Die Verordnung über das Verbot der Beschäftigung von Personen unter 18 Jahren mit sittlich

gefährdenden Tätigkeiten vom 3. April 1964, die Beschäftigungsverbote für weibliche Jugendli-

che enthält, sollte aufgehoben werden. Die in ihr enthaltenen Beschäftigungsverbote werden

inhaltlich von den §§ 14 Abs. 7, 22 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG abgedeckt, deren Regelungen zu-

sammengeführt werden sollten, etwa in § 22 JArbSchG.

Zur Verbesserung der Übersichtlichkeit des Gesetzes sollten auch die verschiedenen über das

Jugendarbeitsschutzgesetz verteilten Verordnungsermächtigungen in einer Norm zusammen-

gefasst werden. Im Übrigen könnten bei einer Umsetzung der inhaltlichen Änderungsempfeh-

lungen (siehe unten, S. 38 ff.) als Folgeänderungen einzelne Verordnungsermächtigungen ent-

fallen (§§ 21b, 26 JArbSchG).

§ 46 Abs. 2 Nr. 2a JArbSchG, der festlegt, dass die Landesregierung durch Rechtsverordnung

zur Vereinfachung der Abrechnung Pauschbeträge für die Untersuchungen im Rahmen der

geltenden Gebührenordnungen festsetzen kann, sollte gestrichen werden. Die Kosten für die

ärztlichen Untersuchungen werden nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) abgerechnet.

Darüber hinaus besteht für die Festsetzung eines Pauschbetrages für die Kosten der ärztlichen

Untersuchungen nach Auffassung der Arbeitsgruppe kein Raum.

Weiter kann die Regelung entfallen, die es der Landesregierung ermöglicht, durch Rechtsver-

ordnung die Aufsicht über die Ausführung der Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes

in Familienhaushalten auf gelegentliche Prüfungen zu beschränken. Angesichts der Anzahl der

Familienhaushalte sind mehr als gelegentliche Prüfungen ohnehin nicht durchführbar. Im Übri-

gen legen die Aufsichtsbehörden Art und Umfang ihrer Prüfungen selbst fest.

Weiter könnte auch § 60 JArbSchG aufgehoben werden, wonach der „Bundesminister für Arbeit

und Sozialordnung“ mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften für

die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten erlassen kann. Von der Ermächtigung

wurde in der Vergangenheit kein Gebrauch gemacht und es ist nicht absehbar, dass dies in Zu-

kunft der Fall sein wird.

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3.1.2 Sprache

Die Arbeitsgruppe empfiehlt eine sprachliche Überarbeitung der Vorschriften des Jugendar-

beitsschutzgesetzes, die insbesondere darauf abzielt, die Verständlichkeit des Gesetzes zu er-

höhen. Die Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes sollen in erster Linie von denjeni-

gen leichter erfasst und verstanden werden können, die direkt von ihnen betroffen sind: Die Ju-

gendlichen, die Arbeitgeber und die Personensorgeberechtigten (Anwenderfreundlichkeit, Ad-

ressatenorientierung).

3.1.2.1 Verständlichkeit der Regelungen

Umständliche Formulierungen sollten vermieden werden. So sollte eine Formulierung wie

„Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, finden die für Kinder geltenden Vor-

schriften Anwendung.“ (§ 2 Abs. 3 JArbSchG)

ersetzt werden durch:

„Wenn Jugendliche noch vollzeitschulpflichtig sind, gelten für sie die Vorschriften für Kinder.“

Außerdem sollten die Vorschriften klarer gegliedert werden. Ein Satz wie

„Die Kinder dürfen nicht mehr als zwei Stunden täglich, in landwirtschaftlichen Familienbetrieben

nicht mehr als drei Stunden täglich, nicht zwischen 18 und 8 Uhr, nicht vor dem Schulunterricht

und nicht während des Schulunterrichts beschäftigt werden.“ (§ 5 Abs. 3 Satz 3 JArbSchG)

sollte entsprechend ersetzt werden durch folgende Formulierung:

„Die Kinder dürfen nicht beschäftigt werden

1. mehr als zwei Stunden täglich,

2. zwischen 18 und 8 Uhr,

3. vor und während des Schulunterrichts.“ (zu der inhaltlichen Änderung - Streichung der

Regelung bezüglich der landwirtschaftlichen Familienbetriebe - siehe unten, S. 40).

Im Übrigen sollte im Rahmen von Aufzählungen das maßgebliche Verb vorangestellt werden.

Ein Beispiel ist die Regelung des § 7 Satz 1 JArbSchG. Bislang lautet diese Regelung:

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„Kinder, die der Vollzeitschulpflicht nicht mehr unterliegen, dürfen

1. im Berufsausbildungsverhältnis,

2. außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses nur mit leichten und für sie geeigneten Tätig-

keiten bis zu sieben Stunden täglich und 35 Stunden wöchentlich

beschäftigt werden.“

Die Änderungsempfehlung der Arbeitsgruppe, die auch eine inhaltliche Klarstellung zum Min-

destalter der betroffenen Kinder beinhaltet (siehe dazu unten, S. 43 f.) lautet:

„Kinder, die 14 Jahre alt und nicht mehr vollzeitschulpflichtig sind, dürfen nur wie folgt beschäf-

tigt werden:

1. in einem Berufsausbildungsverhältnis oder

2. außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses, wobei die Tätigkeit

a) leicht und für sie geeignet sein muss,

b) höchstens sieben Stunden täglich betragen und

c) höchstens 35 Stunden wöchentlich dauern darf.“

3.1.2.2 Einsatz von Tabellen

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe empfiehlt bei einer Gesetzesänderung zu prüfen, ob Paragra-

fen, die Aufzählungen enthalten, durch das Benutzen der Tabellenform übersichtlicher gestaltet

werden können, sofern dies rechtsförmlich zulässig ist. Diskutiert wurde diese Darstellungsform

insbesondere in Bezug auf § 21a JArbSchG, der Möglichkeiten für das Abweichen von ver-

schiedenen Grundnormen des Gesetzes insbesondere auf tarifvertraglicher Grundlage auflistet.

Das Bundesministerium der Justiz ist aus Gründen der Rechtsförmlichkeit zurückhaltend ge-

genüber dem Einsatz von Tabellen in Gesetzestexten. Es hält sie aber für möglich, wenn die

Tabelle nicht mehr als eine Seite umfasst und die Tabellenform deutlich verständlicher und an-

wenderfreundlicher ist.

3.1.2.3 Gendering

Um dem Prinzip der Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der Gesetzgebung

auch auf sprachlicher Ebene Rechnung zu tragen, sollten Formulierungen gewählt werden, die

sowohl die männliche als auch die weibliche Form erfassen (Gendering).

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Um im Rahmen des Gendering Doppelungen zu vermeiden, empfiehlt die Arbeitsgruppe die

Verwendung geschlechtsneutraler Begriffe oder die Verwendung des geschlechtsneutralen Plu-

rals.

Z. B. sollte der Begriff „Fachkundiger“ (vgl. § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 2 und § 24 Abs. 2 JArbSchG)

durch den Begriff „fachkundige Person“ ersetzt werden. Statt in § 9 Abs. 1 Satz 2 JArbSchG zu

formulieren: „Er darf den Jugendlichen nicht beschäftigen“, sollte es etwa heißen: „Sie dürfen

Jugendliche nicht beschäftigen.“ In Betracht kommt auch eine Umschreibung oder eine passivi-

sche Bezeichnung, etwa „ärztliche Untersuchung“ statt „Untersuchung durch einen Arzt oder

eine Ärztin (§ 38 JArbSchG) oder „von ärztlicher Seite soll“ statt „der Arzt oder die Ärztin soll“

(§ 35 Abs. 1 JArbSchG).

Bietet sich eine solche Lösung nicht an, empfiehlt die Arbeitsgruppe, sowohl die männliche als

auch die weibliche Form zu verwenden. So sollte etwa § 3 JArbSchG, der bisher lautet „Arbeit-

geber im Sinne dieses Gesetzes ist, wer ein Kind oder einen Jugendlichen gemäß § 1 beschäf-

tigt“ wie folgt umformuliert werden: „Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen im Sinne dieses Geset-

zes sind natürliche oder juristische Personen, die Kinder oder Jugendliche gemäß § 1 beschäf-

tigen.“ Gleiches gilt etwa auch für „Berufsschüler und Berufsschülerinnen“ (vgl. § 19 Abs. 3

JArbSchG).

3.1.2.4 Begriffliche Änderungen

Einzelne Begriffe, die im Jugendarbeitsschutzgesetz verwandt werden, sind inzwischen veraltet,

entsprechen nicht mehr dem Sprachgebrauch oder sind aus Sicht der Praxis missverständlich

und sollten nach Auffassung der Arbeitsgruppe deshalb ersetzt werden.

Z. B. sollte die Formulierung „bei Aufnahmen (…) auf Ton- und Bildträger sowie bei Film- und

Fotoaufnahmen“ (§ 6 Abs. 1 Nr. 2, § 14 Abs. 7 Satz 1 und § 16 Abs. 1 Nr. 7 JArbSchG) ersetzt

werden durch „bei Ton-, Film- und Fotoaufnahmen“. Damit werden auch die Aufnahmen auf

Ton- und Bildträger erfasst.

Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) be-

nutzt nicht den Begriff „Behinderte“, sondern spricht von „behinderten Menschen“. Entspre-

chend sollte auch in § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe d JArbSchG von „Einrichtungen zur Eingliede-

rung behinderter Menschen“ die Rede sein, anstatt, wie bisher, von „Einrichtungen zur Einglie-

derung Behinderter“.

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3.2 Aktualisierungen aufgrund des geänderten Rechtsrahmens

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe empfiehlt Aktualisierungen wegen des geänderten rechtlichen

Rahmens. Dabei geht es insbesondere um die folgenden Vorschriften:

In § 22 JArbSchG, der ein Beschäftigungsverbot in Bezug auf gefährliche Arbeiten regelt,

sollten die Verweise auf die Richtlinie 90/679/EWG des Rates vom 26. November 1990 zum

Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe gestrichen und

durch den Verweis auf die Biostoffverordnung (Absatz 1 Nr. 7) bzw. deren Diktion („gezielte

Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppen 3 und 4 im Sinne der Biostoff-

verordnung“ - Absatz 2 Satz 1) ersetzt werden. Die Richtlinie 90/679/EWG wurde durch die

Biostoffverordnung vom 27. Januar 1999 umgesetzt.

In § 22 Abs. 1 Nr. 6 sollte auch der Begriff „Chemikaliengesetz“ durch den Begriff „Gefahr-

stoffverordnung“ ersetzt werden. Die neue Gefahrstoffverordnung vom 26. November 2010

enthält in § 2 eine eigene Definition der Gefahrstoffe, auf die verwiesen werden sollte.

Statt des Begriffs „Erschütterungen“ (§ 22 Abs. 1 Nr. 5 JArbSchG) sollte entsprechend der

Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 6. März 2007 der Begriff „Vibrationen“

verwendet werden.

§ 22 Abs. 3 JArbSchG, der festlegt, dass bei Beschäftigung von Jugendlichen in Betrieben,

für die ein Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit verpflichtet ist, die betriebs-

ärztliche oder sicherheitstechnische Betreuung dieser Jugendlichen sichergestellt sein

muss, kann gestrichen werden. Die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung

von Arbeitnehmern richtet sich nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG). Der im ASiG

verwendete Arbeitnehmerbegriff ist - entsprechend den europarechtlichen Vorgaben - weit

zu verstehen und umfasst auch die in den Betrieben beschäftigten Jugendlichen, die keine

Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer im Sinne des deutschen Arbeitsrechts sind.

Obwohl § 25 Abs. 1 Nr. 5 JArbSchG auf das Gesetz über die Verbreitung jugendgefährden-

der Schriften (JgefSchrG) verweist, das zum 1. April 2003 außer Kraft getreten ist, kann die-

ser Verweis nicht entfallen. Es sind nach wie vor Fallkonstellationen denkbar, wonach Per-

sonen rechtskräftig nach diesem außer Kraft getretenen Gesetz verurteilt worden sind und

die Frist von fünf Jahren nach Rechtskraft der Verurteilung (siehe § 25 Abs. 1 Satz 2

JArbSchG) noch nicht verstrichen ist, weil etwa Zeiten der Anstaltsverwahrung (z. B. in

einem psychiatrischen Krankenhaus) nach § 25 Abs. 1 Satz 3 JArbSchG bei der Fristbe-

rechnung nicht berücksichtigt werden.

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§ 31 Abs. 2 Satz 2 JArbSchG enthält ein Verbot, an Jugendliche unter 16 Jahren Tabakwa-

ren zu geben. Angesichts von § 10 Abs. 1 Jugendschutzgesetz, wonach in Gaststätten,

Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit Tabakwaren an Kinder und Jugendliche we-

der abgegeben noch ihnen das Rauchen gestattet werden darf, sollte die Regelung dahin-

gehend geändert werden, dass die Abgabe von Tabakwaren an Jugendliche generell nicht

gestattet ist.

In § 51 Abs. 3 JArbSchG, der eine Regelung zu den Jahresberichten der Aufsichtsbehörden

enthält, sollte nicht, wie bislang, auf § 139b Abs. 3 Gewerbeordnung, sondern auf § 23

Abs. 4 Arbeitsschutzgesetz verwiesen werden.

Nach § 52 JArbSchG ist die Aufsichtsbehörde durch die ausstellende Behörde über die Aus-

stellung von Lohnsteuerkarten an Kinder zu unterrichten. Nach Rückmeldung aus der Praxis

läuft diese Vorschrift ins Leere. Sie wird im Zuge der Einführung der sog. elektronischen

Lohnsteuerkarte (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie

zur Änderung steuerrechtlicher Vorschriften) entfallen.

Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung erübrigt sich eine - angesichts der Einführung der

„elektronischen Lohnsteuerkarte“ ansonsten notwendige - Neuregelung des Unterrichtungs-

verfahrens und es wird gleichzeitig ein Beitrag zum Bürokratieabbau geleistet.

3.3 Empfehlungen zu Regelungsinhalten

Die Arbeitsgruppe empfiehlt aus fachlichen Gründen die folgenden inhaltlichen Änderungen.

3.3.1 Geltungsbereich

Gesetzliche Regelung:

Das Jugendarbeitsschutzgesetz gilt nach § 1 JArbSchG für die Beschäftigung von Personen,

die noch nicht 18 Jahre alt sind, in der Berufsausbildung, als Arbeitnehmer oder Heimarbeiter,

mit sonstigen Dienstleistungen, die der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern oder Heimarbeitern

ähnlich sind und in einem der Berufsausbildung ähnlichen Ausbildungsverhältnis.

Änderungsempfehlung:

Es sollte klargestellt werden, dass auch Praktikantinnen und Praktikanten in den Geltungsbe-

reich des Jugendarbeitsschutzgesetzes einbezogen sind.

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Hintergrund:

Obwohl Praktika bereits nach geltendem Recht grundsätzlich in den Geltungsbereich des Ju-

gendarbeitsschutzgesetzes fallen (entweder nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 JArbSchG als „ein der Be-

rufsausbildung ähnliches Ausbildungsverhältnis“ oder gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 JArbSchG als

„sonstige Dienstleistungen, die der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern ähnlich sind“), wird eine

ausdrückliche Klarstellung befürwortet. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Praktika

für den Berufseinstieg sollen dadurch eventuelle Zweifel über die Anwendbarkeit des Jugendar-

beitsschutzgesetzes vermieden werden.

Eine Ausweitung des Geltungsbereichs des Jugendarbeitsschutzgesetzes z. B. auf Erwachsene

bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres wird von der Arbeitsgruppe nicht empfohlen. Kinder

und Jugendliche haben im Rahmen ihrer Beschäftigung einen besonderen Bedarf an staatli-

chem Schutz. Auf diesen Schutz konzentriert sich das Jugendarbeitsschutzgesetz in Überein-

stimmung mit den europäischen Vorgaben der Jugendarbeitsschutzrichtlinie.

3.3.2 Beschäftigung von Kindern und vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen

3.3.2.1 Erlaubte Tätigkeiten für vollzeitschulpflichtige Jugendliche

Gesetzliche Regelung:

Nach § 5 JArbSchG ist die Beschäftigung von Kindern (Personen, die noch nicht 15 Jahre alt

sind) verboten. Das gleiche gilt gemäß § 2 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 JArbSchG für vollzeit-

schulpflichtige Jugendliche. Eine Ausnahme hiervon lässt das Jugendarbeitsschutzgesetz für

über 13-Jährige und vollzeitschulpflichtige Jugendliche dann zu, wenn die Personensorgebe-

rechtigten einwilligen und wenn die Beschäftigung leicht und für Kinder geeignet ist (die ge-

nauen Kriterien und die konkreten Tätigkeiten - z. B. die Betreuung von Kindern und Nachhilfe-

unterricht - werden in der Kinderarbeitsschutzverordnung näher bestimmt). In diesen Fällen

dürfen Kinder und vollzeitschulpflichtige Jugendliche bis zu zwei Stunden täglich in der Zeit von

8 bis 18 Uhr - allerdings nicht vor und während des Schulunterrichts - beschäftigt werden.

Änderungsempfehlung:

Vollzeitschulpflichtige Jugendliche sollten nicht nur die für Kinder zugelassenen Tätigkeiten

ausüben dürfen, sondern jede leichte und für sie geeignete Tätigkeit innerhalb des bestehenden

Zeitrahmens.

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Hintergrund:

Eine Differenzierung der für Kinder und für vollzeitschulpflichtige Jugendliche erlaubten Tätig-

keiten ist nach Auffassung der Arbeitsgruppe wegen des unterschiedlichen Entwicklungsstands

von über und unter 15-Jährigen sachgerecht. In den Ferien dürfen vollzeitschulpflichtige Ju-

gendliche ohnehin alle für Jugendliche zulässigen Tätigkeiten ausüben. Mit der Änderung

würde vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen - anders als Kindern - die Möglichkeit offen stehen,

auch außerhalb der Ferienzeiten etwa einer Beschäftigung im gewerblichen Bereich nachzuge-

hen (dies ist nach der Kinderarbeitsschutzverordnung bis auf eine Ausnahme - Austragen von

Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblättern und Werbeprospekten - ausgeschlossen). Erfahrun-

gen aus der Praxis zeigen, dass die geltenden Vorschriften auf wenig Akzeptanz stoßen, wo-

nach vollzeitschulpflichtige Jugendliche im gewerblichen Bereich - etwa im Einzelhandel oder

im Büro - zwar in den Ferien tätig werden dürfen, neben der Schule aber noch nicht einmal

leichte und für sie geeignete Tätigkeiten im gewerblichen Bereich mit einer geringen Stunden-

zahl ausüben dürfen. Konflikte mit den schulischen Anforderungen (Erledigung von Hausaufga-

ben) würden sich aus Sicht der Arbeitsgruppe für die vollzeitschulpflichtigen Jugendlichen nicht

ergeben, weil es bei den strengen zeitlichen Begrenzungen bliebe.

3.3.2.2 Beschäftigungsdauer in der Landwirtschaft

Gesetzliche Regelung:

Nach § 5 Abs. 3 Satz 3 JArbSchG dürfen Kinder nicht mehr als zwei Stunden täglich, in land-

wirtschaftlichen Familienbetrieben nicht mehr als drei Stunden täglich beschäftigt werden.

Änderungsempfehlung:

Die Beschäftigungshöchstdauer für Kinder in landwirtschaftlichen Familienbetrieben sollte auf

zwei Stunden täglich reduziert werden.

Hintergrund:

Die Verkürzung der Beschäftigungshöchstdauer für Kinder in landwirtschaftlichen Familienbe-

trieben bedeutet eine Vereinheitlichung der Höchstarbeitszeiten für Kinder, die ansonsten stets

zwei Stunden täglich beträgt. Die bisherige Differenzierung ist nach Auffassung der Arbeits-

gruppe angesichts der vielfältigen Belastungen im Rahmen landwirtschaftlicher Tätigkeiten nicht

zu rechtfertigen. Die Mitarbeit von Kindern im landwirtschaftlichen Familienbetrieb der eigenen

Familie bleibt davon unberührt (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b, Nr. 2 JArbSchG).

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3.3.3 Beschäftigung von Kindern im Kultur- und Medienbereich

3.3.3.1 Lage und Dauer der Beschäftigung von Kindern im Kultur- und Medienbereich

Gesetzliche Regelung:

Bei Theatervorstellungen dürfen Kinder über sechs Jahre gemäß § 6 JArbSchG bis zu vier

Stunden täglich in der Zeit von 10 bis 23 Uhr gestaltend mitwirken. Bei sonstigen Veranstaltun-

gen im Kultur- und Medienbereich gilt für Kinder über drei bis sechs Jahre eine tägliche Be-

schäftigungsdauer bis zu zwei Stunden in der Zeit von 8 bis 17 Uhr. Über sechsjährige Kinder

dürfen bei den sonstigen Veranstaltungen täglich bis zu drei Stunden in der Zeit von 8 bis 22

Uhr gestaltend mitwirken. Voraussetzung ist dabei jeweils, dass die Aufsichtsbehörde einen

entsprechenden Antrag bewilligt. Dies wiederum setzt u. a. voraus, dass die Personensorgebe-

rechtigten in die Beschäftigung schriftlich eingewilligt haben und die erforderlichen Vorkehrun-

gen und Maßnahmen in Bezug auf Sicherheit, Gesundheitsschutz sowie die Entwicklung der

betroffenen Kinder getroffen werden.

Änderungsempfehlung:

Für die gestaltende Mitwirkung bei Kulturveranstaltungen und im Medienbereich sollte eine ein-

heitliche Beschäftigungsdauer für Kinder von drei bis zu sechs Jahren von bis zu zwei Stunden

täglich in der Zeit von 8 bis 17 Uhr und für Kinder über sechs Jahre von bis zu vier Stunden täg-

lich in der Zeit von 8 bis 22 Uhr gelten. Zudem sollte klargestellt werden, dass vollzeitschul-

pflichtige Jugendliche ebenfalls für bis zu vier Stunden täglich in der Zeit von 8 bis 22 Uhr als

Sportlerinnen und Sportler im Rahmen einer Sportveranstaltung beschäftigt werden können.

Weiter sollte geregelt werden, dass die Personensorgeberechtigten mit ihrer schriftlichen Ein-

verständniserklärung auch mitzuteilen haben, ob und wenn ja an wie vielen Tagen das Kind in

den vorangegangenen 365 Tagen beschäftigt wurde und ob bereits weitere Beschäftigungen

bewilligt wurden.

Ergänzend sollte die Aufsichtsbehörde auf Antrag der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers im

Einzelfall Ausnahmen von der zeitlichen Lage und Dauer der Beschäftigung zulassen können,

wenn besondere Umstände dies erfordern. Es sollte im Übrigen bei dem Antrags- und Geneh-

migungserfordernis durch die Aufsichtsbehörde und bei den weiteren bisherigen Voraussetzun-

gen bleiben.

Hintergrund:

Die geltende Differenzierung zwischen der gestaltenden Mitwirkung von Kindern bei Theater-

vorstellungen und bei anderen Aufführungen oder Aufnahmen im Kultur- und Medienbereich ist

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aus Sicht der Arbeitsgruppe nicht mehr zu rechtfertigen. Es ist nicht ersichtlich, warum Kinder

bei Theateraufführungen grundsätzlich weniger Schutz benötigen als bei der Mitwirkung etwa

im Rahmen von Musikaufführungen oder Filmarbeiten. Deshalb sollten die Regelungen in Be-

zug auf die Beschäftigung von Kindern über drei bis zu sechs Jahren bzw. über sechs Jahre im

Kultur- und Medienbereich vereinheitlicht werden. Die generelle Ausdehnung der Beschäfti-

gungsmöglichkeit für Kinder über 6 Jahre auf bis zu vier Stunden am Tag bedeutet eine wich-

tige Vereinfachung der Arbeitsabläufe im Kultur- und Medienbereich (z. B. bei Filmproduktio-

nen). Gleiches gilt für die Möglichkeit, ebenfalls durch behördliche Ausnahmegenehmigung, in

besonderen Fällen weitere Ausnahmen von den gesetzlichen Regelungen zuzulassen. Insbe-

sondere die Produktion von Kinderfilmen in Deutschland soll durch diese zusätzliche Flexibili-

sierungsmöglichkeit erleichtert werden. Die durch die empfohlene Vereinheitlichung bedingte

Reduzierung der Beschäftigungszeit für über 6-Jährige von 23 Uhr auf 22 Uhr bei Theatervor-

stellungen wird durch die ergänzende Ausnahmemöglichkeit in besonderen Fällen aufgefangen.

Nach Auffassung der Arbeitsgruppe sollten die Voraussetzungen für eine solche Ausnahmege-

nehmigung vorliegen, wenn etwa das Theaterstück, in dem das betroffene Kind mitwirkt, zu

einer üblichen Zeit beginnt und eine Mitwirkung von Kindern bis 23 Uhr aufgrund des Inhalts

des Stücks bzw. seiner Inszenierung erforderlich ist. Entsprechendes gilt für vollzeitschulpflich-

tige Jugendliche, die als Sportlerinnen oder Sportler bei einer Sportveranstaltung nach 22 Uhr

beschäftigt werden sollen (siehe dazu auch unten, S. 52 f.).

Die zusätzlich geforderten Angaben zur Beschäftigung der Kinder sollen den Aufsichtsbehörden

eine bessere Einschätzung der Belastungssituation der betroffenen Kinder ermöglichen.

Weitergehende Vorschläge, die zulässige Höchstdauer und Lage der Arbeitszeit von Kindern -

differenziert nach Altersstufen - erheblich auszudehnen, werden aus Gründen des gesundheitli-

chen und sozialen Schutzes der betroffenen Kinder nicht befürwortet.

Ebenfalls nicht befürwortet wird die Aufnahme einer verbindlichen Regelung für die Hinzuzie-

hung von pädagogischen Fachkräften im Rahmen des Engagements von Kindern in Medien-

produktionen. Bereits nach geltendem Recht darf eine Beschäftigung nur bewilligt werden,

wenn die Betreuung und die Beaufsichtigung des Kindes sichergestellt ist. Dies ermöglicht den

Aufsichtsbehörden - bei Bedarf - den Einsatz einer (medien-)pädagogischen Fachkraft vorzu-

schreiben.

Unabhängig von der Änderungsempfehlung regt die Arbeitsgruppe außerdem die Prüfung der

Möglichkeit gemeinsamer Richtlinien für eine bundeseinheitliche Bewilligungspraxis der Auf-

sichtsbehörden an.

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3.3.3.2 Beteiligung von Kindern unter drei Jahren im Kultur- und Medienbereich

Gesetzliche Regelung:

Das Jugendarbeitsschutzgesetz enthält ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot von Kindern.

Es enthält keine spezifischen Regelungen zur Beschäftigung bzw. Beteiligung von Kindern un-

ter drei Jahren im Kultur- und Medienbereich.

Empfehlung:

In das Jugendarbeitsschutzgesetz sollten keine Regelungen zur Beteiligung von Kindern unter

drei Jahren im Kultur- und Medienbereich - etwa für die Beteiligung an Filmproduktionen und

Werbeaufnahmen - aufgenommen werden.

Hintergrund:

Die Arbeitsgruppe ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einführung einer speziellen Rege-

lung für die Beteiligung von Kindern unter drei Jahren im Kultur- und Medienbereich in das Ju-

gendarbeitsschutzgesetz nicht systemgerecht ist.

Das Jugendarbeitsschutzgesetz ist von seiner Zielsetzung ein Arbeitsschutzgesetz. Es knüpft

dementsprechend für seine Anwendbarkeit an ein Beschäftigungsverhältnis an und setzt eine

weisungsabhängige Tätigkeit für einen anderen voraus. Kinder unter drei Jahren können in der

Regel keine Weisungen befolgen. Im Bereich des Einsatzes dieser Kinder in den Medien geht

es daher nicht um Arbeitsschutz, sondern um das allgemeine Kindeswohl. Auch Erwägungen

des Kinderschutzes, die einen (weiteren) Regelungsbedarf zum Schutz von Kindern unter drei

Jahren, etwa im Bereich von Fernsehproduktionen, nahe legen, ändern nichts daran, dass das

Jugendarbeitsschutzgesetz nicht der richtige Ort für ihre Umsetzung ist.

3.3.4 Beschäftigung von nicht vollzeitschulpflichtigen Kindern

Gesetzliche Regelung:

Kinder, die nicht mehr vollzeitschulpflichtig sind, dürfen nach § 7 JArbSchG im Rahmen eines

Berufsausbildungsverhältnisses beschäftigt werden. Außerhalb eines Berufsausbildungsver-

hältnisses dürfen nicht mehr vollzeitschulpflichtige Kinder nach dieser Vorschrift nur mit leichten

und für sie geeigneten Tätigkeiten bis zu sieben Stunden täglich und 35 Stunden in der Woche

beschäftigt werden. Die geltende Regelung bezieht sich nur auf Kinder - ohne Angabe eines

Mindestalters.

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Änderungsempfehlung:

Es sollte klargestellt werden, dass die Vorschrift unter Berücksichtigung der europarechtlichen

Vorgaben der Jugendarbeitsschutzrichtlinie nur für Kinder gilt, die mindestens 14 Jahre alt sind.

Hintergrund:

Die Klarstellung ist europarechtlich gefordert, auch wenn angesichts einer neun- bis zehnjähri-

gen Schulpflicht kaum Konstellationen denkbar sind, in denen nicht mehr vollzeitschulpflichtige

Kinder jünger als 14 Jahre alt sind.

3.3.5 Arbeitszeit

3.3.5.1 Verlängerung der täglichen Arbeitszeit

Gesetzliche Regelung:

Nach § 8 Abs. 1 JArbSchG dürfen Jugendliche nicht länger als acht Stunden täglich und 40

Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Von dieser Grundregel gibt es eine Reihe von Aus-

nahmen. So dürfen Jugendliche nach § 8 Abs. 2a JArbSchG, wenn an einzelnen Werktagen die

Arbeitszeit auf weniger als acht Stunden verkürzt wird, an den übrigen Werktagen derselben

Woche achteinhalb Stunden beschäftigt werden. Eine weitere Ausnahme von der Grundregel

der täglichen Höchstarbeitszeit von acht Stunden ist in § 8 Abs. 2 JArbSchG verankert: Wenn in

Verbindung mit Feiertagen an Werktagen nicht gearbeitet wird, damit die Beschäftigten eine

längere zusammenhängende Freizeit haben, darf die ausfallende Arbeitszeit auf andere Werk-

tage verteilt werden und an diesen zu einer Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf achtein-

halb Stunden führen. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf in diesem Fall über einen Zeit-

raum von fünf Wochen (sog. Ausgleichszeitraum) durchschnittlich 40 Stunden nicht über-

schreiten.

Änderungsempfehlung:

Wenn an einzelnen Werktagen die Arbeitszeit auf weniger als acht Stunden verkürzt wird, sollte

die tägliche Beschäftigungsdauer statt achteinhalb Stunden bis zu neun Stunden betragen dür-

fen. Gleichzeitig bleibt es bei der bisher geltenden wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 40

Stunden.

Wenn in Verbindung mit Feiertagen an kompletten Werktagen nicht gearbeitet wird, um etwa

zusammen mit einem sog. Brückentag eine längere zusammenhängende Freizeit zu ermögli-

chen, dann sollte die ausfallende Arbeitszeit auf andere Werktage dergestalt verteilt werden

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können, dass an diesen Tagen bis zu neun Stunden gearbeitet wird. Gleichzeitig bleibt es hin-

sichtlich der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 40 Stunden bei dem Ausgleichszeitraum von

fünf Wochen.

Hintergrund:

Die Arbeitsgruppe empfiehlt, an den bisherigen Regelungen festzuhalten und nur eine mode-

rate Flexibilisierung zuzulassen. Aus Sicht der Arbeitsgruppe wird durch diese Änderung eine

flexiblere Handhabung der täglichen Arbeitszeit ermöglicht, ohne dass Gesundheitsgefährdun-

gen der betroffenen Jugendlichen zu befürchten sind. Die zur Unterstützung der Arbeitsgruppe

erstellten Studien zu den Auswirkungen der Arbeit von Jugendlichen am Abend und in den

Nachtstunden sowie in den Morgenstunden (AWiS-Studien) haben ergeben, dass eine tägliche

Arbeitszeit bis zu neun Stunden am Tag dann unproblematisch ist, wenn ein zeitnaher Aus-

gleich erfolgt. Die beiden Studien kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass eine Ar-

beitszeit von mehr als neun Stunden nicht zu empfehlen ist. Die mit der Änderungsempfehlung

zu den täglichen Höchstarbeitszeiten verbundene Flexibilisierung liegt sowohl im Interesse der

Arbeitgeber als auch der betroffenen Jugendlichen. Hierdurch wird z. B. die Möglichkeit ge-

schaffen, am Freitag, wie in vielen Branchen üblich, nur einen halben Tag zu arbeiten.

In Bezug auf die weitere Änderungsempfehlung (Erhöhung der täglichen Arbeitszeit im Zusam-

menhang mit der Ermöglichung von freien Werktagen, z. B. „Brückentage“) kann nach Auffas-

sung der Arbeitsgruppe von einem sehr zeitnahen Ausgleich der längeren täglichen Arbeitszeit

abgesehen werden. Denn die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit steht im Zusammenhang

mit zusätzlich gewährten komplett freien Werktagen und den damit verbundenen Möglichkeiten

der zusätzlichen Erholung und sozialen Aktivität.

3.3.5.2 Tägliche und wöchentliche Arbeitszeit in der Landwirtschaft

Gesetzliche Regelung:

In § 8 Abs. 3 JArbSchG ist eine Ausnahme von den Grundregeln der täglichen und wöchentli-

chen Höchstarbeitszeit von Jugendlichen festgelegt. Nach dieser Vorschrift dürfen Jugendliche

über 16 Jahre in der Landwirtschaft während der Erntezeit nicht mehr als neun Stunden täglich

und nicht mehr als 85 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden. Ein Ausgleichszeitraum

ist nach geltendem Recht nicht vorgesehen.

Änderungsempfehlung:

In Bezug auf die zulässige längere tägliche und wöchentliche Arbeitszeit von Jugendlichen über

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16 Jahre in der Landwirtschaft sollte ein Ausgleichszeitraum von fünf Wochen eingeführt wer-

den.

Hintergrund:

Die Ausnahme des § 8 Abs. 3 JArbSchG hat ihren Grund in den besonderen Verhältnissen in

der Landwirtschaft. Während der Erntezeit muss länger gearbeitet werden als in anderen Berei-

chen. Gleichzeitig ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Mehrarbeit während der Erntezeit

durch kürzere Arbeitszeiten außerhalb der Erntezeit wieder ausgeglichen würde (BT-Drs.

7/2305, S. 29). Diese Überlegungen haben nach Ansicht der Arbeitsgruppe weiterhin Bestand.

Allerdings führt die moderne Landwirtschaft zunehmend zu längeren Erntezeiten, die sich auch

mehr über das Jahr verteilen. Die Einführung des Ausgleichszeitraums soll deshalb sicherstel-

len, dass Gesundheitsgefährdungen der betroffenen Jugendlichen durch dauerhafte Über-

schreitungen der grundsätzlich zulässigen täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit vor-

gebeugt wird.

3.3.6 Berufsschule

3.3.6.1 Regelung zu erwachsenen Berufsschulpflichtigen

Gesetzliche Regelung:

Beginnt der Berufsschulunterricht vor 9 Uhr, darf der Arbeitgeber den betroffenen Jugendlichen

nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, 1. Halbsatz JArbSchG nicht beschäftigen. Dies gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1,

2. Halbsatz JArbSchG auch für Personen, die über 18 Jahre alt und noch berufsschulpflichtig

sind.

Änderungsempfehlung:

Regelungen im Jugendarbeitsschutzgesetz sollten sich auf Kinder und Jugendliche beschrän-

ken. Vorschriften für erwachsene berufsschulpflichtige Personen sollten in den auf die Ausbil-

dung zugeschnittenen Gesetzen geregelt werden, etwa im Berufsbildungsgesetz (BBiG).

Hintergrund:

Die Arbeitsgruppe ist der Auffassung, dass eine Regelung dazu, wann berufsschulpflichtige Er-

wachsene nicht beschäftigt werden dürfen, aus systematischen Gründen nicht in das Jugend-

arbeitsschutzgesetz gehört. Aus Sicht der Arbeitsgruppe kommt hierfür das BBiG in Frage, das

umfassende Regelungen zur Berufsausbildung enthält.

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3.3.6.2 Beschäftigungsverbot und Anrechnungsregel an Berufsschultagen

Gesetzliche Regelung:

An Berufsschultagen mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten darf

der Jugendliche nicht mehr beschäftigt werden. Ein solcher Berufsschultag wird auf die Arbeits-

zeit der betroffenen Jugendlichen mit acht Stunden angerechnet. In Berufsschulwochen mit

einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen darf

der Jugendliche nicht mehr beschäftigt werden (Ausnahme: zwei Stunden betriebliche Ausbil-

dungsveranstaltungen). Diese Wochen werden mit 40 Stunden auf die Arbeitszeit angerechnet

(§ 9 JArbSchG).

Änderungsempfehlung:

Das Beschäftigungsverbot und die Anrechnungsregel gelten bei einem Unterricht von zusam-

men mehr als vier Zeitstunden täglich und von zusammen mehr als 18 Zeitstunden in der Wo-

che.

Hintergrund:

Die Empfehlung dient der Vermeidung von Widersprüchen, die zum Beispiel dann entstehen

könnten, wenn der Unterricht an einem Berufsschultag auf fünf Stunden zu je 60 Minuten oder

in einer Berufsschulwoche auf 20 Zeitstunden (5 Tage x 4 Stunden à 60 Minuten) verteilt würde.

Die Unterrichtszeit wäre in diesen Fällen länger als an einem Berufsschultag mit sechs Stunden

à 45 Minuten (die Unterrichtszeit beträgt dann insgesamt nur 4,5 Zeitstunden) bzw. in einer Be-

rufsschulwoche 25 Unterrichtsstunden à 45 Minuten (= 18,75 Zeitstunden). Gleichwohl müssten

die Jugendlichen nach dem Berufsschulunterricht - mangels Anrechnung von acht bzw. 40 Ar-

beitsstunden - wieder die Arbeit im Betrieb bzw. in der Dienststelle aufnehmen, da die vom Ge-

setz geforderte Anzahl von mehr als fünf Unterrichtsstunden pro Tag bzw. mindestens 25 Un-

terrichtsstunden pro Woche nicht erreicht würde.

3.3.6.3 Freistellung vor Abschlussprüfung

Gesetzliche Regelung:

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG hat der Arbeitgeber den Jugendlichen an dem Arbeitstag,

der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht, freizustellen.

Änderungsempfehlung:

Es sollte klargestellt werden, dass die Jugendlichen vor der theoretischen Abschlussprüfung (im

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Gegensatz zur praktischen Abschlussprüfung) freizustellen sind, unabhängig davon, ob die the-

oretische Prüfung schriftlich oder mündlich abgelegt wird.

Hintergrund:

Nach der Konzeption des Jugendarbeitsschutzgesetzes steht die schriftliche Abschlussprüfung

als theoretische Prüfung im Gegensatz zur praktischen Abschlussprüfung. Wird die theoretische

Abschlussprüfung nur mündlich abgehalten oder enthält sie einen mündlichen Teil, ist die

mündliche Abschlussprüfung nach Auffassung der Arbeitsgruppe von der Regelung bereits

nach geltendem Recht erfasst. Dagegen soll den Jugendlichen vor der praktischen Abschluss-

prüfung zur besseren Vorbereitung noch einmal Gelegenheit gegeben werden, im Betrieb zu

arbeiten (BT-Drs. 7/4544, S. 5), weshalb eine Freistellung nicht zwingend vorgesehen ist. Aus

Sicht der Arbeitsgruppe ist die Klarstellung geboten, um Missverständnisse zu vermeiden.

Anlass für die Überlegungen ist eine Petition an den Deutschen Bundestag, in der eine Frei-

stellungspflicht im Jugendarbeitsschutzgesetz auch hinsichtlich der Tage gefordert wird, die

dem Tag der mündlichen Abschlussprüfung und dem Tag der Zwischenprüfung vorangehen.

Diese erweiterte Freistellungspflicht soll nach dem Petenten auch für erwachsene Berufsschüler

gelten.

Hierzu vertritt die Arbeitsgruppe die Auffassung, dass weitere Änderungen des Jugendarbeits-

schutzgesetzes, neben der erwähnten Klarstellung, nicht zu empfehlen sind. Abschlussprüfun-

gen im Rahmen von Stufenausbildungen (etwa die Prüfung als Verkäufer/in bei der Ausbildung

zum Einzelhandelskaufmann bzw. zur Einzelhandelskauffrau oder die Prüfung als Modenä-

her/in bei der Ausbildung zum Modeschneider bzw. zur Modeschneiderin) werden bereits nach

der geltenden Rechtslage erfasst. Ein zusätzliches Bedürfnis nach einer zwingenden Freistel-

lung vor Zwischenprüfungen wurde deshalb von der Arbeitsgruppe verneint.

Regelungen für Erwachsene im Jugendarbeitsschutzgesetz werden von der Arbeitsgruppe ge-

nerell nicht befürwortet (vgl. S. 46)

3.3.7 Ruhepausen

3.3.7.1 Länge der Ruhepausen

Gesetzliche Regelung:

Nach der geltenden Rechtslage (§ 11 JArbSchG) müssen Jugendlichen, die mehr als vierein

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halb und bis zu sechs Stunden arbeiten, Ruhepausen (im Voraus feststehende Arbeitsunterbre-

chungen) von mindestens 30 Minuten gewährt werden. Arbeitet ein Jugendlicher länger als

sechs Stunden, müssen die Ruhepausen mindestens 60 Minuten betragen. Per Tarifvertrag

kann die Dauer der Ruhepausen gemäß § 21a Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG von 60 auf 45 Minuten

verkürzt werden.

Empfehlung:

Keine Änderung der Regelung zur Länge der Ruhepausen.

Hintergrund:

Die Arbeitsgruppe diskutierte insbesondere einen an das BMAS herangetragenen Änderungs-

vorschlag, der vorsah, bei Arbeitszeiten von Jugendlichen zwischen viereinhalb und acht Stun-

den die Dauer der Ruhepause auf 30 Minuten zu verkürzen und bei Arbeitszeiten von mehr als

acht Stunden eine Pausenzeit von 45 bzw. 60 Minuten einzuführen. Bei einer Mindestpausen-

dauer von 60 Minuten (bei Arbeitszeiten von mehr als acht Stunden) sollte es bei der Verkür-

zungsmöglichkeit per Tarifvertrag bleiben. Als Begründung für diesen Änderungsvorschlag

wurde insbesondere auf die Vorteile einer Synchronisierung der Pausenregelung für Jugendli-

che und Erwachsene hingewiesen. Dies führe zu Erleichterungen in Bezug auf die gemeinsame

Gestaltung der Ruhepausen und die Arbeitsorganisation (z. B. beim Transport von und zum Ar-

beitsplatz). Außerdem entspreche eine solche Angleichung der Pausenregelung für Jugendliche

und Erwachsene dem Wunsch vieler Jugendlicher.

Im Ergebnis wird der Änderungsvorschlag unter dem Aspekt eines präventiven Arbeitsschutzes

nicht aufgegriffen. Die zur Unterstützung der Arbeitsgruppe erstellten AWiS-Studien empfehlen

keine Abweichungen von den bestehenden Pausenregelungen (vgl. oben, S. 24, 27 f.) und

auch die BAuA spricht sich gegen eine Änderung der bestehenden Rechtslage aus.

3.3.7.2 Angemessene Lage der Ruhepausen

Gesetzliche Regelung:

Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 JArbSchG müssen die Ruhepausen in angemessener zeitlicher Lage,

frühestens eine Stunde nach Beginn und spätestens eine Stunde vor Ende der Arbeitszeit, ge-

währt werden.

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Änderungsempfehlung:

Die gesetzliche Konkretisierung der angemessenen zeitlichen Lage der Ruhepausen sollte

entfallen.

Hintergrund:

Ruhepausen sind Arbeitsunterbrechungen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 JArbSchG), woraus sich be-

reits zwingend ergibt, dass nach und vor einer Ruhepause gearbeitet wird und Ruhepausen

nicht direkt am Anfang und am Ende eines Arbeitstages liegen dürfen. Die zusätzliche Fest-

stellung, dass die Ruhepausen in angemessener zeitlicher Lage zu gewähren sind, reicht für

sich bereits aus, um dem mit Ruhepausen verbundenen Erholungszweck in der Praxis Rech-

nung zu tragen. Der gesetzlichen Regelung dazu, was unter einer angemessenen zeitlichen

Lage der Ruhepausen zu verstehen ist, bedarf es darüber hinaus nicht.

3.3.8 Schichtzeiten

Gesetzliche Regelung:

Nach § 12 JArbSchG darf bei der Beschäftigung Jugendlicher die Schichtzeit (tägliche Arbeits-

zeit zuzüglich Ruhepausen) grundsätzlich zehn Stunden nicht überschreiten. Im Bergbau unter

Tage gilt eine Grenze für die Schichtzeit von acht Stunden. Im Gaststättengewerbe, in der

Landwirtschaft, in der Tierhaltung, und auf Bau- und Montagestellen darf sie bis zu elf Stunden

lang sein. Nach § 21a Abs. 1 Nr. 3 JArbSchG kann die Schichtzeit durch Tarifvertrag um eine

Stunde verlängert werden, ausgenommen ist allerdings der Bergbau.

Änderungsempfehlung:

Die Regelung zur Schichtzeit sollte beibehalten werden. Eine Verlängerung der Schichtzeit

durch Tarifvertrag sollte auf bis zu elf Stunden möglich sein (bisher teilweise zwölf Stunden).

Dies bedeutet eine maximale Obergrenze der täglichen Arbeitszeit zuzüglich Ruhepausen von

elf Stunden.

Hintergrund:

Die Begrenzung der Schichtzeit dient dem Interesse der Jugendlichen an ausreichend zusam-

menhängender Freizeit und ihrem Gesundheitsschutz. Die AWiS-Studien haben aus gesund-

heitlichen und sozialen Erwägungen heraus empfohlen, Arbeitszeiten zuzüglich Ruhepausen

grundsätzlich auf zehn Stunden zu begrenzen. Ausnahmen sollten nach den Studien nur dann

zugelassen werden, wenn es um die Erfahrung berufstypischer Arbeitszeiten und die Vermitt-

lung ausbildungsrelevanter Inhalte gehe. Die Arbeitsgruppe folgt diesen Empfehlungen, indem

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sie an dem Grundsatz der Begrenzung der Schichtzeiten auf zehn Stunden festhält und sich

darüber hinaus einerseits für Schichtzeiten von über zehn Stunden nur für Branchen ausspricht,

in denen lange Schichtzeiten berufstypisch sind (wie etwa im Gastgewerbe) und andererseits

empfiehlt, keine Schichtzeiten von über elf Stunden zuzulassen.

3.3.9 Nachtruhe

3.3.9.1 Grundregeln zur Nachtruhe

Gesetzliche Regelung:

In Bezug auf die Nachtruhe sieht das Jugendarbeitsschutzgesetz in § 14 JArbSchG folgende

Regelungen vor: Jugendliche dürfen grundsätzlich nur in der Zeit von 6 bis 20 Uhr beschäftigt

werden. Jugendliche ab 16 Jahre dürfen im Gaststätten- und Schaustellergewerbe bis 22 Uhr,

in mehrschichtigen Betrieben bis 23 Uhr, in der Landwirtschaft ab 5 Uhr oder bis 21 Uhr und in

Bäckereien und Konditoreien ab 5 Uhr beschäftigt werden. Über 17-Jährige dürfen zudem in

Bäckereien ab 4 Uhr beschäftigt werden. An einem Tag, der einem Berufsschultag unmittelbar

vorangeht, dürfen Jugendliche aber auch in den genannten Ausnahmefällen dann nicht nach 20

Uhr beschäftigt werden, wenn der Berufsschulunterricht am Berufsschultag vor 9 Uhr beginnt.

Änderungsempfehlung:

Eine Beschäftigung Jugendlicher in mehrschichtigen Betrieben bis 23 Uhr sollte nur dann zu-

lässig sein, wenn gleichzeitig die tägliche Schichtzeit (Arbeitszeit zuzüglich Ruhepausen) für die

Jugendlichen auf neun Stunden begrenzt wird. Im Übrigen wird eine Änderung der allgemeinen

Regeln (z. B. eine Verlängerung des zulässigen Arbeitsendes auf 21 Uhr bzw. 23 Uhr) von der

Arbeitsgruppe nicht empfohlen.

Hintergrund: Eine differenzierte Betrachtung der Ergebnisse der AWiS-Studie zur Abend- und

Nachtarbeit zeigt, dass ein Arbeitsende bis 20 Uhr wenige negative Auswirkungen auf die Ju-

gendlichen hat. Bei einem Arbeitsende zwischen 20 und 22 Uhr ist dagegen ein Anstieg negati-

ver Auswirkungen insbesondere auf die Gesundheit zu verzeichnen. Eindeutig negative ge-

sundheitliche Auswirkungen hat nach der Studie ein Arbeitsende nach 22 Uhr (siehe oben,

S. 21 f.). Für die Arbeitsgruppe ergibt sich hieraus, dass von einer weiteren Flexibilisierung der

Zeiten des Arbeitsendes abzuraten ist. Die AWiS-Studie zeigt, dass im Bereich Hotel- und

Gaststätten von den bestehenden Flexibilisierungsmöglichkeiten umfassend Gebrauch gemacht

wird (lange Schichtzeiten, Arbeit am Wochenende und ein spätes Arbeitsende sind danach üb-

lich) und von der Einhaltung aller Schutzvorschriften nicht immer ausgegangen werden kann.

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Der Ausnahmetatbestand, wonach bei Schichtbetrieben ein Arbeitsende um 23 Uhr zulässig ist,

wurde eingeführt, um Jugendlichen die Beschäftigung in Betrieben mit vorgegebenen Schicht-

systemen zu ermöglichen. Allerdings zeigt die Praxis, dass die Schichtmodelle sehr unter-

schiedlich sind und teilweise Schichtzeiten von mehr als zehn bis 12 Stunden üblich sind, bei-

spielsweise bei „geteilten Diensten“. Nach einer Studie der BAuA bedeutet ein Arbeitsende zwi-

schen 22 und 23 Uhr dann keine Gefährdung, wenn kurze Schichtzeiten gearbeitet werden und

die sonstigen Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes strikt eingehalten werden (siehe

oben, S. 22). Die AWiS-Studien beurteilen aus gesundheitlicher Sicht die Kombination von lan-

gen Schichtzeiten mit einem späten Arbeitsende als besonders problematisch (siehe oben,

S. 22 f., 26). Die vorgeschlagene Regelung soll dazu beitragen, diese Kombination zu vermei-

den. Dafür wird die Schichtzeit von Jugendlichen in mehrschichtigen Betrieben auf neun Stun-

den begrenzt, wenn die Jugendlichen bis 23 Uhr beschäftigt werden sollen. Sogenannte geteilte

Dienste - mit langen Ruhepausen zwischen den einzelnen Arbeitsphasen - werden dadurch

vermieden.

3.3.9.2 Regelungen zur Nachtruhe im Kultur- und Medienbereich

Gesetzliche Regelung:

Jugendliche dürfen bei Kulturveranstaltungen, anderen Aufführungen und im Medienbereich bis

23 Uhr beschäftigt werden und im Anschluss daran erst nach 14 Stunden ununterbrochener

Freizeit wieder beschäftigt werden (§ 14 Abs. 7 JArbSchG).

Änderungsempfehlung:

Die Dauer der ununterbrochenen Freizeit, nach der eine Beschäftigung wieder möglich ist,

sollte auf 12 Stunden verkürzt werden.

Weiter sollte klargestellt werden, dass auch die Beschäftigung als Sportlerin oder Sportler im

Rahmen von Sportveranstaltungen unter die Regelung des § 14 Abs. 7 JArbSchG fällt.

Hintergrund:

Die Umsetzung der Änderungsempfehlung würde bedeuten, dass für alle Jugendlichen unab-

hängig von der Beschäftigung zwölf Stunden ununterbrochene Freizeit zwischen Beendigung

und Wiederaufnahme der Beschäftigung vorgeschrieben werden (§ 13 JArbSchG). Zwölf Stun-

den Ruhe reichen nach Auffassung der Arbeitsgruppe auch für Tätigkeiten im Bereich Kultur-

veranstaltungen und Medien aus, um den erforderlichen Gesundheitsschutz sicherzustellen.

Gleichzeitig würde durch diese Anpassung die Arbeit im Kultur- und Medienbereich erleichtert,

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weil die Beschäftigung nach einer kürzeren Unterbrechung als bislang wieder aufgenommen

werden könnte (etwa für Proben).

In der Praxis haben sich für Profisportlerinnen und Profisportler Fragen hinsichtlich der Be-

schäftigung bei Sportveranstaltungen in den Abend- und Nachtstunden ergeben. Sportveran-

staltungen werden nach Auffassung der Arbeitsgruppe bereits nach geltender Rechtslage von

der Regelung des § 14 Abs. 7 JArbSchG erfasst. Eine entsprechende Klarstellung wird emp-

fohlen. Eine Beschäftigung Jugendlicher im Kultur- und Medienbereich bzw. bei Sportveran-

staltungen über 23 Uhr hinaus sollte nach Ansicht der Arbeitsgruppe mit Genehmigung der Auf-

sichtsbehörde in Einzelfällen möglich sein (vgl. Empfehlung zur Einführung neuer Ausnahme-

genehmigungen, S. 58 f.).

3.3.10 Fünf-Tage-Woche, Samstags- und Sonntagsruhe

Die Arbeitsgruppe hat sich auf Änderungsvorschläge in Bezug auf die Regelungen zur Fünf-

Tage-Woche und zur Samstags- und Sonntagsruhe verständigt. Diese Änderungsvorschläge

sind weitgehend aufeinander abgestimmt und sollten nach Ansicht der Arbeitsgruppe deshalb

als Gesamtpaket und nicht losgelöst voneinander betrachtet werden.

3.3.10.1 Fünf-Tage-Woche

Gesetzliche Regelung:

Nach § 15 JArbSchG dürfen Jugendliche nur an fünf Tagen in der Woche beschäftigt werden.

Die beiden wöchentlichen Ruhetage sollen aufeinander folgen. Wenn Jugendliche am Samstag

oder Sonntag beschäftigt werden, ist ihnen nach § 16 Abs. 3 bzw. § 17 Abs. 3 JArbSchG die

Fünf-Tage-Woche durch Freistellung an einem anderen berufsschulfreien Tag der Woche si-

cherzustellen. Mindestens zwei Samstage im Monat sollen beschäftigungsfrei sein. Jeder

zweite Sonntag soll, mindestens zwei Sonntage im Monat müssen beschäftigungsfrei sein.

Änderungsempfehlung:

Mindestens zwei Wochenenden im Monat (jeweils der Samstag und der Sonntag) sollten zwin-

gend beschäftigungsfrei bleiben. Durch Tarifvertrag sollte geregelt werden können, dass statt

des Samstags der Montag (wenn er berufsschulfrei ist) als Ruhetag festgelegt wird, um zwei

zusammenhängende Ruhetage zu gewährleisten.

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Hintergrund:

Die Änderungsempfehlung zielt darauf ab, den Anspruch der Jugendlichen auf ein freies Wo-

chenende zu stärken. Die AWiS-Studien unterstreichen die Bedeutung des freien Wochenen-

des für die Jugendlichen, um sozialen Aktivitäten nachzugehen und soziale Desynchronisation

zu vermeiden. In Fällen, in denen Jugendliche an Samstagen beschäftigt werden, sollte die

Gewährung von zwei zusammenhängenden Ruhetagen durch tarifliche Regelungen gewähr-

leistet werden.

3.3.10.2 Samstagsruhe

Gesetzliche Regelung:

An Samstagen dürfen Jugendliche nach § 16 JArbSchG grundsätzlich nicht beschäftigt werden.

Es gibt aber einen umfangreichen Katalog an Ausnahmen von diesem Verbot. Jugendliche

dürfen an Samstagen beschäftigt werden in Krankenanstalten sowie in Alten-, Pflege- und Kin-

derheimen, in offenen Verkaufsstellen, in Betrieben mit offenen Verkaufsstellen, in Bäckereien

und Konditoreien, im Friseurhandwerk und im Marktverkehr, im Verkehrswesen, in der Land-

wirtschaft und Tierhaltung, im Familienhaushalt, im Gaststätten- und Schaustellergewerbe, bei

Musikaufführungen, Theatervorstellungen und anderen Aufführungen, bei Aufnahmen im

Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen), auf Ton- und Bildträger sowie bei Film- und Fotoaufnah-

men, bei außerbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen, beim Sport, im ärztlichen Notdienst und

in Reparaturwerkstätten für Kraftfahrzeuge. Dabei sollen mindestens zwei Samstage im Monat

beschäftigungsfrei bleiben.

Änderungsempfehlung:

Auf das Verbot der Samstagsarbeit sollte verzichtet werden. Gleichzeitig sollte geregelt werden,

dass zwei Samstage im Monat beschäftigungsfrei bleiben müssen. Dies gilt nicht für Aushilfstä-

tigkeiten, die eine Beschäftigung an zwei Tagen in der Woche nicht übersteigen. In Bezug auf

diese Tätigkeiten sollte die Arbeit an jedem Samstag zugelassen werden.

Hintergrund:

Die bestehende Regelung zur Samstagsarbeit - grundsätzliches Verbot, aber zahlreiche Aus-

nahmen für bestimmte Bereiche - sollte angesichts der generellen branchenübergreifenden Zu-

nahme der Bedeutung der Samstagsarbeit geändert werden. Durch die Regelung, dass zwei

Samstage im Monat beschäftigungsfrei sein müssen, wird gleichzeitig der Anspruch aller Ju-

gendlichen auf freie Wochenenden gestärkt. Dies würde für viele Jugendliche in Branchen, die

bislang unter die Ausnahme vom Verbot der Samstagsarbeit fallen, eine deutliche Verbesse-

rung bedeuten.

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Tätigkeiten mit geringem zeitlichen Umfang (bis zu zwei Tage in der Woche) sollen an allen

Samstagen möglich sein. Die Empfehlung der Arbeitsgruppe will mit diesem Vorschlag der ak-

tuellen Praxis Rechnung tragen. Diese Tätigkeiten werden an den schulfreien Samstagen be-

reits heute meistens von Schülerinnen und Schülern durchgeführt und sollen an jedem Samstag

erlaubt sein.

3.3.10.3 Sonntagsruhe

Gesetzliche Regelung:

An Sonntagen dürfen Jugendliche gemäß § 17 JArbSchG grundsätzlich nicht beschäftigt wer-

den. Der Ausnahmekatalog lässt eine Beschäftigung am Sonntag zu in Krankenanstalten sowie

in Alten-, Pflege- und Kinderheimen, in der Landwirtschaft und Tierhaltung mit Arbeiten, die

auch an Sonn- und Feiertagen naturnotwendig vorgenommen werden müssen, im Familien-

haushalt, wenn der Jugendliche in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen ist, im Schau-

stellergewerbe, bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und anderen Aufführungen sowie

bei Direktsendungen im Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen), beim Sport, im ärztlichen Not-

dienst, im Gaststättengewerbe. Zwei Sonntage im Monat müssen (jeder zweite Sonntag soll) für

Jugendliche beschäftigungsfrei sein. Die Beschäftigung am Sonntag ist durch Freistellung an

einem anderen berufsschulfreien Tag derselben Woche auszugleichen.

Änderungsempfehlung:

Sonntagsarbeit bleibt verboten. Sonntagsarbeit sollte im Rahmen des Ausnahmekatalogs nur

zulässig sein, wenn die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können (zusätzli-

che Tatbestandsvoraussetzung entsprechend der Sonntagsregelung im Arbeitszeitgesetz). Der

Ausnahmekatalog sollte geringfügig erweitert und bestimmte Ausnahmen sollten klargestellt

werden. Die Beschäftigung Jugendlicher in ambulanter Pflege, Tierkliniken und -pflegeeinrich-

tungen und bei tagesaktuellen Foto-, Film- und Tonaufnahmen sollte zugelassen werden. Die

Arbeitsschutzbehörde sollte weitere Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsarbeit für die Be-

schäftigung Jugendlicher bei Kulturveranstaltungen und im Medienbereich zulassen können,

wenn besondere Umstände dies erfordern.

Hintergrund:

Durch die Einführung der zusätzlichen Zulässigkeitsvoraussetzung, die § 10 Abs. 1 Arbeitszeit-

gesetz entspricht, sollen Wertungswidersprüche zwischen dem Jugendarbeitsschutzgesetz und

dem Arbeitszeitgesetz vermieden und die verfassungsrechtlich geschützte Sonntagsruhe

(Art. 139 GG) gestärkt werden. Durch die Aktualisierung des Ausnahmekatalogs wird dem Be-

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dürfnis nach Sonntagsarbeit die aufgrund der Aktualität nicht an einem anderen Tag ausgeübt

werden kann, sowie in bisher nicht genannten Bereichen Rechnung getragen, in denen es um

die Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse von Menschen und Tieren geht. Mit der Aus-

nahmebewilligung soll zusätzliche Flexibilität für die Beschäftigung Jugendlicher an Sonntagen

im Kultur- und Medienbereich erreicht werden. Dreharbeiten in belebten Städten können viel-

fach nur an Sonntagen durchgeführt werden, um so wenig Beeinträchtigungen wie möglich,

etwa durch Sperrungen, hervorzurufen.

3.3.11 Urlaub

Gesetzliche Regelung:

Jugendliche haben, gestaffelt nach ihrem Alter, gemäß § 19 JArbSchG einen gesetzlichen An-

spruch auf Erholungsurlaub von 25, 27 oder 30 Werktagen im Jahr. Der Urlaub wird berechnet

auf der Grundlage einer Arbeitswoche mit sechs Werktagen (§ 19 Abs. 4 Satz 1 JArbSchG in

Verbindung mit § 3 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz).

Änderungsempfehlung:

Der Urlaubsanspruch sollte auf eine Fünf-Tage-Woche umgerechnet werden.

Hintergrund:

Vielfach gehen betroffene Jugendliche, wie entsprechende Eingaben zeigen, davon aus, dass

ihnen gesetzlich mehr Urlaubstage zustehen als dies tatsächlich der Fall ist. Sie unterstellen

dabei fälschlicherweise, dass sich der Anspruch auf Erholungsurlaub bereits nach geltendem

Recht auf eine Fünf-Tage-Woche bezieht. Die empfohlene Änderung schafft Klarheit, ohne am

tatsächlichen Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruchs etwas zu ändern. In Bezug auf eine

Fünf-Tage-Woche ergibt sich

- für Jugendliche unter 16 Jahren ein Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen,

- für Jugendliche unter 17 Jahren ein Urlaubsanspruch von 23 Arbeitstagen sowie

- für Jugendliche unter 18 Jahren ein Urlaubsanspruch von 21 Arbeitstagen.

3.3.12 Ausnahme vom Verbot der Beschäftigung mit gefährlichen Arbeiten

Gesetzliche Regelung:

Jugendliche dürfen im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses unter bestimmten Vorausset-

zungen mit gefährlichen Arbeiten beschäftigt werden (§ 22 Abs. 2 JArbSchG).

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Änderungsempfehlung:

Diese Ausnahmeregelung sollte auch für Beschäftigungen nach Abschluss einer Berufsausbil-

dung gelten.

Hintergrund:

Die Änderungsempfehlung zielt darauf ab, die widersprüchliche Situation zu vermeiden, dass

Jugendliche während einer Ausbildung gefährliche Arbeiten ausführen dürfen, ihnen diese Tä-

tigkeiten nach Abschluss ihrer Ausbildung (u. U. im selben Betrieb) aber verboten werden.

Wenn die besonderen Voraussetzungen erfüllt sind, wie die Betreuung durch eine fachkundige

Person, muss erst Recht einem ausgebildeten Jugendlichen eine Beschäftigung mit den fragli-

chen Arbeiten möglich sein.

3.3.13 Ausnahme vom Beschäftigungsverbot unter Tage

Gesetzliche Regelung:

§ 24 Abs. 2 Nr. 3 JArbSchG sieht eine Ausnahme vom Verbot der Beschäftigung Jugendlicher

unter Tage für Bergjungarbeiter vor.

Änderungsvorschlag:

Die Regelung sollte gestrichen werden.

Hintergrund:

Die Regelung hat keine praktische Relevanz mehr. Nach Rückmeldung aus der Praxis gibt es

bereits seit vielen Jahren keine Ausbildungsmaßnahmen für Bergjungarbeiter mehr.

3.3.14 Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit und der Ruhepausen

Gesetzliche Regelung:

Nach § 48 JArbSchG müssen Arbeitgeber, die regelmäßig mindestens drei Jugendliche be-

schäftigen, über Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit und der Ruhepausen

der Jugendlichen im Betrieb informieren (Aushangpflicht).

Nach § 49 JArbSchG haben die Arbeitgeber Verzeichnisse der bei ihnen beschäftigten Jugend-

lichen unter Angabe des Vor- und Familiennamens, des Geburtsdatums und der Wohnanschrift

zu führen, in denen das Datum des Beginns der Beschäftigung bei ihnen enthalten ist.

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Änderungsempfehlung:

Die Pflicht zum Aushang der Arbeitszeit und der Ruhepausen der Jugendlichen sollte ebenso

entfallen, wie die Pflicht, Verzeichnisse über die beschäftigten Jugendlichen zu führen. Statt-

dessen sollten die Arbeitgeber verpflichtet werden, Beginn und Ende der Arbeitszeiten sowie

die Ruhepausen der Jugendlichen aufzuzeichnen und die Aufzeichnungen mindestens zwei

Jahre aufzubewahren.

Hintergrund:

Eine wirksame Kontrolle ist nur durch eine konkrete Aufzeichnung von Arbeitszeiten und Ruhe-

pausen möglich. In den empirischen Untersuchungen im Rahmen der AWiS-Studien sind eine

Vielzahl von Überschreitungen der Grundnormen des Jugendarbeitsschutzgesetzes festgestellt

worden. Eine bessere Kontrolle der tatsächlichen Einhaltung der wesentlichen Bestimmungen

des Gesetzes ist geboten.

3.3.15 Neue Ausnahmegenehmigungen durch die Arbeitsschutzbehörde

Gesetzliche Regelung:

Eine grundsätzliche Möglichkeit, von den einzelnen Bestimmungen durch Bewilligung der Auf-

sichtsbehörde im Einzelfall abzuweichen, sieht das Jugendarbeitsschutzgesetz bislang nicht

vor.

Änderungsempfehlung:

Die Arbeitsschutzbehörde sollte bewilligen können, dass im Einzelfall von Grundnormen des

Jugendarbeitsschutzgesetzes (insbesondere zur Lage der Arbeitszeit und zur Arbeit am Wo-

chenende) abgewichen werden kann, wenn die Berufsausbildung dies erfordert und Sicherheit

und Gesundheitsschutz gewährleistet werden. Außerdem sollte die Arbeitsschutzbehörde im

Einzelfall Ausnahmen von der Lage der Arbeitszeit und vom Beschäftigungsverbot an Sonn-

und Feiertagen für die gestaltende Mitwirkung im Kultur- und Medienbereich oder für die Be-

schäftigung als Sportlerin oder Sportler im Rahmen einer Sportveranstaltung bewilligen können,

wenn besondere Umstände dies erfordern und Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet

sind.

Hintergrund:

Die Möglichkeit, zu Ausbildungszwecken oder zur Teilnahme an einer Kultur-, Medien- oder

Sportveranstaltung durch Ausnahmegenehmigung von den Vorgaben des Jugendarbeits-

schutzgesetzes abzuweichen, wenn gleichzeitig Sicherheit und Gesundheitsschutz gewähr-

leistet werden, sorgt für die notwendige Flexibilität in besonderen Einzelfällen. Diese Flexibilität

ist insbesondere auch im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Denn Eingaben

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sowohl von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern wie auch von Eltern und Jugendlichen belegen,

dass in Einzelfällen etwa eine Ausbildung gescheitert ist, weil das Gesetz eine entsprechende

Ausnahme im Einzelfall nicht vorsieht.

3.3.16 Aufsichtsbehörden

Gesetzliche Regelung:

§ 51 JArbSchG regelt die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden sowie ihre Aufgaben und Befug-

nisse, zu denen insbesondere Betretungs- und Besichtigungsrechte hinsichtlich der Arbeits-

stätten gehören.

Änderungsempfehlung:

Ausdrücklich sollte als Aufgabe der Aufsichtsbehörde die Beratung der Arbeitgeberinnen und

Arbeitgeber genannt werden. Außerdem sollten Aufsichtsbehörden konkrete Maßnahmen an-

ordnen können, die die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur Erfüllung der sich aus dem Ju-

gendarbeitsschutzgesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen

ergebenden Pflichten zu treffen haben.

Neu aufgenommen werden sollte das Recht der Aufsichtsbehörde, Einsicht in geschäftliche

Unterlagen zu nehmen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Es sollte zu-

dem klargestellt werden, dass die Arbeitsstätte - auch außerhalb der Betriebs- und Arbeitszei-

ten oder wenn sich die Arbeitsstätte in einer Wohnung befindet - zur Verhütung von dringenden

Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ohne Einverständnis des Inhabers oder der

Inhaberin betreten werden darf.

Hintergrund:

Die empfohlenen Änderungen entsprechen Regelungen in anderen Arbeitsschutzgesetzen. Sie

würden die Arbeit der Aufsichtsbehörden erleichtern und effektiver gestalten. Die Klarstellung in

Bezug auf die Beratungspflicht der Aufsichtsbehörden gegenüber den Arbeitgeberinnen und

Arbeitgebern soll die gesetzeskonforme Anwendung des Jugendarbeitsschutzgesetzes in

Zweifelsfällen sichern.

3.3.17 Jugendarbeitsschutzausschüsse

Gesetzliche Regelung:

Das Jugendarbeitsschutzgesetz sieht in §§ 55, 56 JArbSchG die verpflichtende Einrichtung von

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beratenden Jugendarbeitsschutzausschüssen auf Landesebene und auf Ebene der Aufsichts-

behörden vor. In § 57 JArbSchG sind die Aufgaben der Ausschüsse, die insbesondere die Be-

ratung der obersten Landesbehörde in allen allgemeinen Angelegenheiten des Jugendarbeits-

schutzes und die Unterbreitung von Vorschlägen für die Durchführung des Jugendarbeits-

schutzgesetzes umfassen, dargelegt.

Änderungsempfehlung:

Die Verpflichtung zur Bildung der Ausschüsse sollte ebenso entfallen wie die Vorschrift über

die Aufgaben der Ausschüsse. Stattdessen sollte eine (deklaratorische) Bestimmung aufge-

nommen werden, wonach die Länder Jugendarbeitsschutzausschüsse einrichten können.

Hintergrund:

Nach den Berichten der Länder gibt es so gut wie keine aktiven Jugendarbeitsschutzaus-

schüsse auf Ebene der Aufsichtsbehörden. Soweit auf Landesebene Ausschüsse vorhanden

sind, tagen sie nur sporadisch ohne wesentliche Impulse zu geben. Eine Verpflichtung zur Ein-

richtung von Ausschüssen wird von den Ländern nicht mehr für erforderlich gehalten. Die Ein-

richtung von Ausschüssen sollte vielmehr der Entscheidung des jeweiligen Landes vorbehalten

bleiben.

3.4 Überlegungen zu den Vorschriften über ärztliche Untersuchungen

Nachdem aus der Praxis Bedenken in Bezug auf die Effizienz und die Effektivität der Untersu-

chungen erhoben worden waren, hielt es die Arbeitsgruppe für erforderlich, durch einen Ver-

gleich mit der Situation in anderen EU-Mitgliedstaaten Anregungen für Verbesserungen zu er-

halten.

Die Arbeitsgruppe hat die Ergebnisse des hierzu an einen Projektverbund der Technischen

Universität Dresden vergebenen Forschungsprojekts „Ärztliche Untersuchungen von jungen

Menschen unter achtzehn Jahren im Hinblick auf ihre Gesundheit und Entwicklung im Arbeits-

leben in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten“ in einer Unterarbeitsgruppe ausgewertet (siehe

oben, S. 15 f.).

Änderungen im Bereich der ärztlichen Untersuchungen sind nach Auffassung der Arbeitsgruppe

nur im Rahmen eines Gesamtkonzeptes möglich, in dem insbesondere auch die Frage der

Höhe der ärztlichen Gebühren und der Kostentragung für die ärztlichen Untersuchungen neu

geklärt werden muss. Damit wird der Regelungsbereich des Jugendarbeitsschutzgesetzes und

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auch der Rahmen der Zuständigkeit der Arbeitsgruppe überschritten. In der Folge werden des-

halb keine konkreten Änderungsempfehlungen ausformuliert, sondern lediglich die Überlegun-

gen dargestellt, die aus Sicht der Arbeitsgruppe bei einer Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes

zu den ärztlichen Untersuchungen berücksichtigt werden sollten.

3.4.1 Erstuntersuchung

Gesetzliche Regelung:

Jugendliche dürfen grundsätzlich nur beschäftigt werden, wenn sie vorher ärztlich untersucht

worden sind (sog. Erstuntersuchung nach § 32 JArbSchG). Diese Erstuntersuchung muss in-

nerhalb der letzten 14 Monate vor Beschäftigungsaufnahme durchgeführt werden. Der Arzt hat

unter Berücksichtigung der Krankheitsvorgeschichte des Jugendlichen und aufgrund der Unter-

suchungen zu beurteilen, ob die Gesundheit oder die Entwicklung des Jugendlichen durch die

Ausführung bestimmter Arbeiten oder durch die Beschäftigung während bestimmter Zeiten ge-

fährdet wird. Außerdem hat der Arzt festzustellen, ob besondere der Gesundheit dienende

Maßnahmen erforderlich sind und ob eine außerordentliche Nachuntersuchung gemäß § 35

Abs. 1 JArbSchG erforderlich ist. Der untersuchende Arzt hat eine Bescheinigung darüber aus-

zustellen, dass die Untersuchung stattgefunden hat. In der Bescheinigung sollen die Arbeiten

vermerkt werden, durch deren Ausführung der Arzt die Gesundheit oder die Entwicklung des

Jugendlichen für gefährdet hält. Der Gefährdungsvermerk führt gemäß § 49 JArbSchG zu

einem Beschäftigungsverbot in Bezug auf die entsprechende Arbeit. Das Beschäftigungsverbot

kann von der zuständigen Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit einem Arzt aufgehoben wer-

den (ggf. in Verbindung mit bestimmten Auflagen). Inhalt und Umfang der Untersuchungen sind

in der Jugendarbeitsschutzuntersuchungsverordnung (JArbSchUV) geregelt.

Die Kosten für die Untersuchungen trägt das Land. Erst- und Nachuntersuchungen werden

nach Ziffer 32 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit dem einfachen Satz, also mit

EUR 23,31 vergütet.

Überlegungen der Arbeitsgruppe:

Am Charakter der Erstuntersuchung als Pflichtuntersuchung sollte festgehalten werden. Aus

Sicht der Arbeitsgruppe kann die Qualität der Erstuntersuchung durch ein Bündel verschiedener

Maßnahmen gesteigert werden. So könnte die arbeits- und betriebsmedizinische Qualifikation

der untersuchenden Ärztinnen und Ärzte verbessert werden. Der Forschungsbericht der TU

Dresden empfiehlt, nur solche Ärztinnen und Ärzte die Erstuntersuchung durchführen zu lassen,

die entweder über eine Qualifikation als Arbeits- und Betriebsmedizinerinnen und -mediziner

verfügen oder eine Fortbildung in diesem Bereich absolviert haben. Ebenfalls empfehlenswert

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ist eine Stärkung der Prävention und der ärztlichen Beratung der Jugendlichen im Rahmen der

Erstuntersuchung. Bei der Erstellung eines Curriculums für die arbeitsmedizinische Fortbildung

der Medizinerinnen und Mediziner müsste die Bundesärztekammer mit einbezogen werden. Die

Erstuntersuchung bietet die Chance, gerade denjenigen Jugendlichen präventive Gesund-

heitsmaßnahmen und -beratung zukommen zu lassen, die frühzeitig die Schule beenden und

ins Erwerbsleben eintreten. Gerade diese Jugendlichen werden im Rahmen anderer Präventi-

onsmaßnahmen oft schwer erreicht. Im Fall der Umsetzung der angeregten Veränderungen

müsste geklärt werden, ob die bisher vorgesehene Vergütung ausreichend ist, und außerdem

die Kostenträgerschaft überprüft werden. So könnte eine stärker präventiv ausgerichtete Ziel-

stellung der Erstuntersuchung Krankheiten vermeiden helfen und dadurch ggf. zu Kostenein-

sparungen im Gesundheitsbereich führen. Eine Übertragung der Kosten auf Sozialversiche-

rungsträger könnte deshalb in Erwägung gezogen werden.

3.4.2 Erste Nachuntersuchung

Gesetzliche Regelung:

Ein Jahr nach Aufnahme der ersten Beschäftigung durch einen Jugendlichen hat sich der Ar-

beitgeber die Bescheinigung eines Arztes über die Durchführung einer ersten Nachuntersu-

chung des Jugendlichen, die zu diesem Zeitpunkt nicht länger als drei Monate zurück liegen

darf, vorlegen zu lassen (§ 33 JArbSchG). Wird diese Bescheinigung nicht vorgelegt, führt dies

14 Monate nach Aufnahme der ersten Beschäftigung zu einem Beschäftigungsverbot.

Überlegungen der Arbeitsgruppe:

Die Nachuntersuchung sollte unabhängig von der konkreten Belastungssituation der Jugendli-

chen eine Pflichtuntersuchung bleiben. Am Zeitpunkt der Nachuntersuchung (Vorlage der Be-

scheinigung ein Jahr nach Aufnahme der ersten Beschäftigung, § 33 Abs. 1 JArbSchG) sollte

festgehalten werden. Präventive Aspekte und arbeitsbezogene Faktoren sollten stärker berück-

sichtigt werden, um eine höhere Arbeitsplatzbezogenheit der Nachuntersuchung zu erreichen.

Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, Ärztinnen und Ärzte mit einer arbeits- und be-

triebsmedizinischen Qualifikation mit der Durchführung der ersten Nachuntersuchung zu

betrauen, sofern flächendeckend entsprechend qualifizierte Medizinerinnen und Mediziner vor-

handen sind.

Auch in Bezug auf die Nachuntersuchung ist die Frage der Kostenträgerschaft zu überprüfen.

Bei einer stärkeren Arbeitsplatzbezogenheit der Nachuntersuchung und ihrer Durchführung

durch Arbeits- und Betriebsmedizinerinnen und -mediziner könnte eine Übertragung der Kos-

tentragungspflicht von den Ländern auf die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erwogen werden.

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Eine Verpflichtung zur Nachuntersuchung unabhängig vom Alter der Betroffenen (d. h. auch,

wenn die Jugendlichen zwischenzeitlich volljährig geworden sind) wurde zum Teil als wün-

schenswert erachtet, im Ergebnis aber im Rahmen des konkreten Anwendungsbereichs des

Jugendarbeitsschutzgesetzes verworfen. Darüber hinaus würde dies zu einer unterschiedlichen

Behandlung im Vergleich zu jungen Erwachsenen führen, die erstmals ins Berufsleben eintre-

ten.

3.4.3 Weitere Nachuntersuchungen

Gesetzliche Regelung:

Nach Ablauf jedes weiteren Jahres nach der ersten Nachuntersuchung kann sich der Jugendli-

che gemäß § 34 JArbSchG erneut nachuntersuchen lassen. Der Arbeitgeber soll auf diese

Möglichkeit hinweisen und darauf hinwirken, dass der Jugendliche ihm die Bescheinigung über

die weitere Nachuntersuchung vorlegt.

Überlegungen der Arbeitsgruppe:

Der Forschungsbericht der TU Dresden empfiehlt, auf die weiteren Nachuntersuchungen zu

verzichten. Die Regelung spielt in der Praxis aufgrund des Alters der betroffenen Jugendlichen

bei Beschäftigungsbeginn kaum eine Rolle. Im Hinblick auf das Ziel, den Präventionsgedanken

im Jugendarbeitsschutzgesetz zu stärken, sollte die Vorschrift beibehalten werden.

3.4.4 Außerordentliche Nachuntersuchung

Gesetzliche Regelung:

§ 35 JArbSchG sieht vor, dass der Arzt eine außerordentliche Nachuntersuchung anordnen soll,

wenn eine Untersuchung ergibt, dass ein Jugendlicher hinter dem seinem Alter entsprechenden

Entwicklungsstand zurückgeblieben ist, gesundheitliche Schwächen oder Schäden vorhanden

sind oder die Auswirkungen der Beschäftigung auf die Gesundheit oder Entwicklung des Ju-

gendlichen noch nicht zu übersehen sind.

Überlegungen der Arbeitsgruppe:

Die außerordentliche Nachuntersuchung sollte erhalten bleiben.

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3.4.5 Abweichen von Fristen / Datenerhebung

Gesetzliche Regelung:

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 JArbSchG kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung bestim-

men, dass die Erstuntersuchung, die erste Nachuntersuchung sowie die weiteren Nachuntersu-

chungen zusammen mit Untersuchungen nach anderen Vorschriften durchzuführen sind, wenn

dies dazu dient, mehrere Untersuchungen innerhalb eines kurzen Zeitraums zu vermeiden. Da-

bei kann von der Frist von 14 Monaten, die zwischen Untersuchung und Beschäftigungsbeginn

maximal liegen dürfen, um bis zu drei Monate abgewichen werden.

Überlegungen der Arbeitsgruppe

Diskutiert wurde, auf die Festlegung des Abweichungszeitraums (drei Monate) ganz zu ver-

zichten, um in größerem Umfang insbesondere die Erstuntersuchung zusammen mit anderen

Untersuchungen, wie etwa Schulabgangsuntersuchungen, durchführen zu können. Im Ergebnis

wurde der Vorschlag verworfen. Ziel der Erstuntersuchung ist es, den Entwicklungszustand der

Jugendlichen zeitnah vor dem Berufseintritt zu beurteilen. Könnten zwischen Untersuchung und

Berufsbeginn mehr als 17 Monate liegen, ist die Erreichung dieses Ziels gefährdet.

Der Forschungsbericht der TU Dresden empfiehlt die kontinuierliche, flächendeckende, EDV-

gestützte Erfassung und Aufbereitung der Untersuchungsdaten. Diese Daten könnten zu wis-

senschaftlichen Zwecken, aber auch für die Formulierung konkreter quantitativ zu formulieren-

der Gesundheitsziele genutzt werden. Für die Datenverarbeitung müssten die notwendigen ge-

setzlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Vorab wäre dabei zu klären, ob tatsächlich ein

Interesse an diesen Daten, etwa seitens des Bundesgesundheitsministeriums oder des Robert-

Koch-Instituts besteht. Geklärt werden müsste in diesem Zusammenhang dann auch, wer

eventuelle Kosten für die notwendige Software, die den Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung zu

stellen wäre, übernehmen würde.

3.4.6 Untersuchungsberechtigungsscheine

Die von der Bundesregierung im Jahr 2010 eingesetzte Kommission zur Erarbeitung von Vor-

schlägen zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung (Gemeindefinanzkommission) hat zur fi-

nanziellen Entlastung der Kommunen unter anderem vorgeschlagen, die im Bundesrecht ge-

mäß § 2 JArbSchUV vorgesehene Ausstellung von Untersuchungsberechtigungsscheinen für

die ärztlichen Untersuchungen nach dem JArbSchG zu streichen.

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Die Arbeitsgruppe empfiehlt, die Regelung in der Jugendarbeitsschutzuntersuchungsverord-

nung derzeit nicht zu ändern. Die Einführung der Regelung geht auf eine Initiative des Bundes-

rates zurück und dient der Vermeidung von Doppeluntersuchungen und Doppelliquidationen.

Die Kosten der Untersuchungen tragen die Länder. Die Untersuchungsberechtigungsscheine

werden von einer nach Landesrecht zuständigen Stelle - und damit nicht notwendiger Weise

von den Kommunen - ausgegeben. In der Praxis werden die Berechtigungsscheine an die Ju-

gendlichen z. B. auch durch Schulen, Arztpraxen oder Arbeitsschutzbehörden ausgegeben. Es

bedarf somit zur Entlastung der Kommunen grundsätzlich nicht eines Verzichts auf die Aus-

stellung der Berechtigungsscheine. Die Position der Arbeitsgruppe entspricht auch dem Ergeb-

nis einer Befragung der Länder durch das BMAS im Rahmen der Prüfung des Vorschlags der

Gemeindefinanzkommission. Bis auf ein Land haben sich alle Länder dagegen ausgesprochen,

auf die Ausstellung der Untersuchungsberechtigungsscheine zu verzichten.

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4 Fazit

Der Jugendarbeitsschutz in Deutschland hat ein hohes Niveau. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe

setzt sich dafür ein, dieses hohe Niveau zur Sicherheit und zum Schutz von Kindern und Ju-

gendlichen bei der Arbeit zu erhalten. Insbesondere wird eine Erweiterung der Nachtarbeit oder

eine stärkere Ausdehnung der Arbeitszeit nicht befürwortet.

Eine Überarbeitung des Gesetzes käme nach übereinstimmender Auffassung der Arbeits-

gruppe aus fachlichen Gründen in Frage. Eine Neustrukturierung des Gesetzes, ein ausführli-

cher Definitionsteil am Anfang des Gesetzes, eine anwenderfreundlichere Rechtssprache sowie

inhaltliche Änderungen, die im Einzelfall praktikablere und flexiblere Lösungen als bisher er-

möglichen, könnten einen Beitrag dazu leisten, das Verständnis für die Anforderungen des Ju-

gendarbeitsschutzes bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, Eltern, Kindern und Jugendlichen

zu erhöhen.

Gleichzeitig stellt die Arbeitsgruppe fest, dass der ermittelte Änderungsbedarf nicht so grundle-

gend ist, dass ein unmittelbarer gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht.

Sowohl die Ergebnisse der Forschungsprojekte als auch die Expertengespräche legen den

Schluss nahe, dass es in der Praxis Defizite in der Umsetzung des Jugendarbeitsschutzgeset-

zes gibt, etwa in Bezug auf die Vorschriften zur Dauer der Arbeitszeit und zur Nachtruhe. Daher

empfiehlt die Arbeitsgruppe, dass sich die für den Vollzug des Jugendarbeitsschutzgesetzes

zuständigen Länder mit dieser Thematik weiter befassen.

Mit der Vorlage dieses Abschlussberichts beendet die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Über-

prüfung des Jugendarbeitsschutzgesetzes ihre Arbeit.

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Anhang

Behörden des Bundes und der Länder, deren Vertreterinnen und Vertreter

Mitglieder in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Überprüfung des

Jugendarbeitsschutzgesetzes waren (Stand: Mai 2011)

Baden-Württemberg:Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren des Landes Baden-Württemberg

Bayern:Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen

Brandenburg:Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Brandenburg

Bremen:Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales der Freien Hansestadt Bremen

Hamburg:Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg

Hessen:Hessisches Sozialministerium

Niedersachsen:Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration

Nordrhein-Westfalen:Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen

Rheinland-Pfalz:Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz

Saarland:Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz des Saarlandes

Thüringen:Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit

BundBundesministerium für Arbeit und Soziales

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin