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Seite: 1 16.11.2016 Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften Institut für Interkulturelle Bildung und Entwicklung Geflüchtete Frauen und ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt Ausgangslage, Herausforderungen, Perspektiven Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad TH Köln, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften Vortrag auf der Fachveranstaltung „Geflüchtete Frauen. Integration in den Arbeitsmarkt“ des „Netzwerk W“ am 15.11.2016, Stolzestr. 1a in Köln

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Geflüchtete Frauen und ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt

Ausgangslage, Herausforderungen, Perspektiven

Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad TH Köln, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften

Vortrag auf der Fachveranstaltung „Geflüchtete Frauen. Integration in den Arbeitsmarkt“ des „Netzwerk W“ am 15.11.2016, Stolzestr. 1a in Köln

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1. 2 Fallbeispiele

2. Geflüchtete Frauen – eine heterogene Gruppe

3. Ausgangslage: Was weiß man über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt – aus (möglichst) gendersensibler Perspektive?

3a. Einige Grunddaten

3b. Qualifikationsstrukturen

3c. Werte, Einstellungen, Pläne – was sagen die geflüchteten Frauen?

4. Barrieren

5. Gelingensbedingungen und Unterstützungsstrukturen

Gliederung

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Fallbeispiel 1

„Tizita Asmare (links) hat in ihrem Herkunftsland Äthiopien ein Diplom in Marketing und Sales Management erworben. Sie kann auf mehrjährige Berufserfahrung als Marketingmanagerin sowie Import/Export zurückblicken. Im Rahmen eines berufsbezogenen Deutschkurses konnte sie eine Praktikumsstelle bei dem Start Up Unternehmen Vision Value GmbH in München finden, das in der internationalen Baubranche mit Schwerpunkt in Schwellen- und Entwicklungsländern, v.a. in afrikanischen Ländern tätig ist. Interkulturelle Kompetenz, Gespür für Zielländer und für andere Arbeitsweisen vor Ort sind für das Unternehmen von großer Bedeutung, so Ava Mulla (re.), Geschäftspartnerin und Projektpartnerin bei Vision 2 Value. Sie würde Frau Asmare gerne fest einstellen.“ (Quelle: XENOS (2014): Flüchtlinge in Arbeit und Ausbildung. Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft. Bilanzpapier des ESF-Bundesprogramms zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt, S. 11)

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Fallbeispiel 2

„Awaz Diwana ist Teilnehmerin im Bleiberechtsnetzwerk ‚RESQUE PLUS‘ in Sachsen. Während ihres Asylverfahrens lernte die Englisch-Lehrerin aus dem Irak auf eigene Kosten Deutsch und das, obwohl völlig unsicher war, ob sie als Flüchtling anerkannt wird und in Deutschland bleiben darf. Von ‚RESQUE PLUS‘ und dem Projektpartner DAA Leipzig bekam sie bei der Integration in Arbeit und Ausbildung jederzeit Unterstützung. Als Geduldete hatte sie keinen Zugang zu Sprachförderung und Ausbildung. Trotz der Frustration ließ sie sich jedoch nicht entmutigen und arbeitete nach einer Weiterbildung als ehrenamtliche Sprach- und Kulturmittlerin. 2011 begann sie schließlich ihr Sprachstudium und will nach erfolgreichem Abschluss als Fremdsprachenlehrerin für Arabisch und ‚Deutsch als Fremdsprache‘ arbeiten.“ (Quelle: XENOS (2014): Flüchtlinge in Arbeit und Ausbildung. Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft. Bilanzpapier des ESF-Bundesprogramms zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt, S. 43)

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1. 2 Fallbeispiele

2. Geflüchtete Frauen – eine heterogene Gruppe

3. Ausgangslage: Was weiß man über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt – aus (möglichst) gendersensibler Perspektive?

3a. Einige Grunddaten

3b. Qualifikationsstrukturen

3c. Werte, Einstellungen, Pläne – was sagen die geflüchteten Frauen?

4. Barrieren

5. Gelingensbedingungen und Unterstützungsstrukturen

Gliederung

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Viele Lebenslagen, unterschiedliche Bedarfe (II)

Geflüchtete Frauen sind genauso wie geflüchtete Männer und andere Menschen mit Migrationshintergrund eine heterogene Gruppe, z.B.:

- Unterschiedliche Fluchtursachen und Fluchterfahrungen - Unterschiedliche Aufenthaltsdauer und Aufenthaltstitel (Letztere zum Teil vom

Aufenthaltstitel des Ehegatten abhängig) - Unterschiedliche Altersgruppen, Unterschiede im Gesundheitsstatus - unterschiedliche Herkunftsländer und städtische oder ländliche Herkunft - Alleinreisend, unbegleitete Minderjährige oder im Familienverbund - mit oder ohne Kinder – oder schwanger - Hohes, mittleres oder niedriges Bildungsniveau - Unterschiedliche Berufserfahrung und Berufsbilder - Unterschiedliche Wohnsituation/unterschiedliche Infrastruktur vor Ort - Etc.

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Viele Lebenslagen, unterschiedliche Bedarfe (II)

Die Konsequenz:

Ein genaues und ressourcenorientiertes Erfassen individueller Lebenslagen, Bedarfe und Kompetenzen der Frauen gehört zu den zentralen Schlüsselkonzepten, um deren Teilhabe am Arbeitsmarkt zu verbessern.

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1. 2 Fallbeispiele

2. Geflüchtete Frauen – eine heterogene Gruppe

3. Ausgangslage: Was weiß man über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt – aus (möglichst) gendersensibler Perspektive?

3a. Einige Grunddaten

3b. Qualifikationsstrukturen

3c. Werte, Einstellungen, Pläne – was sagen die geflüchteten Frauen?

4. Barrieren

5. Gelingensbedingungen und Unterstützungsstrukturen

Gliederung

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Grunddaten (I)

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Grunddaten (II)

• rund 1 Mio Geflüchtete in 2015 (im EASY-System registriert) • Asylantragszahlen nur Orientierung, es gibt ja noch andere

Flüchtlingsgruppen (z.B. Kontingentflüchtlinge) • Asylantragszahlen: deutlicher Anstieg seit 2013 • 2015: 476.649 Anträge; Jan-Sep 2016: 657.855 Anträge • Frauenanteil bei den Asylanträgen Ende 2015: 30,8%; Jan-Sept

2016: 34,1% • Hauptherkunftsländer (01-12/2015): Syrien, Irak, Afghanistan,

Albanien, Iran, Eritrea, Pakistan • Hauptherkunftsländer (01-09/2016): Syrien, Afghanistan, Irak, Iran,

Eritrea und Pakistan

Quellen: BAMF: Aktuelle Zahlen zu Asyl (Dez. 2015 und Sept. 2016)

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1. 2 Fallbeispiele

2. Geflüchtete Frauen – eine heterogene Gruppe

3. Ausgangslage: Was weiß man über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt – aus (möglichst) gendersensibler Perspektive?

3a. Einige Grunddaten

3b. Qualifikationsstrukturen

3c. Werte, Einstellungen, Pläne – was sagen die geflüchteten Frauen?

4. Barrieren

5. Gelingensbedingungen und Unterstützungsstrukturen

Gliederung

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Qualifikationsstrukturen (I)

Vorweg gesagt: • Insgesamt ist die Datenlage nur sehr bedingt aussagekräftig! • Ein Grund: in vielen Statistiken werden Geflüchtete als „Ungelernte“

geführt, obwohl sie evtl. Berufserfahrung haben, ein Studium angefangen haben, aber nicht zu Ende führen konnten etc.!

• Die statistische Kategorie „berufsqualifizierender Abschluss“ z.B. ist

zu eindimensional und macht mögliche Potenziale für den Arbeitsmarkt (z.B. Berufserfahrung ohne Ausbildung) unsichtbar.

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Qualifikationsstrukturen (II)

Befragung von Geflüchteten des BAMF, Basis: Ausländerzentralregister (IAB 2015): • Hochschulbesuch: 13%; Gymnasium: 17,5%; Sekundarschulen; 30%;

Grundschulbesuch: 24%; kein Schulbesuch: 8% (Zahlen von 2015)

Bei der BA registrierte sozialversicherungspflichtig beschäftigte und erwerbslose Geflüchtete (IAB 2015): • 53% keine abgeschlossene Berufsausbildung (sagt nichts über deren

Berufserfahrung aus!), 22% Prozent betriebliche oder schulische berufsqualifizierende Abschlüsse, 10% akademische Ausbildung (Zahlen von 2015)

Auch die Studie des BAMF („Asyl – und dann?“ 2016, andere Datenbasis) kommt zu dem Schluss: ca. zwei Drittel haben mindestens 10 Jahre eine Schule besucht – insgesamt haben 49,7% 10-14 Jahre eine Schule besucht.

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Qualifikationsstrukturen (III)

Befragung BAMF („Asyl – und dann?“ 2016): Geschlechtsspezifische Informationen: • Datenbasis: 2805 befragte Asylberechtigte, davon 34,8% weiblich; Herkunftsländer der

Befragten: Syrien, Afghanistan, Irak, Iran, Eritrea, Sri Lanka

• 28% der weiblichen und 20,8% der männlichen Geflüchteten haben höchstens vier Jahre eine Schule besucht

• Aber: neben 52,6% aller Männer haben auch 49,2% aller Frauen zehn Jahre oder mehr eine Schule besucht – und: Frauen erreichen trotz einiger Nachteile bei der Schulbesuchsdauer insgesamt – etwas häufiger Schulabschlüsse mit einem Zeugnis als Männer

• 61,7% der Geflüchteten sind (noch) nicht beruflich qualifiziert (auch hier wurde Berufserfahrung als qualifizierender Faktor nicht systematisch einbezogen), 69% aller Frauen, 57,9% aller Männer – trotz ihrer geringeren Beteiligung am beruflichen Qualifizierungssystem: Frauen haben später nahezu genauso viele Abschlüsse wie die Männer!

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Qualifikationsstrukturen (IV)

Befragung BAMF („Asyl – und dann?“ 2016) Fortsetzung: Geschlechtsspezifische Informationen:

• Anteil von sog. „Nichtqualifizierten“ (=Befragte ohne Schulabschluss, keine Ausbildung, kein Studium):

12,9% aller Befragten (17% Frauen vs. 10,8% Männer – Frauenquote in diesem Bereich deutlich erhöht)

• Anteil von „Höherqualifizierten“ (=Befragte mit zwölf oder mehr Jahren Schulbesuch, einem

(wahrscheinlich) vorhandenen Schulabschluss sowie einem abgeschlossenen, laufenden oder

abgebrochenen Studium): 9,8% aller Befragten (8,7% vs. 10,4% Männer – hier sind Frauen nur

geringfügig im Nachteil)

• Besonders auffällig: 49,8% aller befragten Männer sind erwerbstätig – aber nur 11,5% der Frauen! Und

das, obwohl mehr als drei Viertel der befragten Frauen erwerbstätig sein wollen, und zwar unabhängig

von ihrem Qualifikationsstatus!! Dieses Ergebnis weist auf deutliche Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt

hin!

• Die Erkenntnisse aus dem XENOS-Bleiberechtsnetzwerk legen jedoch eine Relativierung dieses

eklatanten Unterschiedes nahe: von denjenigen z.B. , die es im Projektzeitraum in eine

sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geschafft haben, sind rund ein Drittel Frauen!

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Qualifikationsstrukturen (V)

Ergebnisse der Qualifikationsbefragung im XENOS-Bleiberechts-Netzwerk – Datenbasis: 19570 teilnehmende Geflüchtete (Mirbach/Triebl/Benning 2014): • 86% aller Frauen, 88,6% aller Männer besuchten eine Schule

• 64,5% aller Frauen, 59,4% aller Männer besuchten länger als 9 Jahre eine Schule

• Schulzeugnisse: Frauen: 35,1%, Männer: 27,6%

• 18,2% der Befragten haben Hochschulbesuch begonnen oder abgeschlossen (18,2% aller Frauen, 18,2% aller Männer), 74,3% aller Befragten haben dies nicht, 7,5% machten keine Angaben

• Gut 40% von denen, die die Hochschule besucht haben, haben einen Hochschulabschluss erreicht; nach Geschlecht: Frauen haben zu 71% und damit häufiger als die Männer (zu 66,1%) das Studium abgeschlossen

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Qualifikationsstrukturen (VI)

(Mirbach/Triebl/Benning 2014) Fortsetzung:

• 10 am Stärksten vertretene Studienrichtungen: Jura, Ingenieurwesen, Wirtschaftswissenschaften, Erziehungswissenschaften, Sprachwissenschaften, Naturwissenschaften, Mathematik, Kulturwissenschaften, Medizin, Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften, Gesundheitswesen

• Andere Studien zeigen regelmäßig, dass Frauen in manchen Herkunftsländern häufiger in Deutschland als männerdominiert geltende Studienfächer wählen (z.B. Ingenieurwesen)

• Anerkennungsquoten abgeschlossener Studiengänge (hier nur die mit vorliegendem Studienzeugnis: anerkannt: 39,3%; wird geprüft: 1,3%, nicht möglich: 7,1%; nicht anerkannt: 52,3%!

• Berufliche Ausbildung: bei 23,8% der Befragten vorhanden (23,6% der befragten Männer, 24,1% der befragten Frauen); 90,1% der Berufsausbildungen haben im Herkunftsland stattgefunden

• Vorliegende Zeugnisse zu Berufsausbildungen im Herkunftsland: ja (35,5%), nein (64,5%)

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Qualifikationsstrukturen (VII)

(Mirbach/Triebl/Benning 2014) Fortsetzung:

• Nach Berufsausbildung 10 stärkste Berufsgruppen (Frauen): Gesundheitsberufe ohne Approbation; Berufe in der Körperpflege; Textilverarbeitung; Lederherstellung; Soziale Berufe; Lehrer/innen, Dozent/innen; Hotel-Gaststättengewerbe, Hauswirtschaft; Verkaufsberufe (Einzelhandel), Kaufmännische Büroberufe, Finanz- und Rechnungswesen/Buchhaltung

• Nach Berufsausbildung 10 stärkste Berufsgruppen (Männer): Fahr-, Flugzeugbau/Wartungsberufe; Bauberufe, Holz-, Kunststoffbe- und verarbeitung; Elektroberufe; Metall-, Anlagenbau, Blechkonstruktion, Installation; Textilverarbeitung, Lederherstellung; Metallerzeugung und –bearbeitung; Verkaufsberufe (Einzelhandel); Gesundheitsberufe ohne Approbation; Hotel-, Gaststättenberufe; Hauswirtschaft

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Qualifikationsstrukturen (VIII)

(Mirbach/Triebl/Benning 2014) Fortsetzung:

• Vergleich Berufsausbildung und Berufserfahrung (diese vergleichende Perspektive wird sonst so gut wie nie statistisch erhoben):

• Während 23,8% der befragten Geflüchteten eine Berufsausbildung haben, haben jedoch rund zwei Drittel der befragten Geflüchteten Berufserfahrung!!

• Daher ist es problematisch, wie in vielen Studien und auch in der medialen Berichterstattung viele Flüchtlinge als „unqualizifiert“ zu bezeichnen – den das Sammeln von Berufserfahrung nach einem Schulabschluss führt ebenfalls zu Qualifikationen, diese sind nur nicht ausdrücklich als berufsqualifizierend dokumentiert!

• Daher ist u.a. eine differenzierte Erhebung und Wertschätzung von Berufserfahrungen bei Kompetenzfeststellungsverfahren sehr wichtig!

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Qualifikationsstrukturen (IX)

(Mirbach/Triebl/Benning 2014) Fortsetzung:

• Bei den Befragten ohne Berufserfahrung ist der Frauenanteil insgesamt überproportional hoch (46,7% w; 29,5% m); gleichzeitig sammeln die Frauen (20,2%) häufiger als die Männer (14,7%) Berufserfahrung ausschließlich in Deutschland.

• Für Frauen ohne mitgebrachte Berufserfahrung scheinen sich in Deutschland bzgl. einer möglichen Berufstätigkeit neue Türen öffnen zu können. Aber an der Schaffung des Zugangs zu Erwerbstätigkeit muss noch erkennbar gearbeitet werden!

• Auch das Bilanzpapier des XENOS-Bleiberechtsnetzwerk zeigt: sobald die Frauen (auch mit vergleichsweise weniger Berufserfahrung) den Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen, gelingt es ihnen sogar im Vergleich zu den Männern besser, ihre Berufserfahrung auszubauen. (XENOS 2014, S. 39)

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1. 2 Fallbeispiele

2. Geflüchtete Frauen – eine heterogene Gruppe

3. Ausgangslage: Was weiß man über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt – aus (möglichst) gendersensibler Perspektive?

3a. Einige Grunddaten

3b. Qualifikationsstrukturen

3c. Werte, Einstellungen, Pläne – was sagen die geflüchteten Frauen?

4. Barrieren

5. Gelingensbedingungen und Unterstützungsstrukturen

Gliederung

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Werte, Einstellungen, Pläne (I)

Ausgewählte Erkenntnisse: Zentrale Werte: Freiheit, Sicherheit, Bildung (auch für die Kinder), Familie, Arbeit/finanzielle Unabhängigkeit

In mehreren Studien (z.B. IAB 09/2016, Foda/Kadur 2005, BAMF 2016, Berthold 2014) werden diese

Werte von den Geflüchteten als immens hohe Werte und als überaus einflussgebend auf ihre

Zukunftspläne beschrieben – sowohl von Männern als auch von Frauen. Beispiele:

„Arbeit kriegen, erfolgreich werden. Das wichtigste ist einfach die Sicherheit.“ (QMR

Flü_13_SN_Afghanistan_AS_w_26) (IAB 09/2016)

„Wir sind hier wegen der Kinder. Wir haben viel durchgemacht, wir sind Meister im Überleben und

haben wegen der Kinder die lange Reise auf uns genommen, den Kindern soll es besser gehen.“

(QMR Flü_28_BE_Afghanistan_AB_m-w_46-32) (IAB 09/2016)

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Werte, Einstellungen, Pläne (II)

Ausgewählte Erkenntnisse: Bildungsorientierungen – für sich oder für die Kinder In den erwähnten und anderen Studien (z.B. Farrokhzad 2007) werden die hohen Bildungsaspirationen von Geflüchteten sichtbar - von Männern wie von Frauen. Ganz besonders motiviert sind die jungen Menschen. Die hohe Bildungsaspirationen sind unabhängig vom mitgebrachten Bildungsniveau vorhanden. Hier werden Entbehrungen gerade in Kriegsregionen sichtbar, in denen z.B. der Zugang zu Bildungseinrichtungen versperrt war. Diejenigen, die ihre Bildungs- und Berufschancen in Deutschland als ungünstig einschätzen, projizieren ihre Bildungsaspirationen auf ihre Kinder.

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Werte, Einstellungen, Pläne (III)

Ausgewählte Erkenntnisse: Bildungsorientierungen – Motive für Bildungserwerb Zu den Motiven gehören u.a.: Bildung…. • … als Schlüssel zur eigenen Existenzsicherung • … als Schlüssel zur Anerkennung und Wertschätzung in der sozialen

Umgebung • …als Voraussetzung für weitere Berufsausbildungen • … als Grundlage, um ein „normales“ Leben führen zu können • …als Wert an sich (IAB 09/2016)

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Werte, Einstellungen, Pläne (IV)

Ausgewählte Erkenntnisse: Erwerbsorientierung – Motive

• Finanzielle Absicherung und Versorgung • Selbstbestimmtheit, finanzielle Unabhängigkeit • Seinen Platz im Leben finden • Für die Zukunft der eigenen Familie arbeiten, Vorbild sein • Selbstverwirklichung • Arbeit als Basis für Spracherwerb und Integration (IAB 09/2016) Viele Frauen wünschen sich, dass ihre Abschlüsse und auch informelle Arbeitserfahrung anerkannt werden (z.B. IAB 09/2016, Farrokhzad 2007, Foda/Kadur 2005). Gleichzeitig weisen relativ viele eine hohe arbeitsmarktliche Flexibilität auf.

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Werte, Einstellungen, Pläne (V)

Ausgewählte Erkenntnisse: Erwerbsorientierung – Beispiele

“Wenn wir hier Arbeit haben, dann wird unsere Integration mit Sicherheit gelingen, aber ohne Arbeit kann man nicht über Integration reden. Durch die Arbeit bekommt man Kontakte oder die Kontakte entwickeln sich im Laufe der Zeit. Ich meine nicht, dass die Araber mit Arabern oder die Türken mit Türken arbeiten, ich meine, dass alle Nationalitäten mit den Deutschen arbeiten. Bis jetzt hat man das Gefühl der Ablehnung von deutscher Seite. Aber wenn wir in die Zukunft schauen, dann muss es Schritte in diese Richtung geben.” Friseurin, Palästinenserin aus Syrien, Berlin, Übersetzung aus dem Arabischen (Foda/Kadur 2005)

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Werte, Einstellungen, Pläne (VI)

Ausgewählte Erkenntnisse: Erwerbsorientierung – Beispiele

„Was möchte Ihre Frau tun? Möchte Sie auch als Dentalhygienikerin arbeiten?“ – „Sie möchte auch arbeiten.

Ja, als Dentalhygienikerin. Sie arbeitet gerne. Wenn wir arbeiten, ist das Leben angenehm. Die Kinder haben

es dann auch besser.“ (QMR Flü_54_Iran_AB_m-w_40-39)

„Wenn ich arbeite, fühle ich mich als Mensch, der auch was kann, seine Kinder erziehen, arbeiten kann. Das

Gefühl des Lebens. Ich wünsche, dass der Staat mir Gelegenheit gibt, mich zu beweisen. Mir und meinen

Kindern.“ (QMR Flü_04_SN_Syrien_AS_w_38) (IAB 09/2016)

„Ich habe studiert im Iran und ich habe auch als Lehrerin, als Dozentin an der Universität unterrichtet,

Englisch, Psychologie.“ - „Möchten Sie auch in Deutschland arbeiten?“ – „Ich würde gerne hier in Deutschland

arbeiten, alles nachholen. Ich warte nur darauf, dass ich hier anerkannt werde, Asyl bekomme und dann hole

ich meine Zeugnisse, die lasse ich mir schicken." (QMR Flü_33_BY_Iran_AS_mw_33_33)

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Werte, Einstellungen, Pläne (VII)

Ausgewählte Erkenntnisse: Chancen der Emanzipation nutzen Bei geflüchteten Frauen aus eher traditionalistischen Milieus wird immer wieder auch das Leben in

Deutschland, gerade auch in Verknüpfung mit eigenständiger Erwerbstätigkeit, als Chance zur

Emanzipation gesehen:

“Die Frauen, die hierher kommen, haben bessere Möglichkeiten und mehr Chancen zur Emanzipation als die

Frauen in der Heimat. Denn die Frauen, die hier leben, haben für ihre Rechte gekämpft, damit sie die Position

der Gleichberechtigung erreichen. Die ausländischen Frauen genießen hier, was diese Gesellschaft ihnen

bietet, darum erleben wir viele Familienkonflikte in den Flüchtlingsfamilien. Viele Frauen sind inzwischen

geschieden, weil sie sich nicht mehr unter Druck setzen lassen. Gleichzeitig haben die Männer hier ihre

gewöhnliche Rolle verloren. Dieser Rollenwechsel zwischen Mann und Frau verursacht oder ist besser gesagt

der Grund für Familienkonflikte bei den Flüchtlingen. Dazu kommt auch, dass die Frau hier von ihrem Mann

nicht finanziell abhängig ist, hier hat der Mann schon einen Teil seiner Macht verloren.” Agraringenieurin aus

dem Irak, Berlin (Foda/Kadur 2005)

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1. 2 Fallbeispiele

2. Geflüchtete Frauen – eine heterogene Gruppe

3. Ausgangslage: Was weiß man über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt – aus (möglichst) gendersensibler Perspektive?

3a. Einige Grunddaten

3b. Qualifikationsstrukturen

3c. Werte, Einstellungen, Pläne – was sagen die geflüchteten Frauen?

4. Barrieren

5. Gelingensbedingungen und Unterstützungsstrukturen

Gliederung

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Barrieren bei der Arbeitsmarktteilhabe (I)

In verschiedenen Studien immer wieder genannt werden folgende Barrieren bei der Arbeitsmarktteilhabe – einige davon betreffen alle Geflüchteten, andere haben eine geschlechtsspezifische Dimension.

• trotz einiger Erleichterungen weiterhin aufenthalts- und arbeitsrechtliche Barrieren wegen

Aufenthaltsunsicherheit (z.T. Aufenthalt vom Ehegatten abhängig), psychosoziale

Belastungen, oft restriktive Auslegung der Gesetze durch Ausländerbehörden bemängelt

• zum Teil lange Wartezeiten im Zugang zu Bildung, Sprachkursen und arbeitsmarktlicher

Unterstützung (und Demotivationen durch zu lange Wartezeiten), Entwertung vorhandener

Qualifikationen

• Frauen scheinen nach Ankunft zum Teil verzögert Sprachkurse und andere

Qualifizierungsmaßnahmen aufzusuchen – auch möglicherweise um dazu beizutragen,

dass die Ehegatten erst einmal Fuß fassen und/oder um die Kinderbetreuung zu sichern

• mangelnde Kinderbetreuungsangebote und mangelnde Teilzeit-Qualifizierungsangebote

stellen für viele Frauen eine enorme Barriere dar!

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Barrieren bei der Arbeitsmarktteilhabe (II)

In verschiedenen Studien immer wieder genannt werden folgende Barrieren bei der Arbeitsmarktteilhabe – einige davon betreffen alle Geflüchteten, andere haben eine geschlechtsspezifische Dimension.

• Nicht-Anerkennung von Abschlüssen, langatmige und aufwändige Nachqualifizierungen (v.a. für

ältere Berufserfahrene mit Kindern ein Problem) – Folge: Beschäftigung vieler Geflüchteter weit

unter ihrem Kompetenzniveau (oft unabhängig vom mitgebrachten Bildungsstatus!),

• Wohnverhältnisse in Gemeinschaftsunterkünften, Wohnsitzauflagen

• zu wenig auf Frauen zugeschnittene, bedarfsorientierte Förderketten und Qualifizierungsangebote

• zum Teil Ausbeutungsverhältnisse auf dem Ausbildungsmarkt ggü. jungen Geflüchteten mit

Bleiberecht während der Ausbildung (vgl. Müller/Nägele 2014)

• Psychosoziale/ körperliche Folgen z.B. von Kriegserfahrungen, Tod von Verwandten,

geschlechtsspez. Verfolgung, Gewalt/Diskiminierung ggü. Frauen im Herkunftsland etc.

• Diskriminierungserfahrungen in Deutschland – im Bildungssystem, in der Beratung, auf dem

Arbeitsmarkt (als Geflüchtete und als Frau)

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Beispiele Erfahrungen im Herkunftsland (a)

Radikal-islamische Familien/religiöse Minderheiten: „In meinem Land haben wir Probleme, weil wir Christen sind. Zuvor waren wir Muslime. Die Familie meines Mannes sind Araber. Mit der hatten wir Probleme. [...] Aber im Iran will die Familie meines Mannes nichts von mir wissen. Er hat mich trotzdem geheiratet. Nach 2 oder 3 Monaten wurde ich schwanger [...]. Nach 4 Monaten danach hat die Familie meines Mannes gesagt, also besser gesagt meine Schwiegermutter, er soll bitte nach Hause zurückkommen und das Problem mit seinem Vater klären. Nach 5 oder 10 Minuten haben sie zu meinem Mann gesagt, dass das Baby nicht unser Kind sei und getötet werden müsse. Sie wollten das Baby töten. Mein Mann hatte einen Kampf mit seinem Vater. Sie haben mich gestoßen und geschlagen und mein Baby ist im 8. Monat in meinem Bauch gestorben. Das ist eine schreckliche Erinnerung.“ (QMR Flü_48_BE_Iran_AS_m-w_nn-29)

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Beispiele Erfahrungen im Herkunftsland (b)

Gewalt gegen Frauen: „Wir haben gedacht, die Situation in Afghanistan, der Grund warum wir von Afghanistan nach Pakistan umgezogen waren, ist nach Ende des Krieges besser geworden. Aber da haben wir falsch gedacht, es waren noch Taliban dort. Sie konnten jederzeit die Tür kaputtmachen und einfach reinkommen und z.B. die Frauen vergewaltigen oder z.B. ja, sie haben gesagt, kochen sie was für uns und sind bis zum Abend geblieben. Als Frau hatten wir kein Recht z.B. raus zu gehen oder Fernsehen anzuschauen. [...] Die Tochter, das junge Mädchen von unseren Nachbarn, wurde mitgenommen. Und wir haben nichts mehr von ihr gehört, was passiert ist.“ (QMR Flü_13_SN_Afghanistan_AS_w_26)

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Beispiele Erfahrungen im Herkunftsland (c)

Kindesentführung und Erpressung durch Taliban: „Mein Mann hat als ein Mitarbeiter in einem Gefängnis gearbeitet in Afghanistan. Dann haben Taliban meine große Tochter genommen, um ihn zu erpressen, Nachrichten vom Gefängnis zu überbringen. Er hat damit auch immer selber Probleme gehabt. Er wurde ein paarmal mit dem Messer bedroht und dann hatte er auch so große Angst um die Tochter gehabt, dass sie vergewaltigt wird. Daher haben wir entschieden, Afghanistan zu verlassen. Unsere Tochter, die entführt wurde ist selbst geflüchtet mit Hilfe von anderen, die wussten, dass ein kleines Kind entführt wurde.“ (QMR Flü_15_SN_Afghanistan_AB_w_28)

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Beispiele Diskriminierungserfahrung in Deutschland (d)

Deutschkurs: „Ich nahm an einem Kurs teil, und mein Baby ging zwischenzeitlich in den Kindergarten. Aber letzte Woche sagte der Direktor, dass Menschen, die aus Ländern kommen, in denen Krieg herrscht, also zum Beispiel aus Syrien, Eritrea, Irak, umsonst zur Schule gehen können. Aber wir, die aus Ländern kommen, in denen kein Krieg herrscht, müssen für die Kurse zahlen, sonst bekommen wir am Schluss keinen Schein, kein Zeugnis. Deswegen haben jetzt alle aufgehört.“ (QMR Flü_84_BW_Gambia_AB_w_37)

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Beispiele Diskriminierungserfahrung in Deutschland (e)

Arbeitsmarktliche Beratung: "Bist Du jetzt als arbeitslos gemeldet? Beim Jobcenter?“ - „Ja.“ – „Und bekommst du Vorschläge vom Arbeitsamt, was du machen kannst? Jobangebote?“ – „Nein, der erste, wie ich erzählt habe, sagte, ich könne nur als Putzfrau arbeiten. Nur die Arbeit. Das habe ich nicht verstanden. Habt ihr in Deutschland nur diese Arbeit? Natürlich nicht. Aber das hat er immer gesagt. [...] Als ich das ablehnte, fragte er wieso. Und er dachte, ich wäre stolz und wollte nicht arbeiten. Doch, ich wollte ar- beiten. Aber wenn ich Deutsch kann, will ich einen Job, wo ich im Kontakt mit Leu- ten bin. Das habe ich ihm gesagt. 1 Million Mal: Wenn ich als Putzfrau arbeite, spreche ich mit dem Fußboden. Ich weiß nicht, aber das war seine Vorstellung.“ (Anmerkung: Probandin hat in Syrien Abitur gemacht, 4 Jahre Philosophie studiert und anschließend als Lehrerin gearbeitet (QMR Flü_76_NRW_Syrien_SCH_w_40) Beispiele aus: IAB 09/2016

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Barrieren bei der Arbeitsmarktteilhabe (III)

In verschiedenen Studien immer wieder genannt werden folgende Barrieren bei der Arbeitsmarktteilhabe – einige davon betreffen alle Geflüchteten, andere haben eine geschlechtsspezifische Dimension.

• Orientierungsunsicherheiten in der ersten Zeit nach der Ankunft, Fremdheitserfahrungen,

mangelnde Informationen über Rechte und Möglichkeiten

• hoher bürokratischer Aufwand für Arbeitgeber, unsichere Bleibeperspektiven schrecken ab

• Informationsdefizite, undurchsichtige Förderstrukturen, zum Teil zu wenig mehrsprachige

Informationen und zu wenig „aufsuchende“ Informationspolitik bzgl. vorhandener Angebote

• zum Teil zu wenig Wissen über rechtliche Möglichkeiten und Förderstrukturen auf Seiten der

arbeitsmarktrelevanten Akteure, aber auch mancherorts klischeehafte Vorstellungen darüber, was

eine geflüchtete Frau kann/nicht kann etc.; zum Teil sich nicht zuständig fühlen

• in traditionalistischen Milieus können auch kulturelle Barrieren/Spezifika eine Rolle spielen

vgl. exemplarisch: Mirbach/Triebl/Farrokhzad 2013, BAMF 2016, IAB 9/2016, XENOS 2014, Farrokhzad 2007, Foda/Kadur 2006

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Umgang mit Barrieren durch die Frauen (I)

In verschiedenen Studien auf Basis von Befragungen von berufstätigen geflüchteten Frauen und anderen Frauen mit Migrationshintergrund wurden einige individuell erfolgreiche Handlungsstrategien von Frauen im Umgang mit Barrieren identifiziert: • Kampf um Anerkennung – eigene Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen • Selbstbewusstsein, Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit, Resilienz ggü. Diskriminierung • Wissen über Rechte und Ansprüche erwerben • Unterstützung durch Familie, peer groups, Nachbarn, Gatekeeper wie engagierte

Lehrkräfte, Sozialarbeiter/innen und andere Fachkräfte • heterogene Lerngruppen und Teams in Betrieben • Ehrenamtliches, politisches oder gruppenbezogenes Engagement und

Freizeitaktivitäten als Quelle von Wertschätzung und Anerkennung • Netzwerke knüpfen und Gelegenheitsstrukturen nutzen (auch z.B. Bildungs- und

Beratungsangebote) (Farrokhzad 2007)

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Umgang mit Barrieren durch die Frauen (II)

In verschiedenen Studien auf Basis von Befragungen von geflüchteten Frauen und anderen Frauen mit Migrationshintergrund wurden einige individuell erfolgreiche Handlungsstrategien von Frauen im Umgang mit Barrieren identifiziert: • im Beruf mit speziellen Fachkompetenzen fachliche Alleinstellungsmerkmale

schaffen und sich gewissermaßen unentbehrlich machen • „prophylaktische Aufwertung der Bildungstitel“ (Schittenhelm 2010, S. 47), z.B.

durch Zertifikate über national oder international erworbene Zusatzqualifikationen, um damit ggf. Nachteile als „Ausländerin“ bzw. als Geflüchtete auszugleichen und (im Falle internationaler Zusatzqualifikationen) sich Möglichkeiten auf internationalen Arbeitsmärkten zu öffnen

• „Nutzung kulturellen Kapitals für den internationalen oder ethnischen Arbeitsmarkt“ (Schittenhelm 2010, S. 309)

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1. 2 Fallbeispiele

2. Geflüchtete Frauen – eine heterogene Gruppe

3. Ausgangslage: Was weiß man über die Situation von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt – aus (möglichst) gendersensibler Perspektive?

3a. Einige Grunddaten

3b. Qualifikationsstrukturen

3c. Werte, Einstellungen, Pläne – was sagen die geflüchteten Frauen?

4. Barrieren

5. Gelingensbedingungen und Unterstützungsstrukturen

Gliederung

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Gelingensbedingungen/Unterstützungsstrukturen (I)

Erkenntnisse aus: Evaluation des XENOS-Bleiberechtsprogramms (Mirbach/Triebl/Farrokhzad 2013 und Mirbach/Triebl/Bartsch 2014), XENOS-Bilanzpapier (2014), Bertelsmann Stiftung 2016), Foda/Kadur (2005), Farrokhzad 2015): • weiterhin aufenthalts- und arbeitsrechtliche Hürden abbauen, um früher Teilhabe an Sprache,

Bildung und Arbeit /Arbeitsförderung zu ermöglichen

• Aufteilung der Gruppen von Geflüchteten in Anspruchsberechtigte (anerkannte und solche mit

hoher Bleibeperspektive) überdenken – Abschreckungseffekt vs. volkswirtschaftlicher Nutzen?

• Erschließung der Potenziale von Flüchtlingen (bes. auch der Frauen) vorantreiben, u.a.

durch differenzierte, geschlechtssensible und ganzheitliche Kompetenzfeststellungsverfahren

(auch nicht schriftlich belegte Berufserfahrung aus Herkunftsländern berücksichtigen)

• Ausbau der Nachqualifizierungsstrukturen (auch in Teilzeit, wichtig für Frauen mit Kindern)

bei Nicht-Anerkennung von Abschlüssen, Zugang zu Studium und Studienfinanzierung erleichtern

etc.

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Gelingensbedingungen/Unterstützungsstrukturen (II)

• Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge nur in zeitlicher Verbindung mit Qualifizierungen sinnvoll, weil

nachhaltig!

• Für Frauen: unbedingt Kinderbetreuungsangebote unmittelbar mit Beratungs-, Bildungs- und

Beschäftigungsmaßnahmen verknüpfen!

• Ganzheitliche Beratung ermöglichen – inklusiver passgenauer Verweisberatung (dazu Netzwerke

ausbauen) - dazu mit etablierten Förderprogrammen (wie IvAF), die viel Erfahrung haben,

zusammenarbeiten, Fördertöpfe nutzen, integrierte Angebote zusammen mit Integration Points, PerF

und PerjuF, Abstimmung von Angeboten

• Mentoringprogramme für geflüchtete Frauen einführen in unmittelbarer Zusammenarbeit mit Betrieben

• niedrigschwellige Zugänge ermöglichen, z.B. durch mobile Informations- und Bildungsangebote in

Gemeinschaftsunterkünften – sowohl gemischtgeschlechtlichte als auch separate Angebote für Frauen

anbieten

• Schulungen arbeitsmarktrelevanter Akteure und Informationsangebote für Betriebe zu Potenzialen

und Bedarfen bei Flüchtlingen (gerade auch zu oft unterschätzten Potenzialen gerade von Frauen!)

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Gelingensbedingungen/Unterstützungsstrukturen (III)

• transparente Förderketten vor Ort aufbauen (z.B. Erstberatung, Potenzialanalyse, Sprachkurs plus

berufl. Orientierung, berufl. Bildung plus berufsbezogenes Deutsch, Vermittlung, Coaching während der

Berufstätigkeit (vgl. dazu bspw. Förderkette des Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung“)

• Beratung für Flüchtlinge spezialisiert und vernetzt anbieten! Sprachbarrieren senken, Kooperation

von arbeitsmarktrelevanten Akteuren (lokal und regional) hat sich bewährt (z.B. Arbeitsagenturen,

Jobcenter, Bildungs- und Beschäftigungsträger, Berufsschulen, IHK, HWK, MBEs, JMDs,

Flüchtlingsberatungsstellen, Kommunale Integrationszentren, Migrantenorganisationen, Betriebe,

Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, …), an vorhandene Netzwerke andocken

• Regelmäßige akteurs- und rechtskreisübergreifende Konferenzen/Erfahrungsaustausch über

Stärkung der Teilhabe geflüchteter Frauen am Arbeitsmarkt

• Informationspolitik überdenken (= mehrsprachiges Infomaterial, Informationen in Zusammenarbeit mit

Gemeinschaftsunterkünften, anderen Beratungsstellen, Kitas, Schulen, IHK, Arztpraxen, psychologische

Dienste u.a. verbreiten, vorhandene fremdsprachige Medien, z.B. arabisch, nutzen)

• Persönliche Vorstellung der Informationen, nicht nur schriftlich (schafft erfahrungsgemäß Vertrauen!)

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Gelingensbedingungen/Unterstützungsstrukturen (IV)

• Sprachkurse ausbauen, bedarfsgerechte Formate, v.a. auch Möglichkeiten B2/C1 ausbauen,

Kombi Arbeit/Praktikum und Sprachkurs ausbauen (für Frauen in Teilzeit und/oder mit

Kinderbetreuung)

• Institutionenübergreifende Fallbesprechungen ermöglichen (bei Datenaustausch

Datenschutz überprüfen)

• Sensibilisierung von Betrieben, ggf. Matchingportal einrichten (Bewerbungsunterlagen von

Geflüchteten und betriebliche Gesuche zusammenbringen)

• niedrigschwellige Austauschformate überlegen, zu denen sich arbeitssuchende Geflüchtete,

Betriebe und andere arbeitsmarktrelevante Akteursgruppen begegnen können (Markt der

Möglichkeiten) – dies möglicherweise für Frauen auch in geschlechtsspezifischer Form

• Instrumente wie Praktika und finanzielle Anreize bei Beschäftigung von Flüchtlingen haben

sich als wichtig erwiesen

• Zusammenarbeit mit dem Runden Tisch für Flüchtlinge in Köln und ggf. bundeslandweiten

Gremien zur Frage der Teilhabe geflüchteter Frauen

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Gelingensbedingungen/Unterstützungsstrukturen (V)

Konkrete Hinweise zu frauenspezifischen Angeboten, wenn Sie sich informieren wollen (Beispiele aus IvAF, Info von der Programmkoordinatorin des BMAS, Frau Öksuz): Elnet plus, Gelsenkirchen: http://www.reinit.de/projekte/elnetplus/ Ansprechperson: Frau Dr. Lillig oder Herr Specht Fairbleib, Südniedersachsen: http://www.bildungsgenossenschaft.de/bildungsberatung/fairbleib-suedniedersachsen-harz/ Ansprechperson: Herr Martens

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Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

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Literatur

• BAMF (2015): Aktuelle Zahlen zu Asyl. Dezember 2015. Quelle: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-dezember-2015.pdf?__blob=publicationFile (Abruf: 12.11.2016)

• BAMF (2016): Aktuelle Zahlen zu Asyl. September 2016. Quelle: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu-asyl-september-2016.pdf?__blob=publicationFile (Abruf: 12.11.2016)

• BAMF (2016): Asyl – und dann? Die Lebenssituation von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen in Deutschland. Quelle: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Forschungsberichte/fb28-fluechtlingsstudie-2014.pdf?__blob=publicationFile (Abruf: 12.11.2016)

• Bertelsmann Stiftung (2016): Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen: bestehende Praxisansätze und weiterführende Empfehlungen. Quelle: http://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/28_Einwanderung_und_Vielfalt/Studie_IB_Arbeitsmarktintegration_Fluechtlinge_2016.pdf (Abruf: 12.11.2016)

• Berthold, Thomas (2014): In erster Linie Kinder. Flüchtlingskinder in Deutschland. UNICEF Studie. Quelle: https://www.unicef.de/blob/56282/fa13c2eefcd41dfca5d89d44c72e72e3/fluechtlingskinder-in-deutschland-unicef-studie-2014-data.pdf (Abruf: 16.10.2016)

• Farrokhzad, Schahrzad (2007): „Ich versuche immer, das Beste daraus zu machen.“ – Akademikerinnen mit Migrationshintergrund: Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und biographische Erfahrungen. Berlin

• Farrokhzad, Schahrzad (2015b): „Selbst die Türkin hat ‚ne Eins in Deutsch, nehmt Euch mal ein Beispiel!“ Bildung und der Kampf um Anerkennung. In: Migration und Soziale Arbeit, Heft 2/2015, S. 108-116

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Literatur

• Foda, Fadia/Kadur, Monika (2005): Flüchtlingsfrauen – Verborgene Ressourcen: Herausgegeben vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Quelle: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/uploads/tx_commerce/studie_fluechtlingsfrauen_verborgene_ressourcen.pdf (Abruf: 12.11.2016)

• IAB (2015): Flüchtlinge und anderen Migranten am deutschen Arbeitsmarkt. Der Stand im September 2015. Quelle: http://doku.iab.de/aktuell/2015/aktueller_bericht_1514.pdf (Abruf: 12.11.2016)

• IAB (2016): Geflüchtete Menschen in Deutschland - eine qualitative Befragung. Quelle: http://doku.iab.de/forschungsbericht/2016/fb0916.pdf (Abruf: 12.11.2016)

• Mirbach, Thomas//Triebl, Katrin/Benning, Christina (2014): Auswertung Qualifikationserhebung. 2. Befragung zur Qualifikation der Teilnehmenden der Projekte des ESF-Bundesprogramms zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt II. Zwischenauswertung im Rahmen der Programmevaluation. Quelle: https://www.esf.de/portal/SharedDocs/PDFs/DE/Programme-2007-2014/Xenos/2014_09_08_qualifikationserhebung.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (Abruf: 12.11.2016)

• Mirbach, Thomas/Triebl, Karin/Farrokhzad, Schahrzad (2013): Evaluation des ESF-Bundesprogramms zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt. 2. Förderrunde – Zwischenbilanz. Hamburg (Abruf: 12.11.2016)

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Literatur

• Mirbach, Thomas/Triebl, Katrin/Bartsch, Samera (2014): Programmevaluation: ESF-Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt. Zweite Förderrunde. Abschlussbericht. Quelle: http://www.esf.de/portal/SharedDocs/PDFs/DE/Berichte/evaluationsbericht-bleiberechtii.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D1 (Abruf: 12.11.2016)

• Müller, Doreen/Nägele, Barbara (2014): Ausbildung und Aufenthalt – Fachkräfte der Sozialen Arbeit als Schlüsselpersonen für Jugendliche in unsicheren Aufenthaltsverhältnissen. In: Zeitschrift „Migration und Soziale Arbeit“ Heft 4/2014, S. 328-335

• Schittenhelm, Karin (2010): Statuspassagen in akademischen Laufbahnen der 2. Generation. In: Nohl, Arndt-Michael/Schittenhelm, Karin/Schmidtke, Oliver/Weiß, Anja (Hrsg.): Kulturelles Kapital in der Migration. Hochqualifizierte Einwanderer und Einwanderinnen auf dem Arbeitsmarkt. Wiesbaden, S. 39-51

• Statistisches Bundesamt Wiesbaden (2016): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Vorläufige Wanderungsergebnisse. Quelle: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/Wanderungen/vorlaeufigeWanderungen5127101157004.pdf?__blob=publicationFile (Abruf: 31.10.16)

• XENOS (2014): Flüchtlinge in Arbeit und Ausbildung. Potenziale für Wirtschaft und Gesellschaft. Bilanzpapier des ESF-Bundesprogramms zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt. Quelle: http://www.mamba-muenster.de/fileadmin/mamba/dokumente/PDF/2015-05-21_Bilanzpapier_Bleiberechtsnetzwerke_WEB.PDF (Abruf: 12.11.2016)