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Archiv 0hren- usw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heilk. 179, 42--50 (1961) Aus der Universit~ts-Klinik fiir Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten Kiel (Direktor: Prof. Dr. E~s~ Mi~LLE~) Auswertungen yon fiber 4000 Ger~iusehaudiogrammen* Von WILLM WAfiEMANN Mit 7 Textabbildungen (Einge~angen am 24. Februar 1961) Die Langenbecksche Ger/~uschaudiometrie wurde sehr bald nach den ersten VerSffentlichungen des Autors in die audiologischen Routine- priifungen der Kieler Klinik mit einbezogen. Da sie gut durchzufiihren sowie relativ leicht darzustellen und zu begreifen war, wurde sie im audio- logischen Lehrplan (fiir Arzte und audiologische Assistentinnen), den Schwellenpriifungen folgend, zur grundlegenden Einfiihrung in die Ver- deckungsmessungen und Vertgubung verwandt. Die vorhegende Auswertung yon 4174 Audiogrammen hat zum Ziel, den diagnostischen Wert quantitativ zu erweisen, wie er sich aus der Praxis einer Klinik ergib~. Fortgelassen wurde das erste halbe Jahr nach der Einftihrung der Ger~uschaudiometrie. Fortgelassen wurden fernerodie Audiogramme der ersten 1--2 Monate yon sich einarbeitenden Assisten- ten bzw. audiologischer Assistentinnen, auch dann, wenn sie nachkontrol- liert worden waren. Die Frage einer gezielten Anwendung eines Diagnostieums und einer methodischen I(ritik kann man verbindlich und nachkontrollierbar nut an Hand yon H/~ufigkeitsverteflungen eines genfigend gro~en Materials beantworten. So war die Methode der Auswertung bei unserer grol~enFallzahl yon vornherein gegeben. Jedes einzelne Audiogramm wurde erhoben, verschlfisse]t und auf Ma- schinen]ochkarten fibertragen. Die AnswertungsmSglichkeiten stehen und fallen mit einer sorgfaltigen Pl~nung eines Erhebungsbogens, die fiir die fiberschwelligen Priifungen gesondert abgefaSt wurde (siehe WAGE~IA~). Er enthglt unter anderem: Personalien, Diagnosen nach einem zweistelligen Schliissel, Schwe]lenkurven ffir Luft- und Knochenleitung fiir die tOrequenzen 0,5-1-1,5-2-3-4-6-8 kHz, Ger~usch- audiogramm in HShe mehrerer Gerguschniveaux, Ohrensausen, Fowler-Test, Unterschiedsschwe]lenmessung (L~scg]m), Diplakusis. Da es sich aus Raumgriinden -- die Maschinenlochkarte besitzt 80 Spalten -- unzweckms erwies, jede einzelne Frequenz der fiber- schwelligen Kurven aufzunehmen, wurde das Ger/~uschaudiogramm ~uf * Ein Auszug wurde auf dem Internationalen Audiologischen Kongrefi am 28. September 1960 in Bonn vorgetragen.

Auswertungen von über 4000 Geräuschaudiogrammen

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Archiv 0hren- usw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heilk. 179, 42--50 (1961)

Aus der Universit~ts-Klinik fiir Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten Kiel (Direktor: Prof. Dr. E ~ s ~ Mi~LLE~)

Auswertungen yon fiber 4000 Ger~iusehaudiogrammen* Von

WILLM WAfiEMANN

Mit 7 Textabbildungen

(Einge~angen am 24. Februar 1961)

Die Langenbecksche Ger/~uschaudiometrie wurde sehr bald nach den ersten VerSffentlichungen des Autors in die audiologischen Routine- priifungen der Kieler Klinik mit einbezogen. Da sie gut durchzufiihren sowie relativ leicht darzustellen und zu begreifen war, wurde sie im audio- logischen Lehrplan (fiir Arzte und audiologische Assistentinnen), den Schwellenpriifungen folgend, zur grundlegenden Einfiihrung in die Ver- deckungsmessungen und Vertgubung verwandt.

Die vorhegende Auswertung yon 4174 Audiogrammen hat zum Ziel, den diagnostischen Wert quant i ta t iv zu erweisen, wie er sich aus der Praxis einer Klinik ergib~. Fortgelassen wurde das erste halbe Jahr nach der Einftihrung der Ger~uschaudiometrie. Fortgelassen wurden fernerodie Audiogramme der ersten 1--2 Monate yon sich einarbeitenden Assisten- ten bzw. audiologischer Assistentinnen, auch dann, wenn sie nachkontrol- liert worden waren.

Die Frage einer gezielten Anwendung eines Diagnostieums und einer methodischen I(r i t ik kann man verbindlich und nachkontrollierbar nut an Hand yon H/~ufigkeitsverteflungen eines genfigend gro~en Materials beantworten.

So war die Methode der Auswertung bei unserer grol~en Fallzahl yon vornherein gegeben. Jedes einzelne Audiogramm wurde erhoben, verschlfisse]t und auf Ma- schinen]ochkarten fibertragen. Die AnswertungsmSglichkeiten stehen und fallen mit einer sorgfaltigen Pl~nung eines Erhebungsbogens, die fiir die fiberschwelligen Priifungen gesondert abgefaSt wurde (siehe WAGE~IA~). Er enthglt unter anderem: Personalien, Diagnosen nach einem zweistelligen Schliissel, Schwe]lenkurven ffir Luft- und Knochenleitung fiir die tOrequenzen 0,5-1-1,5-2-3-4-6-8 kHz, Ger~usch- audiogramm in HShe mehrerer Gerguschniveaux, Ohrensausen, Fowler-Test, Unterschiedsschwe]lenmessung (L~scg]m), Diplakusis.

Da es sich aus Raumgriinden - - die Maschinenlochkarte besitzt 80 Spalten - - unzweckms erwies, jede einzelne Frequenz der fiber- schwelligen Kurven aufzunehmen, wurde das Ger/~uschaudiogramm ~uf

* Ein Auszug wurde auf dem Internationalen Audiologischen Kongrefi am 28. September 1960 in Bonn vorgetragen.

Auswei~ungen yon fiber 4000 Geriiuschaudiogrammen 43

seine eharakteristisehen Diagnostics hin studiert (Abb. i). Ein erstes Diagnostieum ist der Abstand zwischen Ger~uschschwelle und Optimum der Sehwellenkurve. Die Geri~uschsehwelle wurde in db (zweistelliger db-SchliisseI), die Sehwellenkurve fiir alle in Frage kommenden Frequen- zen erfa~t.

Ein zweites Diagnostieum ist tier Abstand zwischen dem Optimum tier iiberschwelligen Kurve in den mittleren Frequenzen (meist 1000 bis 2000 Hz) und dem Geri~usehnive~u. Dieser Abstand und das Ger~iuseh- niveau -- beide in db-Schliissel -- wurden eingeplant.

Ein drittes Diagnosticum ergibt sieh aus dem Verhalten der iiber- sehwe]ligen Kurve zur Sehwellenkurve in HShe des lVieBpunktes. Um

c

- 2 0 S~

-fO ~

0 10

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c c ~ 12g 258

f , / r L 1 I .:__t ,.. b,! ]A

0 2 C 3 C ~ C 5 O E

512 102~ 2ZY/-~ q056 elY2Hz 5" G

"i-- l gN

-~ - - 2. CN

Abb. 1. Zur Nomen~:latur. Luftleitungsschwellenkul've ]nit ihren l~el~punkten. * - - - - , . Optimum (1000 bis 2000 ttz) und GerfiuschschweIle GS - - - - - - (30 db) in gleicher H6he. Zwei fiberschwellige ger~tuschaudiometrische Xurven (1 , 2.) mi t den dazugehSrigen Ger~uschniveau (GN). In der oberen fiberschwelligen Kurve (1 . )be t rag t der Abstand yore 1. Ger~u~chniveau (50 rib) in Optimum (2000 Hz) und Met~puukt (M 1 = 4000 Hz) 0 db. Beim 2. Geriiuschniveau (80 db) ist er im Optimum

(2000 Hz) 10 db und im MeBpunkt (M 2) 20 db groB

n'~mlich fiir d~s sogenannte Hineinlaufen der iiberschwelligen Kurve in die absinkende Schwellenkurve iJbersehbare Verh/~ltnisse zu bekommen, wird tunliehst das Ger~useh jeweils auf das Niveau gelegt, wo sieh ein MeBpunkt der Schwellenkurve befindet. Man braueht also nur die Fre- quenz des MeBpunktes naeh einem einstelligen Frequenzschliissel auf- zunehmen, um iiber den entspreehenden Tonschwellenwert auch die Lautst/~rke des jeweiligen Ger/~usehniveaus zu bekommen. Innerhalb der Frequenz des MeBpunktes l~Bt sieh der Abstand zwisehen Ger/iuseh- niveau und tibersehwelligem ger/iuseh~udiographisehem Weft beobaeh- ten und in db aufnehmen.

Hierbei is~ noch fo|gendes zu beriieksiehtigen: Alle fiberschwe~gen It6rpriifungen sind durch die mikrotraumatische Sch~digung bei Sehall- zufuhr (Adapbation, HSrermiidung) belastet -- Vorg~nge, die wit seit HOOD

44 WILL~ WAGE~A~N :

genauer kennen, und welche LA~GENBECK zuerst als Adaptationsriickstand bezeiehnete. Dies gilt sowohl f'dr die Lautst~rke des Tones wie des Gers Man kann einen solehen Kurvenabfall diminuieren, wenn man die Schallimpulse kurz w~hlt, also das Ger~usch in Lautsts des Niveaus gibt, den Ton kommen lgBt und, wenn dieser gehSrt wird (bis- weilen aueh sehon vorher), beides sofort abschaltet. Liegt nun der Wert unter dem Ger~usehniveau, wird unmittelbar darauf der Sehwellenwert nachgemessen, um das AusmaB eines eventuellen Sehwellenabfalls fest- zulegen. Ansonsten folgt naeh einer jewefls kleinen Pause yon etliehen Sekunden die n~chste Frequenz bzw. eine Wiederholung.

Ein mikrotraumatisches Absinken wurde dadureh gekennzeichnet, dab der Abstand in MeBpunkth6he bei der ersten Zahl des db-Schliissels ein Uberloeh bekam. Damit ist ausgedriiekt, dab der Abstand yon Sehwel- lenwert zu iibersehwelligem Wert kleiner ist als der versehltisselte Ab- stand yon Gers zum fiberschwelligen Weft. Bei solchen F/~I- len ist die ger~uschaudiometrisehe Diagnostik ersehwert. Nach unserer Erfahrung, die bier lediglich eindrueksmggig wiedergegeben werden soll, kann man bis 5 db Differenz zwisehen abgesunkenem Sehwellenwert und iibersehwelligem Weft noch iiberwiegend endolabyrinth/ir eharakteri- sieren, wobei der Sehwellenabfall allerh6ehstens l0 db betragen dark Oder anders ausgedrtiekt : Bei diesem Grenzwert beginnt der tiberwiegend retrolabyrinthgre Charakter. Die Bezlehungen eines solehen Phgnomens zu dem Ausfall der Belastungsteste soll einer sp~teren Darstellung vor- behalten bleiben. Mit diesem Sehwellenabsinken jedoeh sehleieht sich ein Fehler in unsere Statistik. Deswegen wurden solche F/~lle aussortiert : gut ein ~iinftel des Materials. Trotzdem gelang es nicht -- wie gegert Ende dieser Arbeit ausgefiihrt werden wird -- ihn ganz zu eliminieren.

Es sei bier gleieh noeh auf die m6gliehen Fehler bei der Deutung und Versehliisselung des Audiogrammes hingewiesen. Sie wurden dutch sehr detaillierte Erhebungsvorsehriften (die auf Abruf beim Verfasser bereit- liegen) weitm6gliehst eingesehr/~nkt. Es sei bier nur noeh erws dab der Erhebung eine Arztkontrolle und danaeh eine tIauptkontrolle folgen. Weiter wurde die Fehlerzahl dutch Loeher, Prtifer und Kontrollen an der Sortiermasehine reduziert, so dab sieh im Vertrauen auf die groge Zahl ein einigermaBen reprgsentatives Material einer norddeutsehen Klinik ergibt.

Wenden wit uns zungehst dem Vergleieh des Optimum der Ton- sehwelle (inAbb. 2 dureh den 1000-ttz-Ton symbolisiert) mit der Ger/iuseh- sehwelle zu. In Abb. 2 entsprieht die nieht eingezeiehnete symmetrische Normalverteflungskurve dem aufsgeigenden Sehenkel, der Kurve 1. Bei den in dieser Kurve dargestellten leiehten SehwerhSrigkeiten (1) kommt es indessen zur Asymmetrie zugunsten sehleehterer Tonsehwellenwerte. Wie ist das zu erkl/~ren ? Erstens sind daria Gutaehten -- also iiberdureh-

Auswertungen yon fiber 4000 Gers 45

schnittlich viel Aggravanten -- enth~lten (gestrichel~e Kurve). Ein Aggravant neigt also dazu, die Tonschwelle iiberwiegend schlechter als die Ger~uschsehwelle anzugeben (LA~G]~V, CK). Zum anderen liegt das an den in den Kurven enthaltenen verschiedenen Ohrbefunden.

7000

zOO ? �9

:o \ \ \ 40

gO

/0

/

- " - x

I t ~ ! I I r I l I -Z~-ZO-75-to-5 0 5 /0 75 ZO Z530 35 40

Abslzndvon G$ Eb follzohl: 398

Abb. 2 Abb.2. Absolute H diuf igkeitsverteilung der l O00- Hz- Tonschwellenwerte bezogen auf die GerSuschsehwelle (GS). Abzisse: absolute ~allzahl. Kurve 1 GS 0--25 db (2335 F~lle); Kurve Z GS 30--55 db (1294 F~]]e); Kurve 3 GS 60--80 db (446 Y~lle); Kurve d GS 85--95 db (46 l~lle); . . . . Gutaehten

yon 1 (718 l~lle). Werte in db-Abstan4 yon tier GS. Bei den ~r liegt die Tonschwelle h6her (geringerer

00 8o/3r 77-79 77/7s 8~ 8:/so D:hgn.2chl. gleichbl, gle/chbl. ~bfo/l.

Itz ttv. ttv. R~G 578 789 34 720 87

Abb, 3

H0rverlust) als die GS. Eine Kurve 0 (normale Ohren 3ugendllcher) wurde fortgelassen. Deren Verlatff geh~ aus den Minuswer~en yon 1 hervor, denen die Pluswerte im Slime einer symmetrisehen Verteilung faBt en~spreehen. Aus der Darsteliung ergib~ sich, dab das Hgufigkeitsoptlmum D bei

gr6~eren Sehwerh6rigkeiten sich zu den grS•eren Abst~nden yon der GS hln versehiebt

Abb.3. Abstand des Optimums der i~bersehwelligen Tonkurve yore entsprechenden Geriiuschniveau in Dezibel (Zahlen innerhalb der S~ulen), H~iufigkeit innerhalb elnzelner Diagnosegru=o~oen in Prozent

Diagnosenschliissel: 00 Normale 80/84 HOrstSrungen mit Sehwindelanf~tlen

17--19 akute und chronische Schalltraumen 77 AIterssehwerh6rigkeiten 96 organisch eerebrale StSrungen

89/90 zentral-vestibul~re und andere objektivierbare GleichgewiehtsstSrungen obne Anf~lle. a Gleichbleibender RSrverlust, der yon 1000 Hz naeh 4000 Hz nicht fiber 25 db zunimmt, b Zunehmender tIOrverlust yon 1000 nach 4000 t tz fiber 30 db (also abfallende Kurve)

79 HSrst6rungen unklarer Geuese bei Patienten fiber 60 Jab.re

Die Asymmetrie ist bei den leichten (1) und bei den mittleren Sohwer- hSrigkeiten (2) deu~lieh, bei den starkon Sohwerh6rigkeiten (3) schon

46 WILL:~ WAGE~A~:~ :

um ein geringes weniger ausgepr~gt, wghrend sie bei den hoehgradigen H6rst6rungen (4) kaum noeh erkennbar isC. Das Optimum der Kurven, der diehteste Wert D, riiekt yon 0 (normal) naeh 10 (4). Je gr6f~er also die HSrminderung ist, um so sehleehter wird gegeniiber der Ger~uschsehwelle die Tonschwelle vernommen.

Aus der Hgufigkeitsverteilung der einzelnen Ohrbefunde seien einige Beispiele gegeben. Einen dichtesten Wert im negativen Bereieh, we der Ton eher als das Gerauseh wahrgenommen wird, gibt es nieht. Er befindet sich bei allen Erkrankungen mehr oder weniger weit im positiven Bereich naeh reehts verschoben, we der Ton also mehr Lautst~rke zur HSrbur- keit, als das Gerauseh benStigt.

Am n~ehsten dem Normalen liegt das H~ufigkeitsoptimum D beim typisehen Meni6re, und zwar zwisehen 0 und dem jeweiligen Optimum der Kurven 1--2, sieh zunehmend verbreiternd. Die MittelohrschwerhSrig- keiten entspreehen im wesenCliehen dem Verhuf der Verteilungen (1) bis (4). Auffallend ist, dab bei Vergiftungen mit Chemikalien eine sehr geringe l~eehtsasymmetrie vorhanden ist. Bei den dominant hereditgren Sehwerh6rigkeiten ist D unabhangig veto Schwerh6rigkeitsgrad auf einen Wert zwischen 10 und 15 db Abstand versehoben. Das Extrem in dieser Richtung bilden die orgarSschen eerebralen tI6rst6rungen mit einem flaehen symmetrischen Kurvenverlauf, dessert Optimum (D) zwisehen 10 und 20 db Abstand liegt. Je mehr wir also die H6rstSrung retrohbyrin~hgr lokalisieren, um so grSl~er wird der Abstand der Tonsehwelle yon der Gergusehsehwelle. Werte ab 15 db geben schon eine sicher iiberwiegende diagnostisehe Wahrscheinlichkeit.

Als zweites Diagnostieum w/~re der Vergleieh des Optimums der iiber- schwelligen Klartonkurve mit dem jeweiligen Ger~uschniveau zu bespre- chert. Es seien such bier nur einige Beispiele in Abb. 3 dargestellt. Bei normalen (Diagnosenschliisse100) liegt das Optimum der iibersehwelligen Kurve in 97~ der F~lle nicht mehr als 5 db unter dem Gergusehnivean. Dieser Prozentsatz vergrSl~ert sich bereits etwas bei den HSrstSrungen mit Sehwindelanfallen (80/84), bei denen der ttSrverlusC yon 1000 naeh 4000 Hz nieht iiber 30 db zunimmt. Der reine Meni6re mit positivem Recruitment (84) entsprieht weitgehend noeh dem Normalen, woven er natiirlich durch die HSrminderung gut zu trennen ist. Alle Sehalltraumen zusammengenommen (17--19) ergeben sehon eine gr6Bere Streuung zu den gr6f~eren Abstgnden hin. Dies pr~gt sich bei den AltersschwerhSrig- keiten (77/79) noch mehr aus. Bei organischen eerebralen HSrst6rungen (96) sehlie~lieh ist die Hgufigkeit yon 5--20 db Abstand ziemlieh gleich- m~l~ig verteilt. Ahnlieh dent Schwellenvergleieh nimmt im fiberschwelli- gen Bereieh mi~ zunehmender retrolybarinth~rer Diagnostik die Ver- deekung des Tones zu.

Auswertungen yon fiber 4000 Ger/iusehaudiogrammen 47

Aus der Vielzahl unserer Erhebungen sei noeh ein Beispiel angeffihrt. Die GleichgewiehtsstSrungen, welche allgemein zentral-vestibul/ir dia- gnostiziert werden (Diagnosensehlfisse189/90), haben wir in zwei Gruppen eingeteilt: Eine erste mi~ gleichbleibendem tISrverlust, der yon 1000 Hz nach 400 Hz nieh~ fiber 25 db zunimmt, und eine zweite mit zunehmendem H6rverlust -- also abfallender Sehwellenkurve yon 1000 Hz auf 4000 Hz fiber 30 db. W~hrend die erste der pro- zentualen Hiiufigkeit naeh in der Abb. 3 zwischen der Diagnosen-Gruppe 80/84 und den Schalltraumen (17--19)einzu- ordnen wi~re, steht die zweite fast in einem krassen Gegensatz dazu. Vestibul~re Befunde, bei denen gleichzeitig ein zu- nehmender HSrverlust, eine abfallende Schwellenkurve, festgestellt wird, sind also weitgehend retrolabyrinthiir zu charakterisieren.

Abb. 4 zeigt eine andere Darstellung der Hi~ufigkeitsverteilung. Die Normalen (00) erseheinen darin als Gerade, yon der sich die Gruppe der cerebralen StSrungen (96) eindeutig abhebt.

Die in etwa dazwischenliegende Gruppe der AltersschwerhSrigen (77/79)

2035

s \

O0

0 5

\

\ \

',,, ", ~0/8~ zz/z8

I 70 75 20 25 30 Ab~land in d,b

Abb. 4

Abb. 4. Abstand des Optimums der iiberschwelligen Tonkurve yore entsl)rechenden Gerguschniveau in db. ttaufigkeitsverteilung in logarithmiseher Darstellung in Prozent. Es ergibt sich, dab mit zunehmen4

retrolabyrinth~rer Charakteris~ik die tt~tufigkeitsverteilung vom :Nullwert abrfickt

Tabelle der tt~tufigkeiten:

00 82,0 15,0 80/84 68,0 18,0

96 0 22,5 23,0 17,7

77/79 48,0 21,6

10 ~

3,0 l l ,0 22,5 17,7 15,4

(Diagnosenschltissel siehe Abb. 3)

15 2O % %

3,0 22,5 22,5 17,7 17,7

9,6 3,6

25 30 db % /0

10,0 6,2 1,0 0,8

(398 ~ l l e = 100 o/o) (266 F/~lle = 10OO]o) G8 fiber 20 db alle (96) (769 l~lle = 100o/o)

sei in der Abb.5 naeh dem Gerad der H6rminderung (Gerguseh- schwelle) in drei weitere Gruppen aufgeteilt. Wghrend die leichten H6r- st6rungen (Kurve 1) zur Norm lain abweiehen, zeigt sieh bei den starken Sehwerh6rigkeiten (Kurve 3) ein Verlauf, der an den bei den eerebralen H6rst6rungen (96) erinnert. Mit zunehmender Presbyaeusis vermehrt sich also aueh deren retrolabyrinth/~re Charakteristik.

Das dritte Diagnostieum ist der Abstand zwisehen Ger/~usehniveau und fibersehwelligem Tonwert innerhalb der Frequenz des MeBpunktes.

48 W~LM Wx(~E~u~:

Abb. 6 gibt einen Auszug unserer Erhebungeu. Die Senke bei 5 db Ab- stand enthalten si~mtliohe Diagnoscngruppen unserer Skala (4174F/~lle). Sic hat mehrere Ursachen. Hier sei soviel gesagt, dab sic sich immer dann besonders auspr/~gt, wenn das H/iufigkeitsoptimum D gegen 0 db riickt. (Beispiel: Kurve der Menibre-Gruppe [84]). Bei den Erkrankungen mit

% 70o

80

7

qO 2 ",,

3

1 0 - - -

8 6

"7\ 'Z/ , ,,

0 5 70 75 20 25' 30 Abstand /n d,b

Abb. 5

i 8z/ H

8f

3O ~ zX~ 2O

" ~ 9 8 75

@

78 0 5 N 15 20 2'J 30 Abs/ozd/n ~b

Abb. 6 Abb. 5. A Itersschwer h6rigkeit (77/79) nach dem Grade der H 6reinschr~inkung auf gegli edert (Dars tenung wie Abb. 4). K u r v e 77]79 der vor igen Abbi ldung interp ( o - - o ); K u r v e I Ger~iusehschwelle 0 - -35 db;

K u r v e 2 Ger~usctlschwelle 40--65 db; K u r v e 3 Ger/iuschschwelle 70 a n d mehr db

Abb. 6. Abstand der i~bersvhwelIigen Tonkurve yore entsprechenden Geriiusehniveau in HShe des je- weiligen Meflpunktee

H~iufigkeitsverteilung in Prozent

84: ~r (277 F~lle = 100~ 96181 cerebrale St6rungen ( 27 Fi~lle = 100~

78 heredi tare Sehwerh6rigkeit ( 35 Fiilie = 100%)

Links : Darstel lung wie Abb .3 ; tLeehts: Darstel lung des gleiehen Saehverhal tes in K u r v e n f o r m ; Diskussion der Senke bei 5 db Abs tand siehe Tex t

re~rolabyrinth/iren Charakteristiken (78, 81, 96) deutet sie sioh nur noeh an. Bei diesen Diagnosen liegt ein deutliches Optimum D um 15 db, also einem verh/~ltnism/~13ig groBen Abstand zwischen Ger/iuschniveau u~ld iibersehwelliger Kurve.

Im groBen und ganzen grit das bei der Besprechung des iiberschwelli- gen Tonoptimum (1000 Itz) Gesagte auoh im Bereich der MeBpunkt-Fre- quenz. Und zwar mit der Einschr/inkung, dab sieh das H/iufigkeits- optimum D wegen der Senke um rund 5 db zu den grSBeren Abst/~nden verschiebt.

Auswerbungea yon fiber 4000 Ger/~uschaudiogrammert 49

Die Senke in der H/~ufigkeitsverteilung bedarf noeh einer erg/inzenden Betrachtung. Es fiel auf, dab sie dann nieht so ausgepr/~gt auftritt , wenn der Priifer, dessen Schliisselnummer die Lochkarte enth&l% nieht oder noch nieht mit der ger~uschaudiometrischen Diagnostik ver t raut ist. Die Aufteilung naeh dem Untersueher ergab n&mlich, dab unsere er- fahrendste audiologisehe Assistentin, welche Mare Verh//ltnisse liebt, sich ungern zu dem relativ schlecht auswertbaren Wert yon 5 db ent- schied. Entweder die iibersehwellige Kurve fief in H6he des Ger~useh- niveaus in die abfallende Sehwellenkurve hinein, dann waren es eben eher 0 db Abstand als 5 db - - oder aber der iibersehwellige Wert lag deutlieh tiefer, dann waren es eben eher 10 db als 5 db. Soleh subjektiver Fehler war aueh bei )bz ten und anderen audiologisehen Assistentinnen mit zu- nehmender diagnostiseher Erfahrung zu beobaehten.

Doeh maeht die Seheu, einen 5 db-Wert hierbei zu messen, nieht allein solehes Ph/~nomen in der H~ufigkeitsverteilung aus. Ganz kral3 -- aller- dings naturgem~B aueh mit Reduktion des 0 db-Wertes - - erseheint es n//mlieh bei den aussortierten Fgllen, we ein Sehwellenabfall dureh Sehallbelastung, das Mikrotrauma, eintrat. Wir deuten das so, dab der Zeitraum zwisehen ger/~usehaudiometriseher Messung und sofort an- sehlieBender Sehwellenkontrolle zu lang ist, um alle F/ille mit tempor/~r absinkendem Sehwellenwert zu erfassen. Ein Teil seheint sieh also in dieser Zeit wiedererholt zu haben. Wie weitgehend das m6glieh ist, erweisen ja die Groflzahl prompter Normalisierungen bei den Schwellenbelastungs- tests, wobei im iibrigen AbNlle unterhalb 10 db noeh nieht als positiv zu werten sind.

I-Iieraus w/~re folgende Folgerung zu ziehen: Die Genauigkeit der gergusehaudiometrisehen Diagnostik erh6ht sieh, wenn man duroh einen der einsehl/~gigen Tests weiB, dab die Sehwelle dureh SehalMnwirkung nieht absinkt. Tut sie es indessen, und ist dies mel3bar, so kann man die oben gesehilderten H/~ufigkeitsverteilungen in etwa erhalten, wenn man die Gr6Be des Schwellenabfalls veto Abstandswert abzieht. Allein, aueh dann t r i t t wieder die Senke in der It&ufigkeitsverteilung um 5 db ein, da ja ein noeh grSBerer Sehwellenabfall sieh zu einem Tell bereits wieder erholt haben kann.

Vergleiehen wit absehlieBend kurz die Langenbeeksehe Gerguseh- audiometrie mit einem anderen iibersehwelligen Test - - der Untersehieds- sehwellenmessung naeh L ~ s c ~ - - so kommen wit naeh Abb. 7 zu dem verbltiffenden Ergebnis, dab beide Methoden etwas Versehiedenes mes- sen. Aus der unteren Darstellung (b) geht hervor, daft sich sowohl die eingeengte (1) wie die verbreiterte Untersehiedsschwelle (4, 5) beziiglieh des ger/iuschaudiometrisehen Abstandes des Kurvenopt imum Ger/~usehniveau v611ig gleieh verhalten, vieUeieht nieht ganz so ein- deutig in tI6he des MeBpunktes (obere Darstellung a). Das besagt, dab

Arch. Ohr.-, 2gas.-, u. Kehlk.-Heilk., Bd. 179 4

50 W~L~ WAOE~-ANr Auswertnngen yon fiber 4000 Gerauschaudiogrammen

sich der vergr6Ber~c Absband bei der Ger~uschaudiometrie nich~ bei der Unterschiedsschwellenmessung ausdriickt und umgekchrt die ein- gesehr//nkte Intensit~tsbreite nicht in der Ger/~uschaudiometrie. Das Ergebnis jeder Methode ist ~lso fiir sich Ms wertvolles audiologisches Symptom zu werten. Und mehrere Symptome ergeben in der Medizin ja ers~ die Diagnose.

o !

I

i

0 s N 75 ZO ZS i~bt/and in c[ ~o

~5 %

2~

7D

8

b

20 0 30

q

3

I 73~s 5 :8 7S 20

Abstondi'n d,b

Abb. 7. Vergleich der Ergebnisse der UnterschiedsschweUenmessung (Ziischer) mit den Werten der Geriiuschaudiometrie (JSangenbeck). t I i iuf igkei tsvertei lungen in Prozent. Schlfissel de~ Unterschieds- schwellengr6Ben:

1 = 4-~-: 1 - - 2~ 0,3 0 ,4db 2 = 4- : 3~ 0,5--0,7 db Kurve 1 3 = d= : 5~ 0,8--1,5 db Kurve 3 4 = - - : 10~[0 2,0 db Kurve 4 5 = - - : 20% 4,0 u.m. db Kurve 5

a) Abs tand der ffberschwelligen Tonkurve yore Ger~uschniveau in ~r in db (obere

Darstellung). Tabelle der tt~tufigkeiten:

0 5 10 15 20 25 30 X

I 5

2 ii

3 48

4 59

5 29

152

0 2 1 3 0 0

6 10 5 1 1 1

16 40 23 23 13 0

16 24 24 13 5 1

6 17 15 6 5 1

44 93 68 46 24 3

163

142

79

430

b) Abs~and des Opt imums der fiberschwelligen Tonkur~,e (1000 I~z) vom Ger~tuschniveau (untere Darstelhmg). Tabelle der / ~ u f i kei ten: ._..--.--__--

0

1 21

2 142

3 587

4 648

5 396

1794

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262

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1037

684

2977

Literatur

LANGENBECK, B, : Leitfaden der pr~ktischen Audiometrie. Thieme: Stuttgart 1956. WAGS.MA~, W. : Die Dokumentation audiologischer Befunde mit dem Hollerith-

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