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H. WULLSTEIN: MedikamentSse Behandlung der Schwerh6rigkeit. 255 Syndrom ,,Sympathice cervicale". VestibularisstSrungen, migr~near~ige ZustKnde, werden, durch klinische und tierexperimentelle Untersuchungen gestfitzt, auf Reizzust/~nde des Sympathicus zttrfickgeffihrt. B:4~TSem-Rove~Aix beschreibt in einer Monographie das Krankheitsbild der Migraine cervicale. Er konnte nach- weisen, dab die beschriebenen anfallsweise auftretenden VestibularisstSrungen, H6r- und Sehst6Iungen, Kopfschmerzen einseitig durch eine traumabedingte Osteo- chondrose der oberen Halswirbels~ule ausgelSst werden. Er sieht die St5rung als eine Affektion der Funktionseinheit Vertebralarterie-N. vertebralis durch lokali- sierte Osteochondrose der Uncovertebralgelenke an. An Differenzen im Netzhaut- arteriench-uck zwischen gesunder Seite und derjenigen der Anfa]lbereitschaft konnte er nachweisen, dab die Gefi~Breaktioneneine maBgeblicheRolle bei dem Krankheits- bild spielen. Zu KOBRAK: Wir wollten mit unserer Mittei]ung nur einen ttinweis geben auf die m6gliche AuslSsung eines M6ni6resyndIoms dutch Osteochondrose der oberen Italswirbe]s~ule. Keineswegs sind wit der Ansicht, dal~ nun alle als l~[6ni@resyndrom imponierenden F/ille der mitgeteilten Pathogenese unterliegen. Zu LINK: I)a nicht allein der lokaldispositionelle Faktor bei Ausl6sung des Leidenszustandes eine Rolle spielt, sondern, wie schon vorgetragen, noch andere pathogenetische ~omente beteiligt sind, wie vascul~ire, allergische oder vegetative, besteht auch die /r durch andere therapeutische Mal~nahmen, wie bei- spielsweise durch gef~13erweiternde Mittel und die Stellatumblockade, das Krank- heitsbild vorfibergehend giinstig zu beeinflussen. 32. Herr H. ~u Ansiitze zur medikamentiisen Be- handhmg der Sehwerhiirigkeit. Als ich bei friiherer Gelegenheit die Entwicldung des H6ranstieges nach der Fensterungsoperation darstellte, habe ich darauf hingewiesen, daI~ sieh die Kontrolle des tt6rverm6gens bei einem derartig operierten Patienten infolge der kurzfristigen l~eaktion viel besser als bei einem nicht Operierten dazu eignet, Einblick in die Pathophysiologie des Innenohres zu gewinnen. Seit 21/2 Jahren babe ich reich aul~erdem bemtiht, den postoperativen H6rverlauf medikament6s zu beeinfiussen und diese Ergebnisse ~uch ffir andere Formen der SehwerhSrigkeit auszunutzen. Bei der Wiedergabe der ]~esult~te mSehte ich deswegen yon dell Fensterungsoperationen ausgehen, yon denen ich jetzt mehr als 700 fiberblicke. Bei der Uberwindung des Operationstraumas gelangt das nicht gesch~digte Innenohr (mit unver~nderter Knochenleitung) in der 4. Woche in ein Stadium der Heilung, in dem seine tatsi~chliche end- giiltige Leistungsf~ihigkeit zwar in Bereitschaft steht, abet erst nach und nach und oftmals gar nicht in roller HShe in Erscheinung tritt. Deswegen biete ich dem Innenohr yon da ab einen t~eiz an: yon dem ich ganz im Anfang. annahm, dal3 er im wesentlichen eine F6rderung der Durchblutung bedeutet, yon dem ich aber seit langem feststellen konnte, daI~ der Einflul3 auf das vegetative System, und zwar in den

Ansätze zur medikamentösen Behandlung der Schwerhörigkeit

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Page 1: Ansätze zur medikamentösen Behandlung der Schwerhörigkeit

H. WULLSTEIN: MedikamentSse Behandlung der Schwerh6rigkeit. 255

Syndrom ,,Sympathice cervicale". VestibularisstSrungen, migr~near~ige ZustKnde, werden, durch klinische und tierexperimentelle Untersuchungen gestfitzt, auf Reizzust/~nde des Sympathicus zttrfickgeffihrt. B:4~TSem-Rove~Aix beschreibt in einer Monographie das Krankheitsbild der Migraine cervicale. Er konnte nach- weisen, dab die beschriebenen anfallsweise auftretenden VestibularisstSrungen, H6r- und Sehst6Iungen, Kopfschmerzen einseitig durch eine traumabedingte Osteo- chondrose der oberen Halswirbels~ule ausgelSst werden. Er sieht die St5rung als eine Affektion der Funktionseinheit Vertebralarterie-N. vertebralis durch lokali- sierte Osteochondrose der Uncovertebralgelenke an. An Differenzen im Netzhaut- arteriench-uck zwischen gesunder Seite und derjenigen der Anfa]lbereitschaft konnte er nachweisen, dab die Gefi~Breaktionen eine maBgebliche Rolle bei dem Krankheits- bild spielen.

Zu KOBRAK: Wir wollten mit unserer Mittei]ung nur einen ttinweis geben auf die m6gliche AuslSsung eines M6ni6resyndIoms dutch Osteochondrose der oberen Italswirbe]s~ule. Keineswegs sind wit der Ansicht, dal~ nun alle als l~[6ni@resyndrom imponierenden F/ille der mitgeteilten Pathogenese unterliegen.

Zu LINK: I)a nicht allein der lokaldispositionelle Faktor bei Ausl6sung des Leidenszustandes eine Rolle spielt, sondern, wie schon vorgetragen, noch andere pathogenetische ~omente beteiligt sind, wie vascul~ire, allergische oder vegetative, besteht auch die /r durch andere therapeutische Mal~nahmen, wie bei- spielsweise durch gef~13erweiternde Mittel und die Stellatumblockade, das Krank- heitsbild vorfibergehend giinstig zu beeinflussen.

32. Herr H. ~u Ansiitze zur medikamentiisen Be- handhmg der Sehwerhiirigkeit.

Als ich bei friiherer Gelegenheit die Entwicldung des H6ranstieges nach der Fensterungsoperation darstellte, habe ich darauf hingewiesen, daI~ sieh die Kontrolle des tt6rverm6gens bei einem derartig operierten Patienten infolge der kurzfristigen l~eaktion viel besser als bei einem nicht Operierten dazu eignet, Einblick in die Pathophysiologie des Innenohres zu gewinnen. Seit 21/2 Jahren babe ich reich aul~erdem bemtiht, den postoperativen H6rverlauf medikament6s zu beeinfiussen und diese Ergebnisse ~uch ffir andere Formen der SehwerhSrigkeit auszunutzen. Bei der Wiedergabe der ]~esult~te mSehte ich deswegen yon dell Fensterungsoperationen ausgehen, yon denen ich jetzt mehr als 700 fiberblicke.

Bei der Uberwindung des Operationstraumas gelangt das nicht gesch~digte Innenohr (mit unver~nderter Knochenleitung) in der 4. Woche in ein Stadium der Heilung, in dem seine tatsi~chliche end- giiltige Leistungsf~ihigkeit zwar in Bereitschaft steht, abet erst nach und nach und oftmals gar nicht in roller HShe in Erscheinung tritt. Deswegen biete ich dem Innenohr yon da ab einen t~eiz an: yon dem ich ganz im Anfang. annahm, dal3 er im wesentlichen eine F6rderung der Durchblutung bedeutet, yon dem ich aber seit langem feststellen konnte, daI~ der Einflul3 auf das vegetative System, und zwar in den

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256 H. WCLLSTEI~:

allermeisten F~llen im Sinne einer Sympathicolyse, das Entscheidende ist. Ich zeige hier einige derartige Hfranstiege um 5--15 db im Audio- gramm. Solche Anstiege lassen sich yon der 2.--5. Woche nach der Operation an mit einer einzigen Gabe Priscol innerhalb 40--60 min erzielem Meist ist der funktionelle Heilungsvorgang zu diesem Zeit- punkt noch nicht so fortgeschritten, dab jetzt schon der frfiher fiir dieses Cortiorgan endgfiltige, hfchstmfgliche Gipfel des Gehfres erreicht wird. Auch nach Monaten sind derartige unvermittelte Anstiege noch medikamentfs zu erzielen. Das ]ehr~, dal~ auch bei einwandfreiem postoperativem Verlauf die spontane Entwicklung des Hfrvermfgens innerhalb 6--12 Monaten nicht immer die volle Leistungshfhe erreicht, die yon diesem operierten Innenohr noch aufzubringen w~re.

Als Sympathicolyticum wurden in erster Linie Priscol, daneben die Mutterkornpr~parate Hydergin und D.H.E. 45 verwendet.: Dibenamin wurde wegen der starken/%benwirkungen nur kurz versucht. Zur Zeit die~t mir das Prisco] in erster Linie zur Testung und zur sto~artigen kurzfristigen Wirkung, Hydergin hingegen zur einschleichenden und ]angfristigen Medikation. Die Wirkungsweise beider Pr~parate ist offenbar nicht vfllig gleieh; Patienten, die auf Priscol nicht ansprechen, kfnnen auf Hydergin eine Reaktion zeigen und umgekehrt. Die Nicotin- s~urepr~parate wurden wenig angewandt.

Es lag nahe zu versuchen, ob die gleichen Hfranstiege wie durch ein Sympathicolyticum auch durch ein Parasympathieomimeticum zu erzielen waren. A]s derartiges Parasympathicomimeticum wurde hier Doryl verwendet, anderwi~rts schon Acetyleho]in. Gelegentlich ergaben sich dabei gleichartige Hfranstiege, im ganzen gesehen ist jedoch die Einwirkung durch ein Sympathicolytieum viel sicherer. Es kamen auch F~lle vor, bei denen die Sympathicusd~mpfung den Hfranstieg brachte und die Parasympathicuserregung das Ohrensausen nachhaltig beeinfluBte.

Bei der groi3en Mehrzahl der Patienten entwickelt sich also das Hfrvermfgen am gfinstigsten bei der Betonung der vagotonen Seite insbesondere fiber die Sympathico]yse. In Einzelfallen erlebt man damit jedoeh eine vorfibergehende Gehfrverschlechterung; der umge- kehrte Weg mit Hilfe eines Sympathicomimeticums erweist sich als erfolgreich und gleicht de m nachgewiesenen Hfrverlust durch ein Sym- pathicolyticum wieder aus bzw. bringt noch einen spgten unerwarteten Hfranstieg. (Demonstration yon Beispielen.) Wieweit die Parasympa- thicolyse z.B. dUrch Atropin an die Stelle der gelegentlichen Sym- pathicuserregung treten k~nn, bedarf noch weiterer Untersuchung.

Es lag nahe, diese Ergebnisse auch auf die nic.ht operationsfi~higen Sehwerhfrigen zu iibertragen. Dabei war von vorneherein nieht mit Erfolgen in derselben H~ufigkeit und im gleiehen Ausmai~e zu reehnen

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Ansatze'zur medikament6sen Behandlung der Schwerh6rigkeit. 9,57'

wie bei den Otosklerosen nach der Fensterung, deren Innenohrleistung dutch die Operation in erhShtem Mal]e fiir jede Beeinflussung zug~nglich geworden ist.

Ein kurzer l~berbliek zeigt jedoch, dab das systematische Austesten der Reaktionslage des autonomen Nervensystems bei jeder Innenohr- schwerhSrigkeit notwendig ist, am besten zuerst mit einem Sympathico- lyticum, um die immerhin nicht kleine Zahl beeinfluBbarer Innenohren herauszufinden. (Unter 400 etwa 25% gegeniiber mehr als 50% bei den operierten Otosklerosen.)

Meine Arbeit ist noch nicht so weir fortgeschritten, um eine feste Beziehung zwischen dem vegetativen Test und den verschiedenen zus/itzlichen HSrprfifungsmethoden, z .B. Ger/~usch - Audiometer und Sprachverstgrkerpriifung, herauznfinden. Als Beispiel sei nur erw/~hnt, dab das operierte wie das nicht operierte Ohr bei dieser Testung und Behandlung die Werte der Sprachverst/irkerpriifung oft nicht zu erreichen vermag, gelegentlich auch iibersehreitet; vor allem steigen h/~ufig .auch die Ergebnisse der Spraehverst~rkerpriifung mit dieser Behandlung, unter Umst/~nden im Verh/tltnis mehr als die Werte fiir Umgangssprache. Doch kann man die Spraehverst/irkerwerte nicht einfach als die ,,mobile Reserve" des HSrvermSgens ansehen.

Nieht immer gelingt auf so einfachem Wege eine sofortige oder bleibende Beeinfiussung. Vor allem bei fortgesetzter, in energischen Schl~gen geffihrter Therapie (die ich mehr und mehr verlassen habe) ist das Eintreten der vegetativen Gegenregulation zu ftirehten, die den Erfolg zunichte macht.

Aus diesem Grunde bin ieh zu einer Weehseltherapie iibergegangen, bei der die gewiinschte bzw. ausgetestete Behandlungsriehtung, meist Sympathicolyse, rhythmisch immer wieder in umgekehrter Richtung, etwa durch eine ]eichte Sympathicomimese unterbrochen wird. Gerade die nicht operierte Otosklerose z. B. widerstand bisher jeder medikamen- tSsen Beeinflussung besonders hartngckig. Es gelang mit dieser Wechsel- therapie, eine Anzahl von Otosklerosen, die im urspriinglichen HSrbild inoperabel waren, so weit zu bessern bzw. abzukt/s dal3 sie als operationsfiihig erkannt wurden. Die Operationsresultate best/itigen ~ das Vorgehen.

Auf diese Weise erkl/~ren sich die HSranstiege des nicht operierten Ohres bei der Fensterung, ebenso wie die .operativen ~berraschungs- erfolge bei scheinbar inoperablen F/illen und maehen die Verantwortung bei der Indikation zur Fensterung noch schwerer.

Wenn durch die Beeinflussung des sympathischen und parasym- pathischen Systems teilweise so giinstige Wirkungen zu erzielen sind, so ist es verst/indlich, dab umgekehrt auch pl6tzliche Einbriiche in Luft- und Knochenleitungskurve sowie im Spraehgeh6r das Resultat einer

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258 Aussprache zu den Vortrfigen.

solchen Behandlung sein kSnnen, einerseits weil yon vorneherein ein faIscher Weg eingeschlagen wurde, andererseits weft die Behandlung bis zum Einsetzen des erwghnten unerwiinschten Gegenregulation ge- trieben wurde . Das zeig~ ein Beispiel nach wiederholter Grenzstrang-

ausschaltung, also ebenfalls einer Magnahme der Sympathicolyse. Die Grenzstrangausschaltung erweist sich, insgesamt gesehen, als relativ erfolgreiche MaBnahme gegen das Ohrger/~usch. HSrverbesserungen durch diese Therapie sind jedoch die Ausnahme.

Offenbar bildet also eine vegetative TonusstSrung einen Anteil bei verschiedenen Formen der InnenohrschwerhSrigkeit. Daraus ergeben sich mannigfaltige Aufgaben. Es gil~ herauszufinden, bei welchen Formen das vornehmlich der Fall ist, wie grog der vegetativ bedingte StSrungsanteil ist, ob, wieweit und wie lange er riickbildungsf~hig bleibt, ferner ob vorbeugende Mal3nahmen m6glich sind.

~'fir das Vorgehen beim Kranken bedeutet das: 1. Testung der vegetativen Reaktion des Geh6rs als Tell der ttSr-

priifung. 2~ Riickbildung der H6rst6rung bis auf den fixierten H6rverlust

(unter sorgf~ltiger Vermeidung einer Einbuge dutch vegetative Gegen- regulierung).

3. Einstellung des Kranken auf die Erhaltungsdosis (oft in Form wiederkehrender Kuren) zur Dauerbehandlung.

4. Langffistige, un te r Umstiinden lebenslange l~lberwachung des Geh6rs in dieser Beziehung unter Nachregulierung der Einstellung.

(Ausffihrliche Ver6ffentlichung erfolgt an anderem Orte).

Aussprache zum Vortrag 32.

Herr F. KOBRAK-London. Es ist sicher durchaus m6glich, gewisse tPormen progressiver SchwerhSrigkeit dutch Medikamente zu beeinfiussen. Ob das abet auf direktem Wege durch Beeinfiussung des Cochlearsystems geschieht oder nicht auch, oder vielmehr, durch Beeinfiussung des Vestibularsystems teils unter Zugrunde- legung der meinem coch]eovestibuNiren H5rprinzip eigentiimlichen Bedingungen durch ErhShung des yon mir so genannten ,,HSrtonus", dariiber bitte ich in der letzten jetzt erschienenen Nummer des Arch. Ohr- usw. tteilk, u. Z. Hals- usw. Heilk. 157, 543--548 nachzu]esen.

Herr SEIFERTH-KSln. Eine Ot0sklerosepatientin, die ich vor einem Jahre mi~ sehr gutem Erfolg operiert habe~ wurde vor 4 Monaten gravide. Es trat eine HSrverschlechterung ein, nnd zwar auf Kosten der Innenohrfunktion. Die l~iste] ist often; das Fistelsymptom ist auslSsbar. Die Calciumbestimmung im Blute ergab 8,4 rag- %. Nach AT 10-Verabreichung besserte sich die HSrf~higkeit wieder und der Calciumspiegel im Blute wurde normal (10,8 mg-%). Die AT 10-Behand- lung hat nur noch wi~hrend der Schwangerschaft Bedeutung, well auf Grund der Gravidit~t der Calciumgehalt im Blute zuriickgeht. Dutch AT 10-Gaben l~Bt sich

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Ausspraehe zu den Vortr~gen. 259

die HSrfahigkeit w/~hrend dieser kritischen Zeit halten. Ich habe sehon frfiher mehrfach darauf hingewiesen, da$ die Wirkung dureh eine sti~rkere Durchblutung des Geh6rorgans zustande kommt. Herr WULLST~IN hut fiir die yon ihm verord- neten Mittel den gleichen Zusammenhang angenommen und hofft durch Verab- reichung auf lange Sicht, bei entsprechenden Pausen sogar auf Lebcnszeit, eine Dauerwirkung zu erzielen. Ich glaube nicht, dal~ dies zu erreiehcn ist und m6chte Herrn WULLSTEI:N fragen, auf welche Beobachtungszeit sich seine Behandlungs- resultate erstrecken.

Herr K. SCHUBERT-]~onn. Seit mehreren Jahren versuche ieh ebenfalls sowohl die cochle~re wie auch die vestibul/~re Beeinflussung tiber das vegetative Nerven- system and benutze dabei ebenfalls, wie bereits friiher von mir verSffen%licht, nebcn der Sympathicusblockade die versehiedensten yon WULLSTEIN eben auf- geffihrten Medikamente. ~Tenn man in die auBerordentliche Verschiedenartigkeit und Mannigfa]tigkcit der Reaktionsarten ein System bringen will, muB man yon dem WILD~gsehen Grundgesetz ausgehen, da die Reaktion je nach dem jeweils vor: liegenden Zustand yore vegetativen Nervensystem abh/~ngt. Es kann ja eben ein Sympathicotonus pravalieren und bald darauf schon wieder ein Vagotonus. Dem- entsprechend andern sich die Rcaktionsweisen. Zweifellos sind sowohl dureh die obengenarmten Medikamente wie durch die Sympathicusblockade Besserungen des GehSrs und auch des Vestibularis yon Dauer zu beobachten. Leider aber ist in ebenso vielen Fallen die Wirkung nur yon mehr oder minder kurzer Dauer und l~ezidive folgen. Die Reaktionsweise der Medikamente dfirfte nicht allein durch eine Yermehrung der Durchblutung, sondern auch in einer Umstimmung des vege- tativen iNervensystems und einem Ausgleich der Dystonien zu suehen sein. Dabei spielt die yon S ~ 6 ~ als ,,Schlag in das vegetative System" bezeichnete Wirkung sicher eine Rolle, und zwar auch bei schwachster und wechselnder Dosierung.

Herr J. BEcK-Erlangen, weist darauf hin, dab cr 1923 das Strychnin in die Therapie der Cochlearis- und Vestibulariserkrankungen eingeffihrt hat. Er hat dieses Medikament seit dieser Zeit in vielen Fallen erprobt. Die Wirkung zeigte sich in einer ]~esserung des HSrvermSgens, in einem Nachlassen der subjektiven Ohrgerausche und insbesondere in einer gtinstigen Beeinflussung der subjektiven und objektiven vestibularen StSrungen. Uber die vermutliche Wirkungsweise des Strychnins wurde in der damaligen Arbeit (Z. Hals- usw. Heilk. ]928) berichtet.

Seit einigen Jahren hat J. B~c~: in seiner Erlanger Klinik das Pyrifer in die ]~ehandlung der CochlearisstSrungen und anderer Formen der SchwerhSrigkeit eingefiihrt. Eine ausffihrliche Arbeit hieriiber ist soeben im Archly erschienen und Herrn Prof. ZANGE zum 70. Geburtstag gewidmet; Einzelheiten kSnnen in der Origina]arbeit (Arch. Ohr- usw. Heilk. u. Z. Ha]s-usw. Heflk. 157, 562--580) naehgelesen werden.

Herr MAX MEYER-Wfirzburg. Zur Diskussionsbemerkung yon Herrn SEXF]~RT]-I (KSln) sei mitgeteilt, dab wir zwei unserer Patientinnen naeh der Otosklerose- operation w/ihrend einer Schwangerscha/t beobachtet haben. Die eine Kranke wurde wegen Weiterversch]echterung einer schon sehr eingeschrankten HSrfahigkeit ira 3. Monat der Graviditat gefenstert. Es trat eine wesentlicbe HSrverbesserung ein, die nach etwa 2 Monaten den H6hepnnkt erreichte und auch jetzt nach der Ent- bindung, die al]erdings erst vor wenigen Wochen stattfand, unver~ndert fortbesteht.

Die andere Frau wurde etwa 1 Jahr nach der Operation gravide und konnte bis jetzt, bis in den 6. Schwangersehaftsmonat hinein, audiometriseh kontrolliert werden. Aueh hier zeigt das nach der Operation ausgezeiehnet gebesserte Geh6r bisher keinerlei Wiederverschlechterung.

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260 H, Wi)sT:

Herr HOFER-Graz. Es wurde in der Diskussion die Zeitdauer der Wirkung zugeffigter Stoffe zur H6rverbesserung besprochen. Zu diesem Thema mSchte ich an unsere schon 1936 gemachten Mitteilungen fiber H6rverbesserungen durch Hormonzufuhr bei der Altersschwerh6rigkeit erinnern. Wir fanden die HSrver- besserung vielfach 2--3 Jahre anhaltend und nach Rfiekgang die erneute Verbes- serungsmOgliehkeit durch weitere Zufuhr oft noch geringerer Dosen zu neuerlichen Aktivierungen nach dem Riickfall. Am internationalen Kongrel~ in London 1949 sind diesbezfigliche Angaben yon mir und Dr. K~OAT~ abgegeben worden. Es w~re falsch, anzunehmen, daI3 die einfache Zufuhr fehlender Stoffe den Effekt erzielt. Man ist gezwungen, anzunehmen, dab die Hormonzufuhr die steuernden Organe aktiviert und dadurch die Wirkung eine protrahierte genannt werden darf.

Herr WULLSTEIN-Siegen (SchluBwort). Ieh darf zuerst auf die Frage der Schwangerschaft eingehen. Zwischen dem 3. nnd 7. Monat habe ich 6 Fensterungs- operationen durehgefiihrt und keine StSrung yon Schwangerschaft oder Geburt und keine :HSrverschlechterung dabei erlebt. Ich halte die Fensterungsoperation wi~hrend der Schwangersehaft hinsichtlich des GehSrs. ffir weniger eingreifend als eine Unterbrechung, die ja auch nieht sicher vor einer HSrverschlechterung bewahrt. Meinen operierten Patientinnen stelle ich es frei, weitere Schwanger- schaften ruhig auf sich zu nehmen.

Herrn SCHUbErT m6ehte ich warnen vor den ,,Schl~gen in das vegetative System". Ein- oder zweimal darf man das tun, dann aber setzen die vegetativen Gegenregulationen ein und fiihren zu Einbul~e des gewonnenen GehSrs oder gar noeh zu weiteren Verlusten. Je langer ich in dieser Riehtung behandle, um so kleiner und vorsichtiger bin ich in der Dosierung geworden. Meine Beobachtungen bauen sieh auf auf 500 medikament6s nachbehandelten Fensterungen und 400 Innenohr- sehwerh6rigkeiten. Von den Fensterungen reagierten mehr als 50%, yon den InnenohrschwerhSrigkeiten nur etwa 25 %. Geht man sorgf~ltig auf die Einstel]ung de r Erhaltungsdosis und die Nachregulierung ein, so ergeben sich auch langfristige Resultate, bisher leiehter bei den Otosklerosen als bei den InnenohrsehwerhSrig- keiten. Die Beobachtungen liegen zum Teil bis 21/2 Jahre zuriiek.

33. Herr It . W~3sT - Fre iburg i. Br. : Vestibul~ire Reakt ionen naeh Fensterungsoperat ion. (Mit 3 Textabbi ldungen. )

Die Ausffihrung der Fens terungsoper~t ion ha t uns auf verschiedenen Gebie ten wiederum vor neue Yragen gestellt. W e n n im al lgemeinen auch die t~esul ta te sehr befriedigend sind, so kommen doch vereinzelt MiBerfolge vor, bei denen sich das GehSr entweder schon nach der ersten Depression in unmi t t e lba rem AnschluB an die Operat ion n icht richtig erholt oder im spateren Verlauf nachl~Bt. Zur genaueren Differenzierung der Ursache dieser Fehlschl~ge benStigen wir einen ~eineren Ausbau unserer Diagnostik, n icht nu r auf akustischem, sondern auch auf vesti- bul~rem Gebiet. D~s Vorhandensein des F is te l symptoms ist der wich- t igste Gradmesser daffir, dab die Fistel postoperat iv offengeblieben ist. Bei nega t ivem F i s t e l symptom gibt uns die zus~tzliehe calorisehe Prfifung Auskunf t , wie weit die F u n k t i o n des Bogenganges selbst erhal ten oder gestSr~ is t . U m n u n im Einzelfal l einwandfrei quan t i t~ t iv