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:~9.DEZEMBER19.36 KLINISCHE Vr 15. J A t t R . G A N G . Nr. 5~ ~875 tische Diagnose der Typen mit unserem Nahrboden allein und mit ausreichender Sicherheit vorgenommen werden kann. Zwischenformen oder Untertypen oder irgendwelche beson- deren Schwierigkeiten in der Typendiagnostik ha.ben wir nicht mehr feststellen k6nnen, seitdem wir uns monatelang mit die- ser Frage befaBt haben. Es mag sein, dab man in besonders darauf eingestellten wissenschaftlichen Studien, etwa wie Wm~t~T und CHI~ISTISO~ ~ sowie CAR~ER~% gelegentlich noch andere Formen linden diirfte, denen man auf Grund beson- deter Eigenschaften auch die Sonderstellung eines Typus zu- spricht, doch glauben "wir nicht, dab diesen Studien eine be- sondere praktische Bedeutnng zukommen wird. Auch bei der Diagnostik der Typen sind wit meines Erachtens jetzt so welt, yon der komplizierten Methodik der ersten englischen Arbeiten zu der viel einfacheren unseres Vorschlages fiber- zugehen, nXmlich der Anwendung nines Nfihrbodens, der Btut- Cystin-Tellur-Platte. Damit ist eine betrAchtliche Vereinfachung der praktischen Diphtheriediagnostik erreicht worden, ohne dab wissenschaft- tithe Belange nicht ausreichend berficksichtigt w~ren. Bei der gewaltigen Beanspruchung der bakteriologischen Labora- torien und Untersuchungs~mter auf alien m6glichen Gebieten ist es nicht mehr m6glich, eine Methodik welter zu pflegen, die win die L6ffler-Platte bei der heutigen Beanspruchung der Untersuchungs~mter mit Diphtherieuntersuchungen fast das gesamte wissenschaftliche und technische Personal ausschlieB- lich fiir sich veflangt. Die Indicatorplatte nach CLAUBERG ersetzt diesen klassischen Nahrboden nicht nur votlkommen, sondern sie stellt darfiber hinans eine erhebliche Verbesserung im Hinblick auf Zeit- and Materialersparnis dar. ~Vir emp- fehlen darum, dab gr6Bere Laboratorien sich zum Zwecke der bakteriologisehen Diphthefiediagnostik ausschliel31ich der Indicatorplatte nach CLAUBERG bedienen. Die Ablesung er- foIgt nach 24 Stunden. Die Anfertigung yon Pr~paraten, bei der wir uns eines Tuscheausstriches bedienen, ist nut in seltenen F~llen erforderlich. Die Typendiagnose des Di- phtheriebacillus erfolgt 24 Stunden sp~tter dutch Anwendung der Blut-Cystin-Tellurplatte nach GUND~L und TI~TZ. V. Zusammen]assung. I. Etwa ioooo Diphtheriest~mme yon 2o58 Patienten wurden auf ihre Typenzugeh6rigkeit untersucht. 2. Die H~Ifte tier Diphtherief~lle aller T3~pen verl~nft in Berlin und in der ~ark Brandenburg leicht. Von 60 Diphtherie- todesfMlen entfielen allerdings 54 auf den Typus gravis, w~hrend Todesf~Llle bei Infekfionen des Typus miffs vermiBt wurden. Trotzdem bietet die Typendifferenzierung des Di- phtheriebacitlus bisher nicht die M6glichkeit elnes therapeu- tischen Fortschritts. ?r bleibt fiir die Behandlung jeder Diphtherieerkrankung der Zeitpunkt der Serumgabe. 3. Die H~ufigkeit der 3 Typen des Diphtheriebacillus ist bei einem Vergleich Verschiedener Gebiete und verschiedener Jahre oft betr~ehtlich. Nit zunehmender Dauer einer Epi- demie, die nicht selten zun~chst allein durch einen Typus be- dingt wird, treten auch andere Typen auI und ver~ndern damit zuweilen das epidem/ologische Bild. Diphtherieh~u- fungen in Familien, D6rfern and Heimen werden meistens dutch einen Typus hervorgerufen, und die Schwere dieser Erkrankungen ist nicht selten typgebunden. 4. Eine unterschiedliche epidemiotogische Bewertung der Diphtheriebacfllentr~ger in Beziehung zu dem Typus des Diphtheriebacillus wird abgelehnt, da nach unseren Unter- suchungen das Verh~ltnis der Gravis-:Mitisformen bei Diphtheriekranken und bei Bacillentr~gern gleich ist. 5. Die Typen des Diphtheriebaciltus zeichnen sich durch eine bemerkenswerte Konstanz aus. Der gelegentlich zu beobachtende Wechsel in dem Typencharakter des Diphtherie- bacillus ist nicht auf Variabilit~t oder auf eine Typ~nderung zurfickzuffihren, sondern ist die Folge des Neueindringens eines anderen Typus der Diphtheriebaciilen. Durch diese Feststellung veranlaBte besondere Untersuchungen ftihren zu Vorsctfl~gen fiber die BeIegung yon Infektionsabteilungen. 6. Zum SchtuB wird ant die betritchtliche Vereinfachung der praktischen bakteriotogischen Diphtheriediagnostik hin- gewiesen. Der Diagnose des Erregers dient am besten die Indicatorplatte nach CLAUBERG und der Diagnose des Diphtheriebacillentypus die Blut-Cystin-Tetlur-Platte nach GUNDEL und TIETZ. Literatur : 1 M. GVNDE~, Die Typenlehre in der Mikrobielogie. Jena: G. Fischer 1934. -- "~ H. SCHLOSSBERGER, Zbl. Bakter. I. Orig. x35, 6 (1935). -- ~ ANDBRSONU. Mitarbeiter, J. of Path. 34, 667 (I931); 36, I69 (1933) -- Lancet 1933 I, 293. -- 4 H. PARISH, Brit. J. exper. Path. 8, 162 (1927) -- Lancet x934I , 299; II, 1192; I935 I, 4o0 -- J. of Path. 35, 653 (I932). -- 5 D. T. ROBINSON, J. of Path. 39, 551 (I934) ; 38, 73 (1934). -- s IV[.GUNDELU. LIEBE- THt~u:r~I,Z. tlyg. X 17, 66 (1935). -- 7M. GUNDEL U. ERZIN, Zbl. Bakter. I Orig. 136, 24 (I936). -- s M. GUNDEL U. ERZlN, Dtsch. reed. Wschr. I936, I292. -- 9 M. H. CI~RISTISON, Zbl. Bakter. I Orig. x35, 59 (I934). -- 10 SCI~IFyu. WERBXI~, Dtsch. reed. Wschr. I935, 259. -- 11 K. W. CLAUBERG, IVliinch.reed. Wsctn'. i935, 944- -- 12 N. ERZlN, Zbl. Bakter. I Orig. I37, 97 (I936). -- ia M. GUNDEL, Z. Hyg. xI4, 659, 678 (1933)- -- t~ M. GUNDEL U. TIETZ, Z. Hyg. XI6, 439 (~934). -- ~ H. A. WRmlIT U. C~RISTISON,J. of Path. 49, 447 (x935). __ t6 H. S. CARTER, J. Of Hyg. 36, I47 (I936); 33, 542 (I933)- -- 1~ R. W. TANNAHILL, J. of Hyg. 36, 14o (t936). ANTIKORPER GEGEN LIPOIDE HORMONE*. Von I~OBERT t~RANDT lind ]~tELENE GOLDHAMMER. AuS der SerodiagaostischenStation der Klinik ffir Geschlechts- und Hautkrankheiten (Vorstand: Prof. Dr. W. KtgRL) und dem PhysiologischenInstitut (Vorstand: Prof, Dr. A. DURIG} der Universit~tWiem In einer vorhergehenden Arbeit x konnten wir feststellen, dab sich das yon COLLIP und Mitarbeitern entdeckte Anti- hormon gegen gonadotropes Hormon (g. H.) in vielfaeher Hinsicht wie ein Antik6rper verhalte. Wenn wir auch die Identit~tt des Antihormons (AH.) mit den yon H. t~HRLICH~ beschriebenen komplementbindenden Antik6rpern aus yon uns angeffihrten Grfinden nicht ftir be- wiesen ansehen konnten, glauben wit doch geniigend andere Argumente beigebracht zu haben, welche die Antik6rper- natur des besprochenen Antihormons bekrfiftigen und es gleichzeitig auch derart charakterisieren, dab eine Einreihung erlaubt ist: das AH. gegen g. H. verh~lt sich wie ein 2Eiweifl- antil~6rper. Es ist artspeziJisch und in seiner Entstehung an die Art~'ersehiedenheit zwischen Hormonspender and be- handeltem Organismus gebnnden. Das k6rpereigene Hormon ffihrt auch in groBen ~,Iengen (Schwangerschaft!) nicht zur Bildung yon AH. Letzteres hat daher anscheinend keine physiologische Bedeutung. Da g. H. wie auch das thyreotrope tIormon, gegen welches ebenfalls AH. erzeugt werden kann, wohl als EiweiBabk6mm- ling zu betrachten ist, besteht demnach ~Jbereinsfimmung zwischen der Natur des Antigens und den Eigenschaften des Antik6rpers. Es gelten also offenbar auch bei Hormonen jene immunologischen Gesetze, wonach die chemische Ein- teilung der Antigene in Proteine, Lipoide usw. sich in recht weitgehenden Unterschieden der betreffenden Antik6rper widerspiegelt. Wit durften somit annehmen, dab Antik6rper gegen lipoide Hormone sich in vielfacher Weise anders ver- halten wfirden Ms jene gegen g.H. Lipoidantik6rper ent- stehen in der Regel nicht durch Injektion des reinen Lipoids, sondern nut bei vorherigem Vermischen des Lipoids mit einem ,,Schlepper", vor allem Schweineserum (LANDSTZlNER und SIMS), sie lassen sich aueh gegen arteigene Lipoide er- zeugen (SAcHs WnlL und KLOPSTOCI~) und sie sind nicht artspezifisch, sondern organ- oder gewebsspezifisch (BRANDT, GUTI~ und Mt~LLE~). Dabei ist der serologische Unterschied zwischen verschiedenen Lipoiden quantitativ bei weitem nicht so eindrucksvoll wie zwischen EiweiB verschiedener Tier- arten: W~hrend z. t3. durch diagnostische Verwendung yon Niweifiantitc6rpern gewisse Differenzen zwischen EiweiBarten eindeutig zu erkennen sind, die sich chemisch kaum oder gar nicht charakterisieren lassen, reagieren Lipoidantitc6rper ge- whhnlich otme deutliche Unterschiede mit einer ganzen Gruppe yon Lipoiden, die zwar verwandt, abet chemisch doch deutlich unterschieden sind. Schliel31ich ist hervorzuheben, dab zwi- * vorget~agenar~ 26. V. I936 in d. Ges. f. Vererbungslelare und Endokrinologie in Wien,

Antikörper Gegen Lipoide Hormone

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:~9. DEZEMBER 19.36 K L I N I S C H E V r 15. J A t t R . G A N G . Nr. 5~ ~875 tische Diagnose der Typen mit unserem Nahrboden allein und mi t ausreichender Sicherheit vorgenommen werden kann. Zwischenformen oder Unter typen oder irgendwelche beson- deren Schwierigkeiten in der Typendiagnostik ha.ben wir nicht mehr feststellen k6nnen, seitdem wir uns monatelang mit die- ser Frage befaBt haben. Es mag sein, dab man in besonders darauf eingestellten wissenschaftlichen Studien, etwa wie Wm~t~T und CHI~ISTISO~ ~ sowie CAR~ER~% gelegentlich noch andere Formen linden diirfte, denen man auf Grund beson- deter Eigenschaften auch die Sonderstellung eines Typus zu- spricht, doch glauben "wir nicht, dab diesen Studien eine be- sondere praktische Bedeutnng zukommen wird. Auch bei der Diagnostik der Typen sind wit meines Erachtens je tz t so welt, yon der komplizierten Methodik der ersten englischen Arbeiten zu der viel einfacheren unseres Vorschlages fiber- zugehen, nXmlich der Anwendung nines Nfihrbodens, der Btut- Cystin-Tellur-Platte.

Dami t ist eine betrAchtliche Vereinfachung der praktischen Diphtheriediagnostik erreicht worden, ohne dab wissenschaft- tithe Belange nicht ausreichend berficksichtigt w~ren. Bei der gewaltigen Beanspruchung der bakteriologischen Labora- torien und Untersuchungs~mter auf alien m6glichen Gebieten ist es nicht mehr m6glich, eine Methodik welter zu pflegen, die win die L6ffler-Platte bei der heutigen Beanspruchung der Untersuchungs~mter mit Diphtherieuntersuchungen fast das gesamte wissenschaftliche und technische Personal ausschlieB- lich fiir sich veflangt. Die Indicatorplat te nach CLAUBERG ersetzt diesen klassischen Nahrboden nicht nur votlkommen, sondern sie stellt darfiber hinans eine erhebliche Verbesserung im Hinblick au f Zeit- and Materialersparnis dar. ~Vir emp- fehlen darum, dab gr6Bere Laboratorien sich zum Zwecke der bakteriologisehen Diphthefiediagnostik ausschliel31ich der Indicatorplat te nach CLAUBERG bedienen. Die Ablesung er- foIgt nach 24 Stunden. Die Anfertigung yon Pr~paraten, bei der wir uns eines Tuscheausstriches bedienen, ist nut in seltenen F~llen erforderlich. Die Typendiagnose des Di- phtheriebacillus erfolgt 24 Stunden sp~tter dutch Anwendung der Blut-Cystin-Tellurplatte nach GUND~L und TI~TZ.

V. Zusammen]assung. I. E twa ioooo Diphtheriest~mme yon 2o58 Pat ienten wurden auf ihre Typenzugeh6rigkeit untersucht.

2. Die H~Ifte tier Diphtherief~lle aller T3~pen verl~nft in Berlin und in der ~ a r k Brandenburg leicht. Von 60 Diphtherie- todesfMlen entfielen allerdings 54 auf den Typus gravis, w~hrend Todesf~Llle bei Infekfionen des Typus miffs vermiBt wurden. Trotzdem bietet die Typendifferenzierung des Di- phtheriebacitlus bisher nicht die M6glichkeit elnes therapeu- tischen Fortschritts. ?r bleibt fiir die Behandlung jeder Diphtherieerkrankung der Zeitpunkt der Serumgabe.

3. Die H~ufigkeit der 3 Typen des Diphtheriebacillus ist bei einem Vergleich Verschiedener Gebiete und verschiedener Jahre oft betr~ehtlich. N i t zunehmender Dauer einer Epi- demie, die nicht selten zun~chst allein durch einen Typus be- dingt wird, t reten auch andere Typen auI und ver~ndern damit zuweilen das epidem/ologische Bild. Diphtherieh~u- fungen in Familien, D6rfern and Heimen werden meistens dutch einen Typus hervorgerufen, und die Schwere dieser Erkrankungen ist nicht selten typgebunden.

4. Eine unterschiedliche epidemiotogische Bewertung der Diphtheriebacfllentr~ger in Beziehung zu dem Typus des Diphtheriebacillus wird abgelehnt, da nach unseren Unter- suchungen das Verh~ltnis der Grav i s - :Mi t i s fo rmen bei Diphtheriekranken und bei Bacillentr~gern gleich ist.

5. Die Typen des Diphtheriebaciltus zeichnen sich durch eine bemerkenswerte Konstanz aus. Der gelegentlich zu beobachtende Wechsel in dem Typencharakter des Diphtherie- bacillus ist nicht auf Variabilit~t oder auf eine Typ~nderung zurfickzuffihren, sondern ist die Folge des Neueindringens eines anderen Typus der Diphtheriebaciilen. Durch diese Fes t s t e l l ung veranlaBte besondere Untersuchungen ftihren zu Vorsctfl~gen fiber die BeIegung yon Infektionsabteilungen.

6. Zum SchtuB wird ant die betritchtliche Vereinfachung der praktischen bakteriotogischen Diphtheriediagnostik hin- gewiesen. Der Diagnose des Erregers dient am besten die

Indicatorplat te nach CLAUBERG und der Diagnose des Diphtheriebacillentypus die Blut-Cystin-Tetlur-Platte nach GUNDEL und TIETZ.

L i t e r a t u r : 1 M. GVNDE~, Die Typenlehre in der Mikrobielogie. Jena: G. Fischer 1934. -- "~ H. SCHLOSSBERGER, Zbl. Bakter. I. Orig. x35, 6 (1935). -- ~ ANDBRSON U. Mitarbeiter, J. of Path. 34, 667 (I931); 36, I69 (1933) -- Lancet 1933 I, 293. -- 4 H. PARISH, Brit. J. exper. Path. 8, 162 (1927) -- Lancet x934I , 299; II, 1192; I935 I, 4o0 -- J. of Path. 35, 653 (I932). -- 5 D. T. ROBINSON, J. of Path. 39, 551 (I934) ; 38, 73 (1934). -- s IV[. GUNDEL U. LIEBE- THt~u:r~I, Z. tlyg. X 17, 66 (1935). -- 7 M. GUNDEL U. ERZIN, Zbl. Bakter. I Orig. 136 , 24 (I936). -- s M. GUNDEL U. ERZlN, Dtsch. reed. Wschr. I936, I292. -- 9 M. H. CI~RISTISON, Zbl. Bakter. I Orig. x35, 59 (I934). -- 10 SCI~IFy u. WERBXI~, Dtsch. reed. Wschr. I935, 259. -- 11 K. W. CLAUBERG, IVliinch. reed. Wsctn'. i935, 944- -- 12 N. ERZlN, Zbl. Bakter. I Orig. I37, 97 (I936). -- ia M. GUNDEL, Z. Hyg. xI4, 659, 678 (1933)- -- t~ M. GUNDEL U. TIETZ, Z. Hyg. XI6, 439 (~934). -- ~ H. A. WRmlIT U. C~RISTISON, J. of Path. 49, 447 (x935). __ t6 H. S. CARTER, J . Of Hyg. 36, I47 (I936); 33, 542 (I933)- -- 1~ R. W. TANNAHILL, J. of Hyg. 36, 14o (t936).

ANTIKORPER GEGEN LIPOIDE HORMONE*. Von

I~OBERT t~RANDT lind ]~tELENE GOLDHAMMER. AuS der Serodiagaostischen Station der Klinik ffir Geschlechts- und Hautkrankheiten (Vorstand: Prof. Dr. W. KtgRL) und dem Physiologischen Institut (Vorstand: Prof,

Dr. A. DURIG} der Universit~t Wiem

In einer vorhergehenden Arbeit x konnten wir feststellen, dab sich das yon COLLIP und Mitarbeitern entdeckte Anti- hormon gegen gonadotropes Hormon (g. H.) in vielfaeher Hinsicht wie ein Antik6rper verhalte.

Wenn wir auch die Identit~tt des Antihormons (AH.) mit den yon H. t~HRLICH~ beschriebenen komplementbindenden Antik6rpern aus yon uns angeffihrten Grfinden nicht ftir be- wiesen ansehen konnten, glauben wit doch geniigend andere Argumente beigebracht zu haben, welche die Antik6rper- natur des besprochenen Antihormons bekrfiftigen und es gleichzeitig auch derart charakterisieren, dab eine Einreihung erlaubt ist: das AH. gegen g. H. verh~lt sich wie ein 2Eiweifl- antil~6rper. Es ist artspeziJisch und in seiner Entstehung an die Art~'ersehiedenheit zwischen Hormonspender and be- handel tem Organismus gebnnden. Das k6rpereigene Hormon ffihrt auch in groBen ~,Iengen (Schwangerschaft!) nicht zur Bildung yon AH. Letzteres hat daher anscheinend keine physiologische Bedeutung.

Da g. H. wie auch das thyreotrope tIormon, gegen welches ebenfalls AH. erzeugt werden kann, wohl als EiweiBabk6mm- ling zu betrachten ist, besteht demnach ~Jbereinsfimmung zwischen der Natur des Antigens und den Eigenschaften des Antik6rpers. Es gelten also offenbar auch bei Hormonen jene immunologischen Gesetze, wonach die chemische Ein- teilung der Antigene in Proteine, Lipoide usw. sich in recht weitgehenden Unterschieden der betreffenden Antik6rper widerspiegelt. Wit durften somit annehmen, dab Antik6rper gegen lipoide Hormone sich in vielfacher Weise anders ver- halten wfirden Ms jene gegen g . H . Lipoidantik6rper ent- stehen in der Regel nicht durch Injektion des reinen Lipoids, sondern nut bei vorherigem Vermischen des Lipoids mit einem ,,Schlepper", vor allem Schweineserum (LANDSTZlNER und SIMS), sie lassen sich aueh gegen arteigene Lipoide er- zeugen (SAcHs WnlL und KLOPSTOCI~) und sie sind nicht artspezifisch, sondern organ- oder gewebsspezifisch (BRANDT, GUTI~ und Mt~LLE~). Dabei ist der serologische Unterschied zwischen verschiedenen Lipoiden quant i ta t iv bei weitem nicht so eindrucksvoll wie zwischen EiweiB verschiedener Tier- arten: W~hrend z. t3. durch diagnostische Verwendung yon Niweifiantitc6rpern gewisse Differenzen zwischen EiweiBarten eindeutig zu erkennen sind, die sich chemisch kaum oder gar nicht charakterisieren lassen, reagieren Lipoidantitc6rper ge- whhnlich otme deutliche Unterschiede mit einer ganzen Gruppe yon Lipoiden, die zwar verwandt, abet chemisch doch deutlich unterschieden sind. Schliel31ich ist hervorzuheben, dab zwi-

* vorget~agen ar~ 26. V. I936 in d. Ges. f. Vererbungslelare und Endokrinologie in Wien,

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schen Lipoiden ganz verschiedener Herkun]t serologische Be- ziehungen bestehen (vgl. das Forssmansche Antigen, welches z. B. in Meerschweinchenniere, Hammelblutk6rperchen, Shiga- Kruse-Bacillen E M. EISLEI~*] usw. vorkommt*).

Wit priiften nun, ob alle diese Punkte such ffir lipoide Hormone gelten.

Anordnung der Versuche: Als Injektionsmaterial verwendeten wit Proviron und Progynon, voi1 welcheii Pri~parateii uns die Firms Schering-Kahlbaum, Berlin, in liebeiiswfirdiger Weise reinste krystallisierte Proben zur Verffigung stellte (Proviron: i g = 5ooo Hahnenkammeinheiten, Progynon: I g = 8 Millionen ME.)

Serologisehe Vorpri~Jung: D i e zu behandelnden Kaninchen wurden zuerst im tr geprtift. Wir stellten uns I promill, alkoholische L6suligen her, aus denen wir uns dutch fraktionierte Verdtinnulig mit o,9proz. NaC1 die betreffenden Sole bereiteten (1 Teil Hormolll6sniig + 5 Teile NaC1, IIach jedem Teil IO Sekundeli Intervall).

Versuchsanordnuiig entsprechend der WaR. nach R. NIOLLEI~: o,6 ccm NaCl, I Tropfen vierfach verdtiiintes Komplement, I Tropfen Kaninchenserum, letzteres (zum Uiiterschied vom Nienschenserum) auf die Hglfte verdiilint, i Tropfeii Antigen in fallenderVerdtinnuiig, ~/2 Stunde Brutschrank, sodanii 2 Tropien hgmolytisches System (gleiche Teile yon 12, 5 % Hammelblut und Amboceptor, vierfacher Titer).

Die h6ehate niehthemmende Antigeiimenge betrlig in dieser Ver- slichsanordnung bei beideli Hormoneii 4 Tropfeli, erst 6 Tropfen hemmten komplett (gleiche Priifuligeii wurden mit den spgter zu besprechendeli Prgparateli vorgenommeii).

Behandlung get Tiere: Es wurde ein Sol verwendet, welches start NaC1 mit lofach verdfinntem Schweiiieserum, aber im tibrigen in der oben beschriebenen Weise hergestellt war und 1/~ Stunde sparer injiziert wurde. Hiervon erhielten die Tiere jedeii 3. (bis 4.) Tag 5ccm (rund 4Hahnenkammeinheiten [HE.] Proviroii, bzw. 66oo ME. Progynon pro Injektion ).

Ftir jedes Hormon wurden 3 Kaninchen im Gewieht voli rund 21/2kg eiligestellt, als Kontrollen dieiiten je 2 Tiere, die reines Hormon (ohne Schweineserumzusatz) bzw. nur Schweineserum bekameli. AuBerdem wurde das Schweineserum auf Progyiion- wirkung geprt~ft und zwar mit IIegativem Erfolge.

Serologische Untersuchung der behandelten Tiere: Die Anti- kSrperbildung ging relativ schleppend vor sich. Erst nach der 8. Injekt ion (25 Tage nach Beginn der Behandlung) war sie deutlich, hatte abet nach der Io. Injektion schon ann~hernd das Maximum erreicht, so dab bis zur 20. Injektion (ins- gesamt 8o HE. Proviron bzw. 13oooo ME. Progynon) nu t mehr geringffigige quant i ta t ive Nnderungen auftraten. Die Sera zeigten nun mit 1 / _ i Tropfen des betreffenden Antigens komplette t temmung, wghrend vor der Behandlung, wie schon erw~hnt, 4 Tropfen noch keine, 5 Tropfen nur in- komplette Hemmung gezeigt hatten.

Die Tiere, die Hormon ohne Schweineserum erhalten hatten, reagierten wie die unbehandelten Tiere; die mit Schweineserum allein behandelten Tiere reagierten nicht nu t mit Schweineserum, sondern zeigten such mit den Hormonen einen erkennbaren Ausschlag. Dieser war jedoch nur yon geringem Grad (mit 3 Tropfen Antigen eine schwache, mit 4 Tropfen eine deutliche, aber inkomplette Reaktion).

Es waren also durch Kombinationsimmunisierung ein- deutig komplementbindende AntilcSrper gegen lipoide Hot,none entstanden, die sieh yon der bloflen Mitrealction der dutch Schweineserum erzeugten Antisera zweiJellos untersehieden. In- iektion des reinen Hormons war wirlcungslos geblieben.

Spezi]it~t: Bis hierher entsprach das Verhalten dem- jenigen, welches bei anderen Lipoiden beobachtet wurde. Wir prfiften nun die Sch~trfe der Spezifitgt, indem wir die Komplementbindung such mit dem nicht zur Injektion ver- wendeten Hormon anstellten. ~Tir untersuchten die Sera ferner gegentiber Sterinen verschiedener Herkunft, und zwar: Cholesterin Kahlbaum, ein yon nns aus der Placenta her- gestelltes Cholesterin, unbestrahltes Ergosterin, ein Phyto- sterin aus Weizen (Sitosterin). Die Mengenverhgltnisse ffir die Bereitung waren dieselben wie bei den Hormonen, im Triibungsgrad der Sole bestanden aber grot3e Unterschiede zwischen den einzelnen Sterinen und ebenso in der StabilitRt.

* Die Frage, ob hier wirkIich ein LiToidantigen vorliegt, ist fiir diese Ausitihrnngen belanglos.

R I F T . 15 . J A t I R G A N G . Nr. 51 i9. DEZEMBER i936

Es muBte bei einzelnen Prgparaten zur Vermeidung der Eigen- flockung die Verdfinnung in warmem Zustand vorgenommen werden. Die Einzelheiten diirfen hier wohl fibergangen werden.

Die Hormollantisera reagierten mit beiden Hormonen praktisch gleich, l~lberdies reagierten die Antisera mit siimt- lichen gepr/iften Sterinen. Da die hSchste nichthemmende Dosis bei Priifnng der unbehandelten Tiere zwischen den einzelnen Sterinen verschieden war und der kolloidale Zu- stand ebenfalls grol3e Unterschiede zeigte, ist ein v611ig exakter quanti tat iver Vergleich nicht "ohne weiteres mSglich, es sei denn, man wfirde an einem sehr grol3en Tiermaterial Injektionen mit jedem der geprtiften Sterine vornehmen. Wir begniigen uns hier mit der Angabe, dab ein u bis ein Zehntel jener Sterindosis, die mit den unbehandelten Seren keine Hemmung gegeben hatte, nunmehr komplette Hem- mung ergab. Ebenso zeigte die Auswertung mit fallenden Serumdosen, dab die Reaktionsf/ihigkeit der beiden Arten yon Antiserum i. gegeniiber dem injizierten Hormon, 2. gegen- fiber dem anderen Hormon und 3. gegenfiber den anderen Sterinen weitgehend parallel ging. Gegenfiber einem mit J~ther vorbehandelten Menschenherzextralct reagierten die Hormon- antisera nicht anders als die Kontrollsera. SchlieBlich sei noch angeffihrt, dab die mit Schweineserum allein behandelten Tiere, wie gegentiber den Hormonen, auch gegenfiber den Sterinen eine unbedeutende Zunahme der Hemmung zeigten.

Ergebnis der Spezi]itditspri~Jung: Kaninchen, die dutch Kombinationsimmunisierung mit Proviron behandelt wurden, reagierten im Komplementbindungsversuch ohne Unter- schied such mit Progynon und umgekehrt. Sie reagierten ferner mit verschiedenen Sterinen (nieht abet mit I-Ierz- lipoid). Jener chemische Unterschied, auf welchem die hormonspezitische Differenz yon Proviron und Progynon beruht, ist also ffir die Erzeugung und den serologischen Nach- weis der Lipoidhormonantik6rper belanglos, ja es ist das Zustandekommen der Komplementbindnngsreaktion unab- h~ngig davon, ob das verwendete Sterinderivat iiberhaupt ein Hormon ist oder nicht. Schlieglich macht es keinen Unter- schied, ob das Pr~tparat menschlicher bzw. tierischer Herkunt t ist (Progynon, Cholesterin aus Placenta) oder ans Pflanzen gewonnen wird (Proviron, Sitosterin).

ZusammenJassung der serologischen Untersuchungen: Lipoide Hormone verhalten sich als Antigene in gleicher Weise wie andere Lipoide. Ebenso wie die antihormonal wirkenden Antik6rper gegen gonadotropes Hormon die Eigenschaften der EiweiBantik6rper besitzen, so haben die Antik6rper, die durch Injektion yon Proviron und Progynon erzeugt wurden, die Eigenschaften der LipoidantikSrper: Sie ent- stehen nut durch Kombinationsimmnnisierung, sic sind nicht artspezifisch - - Progynonantisera reagieren nicht mit Lipoid- extrakt aus menschlichen Herzen -- , sie k6nnen geringe chemische Differenzen nicht nachweisen, neigen vielmel~r zu Gruppenreaktionen; sie sind in gleicher Weise gegen ver- wandte Verbindungen sehr verschiedener Herkunft gerich- tet. Der hormonale Charakter der injizierten Cholesterin- derivate ,,Proviron" nnd , ,Progynon" spielt bei der Ent- stehung und dem Nachweis der Antik6rper keine t~olle. Es handelt sich also um ein serologisches, nicht um ein endo- krinologisches Ph~nomen, das sich in die bekannten sero- logischen Tatsachen einordnet.

Pri~]ung der antihormonalen Wirkung: Die bis jetzt mit- geteilten Versuche beziehen sich auf die lcomplementbindende Eigenschaft der Antisera. Wir mugten abet weiter prfifen, ob derartigen Seren such eine antihormonale Wirkung zu- kommt. Wir injizierten also kastrierten M/iusen gleich- zeitig Progynon und Antiserum. Im positiven Fall bliebe die Wirkung des injizierten Hormons auf den Oestrus aus, so wie die gonadotrope Wirkung des g .H . dutch das be- treffende Antiserum anfgehoben wird. D'AMouR, DIz)aosn" und GVSTAVSON a sowie TWOMBLlgY a haben bereits derartige Versuche mit Follikelhormon ausgeffihrt. Da sie aber nicht die Kombinationsimmunisierung mittels Schweineserum an- gewendet haben, machten wit den gleichen Versuch mit yon uns hergestellten Seren, die ja tats/ichlich AntikSrper gegen

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Progynon enthielten. Doch auch bei uns war das Ergebnis negativ. Die gelungene Erzeugung komplementbindender AntikSrper gegen lipoide Hormone mittels der Kombinations- immunisierung bedeutet also nichts Ifir eine antihormonale Funkt ion der Antisera. Bis zu einem gewissen Grad war dieSes Ergebnis vorauszusehen, da die Ents tehung der ge- p ~ f t e n An t i s~a sick als unabh~ngig vom hormonalen Charakter der verwendeten Antigene gezeigt hat.

Schluflsdtze: Durch Kombinationlsimmunisierung (Ver- mischung mi t Schweineserum) lassen sich gegen lipoide Hormone (Proviron und Progynon) komplementbindende Antik6rper erzeugen, welche sich so wie die bekannten Lipoidantik6rper verhalten. Der hormonale Charakter der verwendeten Pr~parate spielt hierbei keine Rolle. Antihor- monale Wirkung kommt den Antiseren nicht zu.

Litera~cur : 1 Z. Immun.forsch. 88, 79 (1936) . -- ~ Wien. klin. Wsehr. I934, 1323; x935, 41o. -- ~ Z. Immunforsch. 67, 38 (193o). -- ~ Proc. Soc. exper. Biol. a, Med. 32, 19z (1934). -- ~ Endocrino- logy 2o, 311 (1936) .

DIE ZENTRALE STELLUNG DER LEBER IM PURINSTOFFWECHSEL UND IHRE BEDEU- TUNG FOR DIE PATHOGENESE DER GICHT.

Won

FR. CHROMETZKA. Aus der Medizinischen Klinik, Kiel (Direktor: Professor Dr. L(3HR).

~Ian muB heute unumwunden feststellen, dab die An- schauungen fiber die Pathogenese der Gicht so divergent wie nu t m6glich sind. Alle bisherigen Erld~irungsversuche sind unbefriedigend :

Die renale Erkl~rung des Leidens ist nicht aufrechtzu- erhalten, da Nierenschiidigungen bei der echten Gicht tiber- zeugend bisher nicht aufgezeigt werden konnten, schon gar nicht im Beginn der Krankheit . Die Lehre yon einer Teil- /unlctionsstgrung der Niere, sogar nur periodischen Charakters, finder kein Analogon in der Pathologie. Auch bei der Blei- gicht erscheinen uns die Nierenst6rungen den mesenchymalen Vergnderungen zumindestens nebengeordnet, Auch der Lehre yon der Uratohistechie ist kein strikter Beweis ihrer Richtig- keit gelungen, Eine besondere Affinitgt der Harnsgure be- steht lediglich ffir das Bindegewebe.

Eine neuere Losung ist: Gicht eine allergische Erkrankung. Die ganze Ungeklgrtheit der Pathogenese wird dutch eine derartige Definition grell beleuchtet. Bei der unendlichen Verbreitung yon 13berempfindlichkeiten gegen alles nur M6g- liche, auch gegen bestimmte Nahrungsstoffe - - je naturfremder die Menschheit wird - - mfiBte die Gicht als allergisches Ge- schehen eine unendliche Znnahme aufweisen; es miil3ten alle unsere hochgradigen Neurotiker, vegetativ Stigmatisierten, die Asthmatiker z. B. oder deren Deszendenz ffir die Gicht prAdisponiert sein. Jeder Kliniker weig, dab ein Gichtanfall allergisch ausgelSst werden kann; abet das ist ja nichts Spezifisches ftir die Gicht, das weist nur auf eine Labilitdt des Sto]Jwechsels hin, wie sie ~thnlich beim Diabetes mellitus vorliegt, bei dem wit ebenfalls Allergien kennen, ohne erfah- rungsgem/tB zu behaupten, dab der Diabetes mellitus selbst eine allergische Erkrankung ist.

R0SSI.E macht sick in neuester Zeit 1 die Auffassung der franzSsischen Schule zu eigen, die in der Gicht eine Gelenk- r unspezi/iseh-entzi~ndlicher Genese Sieht, tier dann tier in einer best immten Richtung vergnderte Stoffwechsel die spezifische Note aufdrfickt; ROssI.E sagt: ,,Die Gicht ist das Zusammentreffen zweier Allgemeinerkrankungen, des rheumatischen Zustandes und der Uratdiathese." Eine solche Auffassung ist fttr den Kliniker und Stoffwechselpathologen nicht verstgndlich. Uratdiathese und Gicht haben wir bisher formell und gtiologisch klar Voneinander differenziert: wit verstehen unter Uratdiathese weiter nichts als eine Neigung zum Ausfall harnsaurer Salze in den harnablei tenden Wegen infolge einer StSrung der Icolloidalen Struktur des Urlns, im C-egensatz zur Gicht, die sich durch die Konst i tut ion ihrer Tr~ger und vor allem die Stoffwechsellabilit~t bei vollst~ndig

R I F T . 15. J A H R G A N G . Nr. 51 1877

normaler Kolloidstruktur des Urins yon der Uratdiathese vielleicht ebenso stark unterscheidet wie die Calcium-Phos- phatdiathese yon der Arteriosklerose.

Es wird von den meisten Gichtforschern so wenig beachtet, dab in, Mittelpunkt der Gichtpathogenese die Sto]jweehsellabili- tdt steht, speziell die des Purinstoffwechsels. Das sind alte, wohlbegriindete nnd unwiderlegte Erkenntnisse yon SCHIT- TENI-IELM und seiner Schule.

Jeder Fortschrit t in der Xtiologischen Forschung der Gicht kann nur yon der Stoffwechselseite erbracht werden. Ausgangspunkt aller Untersuchungen in dieser Richtung muB also die Leber, als Zentralorgan aller Stoffwechsel- komponenten, sein.

Aus diesem Gesichtspunkt heraus habe ich seit mehreren Jahren versucht, den Leberau/bau und seine I'unktionen beim Tier systematiseh zu vergndern, um einen t~inblick in das Ver- hal ten des Purinstoffwechsels im Gefolge der durch das Ex- periment gesetzten Sch~digung zu erhalten. Dabei ergaben sich ganz besonders eindrucksvolle und fiberzeugende ana- tomische Vergnderungen der Leber, die zu einer vSlligen Re- volution is* Purinsto]/wechsel ffihrten, unter Auftreten von Bildern, die der menschtichen Gicht absolut nicht un~hnlich sehen.

Zur Sch~tdigung der Leber (von Hunden und Kaninchen) benutzte ich das Mittel der Speicherung des RES. mit Tusche, nachdem sick in vergleichenden Untersuchungen (zusammen mit FINKE ~) am Kaninchen gezeigt hatte, dal3 andere Speicher- substanzen, wie Vitalfarbstoffe, Eisen und Silber, keine nenllenswerten Ver~nderungen im Purinstoffwechsel machten. Die Ergebnisse dieser Tusche,,speicherung" waren vor- wiegend im Purinstoffwechsel iiberraschend: es kam zu einer akuten, rasch abldingenden Bremsung des Ablaufs des ge- samten Purinstoffwechsels; die Allantoinausscheidung sank; die sonst beim Hund nur in Spuren vorhandene HarnsAure t ra t in Mengen auf, wie wir sie sonst nur beim Eckschen Fistelhund kennen, Oxyharns~ure 3, die beim Hund, im Gegen- satz zum Menschen, nur spurenweise ausgeschieden wird, so dab man an ihrer Existenz beim Allantoinansscheider f iberhaupt zweifeln konnte, kam in reichlichen Mengen zum Vorschein, und selbst die Purinbasenfraktion stieg an. Das war ein ungeahnter Erfolg, selbst im Hinblick darauf, dab alsbald nach Absetzen der Tusche diese ganze Ver~nderung lm Purinstoffwechsel rasch wieder normalen Verh~ltnissen Platz machte. ]3eim Kapaun konnte ich, zusammen mit C-OTTLEBE 4, ganz analoge Stoffwechselhemmungen hinsicht- lich der Purinsynthese erzeugen; nach Tuscheinjektionen stieg die Fraktion der Harns/turequellsubstanzen des Vogel- organismus: Ammoniak und Aminos~uren, ausgiebig an. Diese beiden Beobachtungen zeigten klar, da{3 die Tusche, offenbar dutch mechanisehe Sch~digung des RES. und des Bindegewebes, eine akute, aber tiefgreifende Wirkung auf den Ablaut des Purinstoffwechsels hat.

Mit FINKE und U F F E N O R D E 5 zusammen konnte ich diesen Tuschee]fekt sogar an dem Sto]Jwechsel der supravital durch- strbmten isolierten Hundeleber zeigen; bier war die Oxydations- helnmungswirkung fttr injizierte Harns~ure eindrucksvoll gegenfiber Kontrollversuchen ohne Tuscheinjektion; und auch hier kam es zu einer erheblichen Vermehrung der Oxyharn- s~urefraktion. Wir haben in dieser Versuchsreihe zum ersten- real den Funktionsausfall mit dem anatomischen Pr/tparat verglichen: es zeigte sich, dab die gewaltige Menge der Tusche innerhalb ganz kurzer Zeit in das Bindegewebe und das RES. sich einlagert und dadurch den Stoffwechselablauf in der Leberzelle hemmt.

Die Versuche mit Tusche wurden in der Folgezeit an einem Airedalepinscher fiber lange Zeit hin fortgesetzt; er erhielt von Zeit zu Zeit bei gleichgehaltenen ~uBeren Be- dingungen und vSllig /leisch]reier Kost immer wieder grSBere Mengen Tusche intraven6s (3--5 ccm). Immer wieder lieB sich der akute Stoffwechselhemmungseffekt der Tusche reproduzieren. Dabei reagierte der EiweiBstoffwechsel nicht merkbar im Gegensatz zum Purinstoffwechsel. Schliefllich aber bildeten sick die StSrungen im Purinsto]]wechselgleich- gewicht nieht wieder zuri~ck: das Verh/~ltnis Allantoin zur Harn-