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Aus der Abteilung für Anatomie und Molekulare Embryologie der Ruhr-Universität Bochum Leitung: Prof. Dr. Beate Brand-Saberi Der Einfluss des Transkriptionsfaktors Atoh8 auf die Embryonalentwicklung des Zebrafisches – Analyse der Skelett- & Herzmuskelentwicklung Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Kevin Bockholt aus Dorsten 2014

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Aus der

Abteilung für Anatomie und Molekulare Embryologie

der Ruhr-Universität Bochum

Leitung: Prof. Dr. Beate Brand-Saberi

Der Einfluss des Transkriptionsfaktors Atoh8 auf die

Embryonalentwicklung des Zebrafisches – Analyse der Skelett- &

Herzmuskelentwicklung

Inaugural-Dissertation

zur

Erlangung des Doktorgrades der Medizin

einer

Hohen Medizinischen Fakultät

der Ruhr-Universität Bochum

vorgelegt von

Kevin Bockholt

aus Dorsten

2014

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Dekan: Prof. Dr. Klaus Überla Referent: Prof. Dr. Beate Brand-Saberi Korreferent: Prof. Dr. Ruijin Huang Tag der Mündlichen Prüfung: 11.12.2014

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Abstract Kevin Bockholt

Der Einfluss des Transkriptionsfaktors Atoh8 auf die Embryonalentwicklung des Zebrafisches –

Analyse der Skelett- & Herzmuskelentwicklung

Problem:

Einige Studien haben bereits nachgewiesen, dass der bHLH Transkriptionsfaktor atoh8 an der

embryonalen Entwicklung von Retina, Skelett- und Herzmuskulatur sowie an der Neurogenese

wesentlich beteiligt ist. In der vorliegenden Dissertation wurde der Einfluss dieses Transkriptionsfaktors

insbesondere auf die Myogenese und Kardiogenese des Zebrafisches experimentell untersucht. Es

wurden spezifische Knockdown-Experimente an Zebrafischembryonen durchgeführt, um Defekte in

den beobachteten muskulären sowie kardialen Strukturen während der Embryogenese nachzuweisen,

die in Abhängigkeit zum atoh8-Mangel auftreten.

Methode:

Im Rahmen der artgerechten Tierhaltung wurden die zur Beobachtung und Analyse genutzten

Zebrafischembryonen gewonnen. In den atoh8- Knockdown-Versuchsreihen erfolgte eine Aufteilung

der Embryonen in drei Testgruppen unterschiedlicher Bedingungen (Morpholinoinjektion,

Kontrollsubstanz-Injektion, keine Injektion). Die Injektionen erfolgten als Mikroinjektionen in Embryonen

im Ein- bis Zwei-Zell-Stadium. Neben der anschließenden Beobachtung der Entwicklung wurden

Embryonen verschiedener Stadien zur Durchführung von whole mount in-situ-Hybridisierungen

vorbereitet. Die in-situ-Hybridisierungen erfolgten mittels spezifischer Marker zur Darstellung

entsprechender Strukturen. Die Expressionsmuster der drei Testgruppen wurden jeweils verglichen

und ausgewertet. Schnittbildpräparate dienen der detaillierten, vergleichenden Beobachtung und

Analyse der Testgruppen.

Ergebnis:

In dieser Studie konnte der ausgeprägte Einfluss von atoh8 auf die Embryonalentwicklung der

Skelettmuskulatur dargestellt werden. Dabei gelang erstmalig der Nachweis, dass die direkte myod-

Genexpression selbst nicht beeinflusst wird. Aufgrund beobachteter Störungen der Ausprägung

horizontaler Myosepten bei atoh8-Knockdown innerhalb der Somiten scheint die Differenzierung

myogener pioneer cells einem Einfluss von atoh8 zu unterliegen.

Darüber hinaus wurde eine prägnante, bei Knockdown häufig letal endende Beeinflussung der

kardialen Embryogenese gezeigt. Beobachtungen an Morphanten weisen auf eine eingeschränkte

kardiale Kontraktilität hin; assoziiert mit einer erstmals beschriebenen Abhängigkeit einiger

Schlüsselgene der Herzentwicklung von atoh8 mit Auswirkung auf die vmhc-Genexpression. Neben

dem Einfluss auf die Entwicklung kardialer Strukturen, wie der Ausbildung von atrioventrikulären

Grenzen und der Ausbildung tubulärer Vorläuferstrukturen, scheint ebenfalls eine Abhängigkeit der

kardialen Fusion von atoh8 zu bestehen.

Diskussion:

Hinsichtlich der Beeinflussung der embryonalen Entwicklung der Skelettmuskulatur durch atoh8 geben

sowohl mit der Entwicklung der pioneer cells assoziierte Differenzierungsstörungen als auch daraus

resultierende Myopathien langsamer Muskelfasern Anlass zur weiteren Forschung. Zudem stellen die

von atoh8 beeinflusste Regulation der vmhc-Genexpression und mit dessen Defekten assoziierte

Kardiomyopathien, wichtige Themen weiterer Analysen dar. Auch die Beeinflussung der frühen

kardialen Prägung tubulärer Systeme, deren Fusionsprozesse sowie mögliche Auswirkungen auf die

Ausbildung atrioventrikulärer Übergänge repräsentieren weitere Schwerpunkte anschließender

Forschungsprojekte.

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Für meine Familie

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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 7

1.1 Danio rerio 7

1.1.1 Allgemeines 7

1.1.2 Verwendung in der Forschung 7

1.1.3 Embryogenese 8

1.1.4 Somito- & Myogenese 12

1.1.5 Herzentwicklung 14

1.2 Atonal homolog 8 (atoh8) 16

1.3 Marker zur Analyse der Myo- & Kardiogenese 17

1.3.1 Pax3a 18

1.3.2 Myod 19

1.3.3 Ventricular myosin heavy chain (vmhc) 20

1.3.4 Natrium-Calcium-Austauscher (ncx-1) 21

1.4 Entwicklung der Methodik 22

1.4.1 In-situ-Hybridisierung 22

1.4.2 Morpholinos 23

1.4.3 Mikroinjektion 24

2. Zielsetzung 26

3. Material & Methoden 27

3.0 Materialien 27

3.1 Danio rerio Aquaristik 29

3.1.1 Tierhaltung 29

3.1.2 Fütterung 31

3.1.3 Nach- & Aufzucht 31

3.2 Mikroinjektion 32

3.2.1 Agarose-Gel Platten 32

3.2.2 Injektionsnadeln 33

3.2.3 Morpholino 33

3.2.4 Etablierung der Anlage/ Setting 34

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3.2.5 Mikroinjektionsvorgang 34

3.2.6 Nachbehandlung 35

3.3 Dechorionation 35

3.4 In-situ-Hybridisierung 36

3.4.1 Primer-Design 36

3.4.2 Sondenherstellung 37

3.4.3 Ablauf der in-situ-Hybridisierung 37

3.5 Herstellung von Schnittpräparaten 42

3.5.1 Semi- & Ultradünnschnittpräparate 42

3.5.2 Kryoschnittpräparate 43

3.6 Mikroskopie 43

3.7 Auswertung 44

4. Ergebnisse 45

4.1 Atoh8-Expression in Herz- & Skelettmuskulatur 45

4.2 Morpholino-Mikroinjektion 46

4.2.1 Morphologisch- anatomische Unterschiede 47

4.3 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung 48

4.3.1 In-situ-Hybridisierung mit pax3a-Marker 48

4.3.2 In-situ-Hybridisierung mit myod-Marker 50

4.3.3 Kein myod-Nachweis im 48 hpf-Stadium 54

4.3.4 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung,

jedoch nicht die myod-Genexpression 55

4.3.5 Atoh8 beeinflusst adaxiale Zellpopulationen 55

4.4 Beeinflussung der kardialen Embryogenese 59

4.4.1 Darstellung der kardialen Strukturen mittels

vmhc-Marker 59

4.4.2 Funktion der Doppel-in-situ-Hybridisierung 62

4.4.3 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung

- Beobachtungen 64

4.4.4 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung

- Analyse der vmhc-in-situ-Hybridisierung 65

4.4.5 Atoh8 beeinflusst die vmhc-Genexpression 70

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3

4.4.6 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung

- Analyse der ncx-1-in-situ-Hybridisierung 72

4.4.7 Kein direkter Einfluss auf die ncx-1-Genexpression 78

5. Diskussion 81

5.1 Etablierung der Mikroinjektion 81

5.2 In-situ-Hybridisierung 83

5.3 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung 84

5.3.1 Pax3a-Analysen 85

5.3.2 Myod-Analysen 87

5.4 Atoh8 beeinflusst die kardiale Entwicklung 90

5.4.1 Vmhc-Analysen 91

5.4.2 Ncx-1-Analysen 94

5.4.3 Embryonen in späteren Entwicklungsstadien 98

6. Zusammenfassung 101

7. Literaturverzeichnis 104

8. Anhang 112

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Abkürzungsverzeichnis atoh8 atonal homolog 8

bHLH Basic helix-loop-helix

Bmp Bone morphogenetic protein

cmlc1 cardiac myosin light chain 1

cmlc2 cardiac myosin light chain 2

Eng Engrailed

GFP grün fluoreszierendes Protein

hpf hours post fertilisation

ISH in-situ-Hybridisierung

KI Konfidenzintervall

mil miles apart-Gen

MO Morpholino

MOmis mismatch Morpholino

MRF myogenic regulatory factor

mRNA messenger RNA

myf5 myogener Faktor 5

myod myogener Faktor 3

myog myogener Faktor 4 (myogenin)

ncx-1 Natrium-Calcium-Austauscher

N.N. non nomine

Nodal Protein der TGF-beta Superfamilie

o.O. ohne Ortsangabe

OR Odds Ratio

pan pandora-Gen

pax3 paired box Transkriptionsfaktor 3

PFA Paraformaldehyd

smhc slow muscle heavy chain

vmhc ventricular muscle heavy chain

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Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Schema der frühen embryonalen

Entwicklungsstadien 10

Abb. 2 Schema der Embryonalentwicklung nach 24 hpf 11

Abb. 3 Agarose- Gel Platte 33

Abb. 4 Prinzip der in-situ-Hybridisierung 39

Abb. 5 ISH mit atoh8-Sonde 45

Abb. 6 Fluoreszenz der Morpholino- Injektion 47

Abb. 7 Pax3a-in-situ-Hybridisierung 50

Abb. 8 Myod-in-situ-Hybridisierung 52

Abb. 9 Statistische Auswertung der myod-ISH 53

Abb. 10 Myod/vmhc-ISH, 48 hpf 54

Abb. 11 Dünnschnittpräparate 56

Abb. 12 Dünnschnittpräparate nach myod-ISH 57

Abb. 13 Schematischer distaler Schnitt eines Zebrafisches 58

Abb. 14 Vmhc-ISH verschiedener Stadien 60

Abb. 15 Vmhc-ISH späterer Stadien 61

Abb. 16 Vmhc-ISH nach 30 hpf 62

Abb. 17 Vmhc/myod-ISH 24 hpf 66

Abb. 18 Vmhc/myod-ISH 48 hpf 68

Abb. 19 Statistische Auswertung der vmhc-ISH 70

Abb. 20 Erweiterte statistische Auswertung der vmhc-ISH 72

Abb. 21 Ncx-1-ISH 75

Abb. 22 Statistische Auswertung der ncx-1-ISH 77

Abb. 23 Schritte der kardialen Embryogenese 98

Abb. A1 Stand-Alone-Unit 112

Abb. A2 Chemische Strukturformeln von Morpholino und DNA

im Vergleich 112

Abb. A3 Injektionsvorbereitungen 113

Abb. A4 Schematische Darstellung einer Vier-Felder-Tafel 113

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6

Tabellenverzeichnis

1. Chemikalien 27

2. Geräte & Hilfsmittel 28

3. sonstige Verbrauchsmaterialien 29

4. Wasserwerte 30

5. E3-Medium 32

6. Injektionsparameter 34

7. 4% PFA in PBS 35

8. PBS (20x) 35

9. Primersequenzen 36

10. PBST (20x) 39

11. DEPC-Wasser 39

12. Proteinase K Verdau 39

13. Hybridisierungslösung nach Patel (1000ml) 39

14. 20X SSC (1000ml) 40

15. CHAPS 40

16. 2X SSC (50ml) 40

17. 0,2X SSC mit CHAPS (1:50) 40

18. Blockinglösung 40

19. Maleinsäure-Puffer 41

20. Anti-DIG-AK-Lösung 41

21. 10X KTBT-Puffer (1000ml) 41

22. Tris-Lösung 1M, pH 7,4 41

23. Tris-Lösung 1M, pH 9,5 41

24. alkalische Phosphatase-Puffer (NTMT) 100ml 41

25. Färbelösung (NBT/BCIP) 42

26. “Durcupan Microscopy Sciences“ACM von Electron 42

27. Methylenblau-Färbelösung 43

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7

1. Einleitung

1.1 Danio rerio

1.1.1 Allgemeines

Der Zebrabärbling, Danio rerio (früher Brachydanio rerio) (Hamilton, 1822),

gehört zur Familie der karpfenartigen Fische, Cyprinidae (Nüsslein-Volhard

and Dahm, 2002). Beheimatet ist diese Fischart ursprünglich in den langsam

fließenden Gewässern Asiens und Indiens.

Diese Bärblingart besitzt einen langen, stromlinienförmigen Körper mit weiß-

gelblicher Grundfarbe. Vom Kiemendeckel bis zur Schwanzflosse erstrecken

sich horizontal verlaufende, bläulich- schwarz irisierende Banden, während

die übrigen Brust- sowie Bauchflossen farblos schimmern. Die

Gesamtwirbelzahl der Zebrabärblinge liegt bei 31-32. Während die

Männchen in ihrer Zeichnung kräftiger schimmern, weisen Weibchen einen

fülligeren Körperbau auf und werden etwas größer, wobei die streifige

Zeichnung blasser erscheint (Nüsslein-Volhard and Dahm, 2002; Baensch

and Riehl, 1997).

1.1.2 Verwendung in der Forschung

Der Zebrabärbling dient aufgrund vieler Charakteristika als

Modellorganismus in der Genetik, Biologie und Anatomie (Nüsslein-Volhard

and Dahm, 2002; Kimmel et al., 1995). Durch sein diploides Genom mit 25

Chromosomen und einer, im Vergleich zum Menschen, geringen Größe von

1,7 Gigabasen eignet sich D. rerio insbesondere zur genetischen Analytik.

Mutanten können experimentell etabliert werden oder die Möglichkeit zu

Knockoutexperimenten einzelner Gene besteht. Der enorme Vorteil liegt in

der vollständigen extramaternalen Entwicklung der abgelaichten Eier vom

Ein-Zell-Stadium an. Zudem haben die Eier bereits im frühesten Stadium

eine entsprechende Größe für die Durchführung von Mikroinjektionen und

sind darüber hinaus während der gesamten Embryogenese durchsichtig,

sodass Beobachtungen bis zum Schlüpfen erfolgen und morphologische

Unterschiede erkannt werden können.

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Ein weiterer Vorteil der experimentellen Nutzung von Zebrafischen liegt in

der Tierhaltung, da D. rerio keine hohen Ansprüche an ihre Umgebung

stellen. Dank ihrer geringen Größe und der vergleichbar einfachen

Wasseransprüche ist die Haltung eine kostengünstige Variante im Vergleich

zur Haltung von Mäusen. Nach etwa drei bis vier Monaten sind die Fische

geschlechtsreif und können wöchentlich bis zu mehreren Hundert Eiern

produzieren. Somit besteht aufgrund der im Vergleich zu Hühnern oder

Mäusen kurzen Regenerationsdauer die Möglichkeit, kurzfristig gezielt

Embryonen zur experimentellen Nutzung zu gewinnen.

1.1.3 Embryogenese

Eine sehr detaillierte Beschreibung und Aufschlüsselung der embryonalen

Entwicklung von D. rerio wurde von Kimmel et. al vorgenommen (Kimmel et

al., 1995). Die Einteilung der Embryogenese erfolgt demnach in

verschiedene charakteristische Stadien, die nachfolgend dargestellt werden.

Nach der Fertilisation liegt etwa 45 Minuten später das Stadium der Zygote

vor, welche die Komplettierung des ersten zygotischen Zellzyklusses

beschreibt. Die Zygote weist einen Durchmesser von etwa 0,7mm auf. Es

schließt sich die Furchungsperiode an, welche die Entstehung der

Blastomeren durch Zellteilung umfasst. Die Zellteilungen erfolgen

durchschnittlich im 10-15 Minuten Rhythmus (s. Abb. 1A). Dieses Stadium

dauert etwa zwei Stunden an, die Embryonen befinden sich anschließend im

64- Zell- Stadium mit dreireihig angeordneten Blastomeren.

Die sich mit dem 128-Zell-Stadium anschließende Phase der

Embryonalentwicklung wird von Kimmel und Kollegen als Blastula

beschrieben (Kimmel et al., 1995). Die Blastomeren teilen sich asynchron

und formen die Keimscheibe. Der animale Pol erhält zunächst einen

sphärischen Charakter mit flacher Grenze zum Dottersack (s. Abb. 1B).

Zwischen dem Dottersack und dem animalen Pol beginnt sich eine dünne

Membran (yolk syncytial layer) zu entwickeln. Mit zunehmender Zellmasse

des animalen Pols wird der Begriff des Blastoderm geprägt, welcher aus der

Keimscheibe durch eine frühe Morphogenese hervorgeht. Am Ende des

Blastulastadiums, etwa 4,5 Stunden nach Fertilisation (hpf), liegt das

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Blastoderm als uniforme Schicht vor. Der Dotter wird zu dem Zeitpunkt bis zu

30% vom Blastoderm umwachsen (30% Epibolie).

Die sich an die Blastulation anschließende Gastrulation (5-10 hpf) ist

zunächst durch das voran schreitende Umschließen des Dottersackes (50%

Epibolie) geprägt. Mit weiterem Umwachsen bildet sich eine Verdickung

(embryonic shield), welche die Dorsalseite des Embryos vermuten lässt. Mit

fortschreitender Entwicklung formen sich erste Strukturen des Kopfes aus

dem früheren animalen Pol, weiterhin entsteht über das 75% Epibolie- das

100% Epiboliestadium. Einerseits ist der Epiblast, aus welchem sich alle drei

Keimblätter entwickeln, erkennbar, andererseits ist der Hypoblast, aus

welchem sowohl der Dottersack als auch die Prächordalplatte hervorgehen,

abgrenzbar. Von der mesodermalen Chorda dorsalis, welche sich als

elastischer Stab zwischen Neuralrohr und späterem Darm befindet und

während der Entwicklung Festigkeit verleiht, lässt sich zunehmend die

Segmentplatte, welche dem paraxialen Mesoderm entspringt und aus noch

undifferenziertem Gewebe besteht, abgrenzen. Die sich später aus der

Segmentplatte formenden Somiten nutzen die Chorda dorsalis zur

Befestigung. Nach ungefähr zehn Stunden ist schließlich ein prominenter

Schwanzbereich sichtbar und die Hirnstrukturen sowie das zentrale

Nervensystem des Neuralrohres treten deutlicher hervor (Mendelson, 1986).

In der darauf folgenden Segmentierungsperiode (10 bis 24 hpf) erstreckt sich

die größte Vielfalt der embryonaler Entwicklungsschritte (s. Abb. 1D). Die

Ausbildung der Somiten, welche später Myotome, Sklerotome und

Dermatome bilden, aus der Segmentplatte von kranial nach kaudal beginnt

mit einer Frequenz von zwei Somitenpaaren pro Stunde, der Embryo

elongiert. Zudem werden die Organanlagen deutlich sichtbar. Die

Hirnstrukturen entwickeln sich etwa im 5-Somiten-Stadium weiter, es entsteht

die Gehöranlage aus dem optischen Vesikel die Anlage des Auges. Auch die

Herzanlage, welche bereits in der Gastrulation ihren Ursprung nahm, wird

ventral des Dottersackes zunehmend deutlich. Im 20-Somiten-Stadium sind

erste Muskelkontraktionen der Somiten oder frühen Myotome im

Schwanzbereich wahrnehmbar (s. Abb. 1D). Die Bildung der kaudalen

Somiten erfolgt mit einer geringeren Frequenz. 24 hpf befindet sich der

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Embryo im 26-Somiten-Stadium bei einer Länge von etwa 1,6mm (s. Abb.

2A).

Während der nächsten 24 Stunden beginnt neben der weiteren Reifung der

Organe die Pigmentierung der Retina und in den dorsolateralen

Melanophoren der Haut. Dieses Entwicklungsstadium wird von Kimmel et. al

als Pharyngula-Periode, zuerst von W. Ballard beschrieben (Ballard, 1981),

bezeichnet. Die Anlagen der Flossen werden deutlich. Zudem sind am

Rande des Dottersackes erste Blutzellen in den Blutinseln erkennbar. Die

zunächst paarig angelegten Herztuben nähern sich bis zur Vereinigung an.

Mit der Entwicklung des Gefäßsystems entsteht nach ca. 30 hpf eine

schwache Zirkulation bei erkennbarem Herzschlag. Durch die voran

schreitende embryonale Ausbildung einer einstämmigen Aorta, der

Gefäßversorgung der kaudalen Körperregionen und eines suffizienten

Venensystems entsteht ab der 36. hpf ein starker Blutkreislauf mit Teilung in

Atrium und Ventrikel des Herzens. Die Größe des Dottersackes verringert

sich mit zunehmender Extension nach kaudal. Nach 42-48 hpf hat bereits

eine deutliche Differenzierung der Sinnesorgane sowie des Intestinums

stattgefunden, sodass der Embryo bei einer Länge von 2,9mm in die

Schlüpfphase eintreten kann (s. Abb. 2B).

Abbildung 1. Schema der frühen embryonalen Entwickl ungsstadien Entwickelt nach den Vorgaben von Kimmel und Kollegen (Kimmel et al., 1995)

A) 4-Zell-Stadium; die Keimscheibe beginnt sich zu formen.

B) Sphären- Stadium während der Blastulation nach dem 128-Zell-Stadium.

C) 1-Somiten-Stadium zu Beginn der Segmentation nach etwa 10hpf.

D) 19-Somiten-Stadium nach etwa 20hpf. Die v-förmig angeordneten Somiten sind bis

in die Schwanzregion erkennbar, die Extension des Dottersackes nach kaudal

beginnt, die Anlage der Augen ist sichtbar.

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Abbildung 2. Schema der Embryonalentwicklung nach 2 4 hpf Entwickelt nach den Vorgaben von Kimmel und Kollegen (Kimmel et al., 1995)

A) Embryo 24hpf im 26-Somiten-Stadium.

B) B) Embryo 48hpf, kurz vor dem Schlüpfen.

Die von Kimmel und Kollegen bis zur 72. hpf dauernde „Hatching-Period“ ist

geprägt durch die Komplettierung der Organogenese (Kimmel et al., 1995).

Bezeichnend für diese Phase sind einerseits die reifenden Flossen und die

Aushärtung des Skeletts, andererseits die vollständige Ausbildung aller

Kopfstrukturen aus den Kiemenbögen. Durch den schrumpfenden Dottersack

gewinnt das Herz mehr Prominenz. Nach etwa drei Tagen ist die embryonale

Entwicklung soweit abgeschlossen, dass die Larve schlüpfen kann. Der

Dottersack ist nach seiner Elongation nur noch rudimentär sichtbar. Das

Darmrohr verlagert sich nach ventral und tritt mehr in Erscheinung, die

Pigmentierung der Haut ist mit der lateralen Streifung nahezu

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abgeschlossen, allerdings gewinnen die Streifen mit zunehmendem

Wachstum des Fisches an Prominenz. Mit dem Schlüpfen nach dem 3. Tag

nach der Befruchtung beginnen die aktive Bewegung sowie die aktive, orale

Nahrungsaufnahme. Die Länge der Tiere in der Phase beträgt etwa 3, 6mm.

In der sich anschließenden Lebensphase ist das wichtigste Element das

Körperwachstum des Fisches.

1.1.4 Somito- & Myogenese

In der embryonalen Periode der Gastrulation werden neben vielen weiteren

embryonalen Prozessen auch die Keimblätter gebildet. Während das

Endoderm beispielsweise zur Bildung der gastrointestinalen Organe beiträgt

und aus dem Ektoderm Nervensystem und Haut entstehen, ist das

Mesoderm für die Bildung des Gefäß- & Blutsystems, der Muskulatur und

des Skelettsystems unerlässlich.

Tritt der Embryo in die Phase der Segmentation ein, entstehen aus dem

paraxialen Mesoderm von kranial nach kaudal sequentiell Somiten (Kimmel

et al., 1995). Die ersten Somitenpaare entstehen dabei aus ungeklärter

Ursache mit einer höheren Frequenz als die kaudalen Somiten. Nach

vollständiger Ausbildung der Somiten erscheinen diese differenziert oval. Die

überwiegende Mehrheit der medial in den Somiten befindlichen Zellen wird in

die Myogenese eintreten und sich zu Myotomen, den späteren

Muskelsegmenten, entwickeln (Kimmel et al., 1995), der lateral gelegene Teil

bildet Sklerotome. Anhand der Transkription von myf5 und myod wurde

nachgewiesen, dass bereits während der Gastrulation die Myogenese einiger

muskulärer Vorläuferzellen beginnt (Weinberg et al., 1996).

Am medialen Rand der Somiten gelegen, lateral der Chorda dorsalis,

befindet sich eine Region, die als adaxiale Region bezeichnet wird (Thisse et

al., 1993). Sowohl in den adaxialen Somiten als auch dorsoventral mittig der

Somiten befinden sich Zellen, als „muscle pioneer cells“ bezeichnet, welche

zu den ersten sich ausprägenden Muskelfasern zählen (Felsenfeld et al.,

1991) und sich im Verlauf zu langsamen Muskelfasern differenzieren (Devoto

et al., 1996). Die adaxialen muskulären Vorläuferzellen bilden eine pseudo-

epitheliare Schicht, welche die Pionierzellen (pioneer cells) in hoher Anzahl

enthält (Devoto et al., 1996). Durch die Migration und Elongation eines Teiles

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der sich zu langsamen Muskelfasern differenzierenden Pionierzellen an den

äußeren Rand der Somiten erhalten die Myotome ihre chevron-artige (v-

förmige) Form, wobei der Apex nach anterior weist (van Eeden et al., 1996).

Entlang des Verlaufes der Pionierzellen bildet sich im Verlauf das horizontale

Myoseptum aus, welches die Myotome in dorsal des Septums liegende

epaxiale und ventral liegende hypaxiale Muskelmassen unterteilt (Kimmel et

al., 1995). Die lateral gelegenen, nicht adaxialen Vorläuferzellen bilden die

Vorläufer der schnellen Muskelfasern (Devoto et al., 1996).

Somit können bereits während der embryonalen Entwicklung verschiedene

Muskelzellpopulationen aufgrund ihrer unterschiedlichen Lokalisation im

Myotom unterschieden werden (Hirsinger et al., 2004). Während die

Vorläuferzellen der langsamen (roten) Muskelfasern im adulten Fisch in den

superfiziellen Schichten unter der Haut angelegt sind, bilden die schnellen

(weißen) Muskelfasern später die tieferen Skelettmuskelschichten aus (Ochi

and Westerfield, 2007).

Die Pionierzellen exprimieren neben dem für langsame Muskelfasern

typischen Protein smhc auch spezifisch Mitglieder der Engrailed (Eng)

Homeobox Protein Familie (Hatta et al., 1991). Während der

Somitenentwicklung fällt eine sich wolkenförmig lateral an die adaxialen

Pionierzellen anlagernde Zellpopulation auf, die eine geringere Expression

von Eng aufweist, jedoch kein smhc exprimiert. Diese als „mittelschnelle

Muskelfaserzellen“ oder „Eng positive fast muscle cells“ klassifizierte

Zellgruppe ist bislang unklarer Funktion (Hatta et al., 1991).

Am Ende der Periode der Segmentierung liegt zwischen den lateral

befindlichen langsamen Muskelfasern und der Dermis eine als von Devoto

und Kollegen „external cells“ bezeichnete Zellschicht, die im Rahmen einer

Determinierung zwar pax3, pax7, myf5 und myog exprimiert, jedoch kein

Myosin, welches eine abgeschlossene Zellentwicklung erkennen ließe

(Devoto et al., 1996). Es wird angenommen, dass diese Zellschicht

muskuläre Vorläuferzellen beinhaltet, die sich in anderen Körperregionen im

Verlauf zu Muskelzellen differenzieren können (Ochi and Westerfield, 2007).

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14

1.1.5 Herzentwicklung

Myokardiale Progenitorzellen zählen zu den sich zuerst differenzierenden

Zellen des Mesoderms während der frühen Gastrulation und sind

ursprünglich lokalisiert im ventrolateralen Randbereich der Blastula im 512-

Zell-Stadium (Yelon, 2001). Bereits im 8-Somiten-Stadium ist die Migration

zur embryonalen Achse in den kranialen Teil des Embryos erfolgt (Warga

and Kimmel, 1990).

Die sich zu Myokardiozyten differenzierenden Progenitorzellen beginnen mit

der Expression von Sarcomer-Protein kodierenden Genen wie cmlc1 und

cmlc2 (Reiter et al., 1999).

Bis zum 15-Somiten-Stadium bilden die myokardialen Progenitorzellen im

flachen Mesoderm zwei tubuläre Primordiale, die sich vom kaudalen Ende

des trigeminalen Ganglions rostral bis zum otischen Vesikel kaudal

erstrecken und dabei dem Dottersack direkt aufzuliegen scheinen, wobei den

Primordialen dorsomedial je eine dünne endodermale Zellschicht aufliegt

(Stainier et al., 1993). Im 21-Somiten-Stadium wird die Migration beider

ausgebildeten Tuben nach medial aufeinander zu deutlich, wobei sich mittig

beider tubulären Konstrukte eine Zellpopulation, erstmals von Swaen

beschrieben (Swaen and Brachet, 1899), befindet, die für die Ausbildung des

Endokards verantwortlich ist (Stainier et al., 1993).

Nach etwa 24 hpf erfolgt die kardiale Fusion beider primitiver tubulärer

Vorläufer zum tubulären Herzen mit kegelförmiger Ausprägung, dessen

Basis dem Dottersack aufliegt und mit dem Perikard in Verbindung steht. Das

venöse System wird später Anschluss an die Basis erhalten, das zukünftige

arterielle Ende bildet die Kegelspitze; die Migration der endokardialen

Vorläuferzellen scheint dabei von der Spitze in Richtung Basis entlang der

anterioren und posterioren Seite zu erfolgen (Stainier et al., 1993). Die

kardiale Fusion ist bislang nur unvollständig verstanden. Eine Reihe von

Genen wie beispielsweise der bHLH Transkriptionsfaktor hand2 (Yelon et al.,

2000) oder das miles apart-Gen (mil), welches für einen Lysosphingolipid G-

Protein-gekoppelten Rezeptor kodiert (Kupperman et al., 2000), scheinen an

der Migration der tubulären Systeme nach medial beteiligt zu sein. Ebenfalls

an der Fusion beteiligt zu sein scheinen die mit den Myokardiozyten in

Kontakt stehenden endodermalen Zellen, welche ebenso zeitlich koordiniert

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nach medial wandern um die anterioren Anteile des Magen-Darm-

Schlauches zu bilden (Yelon, 2001), denn Genmutationen, die die

endodermale Differenzierung inhibieren, wie zum Beispiel casanova, bonnie

and clyde oder fau, verursachen ebenfalls kongenitale Herzanomalien

(Alexander et al., 1999; Yelon, 2001; Kikuchi et al., 2000).

Durch mhc-Gen Expressionsmuster konnte die Ausprägung der einzelnen

Kammern ab dem 26-Somiten-Stadium nachgewiesen werden (Stainier et

al., 1993). Dabei können atriale von ventrikulären, myokardialen

Subpopulationen anhand des Expressionsmusters von vmhc unterschieden

werden, welches für die Ventrikel-spezifische schwere Myosinkette kodiert

(Yelon et al., 1999).

Bereits im 22-Somiten-Stadium sind erste myokardiale Kontraktionen

erkennbar, nach 24 hpf ist eine koordinierte Herzfrequenz von etwa 90

Schlägen/ Minute messbar. Man erkennt wellenförmige Kontraktionen,

beginnend am Sinus venosus bis zum Ausflusstrakt (Nguyen et al., 2008). In

dieser Phase der Entwicklung ist die beginnende Blutzirkulation nachweisbar

(Stainier et al., 1993).

Etwa 30 hpf ist eine Herzfrequenz von etwa 140 Schlägen/ Minute messbar,

zudem wird die Windung des Herzens auf die rechte Körperhälfte des

Embryos deutlich, welche 36 hpf abgeschlossen ist. Neuste Studien haben

darüber hinaus gezeigt, dass insbesondere die Signale des Proteins Nodal

und dessen inhibierende Wirkung auf Bmp die Migration myokardialer

Vorläuferzellen beeinflussen und wesentlich an der links-rechts Asymmetrie

des Herzens sowie dessen Lateralisation beteiligt sind (Veerkamp et al.,

2013). Das Herz schlägt nun mit 180 Schlägen/ Minute, eine deutliche

Zirkulation bis in den Schwanzbereich ist erkennbar. Die Ausbildung der

einzelnen Herzhöhlen beginnt mit der Induktion von Subtypen myo- &

endokardialer Zellen an der atrioventrikulären Grenze. Durch die

Kommunikation beider Zellpopulationen entsteht ein epithelialer-

mesenchymaler Übergang, welcher zur Bildung atrioventrikulärer Kissen

führt, die sich im Verlauf zu den atrioventrikulären Klappen entwickeln

(Eisenberg and Markwald, 1995). Wesentlich beteiligt an der Ausprägung der

Kissen und der Ausbildung der atrioventrikulären Herzklappen ist nach Walsh

das jekll-Gen (Walsh and Stainier, 2001).

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Nach etwa 48 hpf differenzieren am atrioventrikulären Übergang gelegene

Kardiomyozyten zu langsam leitenden Zellen, d. h. elektrische Impulse

werden mit Verzögerung auf den Ventrikel übergeleitet, sodass aus der

peristaltischen Kontraktion eine koordinierte Kontraktion entsteht (Chi et al.,

2008; Milan et al., 2006). Mit Zunahme der Myokarddicke entwickelt sich

innerhalb des ventrikulären Myokards ein Trabekelwerk, welches eine

schnelle Reizweiterleitung vom Apex zur Basis ermöglicht (Sedmera et al.,

2003; Nguyen et al., 2008).

Nach abgeschlossener Embryogenese befindet sich das Herzatrium mehr

linksseitig, der Ventrikel liegt mehr rechtsseitig. Dem Vorhof schließt sich

eine kleine Kammer, der Sinus venosus, an, dem Ventrikel der Bulbus

arteriosus als Ausflusstrakt (Stainier et al., 1993). Eine Übersicht über die

Beeinflussung einiger Schritte der kardialen Entwicklung gibt Abbildung 23.

1.2 Atonal homolog 8 ( atoh8)

Basic Helix Loop Helix (bHLH) Transkriptionsfaktoren werden eine große

Bedeutung in der embryonalen Entwicklung diverser Organsysteme, sowie

der Myo- & Neurogenese zugeschrieben (Wang et al., 2009). Anhand

phylogenetischer Beziehungen und biochemischer Eigenschaften lassen sich

bHLH Transkriptionsfaktoren in 6 Klassen (A, B, C, D, E, F) gliedern. Atoh8,

welches math6 der Säugetiere entspricht (Yao et al., 2010), gehört zur

Gruppe der A-bHLH Transkriptionsfaktoren (Simionato et al., 2007) und lässt

sich spezifisch zur NET-Familie innerhalb der atonal Superfamilie zuweisen,

welcher ebenfalls Familien von Atonal, Neurogenin, NeuroD, Oligo, Beta3,

Dellilah und Mist angehören (Ledent et al., 2002). Menschliches atoh8

(math6) besteht aus 321 Aminosäuren, besitzt eine bHLH-Domäne und ist

auf Chromosom 2p11.2 lokalisiert (Yao et al., 2010); es ist ein

Fusionsprodukt aus zwei orthologen Chromosomen nicht menschlicher

Primaten (Chen et al., 2011). Während Proteine der atonal Familie allgemein

durch jeweils ein einzelnes Exon kodiert werden und hauptsächlich an der

Neurogenese beteiligt sind, wird atoh8 durch drei Exons kodiert und

beeinflusst nach seiner spatiotemporalen Expression diverse Organsysteme

während der Embryogenese (Inoue et al., 2001).

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Unterschiede in der atoh8 Gensequenz und dessen regulatorischen

Einheiten wie beispielsweise die Häufigkeitsverteilungen von TATA-Boxen

und CpG-Inseln verdeutlichen einerseits die Spezies-abhängigen

Unterschiede im Expressionsmuster, andererseits die Feinregulierung in der

Expression und somit Wirkung auf die verschiedenen Organe und Gewebe

(Chen et al., 2011).

Es ist beispielsweise nachgewiesen, dass atoh8 durch die Induzierung der

Neurogenese bei Inhibierung der Gliogenese entscheidenden Einfluss auf

die sich entwickelnde Retina der Maus nimmt (Inoue et al., 2001). Ebenso

scheint in der Embryogenese der Maus eine Beteiligung an der

Differenzierung der Podozyten während der Nierenentwicklung vorzuliegen

(Ross et al., 2006). Auch die Entwicklung des endokrinen Pankreas unterliegt

Einflüssen von atoh8, sodass ein Knockout des atoh8-Gens in Mäusen

aufgrund der dramatischen Fehlentwicklung diverser Organsysteme letal

endet (Lynn et al., 2008). Jüngste Studien an Mäusen haben gezeigt, dass

atoh8 eine entscheidende Rolle bei der Kompartimentierung hypaxialer

Myotome während der Somitogenese spielt und demnach entscheidend an

der Regulierung der Myogenese beteiligt ist (Balakrishnan-Renuka et al.,

2013). Auch im Zebrafisch weist das atoh8- Expressionsmuster in Retina,

Somiten und Herz insbesondere auf eine Beteiligung von Neurogenese,

Myogenese und Herzentwicklung hin (Yao et al., 2010). Eine Beteiligung an

muskulären sowie kardialen, embryonal determinierten Erkrankungen kann

demnach vermutet werden.

Forschungen an neurologischen Patienten konnten darüber hinaus eine

erhöhte atoh8-Expressionsbereitschaft bei an Oligodendrogliomen leidenden

Patienten nachweisen (Ducray et al., 2008), Ähnliches wurde bei

Glioblastoma multiforme Patienten nachgewiesen (Freire et al., 2008).

1.3 Marker zur Analyse der Myo- & Kardiogenese

Um eine Darstellung der Skelettmuskulatur und des Herzens während der

Embryogenese mittels in-situ-Hybridisierung zu erreichen, erfolgte die

Auswahl und der Einsatz verschiedener, jeweils speziell geeigneter,

analytischer Marker.

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Zu Beginn der Versuchsreihe wurde eine atoh8-Sonde eingesetzt, um das

atoh8-Expressionsmuster insbesondere in den Somiten und der Herzanlage

des Zebrafisches während der Embryogenese darzustellen. Spezifische

myod- & pax3a-Sonden wurden genutzt, um die Skelettmuskulatur in

verschiedenen Stadien der embryonalen Entwicklung nachzuvollziehen.

Pax3a determiniert dabei die ersten Differenzierungsprozesse der frühen

Myogenese, daran anschließend dominieren die muskulären Regulatoren

wie myf5, myod, myog und mrf4 die myogene Differenzierung (Yokoyama

and Asahara, 2011).

Zur Analyse der kardialen Entwicklung wurden in der in-situ-Hybridisierung

spezifische Marker eingesetzt, die einerseits kardiale Strukturen zur

Darstellung bringen, andererseits bei Veränderung in deren

Expressionsmuster Hinweise auf verschiedene kardiale Funktion geben

können. Dabei beleuchtet vmhc die Expression eines Teiles des

Strukturproteins Myosin und ncx-1 die Expression eines kardialen Calcium-

Kanals (Yelon et al., 1999; Langenbacher et al., 2005).

1.3.1 Pax3a

Pax3a zählt als Transkriptionsfaktor zur Familie der paired box Proteine und

dient als wichtiger Marker der frühen muskulären Stammzellen in den

Dermomyotomen der lateralen Somiten (Hammond et al., 2007). Neben

pax3a existiert eine weitere Isoform pax3b, beide Formen entstehen durch

den Vorgang des alternativen Splicings (Tsukamoto et al., 1994). Es ist

neben der Skelettmuskelentwicklung von großer Bedeutung für die

Entwicklung der dorsalen Zellen des Nervensystems und des Neuralrohres

(Epstein et al., 1991; Goulding et al., 1994).

Nahezu alle myogenen Vorläuferzellen des Dermomyotomes exprimieren

pax3a. Mit dem Beginn der Myogenese sinkt die pax3a Expression

kontinuierlich ab, die Expression der bHLH Transkriptionsfaktoren, bekannt

als muskuläre Regulationsfaktoren (MRFs), steigt signifikant an (Yusuf and

Brand-Saberi, 2006), aus den Progenitorzellen entstehen Myoblasten

(Yokoyama and Asahara, 2011). Somit ist pax3a entscheidend an der

Induktion und Regulation der Expression der MRF-Muster, insbesondere von

myf5 und myod, beteiligt. Es konnte einerseits gezeigt werden, dass eine

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Überexpression von pax3a eine gesteigerte Myogenese zur Folge hat

(Maroto et al., 1997; Hammond et al., 2007), andererseits wurde

nachgewiesen, dass ein myod-Knockout eine Hochregulation der pax3a

Expression in den anterioren Somiten verursacht, ein gleichzeitiger Knockout

von myod und myf5 führte bei kontinuierlicher pax3a Expression zur

Apoptose betroffener Zellen (Hammond et al., 2007).

Veränderungen im pax3a Expressionsmuster können zu kongenitalen

Erkrankungen wie dem Waardenburg Syndrom führen (Moase and Trasler,

1992).

1.3.2 Myod

Myod, erstmals 1986 von Weintraub beschrieben (Lassar et al., 1986), zählt

zu den bHLH Transkriptionsfaktoren und ist Teil der Gruppe der MRFs. Es ist

während der Myogenese wesentlich beteiligt an der Differenzierung von

Fibro- zu Myoblasten (Tapscott, 2005), dabei reicht die Anwesenheit von

myod allein zur Induktion funktionsfähiger Skelettmuskelzellen aus, ein

gleichzeitiger Knockout von myf5 und myod jedoch hat eine fehlende

Muskelbildung zur Folge (Rudnicki et al., 1993; Kassar-Duchossoy et al.,

2004). Myod dient somit als spezifischer Marker der frühen Myogenese durch

Expression in den Satellitenzellen, den Vorläuferzellen der Myoblasten (Kadi

et al., 2005).

Wie zuvor beschrieben existieren Zusammenhänge zwischen der Expression

von pax3a und den MRFs. Mit dem Beginn der Myogenese und Expression

der MRFs findet eine Herunterregulation der pax3a Expression in den

Progenitorzellen statt (Rudnicki et al., 1993), beispielsweise durch eine

Suppression durch myod über FGF8-Signalwege (Hammond et al., 2007).

Während myod deutlich in den hypaxialen Muskelmassen exprimiert wird,

findet sich myf5 zu großen Teilen in den epaxialen Muskelmassen

(Yokoyama and Asahara, 2011), dadurch besitzt myod im Verlauf eine

Schlüsselfunktion an der Entwicklung der Extremitätenmuskulatur und

Kiemenbögen, während myf5 an der Entwicklung der paraspinalen und

interkostalen Muskulatur beteiligt ist (Kablar et al., 1997). Die Expression von

myf5 geht dabei der myod Expression leicht voraus (Mok and Sweetman,

2011). Obwohl die Faktoren, welche die myod Expression induzieren,

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weitgehend unbekannt sind, existieren Signalwege wie Mef2 und p38-

Kinase, ausgelöst durch myod, welche die myod Expression der sich

differenzierenden Myoblasten aufrecht halten um die dauerhafte

Proteinproduktion dieser Zellen zur Differenzierung zu verändern (Tapscott,

2005).

1.3.3 Ventricular myosin heavy chain (vmhc)

Ventricular myosin heavy chain (vmhc) stellt neben einer Anzahl variabler

leichter Ketten ein zum Motorprotein Myosin gehörendes, spezifisch

kardiales Protein dar. Dabei besitzt es eine katalytische Kopfdomäne mit

ATPase-Funktionalität und ist wesentlich an der Kontraktilität der

Muskelfasern beteiligt (Alberts et al., 2002). Die vmhc Expression kann dabei

als Marker der frühen Kardiogenese genutzt werden. In der frühen

embryonalen Entwicklung des Herzens lassen sich zwei Zellpopulationen

anhand ihrer Expression von vmhc oder cmlc2 (cardiac myosin light chain)

unterscheiden, wobei vmhc spezifisch in den sich zu ventrikulären

Myokardiozyten entwickelnden Zellen exprimiert wird (Yelon et al., 1999).

Während der Embryogenese der kardialen Strukturen findet eine kardiale

Fusion statt. Durch einige Mutationsversuche konnten beispielsweise bei der

Mutation des cas-Gens (casanova) zwei parallel schlagende Herzen,

bezeichnet als cardia bifida, nachgewiesen werden (Alexander et al., 1999;

Chen et al., 1996; Stainier et al., 1996). Diese Fusion ist jedoch für die

Expression bzw. spätere Funktionsfähigkeit des Myosins nicht von

Bedeutung (Yelon et al., 1999).

Bei der Initialisierung der myokardialen Vorläuferzellen scheint das Pandora-

Gen (pan) eine wichtige Rolle zu spielen, wie durch Mutationsversuche

ebenfalls gezeigt werden konnte (Stainier et al., 1996). Yelon wies nach,

dass neben der verzögerten Differenzierung und Fusion der myokardialen

Vorläuferzellen durch induzierte pan-Defekte eine essentielle Abhängigkeit

der frühen vmhc-Expression von der pan-Aktivität besteht (Yelon et al.,

1999). Weiterhin übernehmen Transkriptionsfaktoren wie hand2 (Yelon et al.,

2000), gata5 und fgf8 (Reiter et al., 1999) bei der Induktion der vmhc-

Expression und Differenzierung der Myokardiozyten ebenso wichtige

Funktionen, die bislang nicht vollständig geklärt sind. Promotoranalysen von

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vmhc zeigten, dass den Transkriptionsfaktoren gata4 und gata6 ebenfalls

Schlüsselfunktionen in der Induktion der vmhc- Genexpression zukommen

(Park et al., 2009). Das Homeobox-Protein nkx2.5, ein Transkriptionsfaktor

und Marker des präkardialen Mesoderms (Chen et al., 1996; Evans, 1999),

gilt als einer der frühesten zur Differenzierung der kardialen Zellen

erforderlichen Proteine, da eine Abwesenheit der nkx2.5-Expression zur

vollständig fehlenden Differenzierung führt (Yelon, 2001). Das vmhc-Gen

selbst wird dabei über diverse, nur unvollständig geklärte Mechanismen

reguliert. Es besitzt beispielsweise eine Bindestelle für gata und zwei

Bindestellen für den Transkriptionsfaktor nkx2.5, wobei nkx2.5 für die

selektive Expression von vmhc in ventrikulären Zellen verantwortlich zu sein

scheint, da Deletionsversuche nachwiesen, dass unter Abwesenheit von

nkx2.5 ektopes vmhc in atrialen Zellen exprimiert wurde (Jin et al., 2009).

1.3.4 Natrium-Calcium-Austauscher 1 ( ncx-1)

Kardiomyozyten des Herzens verfügen über ein fein reguliertes System an

Ionenkanälen für verschiedene Mineralien, um eine koordinierte Kontraktilität

über das gesamte Organ zu erreichen. Dabei spielt die Calcium-

Homöostase eine übergeordnete Rolle (Langenbacher et al., 2005).

Während für die Einleitung der Kontraktion spannungsabhängige L-Typ-

Calciumkanäle, die zu einem Anstieg der intrazellulären

Calciumkonzentration führen, verantwortlich sind, sorgt eine Reihe von

Kanälen für den Ausstrom von Calciumionen und somit zu einer sinkenden

intrazellulären Konzentration. Dazu zählen einerseits die Calcium-ATPase2

(SERCA2) des endoplasmatischen Reticulums, welche Calciumionen zur

Speicherung zurück in das endoplasmatische Reticulum pumpt, andererseits

die Plasmamembran-Calcium-ATPase (PMCA) und der Natrium-Calcium-

Austauscher-1 (ncx-1), welche zu einem Ausstrom aus der Zelle führen

(Langenbacher et al., 2005).

Durch die Fehlfunktion insbesondere der SERCA2 und des ncx-1 wurden

kardiale Erkrankungen, die mit Fibrillationen und Arrhythmien bis zum

plötzlichen Herztod durch eine unzureichende Regulation des

Calciumhaushaltes einhergehen, assoziiert (Pogwizd et al., 1999; Hasenfuss

et al., 1999). Durch Knockout-Versuche an Mäusen konnte dies bestätigt

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werden, da durch die Abwesenheit von ncx-1 schwere kardiale,

arrhythmische Defekte mit sehr schwacher Kontraktilität erzeugt wurden

(Wakimoto et al., 2003). Zudem haben genetische Studien nachgewiesen,

dass die ncx-1 Aktivität eine essentielle Rolle in der embryonalen kardialen

Entwicklung spielt (Rottbauer et al., 2001).

Langenbacher wies durch Knockdown-Versuche am Zebrafisch nach, dass

die Genexpression des herzspezifischen ncx-1-Gens ebenfalls für die

kardiale Rhythmizität des Zebrabärblings von essentieller Bedeutung ist

(Langenbacher et al., 2005).

Somit dient ncx-1 als hilfreicher Marker, da durch das ncx-1

Genexpressionsmuster im Zebrafisch die Embryogenese des Herzens

verfolgt werden kann, wobei Veränderungen in der Expression hinweisend

für die Entstehung von Arrhythmien sein können.

1.4 Entwicklung der Methodik

Zur Detektion und Analyse embryonaler Prozesse stehen diverse Methoden

zur Verfügung. Dabei eignet sich die whole mount in-situ- Hybridisierung sehr

gut zur Darstellung einzelner Genexpressionsmuster auf der Ebene der

mRNA Expression. Gefärbte Schnittbilder erlauben ebenfalls die Detektion

und Differenzierung anatomischer Strukturen. Immunhistochemische

Antikörperfärbungen weisen translatierte Proteine spezifisch nach.

Zur Untersuchung der Funktion einzelner Gene, wie in dieser Arbeit atoh8,

auf den Organismus werden zusätzlich Knockdown-Experimente eingesetzt.

Eine gute Möglichkeit bietet die Mikroinjektion von Morpholinosubstanzen in

den Embryo.

1.4.1 In-situ-Hybridisierung

Gene, die für Proteine kodieren, besitzen in den meisten Fällen spezifische

Expressionsmuster, da die entstehenden Proteine Funktionen in spezifischen

Geweben nachgehen und nicht von jeder Zelle produziert werden. Im Laufe

der embryonalen Entwicklung kann es einerseits zu Veränderungen im

Expressionsmuster eines Gens kommen, andererseits werden einige Gene

beispielsweise nur in der frühen embryonalen Phase exprimiert, sodass in

späteren Stadien keine Expression mehr nachweisbar ist. Auch genetische

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Defekte oder Knockdown-Experimente erzeugen veränderte

Expressionsmuster im Organismus.

Durch die Methode der whole mount in-situ-Hybridisierung, zuerst von Gall

und Pardue im Jahre 1969 beschrieben (Gall and Pardue, 1969), können

Expressionsmuster einzelner Gene durch die Erzeugung von DNA-/RNA-

oder RNA-/RNA-Hybriden mittels spezifischer, markierter Sonden

nachgewiesen werden. Meist kommt zur Markierung Digoxigenin an den

Uracilbasen oder ein Fluoreszenzmittel zum Einsatz, an den spezifische,

meist mit alkalischer Phosphatase beladene Antikörper binden. Durch

Zugabe einer Lösung, beispielsweise NBT/BCIP, mit welcher die alkalische

Phosphatase reagiert, entsteht eine Färbung im Embryo ausschließlich an

den Stellen, an denen Hybride entstanden sind. Nach erfolgreicher

Anfärbung können die Embryonen fixiert werden und es besteht die

Möglichkeit, Schnitte zur gezielten Analyse verschiedener anatomischer

Strukturen anzufertigen. Durch die Schnittbilder können feine

Expressionsmuster differenziert werden und insbesondere in Körpermitte

gelegene Strukturen sind voneinander abgrenzbar analysierbar. Im

besonderen Fall des Umgangs mit Zebrafischeiern ist die Dechorionation der

Embryonen unerlässlich um ein Eindringen der Substanzen zu

gewährleisten. Zudem muss während der gesamten Versuchsanordnung

streng RNase-frei gearbeitet werden, um Abbauprozessen und somit

Ergebnisverfälschungen vorzubeugen.

1.4.2 Morpholinos

In Knockdown-Experimenten werden spezifische Gene durch verschiedene

Mechanismen der Blockierung der Transkription oder Translation

herunterreguliert. Um beispielsweise die Funktion eines Gens wie atoh8 auf

die Embryonalentwicklung oder Auswirkungen eines atoh8-Mangels auf den

Organismus zu erforschen, können derartige Experimente genutzt werden.

Eine Variante stellt die Mikroinjektion von Morpholinos in den Embryo dar.

Molekularbiologisch sind Morpholinos, entwickelt von Summerton im Jahre

1997 (Summerton and Weller, 1997), synthetisierte Nukleinsäure-Analoga,

meist bestehend aus 25 Basen mit Strukturveränderungen im Grundgerüst.

Anstelle des Ribose-Zuckers der RNA verbindet die Basen ein

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heterozyklischer Morpholinring (s. Anhang A1). Die strukturellen

Veränderungen schaffen im Vergleich zur RNA eine erhöhte Stabilität, da

kein RNase-Verdau stattfindet (Corey and Abrams, 2001). Spezifische

Morpholinos binden komplementäre mRNA in antisense-Richtung und

verhindern dadurch entweder die Translation oder das Splicing der prä-

mRNA, wobei das Startcodon des Genabschnittes in der Morpholino-

Sequenz enthalten sein muss, um einen spezifischen Knockdown zu

gewährleisten, da keine Bindung des ribosomalen Translationskomplexes an

die Hybride im Bereich des Startcodons erfolgen kann (Corey and Abrams,

2001). Für den Zebrabärbling existieren zwei verschiedene, spezifische

atoh8-Morpholinos, wobei atoh8-MO1 die Translation blockiert und atoh8-

MO2 das Splicing blockiert (Yao et al., 2010). In dieser Versuchsreihe wurde

mit den Translations-blockierenden Morpholinos gearbeitet.

Meist werden Morpholinos mit einem Fluoreszenzfarbstoff wie GFP markiert,

um nach Mikroinjektion die erfolgreiche Diffusion in die Zielzelle

mikroskopisch nachweisen zu können (Yuan and Sun, 2009).

Der Unterschied zu Knockout-Experimenten besteht darin, dass der Effekt

von der injizierten Morpholino-Konzentration abhängig ist und sich diese mit

der Größenzunahme des Embryos proportional verringert. Somit wird in den

Endstadien der Embryonalentwicklung durchaus in einer Vielzahl der Zellen

atoh8 translatiert.

Um auszuschließen, dass mögliche beobachtbare, morphologische

Veränderungen während der Embryonalentwicklung allein auf die

Manipulation am Embryo während des Vorgangs der Injektion

zurückzuführen sind, wurde in allen Versuchsreihen neben der nicht

injizierten Kontrollgruppe auch eine Kontrollgruppe gebildet, welche mit einer

funktionslosen Morpholino-Kontrollsubstanz injiziert wurde.

1.4.3 Mikroinjektion

Die Technik der Mikroinjektion wird genutzt, um eine Substanz, wie in dieser

Versuchsreihe atoh8-MO1 und atoh8-MO1mis, in einen lebenden

Organismus zu injizieren, ohne für die embryonale Entwicklung bedeutsame

Verletzungen und anatomische Fehlbildungen hervorzurufen. Nachdem eine

feine Kapillare mit der jeweils zur Testgruppe zugehörigen Substanz befüllt

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wurde, erfolgt unter mikroskopischer Sicht die manuelle Injektion des

Zebrabärblingembyros. Dabei wird zunächst die Eihülle, das Chorion,

durchstochen, anschließend wird die Kapillarspitze in den Dottersack

eingebracht und möglichst nah an den Zellpol herangeführt; dort erfolgt die

Injektion der Substanz, welche im Verlauf der weiteren Entwicklung in die

sich teilenden, embryonalen Zellen diffundiert (Yuan and Sun, 2009). Der

Embryo befindet sich zum Zeitpunkt der Injektion im Ein- bis Zwei-Zell-

Stadium, um eine Diffusion in nahezu alle embryonalen Zellen zu gewähren

und einen früh beginnenden Effekt über einen möglichst langen Zeitraum der

Embryonalentwicklung in Stadien der Determinierung zu erzielen. Würde die

Injektion zu späteren Zeitpunkten erfolgen, bestünde die Gefahr der

weitgehenden Ausdifferenzierung einiger embryonaler Zellen, auf die ein

Knockdown des untersuchten Transkriptionsfaktors dann möglicherweise

keinen Einfluss mehr haben würde.

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2. Zielsetzung

Viele Studien haben bereits gezeigt, dass der Transkriptionsfaktor atoh8

während der Embryonalentwicklung in diversen Organsystemen, darunter

auch in der Skelettmuskulatur und im Herzen, nachgewiesen werden kann

und die Entwicklung durch atoh8 beeinflusst wird, jedoch sind bislang nur

Teile der genauen Interaktionen verstanden.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Effekt dieses Transkriptionsfaktors auf

die Differenzierung der Skelettmuskulatur, mit den Teilstrukturen der

Skelettmuskulatur, die durch einen atoh8-Knockdown vermutlich betroffen

sind, und mit den Interaktionen der betroffenen Faktoren untereinander, die

zu den beobachtbaren muskulären Defekten nach Knockdown-Experimenten

führen können.

Darüber hinaus wird die Entwicklung des Herzens unter dem Einfluss eines

atoh8-Knockdowns beleuchtet. Neben der Analyse der erkennbaren Defekte

kardialer Strukturen während der Embryogenese werden zwei

unterschiedliche kardiale Funktionsbereiche (Kontraktilität und Rhythmik)

durch die Betrachtung jeweils spezifischer, analytischer Marker bezüglich

einer jeweils individuellen Beeinflussung untersucht. Dabei werden deren

Veränderungen gegenübergestellt und gewertet, Bezüge zu bereits

bekannten Auswirkungen hergestellt und Korrelationen zu klinisch relevanten

Erkrankungen erhoben.

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3. Material & Methoden

3.0 Materialien

Alle genutzten Chemikalien sind von analytischem Reinheitsgrad.

Tabelle 1. Chemikalien

Aceton J.T. Baker, Griesheim

Agarose Sigma Aldrich, Hannover

Anti-DIG AK/ Lamb Serum Invitrogen, Darmstadt

Anti-DIG AP, Fab-Fragments Roche, Mannheim

Atoh8-MO1 Gene-Tools LLC

Atoh8-MO1mis Gene-Tools LLC

Basisches Fuchsin Merck, Darmstadt

BCIP Roche, Mannheim

Blocking Reagent Roche, Mannheim

CaCl2 Riedel de Haen, Seelze

CHAPS Applichem, Darmstadt

Diethylpyrocarbonat Sigma Aldrich, Hannover

Durcupan ACM I & II Fluka, Hannover

EDTA Sigma Aldrich, Hannover

Ethanol Sigma Aldrich, Hannover

Formamide VWR Prolabo, Darmstadt

Glutaraldehyd Fluka, Hannover

Glycin Sigma Aldrich, Hannover

HCl Merck, Darmstadt

Heparin Roth, Karlsruhe

KCl Merck, Darmstadt

KH2PO4 Sigma Aldrich, Hannover

Maleinsäure Sigma Aldrich, Hannover

Methanol Sigma Aldrich, Hannover

Methylenblau Merck, Darmstadt

MgCl2 Merck, Darmstadt

MgSO4 Merck, Darmstadt

Na-Citrat Sigma Aldrich, Hannover

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28

Na2HPO4 Merck, Darmstadt

NaCl J.T.Baker, Griesheim

NaOH Riedel de Haen, Seelze

NBT Roche, Mannheim

Osmium Riedel de Haen, Seelze

Paraformaldehyd VWR Prolabo, Darmstadt

Phosphorwolframsäure Riedel de Haen, Seelze

Propylenoxid Fluka, Hannover

Proteinase K Roche, Mannheim

RNA (DIG labeling Mix) Roche, Mannheim

spezifische Sonden siehe 3.4.2

Sucrose J.T. Baker, Griesheim

Tissue Tek O. C. T. Compound Weckert, Kitzingen

Tris Base Roth, Karlsruhe

Tris HCl Roth, Karlsruhe

Triton-x-100 Sigma Aldrich, Hannover

TWEEN 20 Sigma Aldrich, Hannover

Uranylacetat Merck, Darmstadt

Aufgelistet sind Hilfsmittel, die von den in Laboratorien genutzten

Standardausrüstungen abweichen.

Tabelle 2. Geräte & Hilfsmittel

Ablaichgitter Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

Cryotom Leica CM3050S

Eppendorf-Aufsätze GELoader Tips

Fischanlage Stand-Alone Unit V30

& PP-Modul inkl. 500L

Tanksystem Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

Fischboxen Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

Fluoreszenmikroskop Leica M165FC

Glaskapillaren TW 100F-4, WPI

Lichtmikroskop Olympus SZX7 mit ACH 1X Obj,

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29

Lichtquelle Olympus KL1500 compact

Mikroinjektionspumpe PV820 Pneumatic Picopump, WPI

Mikroskop-Kamera Leica D420

Needle-Puller

Bachofer Laboratoriumsdiagnostik

Reutlingen

Objektträger (Cryo) Superfrost Plus Menzel-Gläser

Pasteurpipetten 3ml graduiert VWR International

Petrischalen 15mm Durchm. Becton Dickinson Labward

Ultracut mit Diamantmesser Reichert-Jung

Tabelle 3. Sonstige Verbrauchsmaterialien

Agar-Platten siehe 3.2.1

AquaCon Plus u.a. Regulatoren

der Wassergüte Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

Silver Star Artemia Brine Shrimp

Eggs Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

pyramidenförmiges Gefäß Eigenkonstrukt

Red Sea Coral Pro Salt Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

TetraMin Baby Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

TetraMin Pro Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

Wassergüte-Testset Aquarien-Bau Schwarz, Göttingen

3.1 Danio rerio Aquaristik

3.1.1 Tierhaltung

Der durchschnittliche Tierbestand lag bei etwa 20-25 Tieren/ 5 Liter Box und

einer Boxenanzahl von 15-20 Boxen. Die in dieser Arbeit eingesetzten

Zebrabärblinge (Danio rerio) entstammen einer Münsteraner Anzucht

(Wildtyp L87 AB, L89 AB, L52 AB2).

Die Boxen waren Teil einer Großanlage (s. Anhang A2), welche sowohl eine

kontinuierliche Wasserzirkulation als auch die Filterfunktion des Wassers

gewährleistet und darüber hinaus einen automatischen Austausch von bis zu

1/3 des Wasservolumens über 24h bei konstanten Wasserwerten ermöglicht,

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30

um das Zirkulationsvermögen aufrecht halten zu können (Aquarien-Bau

Schwarz aus Göttingen, Stand-Alone Unit V30 & PP-Modul mit 500 Liter

Tanksystem).

Um eine bestmögliche Imitation des natürlichen Lebensraumes des

Zebrafisches zu erreichen, wurde eine konstante Raumtemperatur von

28,5°C ermöglicht. Auch ein Tag-/Nachtrhythmus wurde durch eine

Zeitschaltuhr am Licht der Großanlage (Tagesbeginn 09:00 Uhr) künstlich

erzeugt, sodass ein 14 Stunden-Tag-/ 10 Stunden-Nacht-Zyklus vorlag

(Nüsslein-Volhard and Dahm, 2002; Westerfield, 1995).

Zudem erfolgte eine tägliche Kontrolle der optimalen Wasserwerte, ggf.

wurde durch Zusätze eine optimale Wasserqualität gewährleistet.

Tabelle 4. Wasserwerte

Die komplette Reinigung der Anlage erfolgte ein Mal wöchentlich. Die

Reinigung der Boxen erfolgte zwei bis drei Mal wöchentlich.

Futterüberstände wurden abgesaugt und die Filterfunktion der Großanlage

wurde kontrolliert. Geringe Verschmutzungen wie z.B. Futterablagerungen im

Strömungsgitter, wurden täglich nach der Fütterung mit einer Pipette

bereinigt.

Der Tierbestand wurde regelmäßig kontrolliert und die Tiere wurden täglich

auf äußerlich sichtbare Erkrankungen untersucht. Die Tierhaltung erfolgte

nach den Maßgaben der tierschutzgesetzlichen Richtlinien.

Gesamthärte 4-6°d

pH-Wert 6,8- 7,5

Karbonhärte 3°d

Phosphat <0,4mg/L

Ammoniak <0,2mg/L

Nitrit <0,2mg/L

Nitrat <50mg/L

Leitfähigkeit 180-350µS

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31

3.1.2 Fütterung

Die Fütterung der Fische erfolgte täglich morgens nach Anschalten des

Lichtes. Gefüttert wurde ein Trocken-Fischfutter (Tetra Pro).

Zwei bis drei Mal pro Woche haben die Fische als Zusatzfutter Artemien

(Silver Star Artemia Brine Shrimp Eggs) erhalten. Die Artemienanzucht

erfolgte in einer dazu angefertigten Vorrichtung. Ein kontinuierlich belüftetes,

pyramidenförmiges Gefäß wurde mit Wasser unter Zugabe von 30g/L Salz

(Red Sea Coral Pro Salt) befüllt. Hinzu gegeben wurden etwa 5 Löffel

Artemien-Eier. Der Vorteil des Gefäßes ist die Isolation der lebenden

Artemien, da nach etwa zwei Tagen ungeschlüpfte Eier zu Boden sinken und

über einen Hahn abgelassen werden können, die lebenden Artemien sich in

der Gefäßmitte aufhalten und die Eihüllen an der Oberfläche schwimmen. So

besteht die Möglichkeit der Fütterung von ausschließlich lebenden

Organismen, sodass keine salzigen Überstände in das Süßwassersystem

gelangen. Zu hohe Salzkonzentrationen wirken für D. rerio letal. Daher

wurden auch die zugefütterten Artemien vor der Fütterung mehrfach gespült.

Die Jungtiere erhielten spezielles Fischfutter (Tetra Min Baby).

3.1.3 Nach- & Aufzucht

Zur Erweiterung des Tierbestandes und um permanent Tiere im

fortpflanzungsfähigen bzw. brutfähigen Alter (im Alter von 7-18 Monaten) im

Bestand zu halten, erfolgte ebenfalls eigens die Nachzucht von Jungtieren

(Nüsslein-Volhard et al., 1995).

Tiere einer Box wurden vor Beginn des Tagesrhythmus am Morgen zur

Paarung in eine Ablaichbox gesetzt, in welcher sich ein engmaschiges Gitter

ca. 3 cm über dem Boden befand. Die Ablaichbox wurde zurück in die

Großanlage gestellt, sodass Anschluss an die Filterversorgung gewährleistet

war. Die etwa ein bis zwei Stunden nach Paarung abgelaichten Eier glitten

durch das Gitter auf den Boden, sodass diese von den Tieren nicht

gefressen werden konnten. Im Anschluss wurden die Tiere zurückgesetzt

und die Eier zur weiteren Nutzung abgeschöpft. Zur Nachzucht wurden

abgelaichte Fischeier zunächst für 5 Tage in eine mit E3-Medium (non

nominatur 2011) befüllte Schale gegeben. Täglich wurden abgestorbene

Embryonen ausgelesen (erkennbar an der Eintrübung). Anschließend

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32

wurden geschlüpfte Fische in eine Jungtierbox, außerhalb der Großanlage,

gesetzt. Durch die Zirkulationsströmung innerhalb der Anlage würden die

Embryonen andernfalls in das System gespült.

Nach etwa drei Wochen haben die Jungtiere die Größe erreicht um in eine

Box der Großanlage umgesetzt werden zu können. Nach dem 5. dpf (days

post fertilisation) wurde mit der Fütterung zwei Mal täglich begonnen. Ab dem

16. dpf wurden Artemien gefüttert und nach etwa einem Monat erhielten die

Jungtiere Trocken-Fischfutter. Die Tierhaltung und Tieraufzucht erfolgte nach

den Protokollen von Westerfield und Nüsslein-Volhard (Nüsslein-Volhard and

Dahm, 2002; Westerfield, 1995).

Die zur Mikroinjektion genutzten Fischeier wurden nach dem Abschöpfen

ebenfalls in E3-Medium gegeben.

Tabelle 5. E3-Medium

NaCl 5mM

KCl 0,17mM

CaCl2 0,33mM

MgSO4 0,33mM

Methylenblau 20µl von 0,03M/L

3.2 Mikroinjektion

3.2.1 Agarose-Gel Platten

Zur gezielten Mikroinjektion wurden Zebrafischeier auf einer konstruierten

Agarose-Gel Platte linear angeordnet (1,5% Agar gelöst in Aqua dest.).

Agarose-Gel wurde in eine flache Petri-Schale (100x15 mm) gegeben. Auf

das flüssige Gel wurde eine Plastikform mit feinen Lamellen gelegt, sodass

das Negativ der Lammelen in dem trocknenden Agarose-Gel abgebildet

wurde. In den so entstandenen Einkerbungen im Agarose-Gel konnten die

Zebrafisch-Eier fixiert angeordnet werden (siehe Abbildung 3).

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33

Abbildung 3. Agarose-Gel Platte.

Embryonen werden zur Vorbereitung der Mikroinjektion auf der Agarose-Gel Platte

ausgerichtet.

3.2.2 Injektionsnadeln

Die Injektionsnadeln (WPI TW100F-4 Glaskapillaren aus Sodaglas, 100mm

Länge, äußerer Durchmesser 1,0mm) wurden mit einem Needle-Puller

(Bachofer Laboratoriumsdiagnostik Reutlingen) gezogen, sodass der

Durchmesser an der Nadelspitze bei etwa 0,15mm lag und entstehende

Injektionstropfen bei gegebenem Druck einen Durchmesser von etwa 0,14 -

0,16mm aufwiesen (Yuan and Sun, 2009).

3.2.3 Morpholino

Die zur Mikroinjektion an den Zebrafischen genutzten Translations-

blockierenden antisense Morpholino Oligonukleotide (Atoh8-MO1, 5`-

TGTTTAGATGTGGGTTCTTCATTTG-3`) und nicht blockierenden mismatch

Morpholino Oligonukleotide (Atoh8-MO1mis, 5`-

TGATTACATGTGGCTTCTTGATATC-3`) wurden von Gene-Tools LLC

designed und synthetisiert. Die mismatch Morpholino Oligonukleotide wurden

zur Kontrollinjektion genutzt. Sie sind unspezifisch, binden keine mRNA und

sind daher im Versuch funktionslos. Sowohl Morpholino als auch mismatch

Morpholino sind mit 3`Carboxyfluoreszin markiert. Die Injektion erfolgte in

unverdünnter Lösung mit 8,33ng/nl. Die Lagerung der Morpholinos erfolgte

abgedunkelt bei Raumtemperatur.

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34

3.2.4 Etablierung der Anlage/ Setting

Die Injektionsnadel wurde mit einer Eppendorf Pipette mit etwa 1 µl

Injektionslösung befüllt. Unter mikroskopischer Sicht wurden bis zu 1,5mm

der Nadelspitze mit einem Skalpell abgetrennt um die Durchlässigkeit der

Nadel zu gewährleisten. Die Kapillare wurde an einen dünnen

Gummischlauch angeschlossen, sodass die zuvor eingefüllte Lösung durch

Luftzufuhr bis an die Nadelspitze gebracht werden konnte. Anschließend

erfolgte die Befestigung der Nadel an dem Teflon Tubing Aufsatz des

Injektorschlauches der Injektionspumpe. Durch das Setting konnten

Injektionstropfen von annähernd 2nl erzeugt werden, sodass etwa 16ng

Substanz injiziert wurden.

Tabelle 6. Injektionsparameter

Injektionspumpe PV 820 Pneumatic Picopump WPI

Zeitintervall/Injektion 120ms

Haltedruck „Vent“, ohne Vakuumbetrieb

Injektionsdruck „Vent“, Justierung 8psi

Injektionsvolumen 1/5 eines Zellvolumens (~2nL)

3.2.5 Mikroinjektionsvorgang

Es erfolgte die Ausrichtung der vorbereiteten Agarose-Gel Platten. Mit einer

Pasteur-Pipette wurden Zebrafischeier im Ein- bis Zwei-Zell-Stadium (Alter

<30 Minuten) aus dem E3-Medium aufgenommen und auf die Agarose-Gel

Platte aufgetragen, sodass eine Anordnung der Eier entlang der

Einkerbungen vorlag (s. Abb. 3). Unter mikroskopischer Sicht (Olympus

SZX7 Mikroskop mit KL1500compact Lichtquelle) erfolgte die manuelle

Injektion der Eier etwa im 45° Winkel durch das Chorion in den Dottersack

(Mullins, 2010). Dabei sollte die Injektionslösung möglichst nah an den

animalen Zellpol gebracht werden, um eine erleichterte Diffusion in die Zellen

zu gewährleisten (s. Anhang A3). Durch eine Ausrichtung des Zellpols nach

unten ist dabei der Vorstoß der Injektionsnadel bei kontralateralem Einstich

durch den Dottersack am besten kontrollierbar.

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35

3.2.6 Nachbehandlung

Nach erfolgter Injektion wurden die injizierten Eier mit E3-Medium von der

Agarose-Gel Platte in jeweils beschriftete Petrischalen gespült und unter der

gegebenen Raumtemperatur von 28,5°C inkubiert. Etwa 5 Stunden nach

Injektion fand eine erste Selektion der abgestorbenen Embryonen statt um

eine bakterielle Kontamination und lebensbedrohliche Nitritgehalte durch

Zersetzungsprozesse möglichst zu vermeiden. Je nach gefordertem

Entwicklungsstand wurden die zur in-situ-Hybridisierung bestimmten

Zebrafischembryonen anschließend zur Fixation in 4% PFA in PBS gegeben.

Zur Schnittbildanfertigung wurden Embryonen direkt in 2,5% Glutaraldehyd

fixiert.

Tabelle 7. 4% PFA in PBS

Paraformaldehyd Pulver 40g

PBS 1000ml

1N NaOH Titration zur klaren Lösung

Gelöstes HCl pH-Wert Feineinstellung auf ~7,1

Tabelle 8. PBS (20x)

H2O, Diethylpyrocarbonat beh. 1000ml

NaCl 160g

KCl 4g

Na2HPO4 28,8g

KH2PO4 4,8g

pH 7,4 mit 1n NaOH & 1n HCl titriert

3.3 Dechorionation

Nach den Protokollen von Chen und Westerfield (Westerfield, 1995; J. Chen,

2011) dient die Dechorionation der Embryonen als wichtige Vorbereitung für

nachfolgende Behandlungen wie die in-situ-Hybridisierung. Frühestens 24

Stunden nach Fixation erfolgte die Entnahme der Embryonen aus der 4%

PFA in PBS-Lösung. Unter mikroskopischer Sicht wurde das Chorion der

Embryonen mit zwei anatomischen Pinzetten vorsichtig abgetragen.

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36

Anschließend wurden die dechorionisierten Embryonen zur Lagerung in eine

aufsteigende Methanolreihe überführt und schließlich in 100% Methanol bei

-20°C bis zur weiteren Nutzung gelagert.

3.4 In-situ-Hybridisierung

3.4.1 Primer-Design

Zur Analyse anatomisch-morphologischer Einflüsse der Morpholinoinjektion

auf die Entwicklung von Skelett- & Herzmuskel wurde das

Expressionsmuster verschiedener für bestimmte Proteine kodierende mRNA

Sequenzen untersucht. Für diese Untersuchung mittels in-situ-Hybridisierung

wurden spezifische mRNA Markersonden benötigt, die mit Hilfe

entsprechender Primer synthetisiert wurden.

Atoh8 (Yao et al., 2010) Sonden wurden hybridisiert, um durch die in-situ-

Hybridisierung den Nachweis zu erbringen, dass atoh8 in den untersuchten

Geweben exprimiert wird und die Expression durch den MO1- Morpholino

inhibiert wurde.

Zur Analyse der Skelettmuskulatur wurden für myod (Weinberg et al., 1996),

und für pax3a, zuerst beschrieben von Seo et al. 1998, Primer erzeugt.

Zur Analyse der Herzmuskulatur wurden für vmhc (Yelon et al., 1999) und

ncx-1 (Langenbacher et al., 2005) Primer zur Sondenherstellung erzeugt.

Das Design der genannten Primer, außer myod, erfolgte mittels Primer Blast

(http://www.ncbi.nlm.nih.gov/tools/primer-blast/) durch Dr. V. Chankiewitz.

Die Synthese der kreierten Primer erfolgte durch die Firma Eurofins

MWG/Operon (http://www.eurofinsdna.com/de/home.html).

Die lineare myoD-DNA stammt aus dem Bestand von Dr. M.

Hammerschmidt, MPI für Immunbiologie, Freiburg nach den Vorgaben von

Weinberg et al. 1996.

Tabelle 9. Primersequenzen

FW 5´- GAAACGGAAAGCACGAGAGC-3´ atoh8

RW 5´- GACAGTCTTTTCGGAGACGGA-3´

FW 5´- GCTCGAGCAA(A/G)GTIAA(T/C)GA(G/A)GCITT(T/C)GA-3´ myod*

RW 5´-TGGAAGCTTTCIAT(A/G)TAICG(T/G/A)ATIGC(G/A)TT-3́

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37

FW 5´-AGCGACGGTTTGACTTCTGA-3´ pax3a

RW 5´-ACGTCAGGAGTTGTGCTCTG3´

FW 5´- CTGCCTCCGCACTTGGTGCA-3´ vmhc

RW 5´- ACCTTCACGACTGACGATTGAAGC-3 ́

FW 5´- AGCTCACGCCAGTCATTGCAGG-3´ ncx-1

RW 5´- CCGCAGGTGCTTGACCTTCCG-3´

*die myod-Sequenz stammt von Weinberg et al. 1996, erhalten von Dr. M. Hammerschmidt

3.4.2 Sondenherstellung

Die Herstellung der zur in-situ-Hybridisierung genutzten Sonden erfolgte

durch Dr. V. Chankiewitz mittels der oben genannten Primersequenzen. Es

wurden die Primersequenzen in der Polymerase-Kettenreaktion zur

Amplifizierung entsprechender DNA-Fragmente eingesetzt, welche nach

Aufreinigung über pDrive Vektoren in E. coli Zellen eingebracht und kloniert

wurden. Mittels Sequenzierung wurden die klonierten Produkte überprüft. Die

durch die anschließende Isolierung, Aufreinigung und Lineralisation mittels

der Restriktionsendonukleasen BamH1 oder Sal1 entstandenen DNA-

Abschnitte konnten zur in-vitro-Transkription der mRNA Sonden genutzt

werden. Die entstandenen mRNA Sonden sind zur späteren Detektion in der

in-situ-Hybridisierung an den Uracilbasen Digoxigenin-markiert.

3.4.3 Ablauf der in-situ-Hybridisierung

Die einzelnen Testgruppen bestanden jeweils aus Morpholinoinjektion,

Kontrollinjektion und nicht injizierten Embryonen, welche in separaten

Kammern hybridisiert wurden. Eine in-situ-Platte beinhaltet 24

Einzelkammern. Die Experimente wurden mit atoh8, myod, pax3a, vmhc und

ncx-1 Sonden separat durchgeführt. Zusätzlich wurden Experimente mit

Einsatz von zwei Sonden simultan (myod und vmhc) durchgeführt. Der

Ablauf des Experiments richtet sich nach einer Modifizierung des Protokolls

von Westerfield (Westerfield, 1995) und wurde mit freundlicher Unterstützung

von S. Wulf durchgeführt.

Wie zuvor beschrieben liegen die dechorionierten Embryonen in dehydrierter

Form bei -20°C vor. Somit stellt die Rehydrierung zu je 10 Minuten in 50%

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38

und 30% Methanol in PBST sowie in reinem PBST einen wichtigen Schritt

vor Start des Experimentes dar.

Daran anschließend wurden die Embryonen für 20 Minuten erneut in

4%PFA/PBS nachfixiert und für drei mal 15 Minuten in PBST gewaschen. Es

folgte die Inkubation mit Proteinase K Verdau (10µg/ml in PBST) für 5-12

Minuten bei Raumtemperatur. Gestoppt wurde die Reaktion in 0,2% Glycin in

PBS für 1 Minute bei Raumtemperatur. Für weitere 20 Minuten erfolgte die

Nachfixation in 4%PFA/PBS und erneutes Waschen für 15 Minuten in PBST.

Der nachfolgende Schritt beinhaltet die Prähybridisierung mittels

Hybridisierungslösung nach Patel für 1-2 Stunden bei 60°C. Danach wurde

die Lösung gewechselt und die Embryonen über Nacht bei 60°C inkubiert.

Am Folgetag wurden die jeweils entsprechenden mRNA Sonden in die

Lösung zu den Embryonen gegeben und erneut bei 60°C für 24 Stunden

belassen, sodass eine Bindung der komplementären, im Embryo

exprimierten mRNA erfolgen kann.

Am 3. Tag wurden die Embryonen zunächst mit 50% Formamide in 2X SSC

und 0,1% Tween 20 für zwei Mal 20 Minuten bei 60°C gewaschen. Im

Folgenden wurden die Waschvorgänge ohne Formamide in ähnlicher Lösung

bei absteigender SSC-Konzentration (2X SSC, dann 0,2 X SSC) je zwei Mal

20 Minuten unter gleichen Bedingungen wiederholt. Mittels Blockinglösung

(Rezept Intavis) wurden weitere Reaktionen verhindert. Zur Blockinglösung

wurde eine Anti-Digoxigenin-Antikörperlösung 1:5000 gegeben und bei 4°C

über Nacht inkubiert.

Am folgenden Tag wurden die Antikörper beladenen Embryonen für vier Mal

25 Minuten in KTBT Puffer gegeben und anschließend im alkalische

Phophatase Puffer (NTMT) drei Mal 15 Minuten gewaschen, um nicht

gebundene Antikörper auszuwaschen.

Die Anfärbung der mit alkalischer Phosphatase beladenen Antikörper,

welche die mRNA Hybride spezifisch am Digoxigenin gebunden haben,

erfolgte mittels NBT/BCIP-Lösung. Die Fixierung der Embryonen in den

Platten erfolgte durch Waschen in KTBT-Puffer für zwei Mal 10 Minuten, ein

Mal für 10 Minuten Waschen in PBS und anschließender Überführung in

4%PFA/PBS.

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39

Abbildung 4 . Prinzip der in-situ-Hybridisierung.

Anti-DIG-AK lagern sich an die mit Digoxigenin beladenen Uracil-Basen der mRNA-Sonden

an. Da die AKs mit alkalischer Phosphatase beladen sind, wird durch Zugabe von

NBT/BCIP-Lösung eine Farbreaktion an den Stellen ausgelöst, an den die Sonden

gebunden haben. Überschüssige mRNA wurde bereits ausgewaschen.

Tabelle 10. PBST (20X)

20X PBS 1000ml

0,1% Triton-x-100 10ml

Tabelle 11. DEPC-Wasser

0,1% DEPC 1ml/1000ml dest. Wasser

Sterilisierung durch Autoklavieren

Tabelle 12. Proteinase K Verdau

DEPC-Wasser 25ml

Proteinase K 12,5µl

Tabelle 13. Hybridisierungslösung nach Patel (1000ml)

Blocking Reagent 20g

Formamide 500ml

20X SSC 250ml

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40

CHAPS 5g

10 % Triton-x-100 10ml

EDTA (0,5M, pH 8,0) 10ml

DEPC-Wasser Auffüllen auf 1000ml

2h Inkubation mit Rührfisch Wasserbad bei 65°C

Heparin 600µl

RNA (1mg/ml) 1g

Tabelle 14. 20X SSC (1000ml)

NaCl 175,3g

Na-Citrat 88,2g

H2O 800ml

10N NaOH oder HCl Titration auf pH 7,0

H2O Auffüllen auf 1000ml

DEPC 1:1000

Tabelle 15. CHAPS

10g CHAPS Zu 10% in H2O lösen

Tabelle 16. 2X SSC (50ml)

20X SSC Lösung 5ml

DEPC-Wasser 45ml

Tabelle 17. 0,2X SSC mit CHAPS (1:50)

20X SSC Lösung 1ml

DEPC-Wasser 97ml

CHAPS Lösung (10%) 2ml

Tabelle 18. Blockinglösung

Blocking Reagent in Maleinsäure-

Puffer

Endkonzentration 10%

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41

Tabelle 19. Maleinsäure-Puffer

Maleinsäure 100mM

NaCl 150mM

NaOH pH 7,5 titriert

Tabelle 20. Anti-DIG-AK-Lösung

Anti-DIG Antikörper 25µl

KTBT 45ml

Tabelle 21. 10X KTBT-Puffer (1000ml)

Dest. Wasser 740ml

NaCl 88g

KCl 1,5g

TWEEN 20 10ml

Tris (pH 7,4) 250ml

Tabelle 22. Tris-Lösung 1M, pH 7,4

Tris Base 121,1g

Konz. HCl 70ml

DEPC-Wasser 800ml

Tabelle 23. Tris-Lösung 1M, pH 9,5

Tris Base 237,5g

Tris HCl 12,5g

DEPC-Wasser 250ml

Tabelle 24. alkalische Phosphatase Puffer (NTMT) 100ml

NaCl (5M) 2ml

MgCl2 (1M) 5ml

Tris (1M), pH 9,5 10ml

10% Triton-x-100 1ml

Aqua dest. Auffüllen auf 100ml

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Tabelle 25. Färbelösung (NBT/BCIP)

NBT 180µl

BCIP 140µl

NTMT-AP-Puffer 40ml

3.5 Herstellung von Schnittpräparaten

3.5.1 Semi- & Ultradünnschnittpräparate

Die für die Herstellung von Schnittpräparaten genutzten Embryonen wurden

nach der vorgesehenen Inkubationszeit in 2,5% Glutaraldehydlösung fixiert.

Mit Unterstützung von Frau U. Ritenberg wurden zur Herstellung

schnittfähiger Blöcke die fixierten Embryonen nach etwa 24 Stunden

zunächst etwa 2Stunden in PBS gewaschen, anschließend für weitere 1,5h

in 1% Osmiumlösung in PBS gegeben und erneut 2 Stunden in PBS

gewaschen. Zur Entwässerung wurden die Embryonen in eine aufsteigende

Acetonreihe (30%, 50%, 70%, je 30 Minuten) überführt. Bei 4°C wurden die

Embryonen zur Stückkontrastierung in mit 1% Uranylacetat und 1%

Phosphorwolframsäure versetzte 70% Acetonlösung inkubiert. Daran

anschließend erfolgte die Überführung in die aufsteigende Acetonreihe (je 2

x 20 Minuten in 80%, 90%, 95% und abs. Aceton). Bei 4°C wurden die

Embryonen für 1h in Propylenoxid gegeben und im Anschluss für je 1h bei

4°C in Propylenoxid-Durcupan in den Verhältnissen 3:1, 1:1 und zuletzt 1:3

(über Nacht) überführt. Am Folgetag erfolgte die Inkubation mit Durcupan

ACM I für 24 Stunden bei 40°C, anschließend die Überführung in Durcupan

ACM II für 1 Stunde bei 40°C und zuletzt die Einbettung bei 70°C für 3-4

Tage.

Tabelle 26. Durcupan Microscopy Sciences“ACM von „Electron

DURCUPAN ACM I DURCUPAN ACM II

10ml Epoxy resin 10ml Epoxy resin

10ml 964 Aushärter 10ml 964 Aushärter

0,2ml Dibutylphthalat 0,4ml 964 Beschleuniger

/ 0,2ml Dibutylphthalat

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43

Die erzeugten Blöcke wurden mittels eines Ultra-Diamantmessers des

Ultracut (Reichert-Jung) geschnitten. Dazu wurden etwa 14µm dicke Schnitte

erzeugt, welche über ein Wasserbad auf einen Objektträger aufgetragen

wurden.

Die auf diese Weise hergestellten Dünnschnittpräparate wurden in einer

Methylenblau-Färbelösung für einige Minuten inkubiert.

Tabelle 27. Methylenblau-Färbelösung

Methylenblau 0,13% wässrg. Lsg. 12ml

Basisches Fuchsin 0,13% wässrg. Lsg. 12ml

Ethanol 95% 15ml

PBS 21ml

3.5.2 Kryoschnittpräparate

Zur Anfertigung von Kryoschnittpräparaten aus PFA-fixierten Embryonen

nach in-situ-Hybridisierung eignet sich insbesondere die Methode des

Sucrose geschützten Einfrierens von Gewebe. Diese Methode wurde zu

weiterführenden und bestätigenden Untersuchungen von Maximilian Breuer

durchgeführt (s. Abb. 12).

Dazu wurden die zuvor mindestens 12 Stunden in 4%PFA befindlichen

Embryonen für 10 Minuten in 15% Sucrose in PBS, anschließend in 30%

Sucrose in PBS überführt, bis sie im Medium sanken. Anschließend wurden

die Embryonen in Cryo-Medium (Tissue-Tek) eingebettet, dazu dienten

geformte Würfel aus Aluminiumfolie, und mittels Stickstoff gefroren. Bei etwa

-23°C wurden die gefrorenen Würfel mit einem Cryotom (Leica CM3050S) in

etwa 10µm dünne Slides geschnitten. Die Dünnschnittpräparate wurden mit

speziell beschichteten Objektträgern (Superfrost Plus Menzel-Gläser)

aufgenommen.

3.6 Mikroskopie

Die Präparate der in-situ-Hybridisierung wurden mit einem

Fluoreszenzmikroskop (Leica M165FC) untersucht, analysiert und nach den

Vorgaben von Devoto et al. und Kimmel et al. ausgewertet. Dazu wurden die

Embryonen auf Agarose-Gel Platten ausgerichtet. Für sagittale Aufnahmen

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44

wurden in die Gel-Platten Kerben geschnitten, sodass die Embryonen in den

Einkerbungen ausgerichtet werden konnten. Bilder wurden mit einer Leica

D420 Kamera und der zugehörigen Leica Software aufgenommen. Zur

Anfertigung von Fluoreszenzaufnahmen wurde ein einschiebbarer GFP-Filter

genutzt. Von Schnittpräparaten wurden lichtmikroskopische Aufnahmen mit

entsprechender Software erzeugt.

3.7 Auswertung

Nach Auszählung aller Embryonen der drei verschiedenen Testgruppen

bezüglich der jeweils untersuchten Merkmalsausprägungen erfolgte eine

prozentuale Angabe in Diagrammendarstellung. Zur statistischen

Auswertung wurden jeweils spezifische Vierfeldertafeln angelegt (s. Anhang

A4) und zunächst zur Klärung von signifikanten Abhängigkeiten der

beobachteten Ergebnisse Chi-Quadrat-Testungen durchgeführt. Um eine

Darstellung von Chancenverteilungen bei nachgewiesen signifikanten

Ergebnissen zu erhalten, wurden Odds Ratio-Berechnungen mit

entsprechenden 95%-Konfidenzintervallen (KI) für errechnete Chancen

durchgeführt.

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45

4. Ergebnisse

4.1 Atoh8-Expression in Herz- & Skelettmuskulatur

Diverse Untersuchungen haben sich bereits mit dem Expressionsmuster des

atoh8-Gens beschäftigt und gezeigt, dass neben einer Vielzahl innerer

Organe eine Expression in den Somitenanlagen stattfindet. Auch in der

Herzanlage wurde eine atoh8-Expression beobachtet. Zu Beginn dieser

Versuchsreihe wurde jedoch zunächst eine bestätigende atoh8-in-situ-

Hybridisierung an 24 hpf Zebrabärblingembryonen durchgeführt, um den

erneuten Nachweis einer Genexpression sowohl in den Somiten, der Anlage

der sich differenzierenden Skelettmuskulatur, als auch in der

Herzmuskelanlage zu erbringen (Abb. 5).

Abbildung 5. In-situ-Hybridisierung mit atoh8-Sonde

In-situ-Hybridisierung mit atoh8-Marker an 24 hpf, 4% PFA fixiertem Zebrafisch-Embryo.

Deutliche Anfärbung der durch vertikale Septierung klar voneinander abgrenzbaren Somiten

mit Unterscheidung einzelner Muskelmassenanteile (schwarzer Pfeil). Anfärbung der

Herzanlage als länglich-ovale Struktur im oberen Rumpfbereich (roter Pfeil).

Deutlich erkennbar ist die Anfärbung der atoh8-mRNA-Hybride in klar

kompartimentierten Somiten bis in die Schwanzspitze, epaxiale und

hypaxiale Muskelmassen bilden dabei eine v-förmige Ausprägung. Einzelne

Somitenpaare sind eindeutig voneinander abgrenzbar.

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46

Eine dunkel gefärbte, länglich bis ovale Struktur im oberen Rumpfbereich,

dem Dottersack aufliegend, weist die atoh8-Expression in der kardialen

Anlage nach.

Darüber hinaus ist ein schwaches Muster sowohl in neuralen Strukturen,

dorsal der Augenanlage entlang des proximalen Rumpfes in den

Rhombomeren und dem Diencephalon, als auch in der embryonalen

Augenanlage nachweisbar.

Ein Nachweis der Genexpression in den verschiedensten Geweben lässt

vermuten, dass atoh8 eine wichtige Aufgabe in der Entwicklung zuteil wird.

4.2 Morpholino-Mikroinjektion

Zur Analyse der Funktionalität und Einflüsse des atoh8-Gens wurden

Knockdown-Experimente durch Morpholino-Mikroinjektionen in

Zebrafischembryonen durchgeführt. Da die Morpholinos mit dem

Fluoreszenzfarbstoff (grün fluoreszierendes Protein) GFP markiert sind, kann

zunächst eine erfolgreich platzierte Mikroinjektion überprüft werden. Darüber

hinaus wird die Diffusion und Verteilung der Substanz innerhalb des Embryos

verfolgt. Abbildung 6 veranschaulicht den Unterschied von nicht injizierten

Embryonen im Vergleich zu injizierten Embryonen. Neben der starken

Fluoreszenz des Dottersacks, in welchen die Substanz zu Beginn

eingebracht wird, ist eine deutliche Fluoreszenzzunahme im Gegensatz zum

nicht injizierten Embryo im gesamten Körper bis in die kaudalen

Körperregionen erkennbar (vgl. Abb. 6B). Etwa 48 hpf, folglich etwa 48

Stunden nach Injektion, verblasst die Fluoreszenz im Körper im Rahmen der

Verdünnungsprozesse durch die Größenzunahme des Körpers (vgl. Abb.

6C), wobei für alle Versuche ein fest definiertes Injektionsvolumen von ~2nl

genutzt wurde. Durch die Verdünnungsprozesse wird der nachlassende

Knockout-Effekt nach einer gewissen Zeit erklärt.

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Abbildung 6. Fluoreszenz der Morpholino-Injektion

A) Zebrafischembryo, 20 hpf, Morpholinoinjektion. Die Substanz wurde in den

Dottersack injiziert und ist in den Zellpol diffundiert. Durch Zellteilungen und

Größenzunahme im Rahmen der Entwicklung hat sich die Substanz im gesamten

Organismus verteilt, sichtbar durch die deutliche Fluoreszenz.

B) Zebrafischembryo, 48 hpf, Kontrollsubstanzinjektion. Eine umschriebene

Fluoreszenzzunahme ist wolkenförmig im Dottersack erkennbar. Die Fluoreszenz

des Körpers verringert sich, ist jedoch noch sichtbar.

C) Zebrafischembryo, 48 hpf, nicht injiziert. Der Dottersack weist keine umschriebene

Fluoreszenzzunahme auf, sondern eine leichte Eigenfluoreszenz. Im Körper des

Fisches sind keine Fluoreszenzanreicherungen erkennbar.

4.2.1 Morphologisch-anatomische Unterschiede

In der Embryogenese des Zebrabärblings findet neben einer Vielzahl von

Entwicklungen auch die Elongation des Rumpfes und Ausprägung des

Schwanzbereiches statt. Während sich der sich verlängernde Rumpfbereich

des Fisches in den ersten 24 Stunden leicht wölbt, findet in folgenden

Stadien mit der Entwicklung des muskulären Systems eine Begradigung der

kaudalen Körperabschnitte statt (vgl. Abb. 6B). Darüber hinaus verjüngt sich

der Schwanzbereich nach distal, der Rumpfbereich erscheint schlank und

ausdifferenziert mit erkennbarer Mittellinie.

Analog zur physiologischen Embryogenese weisen Morphanten in hohem

Maße Anomalien in der muskulären Entwicklung auf. Der Schwanz scheint

sich mit zunehmender Elongation deutlich abzuknicken (vgl. Abb. 6A) und

erhält eine Asymmetrie, da die schlanke Stromlinienform fehlt. Proximale

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Rumpfanteile, die zunächst dem noch großen Dottersack anliegen, weisen

eine dauerhaft gekrümmte Form auf (vgl. Abb. 8). Bei Betrachtung der

embryonalen Körperbewegungen noch in der Eihülle fällt sowohl eine

Verlangsamung als auch eine Verminderung der Bewegung auf, während

sich die nicht injizierten Embryonen deutlich in der Eihülle winden.

Zur Analyse der verschiedenen Marker wurden Embryonen in den

nachfolgenden Experimenten in verschiedenen Stadien analysiert. Da bei

Morphanten ab etwa 40 hpf Sterberaten von mehr als 70% (bei Injektion der

Kontrollsubstanz lag die Sterberate bei ca. 20%) nachweisbar waren, wurden

in den Fällen keine statistischen Auswertungen vorgenommen, da durch die

Selektion überlebender, „gesunder“ Embryonen, bei denen beispielsweise

die Injektion nicht erfolgreich war, eine Ergebnisverzerrung zustande käme.

Die hohe Sterberate der Morphanten verdeutlicht jedoch den großen Einfluss

des atoh8-Gens auf die embryonale Entwicklung, da ein Knockdown in einer

Vielzahl der Fälle zu mit dem Leben nur schwer vereinbaren Anomalien führt.

4.3 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung

Nachdem der Nachweis einer atoh8-Genexpression in den Somiten während

der Embryogenese erbracht wurde, erfolgten zuvor beschriebene

Morpholino-Knockout-Experimente. Dabei zeigten sich, wie beschrieben,

deutliche muskuläre Anomalien, sodass eine eingehende Untersuchung und

Analyse einzelner beteiligter Strukturen angezeigt war. Mittels in-situ-

Hybridisierung wurde anschließend anhand spezifischer Marker die

Myogenese der Skelettmuskulatur verfolgt, analysiert und mit nicht injizierten

Embryonen sowie mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen vergleichen.

4.3.1 In-situ-Hybridisierung mit pax3a-Marker

Der Transkriptionsfaktor pax3a zählt zu den wichtigsten Markerproteinen der

frühen Myogenese, da nahezu alle myogenen Vorläuferzellen vor Eintritt in

die myogene Differenzierung pax3a exprimieren. Darüber hinaus ist pax3a

wesentlich an der Induktion der Myogenese beteiligt (s. Kapitel 1.3.1).

Zur Analyse des Expressionsmusters wurden 12 hpf Zebrafischembryonen

mittels in-situ-Hybridisierung untersucht. Es zeigte sich eine deutliche, jedoch

unspezifische, wolkenförmige Anfärbung im Bereich des

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Zentralnervensystems und der sich zuerst abgrenzenden Somiten im

proximalen Rumpf (s. Abb. 7a). Der Mangel an pax3a- Nachweisbarkeit

ergibt sich aus der in diesem embryonalen Stadium erst folgenden Anlage

von Somiten. Nach Somitenreifung, etwa 26 hpf, wiesen die Embryonen

neben einer ausgeprägten Genexpression der Hirnanlagen lediglich eine

minimale pax3a-Expression im Bereich der Myotome auf (s. Abb. 7B). Eine

kontinuierliche Verminderung der pax3a-Genexpression während der

Myogenese, wie von Yusuf und Kollegen beschrieben, ist daher in dieser

Versuchsreihe bestätigend anzunehmen (Yusuf and Brand-Saberi, 2006).

Die Untersuchung erfolgte in jeder Gruppe mit mehr als 60 Embryonen.

Analysen von Morphanten, sowie von Kontrollsubstanzinjektionen ergaben

dabei jedoch keine eindeutigen Unterschiede, die eine Abgrenzung zu den

nicht injizierten Embryonen zuließen, da sich in den sehr frühen Stadien (12

hpf) die beschriebene wolkenförmige Anfärbung in den meisten untersuchten

Embryonen gleichermaßen zeigte. Aufgrund der in späteren Stadien nach

Eintritt in die Myogenese nahezu fehlenden pax3a- Expression ist eine

Aussage über 26 hpf-Stadien bezogen auf das pax3a-Expressionsmuster

nicht möglich. Morphologische Unterschiede zwischen den Morphanten und

beiden Kontrollgruppen sind im 12 hpf-Stadium aufgrund der noch

unzureichenden Abgrenzung der einzelnen Körperstrukturen nur schwer

erkennbar, im 26 hpf-Stadium jedoch zeigen sich die typischen, bereits

beschriebenen Veränderungen der Körperform bei den Morphanten, auf die

in den folgenden Versuchen näher eingegangen wird.

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Abbildung 7. Pax3a-in-situ-Hybridisierung.

A) Nicht injizierter Zebrafischembryo, 12 hpf. Eine wolkenförmige Anfärbung wird im

distalen Kopfbereich (der blaue Pfeil markiert die Kopfanlage) deutlich und erstreckt

sich bis in den proximalen Rumpf (roter Pfeil), einzelne Strukturen sind noch nicht

voneinander abgrenzbar.

B) Nicht injizierter Zebrafischembryo, 26 hpf. Einzelne Strukturen sind abgrenzbar.

Deutliche Anfärbung der encephalen Anlagen (roter Pfeil), die Somiten sind nur sehr

schwach angefärbt (blauer Pfeil), da die pax3a-Expression im Rahmen der

Myogenese deutlich abnimmt.

4.3.2 In-situ-Hybridisierung mit myod-Marker

Der bHLH Transkriptionsfaktor myod zählt als einer der muskulären

Regulationsfaktoren zu einem wichtigen Marker der Myogenese, da er unter

anderem wesentlich an der Differenzierung von Fibro- zu Myoblasten

beteiligt ist (Tapscott, 2005). Wie bereits beschrieben folgt das Maximum der

Expression der muskulären Regulationsfaktoren dem der pax3a

Genexpression zeitlich versetzt, sodass myod Marker genutzt werden

können, wenn eine pax3a Expression bereits nicht mehr nachweisbar ist.

Myod wird in dieser Versuchsreihe als Markergen genutzt, um die

Myogenese der Zebrafischembryonen insbesondere in 24 hpf Stadien zu

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untersuchen. Darüber hinaus wird deutlich, dass eine myod Genexpression

spätestens 48 hpf nicht mehr nachweisbar ist.

An den drei Testgruppen (nicht injiziert, Morpholinoinjektion &

Kontrollinjektion, jeweils in 24 hpf-Stadien) wurden die myod-in-situ-

Hybridisierungen durchgeführt.

Es zeigten sich deutliche Anfärbungen der Somiten/ Myotome entlang des

Rumpfes. Morphologisch ließen sich dabei die nicht injizierten Embryonen

von den mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen nicht unterscheiden. In

beiden Gruppen weist der Körper einen gestreckten Rumpf bis in den

Schwanzbereich ohne starke Krümmung auf, die Somiten sind bis in die

distalen Schwanzbereiche klar differenziert und deutlich durch Septierungen

voneinander abgrenzbar. Auffällig ist die bereits beschriebene chevron-artige

Ausprägung der Somiten mit Aufteilung in einzelne Muskelmassen (s. Abb.

8A/B). Eindeutig davon abgrenzbar ist die Morphologie der Morphanten. In

der Übersicht fällt die deutliche Anomalie des Schwanzes auf, da eine

extreme Bildung von Krümmungen stattfindet. Es besteht ebenfalls eine

deutliche Anfärbung myogener Zellen, die Anfärbung ist jedoch ungeordnet.

Einzelne Strukturen lassen sich nicht voneinander abgrenzen, Septierungen

innerhalb der Somiten in Form eines horizontalen Myoseptums zeigen sich

nicht, sodass eine Abgrenzung epaxialer und hypaxialer Muskelmassen nicht

möglich erscheint. Ein Nachweis der typischen v-Form der Somiten (Devoto

et al., 1996; van Eeden et al., 1996) ist demnach nicht möglich, sodass sich

ein undifferenziertes, wolkenartiges Zellmuster ergibt. Zudem ist (im

Vergleich zu Abb. 8A/B) eine undifferenzierte Anfärbung von Zellen

bandförmig im Verlauf des physiologisch nachweisbaren Septums

nachweisbar (s. Abb. 8C/D).

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Abbildung 8. Myod-in-situ-Hybridisierung.

A) Nicht injizierter Zebrafischembryo, 24 hpf. Elongierter Körperbau, chevron-

artige Anordnung kompartimentierter Somiten. Klare Struktur durch Septierungen

zwischen einzelnen Somiten und horizontale Septierung (gelber Pfeil)

B) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf. Keine morphologischen

Unterschiede im Vergleich zu nicht injizierten Embryonen feststellbar.

C&D) Morphant, 24 hpf. Wolkenförmige, undifferenzierte Anordnung myogener

Zellen, keine voneinander abgrenzbaren Somiten trotz bilateraler Anlage.

Keine Septierung. Bandförmige Färbung des „Somiten“-randes (Pfeil).

Ausgeprägte Veränderung der distalen Rumpfform mit Knickbildung.

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Die statistische Auswertung belegt die beschriebenen signifikanten

Veränderungen, ausgelöst durch den atoh8-Knockdown. Andere Faktoren,

wie die Erzeugung von Anomalien durch embryonale Verletzungen infolge

der Mikroinjektion gelten daher als Einflussfaktoren geringerer Ordnung.

Während lediglich 1,7% der nicht injizierten Embryonen und 11,2% der

Kontrollsubstanz injizierten Embryonen anatomisch veränderte

Somitenstrukturen aufwiesen, zeigte sich bei den Morphanten mit 64,8% der

Fälle eine hoch signifikante Häufigkeit deutlicher anatomischer Anomalien

(vgl. Abb. 9). Aus den signifikanten Unterschieden zwischen den nicht

injizierten bzw. Kontrollsubstanz injizierten Embryonen und den Morphanten

(jeweils p<0,001) ergibt sich eine hoch signifikante Abhängigkeit zwischen

der Morpholinoinjektion und dem Auftreten anatomischer Anomalien des

Skelettmuskelsystems (Chi-Quadrat-Test, p<0,001).

Abbildung 9. Statistische Auswertung der myod-in-situ-Hybridisierung.

Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der myod-in-situ-Hybridisierung mit

prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht

injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten, für anatomisch „normal“ geformte

und anatomisch veränderte Somiten auf der x-Achse. Die Auswertung erfolgte nach den

Maßgaben von Kimmel et al. Absolut ausgewertete Embryonenzahlen finden sich

rechtsständig im Kästchen. Nach Chi-Quadrat-Berechnungen zeigten sich signifikante

Unterschiede zwischen der Morpholinoinjektion und beiden Kontrollgruppen mit p<0,001.

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Dabei liegt die Chance anatomische Veränderungen aufzuweisen, bei der

Morpholinoinjektion mehr als 104fach höher als bei den nicht injizierten

Embryonen (OR=104,7 mit 95%-KI [37,0; 295,9]) und mehr als 14fach höher

als bei den Kontrollsubstanz injizierten Embryonen (OR=14,6 mit 95%-KI

[8,7; 24,3]). Der geringe Einfluss der Manipulation am Embryo durch den

Injektionsvorgang selbst zeigt sich an der leichten Anhebung der Zahlen in

der Testgruppe der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen (11,25%).

4.3.3 Kein myod-Nachweis im 48 hpf-Stadium

Embryonen im 26+ Somiten-Stadium (24 hpf) wiesen in allen drei

Testgruppen eine deutliche myod-Genexpression auf (s. Kap. 4.3.2). In

diesem Abschnitt der Embryonalentwicklung zählt die Myogenese zu den

wesentlichen Entwicklungsschritten. 48 hpf jedoch ist die embryonale

Differenzierung der Skelettmuskulatur weitgehend vervollständigt, sodass nur

Spuren exprimierter Gene, die während der Myogenese ihre größte

Funktionalität besitzen, nachweisbar sind.

Abbildung 10. Myod/vmhc-in-situ-Hybridisierung, 48 hpf. Nicht injizierter Zebrafischembryo, 48 hpf. Physiologische Skelettstruktur (vgl. Kap. 4.3.2),

jedoch keine Markerfärbung der Somiten (schwarzer Pfeil). Zusätzlich Anfärbung der

Herzstruktur, dem Dottersack aufliegend, durch vmhc Marker.

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Dies erklärt die fehlende Färbung einzelner Skelettmuskelanteile in der

myod-in-situ-Hybridisierung (s. Abb. 10), da zu dem Zeitpunkt zwar der

bislang produzierte Transkriptionsfaktor myod anwesend sein wird, jedoch

keine weitere myod-mRNA Expression stattfindet und somit keine

anfärbbaren Hybride gebildet werden können.

4.3.4 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung, jedoch n icht die

myod-Genexpression

Analog zu Kapitel 4.3.2 konnte statistisch belegt werden, dass die

Expression des atoh8-Gens die Entwicklung und Strukturierung der

Somitenstrukturen und damit die Myogenese beeinflusst. Im Gegensatz zu

bisherigen Studien konnte jedoch erstmalig gezeigt werden, dass dabei die

Expression von myod selbst nicht beeinflusst wird (vgl. Abb. 8). Durch die

ausgeprägten Anomalien der Skelettmuskelreifung und –differenzierung lässt

sich zwar ein prägnanter Strukturdefekt nachweisen, jedoch findet eine

deutliche Anfärbung exprimierter myod-mRNA in der in-situ-Hybridisierung

statt, welche eine spezifische Genexpression belegt. Mit Verweis auf Kapitel

1.3.2 wurde bereits bewiesen, dass die Präsenz von myod zur Induktion

funktionsfähiger Skelettmuskelzellen genügt (Rudnicki et al., 1993). Da eine

myod-Expression vorhanden ist, müssen zumindest funktionsfähige

muskuläre Progenitorzellen angelegt sein, die eine myogene Differenzierung

zulassen. Folglich kann durch einen atoh8-Knockdown nicht direkt auf eine

mangelhafte Determinierung von Myozyten geschlossen werden. Vielmehr

muss eine Abhängigkeit der Anlage und Wanderung bestimmter

Zellpopulationen innerhalb der Somitenanlage während der Myogenese von

der atoh8-Expressivität bestehen, sodass bei Knockdown eine Ausprägung

derartiger patterning Defekte stattfinden kann.

4.3.5 Atoh8 beeinflusst adaxiale Zellpopulationen

Durch myod-in-situ-Hybridisierungen konnten die Strukturveränderungen und

Differenzierungsstörungen während der Skelettmuskelentwicklung

nachgewiesen werden. Bei genauer Analyse kann in einer Vielzahl der

Morphanten jedoch eine längst angeordnete, bandförmige Zellverdichtung im

Bereich der Somiten anstelle der Somiten unterteilenden Myosepten bei

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beiden Kontrollgruppen nachgewiesen werden (vgl. Abb. 8C). So entsteht

der Verdacht, dass atoh8 Zellpopulationen beeinflusst, die an der

strukturellen Septenbildung beteiligt sein müssen. Zur genaueren Analyse

der Strukturen wurden daher zunächst Dünnschnittpräparate von Embryonen

ohne vorherige in-situ-Hybridisierung angefertigt (s. Abb. 11). Im Vergleich zu

den mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen weisen Morphanten eine sehr

undifferenzierte Anordnung von myogenen Zellen auf (vgl. Abb. 11A/B).

Veränderungen der Chorda dorsalis und des Verlaufes des Neuralrohres

sind beobachtbar, adaxial liegende Zellen der Somiten lassen sich nicht klar

abgrenzen und Aufteilungen einzelner Myotome sind wegen mangelhafter

horizontaler Septenbildung nicht möglich, sodass das Bild plump wirkender,

unkoordiniert angeordneter Zellhaufen der whole mount Analysen bestätigt

wird.

Abbildung 11. Dünnschnittpräparate.

A) Horizontaler Semidünnschnitt des Rumpfes am Übergang in den Schwanzbereich,

Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, 20x Vergrößerung. Verschiedene

Myotome sind durch Septen arrangiert (schwarze Pfeile), adaxial gelegene Zellen

(grüne Pfeile) entlang der Chorda dorsalis (blauer Pfeil) sind differenzierbar. Der

Dottersack wurde zur Orientierung angeschnitten (gelber Pfeil).

B) Horizontaler Semidünnschnitt des Rumpfes am Übergang in den Schwanzbereich,

Morphant, 24 hpf, 20x Vergrößerung. Ungeordnetes Bild muskulärer Zellen (rote

Pfeile), die Chorda dorsalis sowie adaxiale Zellpopulationen sind nicht abgrenzbar

(blauer Pfeil), eine Septenbildung fehlt, sodass keine Myotomeinteilung beobachtbar

ist.

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Aufgrund der Beobachtungen in den adaxialen Bereichen der Morphanten

kann eine Beeinflussung der während der Embryogenese exakt dort

lokalisierten Zellpopulationen angenommen werden. Betrachtet man analog

zu Kapitel 1.1.4 die Funktionalität der in den adaxialen Bereichen

lokalisierten Pionierzellen, erhärtet sich der Verdacht, dass atoh8 Einfluss auf

die Differenzierung dieser Zellgruppe hat, da einige mit den Pionierzellen

verknüpften embryonalen Entwicklungen durch einen Knockdown von atoh8

nicht zu erfolgen scheinen. Es entsteht weder eine typisch differenzierbare

Somitenform, noch sind horizontale Myosepten nachweislich beobachtbar.

Beide Veränderungen deuten auf eine fehlende Zellmigration und

Differenzierung der Pionierzellen während der Embryogenese hin. Die

ausbleibende Differenzierung und defekte Migration dieser Zellen könnte die

in Abbildung 8C/D nachweisbare bandförmige Dichtezunahme der myod

exprimierenden Zellen anstelle eines sich differenzierenden Myoseptums

erklären. Vergleichende Analysen von Schnittbildpräparaten nach myod-in-

situ-Hybridisierung verdeutlichen die Ergebnisse (s. Abb. 12).

Abbildung 12. Dünnschnittpräparate nach myod-in-situ-Hybridisierung.

A) horizontales Semidünnschnittpräparat nach myod-in-situ-Hybridisierung, nicht

injizierter Embryo, 24 hpf, aufgenommen von M. Breuer. Myod erscheint rötlich

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angefärbt. Gut abgrenzbares Neuralrohr (schwarzer Pfeil) und Chorda dorsalis

(grüner Pfeil). Definiertes horizontales Myoseptum (rote Pfeile), verschiedene

Muskelmassen (blauer Pfeil) erscheinen voneinander getrennt als epaxiale und

hypaxiale Massen. Zarte Zellreihe adaxial liegend (roter, in Richtung Chorda

weisender Pfeil & Stern).

B) horizontales Semidünnschnittpräparat nach myod-in-situ-Hybridisierung, Morphant,

24 hpf, aufgenommen von M. Breuer. Myod erscheint rötlich angefärbt. Anomalien

der zentralen Strukturen (schwarzer & grüner Pfeil). Muskelmassen (blauer Pfeil)

lassen sich wegen fehlender Myosepten (roter Pfeil) nicht voneinander abgrenzen.

Ein horizontales Myoseptum ist nicht definiert, anstelle feiner adaxialer Zellreihen

finden sich bereits adaxial liegend undifferenzierte Zellanhäufungen myogenen

Ursprungs (Stern).

Insbesondere die fehlende Ausprägung des horizontalen Myoseptums ist hier

deutlich zu beobachten. Während bei den nicht injizierten Embryonen ein

schmaler Saum von Zellen, die die Chorda dorsalis umgeben, zu vermuten

ist, von denen das horizontale Myoseptum zu entspringen scheint, ist eine

Differenzierung bei den Morphanten nicht möglich, da die zentralen

Strukturen hier direkt von muskulären Zellansammlungen, die nicht eindeutig

in Septen gegliedert werden, umgeben sind (vgl. Abb. 12B).

Abbildung 13. Schematischer distaler Schnitt eines Zebrafisches. Entworfen anhand der Vorgaben von Du et al. 1997.

Analog zu Kapitel 1.1.4 besteht eine Einteilung der verschiedenen Zellpopulationen, adaxial

gelegene Pionierzellen bilden das horizontale Myoseptum, die tief liegenden Muskelmassen

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sind zu großen Anteilen schnelle Muskelfasern, eine dünne Schicht langsamer Muskelfasern

liegt den tiefen Schichten nach lateral auf, dabei bilden vermutlich myogene Vorläuferzellen

eine Schicht von „external cells“, die sich im Verlauf in anderen Geweben zu Muskelzellen

differenzieren können.

Anhand der Skizze eines physiologisch entwickelten Rumpfabschnittes des

Zebrabärblings können die Ergebnisse der Abbildungen vergleichen

werden (s. Abb. 13). Nicht injizierte Embryonen (vgl. Abb. 12A) weisen eine

der Skizze sehr ähnliche Struktur auf, wohingegen die Struktur des in

Abbildung 12B gezeigten Schnittes eines Morphanten deutlich von dieser

Veranschaulichung abweicht.

4.4 Beeinflussung der kardialen Embryogenese

Durch atoh8-in-situ-Hybridisierungen wurde neben der Aktivität in der

Entwicklung der Skelettmuskeln ebenfalls nachgewiesen, dass während der

Embryonalentwicklung des Zebrafisches eine Genexpression von atoh8 in

der Herzanlage stattfindet. Daher sollte neben dem Einfluss des Gens auf die

Skelettmuskulatur auch die Entwicklung des Herzmuskels nach atoh8-

Knockdown-Experimenten analysiert werden. Zur spezifischen Analyse

wurden die in Kapitel 1.3.3 und 1.3.4 beschriebenen Marker vmhc und ncx-1

in in-situ-Hybridisierungen genutzt.

4.4.1 Darstellung der kardialen Strukturen mittels vmhc-Marker

Zuvor jedoch wurden Experimente zur Bestimmung des Zeitpunktes der

Herzanlage und des Zeitpunktes des Fusionsvorganges beider tubulären

Systeme (vgl. Kapitel 1.1.5) durchgeführt, die zudem auch die Funktionalität

der in den in-situ-Hybridisierungen eingesetzten vmhc-Sonde nachwiesen.

Nicht injizierte Embryonen in verschiedenen Entwicklungsstadien (8 hpf, 10

hpf, 12 hpf, 14 hpf, 16 hpf, 24 hpf, 30 hpf, 48 hpf) wurden fixiert und einer

vmhc-in-situ-Hybridisierung zugeführt. Nach Stainier et al. wurde bereits

nachgewiesen, dass die Fusion im 26+ Somiten-Stadium (24 hpf)

abgeschlossen ist (Stainier et al., 1993). Durch diese Versuchsreihe soll

deshalb eine spezifische Anfärbung von Herzmuskelzellen ab einem

bestimmten Zeitpunkt während der Embryonalentwicklung zur Darstellung

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kommen, um in späteren Knockdown-Versuchen eine Nutzung von

Vergleichswerten im Falle von verzögerten Entwicklungsprozessen oder

nicht gefärbten Herzanlagen zu ermöglichen.

In keinem der untersuchten Embryonen <12 hpf wurde in den in-situ-

Hybridisierungen eine spezifische Färbung nachgewiesen (s. Abb. 14A).

Abbildung 14. Vmhc-in-situ-Hybridisierung verschiedener Stadien. A) Nicht injizierter Embryo, etwa 10 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Es ist keine

spezifische Färbung einer Herzanlage sichtbar.

B) Nicht injizierter Embryo, etwa 14 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Eine schwache

Anfärbung beider tubulärer, kardialer Systeme ist im oberen Rumpfbereich, dem

Dottersack aufliegend, nachweisbar (schwarze Pfeile).

C) Nicht injizierter Embryo, etwa 16 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Die beiden

nachweisbaren tubulären Systeme weisen eine deutlichere Anfärbung auf und

nähern sich im Rahmen der kardialen Fusion an (schwarze Pfeile).

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61

D) Nicht injizierter Embryo, etwa 18 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Deutliche

Annäherung beider tubulären Strukturen nach medial. Die kaudalen Enden scheinen

zuerst zu fusionieren (schwarze Pfeile).

Die Anlage der kardialen Vorläuferzellen ist dabei bereits vorhanden, jedoch

liegen zu dem Zeitpunkt noch keine funktionsfähigen Myokardiozyten, in

denen eine Genexpression von vmhc induziert wird, vor. Erste Kontraktionen

im Rahmen vollständig funktionsfähiger Myokardiozyten liegen erst in

späteren Stadien vor (Nguyen et al., 2008). Erst ab etwa 14 hpf war eine

schwache Anfärbung beider Anlagen der tubulären Systeme (s. Abb. 14B),

die sich während der weiteren Entwicklung im Rahmen der kardialen Fusion

aufeinander zu bewegen (s. Abb. 14C), beobachtbar, bis sich schließlich

nach abgeschlossener Fusion ein länglich bis ovales, gekammertes Herz

nach etwa 24 hpf darstellt (vgl. Abb. 15).

Abbildung 15. Vmhc-in-situ-Hybridisierung späterer Stadien. A) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Eine tubuläre

Anfärbung des Ventrikelsystems ist beobachtbar (schwarzer Pfeil), das Atrium an

der kaudalen Grenze ist nicht gefärbt, ein Septum lässt sich nicht abgrenzen.

B) Nicht injizierter Embryo, 48 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung. Deutlicher Fortschritt in

der Gesamtentwicklung mit beginnender Hautpigmentierung. Das Herz hat die

tubuläre Form verlassen und wirkt bulbär aufliegend, jedoch sind einzelne

Herzstrukturen nicht eindeutig voneinander abgrenzbar.

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62

Die fusionierte Herzanlage wirkt länglich mit kraniokaudaler Ausrichtung. Im

Verlauf entsteht durch atrioventrikuläre Kissenbildung ein aus Kammer und

Vorhof bestehendes Herz (Eisenberg and Markwald, 1995), jedoch ist das

trennende Septum in dieser Versuchsreihe nur schwer erkennbar, da keine

spezifischen Marker zur Färbung dieser Strukturen genutzt wurden. Nach

abgeschlossener Reifung des Organs, 48 hpf, ist eine leichte Rotation

erfolgt, welche bereits 30 hpf nachweisbar ist (s. Abb. 16), sodass der

Ventrikel mit Ausflusstrakt rechtsseitig kranial, das Atrium leicht linksseitig

kaudal orientiert ist (Stainier et al., 1993). Die tubuläre Ausbildung verändert

sich dabei zunehmend und es entstehen bulbäre, Hohlorganen ähnelnde

Strukturen, um eine effiziente Pumpfunktion bestimmter Blutvolumina im

kardiovaskulären System gewährleisten zu können.

Abbildung 16. Vmhc-in-situ-Hybridisierung nach 30 hpf.

Nicht injizierter Embryo, 30 hpf, vmhc-in-situ-Hybridisierung in leicht sagittaler Ausrichtung.

Rotation der fusionierten Herzanlage, tubuläre Form wandelt sich zunehmend in bulbäre

Form eines voluminösen Organs.

4.4.2 Funktion der Doppel -in-situ-Hybridisierung

Da die zur Beobachtung und Analyse der Herzentwicklung genutzten Marker

vmhc und ncx-1 herzspezifische Gene darstellen, würden in der in-situ-

Hybridisierung ausschließlich die kleinen Herzstrukturen gefärbt (vgl. Abb.

14). Daher wurden während eines Hybridisierungsvorganges zwei Marker

simultan genutzt, um neben der spezifischen Herzfärbung auch eine

Anfärbung der sich entwickelnden Skelettmuskulatur zu erhalten (vgl. Abb.

17). Durch diese Doppelfärbung können beispielsweise eine gelungene

Mikroinjektion nachgewiesen und Fehlerquellen ausgeschlossen werden:

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Eine einfach analysierbare Situation würde sich demnach einstellen, wenn

nach Mikroinjektion die Färbung im Herzen nachweisbar wäre und sich

ausschließlich beobachtbare Anomalien einstellen würden. Es wäre

allerdings nicht sicher möglich, von einer gelungenen Mikroinjektion und

einem alleinigen Effekt des atoh8-Knockdowns auszugehen, wenn die

erwartete Herzfärbung ausbliebe und kein Marker wie myod zur Färbung

anderer Strukturen wie in diesem Fall der Skelettmuskulatur eingesetzt

würde. Folglich entstünden verschiedene Interpretationsmöglichkeiten der

Ergebnisse und ein Rückschluss der Knockdown-Experimente auf

Entwicklungsstörungen wäre nur schwer möglich. Es bestünde Unklarheit,

ob eine fehlende Färbung auf eine nicht geglückte Mikroinjektion

zurückzuführen sei, Funktionseinschränkungen der genutzten Sonde

bestünden oder eine fehlende Genexpression eine Hybridisierung tatsächlich

ausschließe. Im Gegensatz zu Anomalien der Skelettmuskulatur, die bereits

mit morphologisch sichtbaren Körperveränderungen einher gehen, können

embryonale Schäden in der Herzmuskelentwicklung, die meist nicht mit

Veränderungen der Körpergestalt einhergehen, nur anhand von Markern

sichtbar gemacht werden. Ohne spezifische Marker ist die Beurteilung des

Herzens in-situ aufgrund der Lage des Organs nicht möglich. Somit würde

die alleinige Nutzung einer herzspezifischen Sonde auch nur bei deren

Nachweisbarkeit eine Analyse der Struktur zulassen, wohingegegen die

grobe Beurteilung der Skelettmuskulatur und Veränderungen der Muskulatur

aufgrund der bereits makroskopisch sichtbaren Anomalien auch ohne

spezifische Marker möglich wäre. Durch den simultanen Einsatz von

Skelettmuskelsonden wie myod, von denen nach oben beschriebenen

Ergebnissen eine Expression und daher Nachweisbarkeit in bestimmten

Stadien bekannt ist, können die genannten Interpretationsmöglichkeiten nach

in-situ-Hybridisierung demnach deutlich eingeschränkt werden.

Weiterhin können durch die simultane Anfärbung Rückschlüsse auf

Zusammenhänge gezogen werden, denn nach den zuvor beschriebenen

Ergebnissen ist es bei der Beobachtung krankhaft geformter Herzstrukturen

nach Morpholinoinjektion unwahrscheinlich, eine physiologische

Skelettmuskulatur nachweisen zu können. Bei diesen seltenen Fällen, in

denen Anomalien kardialer Strukturen nachweisbar sind, sich jedoch keine

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Skelettmuskelveränderungen zeigen, sollten ebenfalls mögliche

Fehlerquellen als Ursache der Resultate in Betracht gezogen werden.

4.4.3 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Beobachtungen

In dieser Versuchsreihe wurden nach Ansatz der drei Testgruppen und

erfolgter Mikroinjektion der Morpholino-Substanzen zuerst Beobachtungen

an den lebenden Embryonen angestellt, bevor in-situ-Experimente

durchgeführt wurden, um erste Hinweise auf Veränderungen der Herzanlage

zu erhalten. Darüber hinaus könnten durch die Art der

Funktionsveränderungen bei atoh8-Knockdown erste Eingrenzungen

bezüglich betroffener Entwicklungsschritte und Signalwege erwogen werden.

Neben der bereits beschriebenen morphologischen Skelettveränderungen

und den damit einhergehenden Bewegungseinschränkungen wiesen die

Morphanten Anomalien in der Kontraktilität und Frequenz der Herzaktionen

auf. Zunächst erfolgte dabei die Beobachtung von Embryonen in 30 hpf-

Stadien. Hier zeigte sich sowohl bei den nicht injizierten als auch bei den

Kontrollsubstanz injizierten Embryonen ein schneller Rhythmus bei deutlicher

Kontraktilität, analog zu den von Nguyen beschriebenen Frequenzen um

etwa 140 Schläge/ Minute in diesem Stadium (Nguyen et al., 2008). Die

Herzaktion ähnelt dabei einer peristaltischen Welle. Morphanten dagegen

wiesen keine koordinierten Herzschläge bei nur mäßiger Kontraktilität auf,

sodass ein Bild leichter Muskelzuckungen entstand. Der Grundrhythmus

erschien deutlich verlangsamt.

Bei Betrachtung der Embryonen im 48 hpf-Stadium schien sich der gesamte

Ventrikel nach vorausgehender Vorhofkontraktion einheitlich zu kontrahieren,

das Bild der peristaltischen Kontraktionswelle verschwand, auch bedingt

durch die Veränderung der nicht mehr tubulär wirkenden Herzform. Die nur

geringen Überlebenszahlen in der Gruppe der Morphanten lassen dabei

jedoch keine eindeutigen Aussagen über Veränderungen der

Herzentwicklung und Differenzierungen zu beiden Kontrollgruppen zu, da

davon auszugehen ist, dass nur die Embryonen bis zu diesem Stadium

überlebt haben, bei denen die Morpholinoinjektion aufgrund verschiedener

Ursachen nicht geglückt ist oder nur unvollständig zur Wirkung gekommen ist

(vgl. Kapitel 4.2.1). Arrhythmien, die unter dem Einfluss eines atoh8-

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Knockdowns mit dem Abschluss der kardialen Entwicklung entstünden, sind

daher aufgrund der nur geringen Zahl überlebender Embryonen in den für

diese Beobachtungen interessanten Entwicklungsstadien nur sehr schwer

nachweisbar.

4.4.4 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Analyse der vmhc-in-

situ-Hybridisierung

Das Strukturprotein vmhc stellt einen wesentlichen Teil des kardial

spezifischen Myosins dar, welches für den Vorgang der Muskelkontraktion

unerlässlich ist (Alberts et al., 2002). Aufgrund der Spezifität seiner

Expression ausschließlich in ventrikulären Myokardiozyten können

spezifische vmhc- Sonden zur Markierung der frühen kardialen

Ventrikelentwicklung eingesetzt werden.

Es wurden in-situ-Hybridisierungen im Stadium 24 hpf- und im 48 hpf-

Stadium an allen drei Testgruppen durchgeführt. Zudem wurden, wie in

Kapitel 4.4.2 beschrieben, Doppelhybridisierungen mit vmhc und myod

durchgeführt.

In der mikroskopischen Analyse der Embryonen im Stadium 24 hpf war bei

der Gruppe der nicht injizierten sowie der Kontrollsubstanz injizierten

Embryonen eine tubuläre kardiale Struktur, wie zuvor beschrieben,

erkennbar. Die Form erscheint länglich bis leicht oval, die Anfärbung

ventrikulärer Strukturen scheint physiologisch entwickelt (s. Abb. 17A/B). Je

nach Ausrichtung des Embryos kann der spätere Ausflusstrakt des Bulbus

arteriosus beobachtet werden (s. Abb. 17B). Dabei hat die kardiale Fusion in

dem untersuchten Stadium bereits stattgefunden. Da nur eine Färbung

ventrikulärer Strukturen, nicht jedoch atrialer Strukturen nachweisbar ist,

erscheint die längliche Ausprägung des tubulären Systems nicht so deutlich

wie in durchgeführten ncx-1 Experimenten.

Die Analyse der Morphanten im gleichen Stadium ergab jedoch erstaunliche

Ergebnisse, da eine Vielzahl der beobachteten Embryonen keine ventrikuläre

Anfärbung durch den vmhc Marker zeigte. Nach den Ausführungen in Kapitel

4.4.1 jedoch müsste in diesem Stadium seit einigen Stunden definitiv eine

kardiale Färbung nachweisbar sein, sodass leichte Entwicklungsrückstände

durch die Manipulation während der Mikroinjektion dieses Ergebnis nicht

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erklären könnten. Da hier die kardiale Anfärbung ausblieb, ließen sich

keinerlei sichtbare Herzstrukturen analysieren (s. Abb. 17C/D).

Abbildung 17. Vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung 24 hpf.

A) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung. Ventrikuläre

Strukturen sind deutlich als oval-tubuläre Strukturen im proximalen Rumpf gefärbt

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(schwarzer Pfeil), die vollständige Ausbreitung der Herzanlage ist aufgrund der

fehlenden Anfärbung des Atriums nicht sichtbar. Myod weist dabei eine

physiologische Skelettform mit differenzierter Somitenbildung nach (roter Pfeil).

B) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung. Keine

signifikanten morphologischen Veränderungen zu A). Im kranialen Abschnitt der

angefärbten ventrikulären Struktur wird vermutlich der spätere Ausflusstrakt, der

Bulbus arteriosus, als sichelförmige Aussparung deutlich.

C) Morphant, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung, leicht sagittal rotiert. Es ist

keine Anfärbung durch die vmhc Sonde sichtbar, Herzstrukturen können somit nicht

analysiert werden. Die morphologisch veränderte Skelettform bei deutlichem myod

Signal weist die erfolgreiche Injektion und auch Hybridisierung nach (roter Pfeil).

D) Morphant, 24 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung in lateraler Sicht zum

Ausschluss von Verdeckungsphänomenen. Keine Veränderungen zu C) deutlich.

In einigen Embryonen der Morpholino-Gruppe war eine nur sehr geringe

Färbung im Rahmen einer deutlich verminderten vmhc-Genexpression

nachweisbar. Bei diesen Embryonen wiesen die Herzstrukturen

erwartungsgemäß hochgradige Anomalien auf. Die ventrikuläre Anfärbung

erschien rundlich, eine physiologische, tubuläre Form konnte nicht

beobachtet werden. Zudem ist die Fusion der paarig angelegten Strukturen

meist nicht erfolgt (vgl. Kapitel 4.4.6).

Wegen der signifikanten Anzahl ausbleibender Anfärbungen der

ventrikulären Strukturen in ersten Hybridisierungslinien wurden bereits

erwähnte Doppelhybridisierungen eingesetzt, welche die bisherigen

Ergebnisse bezüglich der kardialen Anfärbung bestätigten (s. Abb. 17).

Während die Färbung der ventrikulären Herzanlagen bei beiden

Kontrollgruppen deutlich ausgeprägt war, zeigte sich in der Gruppe der

Morphanten nur selten eine schwache Anfärbung stark veränderter, kardialer

Strukturen bei den sonst typischen, in Kapitel 4.3 beschriebenen

Skelettmuskelveränderungen, welche durch den zusätzlich eingesetzten

myod Marker hier ebenfalls zur Darstellung kamen (s. Abb. 17D).

Obwohl nach den Erkenntnissen aus Kapitel 4.4.3 keine signifikanten

Ergebnisse in embryonalen Stadien etwa 48 hpf zu erwarten sind, wurden

dennoch vmhc/myod-in-situ-Hybridisierungen an Embryonen dieser Stadien

durchgeführt. In beiden Kontrollgruppen zeigt sich eine deutliche ventrikuläre

Anfärbung mit Nachweis einer weitgehend bulbär geformten Herzhöhle (s.

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Abb. 18 und vgl. Abb. 16). Wie erwartet findet aufgrund der fehlenden

Genexpression in diesem Stadium keine spezifische Anfärbung durch den

myod Marker mehr statt. Die überlebenden Morphanten dieses Stadiums

weisen nur geringgradige Deformitäten und leichte muskuläre

Veränderungen auf (vgl. Abb. 21G-I). Die Herzanlage ist strukturiert

angefärbt und nicht von beiden ausgewerteten Kontrollgruppen zu

unterscheiden.

Abbildung 18. Vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung 48 hpf.

Nicht injizierter Embryo, 48 hpf, vmhc/myod-in-situ-Hybridisierung. Die Herzstruktur zeigt

sich als voluminöses Organ (roter Pfeil), dem früheren Dottersack aufliegend. Die

Ausprägung der physiologisch differenzierten Myotome ist im Schwanzbereich beobachtbar,

jedoch findet keine Anfärbung durch myod statt.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit war der Knockdown bei diesen noch

überlebenden Embryonen nicht erfolgreich. Aufgrund der sonst hohen

Letalität und den nachgewiesenen massiven anatomischen Veränderungen

nach atoh8-Knockdown ist davon auszugehen, dass ein Gendefekt im atoh8

Gen zu lebensbedrohlichen Zuständen führen kann. Die hohe Sterberate ab

einem bestimmten Zeitpunkt der embryonalen Entwicklung ließe sich

beispielsweise dadurch erklären, dass erst ab einem Alter von etwa 24 hpf,

im 26+ Somiten-Stadium, erste koordinierte Herzmuskelkontraktionen, die

zur Bildung einer effizienten Blutzirkulation führen, nachweisbar sind

(Nguyen et al., 2008), sodass die Versorgung der embryonalen Zellen in

früheren Stadien zunächst über Diffusionsprozesse ohne Blutzirkulation

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stattfinden kann. Erst mit der Abhängigkeit des Organismus von einer

suffizienten kardiovaskulären Zirkulation werden anatomische

Herzanomalien klinisch auffällig und können zum Tode des Fisches führen.

Zur statistischen Analyse der in-situ-Hybridisierungen von Embryonen im

Stadium 24 hpf wurde die Gruppe der Embryonen mit physiologischer

Herzausprägung der ausgewerteten Gruppe mit einer kardialen Anomalie

jeglicher Art gegenüber gestellt. Dabei wurden sowohl veränderte kardiale

Strukturen als auch vollständig fehlende kardiale Färbungen zunächst als

„Veränderung der Herzstruktur“ gewertet. Während in der Testgruppe der

nicht injizierten Embryonen keine Abweichung von der physiologischen

Herzkonfiguration nachweisbar war, wiesen mehr als 93% der Morphanten

im gleichen Stadium zuvor beschriebene kardiale Veränderungen auf.

Vergleichend dazu wurde in 20% der Kontrollsubstanz injizierten Embryonen

Veränderungen der kardialen Anfärbung nachgewiesen (s. Abb. 19). Die

Ergebnisse erbringen signifikante Unterschiede zwischen der

morphologischen Ausprägung aller drei Testgruppen; folglich besteht eine

hoch signifikante Abhängigkeit zwischen der Morpholinoinjektion und dem

Auftreten von kardialen Veränderungen mit p<0,001 (Chi-Quadrat-Test).

Dabei besteht bei Morpholinoinjektion im Vergleich zur Kontrollinjektion eine

56fach höhere Chance kardiale Veränderungen aufzuweisen (OR=56,8 mit

95%-KI=[12,1; 267,0]). Die Angabe von Chancenverhältnissen kann nicht für

alle Testgruppen vergleichend erfolgen, da in der Testgruppe der nicht

injizierten Embryonen für ein Parameter kein Fall vorlag (=0).

Die Analyse der untersuchten Ergebnisse zeigt, dass die embryonale

Entwicklung kardialer Strukturen durch einen atoh8-Knockdown deutlich

beeinträchtigt wird. Da eine hohe Zahl an injizierten Embryonen keine

Färbung aufwies, wurde eine erneute Analyse der Ergebnisse mit stärkerer

Differenzierung der Anfärbung kardialer Strukturen durchgeführt (s. Kapitel

4.4.5).

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Abbildung 19. Statistische Auswertung der vmhc-in-situ-Hybridisierung.

Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der vmhc-in-situ-Hybridisierung mit

prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht

injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten im 26+ Somiten-Stadium, für eine

nachweislich physiologische Herzkonfiguration und anatomische Veränderungen der

Herzkontur (inkl. nicht durch vmhc Sonde gefärbte kardiale Strukturen) auf der x-Achse. Die

Auswertung erfolgte nach den Maßgaben von Kimmel et al. Absolut ausgewertete

Embryonenzahlen finden sich rechtsständig im Kästchen. Nach Chi-Quadrat-Berechnungen

zeigten sich hoch signifikante Unterschiede zwischen der Morpholinoinjektion und beiden

Kontrollgruppen mit p<0,001. Eingeschränkte statistische Chancenanalyse, da eine

Testgruppe keine Fälle aufweist (absolut 0); ein faktischer Chancenvergleich zu nicht

injizierten Embryonen ist daher nicht möglich.

4.4.5 Atoh8 beeinflusst die vmhc-Genexpression

Nachdem sich infolge erster Analysen signifikante Ergebnisse bezüglich der

Herzformation nach atoh8-Knockdownexperimenten darstellten, in den in-

situ-Hybridisierungen viele der Morphanten jedoch keinen spezifischen

Nachweis einer vmhc Genexpression erbrachten und daher bislang zur

Gruppe der Embryonen mit „Veränderung der Herzkontur“ gewertet wurden,

veranschaulicht eine detaillierte Differenzierung der genannten Embryonen

den signifikanten Einfluss des atoh8-Knockdowns auf die vmhc

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Genexpression selbst. Die zuvor als „mit Veränderung der Herzkontur“

bezeichneten Embryonen wurden in Embryonen mit angefärbter,

„veränderter Herzmorphologie“ und in Embryonen ohne Nachweis einer

kardialen Färbung unterteilt. Dabei zeigte sich bei den Morphanten in 75%

der Fälle keine Anfärbung, mehr als 18% wiesen bei schwacher Anfärbung

eine zu erwartende veränderte Herzmorphologie auf. Während die nicht

injizierten Embryonen wie bereits beschrieben keine Anomalien aufwiesen,

war bei 20% der mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen eine allgemeine

Veränderung nachweisbar. Von den 20% wiesen etwa 7% der Embryonen

dieser Gruppe keine spezifische kardiale Färbung auf (s. Abb. 20). Die

direkte Gegenüberstellung der Fälle ohne kardiale Anfärbbarkeit ergibt

erneut signifikante Unterschiede bezüglich aller drei Testgruppen. Es gilt

demnach eine hoch signifikante Abhängigkeit bezüglich der

Morpholinoinjektion und dem Ausbleiben einer kardialen Färbung durch eine

spezifische vmhc-Sonde mit p<0,001. Dabei besteht sowohl eine signifikant

höhere Chance durch Morpholinoinjektion eine verminderte vmhc

Genexpression im Vergleich zur Gruppe der nicht injizierten Embryonen zu

erreichen (s. Abb. 20, gekennzeichnet mit ***), als auch eine signifikant,

127fach höhere Chance im Vergleich zur Injektion mit Kontrollsubstanz

(OR=127,2 mit 95%-KI=[23,0; 702,8]).

Es resultiert demnach eine direkte Beeinflussung der für die Expression des

vmhc-Gens verantwortlichen Genregulation durch den hervorgerufenen

atoh8-Knockdown. Dieses Ergebnis bestätigt die in Kapitel 4.4.3 bereits

dargestellten Beobachtungen, da vmhc als Strukturprotein des kardialen

Myosins wesentlich an der Muskelkontraktion beteiligt ist und die

Kontraktilität nach Morpholinoinjektion und somit nach atoh8-Knockdown in

der folgenden embryonalen Entwicklung stark eingeschränkt zu sein schien.

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Abbildung 20. Erweiterte statistische Auswertung de r vmhc-in-situ-

Hybridisierung.

Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der vmhc-in-situ-Hybridisierung mit

prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht

injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten, für eine nachweislich physiologische

Herzkonfiguration, anatomische Veränderungen der Herzmorphologie und für die Anzahl

nicht gefärbter kardialer Strukturen auf der x-Achse. Die Auswertung erfolgte nach den

Maßgaben von Kimmel et al. Absolut ausgewertete Embryonenzahlen finden sich

rechtsständig im Kästchen. Odds Ratio Berechnungen (OR) weisen eine signifikant höhere

Chance, fehlende Färbungen durch Morpholinoinjektion zu erreichen, nach. Eingeschränkte

statistische Chancenanalyse, da eine Testgruppe in zwei Merkmalen keine Fälle aufweist

(absolut 0); ein faktischer Chancenvergleich zu nicht injizierten Embryonen ist daher nicht

möglich, jedoch eindeutig sichtbar.

4.4.6 Atoh8 beeinflusst die Herzentwicklung - Analyse der ncx-1-in-

situ-Hybridisierung

Der Calciumkanal ncx-1 ist neben wenigen anderen Proteinstrukturen für

eine physiologische Calciumhomöostase während der zellulären Erregung

der Myokardiozyten durch die Regulation des Calciumausstromes nach

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extrazellulär verantwortlich (Langenbacher et al., 2005). Folglich ist dieser

Kanal für den geregelten Ablauf der Kontraktion unerlässlich, bei Defekten in

seiner Struktur wurden sowohl ausgeprägte embryonale Schäden der

kardialen Entwicklung als auch diverse Formen der Arrhythmien

nachgewiesen (vgl. Kapitel 1.3.4). Im Gegensatz zu vmhc dient ncx-1 als

Marker atrialer und ventrikulärer Zellen, darüber hinaus deuteten

Veränderungen im Expressionsmuster nicht auf einen Funktionsverlust der

kontraktilen Elemente als viel mehr auf eine eingeschränkte Rhythmizität hin.

Neben der Untersuchung von vmhc als spezifischer Marker zur Analyse der

ventrikulären Kontraktilität wurde in den folgenden in-situ-Hybridisierungen

ncx-1 als Marker kardialer Strukturen genutzt. Über die Analyse der ncx-1

Genexpression selbst hinaus sollen durch die Herzfärbung weitere

Informationen über strukturelle Veränderungen nach atoh8-Knockdown im

Allgemeinen nachgewiesen werden, da in den vmhc-Hybridisierungen wegen

mangelnder Genexpressivität und somit mangelnder Färbung kardialer

Strukturen in der betroffenen Testgruppe keine eindeutigen Aussagen

bezüglich der anatomischen Konfiguration kardialer Strukturen getroffen

werden können.

Wie in vorigen Experimentanordnungen wurden die in-situ-Hybridisierungen

an allen drei Testgruppen mit Embryonen in den Stadien 24 hpf und 48 hpf

durchgeführt. Zudem wurden ebenfalls Doppelhybridisierungen mit ncx-1 &

myod zur Kontrolle eingesetzt, falls, wie bei dem vmhc-Marker, in der

Morpholinogruppe keine kardiale Färbung nachweisbar wäre. Im 26+

Somiten-Stadium war sowohl in der Testgruppe der nicht injizierten

Embryonen, als auch in der Gruppe der Kontrollsubstanz injizierten

Embryonen eine länglich-ovale kardiale Struktur durch eine spezifische

Anfärbung deutlich nachweisbar. Aufgrund einer Verstärkung der Anfärbung

im Bereich des epithelial-mesenchymalen Übergangs, welcher im Verlauf der

embryonalen Entwicklung durch Bildung von atrioventrikulären Kissen zur

Abgrenzung von Ventrikel und Atrium führt (vgl. Kapitel 1.1.5), lassen sich

die präformierten Herzhöhlen abgrenzen, dabei liegt die ventrikuläre Anlage

kranial (s. Abb. 21A/B). Vergleichend dazu weist eine signifikant höhere Zahl

an Morphanten im gleichen Stadium eine nur undifferenzierte Anfärbung

kardialer Strukturen auf. Eine längliche Färbung im Rahmen der Bildung

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eines tubulären Systems ist nicht nachweisbar, es entsteht ein Bild einer

rundlich konfigurierten Ansammlung von Myokardiozyten. Eine

Differenzierung atrialer und ventrikulärer Bereiche ist demnach nicht möglich

(s. Abb. 21C). Darüber hinaus hat in den meisten Fällen dieses Stadiums

keine Fusion der paarig angelegten Strukturen stattgefunden, diese sollte in

Analogie zu Kapitel 4.4.1 jedoch im Stadium 24 hpf nahezu abgeschlossen

sein. Wegen der vermutlich unzureichenden Strukturierung kardialer

Strukturen unter dem Einfluss des Knockdowns ist vielfach eine nur sehr

schwache ncx-1-Färbung nachweisbar, da durch eine geringe Menge

funktionsfähiger Kardiomyozyten und der damit einhergehenden

unzureichenden Reifung des Organs folglich die ncx-1- Genexpression

verringert zu sein scheint.

Experimente mit Doppelhybridisierung bestätigen die beschriebenen

Ergebnisse (s. Abb. 21D-F). Neben den kardialen Veränderungen in der

Gruppe der Morphanten zeigen sich durch Anfärbung mittels myod-Marker

die typischen skelettalen Veränderungen wie beispielsweise die fehlende

Ausprägung der chevron-artigen Form der Somiten (s. Abb. 21F).

Wie in Kapitel 4.4.4 bereits ausgeführt weisen die Embryonen im Stadium 48

hpf keine myod-Anfärbbarkeit und somit keine aktive myod-Genexpression

mehr auf (s. Abb. 21G-I). Muskuläre Veränderungen sind in der Gruppe der

Morphanten in diesem Stadium nur geringfügig ausgeprägt (s. Abb. 21I).

Zudem sind Veränderungen in der embryonalen Herzentwicklung in keiner

der Testgruppen eindeutig nachweisbar.

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Abbildung 21. Ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung.

A) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1-in-situ-Hybridisierung. Tubuläre Anfärbung der

kardialen Anlage. Eine dunkle bogenförmige Struktur innerhalb der Färbung zeigt

das atrioventrikuläre Kissen, der rote Pfeil weist auf die ventrikuläre Seite hin.

B) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1-in-situ-Hybridisierung, leicht

sagittal fotografiert. Keine Veränderungen zu A) nachweisbar. Der Übergang

zwischen atrialem und ventrikulärem Bereich ist deutlich erkennbar.

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C) Morphant, 24 hpf, ncx-1-in-situ-Hybridisierung. Unstrukturierte Darstellung kardialer

Strukturen, ohne Abgrenzung einzelner Kammern. Die Anlage erscheint rundlich,

kein Nachweis tubulärer Anordnungen, deutliche Abschwächung der Färbung.

Zudem ist die paarige Anlage im Rahmen einer ausgebliebenen Fusion nachweisbar

(rote Pfeile).

D) Nicht injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung. Die kardialen

Strukturen stellen sich wie in A/B) dar, zudem sind v-förmige Somiten nachweisbar

(blauer Pfeil).

E) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 24 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung. Keine

Veränderungen zu D) abgrenzbar.

F) Morphant, 24 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung. Die Anfärbung der Herzstruktur

ist in Analogie zu C) deutlich schwächer als in den Kontrollen. Zudem fehlt die

beschriebene Differenzierung zu einer tubulären Form (roter Pfeil). Die Morphologie

des Schwanzes ist deutlich verändert, es sind Krümmungen und „Knicke“ erkennbar.

Die Anlage der Somiten schien zu erfolgen, eine V- Form durch migrierte adaxiale

Zellen ist jedoch nicht nachweisbar (blauer Pfeil).

G) Nicht injizierter Embryo, 48 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung, zur

Herzdarstellung leicht sagittal rotiert. Das ausgereifte Herz ist dargestellt (roter

Pfeil). Die Strukturen erhalten nach erfolgter Rotation die Form reifer Herzhöhlen.

Myod-Expression ist nicht mehr nachweisbar (blauer Pfeil). Beginnende

Pigmentierung.

H) Kontrollsubstanz injizierter Embryo, 48 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung,

seitliche Aufnahme. Keine morphologisch-anatomischen Veränderungen zu G)

nachweisbar. In der seitlichen Aufnahme ist das muskuläre System effizienter

beurteilbar, es zeigt sich eine deutliche v-förmige Ausprägung der Myotome, jedoch

keine Färbung durch myod-Marker (blauer Pfeil)

I) Morphant, 48 hpf, ncx-1/myod-in-situ-Hybridisierung, zur Herzdarstellung leicht

sagittal rotiert. Im Vergleich ist keine Anomalie des gefärbten Herzens nachweisbar

(roter Pfeil). Geringgradige Deformität (Biegung) der Rumpf-/Schwanzform. Das

muskuläre System scheint im Vergleich zu H), bezogen auf myod, bei

eingeschränkter Beurteilbarkeit nicht nachweislich beeinträchtigt (blauer Pfeil).

Statistische Analysen der in-situ-Hybridisierungen mit Embryonen im 24 hpf-

Stadium aller Testgruppen ergaben dabei signifikante Ergebnisse (s. Abb.

22). Während in mehr als 78% der Embryonen der Testgruppe der nicht

injizierten Tiere eine physiologische Herzkonfiguration nachweisbar war,

zeigte sich diese nur in etwa 44% der Morphanten. Mehr als 55% der

Morphanten wiesen wie zuvor beschriebene, deutliche Anomalien mit teils

sehr gering ausgeprägter, in wenigen Fällen gar fehlender Anfärbung

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kardialer Strukturen auf. Dabei erbrachte die Unterscheidung zwischen

Anomalie und geringer bis fehlender Anfärbung, anders als bei der

Auswertung der vmhc Resultate, keine hoch signifikanten Ergebnisse (vgl.

Kapitel 4.4.7). Vergleichend dazu konnte eine physiologische

Herzdarstellung in mehr als 85% der mit Kontrollsubstanz injizierten

Embryonen nachgewiesen werden. Es zeigten sich signifikante Unterschiede

zwischen den Ergebnissen der Morpholinoinjektion und beiden

Kontrollgruppen, woraus sich eine hoch signifikante Abhängigkeit der

Morpholinoinjektion und dem Auftreten von Veränderungen der embryonalen

Herzentwicklung mit p<0,001 (Chi-Quadrat-Test) ergibt.

Abbildung 22. Statistische Auswertung der ncx-1-in-situ-Hybridisierung.

Das Diagramm veranschaulicht die Auswertung der ncx-1-in-situ-Hybridisierung mit

prozentualen Angaben auf der y-Achse und je einem Triplet, bestehend aus der Menge nicht

injizierter, Kontrollsubstanz injizierter und Morphanten im 26+ Somiten- Stadium, für eine

nachweislich physiologische Herzkonfiguration und allgemein anatomische Veränderungen

der Herzstruktur (inkl. Verminderung der Anfärbung) auf der x-Achse.

Ergebniswichtung: In der Morpholino- Testgruppe weisen alle Embryonen der Gruppe

„Veränderung der Herzstruktur“ anatomische Veränderungen der Herzstruktur bei meist

unterschiedlichem Färbeverhalten auf. In den Kontrollgruppen dagegen beinhaltet die

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Gruppe „Veränderung der Herzstruktur“ in den meisten Fällen jeweils reine Veränderungen

der Anfärbung ohne Nachweis anatomischer Defekte kardialer Strukturen. Die

morphologische Auswertung erfolgte nach den Maßgaben von Kimmel et al. Absolut

ausgewertete Embryonenzahlen finden sich rechtsständig im Kästchen. Nach Chi-Quadrat-

Berechnungen zeigten sich hoch signifikante Unterschiede zwischen der Morpholinoinjektion

und beiden Kontrollgruppen mit p<0,001

Die Chance nach einem atoh8-Knockdown anatomische veränderte

Herzstrukturen aufzuweisen liegt dabei im Vergleich zur Kontrollinjektion um

mehr als 7fach höher (OR=7,1 mit 95%-KI=[3,7; 13,6]), im Vergleich zur

Testgruppe der nicht injizierten Embryonen um mehr als 4fach höher

(OR=4,5 mit 95%-KI=[2.7: 7.7]). Aufgrund der nicht vernachlässigbaren

Werte der gewerteten Veränderungen in den beiden Kontrollgruppen wurden

diese gegenübergestellt, wobei sich hier erwartungsgemäß kein signifikanter

Unterschied (p=0,143 im Chi-Quadrat-Test) ergab.

Ncx-1 weist neben der Analyse der vmhc-Genexpression als weiterer Marker

myokardialer Zellen eine Beeinflussung der embryonalen Herzentwicklung

durch Knockdown des atoh8-Gens nach.

4.4.7 Kein direkter Einfluss auf die ncx-1-Genexpression

Obwohl Veränderungen der kardialen Genese mittels ncx-1-in-situ-

Hybridisierungen nachgewiesen wurden, findet keine eindeutige

Beeinflussung der ncx-1-Genexpression selbst statt. Zwar ist in einer Vielzahl

der Morphanten nur eine schwache Anfärbung der beobachteten Strukturen

erkennbar, doch bedeutet dies, dass zumindest eine geringe Menge mRNA

des ncx-1-Gens exprimiert wurde und der Knockdown, anders als bei dem

vollständig fehlenden Nachweis einer vmhc-Expression, keinen direkten

Effekt auf die Regulation dieses Gens besitzt. Vielmehr ergibt sich bei

Betrachtung der Morphanten der Verdacht, dass die ncx-1-Genexpression

der anatomisch malformierten Zellen durch ausgeprägte Störungen der

kardialen Reifung und Determinierungs- sowie Differenzierungsstörungen

myokardialer Zellen im Rahmen des atoh8-Knockdowns selbst beeinträchtigt

ist, sodass es zu uneinheitlichen, schwach ausgeprägten

Expressionsmustern kommt.

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79

Analog zur Auswertung der vmhc-Ergebnisse wurden die als „kardial

verändert“ gewerteten Embryonen aller drei Testgruppen ebenfalls genauer

betrachtet. Obwohl ca. 30% der 55% veränderter Herzstrukturen aus der

Testgruppe der Morphanten (s. Abb. 22) eine abgeschwächte kardiale, ncx-

1-Anfärbung bei meist zusätzlich deutlich veränderter Morphologie

aufwiesen, sind nur vereinzelte, stark malformierte Embryonen bei weiterhin

nachweisbarer myod-Anfärbung (bei veränderter muskulärer Morphologie,

wie zuvor beschrieben) vollständig kardial ungefärbt. Eine signifikante

Abhängigkeit zwischen dem atoh8-Knockdown und einem direkten Einfluss

auf die ncx-1-Genexpression oder deren Genregulation ist demnach sowohl

wegen der geringen Zahl vollständig ungefärbter Embryonen als auch wegen

der in der Auswertung nicht unterschiedenen Faktoren „wenig Färbung/ keine

Färbung“ nicht darstellbar, allerdings dennoch nicht sicher auszuschließen.

In beiden Kontrollgruppen wurden zudem bestimmte Anzahlen der in Abb. 22

als „verändert“ bezeichneten Embryonen ausschließlich aufgrund der

verminderten kardialen Färbung zu der Gruppe „verändert“ gezählt, obwohl

keine auffälligen, anatomischen Strukturveränderungen, im Vergleich zur

Gruppe der Morphanten, nachweisbar waren. Eine direkte Abhängigkeit der

ncx-1-Genexpression von atoh8 erscheint demnach bei dem Nachweis von

Veränderungen der Färbeintensität, die sich ebenfalls in untersuchten

Kontrollgruppen zeigen, zunehmend unwahrscheinlich (19% der 22%

„veränderter“ kardialer Strukturen aus der Testgruppe der nicht injizierten

Embryonen und 8% der 14 % aus der Gruppe der Kontrollsubstanz injizierten

Embryonen weisen geminderte kardiale Färbungen bei sonst physiologischer

kardialer und muskulärer Struktur auf). Die Wichtung der in Abbildung 22

dargestellten Art der „Veränderung der Herzstruktur“ liegt bei der Testgruppe

der Morphanten demnach auf der Beobachtung struktureller, kardialer

Veränderungen bei zusätzlich verändertem Färbeverhalten, bei den

Kontrollgruppen hingegen eher ausschließlich auf der Beobachtung eines

Unterschiedes im Färbeverhalten, da hier in den meisten Fällen keine

strukturellen Auffälligkeiten nachweisbar waren.

Da schlussfolgernd in allen untersuchten Testgruppen zu gewissen Anzahlen

Embryonen verminderter Färbung beobachtbar waren, ist eine Beeinflussung

der Anfärbung durch andere Faktoren ebenfalls nicht auszuschließen (vgl.

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Kapitel 5.1). Sowohl der Zustand der Embryonen einzelner Testreihen, als

auch Effekte im Rahmen der Injektion oder der in-situ-Hybridisierung sowie

die Beschaffenheit der eingesetzten Sonde können zu Veränderungen des

spezifischen Färbeverhaltens und demnach zu den beschriebenen

Verminderungen der Färbung in allen untersuchten Testgruppen, nicht nur in

der Gruppe der Morphanten, geführt haben, sodass die Wahrscheinlichkeit

einer direkten Abhängigkeit der ncx-1-Genexpression von atoh8 gering ist.

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81

5. Diskussion

5.1 Etablierung der Mikroinjektionen

Zur Untersuchung des Einflusses des Transkriptionsfaktors atoh8 auf die

Entwicklung des Herzens und der Somiten während der Embryonalphase

des Zebrafisches wurden Knockdown-Experimente durchgeführt. Den

wesentlichen Faktor des Experimentes stellt dabei die Durchführung der

Mikroinjektion in Zebrafischembryonen nach Mullins dar (Mullins, 2010).

Für die Versuchsreihen wurden Zebrafischeier in möglichst frühen

Entwicklungsstadien verwendet. Dies setzt ein konsequentes Ansetzen und

anschließendes Beobachten der angesetzten Fische voraus, um möglichst

direkt nach dem Ablaichen die Eier abzuschöpfen. Auf diese Weise

gewonnene Embryonen wurden für alle Versuchsanordnungen in drei

Testgruppen aufgeteilt. Neben der Morpholinoinjektion in einer Testgruppe

erfolgte die Injektion einer Kontrollsubstanz, bestehend aus mismatch

Morpholinos, in eine zweite Testgruppe. Die dritte Testgruppe wurde nicht

injiziert. Somit ließen sich Defekte, die in der Gruppe der Morphanten

entstanden, in beiden Kontrollgruppen jedoch nicht beobachtbar waren, auf

den Knockdown selbst zurückführen. Da die Mikroinjektion in solch frühen

Stadien einen hoch manipulativen Eingriff darstellt, ist die Injektion einer

Kontrollsubstanz in einer zweiten Testgruppe somit unerlässlich.

Da das Injektionsvolumen vom Kapillardurchmesser abhängig ist, müssen

die erzeugten Kapillarspitzen stets die gleichen Eigenschaften aufweisen.

Darüber hinaus ist das Injektionsvolumen nur über den zugeführten

Injektionsdruck einstellbar, sodass unter exakt gleichen Bedingungen und

Einstellungen gearbeitet werden muss.

Die Mikroinjektion erfolgte jeweils im Ein- bis Zwei-Zell-Stadium, um durch

einen Knockdown möglichst früh in die embryonale Entwicklung einzugreifen

und eine gleichmäßige Verteilung der injizierten Substanz in allen sich

teilenden Zellen zu gewährleisten. Dabei spielt auch der exakte Ort der

platzierten Injektion eine wesentliche Rolle, da mit der Zunahme der

Entfernung der Substanz vom animalen Pol eine Diffusion erschwert würde.

Darüber hinaus sind beide Injektionssubstanzen fluoreszenzmarkiert, sodass

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eine erfolgreich platzierte Mikroinjektion mikroskopisch nachweisbar ist (s.

Abb. 6).

Der Injektionsvorgang betrug bei exakter Vorbereitung in jeder Gruppe nur

wenige Minuten, um Verzögerungen und damit unterschiedliche

Entwicklungsstadien zum Zeitpunkt der Injektionen zu vermeiden. So konnte

ausgeschlossen werden, dass beobachtete Entwicklungsdefekte nur

aufgrund von Injektionen, die zu verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung

durchgeführt wurden, stattgefunden haben.

Nach erfolgter Injektion wurden die Embryonen in E3-Medium gewaschen

und in diesem Medium bis zum entsprechenden Fixationszeitpunkt inkubiert.

Dabei ist auf die sorgfältige Aussortierung gestorbener Embryonen in

regelmäßigen Abständen zu achten, um hohen Nitritgehalten durch

Zersetzungsprozesse vorzubeugen. Durch mehrfache Medienwechsel kann

zudem eine bakterielle Besiedlung vermieden werden.

Trotz aller Hygienemaßnahmen bestehen teils deutliche Unterschiede in der

Beschaffenheit und im Zustand der Embryonen, welche sich durch die

verschiedenen tragenden Muttertiere erklären. Sowohl dem Alter als auch

den individuellen Zuständen der Tiere kommt dabei eine große Bedeutung

zu. Schwankungen der Sterberaten sowie zeitliche Verschiebungen der

embryonalen Entwicklungsprozesse können durch diese Faktoren deutlich

beeinflusst sein. Daher wurden die Sterberaten der Testgruppen in den

Versuchsanordnungen miteinander verglichen und es zeigten sich dennoch

deutlich ausgeprägte Unterschiede zwischen der Gruppe der Morphanten

und beiden Kontrollgruppen (vgl. Kapitel 4.2.1). Insbesondere die hohe

Sterberate nach 30-40 hpf lässt auf starke Beeinflussung durch den

Knockdown der atoh8-Genexpression schließen.

In Assoziation zu der kardialen Entwicklung korreliert dieser Zeitpunkt mit

dem Einsetzen effizienter Herzaktivität, sodass von einer Beeinträchtigung

des kardiovaskulären Systems, die im Verlauf zum Tode des Embryos führen

kann, auszugehen ist (vgl. Kapitel 4.4.4).

Da der zeitliche Ablauf der Entwicklung in der Untersuchung verschiedener

Aspekte von großer Bedeutung sein kann, wurden beispielsweise vor der

Untersuchung kardialer Defekte Vorversuche durchgeführt, um

nachzuweisen, dass unter den gegebenen Versuchsbedingungen bestimmte

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Entwicklungsschritte zu bestimmten Zeiten erfolgen und nicht deutlich von

den Vorgaben von Kimmel et al. abweichen (vgl. Kapitel 4.4.1).

5.2 In-situ-Hybridisierung

Durch die in dieser Arbeit genutzte Art der whole mount in-situ-Hybridisierung

nach Westerfield ist die Visualisierung eines für das jeweils untersuchte Gen

spezifische Expressionsmuster im gesamten Embryo möglich (Westerfield,

1995). Auf diese Weise konnte das atoh8-Genexpressionsmuster in

verschiedenen Stadien der Zebrafischentwicklung beobachtet werden.

Darüber hinaus wurden durch die Nutzung spezifischer Sonden sowohl

Auswirkungen auf bestimmte Gewebe als auch Veränderungen spezifischer

Expressionsmuster selbst beobachtet und die vielfältigen Einflüsse eines

atoh8-Knockdowns auf Skelett- und Herzmuskulatur veranschaulicht.

Von wesentlicher Bedeutung für die Ergebnisse der Versuchsreihe ist die

Qualität der zur Hybridisierung eingesetzten Sonden bzw. Marker. Sind diese

nicht spezifisch, finden entweder keine, oder unspezifische Hybridreaktionen

statt, sodass in nachfolgenden Anfärbungen keine nachvollziehbaren

Expressionsmuster dargestellt würden. Daher ist eine Prüfung vor dem

Beginn der Versuchsreihe mittels Sequenzierungen während der

Sondenherstellung (vgl. Kapitel 3.4.2) und mittels in-situ-Hybridisierungen an

nicht injizierten Embryonen zur Kontrolle des Expressionsmusters

unerlässlich.

Um sowohl während des Hybridisierungsvorgangs als auch während der

Farbreaktion einheitliche Ergebnisse zu erzeugen wurden

Hybridisierungsplatten mit 24 Einzelkammern genutzt, sodass alle

Testgruppen unter gleichen Bedingungen mit exakt gleichen Zeitintervallen

hybridisiert wurden. Dieses Vorgehen erlaubt Aussagen über Unterschiede

im Färbeverhalten, die beispielsweise bei der Analyse des vmhc-

Genexpressionsmusters nachweisbar waren.

Analysen des ncx-1-Expressionsmusters verdeutlichen die Schwierigkeiten

der Ergebnisinterpretation. Zwar können im Rahmen der Beobachtung

verändert gefärbter, kardialer Strukturen signifikante Einflüsse eines atoh8-

Knockdowns nachgewiesen werden, doch würden Veränderungen der

beobachteten Färbungsintensität auch Hinweise auf eine direkte

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Beeinflussung auf die Regulation der Genexpression des untersuchten Gens

geben können. Man würde eine ausbleibende Färbung und signifikante

Unterschiede zu beiden Kontrollgruppen erwarten, wie es bei vmhc

tatsächlich der Fall ist. Liegt jedoch lediglich eine Verminderung der

Farbintensität vor, ist ein direkter Einfluss auf die Genexpression oder deren

Signalwege nicht auszuschließen. Allerdings können andere Faktoren, wie

beispielsweise durch den Knockdown ausgelöste frühe Entwicklungsdefekte,

die zu schlecht differenzierten Zellen und verminderten Zellzahlen führen, im

selben Maße zu einer verminderten Expression des beobachteten Gens

führen, ohne direkt prägenden Effekt des Knockdowns auf das untersuchte

Gen oder dessen Aktivierung (vgl. Kapitel 4.4.7). Ist eine verminderte

Färbung in einer höheren Anzahl in allen Testgruppen nachweisbar, muss

eine Ursache in der Versuchsdurchführung selbst gesucht werden. Dabei ist

das RNase-freie Arbeiten von großer Bedeutung, um den

Hybridisierungsprozess nicht zu gefährden. Die Spezifität der eingesetzten

Sonden könnte mittels Sequenzierungen und weiterer Versuchsreihen

überprüft werden. Darüber hinaus muss eine Vermischung der drei

Testgruppen sicher ausgeschlossen sein.

Um bei fehlender Anfärbung einer Testgruppe nach in-situ-Hybridisierungen

mit Einsatz einer hoch spezifischen Sonde, welche beispielsweise

ausschließlich kardiale Strukturen darstellt, nachzuweisen, dass eine in-situ-

Hybridisierung dennoch erfolgreich war, wurden Doppelhybridisierungen

durchgeführt. Als Kontrollmarker wurde myod zur spezifischen

Skelettmuskelfärbung genutzt (vgl. Kapitel 4.4.2).

5.3 Atoh8 beeinflusst die Skelettmuskelentwicklung

Diverse Studien haben bereits eine vielfältige Beeinflussung verschiedener

Organsysteme während der Embryogenese des Zebrabärblings durch den

bHLH Transkriptionsfaktor atoh8 veranschaulicht (vgl. Kapitel 1.2). In dieser

Arbeit konnte unter anderem die ausgeprägte Beeinträchtigung der

Skelettmuskelreifung während der Embryogenese unter atoh8-Knockdown

nachgewiesen werden.

In einer Vielzahl der Morphanten wurden bereits ohne in-situ-Experimente

anatomische Defekte des muskulären Systems nach etwa 24 hpf beobachtet.

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Mikroskopisch konnten ausgeprägte Deformierungen des Rumpfes bis zur

Schwanzspitze mit unzureichender Entwicklung einer typischen

Stromlinienform gezeigt werden. Dabei stellten sich in vielen Fällen

„Einknickungen“ im Bereich des Schwanzes dar, welche eine physiologische

Bewegung nahezu unmöglich machten. Diesen ersten Ergebnissen folgend

wurden zur gezielten Analyse und besseren Abgrenzbarkeit einzelner

Strukturen in-situ-Hybridisierungen mit den bereits dargestellten Markern an

Embryonen verschiedener Entwicklungsstadien durchgeführt.

5.3.1 Pax3a-Analysen

Zur Darstellung der frühen muskulären Embryogenese wurde zunächst ein

pax3a-Marker eingesetzt, da pax3a nach Hammond als wichtiger Marker der

frühen muskulären Stammzellen in den Dermomyotomen der lateralen

Somiten gilt (Hammond et al., 2007). Obwohl, wie von Epstein beschrieben,

bereits in frühen Stadien, 12 hpf, eine nachweisliche Genexpression in

neuronalen Strukturen stattgefunden hat (Epstein et al.,1991), wurde nur

eine unspezifische Färbung noch undifferenzierter erster muskulärer

Strukturen beobachtet, da in diesem Stadium die Prägung von Somiten erst

einsetzt. Pax3a ist darüber hinaus wesentlich an der Induktion der

muskulären Regulationsfaktoren, wie beispielsweise myod und myf5 beteiligt,

da mit der Abnahme der pax3a-Expression eine Hochregulation der

Expression muskulärer Regulationsfaktoren bereits beobachtet wurde

(Maroto et al., 1997; Yusuf and Brand-Saberi, 2006). Dieser Effekt konnte in

dieser Versuchsreihe ebenfalls gezeigt werden, denn bei der Beobachtung

von Embryonen aller Testgruppen im 26+ Somiten-Stadium zeigte sich

neben der deutlichen neuralen Färbung eine nur sehr schwache Anfärbung

muskuläre Strukturen im Rahmen einer verminderten Genexpression. Da

pax3a die Differenzierung von Progenitorzellen zu Myoblasten (Yokoyama

and Asahara, 2011) steuert, diese nach 24 hpf mit Fortschreiten der

myogenen Differenzierung jedoch weitgehend abgeschlossen ist und zu dem

Zeitpunkt der Beobachtung die verschiedenen muskulären

Regulationsfaktoren für eine weitere myogene Differenzierung verantwortlich

sind, ist der Nachweis der verminderten pax3a-Genexpression in den

Somiten zum Zeitpunkt der Beobachtung nach 24 hpf durchaus plausibel.

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Andererseits ist infolge der Ergebnisse auch eine verminderte Spezifität der

genutzten Sonde als Ursache möglich. Da jedoch ein deutliches

Expressionsmuster neuronaler Strukturen nachweisbar war, erscheint diese

Ursache unwahrscheinlicher. Zudem erfolgte eine schwache Färbung

myogener Strukturen, sodass eine Deutung der verminderten Spezifität

bezüglich ausschließlich myogener Strukturen nicht zutreffend ist.

Durch die geringe Anfärbung kann auch ein direkter Einfluss des

Transkriptionsfaktors atoh8 auf die pax3a-Expression somit weder bewiesen

noch ausgeschlossen werden. Dennoch erscheint eine direkte Beeinflussung

nicht wahrscheinlich, da, wie Hammond und Maroto experimentell

nachwiesen, eine regulative Korrelation zwischen pax3 und den MRFs

besteht (Maroto et al., 1997; Hammond et al., 2007). Myod-Experimente

wiesen jedoch eine myod-Expression unter Knockdown nach, sodass

demnach auch frühere Entwicklungsschritte, pax3 eingeschlossen, nicht

prägend beeinflusst sein können.

Um jedoch einerseits zu beweisen, dass nach 24 hpf die physiologische

pax3-Genexpression deutlich abgenommen hat und um andererseits

auszuschließen, dass ein atoh8-Knockdown die Genexpression

beeinträchtigt, könnten zunächst weitere in-situ-Hybridisierungen mit der von

Tsukamoto beschriebenen weiteren Isoform des pax3-Genproduktes pax3b

durchgeführt werden (Tsukamoto et al., 1994) um vergleichende Analysen

beider Expressionsmuster in entsprechenden Stadien durchführen zu

können. Darüber hinaus wären immunhistochemische Antikörperversuche

gegen exprimierte pax3-Transkriptionsfaktoren möglich, sodass auf

Proteinebene die Abnahme der Genexpression mit fortschreitender

Differenzierung nachgewiesen werden könnte. Im Rahmen der

Antikörpertests kann anhand der Untersuchung verschiedener Stadien

darüber hinaus eine direkte Beeinflussung des pax3-Signalweges durch

atoh8 verifiziert oder negativiert werden. Ob eine Abhängigkeit beider

Transkriptionsfaktoren voneinander besteht, könnte von medizinischer

Relevanz sein, da bereits neuromuskuläre Erkrankungen wie das

Waardenburg-Syndrom mit pax3-Gendefekten assoziiert sind (Moase and

Trasler, 1992).

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5.3.2 Myod-Analysen

Aufgrund der nur schwachen Färbung muskulärer Strukturen ließen die in-

situ-Hybridisierungen mit pax3a bezüglich der durch den atoh8-Knockdown

hervorgerufenen Skelettmuskeldefekte in der entsprechenden Testgruppe

jedoch keine neuen Erkenntnisse zu, sodass ein weiterer spezifischer

Marker zur Untersuchung der entsprechenden Strukturen genutzt wurde.

Dabei sollte der Marker sowohl spezifisch für die embryonale Entwicklung

der Skelettmuskulatur sein als auch in späteren Stadien eine

Nachweisbarkeit aufweisen. Dabei fiel die Wahl auf den zu den muskulären

Regulationsfaktoren zählenden Transkriptionsfaktor myod. Aufgrund der

nach Tapscott und Rudnicki beschriebenen ausgeprägten Beeinflussung der

Differenzierung von Fibro- zu Myoblasten und der damit einhergehenden

Induktion funktionsfähiger Skelettmuskelzellen eignet sich die Verwendung

eines spezifischen myod-Markers hervorragend zur Analyse der muskulären

Differenzierung in Stadien, in denen beispielsweise bereits eine Suppression

der pax3-Expression erfolgt (Rudnicki et al., 1993; Tapscott, 2005).

Die verdeutlichten Resultate der myod-in-situ-Hybridisierungen an

Embryonen im 26+ Somiten-Stadium konnten signifikante Veränderungen

der embryonalen Entwicklung der Skelettmuskulatur infolge eines atoh8-

Knockdowns nachweisen. Aufgrund des myod-Expressionsmusters wurde

gezeigt, dass die von Devoto beschriebene v-förmige Ausprägung der

Somiten (Devoto et al., 1996; van Eeden et al., 1996) nicht stattfindet.

Anstelle differenzierter, deutlich voneinander abgrenzbarer Somiten sind in

der Gruppe der Morphanten zumeist wolkenförmige Anordnungen myogener

Zellmassen nachweisbar.

Versuche mit Embryonen älterer embryonaler Stadien (48 hpf) wiesen in

allen untersuchten Testgruppen eine deutlich verminderte myod-

Genexpression auf. Die muskulären Defekte in der Gruppe der Morphanten

ließen sich auch in diesem Stadium bestätigen. Wie bereits beschrieben

kommt myod die größte Funktionalität während der frühen myogenen

Differenzierung zu (Kadi et al., 2005). Diese ist jedoch nach mehr als 48 hpf

abgeschlossen, wie die kompartimentierten Somitenstrukturen beider

Testgruppen des gleichen Stadiums in Analogie zu den anatomischen

Beschreibungen Kimmels verdeutlichen (Kimmel et al., 1995). So ist eine

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Verminderung der nachweisbaren myod-Genexpression schlüssig, denn

auch nach Tapscott findet nach den ersten zellulären Determinierungen über

verschiedene Regulationsmechanismen eine zwar dauerhafte, aber sehr

geringfügige myod-Expression auch in den sich weiter differenzierenden

Myoblasten zur Umstellung einer spezifischen Proteinproduktion statt, um

eine Ausdifferenzierung der Zellen zu gewährleisten (Tapscott, 2005).

Trotz der beobachteten ausgeprägten Defekte der embryonalen

Differenzierung muskulärer Strukturen muss in Analogie zur dennoch

stattfindenden Anfärbung und somit myod-Expression eine Bildung

funktionsfähiger Myozyten angenommen werden, da Rudnicki und Kassar-

Duchossoy beschreiben, dass die Anwesenheit von myod zur Induktion

funktionsfähiger Myozyten genügt (Rudnicki et al., 1993; Kassar-Duchossoy

et al., 2004). Diese Ergebnisse weisen deutliche Differenzen zu Yao et al.

auf, wonach der atoh8-Knockdown die Expression von myod stört (Yao et al.,

2010). Da jedoch eine eindeutige Färbung muskulärer Strukturen in allen drei

Testgruppen nach myod-in-situ-Hybridisierung mit gleicher Intensität

stattfindet und sich aufgrund anatomisch defekter Anordnung der myogenen

Zellen lediglich ein anderes Muster darstellt, weist dies auf eine ausgeprägte

Beeinflussung der Skelettmuskelentwicklung, jedoch keinesfalls auf eine

direkte Beeinflussung der myod-Expression hin. Aufgrund der ungenügenden

Entwicklung zu physiologischen Myotomen und der vermutlich

ausbleibenden Septierung und Anordnung von Muskelfaserbündeln wird trotz

erhaltener zellulärer Funktion eine gerichtete, koordinierte Bewegung

dennoch nur unzureichend möglich sein.

Atoh8 wird aufgrund der Ergebnisse ein großer Einfluss auf die

Differenzierung von Zellpopulationen, welche für die Ausprägung

strukturierter Somiten und der Ausprägung von Myosepten von wesentlicher

Bedeutung sind, zugeschrieben. Nach myod-in-situ-Hybridisierungen wurden

bandförmige, zelluläre Anfärbungen von vermutlich nicht der physiologischen

Entwicklung entsprechenden, undifferenzierten, myogenen

Zellansammlungen anstelle der Ausbildung von Somiten teilenden

Myosepten nachgewiesen. Darüber hinaus ergeben die Ergebnisse

durchgeführter Dünnschnittanalysen deutliche Hinweise darauf, dass durch

einen atoh8-Knockdown Defekte in der Entwicklung der von Thisse

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beschriebenen adaxialen Region der Somiten (Thisse et al., 1993)

entstehen. Bereits durch Felsenfeld wurden während der embryonalen

Entwicklung in der adaxialen Region der Somiten insbesondere als

Pionierzellen bezeichnete myogene Vorläuferzellen nachgewiesen

(Felsenfeld et al., 1991). Die Resultate der atoh8-Knockdown Experimente

weisen diesbezüglich auf eine signifikante Beeinflussung exakt dieser

Zellpopulation hin, da einige der beobachteten Defekte direkt mit der

Funktion der Pionierzellen assoziiert sind. Einerseits wies van Eeden eine

Migration der zunächst adaxial liegenden Pionierzellen nach lateral und

anterior nach (van Eeden et al., 1996), sodass sich eine von Devoto als v-

förmige Ausprägung der Somiten beschriebene Form bildet (Devoto et al.,

1996). Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass eine Ausprägung dieser

typischen Somitenform nach atoh8-Knockdown ausbleibt. Andererseits

differenzieren Pionierzellen im Verlaufe der embryonalen Entwicklung zudem

zu langsamen Muskelfasern, entlang der migrierten Pionierzellen entsteht

dabei ein horizontales Myoseptum, welches spätere epaxiale von hypaxialen

Muskelanteilen trennt (Devoto et al., 1996; Kimmel et al., 1995). Eine klare

Abgrenzung von horizontalen Myosepten kann in Morphanten ebenfalls nicht

beobachtet werden, sodass in Zusammenschau der Resultate eine

Abhängigkeit der „pioneer cells“ von dem Transkriptionsfaktor atoh8 als sehr

wahrscheinlich gilt. Eine signifikante Beeinflussung der Pionierzellen

bestätigte sich zudem durch weitere, von M. Breuer durchgeführte Analysen

der zu den muskulären Regulationsfaktoren gehörenden

Transkriptionsfaktoren myf5 und myog (Breuer, 2013). Weitere

Versuchsreihen zur genauen Analyse der Entwicklung der Pionierzellen

sollten sich anlehnend an die Ergebnisse anschließen. Eine von Hatta bereits

beschriebene Expression des Homeobox Proteins Engrailed findet spezifisch

in Pionierzellen statt (Hatta et al., 1991), sodass beispielsweise über weitere

in-situ-Hybridisierungen oder immunhistochemische Versuche eine

spezifische Anfärbung zur detaillierten Analyse dieser Zellen erreicht werden

kann.

Wie Devoto bereits nachgewiesen hat, existieren neben den langsamen,

roten Muskelfasern, welche überwiegend aus den Pionierzellen entstehen,

auch schnelle, weiße Muskelfasern (Devoto et al., 1996). Im Gegensatz zu

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90

den im Verlauf oberflächlich liegenden langsamen Muskelfasern befinden

sich die weißen Muskelfasern eher in den tiefen Schichten der

Skelettmuskulatur (Hirsinger et al., 2004; Ochi and Westerfield, 2007).

Aufgrund der Abhängigkeit der Pionierzellen von atoh8 sind bei Defekten im

atoh8-Gen im Rahmen der Entwicklung insbesondere Defekte der

oberflächlich gelegenen langsamen Muskelfasern zu erwarten. Bezogen auf

klinische Aspekte würden kongenitale Myopathien ableitbar sein, die

insbesondere durch Defekte der Stütz- & Haltemuskulatur bzw. der Anteile

der Skelettmuskulatur, die für eine kontinuierliche Leistung über längere Zeit

bei geringem Kraftaufwand verantwortlich sind, gekennzeichnet wären

(Silbernagl and Despopoulos, 2012).

Basierend auf den Erkenntnissen könnten sich weiterführende Experimente

mit der genauen Ausprägung der verschiedenen Muskelfaserarten

beschäftigen und somit eine eventuelle Abhängigkeit der Embryogenese

langsamer Muskelfasern von atoh8 nachweisen. Beispielsweise würde die

Analyse der slow myosin heavy chain (smhc)-Genexpression (Devoto et al.,

1996) spezifische Resultate bezüglich der Entstehung von Defekten in

langsamen Muskelfasern darstellen, da eine spezifische Expression in

Pionierzellen und im Laufe der Entwicklung schließlich in langsamen

Muskelfasern nachgewiesen wurde (Devoto et al., 1996; Hatta et al., 1991).

Darüber hinaus könnte eine exakte Analyse exprimierter smhc-

Proteinstrukturen in langsamen Muskelfasern durch immunhistochemische

Antikörper-Experimente ebenfalls auf Proteinebene stattfinden.

5.4 Atoh8 beeinflusst die kardiale Entwicklung

Neben den beschriebenen Effekten auf die Skelettmuskelentwicklung

beeinflusst atoh8 auch die Embryogenese der kardialen Muskulatur. Erste

Hinweise ergaben sich durch atoh8-in-situ-Hybridisierungen, welche eine

spezifische atoh8-Genexpression in kardialen Anlagen nachwiesen.

Basierend auf Nguyens Ausführungen über die Entwicklung kardialer

Funktionen des Zebrafisches (Nguyen et al., 2008) wurde nach atoh8-

Knockdown-Experimenten in einer Vielzahl untersuchter Embryonen der

Morpholino-Gruppe eine ausgeprägte Veränderung der kardialen

Kontraktilität nachgewiesen, die Rhythmik schien im Vergleich zu beiden

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91

Testgruppen ebenfalls verändert. Aufgrund der Komplexität der embryonalen

Entwicklung des kardiovaskulären Systems wurden Embryonen aller

Testgruppen in verschiedenen Stadien beobachtet. In den Morpholino-

Gruppen war die Sterberate bereits nach mehr als 30 hpf deutlich erhöht. So

erhärtet sich der Verdacht, dass atoh8 ausgeprägten Einfluss auf die

Entwicklung des kardiovaskulären Systems hat. Exakt in dem Abschnitt der

embryonalen Entwicklung gewinnt nämlich das kardiovaskuläre System

durch den Beginn einer suffizienten Blutzirkulation zunehmend an

Bedeutung. Aufgrund dieser Annahmen wurden in Analogie zur Auswertung

muskulärer Strukturen erneut in-situ-Hybridisierungen zur Analyse kardialer

Veränderungen durchgeführt. Die genutzten Marker färben dabei jeweils

spezifisch kardial exprimierte Gene, deren translatierte Proteinstrukturen

essentiell für die zuvor beschriebenen kardialen Funktionen sind.

5.4.1 Vmhc-Analysen

Nach Yelon findet eine spezifische vmhc- Genexpression in den sich zu

ventrikulären Myokardiozyten entwickelnden Zellen der kardialen Anlagen

des Zebrafisches statt (Yelon et al.,1999). Darüber hinaus stellt vmhc einen

essentiellen Anteil des Motorproteins Myosin dar, sodass ein Defekt des

Gens zu ausgeprägten Veränderungen der myokardialen Kontraktilität führt

(Alberts et al., 2002). Vmhc kann deshalb sehr gut als Marker für erste

Versuchsreihen verwendet werden.

Zunächst wurden mittels in-situ-Hybridisierungen verschiedener Stadien nicht

injizierter Embryonen die spezifisch kardiale Anfärbung und die im Rahmen

der kardialen Fusion erfolgende Migration der von Stainier und Yelon

beschriebenen paarig angelegten tubulären Systeme nach medial

nachgewiesen (Stainier et al., 1993; Yelon et al., 2000). Daran anschließend

wurden Versuchsreihen mit allen drei Testgruppen gleicher Stadien (26+

Somiten-Stadium) mit überraschenden Ergebnissen durchgeführt. Während

in beiden Kontrollgruppen den Maßgaben von Stainier entsprechende

kardiale (ventrikuläre) Strukturen, deutlich angefärbt, beobachtet wurden, war

in einer signifikanten Embryonenzahl der Morpholino-Gruppe keine kardiale

Färbung nachweisbar. Zwar ist die Interpretation von anatomischen Defekten

durch die fehlende Anfärbung dieser Testgruppe nicht präziser möglich,

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92

jedoch verweist dieses Ergebnis auf eine direkte oder auch indirekte

Abhängigkeit der vmhc-Genexpression von dem Transkriptionsfaktor atoh8.

Durch den Einsatz von Doppelhybridisierungen wurden die Resultate

bestätigt. Anhand der myod-Färbung wurde einerseits eine erfolgreiche

Hybridisierungsreaktion nachgewiesen, andererseits wurden bezüglich der

spezifischen vmhc-Anfärbung gleiche Resultate wie in den

Einzelhybridisierungen erzielt. Die Frage nach der unzureichenden Spezifität

der eingesetzten vmhc-Sonde kann aufgrund des positiven Nachweises in

beiden Kontrollgruppen verworfen werden, sodass die Ergebnisse für eine

signifikante Beeinflussung durch atoh8-Knockdown sprechen. Da in den

Versuchen mit Knockdown des atoh8-Gens, nicht mit Knockout, gearbeitet

wurde, sind in der Testgruppe der Morphanten geringe Embryonenzahlen mit

leichter kardialer Anfärbung, allerdings bei prägnant veränderter kardialer

Struktur, erklärbar. Aufgrund der Verdünnung der Morpholinokonzentration

während der fortschreitenden Zellteilungen kann in einigen Zellen wieder

eine atoh8-Expression stattfinden und die nachfolgende Regulation

bestimmter Gene, die bislang gestört war, ausgelöst werden. Bis zu dem

Zeitpunkt determinierte Defekte werden dadurch allerdings nicht verändert.

Auch in der Testgruppe der mit Kontrollsubstanz injizierten Embryonen

wurde im Vergleich zu den nicht injizierten Embryonen eine geringe Anzahl

kardial veränderter Strukturen, bzw. schwach angefärbter Strukturen

nachgewiesen. Da sich im Vergleich zur Gruppe der Morphanten dennoch

signifikante Unterschiede zeigen, sind die beobachteten Veränderungen in

der Kontrollgruppe am ehesten durch die Manipulation embryonaler Zellen

während der Durchführung der Mikroinjektion selbst entstanden.

Die beobachtete Beeinflussung der vmhc-Expression in der Morpholino-

Gruppe unterstreicht die Beobachtungen an lebenden Embryonen der

gleichen Testgruppe bezüglich der nur schwach ausgeprägten myokardialen

Kontraktilität, denn Defekte im Motorprotein Myosin führen zum

Funktionsverlust kontraktiler Strukturen. Von Seidman wurde in

humanmedizinischen Forschungen bereits die große Bedeutung von

Defekten in verschiedenen myosin heavy chain-Genen (mhc) nachgewiesen,

da Defekte in bestimmten Formen der Myosinketten zu familiären, dilatativen

und obstruktiven Kardiomyopathien führen können (Seidman and Seidman,

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2001). Andere Studien haben beispielsweise den Einfluss funktionsfähiger

Myosinketten auf die strukturelle Entwicklung des Herzens nachgewiesen, da

einzelne Formen der menschlichen, schweren Myosinkette mit der Bildung

von Vorhofsepten assoziiert sind, denn Genmutation betroffener Gene

verursachen Vorhofseptumdefekte (Ching et al., 2005). Durch den

Knockdowneffekt und der resultierenden Beeinflussung der vmhc-

Genexpression wird es folglich nicht nur zur reinen Funktionseinschränkung

bezüglich der kontraktilen Leistung kommen, es werden darüber hinaus

strukturelle Defekte im Rahmen der embryonalen Entwicklung aus dem

Mangel an vmhc hervorgehen.

Die beobachteten Resultate geben Anlass zur Untersuchung einiger

Schlüsselstellen genau der Abfolgen aktivierter Gene, die während der

embryonalen Entwicklung des Zebrafisches zur Induktion und Steuerung der

vmhc-Genexpression führen. Neben der direkten Beeinflussung der vmhc-

Genexpression könnte atoh8 nämlich gleichermaßen die zur vmhc-

Produktion obligaten Faktoren beeinflussen, sodass daraus die beobachteten

Effekte resultieren. Wie bereits beschrieben sind vielfältige Mechanismen an

der Induktion und Steuerung der vmhc-Genexpression beteiligt (vgl. Kapitel

1.3.3). So ist beispielsweise das pan-Gen wesentlich an der Initialisierung zur

Differenzierung myokardialer Vorläuferzellen beteiligt (Stainier et al., 1996),

Yelon wies dabei nach, dass darüber hinaus eine signifikante Abhängigkeit

der frühen vmhc-Genexpression von der pan-Aktivität besteht (Yelon et al.,

1999). Transkriptionsfaktoren wie hand2 (Yelon et al., 2000), gata5 und fgf8

(Reiter et al., 1999) sind neben der myokardialen Differenzierung ebenfalls

an der Induktion der vmhc-Expression beteiligt. Darüber hinaus sind weitere

Transkriptionsfaktoren der gata-Familie an der Induktion der vmhc-

Genexpression beteiligt, denn Park beschrieb mittels Promotoranalysen,

dass gata4 und gata6 ebenfalls essentielle Schlüsselfunktionen in der

Induktion übernehmen (Park et al., 2009). In jüngsten atoh8-Studien konnten

Rawnsley und Kollegen eine Beeinflussung und Regulierung des

Transkriptionsfaktors gata4 durch atoh8 während der Embryogenese des

Zebrafisches nachweisen (Rawnsley et al., 2013). Da folglich bei atoh8-

Knockdown eine fehlgesteuerte Regulierung der gata4-Expression erfolgt,

muss die von gata4 regulierte Induktion der vmhc-Expression ebenso

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beeinträchtigt sein; es resultiert in Analogie zu den Beobachtungen eine

verminderte bzw. fehlende vmhc-Genexpression.

Während der embryonalen Entwicklung findet jedoch nicht nur eine

Steuerung der Induktion der vmhc-Expression statt, sondern auch eine

Regulierung und Suppression während der Expression. Das Homeobox

Protein nkx2.5, ein spezifischer Transkriptionsfaktor des präkardialen

Mesoderms (Chen et al., 1996), trägt beispielsweise zur selektiven vmhc-

Genexpression ventrikulärer Zellen durch Suppression in atrialen Zellen bei

(Jin et al., 2009). Da jedoch in einer Vielzahl der Morphanten aufgrund der

vmhc-Beeinflussung erst gar kein Expressionsmuster nachweisbar war, sind

Rückschlüsse bezüglich der atrialen Suppression im Verlauf nicht möglich.

Eine Abhängigkeit des Transkriptionsfaktors nkx2.5 von atoh8 kann daher

nicht beurteilt werden.

Abbildung 23 stellt eine Übersicht der wichtigsten Entwicklungsschritte der

kardialen Embryogenese mit möglichen Punkten der atoh8- Beeinflussung

dar.

Es wäre interessant ob mittels weiterer in-situ-Hybridisierungen oder

immunhistochemischer Analysen eine manifeste Abhängigkeit der für die

vmhc-Genexpression erforderlichen Regulation von atoh8 nachweisbar wäre.

Aufgrund der Ergebnisse würde insbesondere die Untersuchung der

Regulation und der Epistase der Gene atoh8-gata4-vmhc sinnvoll sein.

5.4.2 Ncx-1-Analysen

In dieser Versuchsreihe wurde als Marker der in-situ-Hybridisierungen ncx-1

genutzt. Nachdem die vmhc-Hybridisierungen signifikante Ergebnisse

lieferten, jedoch aufgrund der damit verbundenen fehlenden kardialen

Anfärbbarkeit in der Gruppe der Morphanten keine prägnanten Aussagen

über anatomische Veränderungen kardialer Strukturen ermöglicht wurden,

sollte der Einsatz des ncx-1-Markers mehr Aufschluss über strukturelle

Veränderungen bringen. Darüber hinaus wurde mit vmhc bereits die

Kontraktilität beleuchtet. Mittels ncx-1-Analysen soll dagegen der Einfluss

des Knockdowns auf die Rhythmik der Herzaktionen betrachtet werden, da

Beobachtungen an lebenden Morphanten den Verdacht einer Beeinflussung

der kardialen Rhythmik nahe legten. Langenbacher wies bereits nach, dass

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der Natrium-Calcium-Austauscher-1 über die Induzierung eines

Calciumausstromes nach extrazellulär nach vollendeter Kontraktion

wesentlich an der intrazellulären Calcium-Homöostase beteiligt ist und

Defekte dieses Gens zu ausgeprägten Arrhythmien führen (Langenbacher et

al., 2005). Weitere Studien haben darüber hinaus gezeigt, dass die ncx-1-

Aktivität bereits während der Embryonalentwicklung kardialer Strukturen von

wesentlicher Bedeutung ist (Rottbauer et al., 2001).

Die Ergebnisse veranschaulichen den signifikanten Einfluss des atoh8-

Knockdowns auf die strukturelle Entwicklung des Herzens. Aufgrund

fehlender Abgrenzbarkeit einzelner Herzhöhlen und offensichtlichen

Defekten in der Ausbildung der von Stainier beschriebenen tubulären

Systeme im entsprechenden Stadium ist anhand der Anfärbung im Vergleich

zu beiden Kontrollgruppen lediglich eine undifferenzierte Ansammlung

myokardialer Zellen beobachtbar. Eine Septierung einzelner Herzhöhlen

scheint demnach nicht zu erfolgen. Eine kardiale Fusion beider tubulärer

Vorläufersysteme (Stainier et al., 1993), wie sie während der physiologischen

Entwicklung im 26+ Somiten-Stadium bereits stattgefunden hat (vgl. Kapitel

4.4.1), ist nicht nachweisbar; meist sind noch paarig angelegte,

undifferenzierte Strukturen angefärbt. Diese Beobachtungen ließen sich auch

hier durch die Durchführung von Doppelhybridisierungen bestätigen.

Der Vorgang der Fusion ist bislang weitgehend unverstanden, nur einzelne

verantwortliche Komponenten für die Induktion der Migration beider

Vorläufersysteme nach medial sind erfasst. Atoh8 könnte demnach die

Expression des bHLH Transkriptionsfaktors hand2 (Yelon et al., 2000) oder

des miles apart-Gens (mil) (Kupperman et al., 2000) beeinflussen, denn für

beide Gene ist eine Wirkung auf die kardiale Fusion nachgewiesen. Yelon

wies darüber hinaus nach, dass eine Population endodermaler Zellen,

welche ebenfalls im Rahmen der Embryogenese nach medial wandert, mit

myokardialen Vorläuferzellen in Kontakt steht und an der Fusion beteiligt ist

(Yelon, 2001). Weitere Studien konnten diesbezüglich zeigen, dass

Mutationen im mil-Gen neben Differenzierungsstörungen endodermaler

Zellen mit kongenitalen Herzanomalien einher gingen (Alexander et al., 1999;

Kikuchi et al., 2000). Es erscheint demnach sinnvoll, weitere Untersuchungen

bezüglich dieser Gene mittels spezifischer in-situ-Hybridisierungen

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darzustellen und unter dem Einfluss von atoh8-Knockdown-Experimenten zu

analysieren. Des Weiteren könnte eine spezifische Untersuchung der von

Yelon beschriebenen endodermalen Zellen bezüglich einer Abhängigkeit von

atoh8 untersucht werden.

Da der Nachweis voneinander abgrenzbarer Herzhöhlen in der Gruppe der

Morphanten nicht gelang, stellt sich nach den Beobachtungen die Frage

nach einer defekten Ausbildung atrioventrikulärer Septen. Wie zuvor

beschrieben liegt zumindest nach humanmedizinischen Untersuchungen

nach Ching eine Abhängigkeit der Ausbildung atrialer Septen vom

Vorhandensein bestimmter Myosinketten vor (Ching et al., 2005). Aufgrund

der Ergebnisse der vmhc-Analysen könnte daher eine Beeinträchtigung der

Septierung durch die defekte vmhc-Genexpression in Knockdown-

Experimenten stattfinden, jedoch ist fraglich, ob die Untersuchungen auf den

Zebrafisch projizierbar sind.

Auch Defekte in der Ausprägung der von Eisenberg beschriebenen

atrioventrikulären Kissen, die im Laufe der embryonalen Entwicklung zu

atrioventrikulären Klappen und somit zur strukturierten Teilung zwischen

Vorhof und Ventrikel führen, (Eisenberg and Markwald, 1995), sind im

Rahmen eines atoh8-Knockdowns möglich. Da nach Walsh das jekkl-Gen

wesentlich an der Entwicklung der Herzklappen beteiligt ist, könnten in

nachfolgenden Experimenten Abhängigkeiten dieses Gens von der atoh8-

Präsenz untersucht werden (Walsh and Stainier, 2001).

Im Allgemeinen würde man bei einer derart frühen Beeinflussung der

embryonalen Entwicklung, insbesondere der frühen kardialen

Progenitorzellen, durch atoh8-Knockdown erwarten, dass somit nicht nur

einzelne Abfolgen, sondern komplexe Entwicklungsschritte im Verlauf gestört

sein müssen. So würden neben einer fehlerhaften vmhc-Expression und

neben der vielen bereits zuvor beschriebenen, möglichen

Genbeeinflussungen auch einige weitere Prozesse wie beispielsweise die

von Veerkamp und Kollegen dargestellten zellulären Migrationsprozesse im

Verlauf nur fehlerhaft ablaufen und kardiale Malformationen würden

resultieren (Veerkamp et al., 2013).

Die statistische Analyse der Ergebnisse verweist neben den signifikanten

Veränderungen in der Testgruppe der Morphanten jedoch auch in beiden

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Kontrollgruppen zu jeweils bestimmten Anzahlen auf kardiale

Veränderungen. Diese Auffälligkeit erklärt sich durch die Wichtung der

beobachteten Veränderungen, denn sowohl veränderte Anfärbungen als

auch morphologisch-strukturelle Veränderungen wurden als „Veränderung“

gewertet. Während sich in der Morpholino-Gruppe in hohem Maße

anatomische Defekte kardialer Strukturen bei teils schwacher Färbung

zeigten, wurden in den Kontrollgruppen zumeist lediglich Veränderungen der

Anfärbung bei sonst physiologischer Herzformation beobachtet.

Einerseits bedeutet dies, dass eine direkte Beeinflussung der ncx-1-

Expression durch atoh8 aufgrund einer nachweisbaren Färbung in allen

Testgruppen offenbar nicht stattfindet. Insbesondere in der Gruppe der

Morphanten würde in Analogie zu den vmhc-Ergebnissen bei direkter

Beeinflussung eine signifikant ausbleibende Färbung erwartet werden, es

zeigte sich jedoch in den meisten Fällen eine, wenn auch teils schwache,

Färbung. Demnach können beobachtete Veränderungen der kardialen

Rhythmik, die nach Pogwizd bei Defekten im ncx-1-Gen bis zum plötzlichen

Herztod führen können (Pogwizd et al., 1999), nicht direkt auf eine

Beeinflussung der ncx-1-Expression zurückgeführt werden.

Andererseits müssen Faktoren vorhanden sein, die das Färbeverhalten der

eingesetzten Sonde beeinflussen, da in allen Testgruppen zu bestimmten

Anzahlen verminderte Anfärbungen beobachtbar waren. Verminderte

Anfärbungen allein in der Morpholino-Gruppe ließen den Schluss einer

geringeren ncx-1-Expression durch die Verringerung der effektiv

differenzierten Zellzahl aufgrund von entstandenen Malformationen zu. Die

ncx-1-Genexpression selbst bliebe dabei allerdings von atoh8 unbeeinflusst.

Da jedoch in allen Testgruppen Farbveränderungen beobachtbar waren,

können beispielsweise Eigenschaften der in den in-situ-Hybridisierungen

eingesetzten Sonde eine mögliche Ursache dieser Beobachtung sein.

Möglich wäre weiterhin eine instabile Anfärbung, die zu den Ergebnissen

führt. Darüber hinaus könnte es aus ungeklärten Ursachen zu einer

tatsächlichen Abnahme der Expression ab einem bestimmten Stadium auch

in den Kontrollen kommen.

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Abbildung 23. Schritte der kardialen Embryogenese.

Die Abbildung veranschaulicht die wichtigsten Schritte der kardialen Embryogenese und die

Beeinflussung einzelner Schritte durch verschiedene Gene. Atoh8 scheint nach den

Ergebnissen an verschiedenen Stellen der Entwicklung eine Rolle zu spielen, von Rawnsley

und Kollegen nachgewiesen ist der Einfluss auf gata4 (Rawnsley et al., 2013).

5.4.3 Embryonen in späteren Entwicklungsstadien

Die Ergebnisse der Versuchsreihen haben deutlich erhöhte Sterberaten der

Embryonen aus den Morpholino-Testgruppen ab einer Altersgrenze von etwa

30 hpf gezeigt. Nach 48 hpf haben nur noch geringe Anzahlen dieser

Testgruppen überlebt, sodass hier eine Strukturanalyse von Skelett- &

Herzmuskulatur zur Ergebnisverfälschung führen würde. Es ist nämlich

davon auszugehen, dass ausschließlich diejenigen Embryonen dieser

Gruppe überlebten, in denen beispielsweise die Morpholinoverteilung nur

unzureichend geglückt ist und somit der Knockdown insbesondere in

prägenden Anfangsstadien der Entwicklung nur mäßig erfolgreich war.

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Folglich hat atoh8 derart tief greifende Einflüsse auf die embryonale

Entwicklung des Zebrafisches, dass der Knockdown des Gens zu

lebensbedrohlichen Anomalien führt. Da sich gezeigt hat, dass die Sterberate

erst ab einer bestimmten Altersgrenze deutlich zunimmt, liegt die Vermutung

nahe, dass die ausgeprägten Anomalien des kardialen Systems, wie sie in

dieser Arbeit nachgewiesen werden konnten, zum vermehrten Sterben der

Embryonen führen. In Analogie zu Nguyens Beobachtungen, nach denen in

Embryonen ab dem 26+ Somiten-Stadium erste koordinierte kardiale

Kontraktionen im Sinne eines Pumpvorganges erfolgen (Nguyen et al.,

2008), findet also frühestens ab etwa 24 hpf mit der Ausprägung des

Gefäßsystems die Ausbildung einer kardiovaskulären Zirkulation statt

(Kimmel et al., 1995). Zuvor werden die embryonalen Zellen über

Diffusionsvorgänge versorgt. Demnach erfolgt die zelluläre Versorgung ab 24

hpf zunehmend über das kardiovaskuläre System. Ergeben sich während der

embryonalen Entwicklung ausgeprägte Defekte des kardiovaskulären

Systems, ist der Organismus nicht dauerhaft lebensfähig.

Wegen der geringen Anzahl an Morpholino-Embryonen im 48 hpf-Stadium

war die Untersuchung der Kontraktilität und Rhythmik des Herzens nicht

möglich, jedoch ergab die Beobachtung früherer Stadien Hinweise auf

Veränderungen der Rhythmik. Es ist allerdings fraglich, ob einzelne Proteine,

wie Ionenkanäle, die zur Aufrechterhaltung der Elektrolythomöostase dienen,

durch atoh8 beeinflusst werden und so zu Arrhythmien führen können oder

ob tiefgreifende Schäden in der strukturellen Entwicklung des Herzens eine

koordinierte, rhythmische Kontraktilität ausschließen. So differenzieren sich

beispielsweise am atrioventrikulären Übergang, welcher, wie in dieser Arbeit

beschrieben wurde, durch atoh8-Knockdown maßgeblich verändert ist,

gelegene Myokardiozyten zu langsam leitenden Zellen und gewähren

koordinierte Erregungsüberleitungen auf den Ventrikel (Chi et al., 2008).

Auch die Ausbildung eines Trabekelwerkes mit zunehmender Myokarddicke

führt zur Koordination der Reizweiterleitung, sodass eine defekte

Myokardstruktur mit ausgeprägten Arrhythmien einhergehen kann (Sedmera

et al., 2003).

Die durch den atoh8-Knockdown hervorgerufenen Veränderungen der

Differenzierung myokardialer Strukturen sind einerseits signifikant

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ausgeprägt, andererseits sind genaue Zuordnungen einzelner, betroffener

Regulationsmechanismen, die für die Ausprägung bestimmter Merkmale

verantwortlich sein könnten, äußerst schwierig zu treffen, da, wie in vorigen

Kapiteln bereits deutlich wird, multiple, ineinander greifende

Regulationsmechanismen die embryonale Entwicklung bestimmen. Zelluläre

Differenzierungsprozesse werden über teils komplexe Aktivierung bestimmter

Abfolgen von Genen induziert und gesteuert. Zudem sind viele embryonale

Prozesse der kardialen Entwicklung nur unvollständig verstanden, sodass

vielfach eine Beeinflussung von bislang nur teils nachvollziehbaren

Signalkaskaden auch nur unzureichend nachweisbar ist.

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6. Zusammenfassung

In verschiedenen Studien mit Zebrabärblingen wurde bereits der vielfältige

Effekt des bHLH Transkriptionsfaktors atoh8 auf verschiedene Gewebe

während der Embryonalentwicklung nachgewiesen (Wang et al., 2009).

Infolge dessen wurde während der embryonalen Entwicklung des

Zebrafisches eine Transkription des atoh8-Gens sowohl in der sich

differenzierenden Skelettmuskulatur, als auch in der kardialen Anlage

beobachtet (Yao et al., 2010).

Die Beobachtungen führen zu der Fragestellung, inwiefern die strukturierte

Entwicklung unterschiedlicher Gewebe durch die Anwesenheit von atoh8

geprägt ist. Daher beschäftigt sich diese Arbeit mit dem Einfluss des

Transkriptionsfaktors atoh8 auf die embryonale Entwicklung der Skelett- &

Herzmuskulatur des Zebrafisches.

Zur spezifischen Darstellung der jeweils untersuchten Gewebe wurden whole

mount in-situ-Hybridisierungen mit gewebespezifischen Markern an

Zebrafischembryonen unterschiedlicher Stadien durchgeführt; durch

Anfärbung der Hybridreaktionen entsteht ein für das jeweils spezifisch

beobachtete Gen typisches Expressionsmuster auf mRNA-Ebene. Zur

Untersuchung des atoh8-Einflusses auf die betrachteten Gewebe wurden

Knockdown-Experimente durchgeführt. Diese erfolgten mittels Einsatz

spezifischer Morpholinos, welche per Mikroinjektion in die

Zebrafischembryonen eingebracht wurden. Anatomisch-morphologische

Analysen wurden nach den Grundlagen, beschrieben von Kimmel und

Stainier (Kimmel et al., 1995; Stainier et al., 1993), durchgeführt.

Während pax3a-in-situ-Hybridisierungen aufgrund der während der

Embryonalentwicklung sehr frühen Einflüsse des pax3-Gens auf die

myogene Differenzierung keine signifikanten Ergebnisse in den

beobachteten Embryonenstadien lieferten, verdeutlichen Resultate aus

myod-in-situ-Hybridisierungen dieser Arbeit den ausgeprägten Einfluss des

Transkriptionsfaktors atoh8 auf die Entwicklung der für die Embryogenese

der Skelettmuskulatur verantwortlichen Somiten. Unter atoh8-Knockdown

traten signifikante Defekte der beobachteten Somitenstrukturen auf, wobei im

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Gegensatz zu den Beobachtungen Yaos (Yao et al., 2010) keine direkte

Beeinflussung auf die myod-Genexpression selbst nachweisbar war. Darüber

hinaus wurde eine defekte Ausprägung horizontaler Myosepten der

Somitenstrukturen mit aufgehobener v-Form (Devoto et al., 1996)

nachgewiesen, eine differenzierte Darstellung adaxialer Zellstrukturen in

Knockdown-Versuchen war ebenso nicht möglich.

Analysen der kardialen Entwicklung wurden im Rahmen dieser Studie analog

durchgeführt. Beobachtungen an zunächst lebenden Knockdown-

Embryonen verdeutlichten den Effekt auf die Entwicklung kardialer Anlagen.

Einerseits wurden im Vergleich zu Nguyens Ausführungen (Nguyen et al.,

2008) ausgeprägte Veränderungen der Kontraktilität bei arrhythmischer

Aktivität beobachtet, andererseits nahm die Sterberate der atoh8-

Morphanten ab Stadien, in denen die kardiovaskuläre Zirkulation zunehmend

an Bedeutung gewinnt (Kimmel et al., 1995) massiv zu.

Mittels in-situ-Hybridisierungen wurden daher spezifisch eingesetzte Marker

zur Untersuchung zweier verschiedener Gene unterschiedlicher, kardialer

Funktionsbereiche analysiert, sodass Rückschlüsse auf Kontraktilität und

Rhythmik des Herzens ermöglicht wurden.

Untersuchungen von in-situ-Hybridisierungen mit vmhc-Marker erbrachten

aufgrund der nicht nachweisbaren kardialen Färbung der Morphanten keine

eindeutigen Hinweise auf anatomische Strukturveränderungen, allerdings

konnte durch das Färbeverhalten erstmalig eine signifikante, direkte

Abhängigkeit der vmhc-Genexpression von dem Transkriptionsfaktor atoh8

nachgewiesen werden. Aufgrund der damit verbundenen eingeschränkten

Funktion des Myosins sind charakteristische, myokardiale Kontraktionen

nicht möglich. Die Entstehung von kongenitalen Kardiomyopathien wäre

begünstigt, wie Seidman in humanmedizinischen Studien über verschiedene

mhc-Proteine nachweisen konnte (Seidman and Seidman, 2001). Da die

Steuerung der vmhc-Genexpression auf der regulierten Aktivierung

unterschiedlicher Transkriptionsfaktoren wie beispielsweise gata4 beruht, ist

eine exakte Zuordnung der durch atoh8 beeinflussten Kaskaden bislang nicht

möglich. Es erhärtet sich jedoch der Verdacht einer Beeinflussung der

Abfolge der Gene atoh8-gata4-vmhc, da nach Park dem gata4-Gen eine

Schlüsselrolle in der Induktion der vmhc-Genexpression zukommt (Park et

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103

al., 2009) und gata4 selbst nachweislich durch atoh8 beeinflusst wird

(Rawnsley et al., 2013).

Durch die Darstellung des nach ncx-1-in-situ-Hybridisierungen angefärbten

Expressionsmusters wurden signifikant ausgeprägte, kardiale

Strukturveränderungen nach Knockdown nachgewiesen. Eine direkte

Beeinflussung des ncx-1-Gens selbst konnte dabei im Gegensatz zu vmhc-

Resultaten allerdings nicht nachgewiesen werden, sodass Rückschlüsse auf

die Beeinträchtigung der kardialen Kontraktionsrhythmik durch

möglicherweise hervorgerufene Defekte in der ncx-1-Genexpression im

Rahmen des atoh8-Knockdowns nicht möglich waren. Aufgrund von

Veränderungen der kardialen Anfärbung aller untersuchten Testgruppen

sollte die Spezifität der in den in-situ-Hybridisierungen eingesetzten ncx-1-

Sonde überprüft werden. Dennoch weisen die in den Morphanten

beobachteten kardialen Strukturveränderungen einerseits auf eine

Beeinflussung der kardialen Fusion (Yelon, 2001) der zunächst paarig

angelegten tubulären Vorläuferstrukturen als auch auf eine Beeinträchtigung

der Strukturierung des atrioventrikulären Überganges hin.

Aufgrund der beobachteten, spezifischen Veränderungen myogener

Strukturen, könnten sich nachfolgende Experimente mit der Frage der

Beeinflussung der für die Ausprägung horizontaler Myosepten und

Ausbildung typischer Somitenformen verantwortlichen pioneer cells

(Felsenfeld et al., 1991) beschäftigen. In dem Zusammenhang wäre die

Untersuchung einer Beeinflussung auf die Differenzierung langsamer

Muskelzellen hoch interessant, da pioneer cells nachweislich an deren

Entstehung beteiligt sind.

Anlehnend an die Resultate dieser Arbeit bleiben kardiale Veränderungen in

Hinblick auf die Auswirkung des atoh8-Gens auf die für die kardiale Fusion

verantwortlichen Gene weiterhin abzuklären. Auch die Untersuchung des

Einflusses auf Faktoren, welche an der embryonalen Abtrennung von Atrium

und Ventrikel und an der nach Eisenberg damit verbundenen Entwicklung

der Herzklappen beteiligt sind, erscheint sinnvoll. Darüber hinaus wäre eine

genaue Darstellung der Signalkaskade, die zur Beeinflussung der vmhc-

Genexpression durch den Transkriptionsfaktor atoh8 führt, überaus

interessant.

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8. Anhang

A1. Stand-Alone-Unit.

Die Zebrafische werden zu je etwa 25 Fischen/ Box in einer konstruierten Anlage gehalten,

die aufgrund genauer Einhaltung bestimmter Wasserparamter und zirkadianer Rhythmik

eine artgerechte Haltung ermöglicht.

A2. Chemische Strukturformeln von Morpholino und DN A im Vergleich.

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A3. Injektionsvorbereitungen.

Abgeschöpfte Embryonen werden entnommen, mittels E3-Medium in Schalen gespült und

zur Mikroinjektion unter dem Mikroskop auf eine Agarose-Gel Platte ausgerichtet (s. Abb. 3).

Das mittlere Foto zeigt einen Embryo im 4-Zell-Stadium; für eine Mikroinjektion ist der

Embryo in seiner Entwicklung bereits grenzwertig weit fortgeschritten.

Kreuztabelle

Injektion

keine Morpholino Gesamt

Anzahl 227 58 285 normal

% innerhalb von Injektion

98,3% 35,2% 72,0%

Anzahl 4 107 111

InSitu MyoD

veränderte Myotome % innerhalb von

Injektion 1,7% 64,8% 28,0%

Anzahl 231 165 396 Gesamt

% innerhalb von Injektion

100,0% 100,0% 100,0%

A4. Schematische Darstellung einer Vier-Felder-Tafe l.

Die Excel-Tabelle veranschaulicht die Konstruktion von Vier-Felder-Tafeln zur statistischen

Prüfung je zwei voneinander abhängiger Merkmale mittels Chi-Quadrat-Testungen und

anschließenden Odds-Ratio-Berechnungen. Die zu verwerfende Nullhypothese war bei den

Analysen stets die Unabhängigkeit des Auftretens von Veränderungen von der

Mikroinjektion.

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Danksagung

Zuerst möchte ich mich bei der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität

Bochum bedanken, die eine Promotion im Rahmen einer Forschungsarbeit

ermöglicht hat.

Für ihre tatkräftige Unterstützung im Rahmen des strukturellen Aufbaus der

Studie, ihre außerordentlichen Hilfeleistungen und konstruktive Kritik, möchte

ich mich insbesondere bei Frau Prof. Dr. Brand-Saberi bedanken.

Auch Frau A. Conrad möchte ich für ihre Hilfe bei Terminkoordinationen

danken.

Ein weiterer Dank geht an Frau Dr. Chankiewitz, die besonders an der

Bereitstellung der eingesetzten Sonden beteiligt war und die Etablierung der

Zebrafischanlage und Tierhaltung koordiniert hat.

Ganz besonders danken möchte ich Frau U. Ritenberg, Frau M. Otto und

Frau S. Wulf für ihre intensive technische Unterstützung sowohl im Bereich

der Tierpflege als auch in der Anfertigung von Schnittpräparaten und in-situ-

Hybridisierungen.

Zuletzt möchte ich M. Breuer und Dr. N. Maricic für ihre Unterstützung

danken.

Vielen Dank!

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Kevin Bockholt 18.06.1988

Angestrebte Tätigkeit

Arzt für Dermatologie

Berufserfahrung & Praktika

Praktisches Jahr 08.2012-12.2012 Dermatologie, Prof. Dr. Szeimies, Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen 12.2012-04.2013 Innere Medizin, Dr. Kühne, Prosper- Hospital Recklinghausen 04.2013-07.2013 Chirurgie, PD. Dr. Jakschik, Prosper- Hospital Recklinghausen

Famulaturen 03.2010 Anatomie, Prof. Dr. Brand-Saberi, Ruhr-

Universität Bochum 08.2010 Plastische Chirurgie/ Dermatologie, Gachon University, Südkorea (Seoul) 09.2011 Allgemeinmedizin, Dr. Wilimzig,

allgemeinmedizinische Praxis Dorsten 03.2011 Orthopädie/ Rheumatologie, Tygerberg Hospital, Südafrika (Kapstadt)

Promotion seit 10.2010 Dissertation im Rahmen der Forschungsarbeit: „Influence of transcriptional factor Atoh8 on skeletal and cardiac muscle development of zebrafish“, Prof. Dr. Brand-Saberi, Abteilung für embryologische Anatomie der Ruhr-Universität Bochum 11.2011 Vortrag: „Atoh8-Knockdown and muscle development“

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02.2012 Poster: „Einfluss von Atoh8 auf die Muskelentwicklung“

Hochschule Schulbildung bes. Kenntnisse/ Interessen

Zusätzliche berufliche Erfahrungen 02.2010 Vorpräparator im Organanatomie Kurs, Ruhr-Universität Bochum

04.2010-06.2010 studentische Hilfskraft im Biochemie Praktikum 11.2010 Workshop: Chirurgie zum Mitmachen WS 2010/2011 English for Medical Students, Abschlussnote 1,3 2007-2013 Studium der Humanmedizin an der Ruhr- Universität Bochum 09.2009 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung

(Physikum) mit der Gesamtnote „gut“

11.2013 2. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung mit der Gesamtnote “gut” bestanden

11.2013 Approbation als Arzt 1998-2007 Gymnasium Petrinum Dorsten,

(allg. Hochschulreife) Abiturnote 1,2

1994-1998 Albert-Schweitzer Grundschule Dorsten seit 2007 Stipendiat der Hans-Böckler Stiftung mit Studienstipendium 2008-2013 stellvertr. Stipendiatengruppensprecher Bochum und Ansprechpartner im Cluster Medizin 2007-2013 Jugendleiter der IGBCE-Ortsgruppe Hervest-Dorsten