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236 XLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 17. JAHRGANG; Nr. 7 I2. FEBRUAR i938 ANTIHORMONE UND ANTIKORPER GEGEN HORMONE. III* Der Bau des gonadotropen Hormons und seine Beziehung zur Antihormonbildung. Von ROBERT BRANDT u n d HELENE GOLDHAMMER. Aus dot Serodiagnostischen Station der Klinik far Geschleehts- und Hautkrankheiten (Vorsfand: Prof. Dr. W. KERL) und dem Physiologischen lnstitut (Vorstand: Prof. Dr. A. DURIG) an der Universit~it in Wiem Das Antihormon (A.H.) gegen gonadotropes Hormon (G.H.), welches durch Vorbehandlung mit diesem Hormon im Serum eines Versuchstieres entsteht und dadurch demon- striert werden kann, dab bei gleichzeitiger Einverleibung des Serums und des Hormons die bekannte Wirkung des letzteren auf den Genitalapparat infantiler M~use oder Ratten aus- bleibt -- dieses A.H. gleicht in seinem Verhalten, wie wir zeigen konnten, weitgehend einem Antik6rper. Inzwisehen konnten ]~ICHBAUM, KINDERMANN, OESTREI- CriER und REISS 1 ftir das thyreotrope Hormon die Antik6rper- natur des A.H. durch den Nachweis der Parallelit:t zwischen dem Auftreten yon A.H. und komplementbindendem Anti- k6rper weitgehend sichern. Ftir das G.H. fehlt aber dieser Tell der Beweise, und auBerdem dart nicht fibersehen werden, dab das ganze Phgnomen, soweit wit wissen, auf diese beiden Hormone beschr~tnkt ist, wAhrend bei den anderen bis jetzt untersuchten Hormonen die Prtifung teils ein abweichendes, teils ein nnsicheres Resultat brachte (J. BAUER, KUNEWXLDER u n d SCH-&CHTER 2,3, BRANDTund GOLDHAMMER4). Wir nahmen daher weitere Versuche vor und lieBen uns dabei yon folgen- den Erw~igungen leiten : Aus unserer I. Mitteilung ergibt sich, dab di~ Entstehung yon Antihormon (hierin der Entstehung yon Antik6rpern gleichend) unabh~ngig davon erfolgt, ob das Hormon bei der Einverleibung eine erkennbare, spezifische Wirkung entfaltet hat. Antihormone werden auch yon ganz unreifen und yon kastr.ierten Tieren gebildet, die ant Zufuhr von G.H. gar nicht mit den entsprechenden Genitalver~inde- rungen antworten k6nnen. Da es sich dabei nm das Ausbleiben der Hormonwirkung infolge eines bestimmten Zustandes des zur A.H.-Bildung verwendeten. Tieres handelt, so untersuchten wir welter, ob die A.H.-Bildung auch zustande kommen kann, wenn das injizierte Hormon selbst seine gonadotrope Wirknng verloren hat. H. v. ]~ULER und B. ZONDEK 5 haben gezeigt, wie man G.H. seiner \u beraubt, and sie haben auch welter ihre Auffassung dargelegt, dab das Hormon wie ein Ferment auBer einer verhSJtnism&Big kleinen prosthetischen (aktiven} Gruppe eine proteinartige Komponente enthitlt. ~hnliches gilt ffir Toxine, und insofern die A.H. nach unserer Darlegung den antitoxischen Seren gleichen, indem sie die Wirkung des Hormons aufheben, war die Grundlage ffir unsere Untersuchungen gegeben. Da Toxine auch dann zur Anti- toxinbildung ffihren, wenn sie ihrer Giftwirkung beraubt sind (Toxoid, Anatoxin), prfiften wit den EinfluB des unwirksamen gonadotropen Hormons auf die A.H.-Bildung. Eine ~hnliche Untersuchung liegt wohl schon yon TWOM- BLEu vor. Doch war in diesen Versuchen die Wirksamkeit des Hormons nieht zerst6rt, sondern nut auf die H~lfte herab- gesetzt, Eigene Untersuchungen zeigten uns abet, dab A.H. auch mit Dosen erzeugt werden kann, die gegenfiber den Collipschen herabgesetzt sind, so dab eine derartige Versuchs- anordnung keine Entscheidung der yon nns gestellten Frage zulaBt. Wir muBten vielmehr v611ig unwirksam gemachtes t-Iormon verwenden und w~hlten zur Erh6hung der Sicherheit drei auf verschiedene Weise behandelte Pr~parate: I. gekoch- tes, 2. oxydiertes, 3. mit H6hensonne bestrahltes G.H. (Vor- gehen nach den Angaben yon v. EULER und ZO~'DEK). Die P'rfifung erfolgte an 3--4 Wochen alten, 2o--3o g schweren Ratten, wobei in allen Versuchen nattirlich jeweils Vergleiche auch mit dem unbehandelten PrXparat angestellt wurden. Oxydation und 13estrahlung hoben die Vr v611ig auf, das gekochte G.H. behielt noch eine geringe Wirkung bei. Die geprfiften Mengen entsprachen 75 Einheiten des unbehandel- * Siehe Z. Immun.forsch. 88, 79 (I936) -- Klin. Wsctlr. 1936 II, z875. ten G.H. Sie wurden der betreffenden Ratte in 6 Portionen injiziert. Diese Menge wurde mit Rticksicht auf die weiteren Versuche gew~hlt. Mit diesen Pr~tparaten behandelten wir je 2 Kaninchen, in der Art, wie wit in frfiheren Versnchen A.H. erzeugt hatten. Wir stellten uns vom PrS@arat Prolan, das uns die I.G. Farben dankenswerterweise zur Verffigung ge- stellt hatte, L6sungen yon je iooo Ratteneinheiten in 2o ccm Wasser her, nahmen die entsprechenden Prozeduren vor urld gaben vom unbehandelten wie vom behandelten Prolan 3 mal w6chentlich je 1/2 ccm. Die Einzeldosis war also 25 RE. bzw. die an Substanz gleiche Menge des nnwirksam gemachten Pr~parates. Die'Wochendosis entspraeh demnach 75 RE. Wir mul3ten noch die M6glichkeit ausschlieBen, dab in den zerst6rten Hormonen Reste wirksamer Substanz fibrig seien, die zwar nicht mehr ausreichten, nm die gonadotrope Wirkung in der fiblichen Anordnung zu zeigen, aber doch noch Anti- hormonbildung verursachen k6nnten. Wir prfiften daher unter Berficksichtigung der gegebenen Verh~ltnisse die Wir- kung sehr kleiner Hormondosen. Die den Kaninchen per Woche verabreichte Menge war gleich jener, die im Rattenversuch geprtift worden war, also entsprechend 75 RE. des unver~tnderten Prolan. Da bei den Pr~paraten II (oxydiert) und III (bestrahlt) diese Menge im Rattenversuch unwirksam war, lag die Dosis, welche die Kaninchen pro Woche bekamen, nnter I Einheit, also pro Injektion unter 1/8 Einheit. Wenn das Pr~parat I (gekocht) eben wirksam war, bedeutete dies demnach, dab das Kanin- chen I Einheit pro Woche und 1/2 Einheit pro Injektion bekam. "Wir behandelten daher zur Kontrolle Kaninchen mit un- ver/~ndertem Prolan, nnd zwar I RE. 3 mal w6chentlich, also eine Menge an wirksamer Substanz, die noch mindestens dreimal gr6Ber war als beim Pr~parat I. Auch nach 3 Monaten war noch keine A.H.-Bildung aufgetreten. Kleine Prolan- mengen, die aber 8icher 9r6fler waren als maximal in den vor- behandelten Pr~tparaten vorhanden sein k6nnen, waren dem- nach zur A.H.-Erzeugung nicht befithigt. Der fin folgenden zu besehreibende Erfolg der Behandlung mit hormonal un- wirksamer Prolansubstanz kann also nicht ant Reste yon ~irksamem Hormon bezogen werden. Unsere Resultate waren folgende: Beginn der Versuche 15. XII. 193 6. Nach 3 Wochen (6. I.) war Serum I yon beiden Tieren (durch gekochtes Prolan er- zeugt) vollkommen wirksam, Serum II (oxydiertes), Serum III (bestrahltes Prolan) noch negativ. Nach 7 Wochen (13. II.) hemmten alle Sera komplett das G.H. und blieben dnrch weitere 2 Wochen ohne Weiterbehandlung gleich wirksam. Es zeigte sich also nnserer Vermutnng entsprechend, dab ein G.H., welches durch verschiedenartige Behandlung seine hormonale Wirkung verloren hatte, noch imstande war, die Bildung v611ig wirksamer A.H. zu veranlassen, fails es in jener Menge verabreicht wnrde, in welcher unver~ndertes G.H. diesen EinfluB ausiibt, Wenn gekochtes Prolan rascher zur A.H.-Bildung ffihrte als die beiden anderen, so ist die A.H.-Bildung wohl nicht ant den Rest spezifischer Wirkung, der erhalten geblieben ist, zurfickzuffihren, da ja derartig geringe Hormonmengen an und ffir sieh, wie wit welter oben darlegten, diesen Effekt nicht haben. Vielmehr ist es bei allen Hormonpr~paraten die proteinartige, hormonal nicht wirksame Komponente, wel- cher die Ausl6sung der A.H.-Bildung zugeschrieben werden muB2 Die raschere Wirkung des gekochten Prolan k6nnte, falls kein Zufall vorliegt, darauf beruhen, dab das Kochen auch ffir die Proteinkomponente schonender war als Oxydieren und Bestrahlen. Die mitgeteilten Tatsachen bedeuten, entsprechend unse- ren einleitenden Ausffihrungen; eine weitere Parallelit/~t zwi- schen A.H.- und Antitoxinentstehung und damit aueh einen weiteren Beweis ffir die Antik6rpernatnr der Antihormone. Gleichzeitig haben wit aber auch in den Ban des G.H. einen Einblick gewonnen. So wie nach PAUL EHRLICH im Toxin ein t3estandteil zu unterscheiden ist, welcher die spezifische Giftwirkung ausfibt, und ein anderer, der (auch nach der Zerst6rung des ersteren) die Bildung des Antik6rpers ausl6st bzw. sich mit dem bereits vorhandenen Antik6rper bindet

Antihormone und Antikörper Gegen Hormone. III

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236 X L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17 . J A H R G A N G ; Nr. 7 I2. F E B R U A R i938

ANTIHORMONE UND ANTIKORPER GEGEN HORMONE. III*

Der Bau des gonadotropen Hormons und seine Beziehung zur Antihormonbildung.

V o n

ROBERT BRANDT und HELENE GOLDHAMMER. Aus dot Serodiagnostischen Station der Klinik far Geschleehts- und Hautkrankheiten (Vorsfand: Prof. Dr. W. KERL) und dem Physiologischen lnsti tut (Vorstand: Prof.

Dr. A. DURIG) an der Universit~it in Wiem

Das Antihormon (A.H.) gegen gonadotropes Hormon (G.H.), welches durch Vorbehandlung mit diesem Hormon im Serum eines Versuchstieres entsteht und dadurch demon- striert werden kann, dab bei gleichzeitiger Einverleibung des Serums und des Hormons die bekannte Wirkung des letzteren auf den Genitalapparat infantiler M~use oder Rat ten aus- bleibt - - dieses A.H. gleicht in seinem Verhalten, wie wir zeigen konnten, weitgehend einem Antik6rper.

Inzwisehen konnten ] ~ I C H B A U M , K I N D E R M A N N , O E S T R E I -

CriER und REISS 1 ftir das thyreotrope Hormon die Antik6rper- na tur des A.H. durch den Nachweis der Paral lel i t : t zwischen dem Auftreten yon A.H. und komplementbindendem Anti- k6rper weitgehend sichern. Ftir das G.H. fehlt aber dieser Tell der Beweise, und auBerdem dart nicht fibersehen werden, dab das ganze Phgnomen, soweit wit wissen, auf diese beiden Hormone beschr~tnkt ist, wAhrend bei den anderen bis jetzt untersuchten Hormonen die Prtifung teils ein abweichendes, teils ein nnsicheres Resultat brachte (J. BAUER, KUNEWXLDER u n d SCH-&CHTER 2,3, BRANDT und GOLDHAMMER4). Wir nahmen daher weitere Versuche vor und lieBen uns dabei yon folgen- den Erw~igungen leiten : Aus unserer I. Mitteilung ergibt sich, dab di~ Ents tehung yon Antihormon (hierin der Ents tehung yon Antik6rpern gleichend) unabh~ngig davon erfolgt, ob das Hormon bei der Einverleibung eine erkennbare, spezifische Wirkung entfaltet hat. Antihormone werden auch yon ganz unreifen und yon kastr.ierten Tieren gebildet, die ant Zufuhr von G.H. gar nicht mit den entsprechenden Genitalver~inde- rungen antworten k6nnen. Da es sich dabei nm das Ausbleiben der Hormonwirkung infolge eines bes t immten Zustandes des zur A.H.-Bildung verwendeten. Tieres handelt, so untersuchten wir welter, ob die A.H.-Bildung auch zustande kommen kann, wenn das injizierte Hormon selbst seine gonadotrope Wirknng verloren hat. H. v. ]~ULER und B. ZONDEK 5 haben gezeigt, wie man G.H. seiner \u beraubt, and sie haben auch welter ihre Auffassung dargelegt, dab das Hormon wie ein Ferment auBer einer verhSJtnism&Big kleinen prosthetischen (aktiven} Gruppe eine proteinartige Komponente enthitlt. ~hnliches gilt ffir Toxine, und insofern die A.H. nach unserer Darlegung den antitoxischen Seren gleichen, indem sie die Wirkung des Hormons aufheben, war die Grundlage ffir unsere Untersuchungen gegeben. Da Toxine auch dann zur Anti- toxinbildung ffihren, wenn sie ihrer Giftwirkung beraubt sind (Toxoid, Anatoxin), prfiften wit den EinfluB des unwirksamen gonadotropen Hormons auf die A.H.-Bildung.

Eine ~hnliche Untersuchung liegt wohl schon yon TWOM- BLEu vor. Doch war in diesen Versuchen die Wirksamkeit des Hormons nieht zerst6rt, sondern nu t auf die H~lfte herab- gesetzt, Eigene Untersuchungen zeigten uns abet, dab A.H. auch mit Dosen erzeugt werden kann, die gegenfiber den Collipschen herabgesetzt sind, so dab eine derartige Versuchs- anordnung keine Entscheidung der yon nns gestellten Frage zulaBt. Wir muBten vielmehr v611ig unwirksam gemachtes t-Iormon verwenden und w~hlten zur Erh6hung der Sicherheit drei auf verschiedene Weise behandelte Pr~parate: I. gekoch- tes, 2. oxydiertes, 3. mit H6hensonne bestrahltes G.H. (Vor- gehen nach den Angaben yon v. EULER und ZO~'DEK). Die P'rfifung erfolgte an 3--4 Wochen alten, 2o--3o g schweren Ratten, wobei in allen Versuchen nattirlich jeweils Vergleiche auch mit dem unbehandelten PrXparat angestellt wurden. Oxydation und 13estrahlung hoben die Vr v611ig auf, das gekochte G.H. behielt noch eine geringe Wirkung bei. Die geprfiften Mengen entsprachen 75 Einheiten des unbehandel- * Siehe Z. Immun.forsch. 88, 79 (I936) -- Klin. Wsctlr. 1936 II, z875.

ten G.H. Sie wurden der betreffenden Ratte in 6 Portionen injiziert. Diese Menge wurde mit Rticksicht auf die weiteren Versuche gew~hlt. Mit diesen Pr~tparaten behandelten wir je 2 Kaninchen, in der Art, wie wit in frfiheren Versnchen A.H. erzeugt hatten. Wir stellten uns vom PrS@arat Prolan, das uns die I.G. Farben dankenswerterweise zur Verffigung ge- stellt hatte, L6sungen yon je iooo Ratteneinheiten in 2o ccm Wasser her, nahmen die entsprechenden Prozeduren vor urld gaben vom unbehandelten wie vom behandelten Prolan 3 mal w6chentlich je 1/2 ccm. Die Einzeldosis war also 25 RE. bzw. die an Substanz gleiche Menge des nnwirksam gemachten Pr~parates. Die'Wochendosis entspraeh demnach 75 RE.

Wir mul3ten noch die M6glichkeit ausschlieBen, dab in den zerst6rten Hormonen Reste wirksamer Substanz fibrig seien, die zwar nicht mehr ausreichten, nm die gonadotrope Wirkung in der fiblichen Anordnung zu zeigen, aber doch noch Anti- hormonbildung verursachen k6nnten. Wir prfiften daher unter Berficksichtigung der gegebenen Verh~ltnisse die Wir- kung sehr kleiner Hormondosen.

Die den Kaninchen per Woche verabreichte Menge war gleich jener, die im Rattenversuch geprtift worden war, also entsprechend 75 RE. des unver~tnderten Prolan. Da bei den Pr~paraten I I (oxydiert) und I I I (bestrahlt) diese Menge im Rattenversuch unwirksam war, lag die Dosis, welche die Kaninchen pro Woche bekamen, nnter I Einheit, also pro Injektion unter 1/8 Einheit. Wenn das Pr~parat I (gekocht) eben wirksam war, bedeutete dies demnach, dab das Kanin- chen I Einheit pro Woche und 1/2 Einheit pro Injekt ion bekam.

"Wir behandelten daher zur Kontrolle Kaninchen mit un- ver/~ndertem Prolan, nnd zwar I RE. 3 mal w6chentlich, also eine Menge an wirksamer Substanz, die noch mindestens dreimal gr6Ber war als beim Pr~parat I. Auch nach 3 Monaten war noch keine A.H.-Bildung aufgetreten. Kleine Prolan- mengen, die aber 8icher 9r6fler waren als maximal in den vor- behandelten Pr~tparaten vorhanden sein k6nnen, waren dem- nach zur A.H.-Erzeugung nicht befithigt. Der fin folgenden zu besehreibende Erfolg der Behandlung mit hormonal un- wirksamer Prolansubstanz kann also nicht ant Reste yon ~irksamem Hormon bezogen werden.

Unsere Resultate waren folgende: Beginn der Versuche 15. XII . 193 6. Nach 3 Wochen (6. I.)

war Serum I yon beiden Tieren (durch gekochtes Prolan er- zeugt) vollkommen wirksam, Serum II (oxydiertes), Serum I I I (bestrahltes Prolan) noch negativ. Nach 7 Wochen (13. II.) hemmten alle Sera komplett das G.H. und blieben dnrch weitere 2 Wochen ohne Weiterbehandlung gleich wirksam.

Es zeigte sich also nnserer Vermutnng entsprechend, dab ein G.H., welches durch verschiedenartige Behandlung seine hormonale Wirkung verloren hatte, noch imstande war, die Bildung v611ig wirksamer A.H. zu veranlassen, fails es in jener Menge verabreicht wnrde, in welcher unver~ndertes G.H. diesen EinfluB ausiibt,

Wenn gekochtes Prolan rascher zur A.H.-Bildung ffihrte als die beiden anderen, so ist die A.H.-Bildung wohl nicht ant den Rest spezifischer Wirkung, der erhalten geblieben ist, zurfickzuffihren, da ja derartig geringe Hormonmengen an und ffir sieh, wie wit welter oben darlegten, diesen Effekt nicht haben. Vielmehr ist es bei allen Hormonpr~paraten die proteinartige, hormonal nicht wirksame Komponente, wel- cher die Ausl6sung der A.H.-Bildung zugeschrieben werden muB2 Die raschere Wirkung des gekochten Prolan k6nnte, falls kein Zufall vorliegt, darauf beruhen, dab das Kochen auch ffir die Proteinkomponente schonender war als Oxydieren und Bestrahlen.

Die mitgeteilten Tatsachen bedeuten, entsprechend unse- ren einleitenden Ausffihrungen; eine weitere Parallelit/~t zwi- schen A.H.- und Anti toxinentstehung und damit aueh einen weiteren Beweis ffir die Antik6rpernatnr der Antihormone. Gleichzeitig haben wit aber auch in den Ban des G.H. einen Einbl ick gewonnen. So wie nach PAUL EHRLICH im Toxin ein t3estandteil zu unterscheiden ist, welcher die spezifische Giftwirkung ausfibt, und ein anderer, d e r (auch nach der Zerst6rung des ersteren) die Bildung des Antik6rpers ausl6st bzw. sich mit dem bereits vorhandenen Antik6rper bindet

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(toxophore und haptophore Gruppe), so scheint auch das G.H. einen relativ leicht zerst6rbaren Anteil zu haben, dem die spezifisch-hormonale Wirkung zukommt, und einen stabileren, welcher unabh/ingig yon dem Erhaltensein dieser F/ihigkeit die Bildung des A.I-t. anregt bzw. sich mit ihm binder (hormo- phore und haptophore Gruppe, wie man in Analogie sagen k6nnte). Diese mit immunologischen Untersuchungen ge- machten Feststellungen stfitzen die schon erw~hnten, auf anderem Wege gewonnenen Anschauungen EOLBRS und ZON- DEKS Yon der komplexen Natur des G.H.

Hier mug auf Untersuchungen yon SIDNEY W~I~NER 7 hin- gewiesen werden, wonach mit einem besonders gereinigten thyreotropen Hormon die Ph~nomene der A.H.-Erzeugung bzw. -Wirkung nicht erhalten werden. Auch diese Ergeb- nisse sprechen in gleichem Sinne. Man k6nnte an eine Schlep- perwirkung durch Verunreinigungen denken, w~hrend der eigentlich hormonMe Anteil sich wie ein Hapten verhielte. Dem widerspricht abet die Tatsache, dab die ,,Verunreini- gung" nach Zerst6rung des hormonalen Anteiles spezifisches A.H. erzeugt. Die Zugeh6rigkeit der haptophoren Gruppe zum Hormon ist also eine viel innigere als die eines Schleppers zu einem Hapten.

Wir haben in einer frfiheren Arbeit die eigentfimliche Tat- sache gezeigt, dab das G.H. nicht nur wirkungsspezifisch ist, sondern such artspezifisch, so dab ein antihormonales Serum, das durch menschliehes G.H. erzeugt wurde, nur gegen dieses, nicht aber such gegen Stutenhormon hemmend ist. Da wit jetzt fanden, dab der A.H.-erzeugende AnteiI des Hormons, den man als den Tr/~ger der Artspezifit~t bezeichnen muB, yon seinem hormonspezifischen Anteil zu trennen ist, unter- suchten wit seine Beziehung zu dem am leiehtesten prfifbaren Trager der Artspezifit/~t, dem Blutserum. Wir behandelten z Kaninchen mit je 3mal w6chentlich I ccm Menschenserum und bekamen nach 14 Tagen komplementbindende Mensehen- antik6rper, aber auch nach 12 Wochen noeh kein A.H.

Dasselbe Resul tat bekamen wir, wenn wit Io- und Ioofach verdfinntes Serum injizierten. Dagegen war mit iooofach verdfinntem Serum das Ergebnis ein eigentfimliehes. Das eine der beiden Kaninchen hat te nach 3 und 6 Wochen noch ein v611ig negatives Serum, nach 7 und 8 Wochen jedoch war das Serum volllcommer~ antihormonal wirlcsam, nach 12 Wochen (ohne Weiterbehandlung) war diese Wirkung wieder ver- schwunden und war auch dureh erneute injektionen in 6 Mo- naten nicht mehr zu erzielen. Das Serum des 2. Kaninchen war nur bei einer Untersuchung in geringerem Grade wirk- s a m .

Wir wiirden diese unvollkommenen Befunde fiber anti- hormonale Wirkung yon 3/ienschenantiseren nicht anffihren, wenn wir nicht in einer anderen Versuchsreihe ein Ergebnis erhalten h/~tten, das im gleiehen Sinne spricht. Wir ha t ten nach einem Immunisierungsversuch mit Haptenen und Schleppern ein Antischweineserum zur Verffigung und prfiften dessen antihormonMe Kraft gegen G.H. vom Schwein. Wir teilten eine Schweinehypophyse in 2 H/~lften und implan- t ierten sie 2 infantilen Rattenweibchen. Das eine Tier erhielt aueh 3 ccm Schweineantiserum in 3 Portionen. WAhrend die Hypophyse allein vollkommene gonadotrope Wirkung zeigte, blieb diese bei Antiserumzusatz aus. Ein zweites mit Schweine- serum behandeltes Kaninchen ergab kein deutlich antigonado- trop wirksames Serum. Die beiden I~aninchen gingen sp~ter ein.

Aus 2 verschieden angelegten Versuchen lieB sich also die Tatsache erschliei3en, dab ein durch Menschen- bzw. Schweine- seruminjektion erzeugtes Antiserum A.H. gegen G.H. vom Mensehen bzw. vom Schwein enthalten kann, und zwar wurde im ersteren Falle gegen Ham-, im letzteren gegen Drfisen- hormon geprfift. Dieses A.H. ist abet in seinem Auftreten so unregelm~Big und, soweit Wit untersuehen konnten, in seinem Bestand so flfichtig, dab wit den A.H. erzeugenden Anteil des G.H. mit dem betreffenden Serumbestandteil nicht gleich- setzen wollen. Wit werden wohl annehmen dfirfen, dab die A.H.-Wirkung dutch ,,~lbergreifen" eines Antik6rpers, der gegen einen Serumanteil gerichtet i s t , erfolgt; Wenn dieser Antik6rper in einem Falle nur durch verdi~nntes Serum ent-

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stand, werden wir beim konzentrierten Serum an die ,,Kon- kurrenz der Antigene" denken dfirfen. , ,~bergreifen" und ,,Konkurrenz der Antigene" sind uns ja aus der Serologie ge- l~ufig, sie stfitzen daher unsere Auffassung yon der Natur der A.H., und gerade das ~Ibergreifen wurde bei den A.H. gegen thyreotropes Hormon von TI~O~IPSON s gezeigt. Er behandelte eine Hfindin 16 Monate lang mit Ext rakten aus Schafhypo- physen und fand sodann das A.H. gegen Ext rak te aus Rinder- hypophysen und aus Menschenharn wirksam. Wenn er die Artspezifit~t des A.H. infolgedessen ablehnen zu mfissen glaubt, so kSnnen wir ihm hierin nicht folgen. Wit sehen nur, dab bier, wie bei hochgetriebener Immunisierung, durch die lange Dauer der BehandlUng eine Verwischung der Artspezifit/~t erfolgt und erblicken darin einen weiteren Beweis ffir die Auffassung der A.H. als Antik6rper.

Jedenfalls reihen sich die Versuche mit Seruminjektionen in die fibrigen Tatsachen ein, sie geben aber noch unklare Resultate und werden daher vorl~ufig nur mitgeteilt , damit Erfahrungen anderer Autoren, die sich bei den zu versehie- denen Zwecken vorgenommenen Seruminjektionen ergeben k6nnen, mit unseren verglichen werden.

Der artspezifische, abet t rotzdem vom artspezifischen An- teil des SerumeiweiBes unterschiedene Charakter der hapto- phoren Gruppe kommt in ~hnlicher Weise nach M. EISLER Harnbestandteflen zu, eine solche Tatsache steht also nicht allein. Wir prfiften daher noch einmal, ob dutch Injektion yon hormonfreiem Kinderharn A.H. zu erzielen sei, bekamen aber auch bei langer Bebandlung negative Resultate.

ZusammenJassend k6nnen wit sagen: G.H., welches durch Kochen, Oxydation oder ultraviolette ]3estrahlung seine hor- monale F/~higkeit g/~nzlich (oder fast v611ig) eingebfiBt hat, beh/~lt seine F/~higkeit zur Erzeugung yon antihormonalen Seren bei. Dies beruht nicht auf evtl. noch wirksamen Resten yon Mormon, da solehe im Auswertungsversuch nicht mehr nachweisbar sind und selbst hormonal eben noch wirksame Dosen yon G.H. keine A.H.-Bildung ausl6sen. Es handelt sich vielmehr dabei um einen best immten proteinartigen Anteil des G.H., der als Ursache der A.H.-Bildung anzusehen ist. Die A.H.-Erzeugung gleicht also in einem weiteren wichtigen Punkt der Antik6rperbildung. Gleichzeitig ist hiermit ein Einbliek in den Bau des G.I-t. gewonnen, das, ~hnlieh wie ein Toxin, aus einem hormonal wirkenden und einem hormonal unwirksamen, aber A.H. erzeugenden Anteil (hormo- und haptophore Gruppe) zusammengesetzt scheint. Letzterer ist artspezifisch, jedoch mit keinem der geprfiften artspezifischen Anteite des menschlichen Organismus identisch.

L i t e r a t u r : 1 EICttBAUM, I~INDERMANN, OESTERICH]~R 11. I~EISS, Endokrinol. x8, 375 (1937). -- 2 BAUER, KUNEWALDER U. SCHXeH- TER, Wien. klin. Wschr. 1936, 39. _ a Dieselben. Wiener klin. Wschr. i937, 83. -- ~ BRANDr U. GOLDHAMMER, 1. C. -- 5 EUlmR U. ZONDEK, Skand. Arch. Phys. (Berl. u. Lpz.) 68, 245 (1934). -- 6 TWOI~BLEY, Endocrinology 2o, 3i i (1936). -- 7 C. WEm~ER, Proe. Soc. exper. Biol. a. Med. 34, 392 (I936). -- s THOMPSON, Proc. Soe. exper. Biol. a. Med. 35, 637 (1936) �9

TIEREXPERIMENTELLE STUDIEN UBER DEN GASAUSTAUSCH DER LUNGEN

OHNE LUNGENBEWEGUNG. V o n

E. FULD]~. Aus der Chirurgischen Abteilung des Lazaretts Berlin-Tempelhof

(Leiter: Stabsarzt Dr, FULDE).

13el einem Tierversuch wurde beobachtet, dab auch ohne Lungenbewegung das Tier am Leben blieb. Einem curari- sierten Hund war die Brustwand entfernt worden. Die Lunge wurde mittels einer Pumpe rhythmisch beatmet. Infolge Ver- sagens der Pumpe kam es im Zustand der Lungenbl/~hung zum Sistieren der Atembewegung. Dennoch blieb die Herz- t/~tigkeit fiber I Stunde erha]ten, der Blutdruck fiel nur all- m~hlieh - - e n t s p r e e h e n d dem Ffillungszustand der Lunge

- - a b .