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R. Keitzer Akutes rheumatisches Fieber (ARF) und Poststreptokokken reaktive Arthritis (PSRA) – Ein Update Z Rheumatol 64:295–307 (2005) DOI 10.1007/s00393-005-0749-x ZfRh 749 BEITRAG ZUM SCHWERPUNKTTHEMA Eingegangen: 11. April 2005 Akzeptiert: 2. Mai 2005 Dr. Rolf Keitzer ( ) ) Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie und Immunologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1 13353 Berlin E-Mail: [email protected] Acute rheumatic fever (ARF) and poststreptococcal reactive arthritis (PSRA) – an update n Zusammenfassung Betahämoly- sierende Streptokokken der Grup- pe A sind in der Lage, eine Reihe von immunologischen Folge- krankheiten auszulösen, die von den immunogenen Eigenschaften (M-Proteinen) der Erreger und der individuellen Immunantwort abhängen. Akutes rheumatisches Fieber (ARF) wird nach den Jones Kriterien diagnostiziert, die – nach mehreren Nachbesserun- gen und Revisionen – zuletzt 1992 mit Ausnahmeregeln kombi- niert und revidiert wurden. Ob- wohl die Echokardiographie wei- ter außerhalb der Jones Kriterien Anwendung findet, hat sie einen hohen Stellenwert, zumal die Hälfte der rheumatischen Herzer- krankungen klinisch inapparent verläuft. Die Diagnose ARF kann erschwert sein, wenn die Arthritis das einzige Hauptkriterium dar- stellt, insbesondere wenn sie nicht (wie gehäuft aus Hochrisikoregio- nen berichtet) dem klassischen migratorischen Muster entspricht. Poststreptokokken reaktive Ar- thritis (PSRA) wurde als eigen- ständige Erkrankung und als Sonderform des ARF beschrieben, bisher fehlen eindeutige validierte Diagnosekriterien, ebenso existie- ren keine akzeptierten Empfeh- lungen zur Antibiotikaprophylaxe bei PSRA. n Summary Betahemolytic strains of streptococcus A are able to induce a spectrum of immuno- logically induced diseases, de- pending on the immunogenic M structure of the bacteria as well as on the genetic determined reaction of the host. In acute rheumatic fever (ARF) the Jones criteria, re- vised and modified several times and updated in 1992, remain the diagnostic standard. Echocardio- graphy, still not included in the Jones criteria, has become a very important diagnostic tool, espe- cially as half of the ARF induced carditis cases are clinically inap- parent. Diagnosis may be very difficult if arthritis is the only major sign, especially if not oc- curring in the typical migrating pattern, a fact frequently reported from countries with a high risk of ARF. Poststreptococcal reactive arthritis (PSRA) has been de- scribed as a different entity as well as a part of rheumatic fever. There is a lack of validated diagnostic criteria to establish a reliable di- agnosis. There are no accepted recommendations for antibiotic prophylaxis in PSRA. n Schlüsselwörter Rheumatisches Fieber – Poststreptokokken reaktive Arthritis – Jones Kriterien – Jones criteria – PSRA – ARF n Key words Rheumatic fever – poststreptococcal reactive arthritis – Jones criteria – PSRA – ARF

Akutes rheumatisches Fieber (ARF) und Poststreptokokken reaktive Arthritis (PSRA)—

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R. Keitzer Akutes rheumatisches Fieber (ARF)und Poststreptokokken reaktive Arthritis(PSRA) –Ein Update

Z Rheumatol 64:295–307 (2005)DOI 10.1007/s00393-005-0749-x

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h749

BEITRAG ZUM SCHWERPUNKT THEMA

Eingegangen: 11. April 2005Akzeptiert: 2. Mai 2005

Dr. Rolf Keitzer ())Klinik für Pädiatrie mit SchwerpunktPneumologie und ImmunologieCharité – Universitätsmedizin BerlinAugustenburger Platz 113353 BerlinE-Mail: [email protected]

Acute rheumatic fever (ARF) andpoststreptococcal reactive arthritis(PSRA) – an update

n Zusammenfassung Betahämoly-sierende Streptokokken der Grup-pe A sind in der Lage, eine Reihevon immunologischen Folge-krankheiten auszulösen, die vonden immunogenen Eigenschaften(M-Proteinen) der Erreger undder individuellen Immunantwortabhängen. Akutes rheumatischesFieber (ARF) wird nach den

Jones Kriterien diagnostiziert, die– nach mehreren Nachbesserun-gen und Revisionen – zuletzt1992 mit Ausnahmeregeln kombi-niert und revidiert wurden. Ob-wohl die Echokardiographie wei-ter außerhalb der Jones KriterienAnwendung findet, hat sie einenhohen Stellenwert, zumal dieHälfte der rheumatischen Herzer-krankungen klinisch inapparentverläuft. Die Diagnose ARF kannerschwert sein, wenn die Arthritisdas einzige Hauptkriterium dar-stellt, insbesondere wenn sie nicht(wie gehäuft aus Hochrisikoregio-nen berichtet) dem klassischenmigratorischen Muster entspricht.Poststreptokokken reaktive Ar-thritis (PSRA) wurde als eigen-ständige Erkrankung und alsSonderform des ARF beschrieben,bisher fehlen eindeutige validierteDiagnosekriterien, ebenso existie-ren keine akzeptierten Empfeh-lungen zur Antibiotikaprophylaxebei PSRA.

n Summary Betahemolyticstrains of streptococcus A are ableto induce a spectrum of immuno-logically induced diseases, de-pending on the immunogenic Mstructure of the bacteria as well ason the genetic determined reaction

of the host. In acute rheumaticfever (ARF) the Jones criteria, re-vised and modified several timesand updated in 1992, remain thediagnostic standard. Echocardio-graphy, still not included in theJones criteria, has become a veryimportant diagnostic tool, espe-cially as half of the ARF inducedcarditis cases are clinically inap-parent. Diagnosis may be verydifficult if arthritis is the onlymajor sign, especially if not oc-curring in the typical migratingpattern, a fact frequently reportedfrom countries with a high risk ofARF. Poststreptococcal reactivearthritis (PSRA) has been de-scribed as a different entity as wellas a part of rheumatic fever. Thereis a lack of validated diagnosticcriteria to establish a reliable di-agnosis. There are no acceptedrecommendations for antibioticprophylaxis in PSRA.

n Schlüsselwörter RheumatischesFieber – Poststreptokokkenreaktive Arthritis –Jones Kriterien – Jones criteria –PSRA – ARF

n Key words Rheumatic fever –poststreptococcal reactive arthritis– Jones criteria – PSRA – ARF

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Einleitung

Infektionen mit Streptokokken der Lancefield-Grup-pe-A waren bis zur Entwicklung antimikrobiellerSubstanzen im Kindesalter häufig mit fatalen Kom-plikationen verbunden. Schwere lebensbedrohlicheVerläufe bei Scharlach, septische Komplikationenund auch Streptokokkenfolgekrankheiten traten da-mals häufig auf. Streptokokken der Gruppe A und Bwaren zudem – vor der Einführung der Händedes-infektion – die Haupterreger des häufig tödlichenKindbettfiebers [40].

Heute verlaufen die Erkrankungen meist wenigerschwer und Streptokokkenfolgeerkrankungen sinddeutlich seltener geworden. Die Erkrankungsfre-quenz und der -schweregrad – ebenso wie die im-munologischen Folgeerkrankungen – waren auchschon vor Einführung der Antibiotika über Jahr-zehnte erheblichen zyklischen Häufigkeitsschwan-kungen unterworfen [36]. Schwere Organ- undWeichteilinfektionen kommen weiterhin vor und ha-ben in die Laienpresse unter den Begriffen „Killer-streptokokken“ und „fleischfressende Bakterien“Eingang gefunden. Während von der Disposition zuder Erkrankung – außer der Assoziation mit Varizel-len als Eintrittspforte – wenig bekannt ist, wurdendie genetischen Merkmale und Virulenzeigenschaf-ten der aggressiven und immunogenen Erreger nä-her charakterisiert [40, 61, 62].

�-hämolysierende Streptokokken der Gruppe Asind in der Lage, eine Reihe von schwerwiegendenNachkrankheiten auszulösen, die als immunologi-sche Reaktion in unterschiedlichen Zeitintervallennach der Infektion auftreten (Tab. 1).

Akutes Rheumatisches Fieber (ARF)

n Epidemiologie

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war dasakute rheumatisches Fieber eine häufige und ge-fürchtete Erkrankung, die mit ihren kardialen Folgen– nach Statistiken von 1935 – für bis zu 5% aller To-desfälle bei Kindern und jungen Erwachsenen ver-antwortlich war. Mittlerweile ist die Erkrankung umden Faktor 50 seltener geworden und wird infolge-dessen – auch wegen der Variabilität der klinischenErscheinungen – nicht selten zu spät diagnostiziert.Die aktuelle Inzidenz in den Industrieländern wirdmit < 1–5/100 000 angegeben und liegt damit hier inder Häufigkeitsstatistik für erworbene Herzerkran-kungen bei Kindern weit hinter dem Kawasaki-Syn-drom.

Andererseits erinnern die Endemien in den USA(„Utah outbreak“), die hohe Frequenz unter der Ur-bevölkerung von Hawaii, Australien und Neuseelandsowie die weiterbestehende Häufigkeit in den Ent-wicklungsländern (10–20 Millionen Fälle/Jahr) da-ran, dass die Erkrankung keineswegs verschwundenist. In den letzten 12 Jahren sind allein in Berlinüber 80 Fälle von ARF beobachtet worden [8, 27,56]. Bevorzugt tritt das rheumatische Fieber jenseitsdes 4. Lebensjahres auf, mit einem Häufigkeitsgipfelum das 10. Lebensjahr. Erkrankungen im frühenKleinkindalter oder bei Erwachsenen sind selten,kommen aber vor [51].

n Ätiologie und Pathogenese

Beim akuten rheumatischen Fieber handelt es sichum eine immunologische Folgeerkrankung meistnach Infektionen der oberen Luftwege mit �-hämoly-sierenden Streptokokken der Gruppe A bestimmterM-Serotypen. Die Immunreaktion kann verschiedeneOrgane befallen. Die Bedeutung der frühzeitigenDiagnose des rheumatischen Fiebers liegt nicht nurin der akuten Erkrankung und differenzialdiagnosti-schen Abgrenzung, sondern insbesondere in denschwerwiegenden kardialen Folgen. Der überlieferteLeitspruch „das akute rheumatische Fieber streicheltdie Gelenke und beißt das Herz“ hat unverändertBedeutung, insbesondere für Erkrankungsrezidive.

Die Erkrankung tritt 1–4 Wochen nach einer In-fektion auf, in den Industrieländern fast immer nacheiner Tonsillopharyngitis oder Bronchitis mit �-hä-molysierenden Streptokokken der Gruppe A (GAS).Extrapharyngeale Streptokokken-Infektionen (Haut,Weichteile) gelten bisher als nicht rheumatogen, undStreptokokken, die eine akute Glomerulonephritisnach sich ziehen, induzieren nur sehr selten ein aku-

296 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 64, Heft 5 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Tab. 1 Streptokokkenfolgekrankheiten – Zeitintervall zur Infektion

Erkrankung Mittleres Zeitintervall(Wochen)

n Erythema nodosum 1, Purpura Schönlein Henoch 1,5n Poststreptokokkenglomerulonephritis 1,5n Rheumatisches Fieber (ohne Chorea) 2,5n Poststreptokokken-reaktive Arthritis (PSRA) 1–1,5n Chorea minor 8–30n PANDAS 2 – Ersterkrankung 25–30?

PANDAS 2 – Rezidiv, Schub 1–2?n Streptokokkenassoziierte „akute disseminierte

Enzephalo-Myelitis (ADEM)“??

n Sklerödema (Buschke) 1–6Erkrankungen mit fraglicher Zuordnung:Polyarteriitis nodosa? Uveitis?

1 In Westeuropa sind Streptokokken A häufigster Auslöser;2 Pediatric – Autoimmune – Neuropsychiatric – Disorders – Associated withStreptococcal – Infections

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tes rheumatisches Fieber (ARF). Allerdings lassenneue epidemiologische Daten aus Australien undNeuseeland, wo unter den Ureinwohnern die welt-weit höchste Inzidenz an ARF vorliegt, Zweifel andieser Hypothese aufkommen. Hier werden häufigdem ARF vorangehende Hautinfektionen durchStreptokokken-A und Infektionen durch Streptokok-ken – non A gefunden – bei einer sehr niedrigenStreptokokkenbesiedlung des Rachens und der obe-ren Luftwege. Inwieweit hier der Austausch von ge-netischen Determinanten unter den Streptokokken-stämmen eine Rolle spielt ist Gegenstand der For-schung [8].

Das ARF gilt als klassisches Beispiel für immuno-logische Kreuzreaktivität („molecular mimicry“).Dabei können bakterielle (und virale) Antigene, dievom Immunsystem als Fremdantigene erkannt wer-den, zu einer Immunantwort führen, die mit körper-eigenem Gewebe kreuzreagiert. Offenbar können nurbestimmte Streptokokkentypen den rheumatischenProzess initiieren, hier sind die Kreuzreaktionen mitkardialen und neuronalen Gewebsantigenen von be-sonderer klinischer Bedeutung.

Wichtig für die Auslösung des ARF sind dieM-Proteine an der Oberfläche der Streptokokken,letztere und die Schleimkapsel stellen Virulenzfak-toren dar und bestimmen offenbar auch die „Rheu-matogenität“ der Streptokokken, vgl. Tab. 2 [2].

Eine individuelle und familiäre Disposition ist be-kannt, es erkranken auch bei Endemien nur <3%der mit dem rheumatogenen Streptokokkenstamminfizierten Personen an ARF. Die Ausprägung desHLA Merkmals DRB1*16 und des B-ZellmarkerD8/17 scheinen für ARF zu disponieren, Angabenüber familiäre Erkrankungen schwanken allerdingserheblich von 5 bis 64% [22]. Inwieweit auf derWirtsseite individuelle genetische Polymorphismenvon Moderatoren der unspezifischen Entzündungs-aktivierung (z. B. „toll-like receptor“ Mutationen)

eine Rolle spielen, ist Gegenstand aktueller Unter-suchungen [43].

Während die flüchtige Polyarthritis bei ARF alsImmunkomplexmanifestation am Gelenk aufgefasstwerden, müssen Herzerkrankung und Chorea minorals Folge des Auftretens von kreuzreagierenden Anti-körpern zwischen Streptokokken-M-Proteinen undHerzmuskel (insbes. Myosin, aber auch Aktin, Kera-tin, Vimentin, Sarkolemm-Membran u. a.) bzw.Streptokokken und Nervenzellen im ZNS verstandenwerden. Durch molekularbiologische Methoden istes inzwischen gelungen, kardiale kreuzreagierendeAutoantigene besser zu definieren. Besonders großeHomologien zeigten sich zwischen M5-Protein aufder einen und Zytokeratin 8, Schwerketten-Myosinund Tropomyosin auf der anderen Seite. Andere Un-tersuchungen konzentrierten sich auf Kreuzreaktio-nen mit Gehirngewebe, die durch M-Proteine 5 und19, in erster Linie aber durch M-Protein 6 hervor-gerufen wurden [6].

Andere Komponenten der Streptokokken (Exo-toxine A, B, C) zeigen Eigenschaften von Superanti-genen, die Immunreaktionen verstärken [8]. Einemögliche Verbindung zwischen der Fähigkeit einzel-ner Streptokokken zur Kollagenbindung und derEntwicklung von Kollagenantikörpern konnte unterVerwendung der Erregertypen des nordamerikani-schen Ausbruchs von ARF in den 1980er Jahren (M3und M18) von einer deutschen Arbeitsgruppe auf-gezeigt werden [17].

n Klinik und Diagnosestellung

In den Diagnosekriterien nach Jones sind die wich-tigsten klinischen Symptome aufgelistet. Diese Krite-rien wurden 1944 ursprünglich für retrospektive Un-tersuchungen entwickelt und inzwischen dreimal re-vidiert (Tab. 3). Die Unschärfe der Kriterien zeigtsich auch an den zahlreichen Ausnahmen, die seitder letzten Revision (1992) zugelassen sind (Tab. 4).

In den Originalkriterien war eine vorangegangeneEpisode von ARF in der Vorgeschichte als Hauptkri-terium aufgeführt und bedurfte nur noch 2 zusätz-licher Nebenkriterien. Heute ist die Diagnose „ARFbei Rezidiv“ als Ausnahme der Jones Kriterien defi-niert. Gelenkerscheinungen waren als Hauptkriteri-um gelistet, wurden dann in Arthritis (Hauptkriteri-um) und Arthralgien (Nebenkriterium) unterteilt.Erythema marginatum war initial nur als Nebenkri-terium aufgeführt, wurde dann wegen der hohenSpezifität aufgewertet. Die Hinweise auf die voran-gegangene Streptokokkeninfektion wurde ursprüng-lich als Nebenkriterium gewichtet, gilt jetzt als Vo-raussetzung für die Diagnosestellung „ARF“ nachden Jones Kriterien. Der Streptokokkenschnelltest

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Tab. 2 Beziehung von Kapselproteinen (M-Typen), Virulenzfaktoren und klini-scher Erkrankung bei A-Streptokokkeninfektionen (häufigste Erregertypen fett-gedruckt)

Tonsillitis/Pharyngitis/Scharlach

Impetigo Alle Infektionen

Rheumatogene StämmeM 1, 3, 5, 6, 14, 18, 19, 24

Nephritogene StämmeM 2, 49, 55, 57, 60

StämmeM 1, 3, 4, 6, 11, 12, 28

+ nephritogene StämmeM 1, 4, 12

+ Toxine(Superantigene)

� � �n Akutes rheumatisches

Fiebern Poststreptokokken-

glomerulonephritis

n Poststreptokokken-glomerulonephritis

n Streptokokken„Toxic shocksyndrome“

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wurde in die Nachweisverfahren aufgenommen. AlsAusnahmen (das bedeutet Diagnose ARF ohne Erfül-lung der Jones Kriterien) wurden Rezidiv eines ARF,und retrospektive rheumatisch gedeutete Herzfehleraufgenommen.

Formell werden die Kriterien von zahlreichen sys-temisch verlaufenden Arthritisformen anderer Gene-se erfüllt. Andererseits bleiben weiterhin echokardio-graphische Kriterien bei der Diagnosestellung nachJones unberücksichtigt. Bemerkenswert ist in diesemZusammenhang, dass bei dem „Utah outbreak“ ca.80% aller Patienten echokardiographisch eine Herz-beteiligung aufwiesen, die zur Hälfte klinisch inap-parent verlief. Auch an diesem Punkt wird die Limi-tierung der Jones Kriterien deutlich und die Bedeu-tung der Echokardiographie in differenzialdiagnos-tisch schwieriger Situation bestätigt [27, 56]. ZurUnterscheidung der Minimalbefunde von Klappenin-suffizienzen, die durch die sensible Farbdopplertech-

nik gefunden werden, wurden Kriterien zur Abgren-zung vorgeschlagen [57]. Allerdings besteht dasProblem der Überdiagnostik sog. trivialer Klappen-insuffzienzen und das Auftreten von transitorischenKlappeninsuffizienzen bei Fieber und bei Myokard-beteiligung im Rahmen viraler Infekte [63].

Die Hauptkriterien des ARF werden im Folgendennäher charakterisiert:

Die Arthritis ist meist mit periartikulärer Schwel-lung, Rötung, Überwärmung und starkem Schmerz,aber auch Berührungsempfindlichkeit verbunden,typischerweise findet sich eine migratorische oderadditive Polyarthritis.

Meist sind die großen Gelenke betroffen, aber auchdie Finger-, Zehen- sowie die Zwischenwirbelgelenkekönnen in bis zu 25% der Fälle beteiligt sein.

Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, den Beginn ei-ner antiphlogistischen Therapie um 24 Stunden zuverschieben, um den migratorischen Gelenkbefall zu

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Tab. 3 Die Evolution der Jones Kriterienmodifiziert nach [37] Modifikation 16 Revision 17,18

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erfassen und damit einen wichtigen differenzialdiag-nostischen Hinweis zu erhalten – zur Schmerzlin-derung können zur Überbrückung Analgetika einge-setzt werden (Tab. 5).

Die rheumatische Karditis ist die prognostischbedeutsamste Manifestation, die alle Herzabschnittebetreffen und auch in der Frühphase zum Todführen kann. Als diagnostisches Kriterium nachJones werden nur klinische Befunde zugelassen(vgl. Tab. 4). Die Häufigkeit der Herzbeteiligungwird für die Ersterkrankung ARF in älteren Publika-tionen mit 40% angegeben. Während der Epidemiender 1980er Jahre in den USA zeigte sich bei ca. 80%der Patienten – unter Einbeziehung dopplerechokar-diographischer Daten – eine Herzbeteiligung [55].Nach Daten der Ära vor Einführung der Doppler-echokardiographie galt die isolierte Mitralinsuffi-zienz (60%) als die häufigste kardiale Manifestation,danach folgte die Kombination von Aorten- und Mit-ralinsuffizienz (30%) und die isolierte Aortenin-suffizienz (10%). Eine Trikuspidalinsuffizienz wirdnur in Kombination beschrieben, die Pulmonalklap-pe ist fast nie beteiligt. Die frühen Herzbeteiligungensind meist durch Klappenverquellungen mit Schlus-sunfähigkeit der Randleisten bedingt oder Folge ei-ner Herzdilatation und bilden sich in 65–75%zurück. Definitive Herzfehler entstehen oft erst spä-ter durch Rezidive. Endokarditis verrucosa undAschoffsche Granulome gefolgt von Vernarbung sindspätere Stadien der Erkrankung, die in kombinierte

Herzfehler mit Insuffizienz und Stenose mündenkönnen.

Pathoanatomisch findet sich initial eine Endokar-ditis serosa mit glasigen Veränderungen an denKlappenrändern mit Ödem im Subendothel, späterfolgt eine flächenförmige Fibrinausfällung, erst da-nach die Endokarditis verrucosa rheumatica. Erst indieser späten Phase finden sich die AschoffschenKnötchen (Abb. 1). Die Heilung erfolgt mit Vernar-bung und hyaliner Sklerose [4].

Die Abgrenzung der bei Fieber auftretenden funk-tionellen Herzgeräusche von pathologischen Geräu-schen ist auch für den Geübten nicht immer eindeu-tig, hier kann die Echokardiographie zur Bestäti-gung eingesetzt werden. Larvierte Verläufe betreffenErsterkrankungen und insbesondere Rezidive, mankann eine erhebliche Dunkelziffer vermuten.

Obwohl die Echokardiographiebefunde auch beider letzten Revision nicht in die Jones Kriterien einge-

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Tab. 4 Jones Kriterien 1992 nach [49]

Hauptkriterien: Karditis *, Polyarthritis, Chorea, Erythema marginatum,subkutane KnötchenNebenkriterien: Fieber, Arthralgien, BSG + CRP Erhöhung, verlängertesPR IntervallDie Diagnose ARF kann gestellt werden bei:2 Hauptkriterien oder 1 Hauptkriterium + 2 Nebenkriterien.In beiden Fällen wird die Diagnose ARF als hochwahrscheinlichangesehen!Zusätzlich unabdingbar: Nachweis einer Streptokokkeninfektion(Kultur, Schnelltest, Streptokokkenantikörpererhöhung oder -anstieg)

Ausnahmen der Jones Kriterien: (Diagnose ARF auch ohne Erfüllungder Jones Kriterien zugelassen)1. Chorea minor bedarf keiner weiteren Kriterien, lediglich Ausschlussanderer Choreaursachen.2. Larvierte Karditis (chronische Verlaufsform des RF), die Monate nach derakuten Erkrankung über kardiologische Symptome zur Diagnose führt(Fehlen einer anderen plausiblen Erklärung)3. Rezidive: 1 Hauptkriterium oder Arthralgien oder unkl. Fieber oderunkl. CRP – Erhöhung jeweils im Zusammenhang mit Hinweisenfür Streptokokkeninfektion lassen die Diagnose eines Rezidivs zu.Für die Ausnahmen 1 + 2 werden die Hinweise auf Streptokokkeninfektionnicht mehr gefordert (lange Latenzzeit!)

* Die Diagnose ist ausschließlich nach klinischen Kriterien definiert (echokar-diographische Befunde sind nicht einzubeziehen)

Abb. 1 Myokardbiopsie: Aschoff Granulome

Tab. 5 Charakteristika der Arthritis bei ARF

n Akuter Beginn mit heftigen Schmerzen und Bewegungseinschränkung,Rötung, Überwärmung, wenig Erguß, mehr periartikuläre Schwellung

n Typischerweise große Gelenke, polyartikulär, migratorisch oder additiv,untere Extremität zuerst, aber auch kleine Gelenke (25%) wie Finger-,Zehen-, Zwischenwirbelgelenke (schmerzbedingteImmobilität = Pseudoparalyse)

n Starke Berührungsempfindlichkeit der Gelenke in Diskrepanzzum geringen physikalischen Befund (kann zu Fehldeutung führen).

n Differenzierung Arthritis – Arthralgie oft nur an der Bewegungsein-schränkung erkennbar. Falls migratorischer Charakter, dann ist dieswichtig für Abgrenzung anderer Arthritiden

n Meist rasches Ansprechen auf Antiphlogistika in 12–24 Stundenn keinerlei Residualschäden, komplette Rückbildung binnen spätestens

3 Wochen

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gangen sind, ist diese Methode für die Beurteilung derHerzbeteiligung unverzichtbar. Ein nicht geringer Teilder Patienten zeigt eine silente Karditis. Der hohe Pro-zentsatz der Herzbeteiligung im Rahmen der nord-amerikanischen Utah-Epidemie lässt einen unbe-merkten Eingang der Echokardiographie in die Diag-nosestellung vermuten, zumal die klinischen Auskul-tationsfähigkeiten der aktuellen Ärztegeneration nichtmit denen vor 50 Jahren vergleichbar sein dürften. Umeine Überdiagnostik von dopplerechokardiographi-schen Normvarianten zu vermeiden, hat Veasy Krite-rien für die dopplerechokardiographische Diagnoseeiner silenten Herzbeteiligung vorgeschlagen, dienicht validiert sind, aber für klinische ProblemfälleAnhaltspunkte liefern können vgl. Tab. 6 [57].

Interessanterweise zeigten bei der Utah Epidemie(Tab. 7) 47% der Erkrankten eine klinisch inappa-rente Herzbeteiligung [56].

Erythema marginatum: Klinisch handelt es sich umflüchtige ring- und girlandenförmige Hauterscheinun-gen, die besonders am Stamm auftreten und sich unterzentripetaler Abblassung ausbreiten. Bei den in denletzten Jahrzehnten beschriebenen Fällen war das Ery-thema marginatum extrem selten (< 3%), hat aber einehohe Spezifität. Die klinische Bedeutung ist durch dassehr seltene Vorkommen nur begrenzt (Abb. 2).

Die subkutanen Knötchen sind ebenfalls bei denaus den Industrienationen berichteten Fällen derletzten Jahrzehnte eine Rarität. Sie kommen im Be-reich der Sehnenscheiden, Gelenkkapseln und amPeriost vor und sind histologisch von den Rheuma-knoten bei chronischer Polyarthritis nicht unter-scheidbar. Sie treten so selten auf, dass sie heute ihrediagnostische Bedeutung weitgehend verloren haben.

Die Chorea minor (Synonym: Chorea Sydenham)– in den 1940er Jahren noch bei 50% der Patientenmit ARF beobachtet – tritt derzeit nur in 10–20%der Fälle auf. Sie zeigt sich Wochen bis Monate nachden anderen Zeichen des ARF, nicht selten findetsich anamnestisch kein sonstiges Hauptsymptom desARF, auch anamnestische Angaben über Streptokok-keninfekte fehlen häufig. Das pathologische Bewe-gungsmuster besteht aus abrupt einschießenden un-willkürlichen Bewegungen, die häufig eine schrau-benförmige Komponente und Seitenbetonung aufwei-sen. Die Erkrankung betrifft überwiegend Mädchen,meist mit schleichendem Beginn, mit innerer Unru-he und emotionaler Labilität einhergehend und wirdoft zunächst als Tic oder psychosomatische Erkran-kung fehlgedeutet. Sämtliche Streptokokkenantikör-

300 Zeitschrift für Rheumatologie, Band 64, Heft 5 (2005)© Steinkopff Verlag 2005

Tab. 6 Klinische Zeichen der Karditis bei ARF

n a) Endokarditisn In der Initialphase ausschließlich Klappeninsuffizienzenn Charakteristisch wechselnde Herzgeräuschen Mitralinsuffizienzgeräusch, relatives Mitralstenosegeräusch,

Aorteninsuffizienzgeräusch (schwer auskultierbar)

n b) Myo-, Perikarditisn Perikardreibenn Inadäquate Tachykardie im Schlaf, Arrhythmien

(Verlust des Sinusrhythmus), Galopprhythmusn Zeichen der Kardiomegalie und Herzinsuffizienz,

veminderte Belastbarkeit

Tab. 7 Epidemie in UTAH, USA, n = 99, mod. n. [56]

Organbeteiligung n

Polyarthritis isoliert 14Karditis isoliert 14Chorea isoliert 4Karditis+Polyarthritis 43Karditis+Chorea 14Karditis+Chorea+Polyarthritis 6Polyarthritis+Chorea 4

Gesamtzahl 99

Abb. 2 Erythema marginatum

Tab. 8 Vorgeschlagene Kriterien für die dopplerechokardiographische Diag-nose bei ARF nach [57]

Mitralinsuffizienzn Jet > 1 cm im rechten Vorhofn Darstellung in 2 Ebenen möglichn turbulentes Profiln holosystolisch

Aorteninsuffizienzn Jet > 1 cm im linken Ventrikeln Darstellung in 2 Ebenen möglichn turbulentes Profiln holodiastolisch

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per können fehlen! Andere Ursachen der Choreasind sorgfältig auszuschließen. Die Erkrankung dau-ert meist mehrere Monate, Rezidive und selten auchchronische Verläufe sind beschrieben. Während derUtah-Epidemie war bei 57% der Choreafälle einehäufig auskultatorisch stumme, aber echokardiogra-phisch nachweisbare Mitralinsuffizienz feststellbar.Ein simultanes Auftreten von Chorea mit der Arthri-tismanifestation des ARF ist sehr selten [56]. Thera-peutisch sind für leichte Verlaufsformen Benzodiaze-pine, bei schweren Fällen auch moderne Neurolepti-ka (in Risikoabwägung) als wirksam beschrieben.Eine Steroidbehandlung zeigt häufig keinen sicherenEffekt, kann aber versucht werden.

Mit der Bezeichnung Pediatric-Autoimmune-Neu-ropsychiatric-Disorders-Associated with Streptococ-cal infections (PANDAS) werden neuropsychiatrischeKrankheiten mit Zwangsstörungen wie Tics und dasTourette-Syndrom zusammengefasst, die sich nachStreptokokkeninfektionen der Gruppe A entwickelnoder ein Rezidiv erleiden. Obwohl die Literatur nichteindeutig ist, sprechen wesentliche Daten für eine Au-toimmunreaktion und ähnliche immunologische Me-chanismen wie bei der Chorea minor [35].

So wird der B-Zellmarker D8/17 (Assoziation mitARF und Chorea minor) im Vergleich zu gesundenMenschen um den Faktor 5 häufiger auch bei Patien-ten mit PANDAS gefunden. Auch für Patienten mitAnorexia nervosa ist ein solcher Zusammenhang be-schrieben worden [48], aber bisher unbewiesen. Kri-terien für die Diagnosestellung wurden 2002 veröf-fentlicht (Tab. 9).

Das komplette Fehlen einer rheumatischen Kardi-tis bei Patienten mit PANDAS unterstützt die Hypo-these einer eigenständigen neuropsychiatrischen Di-agnose separat von Chorea minor Sydenham [46].Bisher liegen durch das Fehlen entsprechender Stu-dien keine verbindlichen Empfehlungen hinsichtlicheiner antibiotischen Therapie oder Prophylaxe vor.

In einer Publikation aus dem Department ofNeurology Great Ormond Street in London wurde2001 eine Serie von 10 Patienten mit streptokokken-assoziierter akuter disseminierter Enzephalomyelitis(ADEM) publiziert. Bei allen Patienten wurden Anti-körper gegen Antigene der Basalganglien nachgewie-sen, während bei 80 Kontrollpatienten (davon 40

nach Streptokokkeninfektionen) keine Antikörpergefunden werden konnten [14]. Andere Untersucherkonnten den Nachweis von Streptokokken Anti-körpern bei Patienten mit ADEM nicht bestätigen[32].

n Diagnostik des ARF

Die Echokardiographie ist letztendlich für die Kardi-tisdiagnostik entscheidend und sollte immer auchzur Bestätigung des auskultatorischen Befundes An-wendung finden (morphologische und funktionelleKlappenveränderungen, Vergrößerung und Funk-tionsbeeinträchtigung des linken Ventrikels in Folgeder Myokarditis, Perikarderguss bei der Perikardi-tis). Weiterhin sollten EKG zur Erfassung von Tachy-kardien, PR-Verlängerung und Erregungsrückbil-dungsstörungen, ggf. Langzeit EKG, Röntgen-Tho-raxaufnahme zur globalen Beurteilung der Herz-größe und bei Dyspnoe zum Ausschluss pulmonalerVeränderungen durchgeführt werden. Dem Verfahreneiner Myokardbiopsie, die bei ARF in einer Serie von54 Patienten nur in 27% den Nachweis typischerAschoff-Granulome oder Histiozytenaggregate er-brachte, kommt keine hohe diagnostische Bedeutungzu [37].

Labor: Der Rachenabstrich zum Nachweis vonStreptokokken der Gruppe A ist nur in ca. 25% derFälle positiv, aber in Zweifelsfällen ein wichtiger di-agnostischer Hinweis. Antistreptolysin-Titer sind in80% der Fälle positiv nach akuter Streptokokken-A-Infektion. Je nach epidemiologischer Situationwird ein erhöhter Titer oder auch ein Titeranstiegum 2 Stufen als positiv bewertet. In Zweifelsfällenerhöht sich durch die zusätzliche Bestimmung derAnti-DNase B, Anti-Streptokinase und der Antihya-luronidase die Sensitivität für abgelaufene Strepto-kokkeninfektionen auf ca. 95%.

Es gibt keinen isolierten Laborwert, der die Diag-nosestellung erlaubt. Im typischen Fall sind BSG undCRP stark erhöht und man findet häufig eine poly-klonale IgG-Erhöhung und einer Leukozytose. Passa-gere Erythrozyturien können vorkommen, differenzi-aldiagnostisch ist an die seltene Koinzidenz von ARFund Poststreptokokkenglomerulonephritis zu denken(M-Typ 1 vgl. Tab. 1). Die Streptokokkenmarker lie-gen typischerweise weit im pathologischen Bereich.Ihr Fehlen hat einen hohen negativ prädiktiven Wertfür ARF mit Ausnahme der Chorea, hierbei kommtden isoliert länger persistierenden Anti-DNase-An-tikörper die höchste Aussagekraft zu. Allerdings sinddie Streptokokkenantikörper (Boostereffekt) auch beianderen Erkrankungen mit unspezifischer B-Zell-Sti-mulation häufig erhöht (Vaskulitiden, M. Still u. a.).Zudem finden sich – regional unterschiedlich – bei

301R. KeitzerAkutes rheumatisches Fieber (ARF) und Poststreptokokken reaktive Arthritis (PSRA)

Tab. 9 Diagnostische Kriterien von PANDAS nach [5]

n Auftreten von Tics oder Zwangsstörungenn Beginn zwischen 3. Lebensjahr und Pubertätn Episodischer Verlauf mit abrupten Exazerbationenn Symptombeginn und Exazerbationen zeitlich mit

A Streptokokkeninfektionen assoziiertn Neurologische Auffälligkeiten während Exazerbationsphasen

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bis zu 16% aller gesunden Schulkinder erhöhteStreptokokkenantikörper.

n Differenzialdiagnose und Ausschlussdiagnostikbei ARF

Bei Nicht-Erfüllung der modifizierten Jones Krite-rien kommen atypische Verläufe oder auch andereDifferenzialdiagnosen in Betracht, z. B. andere For-men der Karditis, dilatative Kardiomyopathie, kon-genitale Mitralinsuffizienz bzw. Mitralklappenpro-laps, Aorteninsuffizienz im Rahmen einer kongenita-len Anomalie bei Aortenstenose bzw. bikuspiderAortenklappe, bakterielle Endokarditis, akzidentelleund funktionelle Herzgeräusche.

Bei der Polyarthritis sind die juvenile idiopathi-sche Arthritis und die rheumatoide Arthritis der Er-wachsenen – insbesondere systemische Verlaufsfor-men, Spondylarthropathien und Arthritiden andererGenese abzugrenzen. Spondylarthropathien könnenmit kardialer Beteiligung einhergehen und sichdurch Befall der Aortenklappe, Überleitungsstörun-gen und myokardialen Funktionsstörungen manifes-tieren. Bei der Chorea minor bedarf es eines sorgfäl-tigen Ausschlusses anderer Ursachen der Chorea(z. B. hereditäre Erkrankungen, M. Wilson, systemi-scher Lupus erythematodes, ZNS-Vaskulitis, Phos-pholipidantikörpersyndrom, rezidivierende Mikro-embolien bei Endokarditis lenta).

Therapie des Akuten Rheumatischen Fiebers

n Antibiotikatherapie

n Streptokokkeneradikation Nach Rachenabstrichund Streptokokkenschnelltest (unabhängig vom Er-gebnis) wird ein Behandlungszyklus mit Penicillin V(100 000 IE/kg/die in 3 Dosen, max. 3 ×1,2 Mega)über 10 Tage durchgeführt (2. Wahl Cephalosporine,Erythromycin).

n Antiphlogistische Therapie der Karditis und der sys-temischen Inflammation Seit den kontrollierten Stu-dien der 50er Jahre und neueren Metaanalysen exis-tieren keine besseren Daten. Für eine „leichte Kardi-tis“ wird Acetylsalicylsäure in einer Dosis von90–120 mg/kg/die – in 4 Dosen – empfohlen. Für dieRückbildung der Arthritis und der Entzündungszei-chen scheint Naproxen (15 mg/kg/die in 2 Dosen)nach einer Doppelblindstudie ähnlich gut zu wirken.Allerdings liegen für Naproxen zur Sicherheit derVermeidung kardialer Folgen keine ausreichendenDaten vor [23].

Schwere Karditisfälle werden initial mit Prednisonoder Prednisolon (2 mg/kg/die max. 80 mg/die in2–3 Dosen) behandelt. Eine Dosisreduktion solldann frühestens nach 2 Wochen um 25–30% proWoche auf 0,25 mg Prednisolon/kg/die erfolgen,dann können die Steroide unter Überlappung mitnichtsteroidalen Antiphlogistika langsam stufenweisereduziert werden. Wegen der schlechten Complianceeiner hochdosierten (Dosisintervall 6 Stunden) am-bulanten ASS-Therapie wird an einigen Zentren Na-proxen (Dosisintervall 12 Stunden) gegeben. ZurTherapiekontrolle sollen die EntzündungsparameterBSG und CRP herangezogen werden. Bei den neuenTherapieverfahren zeigt die hochdosierte Immunglo-bulintherapie in Studien keinen sicheren Effekt [58],die Steroidpulstherapie erbringt keine Vorteile ge-genüber der konventionellen Therapie [7].

Die Daten aus der Ära vor Einführung der Gluco-corticoide zeigen, dass die Entzündungsphase beimARF (ohne Behandlung) durchschnittlich 3 Monatedauert, daher muss in dieser Phase unter Therapie-reduktion noch mit einem Aufflammen der Entzün-dung („rebound“ ohne Neuinfektion!) gerechnet wer-den. Dies trat in älteren Untersuchungen aus denZeiten hoher Inzidenz bei 30% der Fälle auf [29].Daher ist die Therapie zumindest mit NSAR überinsgesamt 3 Monate nach Krankheitsbeginn zu emp-fehlen. Unter Kontrolle der Entzündungsparameterund Penicillinprophylaxe kann erst danach die Er-krankungsepisode als abgeschlossen angesehen wer-den.

Die Behandlung einer Herzinsuffizienz richtetsich nach den üblichen Prinzipien. In seltenenschwersten Einzelfällen können auch in der Akut-phase kardiochirurgische Notfalleingriffe (Throm-bektomie, Klappenersatz, Pumpersatz) erforderlichwerden.

n Empfehlung zur Reinfektionsprophylaxe nach [49]

Benzathin-Penicillin G:n 600 000 IE bei einem Körpergewicht < 27 kgn 1,2 Mill. IE bei > 27 kg Körpergewicht intramus-

kulärn Zur Dauer siehe Tabelle 10

n Intervall Bei Standardrisiko alle 28 Tage, bei hö-herem Risiko (Endemiegebiet, Familien- oder Umge-bungserkrankungen) oder fixiertem rheumatischemHerzfehler alle 21 Tage.

Obwohl die Daten der Cochrane Data Base einenhöheren Rezidivschutz durch die intramuskuläre Pe-nicillinprophylaxe aufzeigen [34], wird diese – zumalschmerzhaft – nicht selten von Patienten abgelehnt.Nach Daten aus Brasilien besteht dann, bei teilweise

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verbesserter Compliance, die individuelle Möglich-keit einer oralen Prophylaxe [24]. Bei entsprechenderCompliance des Patienten ist Penicillin V in oralerApplikation 2 × tgl. 400 000 IE möglich, was der i.m.-Applikation jedoch nicht ganz gleichwertig ist. DieEntwicklung einer Penicillinallergie ist selten, dabeihat sich der Hauttest mit Penicilloyl-Polylysin als gutdiagnostisch verwertbar erwiesen [36]. Hierbeikonnte gezeigt werden, dass 90% der festgestelltenPenicillinallergien Fehldiagnosen waren und durchinterkurrente Virusinfekte ausgelöst wurden. Kli-nisch sind die Penicillinreaktionen in der Regelmild. Bei niedriger Compliance sollte zumindest je-der vermutete bakterielle Infekt der oberen Atemwe-ge antibiotisch behandelt werden. In Gesprächenmuss der Patient immer wieder für die strikte Ein-haltung der Langzeitprophylaxe motiviert werden.

Als Alternativmedikamente stehen Makrolide undCephalosporine zur Verfügung, die – füher häufigerpropagierte – Tonsillektomie hat keinen nachgewie-senen präventiven Nutzen hinsichtlich der Rezidiv-vermeidung des ARF.

Bei Penicillin-Allergie kann Erythromycin 250 mg2 × /d oder Sulfadiazin 0,5, g/d für Patienten < 30 kgKG; 1 g/d für Patienten > 30 kg KG gegeben werden.

n Endokarditisprophylaxe Bei bleibenden Herzklap-pendefekten wird zusätzlich eine Prophylaxe derbakteriellen Endokarditis (entsprechend den aktuel-len kardiologischen Empfehlungen) notwendig. ImAufklärungsgespräch sollte auf eine optimale Zahn-pflege und Kariesprophylaxe hingewiesen werden.

n Prognose

Die Prognose des ARF wird – mit Ausnahme derpersistierenden Chorea minor – durch die Schwereder initialen Herzbeteiligung und durch die Rezidivebestimmt. Krankheitsrezidive (Neuinfektionen) erlittin der Ära vor Penicillin jeder 4. Patient, danach bis

1969 nur noch jeder 35. nach ARF. Nach Daten ausden Jahren 1940 bis 1950 waren von Kindern mitinitial starker Herzvergrößerung nach 10 Jahren 71%verstorben [29], ähnliche Daten werden aus denHochrisikoregionen berichtet. Nach aktuellen Dateneiner prospektiven Studie mit 85 Kindern in Indienhatten nach 5 Jahren 39% aller Kinder mit ARF blei-bende Herzklappenveränderungen. Die Rezidivrateunter konsequenter Prophylaxe ist mit 0,006 Ereig-nissen pro Patient und Jahr extrem niedrig, dies un-terstreicht die Bedeutung einer konseqenten Penicil-linanwendung. Die meisten Rezidive treten im erstenJahr nach der Initialerkrankung auf und sind mithohem Risiko neuer Herzaffektionen sowie der Ver-schlimmerung bestehender Klappenschäden verbun-den [29].

n Zukunftsausblick

Neue Kenntnisse über molekulare Zusammenhängeder Virulenz von GABS und Superantigenreaktionenmit fulminanter Aktivierung der Zytokinkaskade ha-ben das Verständnis für die Pathophysiologie derschweren invasiven Streptokokkeninfektionen verän-dert. Die genaue Pathogenese der Organverände-rungen bei ARF ist noch nicht komplett entschlüsselt[66].

Die diagnostische Zukunftserwartung liegt beiweiter verbesserten Schnelltests mit einer Spezifität,die auch eine Aussage über Virulenz und Rheumato-genität der Streptokokkenstämme erlaubt.

Hinsichtlich der Prophylaxe ist inzwischen einImpfstoff mit 26 typenspezifischen M-Proteinfrag-menten nach erfolgreichen Tierexperimenten in kli-nischer Erprobung und scheint keine immunologi-schen Nebenwirkungen – wie Chorea oder Karditis– auszulösen [64]. Diese Vakzine enthält M-Protein-fragmente der wichtigsten pathogenen Serotypen,die Tonsillopharyngitis, invasive Infektionen undAkutes Rheumatisches Fieber hervorrufen können.Inwieweit eine Verlagerung zu den mehr als 150infektiösen Stämmen, die nicht im Impfstoff enthal-ten sind, die Effektivität der Impfung beeinflussenwird, ist noch Gegenstand kontroverser Diskussio-nen [26].

Die Poststreptokokkenreaktive Arthritis (PSRA)

Beim akuten rheumatischen Fieber und den reaktivenArthritiden wird die Entstehung durch „molecular mi-mikry“ angenommen. Die Synovia weist als Besonder-heit eine sehr hohe Dichte von antigenpräsentieren-den Zellen und eine längere Persistenz von T-Zellenauf, CD-4-positive Helferzellen wirken immunmodu-

303R. KeitzerAkutes rheumatisches Fieber (ARF) und Poststreptokokken reaktive Arthritis (PSRA)

Tab. 10 Dauer der Antibiotikaprophylaxe nach RF nach [13]

Kategorie Dauer

ARF mit Karditis und bleibendemHerzklappenfehler 1

Mindestens 10 Jahre nach letzter ARF-Episode und mindestens bis zum40. Lebensjahr, manchmal lebenslang

ARF mit Karditis, aber ohnebleibende Herz(klappen)-erkrankung 1

10 Jahre oder bis ins Erwachsenen-alter hinein, je nachdem welcherZeitraum länger ist

ARF ohne Karditis 5 Jahre oder bis zum 21. Lebensjahr,je nachdem welcher Zeitraum längerist

1 Diagnose klinisch oder echokardiographisch!

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lierend, daher haben Patienten mit niedriger CD-4-Helferzahl (AIDS) gehäufte und schwere Verläufevon Arthritiden. Hier gewinnt der überlieferte Satzaus den Lehrbüchern des frühen 20. Jahrhunderts „dieGelenkinnenhaut ist die Verstärkermembran deskörpereigenen Abwehrsystems“ neue Bedeutung.

Während die ersten Beschreibungen die „Schar-lacharthritis“ separat erwähnten, wurde sie noch in-nerhalb des Spektrums des akuten rheumatischenFiebers angesiedelt und als „nichtdeformierende Ar-thritis ohne Karditis nach Streptokokkeninfektionmit schlechtem Ansprechen auf Acetylsalizylsäure“beschrieben [11]. Das Konzept der PSRA als eigen-ständige Erkrankung wurde von Goldsmith undLong 1982 etabliert und danach von den meistenAutoren nach den Kriterien, die den wesentlichenPunkten der Tabelle 11 entsprechen, akzeptiert [20].

Im Rahmen der Ducket Jones Memorial Lecture1987 wurde die Hypothese aufgestellt „ein Patient,dessen Arthritis binnen 3 Tagen nicht auf ASS an-spricht, hat kein akutes rheumatisches Fieber“ [15].Dagegen spricht in diesem Zusammenhang, dass auchaus Ländern mit derzeit hoher Prävalenz von ARF ge-häuft länger persistierende Gelenkerscheinungen undauch Monarthritiden in Verbindung mit ARF berich-tet werden, und sich erneut die Frage ergibt, ob es sichbei der PSRA um eine besondere Verlaufsform desARF handelt. So wurden aus der australischen Ur-bevölkerung (ARF n = 555) bei 17% eine isolierteMonarthritis und bei 25% subfebrile Fälle von Aku-tem Rheumatischem Fieber berichtet [8].

Beim Vergleich einer Gruppe von Kindern mit ARF(n = 20) und PSRA (n = 24) war in der PSRA Gruppedie Latenz zwischen Streptokokkeninfekt und Arthri-tis kürzer als 10 Tage, allerdings zeigten auch 25% derKinder mit ARF diese kurze Latenz. Hinsichtlich desAnsprechens der Arthritis auf NSAR zeigten auch25% der ARF-Gruppe keine ausreichende Besserunginnerhalb von 72 Stunden [65].

Die PSRA weist – im Gegensatz zu den meistenanderen reaktiven Arthritiden – keine starke Asso-ziation mit HLA-B 27 (16,6%) auf eine leichte Ten-denz kann durch Fehlklassifikation von Patientenmit Spondylarthropathien in der PSRA-Gruppe ange-nommen werden [33]. Ein erhöhtes Vorkommen von

HLA DRB*01 – im Vergleich zu ARF – bei PSRAwurde berichtet [1]. Allerdings fand sich in einer ita-lienischen Patientenserie kein Unterschied zwischenARF, PSRA und einer Kontrollgruppe in Bezug aufdiesen Marker [45].

Der B-Zellmarker D8/17, der bei ARF gehäuftvorkommt, wird auch bei PSRA mit 73% vs. 17% inder Kontrollgruppe gehäuft gefunden [60]. Letztereskönnte doch ein Indiz für die Annahme von PSRAals Schwachform des ARF sein, allerdings ist bei dergeringen Fallzahl kein sicherer Schluss möglich.

In einer Analyse der zwischen 1982 und 2002englischsprachig publizierten Fälle von PSRA bei Er-wachsenen (53%) und Kindern (47%) mit der Diag-nose PSRA konnte die Heterogenität der Gruppenbestätigt werden (Tab. 12+13).

Insgesamt erhielten nur 105 (von 180) Patienteneine längere Antibiotikaprophylaxe. Im Verlauf ent-wickelten – aus der Gruppe ohne Prophylaxe – 4 Pa-tienten (ausschließlich Kinder) eine Valvulitis derHerzklappen.

Eine Uveitis anterior kam bei 2 von 180 Patientenvor. Ein Erythema nodosum trat bei 23 Fällen auf,eine Glomerulonephritis entwickelten 8 Patienten.

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Tab. 11 Vorschlag von Kriterien der Poststreptokokkenreaktiven Arthritis nach[44]

n Vorangegangener Streptokokkeninfektn Kürzeres Intervall als ARFn Akute Arthritis symmetrisch oder asymmetrisch

nichtmigratorisch, protrahiert oder rekurrierendn Kein oder geringes Ansprechen auf nichtsteroidale Antiphlogistikan Kein Erfüllen der Jones Kriterien oder deren Ausnahmen

Tab. 12 Literaturübersicht PSRA 1982–2002 – allgemeine Daten (nach Datenaus [33])

n n = 180 mit Arthritis, überwiegend aus Industrieländernn Einschlusskriterium ASL > 800 IU oder Streptokokkennachweisn 53% Erwachsene > 18 Jahren vorangegangener Racheninfekt bei nahezu allen Patientenn Streptokokkennachweis bei 28%n 23/180 Erythema nodosum

Tab. 13 Literaturübersicht PSRA 1982–2002 – Charakteristika der Arthritis(nach Daten aus [33])

n Nichtmigratorisch 82%n Symmetrisch 41%n Monarthritis 23%n Oligoarthritis 37%n Polyarthritis 37%n Rückbildung in 6 Wochen 52%n Arthritisdauer > 8 Monate 4,5%n Rezidive 13%

Gelenkverteilung:Knie 75%Sprunggelenke 57%Handgelenke 38%Hüfte 28%Schulter 12%Ellbogen 12%PIP 12%Sonstige < 5%

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Differenzialdiagnose

Treten andere Kriterien nach Jones hinzu, die eineDiagnose ARF rechtfertigen, so ist dies die wegwei-sende Diagnose. Als dringlichste Differenzialdiagno-se stellt sich die eitrige Arthritis dar, am häufigstenandere reaktive Arthritiden nach viralen und bakte-riellen Infektionen, Lyme-Borreliose, juvenile idio-pathische Arthritis, rheumatoide Arthritis, Spondyl-arthropathien, Kollagenosen, metabolische und ma-ligne Erkrankungen neben Trauma und Osteochond-rosen.

n Die Poststreptokokkenreaktive Arthritis (PSRA) –eine eigene Entität?

Die beschriebene Erkrankungsgruppe ist heterogen,es fehlen bisher eindeutige Diagnosekriterien, Lang-zeitdaten hinsichtlich des kardialen Risikos liegennicht vor.

In einer Analyse der frühen Daten zum Rheuma-tischen Fieber ohne Karditis aus den Jahren1938–1963 finden sich sehr unterschiedliche Anga-ben zum Risiko einer Herzbeteiligung im Langzeit-verlauf oder bei Rezidiven. Die Angaben schwankenhier zwischen 0 und 44% [3, 18].

Antibiotikaprophylaxe

Obwohl bisher die American Heart Association unddie American Academy of Pediatrics [41] bei PSRA ei-ne Antibiotikaprophylaxe bis zu einem Jahr vorsehen,existieren keine einheitlichen Richtlinien. Nach der„Canadian Pediatric Society“ kann bei PSRA eine An-tibiotikaprophylaxe durchgeführt werden, die nach 3Monaten bei fehlender Herzbeteiligung beendet wird.Eine Umfrage unter kanadischen Pädiatern mit Spe-zialisierung in Rheumatologie, Kardiologie und Infek-tiologie ergab eine extensive Variabilität in der Vor-gehensweise bei PSRA [3].

Die Arbeitsgruppe für die Jones Kriterien (JonesCriteria Working Group) hat 2002 in „Circulation“eine Verlautbarung herausgegeben und auf die Be-deutung der lokalen epidemiologischen Situation fürdie Diagnose ARF hingewiesen und als Beispiel auf-geführt, dass es bei den Ureinwohnern Australiensund Neuseelands wesentlich wahrscheinlicher ist,dass sich hinter einer Monarthritis ein ARF verbirgtals in westlichen Industrieländern.

Hinsichtlich der Antibiotikaprophylaxe bei PSRAwurde festgestellt, dass die Beziehung zwischen ARFund PSRA noch ungeklärt ist und eine eindeutigeTherapieempfehlung nicht gegeben werden kann[63]. Bis zum Vorliegen weiterer Daten sollte somitdas individuelle Risikoprofil (Reiseanamnese, Famili-enanamnese, Umfeld, epidemiologische Situation derRegion) in die Entscheidung zur Indikation einer Pe-nicillinprophylaxe einbezogen werden.

305R. KeitzerAkutes rheumatisches Fieber (ARF) und Poststreptokokken reaktive Arthritis (PSRA)

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