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Mediendienst 4 20. März 2014 Auswertung zur Motivation von Freiwilligeneinsätzen bei Caritas-Bergeinsatz Hat es einen „Wert“, solidarisch zu sein? Matthias Steiner Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung. Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.

Auswertung zur Motivation von Freiwilligeneinsätzen bei Caritas-Bergeinsatz

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Auswertung zur Motivation von Freiwilligeneinsätzen bei Caritas-Bergeinsatz Hat es einen „Wert“, solidarisch zu sein? (Matthias Steiner) http://www.caritas.ch/mediendienst

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Mediendienst 4 20. März 2014

Auswertung zur Motivation von Freiwilligeneinsätzen bei Caritas-Bergeinsatz

Hat es einen „Wert“, solidarisch zu sein? Matthias Steiner

Der Mediendienst der Caritas Schweiz ist ein Angebot mit Hintergrundtexten zur freien Verwendung.

Für Rückfragen stehen die Autorinnen und Autoren gerne zur Verfügung.

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Caritas Schweiz, Mediendienst 4, 20. März 2014

Auswertung zur Motivation von Freiwilligeneinsätzen bei Caritas-Bergeinsatz

Hat es einen „Wert“, solidarisch zu sein?

Leisten Sie Freiwilligenarbeit? Falls ja, gehören Sie einer Minderheit an. Dies ist überraschend,

weil freiwilliges und unentgeltliches Engagement ausserhalb der eigenen Familie gemeinhin als

zentrales Element für den solidarischen Zusammenhalt der Gesellschaft verstanden wird.

Der Umfang von Freiwilligenarbeit nimmt ab. Innerhalb von zehn Jahren reduzierte sich gemäss Bun-

desamt für Statistik die Zahl derjenigen Personen, die Freiwilligenarbeit leisten, um 20 Prozent auf

einen Drittel der Bevölkerung. Dabei waren die Möglichkeiten von Freiwilligenarbeit noch nie so viel-

fältig wie heute. Trotz oder gerade wegen einer Gesellschaft, die von Individualisierungs- und Plurali-

sierungstendenzen geprägt ist, hat es für jede und jeden etwas dabei. Nicht nur die Mitarbeit in karita-

tiven, sozialen und kirchlichen Organisationen gehört dazu, sondern ebenso das Engagement in Sport,

Kultur und in Interessengemeinschaften. Auch Einsätze für die Umwelt sind ein Beitrag für das Ge-

meinwohl sowie die Nachbarschaftshilfe oder das Engagement in Behörden und politischen Gremien.

Sinkt mit der Abnahme der Freiwilligenarbeit auch der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Gesell-

schaft? Oder entstehen neue Formen solidarischen Engagements? Dazu ist nicht nur ein Blick auf den

quantitativen Umfang von Freiwilligenarbeit notwendig, sondern auch auf die qualitativen Dimensio-

nen. Caritas-Bergeinsatz machte diese qualitative Analyse und nutze ihre langjährige Erfahrung in der

Freiwilligenarbeit. Seit mehr als dreissig Jahren vermittelt Caritas-Bergeinsatz freiwillige Helferinnen

und Helfer an Bergbauernfamilien im Schweizer Berggebiet, die in eine schwierige Lebenslage oder in

Not geraten sind. 2013 kamen so über 5230 Einsatztage zusammen, die von 779 Einsatzleistenden in

98 Bergbauernfamilien geleistet wurden. Die Auswertung dieser Einsätze ergab, dass die Hauptmoti-

vation bei den freiwilligen Helferinnen und Helfern für einen Bergeinsatz darin bestand, etwas Sinn-

haftes zu tun und eine unbekannte Lebenswelt kennen zu lernen. Fast 70 Prozent der vermittelten

freiwilligen Helferinnen und Helfer nannten die Solidarität mit der Bergbevölkerung als wichtigstes

Einsatzargument. Die Bergbauernfamilien gaben neben der Notlage auch die Möglichkeit des sozialen

Austausches als wichtigen Beweggrund an. Dieser gegenseitige soziale und kulturelle Austausch in

der freiwilligen Tätigkeit ist nach wie vor sehr wichtig. Von einer Abnahme solidarischen Handelns

kann aus unserer praktischen Erfahrung über die Jahre nicht gesprochen werden.

Freiwilligeneinsatz soll sich lohnen

Mit den Beweggründen für eine Freiwilligentätigkeit wird allerdings vermehrt auch eine individuelle

Nutzenoptimierung angestrebt. Caritas-Bergeinsatz stellte fest, dass eine steigende Zahl von freiwilli-

gen Helferinnen und Helfern ihre Einsatzmotivation mit der praktischen Vorbereitung auf das Studium

oder dem Ausgleich zu kopflastigen Berufsarbeiten begründet. Explizit wird auch um Arbeitsbestäti-

gungen für das Portfolio von Stellenbewerbungen nachgefragt. Etwas salopp ausgedrückt heisst dies,

dass „ich andern helfe, falls ich selber auch persönlich oder beruflich davon profitieren kann.‟ Eine

solche Bewertung des eigenen Handelns folgt dem verstärkten politischen Willen in der Schweiz, so-

ziale Fragestellungen mit Finanzoptimierung zu verknüpfen und zu beantworten. Diese Haltung hat

auch einen Einfluss auf die Ausgestaltung von Freiwilligentätigkeiten: diese muss sich „lohnen“ und

im Idealfall ein Win-win-Ergebnis für alle Beteiligten erbringen. Corporate Social Responsibility

(CSR) ist ein Ansatz auf Unternehmensebene dazu. Diese Form von solidarischem Handeln vereinigt

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in nachhaltigen Sozialpartnerschaften zwischen Betroffenen und Helfenden ideelle Wertvorstellungen

mit finanziellen Interessen. Caritas Schweiz versteht unter Corporate Social Responsibility die Wahr-

nehmung gesellschaftlicher Verantwortung über die eigentliche Geschäftstätigkeit eines Unterneh-

mens hinaus. CSR versucht, auf freiwilliger Basis soziale Belange in Unternehmenstätigkeiten und in

Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren. Dadurch sind für die hauptsächliche Bewäl-

tigung sozialer Problemlagen neben dem Staat und der Zivilgesellschaft auch Kreise der Wirtschaft

stärker angesprochen und eingebunden.

Die Frage, ob wir nur solidarisch handeln, wenn es uns gut geht, oder ob es uns erst gut geht, wenn wir

solidarisch handeln, ist eine Haltungsfrage. Das Verständnis für das Andere hat einen Einfluss auf das

Bewusstsein, wie gesellschaftliche Herausforderungen gemeinsam bewältigt werden können. Freiwil-

ligenarbeit ist ein ausgleichendes und wirkungsvolles Mittel, um die Gesellschaft zu stärken. Solidari-

sches Handeln trägt so zum sozialen Frieden bei. Für Caritas Schweiz ist solidarisches Handeln des-

halb wichtiger Bestandteil jeder Unternehmenskultur.

Matthias Steiner, Projektverantwortlicher Bergeinsatz, E-Mail [email protected],

Tel. 041 419 23 23