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Arbeitskreis Bildung & Erziehung Gemeinsam lernt sich's besser! - Wider Homogenitätswahn, Selektion und Bildungsprivilegien im Rahmen der Ringvorlesung "Bildung in der Krise" - Uni Köln - WS 2009/2010 - hier: 12.01.2010 1 Beitrag des AK Bildung & Erziehung, attac-Köln im Rahmen der Ringvorlesung "Bildung in der Krise" Uni Köln WS 2009/2010 am 12.01.2010 Köln Gemeinsam lernt sich's besser Wider Homogenitätswahn, Selektion und Bildungsprivilegien!

Arbeitskreis Bildung & Erziehung Gemeinsam lernt sich's besser! - Wider Homogenitätswahn, Selektion und Bildungsprivilegien im Rahmen der Ringvorlesung

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Gemeinsam lernt sich's besser! - Wider Homogenitätswahn, Selektion und Bildungsprivilegien im Rahmen der Ringvorlesung "Bildung in der Krise" - Uni Köln - WS 2009/2010 - hier: 12.01.2010 1

Beitrag des AK Bildung & Erziehung, attac-Köln

im Rahmen der Ringvorlesung "Bildung in der Krise"

Uni Köln WS 2009/2010

am 12.01.2010

Köln

Gemeinsam lernt sich's besser

Wider Homogenitätswahn, Selektion und Bildungsprivilegien!

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Eine Schule für alle!

● zentrale Forderung auch im Bildungsstreik

● einheitliche, integrierte und inklusive Schulform

zwischen Kita und beruflicher oder hochschulischer Ausbildung

● im europäischen Ausland weitgehend Regelerscheinung

● dagegen in Deutschland:

blindwütige Verteidigung der Vielgliedrigkeit der Schulen

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"Argumente" des Philologenverbandes

für die Vielgliedrigkeit des Schulsystems

● naturwüchsige Entwicklung "aus den Seins-Strukturen

von Mensch und Gesellschaft" - somit also legitimiert

● alternative Modelle: aus "ideologischer Mottenkiste" und aus

"Reich des pädagogischen Wunschdenkens" - "Scheinargumente"

● gegliedertes Schulsystem wird dem Faktor Lernbegabung gerecht,

ist daher "vom Kind her gedacht"

● "Integrierte Schulsysteme prodzieren schlechtere Leistungen."

● "Die Lernergebnisse in homogenen Gruppen sind besser."

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● Problemsicht um 1800: "Verschiedenheit der Köpfe" (J.F. Herbart) daher Ausrichtung auf "Mittelköpfe" (E.C. Trapp)● also: Drang nach homogenen Lerngruppen● Homogenitätsfixierte Sicht- und Verfahrensweise → gravierende Auswirkungen auf individuelle Biografien, soziale Hierarchisierung und gesellschaftliche Stabilität● Sander L. Gilman: "deutsche Angst vor Heterogenität" Christoph Ehmann: " … etwas Faschistisches"

Homogenitätswahn

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Selektion …

● … erfolgt nach verbreiteter Sicht nur nach 4. Grundschulklasse

● de facto aber komplexes Mechanismusgeflecht

● reicht von der Kita bis zu Weiterbildung

● fast lebenslange Wirkung und zunehmende Dynamik

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Im internationalen Vergleich …

● … erreichen deutsche Schulen

den höchsten Grad an Homogenität

● … liegen deutsche Sekundarschulen

im Leistungsvergleich auf unterstem Niveau

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Permanente Selektion

und schlechtes Leistungsniveau zeigen:

● Wirklich homogene Lerngruppen kann es nicht geben

● Heterogenität ist Fakt - Homogenität ist eine Schimäre

● Gegliedertheit des Schulwesens

ist mit Homogenitätsargumentation nicht schlüssig begründbar

● Schlechtes Leistungsniveau

= zusätzlicher Beleg für Unsinnigkeit des Homogenitätsstrebens

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Vorrangiges Ziel von Homogenität / Selektion:

Wahrung von Bildungsprivilegien …

● … mit "Gymnasium als

Besitzstand und Paralleluniversum des Bildungsbürgertums"

(Prof. Klaus-Jürgen Tillmann, Uni Bielefeld)

● Enge Wechselbeziehung zwischen den Bildungschancen eines Kindes

und dem

mitgebrachten ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapital

(Pierre Boudieu / Jean Claude Passeron)

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Bildungsgerechtigkeit statt Chancengleichheit

● Chancengleichheit

demokratisch fundierte Position:

gleiche Lern- und Förderchancen für alle -

auch und vor allem für weniger begabte, sozial benachteiligte

und behinderte Kinder

● Bildungsgerechtigkeit ist kein demokratisch legitimierter Begriff.

● Bezug lediglich auf "Begabungen",

die aber de facto gleichzusetzen sind mit den erwähnten

ökonomischen, sozialen und kulturellen Kapitalen

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Soziale Schließung

● Schultypzuweisung nach Klasse 4

nicht nach Begabung und Leistung,

sondern nach sozialer Herkunft

● Aufstieg für Kinder aus unteren sozialen Schichten

kaum möglich

● Diesen werden

erheblich höhere Leistungen abverlangt

als Kindern aus gehobenen Schichten

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Klassenrassismus

● neben funktionalistischer auch noch biologistische Sichtweise:

basierend auf elitär orientierter Leistungsideologie

● Effekt:

Demütigung, Verunsicherung und Tendenz zu Resignation

bei den abgestuften Kindern/Jugendlichen

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Druck und restaurative Inhalte

● Immer stärkere Zunahme

von Disziplinierung, Pauken, Tests und Leistungsdruck

● Affirmative und restaurative Inhalte

als Basis für weitere Entpolitisierung und Entdemokratisierung

der Gesellschaft

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Eine Schule für alle!

● Hochgradig qualifizierte, wissenschaftlich fundierte und

ethisch-moralisch korrekte Position

● aber noch nicht aktuelle Mehrheitsmeinung

● Dagegen:

pragmatisch bzw. traditionalistisch begründete Positionen

● zeitgemäß "aufgeschlossene" bzw. offen konservative

Verteidigung des

Gymnasiums als Institution der Statussicherung einer Elite

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"Innovation" durch Privatisierung

● Partielle Abkehr auch von von staatlichen Schulen

auch seitens der Eliten:

● Privatschulen als neoliberaler Auszug ökonomischer Eliten

aus dem öffentlichen Schulsystem

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Notwendig zur Überwindung des gegliederten Schulsystems:

● Abbau der institutionellen Segregation

der schichtabhängigen Sortierung nach Schulform

● Abbau innerschulischer Segregation

Durchlässigkeit auch in extern differenzierten Systemen

● Abbau geografischer Segregation

Aufhebung regionaler Unterschiede

in Personalqualität und materieller Ausstattung

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Fazit

● Homogenität von Lerngruppen ist nicht erreichbar.

Heterogenität entspricht gesellschaftlicher Realität

und ermöglicht effizientes soziales Lernen für alle.

● Homogenitätsstreben zielt vor allem auf Statusabsicherung

gehobener Schichten

ernsthafte Gefahr für demokratische Verfasstheit der Gesellschaft!

● Notwendig:

Strukturwandel → Eine Schule für alle!

aber auch:

neue Qualität finanzpolitischer Prioritätensetzung

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Workshop: Klassenkampf im Klassenzimmer - Bildung, Erziehung und Jugend in Deutschland - Misere zwischen Traditionalismus und Neoliberalismus 2

"Deutschland leistet sich den Luxus,

in Zeiten von Kinderschwund und Überalterung

massenweise Bildungsverlierer zu produzieren."

Christian Füller, Freitag 27.9.9

Blickwinkel

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Workshop: Klassenkampf im Klassenzimmer - Bildung, Erziehung und Jugend in Deutschland - Misere zwischen Traditionalismus und Neoliberalismus 3

Hervorstechendstes Merkmal

institutionalisierter Erziehung und Bildung in Deutschland

ist ihre extreme Selektivität*.

Sie bewirkt weitgehenden sozialen Ausschluss

und ein hohes Maß an Chancenlosigkeit

in erster Linie von Kindern und Jugendlichen

aus sozial benachteiligten und migrationsgeprägten Familien

Grundübel

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Workshop: Klassenkampf im Klassenzimmer - Bildung, Erziehung und Jugend in Deutschland - Misere zwischen Traditionalismus und Neoliberalismus 4

* Schulversagen als Selektionseffekt

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Workshop: Klassenkampf im Klassenzimmer - Bildung, Erziehung und Jugend in Deutschland - Misere zwischen Traditionalismus und Neoliberalismus 5

* Soziale Herkunft und Bildungschancen

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Workshop: Klassenkampf im Klassenzimmer - Bildung, Erziehung und Jugend in Deutschland - Misere zwischen Traditionalismus und Neoliberalismus 6

"Die Ergebnisse der 18. Sozialerhebung zeigen,

dass in Deutschland ein enger Zusammenhang

zwischen sozialer Herkunft und Hochschulzugang besteht.“Bundesbildungsministerin Annette Schavan 2006 - 6 Jahre nach dem Start von PISA!

* Soziale Selektion - Erkenntnis

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Eine wesentliche Grundkomponente der Selektivität ist die

Mittel- und Oberschichtorientierung von Kindergärten und

Schulen.

Sie bewirkt eine hohe kulturelle Distanz zwischen sozial

benachteiligten /migrationsgeprägten und Kindern aus

Mittel-/Oberschichtfamilien.

Diese Distanz besteht vor allem in Bezug auf

Sprachgebrauch, Interaktionsformen, Normen und

Wertvorstellungen sowie auf familiäre Fördermöglichkeiten.

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Selektivität und kulturelle Distanz

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Institutionelle Verschärfung

Durch die strukturellen, personellen und materiellen Bedingungen sowie durch massive Unterfinanzierung*werden Selektivität und kulturelle Distanz in den Institutionen von Bildung und Erziehung zunehmend verschärft:

● Kindergärten: unzulängliche Versorgung, Vernachlässigung frühkind- licher Bildung, schlecht qualifiziertes und unterbezahltes Personal ● Schulen: hochselektive Vielgliedrigkeit statt integrierten Systems, miserable Personalschlüssel, unzulängliche Ausstattung

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● Hochschulen:

Qualitätsverlust im Bologna-Prozess

Eliteorientierung mit Vernachlässigung des

Breitenangebots,

Verbetriebswirtschaftlichung

● Jugendarbeit:

permanentes Herunterfahren durch Mittelkürzungen,

personelle und materielle Unterausstattung,

Fehlen dringend erforderlicher Angebote

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* Bildungsfinanzierung 1975 - 2004

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* BIP-Anteile der Bildungsfinanzierung

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* Bildungsausgaben nach Schulformen

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* OECD-Vergleich Studienanfängerquoten

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Resultate

● Fast 8 % eines Schülerjahrgangs erreichen

keinen Hauptschulabschluss,

● bei männlichen Schülern mit Migrationshintergrund

sogar fast 20 %.

● Immer mehr Kinder werden

in Förderschulen abgeschoben.

● Nach wie vor

hohe Jugendarbeits- und Ausbildungslosigkeit

● Perspektivlosigkeit schafft massenhaft Probleme

● Hochschulzugänge und -output weit unter Bedarf

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● hohe Schulabbrecherquote, Ausbildungs- / Arbeitslosigkeit, Devianz / Delinquenz, Anfälligkeit für totalitäre Denk- und Verhaltensweisen

● Vertiefung der sozialen Spaltung

● Aushöhlung der demokratischen Substanz der Gesellschaft, Entpolitisierung, Verrohung des gesellschaftlichen Dialogs

● Einbrüche in der Qualifikationsstruktur der Bevölkerung, wirtschaftliche Schäden

Folgen für Gesellschaft und Volkswirtschaft

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● Traditionalismus: Vorherrschen eliteorientierter Bildungsvorstellungen und rückständiger Auffassungen von gesellschaftlicher Arbeitsteilung

● Neoliberalismus: Tendenzen der Entstaatlichung (Deregulierung, Privatisierung …) Unterwerfung des gesamten Sektors unter Marktorientierung Abbau öffentlicher Finanzierungen

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Wesentliche Wirkungsfaktoren

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Traditionalismus …

… ist in Bildung und Erziehung gerichtet auf

● Beibehalten bestehender Strukturenin Schulen und

Kinderbetreuungseinrichtungen

● Beibehalten sozialer und politischer "Arbeitsteilungen"

● Abschotten von Ober- und oberer Mittelschicht

nach unten - Verteidigung des Bildungsprivilegs

● Dominanz konservativer Wertvorstellungen

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Neoliberalismus

● Grundorientierung:

"Umgestaltung fast aller Lebensbereiche

nach dem Vorbild des Marktes" (Butterwegge)

● Markt = einzig relevantes wirtschaftliches

und gesellschaftliches Steuerungsinstrument

● Wirtschaft - Staat - Gesellschaft

● Deregulierung

● Privatisierung

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Neoliberale Interessen …

… sind in Bildung und Erziehung gerichtet auf

● optimalen Output in Bezug auf berufliche Verwertbarkeit

(employability)

● Beschränkung staatlicher Regulierung

auf Funktionsgewährleistung

● Beschränkung staatlicher Finanzierung

auf Funktionsgewährleistung

● Etablieren von Marktmechanismen,wo immer es möglich ist bzw.

erscheint(marketization of education)

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Neoliberaler Zugriff auf Bildung

● in Bezug auf Schulstrukturen noch gebremst durch traditionalistische Dominanz

● trotzdem vielfaches Eindringen von Marktmechanismen

● Beispiele: Forcieren der Gründung privater Schulen Privatisierung von Schulgebäuden (PPP) PISA-Vergleiche durch Educational Testing Service Bertelsmann-Stiftung in vielfacher Weise umtriebig

● Druck in Richtung Privatisierung des Bildungssektors: IWF, WTO, OECD und ERT (European Round Table of Industrialists: Bayer, Thyssen-Krupp, Bertelsmann …) sowie UNICE (Vereinigung der Europäischen Industri- ellen- und Arbeitgeberverbände)

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Durchsetzungsverhältnis

● Strukturen im Grundsatz

noch traditionalistisch bestimmt

● aber immer deutlichere und wirksamere

neoliberal orientierte Zugriffe

● zugleich auch:

offen und unterschwellig ideologische Flankierung

der neoliberalen Formierung

der Gesellschaft und ihrer Institutionen

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Beibehalten bzw. Verschärfen bisheriger Misere der Kinderbetreuung - siehe KiBiz

Reaktionen auf PISA und Konsequenzen:

Eindimensionalität, Testeritis … zunehmender Druck auf die Schüler

strukturelle, inhaltliche und methodische Rückschritte

vermittelte Lerninhalte, Normen und Wertvorstellungen von neoliberal verstümmeltem Menschenbild bestimmt

zweischneidige Autonomielösungen

Wegsperren und Abschieben statt Bildung und Jugendarbeit

Hochschulmisere / Eliteorientierung

Aktueller Aktionismus auf dem Sektor Bildung und Erziehung

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anzustrebende Zielsetzung

● integriertes System von frühkindlicher Erziehung bis Ausbildung

● in optimierter staatlicher Koordination

● mit gut qualifizierter personeller

● und bedarfsgerechter materieller Ausstattung

sowie

● mit demokratisch und humanistisch ausgerichteten Inhalten

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Workshop: Klassenkampf im Klassenzimmer - Bildung, Erziehung und Jugend in Deutschland - Misere zwischen Traditionalismus und Neoliberalismus 25

Perspektive

● eine Schule für alle

● keine faulen Kompromisse(z.B. Zweisäulenmodelle)

● Gesamtschule als aktuelle Vor- und Übergangsform

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Workshop: Klassenkampf im Klassenzimmer - Bildung, Erziehung und Jugend in Deutschland - Misere zwischen Traditionalismus und Neoliberalismus 26

Perspektive

● starke Gegner erfordern starke Gegenkräfte

● Finden, Überzeugen, Vernetzen

● Kämpfen!