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D a s M a g a z i n d e s A U D I O V E R S U M S c i e n c e C e n t e r I n n s b r u c k
01.15
SCHON GEHÖRT?IM AUDIOVERSUM HABEN KLÄNGE EINEN GANZ BESONDEREN STELLENWERT
D a s M a g a z i n d e s A U D I O V E R S U M S c i e n c e C e n t e r I n n s b r u c k01.15
SCHON
GEHÖRT?IM AUDIOVERSUM HABEN KLÄNGE EINEN
GANZ BESONDEREN STELLENWERT
13.02.15 09:18
02 01.2015 AUDIOVERSUM
INHALT
INSIDE
02 EDITORIALIn dieser Ausgabe erzählt das AUDIOVERSUM span-
nende Geschichten aus der Welt des Hörens
03 NEWSInteressante Zahlen, Daten, Fakten und was Besucher
2015 nicht verpassen sollten
04 DER SOUND VON INNSBRUCKKlangforschung für Anfänger: Wie man eine Stadt durch
bewusstes Lauschen an ihrem Klang erkennt
06 SCHULUNGEN RUND UMS HÖRENSeminare und Vorträge im ScienceCenter fördern einen
aufmerksamen Umgang mit unserer Hörumwelt
07 AUSSTELLUNG TRIFFT THEATERDie moderne Aufführung „Beathoven meets Mr. Volt“
vermittelt spielerisch verschiedene Exponate der
Hauptausstellung im AUDIOVERSUM
SCIENCE
08 KEINE CHANCE FÜR KRACHLärm bedeutet oft Stress für die Psyche. Tipps für ein
ausgewogenes Leben mit Lautstärke
10 GERÄUSCHE UND GEFÜHLEWie Töne auf unsere Gefühle und Wahrnehmungen
wirken und Sound-Designer mit diesem Wissen arbeiten
12 MIT HÖRHILFEN AUF ZEITREISEVon Hörtrichtern bis zur modernen MED-El World –
Hörsysteme haben sich mit der Zeit enorm entwickelt
ACTIVE
14 LANGEWEILE? – GIBT’S NICHTEin Bild sagt mehr als tausend Worte: Ein Rückblick auf
die vergangenen zwei Jahre im ScienceCenter
IMPRESSUM Herausgeber: AUDIOVERSUM, Wilhelm-Greil-Straße 23, 6020 Innsbruck, Österreich Verantwortlich: Dr. Christina Beste Umsetzung: JDB MEDIA GmbH,
Hamburg Redaktion: Joanna Humphries (Ltg.), Marein Budiner, Kati Borngräber, Natasa Ivakovic, Melanie Sum, Maresa Wolbert Layout: Inga Sellentin (Ltg.), Michaela
Kielau Bildredaktion: Julia Poppe Lektorat: Silvia Peper-Sengstock Fotos: AUDIOVERSUM (28), bpk images (1), Corbis (1), dpa (1), fotolia (1), iStockphoto (4), obs/
MED-EL (1), ÖWF, Zanella-Kux (1), PR (2) Lithografi e: Fire Dept., Hamburg Druck: D + L Druck
EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser,die Zeit vergeht wie im Flug, wenn die Arbeit Freude macht.
Das können mein Team und ich Ihnen aus erster Hand bestä-
tigen. Seit Eröffnung des AUDIOVERSUM 2013 haben wir
eine Fülle an Aktionen, Workshops und Kooperationen
umgesetzt, die das Hören für unsere Besucher zu einem
besonderen Ereignis machen. Auch in diesem Jahr knüpfen
wir an dieses Ziel an. Stöbern Sie gern in unserem Frühlings-
programm auf Seite 3.
In dieser Ausgabe wollen wir Ihre Aufmerksamkeit auf
bewusstes Zuhören lenken. Seien es die Klänge, die
jeder Stadt ihren individuellen Fingerabdruck verleihen
(Seite 4) oder die Erfahrung, dass bestimmte Tonsequenzen
bei jedem Menschen andere Assoziationen hervorrufen
(Seite 10) – wir möchten Ihre Neugierde wecken.
Ebenso steht die unterhaltsame Vermittlung unserer Expo-
nate bei Museumsführungen im Vordergrund. Im neuen
Theaterstück „Beathoven meets Mr. Volt“ führen die Darsteller
durch die Ausstellung und verknüpfen Schauspiel mit wis-
senswerten Fakten. Lassen Sie sich die Aufführungen im
März nicht entgehen!
Ich freue mich, Sie bald bei uns
begrüßen zu können.
Ihre
Dr. Christina Beste
AUDIOVERSUM 01.2015 03
3
INSIDE
NEWS ++ NEWSWussten Sie, dass ...
... Manowar die lauteste
Band der Welt ist? Die
Heavy-Metal-Rocker ka-
men 1984 ins Guinness-
Buch der Rekorde, als sie
mit ihrer Musik eine Laut-
stärke von 129,5 Dezibel
erreichten.
... Motorräder genauso
laut sind wie Kreissä-
gen? Beide kommen auf
eine Lautstärke von 100
Dezibel – ein Spitzenwert,
der ohne entsprechenden
Schutz auf Dauer das Ge-
hör schädigt.
... Babys bereits im Mut-
terleib Hörprofi s sind?
Sie erkennen nicht nur die
Stimmen ihrer Eltern, son-
dern können auch zwi-
schen Fremdsprachen un-
terscheiden.
. . . man Schreie von
Brüllaffen bis zu 16
Kilometer weit hört? Ein
erweitertes Knochenge-
bilde in der Luftröhre
macht den südamerika-
nischen Affen zum lau-
testen Tier an Land. 34,3ZENTIMETER LANG
SIND DIE LÄNGSTEN
HUNDEOHREN
DER WELT.
KILOHERTZ SIND DIE OBERGRENZEN
DES MENSCHLICHEN HÖRVERMÖGENS.
18 BIS 20
PROZENT
ALLER
MENSCHEN
MIT HÖR-
MINDERUNGEN
NUTZEN
HÖRSYSTEME.
65DEZIBEL WURDEN
GEMESSEN, ALS DIE
FANS BEI EINEM
FOOTBALLSPIEL IN
DEN USA RICHTIG
LOSLEGTEN.
131,9
Der Frühling wird ereignisreich!
Das ScienceCenter bietet 2015 ein wahres Potpourri an Veranstaltungen rund ums Hören. Die Termine im Überblick.
Jodel-Workshops:
Am 19. März, 23. April und 15. Mai, jeweils 18–20 Uhr
Ohrenkino – Lesung mit Thomas Lackner:
Am 21. März und 21. Mai, 19–20.30 Uhr
Music After Work:
Am 9. April, 19–20 Uhr
Hörmobil-Aktion, Rathausgalerien und Sillpark:
Vom 15.–17. April, 8–17 Uhr
Voranmeldung und weitere Informationen unter:
Tel.: +43 (0) 5 77 88 99 oder offi [email protected]
04 01.2015 AUDIOVERSUM
INSIDE
DER SOUND VON INNSBRUCK
Jeder Ort verfügt über eine einzigartige Klanglandschaft, die sich aus der Summe aller Geräusche zusammensetzt. Das AUDIOVERSUM widmet dem Hörerlebnis der Stadt Innsbruck ein eigenes Exponat.
Klangtreppe: Betreten Besucher die Stufen,
lösen sie typische Sounds von Innsbruck aus
Glockengeläut im Dom zu St. Jakob,
elektronisch surrende Straßen-
bahnen und das plätschernde Rau-
schen des Inns – aufgrund ihrer individuellen
Komposition aus Geräuschen von Menschen,
Natur und Technik hat die Alpenstadt Inns-
bruck einen einzigartigen Klang. „Sound-
scape“ nennt man dieses Phänomen, das die
Gesamtheit aller Geräusche an einem Ort als
eine Art akustischen Fingerabdruck abbildet.
Der aus dem nordamerikanischen Sprach-
raum stammende Begriff lässt sich am besten
mit „Klanglandschaft“ übersetzen.
INNSBRUCK IM HÖRPORTRÄTDie Klangtreppe zur Hauptausstellung im
ersten Stockwerk des AUDIOVERSUM bietet
die Möglichkeit, Innsbrucks Soundscape
akus tisch zu erfahren. Und so funktioniert es:
Beim Betreten der insgesamt 20 Stufen lösen
die Besucher typische Geräusche der Alpen-
stadt aus. Entkoppelt von räumlicher und vi-
sueller Wahrnehmung, klingen diese mitunter
ganz anders als im Alltag. „Es geht um das
Spüren und Erleben der Klanghülle, die uns
AUDIOVERSUM 01.2015 05
5
INSIDE
Innsbruck: Die Stadt im Inntal
verfügt über eine ganz besondere Akustik
tagtäglich umgibt“, sagt Michaela Pletzer vom
Vermittlungsteam im AUDIOVERSUM. Ein
Beispiel sind die Flugzeuge im Landeanfl ug,
deren lauter Schall durch die umliegenden
Berge noch einmal verstärkt wird. „Wer mit
diesem Sound aufgewachsen ist, nimmt ihn
gar nicht mehr bewusst wahr. Für einen Tou-
risten ist das laute Dröhnen hingegen oft
erschreckend“, betont Pletzer.
Die Klangtreppe ist in fünf Kategorien à vier
Stufen unterteilt: vom Menschen erzeugte
Klänge, Stadtaufnahmen aus der Ferne, Ver-
kehrsgeräusche, Sounds der Natur und alltäg-
liche Geräusche. „Im Hintergrund laufen durch-
gängig atmosphärische Sounds von Innsbruck,
die das Gefühl erzeugen, als würde man tat-
sächlich durch die Stadt gehen“, sagt Pletzer.
„Für die Zukunft planen wir, noch weitere
Klanglandschaften einzuspielen – zum Bei-
spiel von Tokio, Paris, Berlin oder New York.“
DIE KLÄNGE DER WELT Einer der Ersten, die sich wissenschaftlich mit
der akustischen Umwelt beschäftigten, ist der
kanadische Komponist, Klangforscher und
Autor R. Murray Schafer. Anfang der 1970er-
Jahre hatte er gemeinsam mit einem For-
schungsteam im Rahmen des „World Sound-
Soundscapes im Wandel der Zeit
Mit seinem Buch „Die Ordnung der Klänge“ machte der
kanadische Klangforscher und Komponist R. Murray Scha-
fer die Begriffe „Soundscape“ und „Akustische Ökologie“
einem breiten Publikum zugänglich. Das bereits 1977 er-
schienene Werk wurde 2010 erstmals in einer Übersetzung
von Sabine Breitsameter auf Deutsch veröffentlicht.
„Die Ordnung der Klänge – eine Kulturgeschichte des Hö-
rens“, Schott, 2010. 33 Euro (gebunden)
scape Project“ begonnen, Klanglandschaften
auf der ganzen Welt zu sammeln, aufzuzeich-
nen und in Form von mehreren Hundert Ton-
aufnahmen zu archivieren.
Die Ergebnisse des Projektes bildeten die
Grundlage für Schafers 1977 erschienenes
Buch „Die Ordnung der Klänge“ (siehe auch
Kasten). Darin geht er unter anderem auf die
historische Entwicklung von Soundscapes ein,
beschreibt die Beziehung zwischen Lauten
und der Gesellschaft als „Akustische Ökolo-
gie“ und plädiert für ein „Akustikdesign“, das
unsere Klang umwelt aktiv in eine gesunde
Balance bringt – ein Thema, das angesichts
der unzähligen Geräusche moderner Techno-
logien heute aktueller denn je ist.
06 01.2015 AUDIOVERSUM
INSIDE
SCHULUNGEN RUND UMS HÖRENWer bewusst hört, hat mehr vom Leben: Mit Workshops und spannenden Vorträgen sorgt das Innsbrucker ScienceCenter dafür, dass Besucher ihrer Umwelt mit offeneren Ohren begegnen.
Workshop
im Freien: Auf Geräuschfang in der Natur
Wir gehen eine Straße entlang und hören
plötzlich lautes Hundegebell hinter uns. Wer
nicht gleich vor Schreck das Weite sucht, dreht
sich um. Doch dort ist statt eines Hundes nur
ein Mensch zu sehen, der auf seinen Handy-
rufton reagiert. Ein alltägliches Beispiel für ein
besonderes Phänomen unserer Zeit: Früher
hatten Telefone einen unverkennbaren Ton,
heute beschert uns die moderne Technik eine
schier unendliche Bandbreite an Klingeltönen.
Anfang des Jahres zeigte der Logopäde Klaus
Waldeck im AUDIOVERSUM mit pointierten
Tonaufnahmen und alltagsnahen Geschichten
die Vielfalt unserer Hörwelt. In seinem Vortrag
„Klänge von damals“ machte er auf Geräusche
aufmerksam, die längst vergessen scheinen.
„Unser Höralltag ist sehr dynamisch geworden.
Es kommen ständig neue Hörobjekte hinzu,
gleichzeitig verschwinden mit innovativen
Erfindungen auch einige Geräusche“, sagt
Waldeck. Damit ist etwa das Wählgeräusch
eines Modems gemeint, das Ende der 1990er
Standard war. Den älteren Zuhörern noch im
Gedächtnis, stutzten die jüngeren beim ab-
wechselnden Brummen und Fiepen der da-
maligen Internetverbindung. „Der Vortrag sollte
vor allem Neugierde wecken. Wir sind umge-
ben von einer unglaublichen Fülle an Klang-
welten. Doch nur wer bewusst hinhört kann
vieles entdecken“, so Waldeck.
Wer in Innsbruck aufwächst, kennt die Se-
henswürdigkeiten der Stadt und weiß, welche
Abfahrten geübten Wintersportlern am mei-
sten Spaß machen. Doch kaum einer ist sich
der geheimen Orte bewusst, an denen Inns-
bruck seine charakteristische Klangland-
schaft zeigt. Beim Workshop „Innsbruck
Sounds“ im AUDIOVERSUM haben Schüle-
rinnen und Schüler ab 15 Jahren Gelegenheit,
ihre Heimat von einer ganz neuen Seite ken-
nenzulernen. Zu Beginn des Kurses werden
die Teilnehmer anhand markanter Tonbei-
spiele ins Thema Sound Studies – die Lehre
der Klangforschung – eingeführt. Im An-
schluss gehen sie, ausgestattet mit iPad,
Protokollblatt und Schallpegelmesser, in klei-
nen Gruppen auf Erkundungsreise. Das Ziel:
möglichst viele Höreindrücke sammeln, die
später im Soundlabor des ScienceCenter zu
einem gemeinsamen Soundarchiv ihrer Stadt
verarbeitet werden. Dabei zeigt sich schnell,
wie vielschichtig Innsbrucks Soundscape ist.
DYNAMISCHE KLANGWELTEN
SPAZIERGANG MAL ANDERS
Hörexperte: Klaus Waldeck
AUDIOVERSUM 01.2015 07
7
INSIDE
AUSSTELLUNG TRIFFT THEATERDas Vermittlungstheater „Beathoven meets Mr. Volt“ zeigt die Exponate der Hauptausstellung im Februar und März aus einem neuen Blickwinkel. Ein einzigartiges Spektakel für die Besucher.
Nach erfolgreichen „Theater After
Work“-Produktionen wie etwa „Sanft-
wut oder der Ohrenmaschinist“ läutet
das AUDIOVERSUM die Veranstaltungssaison
in diesem Jahr mit einer völlig neuen Art der
Museumsbesichtigung ein. Im Vermittlungs-
theater „Beathoven meets Mr. Volt“ wird die
gesamte Hauptausstellung zur Bühne der
Schauspieler. Weiteres Novum: Statt die Vor-
stellung, wie üblich, von Sitzplätzen aus zu
verfolgen, sind die Zuschauer die ganze Zeit
über mitten im Geschehen. Angeführt von den
beiden Darstellern Benjamin Ulbrich, ebenfalls
Autor des Stücks, als Beathoven und Günter
Lieder als Mr. Volt, wandern die Besucher von
Station zu Station und erfahren nach und nach
spannende Fakten übers Hören.
VORHANG AUF„Innovativ ist vor allem, dass die beiden Dar-
steller unsere Exponate in ihren Dialog ein-
bauen und sie erklären. Diese Art der Muse-
umspädagogik ist bislang einzigartig“, sagt
die Leiterin des AUDIOVERSUM Dr. Christina
Beste. Die moderne Aufführung zeigt Beat-
hoven – eine Hommage an Ludwig van Beet-
hoven – als neuzeitlichen Musiker, der das
Klavier gegen eine rockige E-Gitarre einge-
tauscht hat. Er liebt Musik und genießt sie am
liebsten bei voller Lautstärke. Mr. Volt reprä-
sentiert hingegen einen eher konservativen
Charakter, der den allgegenwärtigen Lärm
unserer Zeit kritisch betrachtet. Anhand der
Ausstellungsstücke und mittels wissenschaft-
licher Erkenntnisse versucht er Beathoven
Vorstellungen im März:Donnerstag, 12. März um 19 UhrSonntag, 15. März um 11 Uhr
Eintrittskarten können telefonisch unter +43 (0)5 77 88 99 oder per E-Mail unter [email protected] vorbestellt werden.
In ihrem
Element:
Benjamin Ulbrich (links) und Günter
Lieder (rechts)
Aufhorchen:
Töne lösen Emotionen aus
Lauscher auf:
Beathoven und Mr. Volt binden
das Exponat „Klangwelten“ in
das Stück ein
aufzuzeigen, wie wichtig es ist, auf sein Gehör
zu achten. Darüber entspinnt sich eine witzige
Unterhaltung, die den Hörstationen eine le-
bendige Dynamik verleiht.
Premiere feierte das Stück am 1. Februar
– pünktlich zum zweijährigen Jubiläum des
ScienceCenter. Weitere Termine im Frühjahr
und Sommer sind bereits geplant.
08 01.2015 AUDIOVERSUM
SCIENCE
Ob laute Musik, Flugzeuglärm oder starke Verkehrsgeräusche – im Alltag sind Menschen freiwillig und unfreiwillig vielen Geräuschquellen ausgesetzt. Das belastet das Gehör und kann zu Gesundheitsschäden führen. Ein paar einfache Tricks helfen, die Ohren zu schützen.
KEINE CHANCE FÜR KRACH
Herbert Grönemeyer singt in „Musik
nur, wenn sie laut ist“ von einer ge-
hörlosen Frau, die Musik liebt. Je-
doch nur bei voller Lautstärke, da sie nur dann
die Bassvibrationen fühlt. Hörende Menschen
empfinden laute Musik wiederum schnell als
störend. Im schlimmsten Fall kann sie sogar
gefährlich werden. Aber woran liegt das?
Auf die Ohren:
Spezielle Kopfhörer schützen das Gehör
Geräusche entstehen durch Schwingungen
und breiten sich in der Luft als Schallwellen
aus. Die Stärke einer Schallwelle, also die
Lautstärke, wird in Dezibel gemessen. Zur
Orientierung: 40 bis 60 Dezibel erreichen nor-
male Unterhaltungen oder ein leises Radio. An
einer stark befahrenen Straße ist man einem
Lärmpegel von 70 bis 80 Dezibel ausgesetzt.
AUDIOVERSUM 01.2015 09
9
SCIENCE
sogenannter Kapselgehörschutz, reduzieren
Geräusche und schützen vor Hörschäden.
Eine aufwendigere Alternative sind Otopla-
stiken. Die individuell angefertigten Einsätze
für den Gehörgang lassen sich mit Spezial-
filtereinsätzen kombinieren, um bestimmte
Frequenzbereiche gezielt zu dämmen, etwa
für Berufsmusiker. Wer jedoch ständig unfrei-
willig von Schallquellen umgeben ist, für den
ist das kontinuierliche Tragen solcher Hilfs-
mittel kaum zumutbar. Anwohner etwa, die
sich von Dauerlärm wie Straßenverkehrsge-
räuschen oder Bauarbeiten gestört fühlen,
sollten sich öfter Ruhephasen gönnen, zum
Beispiel durch regelmäßige Auszeiten in leiser
Umgebung. Ist das nicht möglich, empfehlen
sich Yoga und autogenes Training sowie an-
dere Entspannungstechniken, um den Stress-
faktor zu senken.
Übrigens: Wer wissen will, wie laut sein eige-
nes Organ sein kann, sollte sich im Schreiraum
des AUDIOVERSUM probieren. Wie der Name
verrät, schreien Besucher dort so laut wie
möglich in ein Mikrofon. Ein Schallpegelmess-
gerät zeigt den Dezibelwert an und vergleicht
diesen mit der Lautstärke von Tieren. Der
Schrei eines Brüllaffen erreicht beispielswei-
se etwa 100 Dezibel, während der Frosch mit
40 Dezibel vergleichsweise leise quakt.
Faszination Hören:
In der Klangwelt erlebt man Lautstärke anders
Vibrationen fühlen: Gäste des AUDIOVERSUM ertasten
die Lautstärke einer Glocke
Lautsein erlaubt: Im Schreiraum testen Besucher die eigene Stimmgewalt
Unter Lärm verstehen sich alle Schallereig-
nisse, die das menschliche Wohlbefinden be-
einträchtigen. Er wird sehr subjektiv wahrge-
nommen, denn jeder Mensch empfindet
Laute anders. Eine Regel gibt es jedoch: Je
stärker ein Geräusch ist, desto mehr Menschen
fassen es als unangenehm auf. Doch nur we-
nigen ist bewusst, dass dauerhafter Krach
krank macht und Stressreaktionen wie Kon-
zentrationsmangel, Depressionen und Schlaf-
störungen auslösen kann. Im Gegenteil: Viele
Menschen setzen sich ganz bewusst und frei-
willig lauten Geräuschen aus. Etwa bei einem
Konzertbesuch oder eben wenn sie den Laut-
stärkeregler einer Stereoanlage bis zum An-
schlag aufdrehen. Anderen Geräuschen, bei-
spielsweise vom Rasenmäher des Nachbarn
oder umliegenden Sportanlagen, ist man in
der Regel unfreiwillig ausgesetzt.
HÖRSTRESS VERMEIDENDie Klangwelt des AUDIOVERSUM verdeut-
licht Lärmbelastung anschaulich. Mittels All-
tagsobjekten wie einer Glocke oder einem
Presslufthammer, die proportional ihrer akus-
tischen Größe entsprechen, können Besucher
durch Berühren von Vibrationsflächen spüren,
wie stark die Belastung für die Ohren ist. Da-
bei gibt es gegen Lärm durchaus wirksame
Mittel. Ohrstöpsel und spezielle Kopfhörer, ein
10 01.2015 AUDIOVERSUM
SCIENCE
GERÄUSCHE UND GEFÜHLEMenschen können viel früher hören als sehen. Dennoch unterschätzen viele die Bedeutung des Gehörs. Geräusche beeinflussen uns und lösen Emotionen aus. Das wissen insbesondere Sound-Designer, die an Filmen oder in der Werbebranche arbeiten, für sich einzusetzen.
Akustischer
Speicher: Jedes Geräusch weckt andere Assoziationen
Exponat
„Auditiver
Cortex“: Die Besucher müssen Geräusche der richtigen Quelle zuordnen
Wir nehmen unsere Umwelt sehr
visuell wahr“, sagt Sound-Desi-
gner Nils Kirchhoff. „Laute haben
aber genauso eine Wirkung auf uns.“ In sei-
nem Berufsfeld arbeiten Experten gezielt mit
Tönen, um Filme zu untermalen oder Marken
und Produkte zu bewerben. Sound-Designer
machen es sich zunutze, dass Gehör und Ge-
fühle im Gehirn eng miteinander verknüpft
sind: Geräusche können Emotionen hervor-
rufen. Im Film beispielsweise baut der Ton
Spannung auf oder führt in die Irre. Auch
Unternehmen widmen ihre Aufmerksamkeit
zunehmend dem passenden Klang, dem so-
genannten Audio-Logo. Es ergänzt das visu-
elle Markenzeichen. Der Kunde soll sich un-
verwechselbare Tonfolgen einprägen und mit
der Firma assoziieren. Das kommt besonders
in der Werbung zum Tragen. So steckt hinter
dem zischenden Geräusch einer sich öff-
AUDIOVERSUM 01.2015 11
11
SCIENCE
Musikalisches Exponat: Die künstlichen Haarzellen geben bei Biegen der Stäbe Töne von sich
nenden Flasche oder dem knackigen Brechen
eines Kekses detaillierte Arbeit, um Kunden
von einem Angebot zu überzeugen.
SUBJEKTIVES HÖRENLetztendlich beurteilt jeder Mensch Laute
jedoch individuell, denn Hören entsteht erst
im Gehirn. Im auditiven Cortex, einem Teil der
Großhirnrinde, werden die Höreindrücke ver-
arbeitet und die Töne mit Erinnerungen und
Gefühlen verknüpft. Obwohl die meisten
Menschen das Quietschen einer Tür als un-
angenehm empfinden, kann ein Einzelner das
Geräusch als positiv wahrnehmen. Eine un-
geölte Tür kann ihn etwa an ein altes Land-
haus erinnern, in dem er eine schöne Zeit
verbracht hat. Zudem beeinflusst unsere
Psyche, wie wir die Dinge begreifen. Am Ex-
ponat „Auditiver Cortex“ können Besucher
im AUDIOVERSUM selbst ausprobieren, was
im Hörzentrum passiert. Die Aufgabe: über
Kopfhörer eingespiele Klänge den Bildern an
der gegenüberliegenden Wand richtig zuord-
nen. Nicht unbedingt leicht, denn Hör- und
Sehsinn können sich gegenseitig täuschen.
HÖRLEISTUNGAm Haarzellen-Modell der Ausstellung wird
deutlich, wie Töne überhaupt das Gehirn er-
reichen. Haarzellen befinden sich in der Hör-
schnecke, der Cochlea. Sie wandeln den Schall
in elektrische Impulse um und leiten ihn so an
das Gehirn weiter. Die Sinneszellen sind Fre-
quenzen gegenüber unterschiedlich empfind-
lich und so angeordnet, dass wir am Eingang
der Cochlea die hohen und am Ende die tiefen
Töne wahrnehmen.
Um sich möglichst lange an der bunten Welt
der Klänge und des Sound-Designs zu erfreu-
en, gilt es die Haarzellen, so gut es geht, vor
übermäßiger Lautstärke zu schützen. Denn
anders als einige Vögel und Fische kann der
Mensch die winzigen Härchen nicht regene-
rieren. Je nach persönlicher Veranlagung kann
man den natürlichen Prozess der Hörminde-
rung so deutlich verlangsamen.
Bitte beschreiben Sie Ihre Arbeit an Filmprojekten in kurzen Worten.Nachdem der Film gedreht ist, bekomme ich den Originalton vom Set. Mithilfe eines Schnittprogramms bearbeite ich diesen und füge Effekte, Atmosphären und Ge-räusche hinzu. In Zusammenarbeit mit dem Regisseur erstelle ich ein Klangkonzept, um mit der gestalteten Tonebene die Ge-schichte oder die Dramaturgie des Filmes zu unterstützen.
Was macht den Reiz Ihrer Arbeit aus?Die Kombination von Bild und Ton war für mich schon immer spannend. Es ist mög-lich, Laute unterschiedlicher Herkunft für ein Bild-Event zu verwenden, und nur durch die Synchronität verwachsen sie miteinan-der. Sie werden eins. Wenn ich beispiels-weise eine Tür mit einem Elefantenlaut unterlege, verbinden sich Klang und Bild, und der Zuschauer nimmt den Laut als knarrende Tür wahr. Das ist wie Magie.
INTERVIEW
wichtig, eine Begeisterung für Töne im Allgemeinen zu haben.
Wie viel an einem Film-Sound ist „echt“, wie viel ist gestaltet?Das unterscheidet sich von Film zu Film. Die Sprache wird meist übernommen, Ge-räusche kreieren wir alle neu. Das beginnt schon bei Alltagsgeräuschen wie Schrit-ten oder dem Abstellen einer Tasse.
Nils Kirchhoff Sound-Designer & Geräuschemacher,
Gewinner des österreichischen Filmpreises für die beste
Tongestaltung 2013 und 2014
Welche Eigenschaften des menschlichen Gehörs und der Psyche nutzen Sie?Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass Men-schen Töne meistens unterbewusst wahr-nehmen. Niemand wird sich erinnern, wie viele Schritte er in der U-Bahn gehört hat oder wie die Vögel gesungen haben. Das passiert unterschwellig und hat dennoch eine große Wirkung. Sound-Designer wissen das einzusetzen. Wenn bei einer Filmszene jemand im Hintergrund herumgeht und ich das Geräusch der Schritte verstärke, kann ich das Auge des Zuschauers lenken und Bedeutung für etwas schaffen, das für die Geschichte später wichtig wird. Es ist eine Kunst, die im Verborgenen passiert.
Was braucht es, um ein erfolgreicher Sound-Designer zu sein? Ein gutes Gehör ist sicher nützlich. Dadurch können Sound-Designer Töne besser beur-teilen und sie ansprechender für den End-verbraucher gestalten. Es ist aber auch sehr
12 01.2015 AUDIOVERSUM
SCIENCE
MIT HÖRHILFEN AUF ZEITREISESchon Ludwig van Beethoven behalf sich mit einem Holzbrettchen, um den Klavierklang besser wahrzunehmen. Dank stetiger Forschung und Entwicklung stehen heute hochtechnologische Lösungen zur Verfügung, die Hören ermöglichen. Die Meilensteine der Innovationen.
Die Knochen leiten’s
weiter: Ellenbogen auf den Trichter,
Ohren zu – hören
Variante: Mit der
Stirn klappt
das auch
Dritter
Versuch: Auch mit dem Kinn ist Hören
möglich
Hätte ich irgendein anderes Fach, so
ginge es noch eher, aber in meinem
Fach ist es ein schrecklicher Zu-
stand...“, beschreibt Ludwig van Beethoven
mit Anfang 30 seine beginnende Hörschwä-
che. Mandelöl-Tropfen, Meerrettich-Baumwol-
le, bestimmte Teesorten und lauwarme Do-
naubäder – nichts half dauerhaft, und so
musste das Musikgenie den fortschreiten-
den Hörverlust, der seine Existenz bedrohte,
schweren Herzens hinnehmen. Solange ein
Resthörvermögen da war, behalf sich der be-
deutende Komponist jedoch mit einem ein-
fachen Trick: Er legte das Ende eines kleinen
Holzbretts auf sein Klavier und nahm das
andere Ende zwischen seine Zähne. Auf die-
se Weise wurde der Schall vom Klavier übers
Brett zum Oberkiefer und Innenohr geleitet.
13
AUDIOVERSUM 01.2015 13
SCIENCE
MED-EL World: Besucherin
setzt am Modell ein Cochlea- Implantat ein
KNOCHEN TRANSPORTIEREN KLÄNGEKeine Zauberei – Hören durch Spüren könnte
man diese Methode vielmehr nennen. Dabei
wird der natürliche Weg des Schalls über das
Außen- und Mittelohr umgangen. Ein Beispiel:
Auf Tonbandaufnahmen klingt unsere Stimme
irgendwie anders. Das liegt daran, dass beim
Sprechen der Schall zusätzlich über die Kno-
chenschallleitung des Kopfes wahrgenommen
wird. Beim Hören einer Audioaufnahme fällt
dies weg – die Stimme klingt befremdlich.
Ein Exponat im AUDIOVERSUM zu diesem
beeindruckenden Thema regt zum Auspro-
bieren an: Wer hören möchte, wie Beethovens
Musikstück „Für Elise“ per Knochenleitung
klingt, kann seine Stirn oder das Kinn an die
Metallkugeln der Trichter halten und sich da-
bei die Ohren zuhalten (siehe Bild links). Auch
Ellenbogen oder Handgelenk transportieren
die Klänge. Die brauchte Beethoven jedoch
zum Spielen seiner Klavierstücke.
AUS MANUELL WIRD DIGITALHeute, mehr als 200 Jahre später, mündet
dieses anatomische Wissen in einer bahnbre-
chenden technischen Innovation. 2012 brach-
te MED-EL das Knochenleitungs-Implantat-
system Bonebridge auf den Markt. Mithilfe
dieser Erfindung können Patienten mit Schä-
digungen des Mittel- oder Außenohres Schall
wahrnehmen. Für derartige medizintechnische
Lösungen hätte der junge in Wien lebende
Star-Komponist damals sicher seine letzten
Gulden hergegeben. Tatsächlich aber waren
zu jener Zeit manuelle Hörhilfen das Nonplus-
ultra des technisch Machbaren. Immerhin:
Erfinder und Mechaniker Johann Nepomuk
Mälzel fertigte eigens Hörrohre für Ludwig
van Beethoven. Sie verstärkten seine Hörlei-
stung um 20 bis 30 Dezibel, was in etwa der
Lautstärke von Flüstergeräuschen entspricht.
Vier dieser Hörrohre aus den Jahren 1812 bis
1814 sind heute noch im Bonner Beethoven-
Haus zu bestaunen.
Mit der Erfindung des Telefons im Jahre
1876 kam der technische Durchbruch für
elektrische Hörgeräte: Noch besser und noch
kleiner lautet seitdem die Devise. Hinter-dem-
Ohr-Geräte, Im-Ohr-Geräte und – Stand heu-
te – digitale Hörsysteme eroberten den Markt.
Zudem gelten hochtechnologische Implantate,
wie das Cochlea-Implantat der späteren MED-
EL-Gründer Ingeborg und Erwin Hochmair,
als Pionierleistung auf diesem Gebiet. Welche
Neuerungen die Welt des Hörens stetig ver-
bessern, können Besucher der MED-EL World
im ScienceCenter sehen und erleben. So
können sie etwa ihr Geschick beim simulierten
Einsetzen eines Cochlea-Implantats testen.
Für Beethoven kamen diese Innovationen
zu spät. Bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1827
schuf er trotz Taubheit jedoch weitere Klavier-
sonaten, Streichquartette und die 9. Sinfonie.
Werke, die der Welt erhalten bleiben.
1996
Implantation des
einzigartigen
Mittelohr-Implan-
tats Vibrant
Soundbridge (o.)
von MED-EL.
1901
Das Acousticon
(o.) von Miller
Reese Hutchin-
son funktionierte
wie ein Telefon.
1988
Neuartige Signal-
prozessoren er-
möglichen erste
digital gesteuerte
Hörgeräte.
1820
Die erste Hör-
maschine besteht
aus Schlauch,
Schallfänger und
Tülle für das Ohr.
1977
Das weltweit erste
mikroelektro-
nische Mehrkanal-
Cochlea-Implantat
der Entwickler
Hochmair (o.) wird
eingesetzt.
1675
Erster Hörtrichter
(o.) von Athana-
sius Kircher. Die
Ellipsenform fängt
mehr Schall auf.
2012
Einführung des
ersten aktiven
Knochenleitungs-
Implantats
Bonebridge von
MED-EL.
1957
Die Elektronik
bringt große
Verbesserungen.
Erste Im-Ohr-
Geräte folgen.
HÖRSYSTEME HISTORIE
2.
1.
14 01.2015 AUDIOVERSUM
ACTIVE
Hinter dem AUDIOVERSUM liegen zwei turbulente Jahre. Von Guerilla-Aktionen über Work-shops mit Schulklassen bis hin zu erfolgreichen Theatervorstellungen – das ScienceCenter rückt das Thema Hören auf kreative Art ins Rampenlicht. Die Highlights im Schnelldurchlauf.
1. Hörforschung: Im ScienceCenter üben Schulklassen aktives Zuhören
2. Auf Klang-
Mission im
AUDIOVERSUM: Die Schauspiel-truppe von „Horchpatrouille Ohrion“
Hören im All: Besucher in der Sonderausstellung „Sounds Of Space“
Musik zum
Anfassen: Klang-
forschung am Instrument
DJ-Workshop: Hier lernen
Teilnehmer den richtigen Mix
LANGEWEILE? –
Hör-Guerilla: Innsbrucks Fahrradfahrer
freuten sich über neuen Sattelschmuck
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AUDIOVERSUM 01.2015 15
ACTIVE
Vom Mars ins AUDIOVERSUM: Das Raumanzugmodell
Aouda.A war Teil der „Sounds Of Space“-Ausstellung
Schauspielensemble: „Der Menschenfeind –
Jeder hört, was er versteht“
GIBT’S NICHT
3. Hörmobil auf
Tour: Bei der Aktion können Passanten an kostenlosen Hör-checks teilnehmen
4. Theater After
Work: Szene aus „Sanftwut oder der Ohrenmaschinist“
Projekttag: Beim Workshop„Hört, Hört“ führten Schüler Hörexperimente durch
Offenes Ohr: Die Experten vom Hörmobil beantworten gern Fragen