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Anlagensicherheitsaspekte in Biogasanlagen in Brandenburg Dietmar Behrendt LUA, Regionalabteilung West, RW 3 Neuruppin Telefon: 03391/838 532 E-Mail: [email protected] Fachtagung: Biogas 2008 am 23. Oktober in Potsdam

Anlagensicherheitsaspekte in Biogasanlagen in … · -Ausgewählte Schadensfälle in Biogasanlagen-Anforderungen an die ... -Störungen im BHKW- Betrieb,-Vorgänge, welche die

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Anlagensicherheitsaspekte

in Biogasanlagen in Brandenburg

Dietmar Behrendt

LUA, Regionalabteilung West, RW 3 – Neuruppin

Telefon: 03391/838 532

E-Mail: [email protected]

Fachtagung: Biogas 2008

am 23. Oktober in Potsdam

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Gliederung/ Inhalte:

- Wirtschaftl. und techn. Bedeutung von Biogasanlagen in Brandenburg

- Gefährdungspotentiale in Biogasanlagen

- Anwendungsbereich der Störfallverordnung

- Ausgewählte Schadensfälle in Biogasanlagen

- Anforderungen an die Anlagensicherheit und Überwachung

- Gesetzliche Grundlagen im Immissionsschutz und im Arbeitsrecht

- Risikobetrachtung/Bewertungskriterien

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Anzahl von Biogasanlagen in Brandenburg

Stand: 04/2008

Landkreis

Anzahl

BGA MWel MWth MWhel/a MWhth/a

PR 14 7.272 8.378 46.902 8.281

OPR 13 6.514 7.475 38.703 10.845

OHV 7 3.475 3.915 24.005 7.389

HVL 6 2.901 3.362 5.221

PM 15 9.389 10.326 19.315 2.510

UM 11 5.586 6.639 42.422 10.309

MOL 6 3.914 4.998 21.590 8.903

LOS 5 3.274 4.960 20.494 721

LDS 7 4.682 5.692 28.981 5.779

FF 2 1.480 1.672 4.482 1.016

TF 11 6.374 7.300 37.755 6.810

EE 6 3.447 4.346 20.977 2.212

OSL 5 4.818 5.914 20.321 1.442

SPN 3 1.515 1.803 15.314 2.733

CB 1 40 65

BRB 1 625 699 1.125

gesamt 113 65.306 77.544 347.608 68.950

Quelle: LUA/T1

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Mögliche Gefahren und Einwirkungen

• Explosion

• Brand

• mechanische Gefährdung z. B. in Folge von Einfrieren,

Kondensatbildung, Korrosion, Verstopfen von Leitungen

• Absturzgefahr

• elektrische Gefährdung

• elektrostatische Aufladung

• Blitzschlag

• thermische Gefährdung

• Lärm

• Gefährdung durch Ersticken oder Vergiften

• Infektionsgefahr, Gesundheitsgefährdung durch Kofermentationsstoffe

• Schadstoffemissionen in Luft und Grund- und Oberflächenwasser

• Schadstofffreisetzung bei der Abfallentsorgung

• Hochwasser und andere Naturkatastrophen

Gefährdungspotentiale in Biogasanlagen

Quelle: Technische Beurteilung von Biogasanlagen, BMWA 2003,Österreich

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Komplex bestehend aus 5 Biogasanlagen ( 5x 3.600 kg hochentz. Gase

gemäß Nr. 8, Anhang I StörfallV) , Landkreis Prignitz, Brandenburg

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„Erarbeitung von Kriterien zur Wahrnehmung der Sicherheitsverantwortung

bei Störfallbetrieben in Industrieparks“

UFOPLAN-Vorhaben FKZ: 299 48 325

(Prof. Spindler, Uni Göttingen; Prof. Peter, FH Wildau)

„....der Betriebsbereich nach 12. BImSchV bzw. § 3, 5a BImSchG ist in erster Linie

gefahrenbezogen nach der räumlichen Nähe der Anlagen zu qualifizieren.

Nur wenn Anlagen sich derart nah beieinander finden, dass eine synergetische Reaktion

bei einem Störfall eintreten kann (Sicherheitsabstand bzw. Dominoeffekt), lässt sich

eine Zusammenrechnung der Stoffmengen rechtfertigen.

Der Gefahrenzusammenhang kann aber auch durch Infrastruktursysteme,

insbesondere durch Rohrleitungsnetze hergestellt werden.

Im letzteren Fall kommt eine zeitliche Komponente hinzu, die sich nach der Reaktionszeit

bestimmt, innerhalb der sich ein Unfall in einer Anlage auf eine andere,

über die Rohrleitung verbundenen Anlage auswirken kann....“

Anwendung der 12. BImSchV auf sog. „Biogasparks“( jurist. Vermerk LUA/ TUS 08/2007)

„…ob etwa die 1. bis 10. GmbH & Co.KG unter Aufsicht eines Betreibers stehen, muss anhand der

Gesellschafterverträge und der tatsächliche Betriebsabläufe geprüft werden.

Es kommt dabei auf die tatsächliche Verknüpfung der einzelnen Anlagen an und darauf, ob die für das

Störfallrecht relevant. Funktionen (Sicherheitsmaßnahmen, Investitionen, Personaleinsatz)

„vergemeinschaftet“ sind, also von einem gemeinsamen Lenkungsgremium oder einem Beauftragten

wahrgenommen werden.“

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Sachverständigengutachten zum Nachweis

der Erfüllung der Grundpflichten

gemäß §§ 3- 8 StörfallV (BGA im LK Prignitz)

„....aufgrund der Methangaslagermenge von 5x 3.600 kg hochentzündlicher Gase

liegt in der der Gesamtheit aller 5 Biogasanlagen ein Betriebsbereich

gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Anhang I Nr. 8 Sp. 4 StörfallV vor.“( Mengenschwelle nach Anhang I, Nr. 8 Sp. 4 = 10.000 Kg).

folglich: Betriebsbereich mit Grundpflichten:

u.a. Sicherheitskonzeption nach § 8 i.v.m. Anhang III StörfallV )

Betriebliche Gefahrenquellen (§ 3 StörfallV)

- Über-/ Unterdruck in Anlagenteilen,

- Undichtheiten der Behälter und der sonstigen Anlagentechnik,

- Störung in der Vergärung,

- Störungen im BHKW- Betrieb,

- Vorgänge, welche die vorgenannten Abweichungen

vom bestimmungsgemäßen Betrieb provozieren.

„....es ist nicht mit dem Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre

zu rechnen, da im bestimmungsgemäßen Gärprozess stetig nachgelieferte

und nahezu sauerstofffreie Gasgemische - ohne Beimischen

von Luftsauerstoff- weder zünd- noch explosionsfähig sind.“

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Auswirkungen von Bränden und Explosionen

auf andere Anlagen innerhalb des Betriebsbereichs (§ 4 StörfallV)

Quellenverweis: Arbeitsunterlage 69 (Fassung 05.09.02),

Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen (BVB d. landw. BG e.V.)

-Abstand von mind. 10 Metern entsprechend Tabelle 2.4.5.4 für Ballon- und

Kissenspeicher oder Folienspeicher über Gärbehältern,

(im Entwurf: „Sicherheitsregeln für Biogasanlagen“, Stand August 2008

nicht enthalten! )

Tatsächlicher Abstand: hier ca. 7 Meter

Zusätzliche Maßnahmen:

- Explosionsschutzzonen um die Gärbehälter werden erweitert, so dass

sie ineinander übergehen (durchgängige Ex-bereiche!),

- Betriebsmittel in diesen Bereichen sind entsprechend Ex-geschützt ausgeführt,

- durch Fahrzeugverkehr frequentierte Bereiche (z.B. Fassbefüllplätze) werden

für Verkehr gesperrt,

- Blitzschutzanlagen und entsprechende Feuerlöschtechnik werden vorgesehen,

- brennbare Stoffe in den Ex-Bereichen und Brand übertragender

Pflanzenbewuchs werden ausgeschlossen.

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Einige Schadensereignisse/Havarien an Biogas- und

Mikrobiologischen Abfallbehandlungsanlagen seit 2005(Aufzählung unvollständig!)

- Unfall in der Biogasanlage Rhadereistedt/ Niedersachsen infolge einer

hohen Schwefelwasserstoffkonzentration in 2005 (4 Tote)

- Havarie der MBA auf der Deponie Deiderode/Niedersachs. im Januar 2006

(Sachschaden ca. 10 Mio €)

- März 2007 Explosion in einer Biogasanlage in Mecklenburg-Vorpommern

- Havarie einer Biogasanlage in Oggenried/Bayern November 2007

- Havarie einer Biogasanlage in Daugendorf/BW im Dezember 2007

(Sachschaden 1,5-2 Mio €)

- Brand in BGA Gehlenberg/Niedersachsen , 22.09.2008

(Sachschaden ca. 200.000 €)

- Explosion in BGA Wurzen/Sachsen, 25.09.2008

(Sachschaden mehrere 100.000 €)

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Schema der im März 2007 havarierten Biogasanlage

in Mecklenburg-Vorpommern

Quelle: Ingenieurconsult; R. Lange, Rostock

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Schadensablauf in der Biogasanlage

in Mecklenburg-Vorpommern März 2007

- Gasgeruch in der Nähe des Fermenters und am Regulierventil (4)

(Lecksuche war erfolglos),

- Anzeige eines niedrigen Höhenstandes am Messsystem des Gasspeichers,

- in der Folge eine scheinbar verringerte Leistung des BHKW im Gasbetrieb,

- Regelsystem erhöht Energiezufuhr des Fermenters

(BHKW war für höhere Leistung ausgelegt!),

- Druckaufbau im Gasspeicher höher als Stützluftgebläsedruck,

- Ausweichen des Biogases In Betriebsräume

(Bildung von explosiven Gas-Luft-Gemischen),

- Zündung des explosiven Gemisches durch Schaltvorgänge

in Leistungsschaltern der Rührwerke im Fermenter

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Biogasanlagen

Betriebssicherheitsverordnung

(Überwachung durch Landesämter für Arbeitsschutz)

Betriebsanweisungen/Ordnungsgemäße Bedienung

o Unterweisungen

oGefährdungsbeurteilung (Maßnahmen,

Wirksamkeitskontrolle) Berücksichtigung Wartung, Störung, Revision

o Explosionsschutz (Beurteilung, Exdokument)

o Prüfung vor Inbetriebnahme, Prüffristen

o Hilfsanlagen z.B. Flüssiggaslagerbehälter

o Blockheizkraftwerk

…entspricht unter Einbeziehung des Standes der Sicherheitstechnik den

Pflichten des Betreibers gemäß 3-6 StörfallV

Quelle: LAS Bbg.-Regionalbereich West

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Beispiele für Maßnahmen des Gesetzgebers

bzw. der zuständigen Behörden und Verbände(außerhalb Brandenburgs)

- Explosionschutzmaßnahmen (Ex-Dokument) nach der BetrSichV,

- TRBS 2152, Teil 1 „Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre, Beurteilung“,

- TRBS 2152, Teil 2 „Vermeidung oder Einschränkung, von gefährlicher

explosionsfähiger Atmosphäre“,

- Runderlass „Anlagensicherheit in Biogasanlagen“

Niedersächsischen Umweltministeriums v. 19.12. 2005 infolge

des Unglücks in Rhadereistedt,

( dazu analog. Erlass „Einsatz von biologisch. Abfällen in BGA“ v. 10.11.2005)

- Sicherheitsdatenblatt „Biogas“ der BG Chemie,

(Vorschläge zur Einteilung von Ex-Zonen)

-„Sicherheitsregeln für landwirtschaftliche Biogasanlagen“,

Arbeitsunterlage 69, des BVB der landwirtschaftlichen BG e.V.

i.d.F. v. September 2002,

- VDI 3475,Bl. 4 (Entwurf) „Emissionsmind. bei landwirtsch. Biogasanlagen“

- Sicherheitsregeln für Biogasanlagen, Entwurf,BV d. landw. BG August 2008

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Brandenburger Leitfaden

„Biogas in der Landwirtschaft“ (November 2006)

Inhalt (Auszug):

- Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen

- Technische Nutzung von Biogas

- Planung und Errichtung von Biogasanlagen

- Auswirkungen auf Ökosysteme

- Sicherheitstechnische Anforderungen an Biogasanlagen

- Bauordnungs- und immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit

- Abfallrechtliche Einordnung von Gärresten

- Düngemittelrechtliche Einordnung von Gärresten

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------„Ergänzungswünsche“ für die Überwachung:

- klare Definition der sicherheitstechnischen Einrichtungen,

- Benennung der jeweiligen Prüffristen für die Anlagenbetreiber,

- Informationen über Inhalte und Pflichten nach der StörfallV,

- Festlegung v. Überwachungszyklen mit Angaben zu den Kontrollmaßnahmen

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Risikobewertungskriterien nach O.Renn:

allgemein: - Schadensausmaß

- Eintrittswahrscheinlichkeit

Zusätzliche Kriterien:- Ungewissheit (Unsicherheit, Abschätzungssicherheit, Ahnungslosigkeit)

- Ubiquität (geografische Ausbreitung potenzieller Schäden)

- Persistenz (zeitliche Ausdehnung potenzieller Schäden)

- Reversibilität (Möglichkeit der Schadensbegrenzung vor Eintritt)

- Verzögerungswirkung (Zeitspanne von Schadenseintritt und Auswirkung)

- Mobilisierungspotenzial (Verletzung individ.,sozial, u. kultur. Inter. & Werte)

Hinweis: Bericht Risikokommunikation; KAS-5, Juni 2008