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Auswirkungen der Transatlantischen Handels-und Investitionspartnerschaft (TTIP) für die hessische Wirtschaft

Dr. Alexander Werner

Gergana Petkova

Prof. Dr. Johannes Harsche

HA-Report Nr. 915

Wiesbaden 2016

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Eine Veröffentlichung der HA Hessen Agentur GmbH

Postfach 1811

D-65008 Wiesbaden

Konradinerallee 9

D-65189 Wiesbaden

Telefon 0611 95017-8304

Telefax 0611 95017-8313

E-Mail [email protected]

Internet http://www.hessen-agentur.de

Geschäftsführer: Folke Mühlhölzer (Vorsitzender)

Dr. Rainer Waldschmidt

Vorsitzender des Aufsichtsrates: Tarek Al-Wazir,

Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet.

Belegexemplar erbeten.

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

I

Auswirkungen der Transatlantischen Handels- und Investitions-partnerschaft (TTIP) für die hessische Wirtschaft

Inhalt Seite

1  Einleitung 1 

2  Grundlagen der Transatlantischen Investitions- und Handels-

partnerschaft 4 

2.1  Vorgeschichte, Zielsetzung und Rahmenbedingungen der TTIP 4 

2.2  Darstellung der öffentlichen Diskussion zur TTIP in Deutschland 9 

2.3  Aktueller Stand der Verhandlungen 13 

3  Außenwirtschaftliche Verflechtungen zwischen Hessen, Deutsch-

land, der EU und den USA 17 

3.1  Kennzahlen und strukturelle Merkmale 17 

3.2  Sektorale Struktur der Wirtschaftsräume Hessen, Deutschland,

EU und USA 20 

3.3  Handelsstruktur der Wirtschaftsräume Hessen, Deutschland,

EU und USA 23 

3.4  FDI-Struktur der Wirtschaftsräume Hessen und Deutschland 32 

3.5  Bedeutende Merkmale der transatlantischen Wirtschaft 35 

4  Ergebnisse ökonomischer Prognosen zu den Wirkungen der TTIP 37 

4.1  Ökonomische Studien zur Abschätzung der Effekte der TTIP –

Literaturüberblick 37 

4.2  Ergebnisse der Studie des CEPR und Schlussfolgerungen für

Hessen 41 

4.3  Ergebnisse der Studie des CEPII und Schlussfolgerungen für

Hessen 46 

4.4  Ergebnisse der Studien des ifo-Instituts und Schlussfolgerungen

für Hessen 49 

4.5  Methodische Kritik und Fazit 59

 

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

II

5  Ergebnisse qualitativer Untersuchungen zur TTIP 65 

5.1  Analytisches Vorgehen und methodische Hinweise 65 

5.2  Ergebnisse ausgewählter qualitativer Untersuchungen in

Deutschland zu den Auswirkungen der TTIP 65 

5.3  Erwartungen der hessischen KMU im Verarbeitenden Gewerbe –

Ergebnisse einer schriftlichen Unternehmensbefragung 76 

5.4  Ableitung von branchenübergreifenden Erwartungen zur TTIP

aus Expertengesprächen mit Akteuren der hessischen Wirtschaft 81 

5.4.1  TTIP-Rahmenbedingungen: Standort Hessen, Markterschließung,

außenwirtschaftliche Beziehungen, Handelsabkommen und US-

Markt 82 

5.4.2  Beurteilung der TTIP durch die Unternehmen 87 

5.4.3  Positionen verschiedener Wirtschaftsakteure zur TTIP 95 

5.4.4  Fazit 98 

6  Branchenanalyse der Auswirkungen der TTIP auf Hessen 99 

6.1  Chemische und pharmazeutische Industrie 99 

6.1.1  Strukturelle Merkmale der chemischen und pharmazeutischen

Industrie – Hessen, Deutschland, EU und USA 99 

6.1.2  Qualitative Analyse zur Bedeutung der TTIP in der Branche und

Position bedeutender Branchenvertreter 104 

6.2  Maschinen- und Anlagenbau 108 

6.2.1  Strukturelle Merkmale des Maschinen- und Anlagenbaus –

Hessen, Deutschland, EU und USA 108 

6.2.2  Qualitative Analyse zur Bedeutung der TTIP in der Branche und

Position bedeutender Branchenvertreter 115 

6.3  Informations- und Kommunikationstechnik 118 

6.3.1  Strukturelle Merkmale der Branche Informations- und

Kommunikationstechnik – Hessen, Deutschland, EU und USA 118 

6.3.2  Qualitative Analyse zur Bedeutung der TTIP in der Branche und

Position bedeutender Branchenvertreter 122 

7  Zusammenfassung und Fazit 127 

Abbildungsverzeichnis 134 

Tabellenverzeichnis 135 

Literaturverzeichnis 137 

Anhang 145

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1 Einleitung

Ein breiter Komplex ökonomischer Theorie und empirischer Forschung widmet sich

den Auswirkungen des internationalen Handels. Während klassische Freihandelsab-

kommen, die die Abschaffung von Zöllen, Exportquoten oder Diskriminierungen zum

Gegenstand haben, in entwickelten Ländern theoretisch und empirisch zumeist zu

nachweisbaren Wohlfahrtsgewinnen führen, sind die Wohlfahrtswirkungen bei Han-

delsabkommen, die sich mit der Harmonisierung, wechselseitigen Anerkennung oder

Abschaffung von Regulierungsstandards beschäftigen, unklar und theoretisch um-

stritten. Daher wird eine Ausweitung des globalen Handels nicht vollkommen unkri-

tisch in der Öffentlichkeit wahrgenommen, da dieser auch zu unerwünschten Folgen

in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen führen kann. Zum einen entsteht in

verschiedenen Branchen höherer Wettbewerbsdruck, und die Verteilung der durch

zusätzlichen Handel generierten Wohlfahrtsgewinne zwischen den Wirtschaftssub-

jekten wie etwa Unternehmen, Arbeitnehmern und Haushalten ist ungleich und häufig

nicht vorhersehbar. Zum anderen ist bei der Angleichung von Regulierung die Entste-

hung von Wohlfahrtsgewinnen nicht sicher: Regulierung dient in der Regel gesell-

schaftlich erwünschten Zwecken wie etwa dem Schutz der menschlichen Gesundheit

(Verbraucherschutz), der Bekämpfung des Klimawandels oder dem Anstoß von tech-

nischem Fortschritt (z.B. Abgasvorschriften). Der handelseinschränkende Effekt ist

nur ein Nebenprodukt der Regulierung. Ob die Beseitigung, Harmonisierung oder

wechselseitige Anerkennung solcher Vorschriften zu Wohlfahrtsgewinnen führt,

hängt davon ab, welchen volkswirtschaftlichen Nutzen eine bestimmte, alte Vorschrift

hatte und wie genau die neue Vorschrift lautet.

Innerhalb dieses Spannungsfeldes bewegen sich die Verhandlungen zwischen der

Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zur Ver-

abschiedung eines Transatlantischen Freihandelsabkommens – der Transatlanti-

schen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP – Transatlantic Trade and Invest-

ment Partnership).

Die potenziellen Auswirkungen eines solchen Abkommens – insbesondere für die EU

und die USA, aber auch für Drittstaaten – wurden bereits in verschiedenen Studien

ermittelt. Erkenntnisse lassen sich zudem aus Analysen zur Wirkung des internatio-

nalen Handels im Allgemeinen ableiten.

Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen

Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung erstellten Stu-

die, die möglichen Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommens auf die hes-

sische Wirtschaft zu analysieren. Hierzu erfolgt zunächst eine Zusammenfassung der

Vorgeschichte und der bedeutenden Rahmenbedingungen der TTIP. Auch wird ein

Überblick zum aktuellen Stand der Verhandlungen zwischen der EU und den USA

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geboten. Die Argumente der intensiven Diskussion zwischen Befürwortern und Geg-

nern des Abkommens werden ebenfalls betrachtet.

Im darauf folgenden Abschnitt werden wichtige statistische Merkmale der USA, der

EU, Deutschlands und Hessens einander gegenüber gestellt. Dies liefert einen Über-

blick zu der Intensität der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den betrachteten

Wirtschaftsräumen. Insbesondere bilden diese Daten – durch die sich die unter-

schiedliche Wirtschaftsstruktur der einzelnen Wirtschaftsräume erfassen lässt – die

Grundlage für eine Bewertung der unterschiedlichen Betroffenheit der Wirtschafts-

räume durch die geplante TTIP. Die Auswirkungen der TTIP werden in vielen ökono-

mischen Untersuchungen analysiert, deren Ergebnisse im vierten Kapitel zusammen-

gestellt werden. Die Ergebnisse dieser Studien werden meist lediglich für die EU oder

Deutschland insgesamt berechnet, sodass eine Abschätzung der Auswirkungen der

TTIP für Hessen in der vorliegenden Untersuchung durchgeführt wird. Diese Analyse

erfolgt auf Basis der wirtschaftsstrukturellen Unterschiede zwischen Hessen,

Deutschland, der EU und den USA.

Über die quantitative Betrachtung anhand statistischer Daten und Modellrechnungen

hinaus werden zur TTIP auch Befragungen zur Erhebung qualitativer Daten durchge-

führt. Im fünften Abschnitt werden zunächst die Ergebnisse wichtiger Umfragen zur

Erfassung der Einstellung verschiedener Zielgruppen – wie etwa Bevölkerung und

Unternehmen – zusammengefasst. Anschließend werden die Ergebnisse zweier

durch die Hessen Agentur durchgeführte Erhebungen präsentiert. In einer schriftli-

chen Befragung kleiner und mittelständischer Unternehmen des Verarbeitenden Ge-

werbes in Hessen wurden die Erwartungen zur Exportentwicklung in die USA und zur

Geschäftsentwicklung insgesamt durch TTIP erfasst. Ein Schwerpunkt der Untersu-

chung war eine weitere Expertenbefragung, mit der die Auswirkungen des Abkom-

mens aus der Sicht verschiedener Akteure näher beleuchtet werden. Hierzu wurden

jeweils Interviews mit Vertretern ausgewählter Branchen – aus Verband, Gewerk-

schaft sowie aus großen und kleinen bzw. mittleren Unternehmen (KMU) – durchge-

führt. In Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Ver-

kehr und Landesentwicklung wurden die Branchen chemische und pharmazeutische

Industrie, Maschinen- und Anlagenbau sowie Informations- und Kommunikations-

technik ausgewählt, da diese Branchen gleichermaßen von hoher Bedeutung inner-

halb der hessischen Wirtschafts- und Handelsstruktur und durch die TTIP betroffen

sind.

Aufbauend auf der umfangreichen Literaturauswertung, der eingehenden Analyse

statistischer Daten zur wirtschaftlichen Situation, der Metaanalyse bedeutender öko-

nometrischer Untersuchungen zu den Auswirkungen der TTIP und den qualitativen

Erhebungen zur Haltung der Wirtschaftsakteure in Hessen zur TTIP erfolgt im sechs-

ten Abschnitt der Studie eine Analyse ausgewählter Branchen in Hessen. Im Rahmen

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der Branchenanalyse werden zunächst jeweils branchenspezifische Informationen

zur Wirkung der TTIP aufbereitet und ausgewertet. Darüber hinaus werden qualitative

Aussagen – wie etwa Stellungnahmen der Verbände – zusammengetragen. In die-

sem Rahmen werden zudem branchenspezifische Ergebnissen der beiden qualitati-

ven Erhebungen der Hessen Agentur präsentiert. Im abschließenden Fazit werden

die Ergebnisse zusammengefasst und die Auswirkungen auf die hessische Wirtschaft

beurteilt.

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2 Grundlagen der Transatlantischen Investitions- und Handels-partnerschaft

2.1 Vorgeschichte, Zielsetzung und Rahmenbedingungen der TTIP

Die wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen zwischen den USA und Europa

sind traditionell sehr intensiv. Dementsprechend wurde bereits häufig eine verstärkte

Integration der Märkte vorgeschlagen. Mit dem Ende des kalten Krieges und der Wie-

dervereinigung Deutschlands wurde im November 1990 die Transatlantische Dekla-

ration verabschiedet, durch die den transatlantischen Beziehungen zwischen EU und

USA ein institutioneller Rahmen gegeben wurde, wie etwa durch regelmäßige Kon-

sultationen. Auf Basis der Neuen Transatlantischen Agenda des Jahres 1995 wurde

im Jahr 1997 ein Abkommen vereinbart, bei dem die gegenseitige Anerkennung von

Standards in sieben verschiedenen Produktgruppen1 beschlossen wurde. Im Jahr

2005 wurde die EU-US-Initiative zur Unterstützung von wirtschaftlicher Integration

und Wachstum verabschiedet. Hierbei wurden vielfältige gemeinsame Interessen

identifiziert wie etwa gemeinsame Produktstandards und Verbraucherschutz, Markt-

zugang und öffentliches Beschaffungswesen, Wettbewerbspolitik und Finanzmarkt-

regulierung. Es bestehen aber auch zahlreiche gegensätzliche Positionen zwischen

der EU und den USA. Zu nennen sind z.B. der unterschiedliche Umgang mit gentech-

nischen Pflanzen und Konkurrenz im weltweiten Wettbewerb im Bereich von Stahl

und Flugzeugherstellung (Brauer, Lichter 2013, S. 5-7, Breuss 2014, S. 2-3).

In Deutschland wurde die Einrichtung eines Freihandelsabkommen zwischen der EU

und den USA zum ersten Mal 1995 durch den damaligen Bundesaußenminister Klaus

Kinkel in die politische Diskussion eingebracht. Gegen Ende der 1990er Jahre erar-

beitete der damalige EU-Handelskommissar Leon Brittan ein entsprechendes Kon-

zept. Im Jahr 2007 folgte eine Vereinbarung zwischen der EU und den USA, die das

Framework for Advancing Transatlantic Economic Integration darstellt. Ende 2011

wurde die Einrichtung einer EU-US High Level Working Group on Jobs and Growth

beschlossen, deren Abschlussbericht am 11. Februar 2013 erschien. Im Ergebnis

wurde empfohlen, dass die EU und die USA Verhandlungen zu einem weitreichenden

Freihandelsabkommen beginnen sollten. Die Verhandlungen zum TTIP starteten

dann im Juli 2013 (Felbermayr et al. 2013b, EU-Kommission 2013a).

Neben den bilateralen Voraussetzungen sind die Verhandlungen zur TTIP in einen

größeren Zusammenhang der jeweiligen Handelspolitik eingebettet. Sowohl die ein-

zelnen EU-Staaten als auch die EU insgesamt sowie die USA sind Mitglieder der

1 Medizintechnik, Pharmazeutische Produkte, Telekommunikationsausrüstung, Elektro-/Elektronikartikel, Sicherheitstech-

nik, Luftfahrt, kleine Wasserfahrzeuge.

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World Trade Organization (WTO) als einer maßgeblichen internationalen Organisa-

tion zur Förderung des weltweiten Handels. Ziel der WTO ist die Deregulierung bzw.

Liberalisierung des Handels weltweit und ein Abbau des Protektionismus. Ein Kern-

element hierfür ist die Most Favoured Nation (MFN)-Klausel. Durch diese Klausel sind

die Mitglieder verpflichtet, die Handelstarife, die sie im günstigsten Fall einem Land

gewähren, allen Mitgliedern zu gewähren. Ausnahmen gelten einerseits für Entwick-

lungsländer, die zur Förderung ihrer Entwicklung einseitig begünstigt werden dürfen,

und andererseits für regionale Freihandelsabkommen. Damit ein regionales Freihan-

delsabkommen gemäß der GATT2-Vereinbarung anerkannt werden kann, ist nahezu

der gesamte Güterhandel zwischen den Länder zu liberalisieren und die Zollsätze

gegenüber Drittstaaten dürfen sich im Vergleich zu der Ausgangssituation nicht erhö-

hen. Häufig wird die Zunahme von regionalen Freihandelsabkommen darauf zurück-

geführt, dass die Bestrebungen zur weiteren Liberalisierung des Welthandels im Zuge

von multilateralen Verhandlungen der WTO in den letzten Jahren kaum Einigungen

erbracht haben (Felbermayr, Larch 2013, S. 6, Erixon 2013, S. 18, Felbermayr et al.

2013a, S. 199-125, Langhorst 2007, S. 4).

Dementsprechend haben sowohl die USA als auch die EU bereits vielfältige regionale

Freihandelsabkommen mit einzelnen Staaten abgeschlossen. Eine Übersicht zu den

aktuellen Freihandelsabkommen eines Landes bietet die WTO und ist für die USA

und die EU in der Tabelle 1 wiedergegeben. Zu beachten ist, dass die Freihandels-

abkommen jeweils unterschiedlich ausgestaltet sind. Zunächst ist festzuhalten, dass

der EU-Binnenmarkt für die einzelnen Staaten selbst gleichsam ein Freihandelsab-

kommen darstellt. Aufgrund der zum Teil engen wirtschaftlichen Beziehungen zu ehe-

maligen Kolonialstaaten hat die EU mit einer weitaus größeren Zahl von Staaten ein

Handelsabkommen, als dies bei den USA der Fall ist. Auch die enge Zusammenarbeit

der EU mit osteuropäischen Staaten schlägt sich in der Zahl der Handelsabkommen

nieder.

Von besonderer Bedeutung sind das jüngste Freihandelsabkommen der EU mit Süd-

korea sowie dasjenige der USA mit Südkorea und das kurz vor seinem Abschluss

stehende Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, da es sich hierbei um die ersten

sehr tief gehenden Handelsabkommen handelt, bei denen neben Zöllen auch nicht-

tarifäre Handelsbarrieren wie etwa technische Normen, Etikettierungspflichten und

bürokratische Pflichten verringert werden. Die Verhandlungen der EU zum Abkom-

men mit Südkorea starteten im Mai 2007 und konnten im Oktober 2009 abgeschlos-

sen werden. Seit 1. Juli 2011 wird das Abkommen angewendet (EU 2011). Die Ver-

handlungen zwischen den USA und Südkorea begannen zwar schon im Juli 2006,

das Abkommen trat jedoch erst zum 15. März 2012 in Kraft (GTAI 2012).

2 General Agreement on Tariffs and Trade, insbesondere Artikel 24.

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Tabelle 1: Bestehende und angekündigte Handelsabkommen der EU und der USA

EU USA

EU-Vertrag: Österreich; Belgien; Bulgarien; Kroatien; Zypern; Tschechien; Dänemark; Deutschland; Estland; Finland; Frankreich; Griechenland; Ungarn; Irland; Italien; Lettland; Litauen; Luxemburg; Malta; Niederlande; Polen; Portugal; Rumänien; Schweden; Slowakei; Slowenien; Spanien; Vereinigtes Königreich

Dominican Republic – Central America – United States Free Trade Agreement (CAFTA-DR): Costa Rica; Dominikanische Republik; El Salvador; Guatemala; Honduras; Nicaragua; USA

EU – CARIFORUM States EPA Antigua and Barbuda; Bahamas; Barbados; Belize; Dominica; Dominican Republic; Grenada; Guyana; Jamaica; Saint Kitts and Nevis; Saint Lucia; Saint Vincent and the Grenadines; Suriname; Trinidad and Tobago

North American Free Trade Agreement (NAFTA): Kanada; Mexiko; USA

EU – Central America: Costa Rica; El Salvador; Guatemala; Honduras; Nicaragua; Panama

EU – Kolumbien und Peru

EU – Eastern and Southern Africa States Interim EPA: Madagaskar; Mauritius; Seychellen; Zimbabwe

EU – Overseas Countries and Territories (OCT): Anguilla; Aruba; British Indian Ocean Territory; Cayman Islands; Falkland Islands (Islas Malvinas); French Polynesia; French Southern Territories; Greenland; Mayotte; Montserrat; Netherlands Antilles; New Caledonia; Pitcairn; Saint Helena; Saint Pierre and Miquelon; South Georgia and the South Sandwich Islands; Turks and Caicos Islands; Virgin Islands, British; Wallis and Futuna Islands

European Economic Area (EEA): Island; Liechtenstein; Norwegen

Einzelabkommen: Albanien; Algerien; Andorra; Ägypten; Bosnien-Herzegovina; Chile; Elfenbeinküste; Fidji; Färöer Inseln; Georgien; Island; Israel; Jordanien; Kamerun; Libanon; Liechtenstein; Marokko; Mazedonien; Mexiko; Moldawien; Montenegro; Norwegen; Palestina; Papua Neuguinea, Republik Korea; San Marino; Serbien; Südafrika; Schweiz; Syrien; Tunesien; Türkei; Ukraine

Einzelabkommen: Australien; Bahrain; Chile; Kolumbien; Israel; Jordanien; Marokko; Oman; Panama; Peru; Singapur; Republik Korea

Angekündigt: Kanada; Indien; Japan; Malaysia; Marokko; Singapur; Thailand; USA; Vietnam

Angekündigt: EU*

* Das geplante Abkommen TPP (Trans-Pacific Partnership) zwischen den USA und weiteren Länder im Pazifikraum (Kanada, Australien, Neuseeland, Japan, Brunei, Chile, Malaysia, Mexiko, Peru, Singapur und Vietnam) ist nicht offiziell bei der WTO angekündigt, befindet sich aber bereits im Ratifizierungsprozess.

Quelle: WTO (2015)

Im Rahmen der laufenden TTIP-Verhandlungen wurde die EU-Kommission von ver-

schiedenen Seiten kritisiert, da sie das Mandat, das die Mitgliedsstaaten ihr für die

Verhandlungen zur TTIP erteilt haben, nicht veröffentlicht hatte. Am 09. Oktober 2014

veröffentlichte die EU Kommission dann dieses Dokument, sodass daraus Zielset-

zungen und Rahmenbedingungen für die Verhandlungen zur TTIP abgeleitet werden

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können. In den Abschnitten Art und Geltungsbereich des Abkommens sowie Präam-

bel und allgemeine Grundsätze sollen die Grundlagen der TTIP festgesetzt werden.

Diese ergeben sich wie folgt (EU-Kommission 2013d):

Ziele: Ausweitung des gegenseitigen Handels und der gegenseitigen Investitio-

nen; Engagement für nachhaltige Entwicklung in wirtschaftlicher, sozialer und

ökologischer Dimension; Einhaltung internationaler Normen zu Arbeit und Um-

welt, Wahrung des hohen Schutzniveaus der EU und der Förderung der kultu-

rellen Vielfalt in der EU.

Ehrgeizige Handelsliberalisierung, die über WTO-Pflichten hinausgeht, WTO

konform und gültig für alle staatlichen Ebenen ist.

Ausschließlich Bestimmungen zu Handel und handelsrelevanten Bereichen.

Hervorheben gemeinsamer Werte: Schutz und Förderung der Menschenrechte,

internationale Sicherheit, Grundfreiheiten, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit.

Maßnahmen zur Verwirklichung von Gemeinwohlzielen (Gesundheit, Sicher-

heit, Arbeit, Verbraucher, Umwelt, Förderung der kulturellen Vielfalt) weiterhin

möglich.

Beachtung besonderer Herausforderungen von KMU im internationalen Han-

del.

Kommunikation mit interessierten Akteuren (Privatwirtschaft/Zivilgesellschaft).

Aushandlung eines umfassenden Gesamtpaketes, um ein ausgewogenes Ver-

hältnis zwischen einzelnen Regelungen zu ermöglichen.

In den übrigen Abschnitten des Verhandlungsmandates werden konkrete Vorstelllun-

gen zu einzelnen Bereichen der angestrebten TTIP formuliert (EU-Kommission

2013d):

Beseitigung von Zöllen und Ausfuhrbeschränkungen, Annäherung der Kon-

zepte zu Ursprungsregeln, Regelungen zur Kumulierung des Ursprungs für

Drittstaaten mit Freihandelsabkommen sowohl mit der EU als auch mit den

USA.

Ausnahmeklauseln für wichtige Ziele (GATT-konform), Antidumpingklausel,

Schutzklausel bei starker Beeinträchtigung heimischer Branchen durch über-

mäßige Importe.

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Höheres Liberalisierungsniveau im Dienstleistungsbereich, transparente Zulas-

sungsvorschriften, Anerkennung von Berufsqualifikationen, ausländische Nie-

derlassungen gleichgestellt mit einheimischen Unternehmen (ggf. Beachtung

sensibler Sektoren).

Ausnahmen gemäß WTO-Regeln, insbesondere Anforderungen zu Arbeitsbe-

dingungen, öffentlicher Versorgung, hoheitlicher Gewalt und audiovisuellen

Dienstleistungen.

Investitionsschutz, um höchstmöglichen Rechtsschutz der Investoren zu ge-

währleisten, Gewährleistung der Möglichkeit zur diskriminierungsfreien Durch-

setzung von Regeln im Gemeinwohlinteresse.

Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens, Gleichbehandlung aus-

ländischer Anbieter.

Starker Abbau nichttarifärer Handelsbarrieren durch gegenseitige Anerken-

nung, Harmonisierung und bessere Zusammenarbeit zwischen Regulierungs-

instanzen. Allgemeine Bestimmungen (Gesundheitspolizeiliche und pflanzen-

schutzrechtliche Maßnahmen, technische Normen und Konformitätsbewer-

tungsverfahren, regulatorische Kohärenz), Sektor spezifische Bestimmungen

(Automobil, chemische und pharmazeutische Industrie, Gesundheitswesen, In-

formations- und Kommunikationstechnologie, Finanzdienstleistungen).

Schutz des geistigen Eigentums, Herkunftsbezeichnungen.

Vereinfachung des Handels durch effiziente Gestaltung von Formalitäten und

Kontrollen bei Wareneinfuhr.

Dieser kurze Überblick zeigt die im Verhandlungsmandat festgeschriebenen Ziele der

Europäischen Kommission zur TTIP, die bereits wichtige Rahmenbedingungen für die

Verhandlungen vorgeben. Auch der Handelsbeauftragte der Vereingten Staaten (Uni-

ted States Trade Representative, 2014b) hat als Verhandlungsführer auf US-Seite

seine Ziele erläutert, die einen ähnlichen Rahmen für die Verhandlungen setzen und

die jeweiligen Themenbereiche der TTIP aus Sicht der USA darstellen. Darüber hin-

aus unterliegt das geplante regionale Freihandelsabkommen zwischen den USA und

der EU aufgrund der beschriebenen Entwicklung des gegenseitigen wirtschaftlichen

Austauschs und der bestehenden politischen Zusammenarbeit verschiedenen weite-

rer Rahmenbedingungen. Im Gegensatz zu den im nächsten Abschnitt betrachteten

umstrittenen Punkten des Freihandelsabkommens sind diese Rahmenbedingungen

allgemein akzeptiert und werden von vielen Autoren hervorgehoben:

Tarifäre Handelsbarrieren (Zölle, Quoten) zwischen EU und USA sind gering.

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Vergleichsweise hohe Bedeutung der nichttarifären gegenüber den tarifären

Handelsbarrieren.

Intensive bestehende außenwirtschaftliche Verflechtungen (Statistiken vgl. Ka-

pitel 3).

2.2 Darstellung der öffentlichen Diskussion zur TTIP in Deutschland

In der öffentlichen Diskussion und in den Medien Deutschlands herrscht zurzeit eine

ablehnende Haltung gegenüber der TTIP vor. Trotzdem zeigten Umfragen in weiten

Teilen eine Mehrheit der Bevölkerung für die TTIP, die jedoch im Zeitablauf kleiner

wurde. Emnid ermittelt in einer Umfrage im Oktober 2014 folgende Anteile in der deut-

schen Bevölkerung: 48 % Befürworter, 32 % Gegner und 17 % Unentschiedene. Be-

merkenswert ist, dass der Anteil der Befürworter seit Februar 2014 zurückgegangen

ist (Februar 2014: 55 %) und gleichzeitig der Anteil der Gegner (Februar 2014: 25 %)

gestiegen ist (Foodwatch 2014). In einer Umfrage durch Emnid im Februar 2015

lagen Gegner der TTIP mit 40 % erstmals knapp vor den Befürwortern mit 39 %. In

zwei Umfragen im Juni und Juli 2015 schätzten 47 % bzw. 42 % der Befragten TTIP

positiv ein, während jeweils 36 % das Abkommen negativ beurteilten. Im Oktober

2015 erreichten die Gegner der TTIP mit 46 % der Befragten eine deutliche Mehrheit

gegenüber den Befürwortern mit 34 % (Bertelsmann 2016, S. 24). In zwei aktuellen

Umfragen erreichen die Gegner der TTIP ebenfalls deutliche Mehrheiten: Im ARD-

Deutschlandtrend vom Mai 2016 erwarten 17 % der Befragten eher Vorteile durch die

TTIP und 70 % eher Nachteile bei einem Anteil von 13 % Unentschiedenen. Im Juni

2014 lagen die Anteile beim ARD-Deutschlandtrend noch bei 31 % Befürworter, 55 %

Gegner und 12 % Unentschiedene. In einer im April 2016 durch die Bertelsmann Stif-

tung veröffentlichte Umfrage betrachten 17 % der Befragten die TTIP positiv und

33 % negativ. 30 % der Befragungsteilnehmer geben an, bisher zu wenig darüber

gehört zu haben, 7 % sind unentschieden und 13 % machen keine Angaben.

In der öffentlichen Diskussion wird das Abkommen auf verschiedenen Ebenen kriti-

siert. Die Befürworter des Abkommens nehmen diese Kritikpunkte auf und versuchen,

sie zu widerlegen bzw. Befürchtungen abzubauen. In der Tabelle 2 wird die öffentliche

Diskussion zusammengefasst, indem die Pro- und Kontra-Argumente einander ge-

genübergestellt werden. Da die Diskussion von Interessengruppen geprägt ist, soll

die Übersicht dem Leser an dieser Stelle lediglich einen Überblick verschaffen. Eine

eingehende Abwägung zwischen den Argumenten würde jedoch den Rahmen dieser

Untersuchung sprengen und erfolgt daher explizit nicht.

In der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion stehen insbesondere die Umlen-

kungseffekte des Abkommens auf den weltweiten Handel sowie die Auswirkungen

auf die WTO-Verhandlungen zur Absenkung der weltweiten Handelsbarrieren im

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Zentrum. Zudem erfolgt eine intensive methodische Diskussion der Studien zu den

Effekten der TTIP (vgl. hierzu Kapitel 4.5). Dagegen werden in der öffentlichen Dis-

kussion meist einzelne Aspekte der TTIP kritisiert, allerdings werden zum Teil auch

fundamentale Gegenpositionen bezogen. Den Ergebnissen der Studien zu den

Wachstumseffekten der TTIP wird einerseits unterstellt, dass die Effekte zu optimis-

tisch eingeschätzt würden. Ein Argument hierfür ergebe sich aus dem Vergleich der

mit ähnlichen Methoden geschätzten Effekte des North American Free Trade Agree-

ment (NAFTA) und der dahinter zurückgebliebenen tatsächlichen Entwicklung. Über

diese Einschätzung besteht jedoch keine Einigkeit, da andere Autoren zum Ergebnis

kommen, dass die Effekte von NAFTA im Vorfeld unterschätzt wurden. Ein weiterer

Aspekt, den die Gegner gegen die ökonometrischen Modelle vorbringen, ist, dass

vielfältige Kosten nicht in den Modellen implementiert seien (vgl. Kapitel 4.5). Ande-

rerseits erscheinen selbst die prognostizierten Effekte sehr gering. Dagegen betonen

die Befürworter des Abkommens, dass es kaum eine andere Maßnahme mit ver-

gleichbar großen Wachstumseffekten gäbe und der Wachstumseffekt eine Niveau-

verschiebung darstellt, die Jahr für Jahr zu einer erhöhten Wohlfahrt führe.

Umstritten ist die Verteilung der Wohlfahrtseffekte, die sich aus dem Freihandelsab-

kommen ergeben. Aufgrund der Größeneffekte durch die Ausdehnung des Marktes

wird vor allem von den TTIP-Gegnern befürchtet, dass insbesondere Großunterneh-

men profitieren. Die Befürworter halten dem entgegen, dass positive Effekte für die

Konsumenten durch Preissenkungen und Vorteile für KMU durch die Senkung nicht-

tarifärer Handelsbarrieren zu erwarten seien.

Im Hinblick auf die internationale Staatengemeinschaft wird kritisiert, dass die TTIP

eine Abwehrreaktion auf den zunehmenden Bedeutungsgewinn anderer Staaten im

Welthandel ist und die USA und EU weltweite Standards diktieren wollten. Demge-

genüber sehen die Befürworter des Abkommens die Mitbestimmung weltweiter Stan-

dards als Chance an, gerade auch aufgrund der im weltweiten Vergleich hohen Stan-

dards der USA und der EU.

Eine Kritik, die sich eher auf den Verhandlungsprozess als auf das Abkommen selbst

bezieht, ist die Geheimhaltung der Verhandlungen. Dabei wird ein hoher Einfluss von

Lobbygruppen befürchtet. Demgegenüber ist die Geheimhaltung laut EU notwendig,

da die Wirtschaftsteilnehmer durch die Veröffentlichung von Zwischenergebnissen

verunsichert werden würden.

Ein weiterer Kritikpunkt gegen die TTIP besteht in der Befürchtung der Absenkung

von Schutzstandards bei der Vereinheitlichung von Regeln zur Beseitigung nichtta-

rifärer Handelsbarrieren. Die öffentliche Diskussion ist diesbezüglich besonders auf

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den Lebensmittelbereich (Gentechnik, Hormonbehandlung, Chlorbehandlung) fokus-

siert. Dagegen versichern die Verhandlungsteilnehmer immer wieder, dass es keine

Absenkung von Schutzstandards geben wird.

Aktuell konzentriert sich die öffentliche Diskussion auf die Klauseln zum Investitions-

schutz. Hierbei wird ausländischen Unternehmen ein Klagerecht gegen Staaten vor

internationalen Schiedsgerichten eingeräumt, wenn sie durch staatliche Maßnahmen

enteignet werden. Die Intensität dieser Debatte führte dazu, dass die EU-Kommission

die Verhandlungen zu diesem Thema zunächst ausgesetzt hat, und eine formelle öf-

fentliche Konsultation durchführte. Dies führte dazu, dass die Europäische Kommis-

sion im September 2015 einen neuen Vorschlag für ein Investment Court System

(ICS) vorgestellt und in die Verhandlungen zur TTIP eingebracht hat. Dieses System

unterscheidet sich dahingehend von den bisher üblichen Investor-Staat-Streitbeile-

gungsverfahren, dass danach ein ständiges Gericht geschaffen werden soll, welches

auch über eine Berufungsinstanz verfügt. Darüber hinaus enthält der Vorschlag Re-

geln, durch welche die Unabhängigkeit von Richterinnen und Richtern gestärkt wer-

den soll.

Tabelle 2: Häufige Pro- und Kontra-Argumente in der öffentlichen Diskussion der TTIP

Kontra TTIP Pro TTIP

Durch die TTIP werden Drittstaaten benachteiligt, der verstärkte Handel zwischen USA und EU geht aufgrund von Handelsumlenkungseffekten zu Lasten anderer Staaten. Zudem wird sich der Handel zwischen den europäischen Ländern verringern und die Handelswirkung des europäischen Binnenmarktes wird geschwächt (Mildner, Schmucker 2013, S. 4-5).

Die Schwächung des EU-Binnenmarktes zugunsten einer stärkeren Anbindung an die USA erhöht die Abhängigkeit von Nachfrageschwankungen in den USA bei gleichzeitig relativ geringen fiskalischen Möglichkeiten der EU zur Nachfrage-steuerung (Capaldo 2014, S. 8).

Die Effekte auf Drittstaaten werden in den allgemeinen Gleichgewichtsmodellen als gering eingeschätzt. Während Zollsenkungen zu Handelsumlenkung auf Kosten von Drittstaaten führen, werden durch das Absenken von nichttarifären Handelsbarrieren positive Spillovereffekte erzeugt. Einerseits vereinfacht sich der Marktzugang zu einem größeren Markt und andererseits werden Bestimmungen durch Drittländer übernommen (regulatory spill-over) (CEPR 2013, S. 28-29, S. 81).

Durch TTIP werden die Verhandlungen der WTO zur wei-teren Liberalisierung des Welthandels direkt untergraben. Zudem werden die Verhandlungen der WTO durch die TTIP indirekt behindert, da dieses Abkommen einen großen Teil der Verhandlungskapazität von EU und USA bindet (Mildner, Schmucker 2013, S. 5).

Die WTO Verhandlungen sind aktuell ins Stocken geraten. Durch ein bilaterales Abkommen dieses Ausmaßes wird der Druck auf die Verhandlungsführer steigen, auch in den multilateralen Verhandlungen einen Abschluss herbei-zuführen. So entstanden weltweite Handelsabkommen häufig in Reaktion auf regionale Abkommen wie etwa 1960 in Reaktion auf die verstärkte Zusammenarbeit in Europa oder der Abschluss der Urugay Runde der WTO in Reaktion auf den Europäischen Binnenmarkt und das NAFTA Abkommen (Erixon, Bauer 2010, S. 3-4).

Die TTIP ist eine Abwehrstrategie, die sich gegen die aufstrebenden Länder im Welthandel richtet. Die Standards von USA und EU werden zur dominierenden Größe.

Da sowohl die USA als auch die EU weitere Freihandelsabkommen anstreben, ist dies nicht haltbar. Zudem ist es weltpolitisch nicht durchsetzbar, ein Abkommen zur gezielten Schwächung der Position anderer Nationen abzuschließen (Erixon 2013, S. 20). Schließlich ist es eher als Chance zu betrachten, die weltweiten Standards maßgeblich beeinflussen zu können.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Kontra TTIP Pro TTIP

Die Schätzungen der Wohlfahrtseffekte sind zu optimistisch. Doch selbst die bisher geschätzten Wohlfahrtseffekte sind noch so gering, dass die weiteren Befürchtungen schwerer wiegen. Insbesondere tritt die positive Wirkung erst lang-fristig auf; wird die Wirkung in eine jährliche Steigerung umgerechnet, erscheint der Effekt sehr gering.

Über kein anderes Handelsabkommen können vergleichbar große Wohlfahrtssteigerungen erreicht werden (Erixon 2013, S. 18), insgesamt erreichen die Maßnahmen der EU-Institutionen selten eine derartige Größenordnung (Erixon 2013, S. 20).

Die Verteilung der Wohlfahrtseffekte (Unternehmen/ Einwohner) bleibt unklar. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass aufgrund der ähnlichen Struktur der Wirtschaftsräume hauptsächlich über Skalenerträge Wachstum generiert werden kann, wird eine Konzentration der Wohlfahrts-gewinne auf Großunternehmen befürchtet.

Die Gewinne gelten als zerstreut und undefiniert, Verluste betreffen jedoch sehr konzentriert einzelne Wirtschafts-subjekte (Novy (2014) nach Richter, Schäfer 2014, S. 2).

Die Wohlfahrtseffekte werden in Änderungen des Reallohns umgerechnet. Aufgrund der erhöhten Konkurrenz kommt es zu Preissenkungen, die den Konsumenten zu Gute kommen (CEPR 2013, S. 47-48). Bei einer reinen Zollsenkung würden vorwiegend Großunternehmen mit bereits bestehenden Exportbeziehungen profitieren. Dagegen hilft die Absenkung nichttarifärer Handelsbarrieren besonders den KMU, die bisher aufgrund der geringen Handelsmengen den Mehr-aufwand nicht bewältigen konnten (Felbermayr et al. 2013a, S. 52).

Die Geheimhaltung des Verhandlungsprozesses wird kriti-siert. Es besteht ein zu hoher Einfluss von Lobbygruppen der Wirtschaft, während die Bürgerinteressen und NGOs kaum gehört werden. Zudem widerspricht die Begründung der Geheimhaltung – die Verhandlungsposition nicht zu schwä-chen – dem sonst formulierten Credo, Freihandel sei stets vorteilhaft.

Die EU-Kommission betreibt ein umfangreiches Informa-tionsangebot für die Öffentlichkeit. Die Kommission führt die Verhandlungen im Auftrag der Mitgliedsstaaten. Sie beachtet Anliegen von Mitgliedsstaaten, dem EU-Parlament und weiteren Anspruchsgruppen. Sie berichtet dem Europäi-schen Rat und dem Parlament regelmäßig. Die Texte und Verhandlungen selbst sind aus drei Gründen nicht öffentlich (EU-Kommission 2013b, S. 4): „- A certain level of confidentiality is necessary to protect EU interests and to keep chances for a satisfactory outcome high. When entering into a game, no-one starts by revealing his entire strategy to his counterpart from the outset: this is also the case for the EU. - Negotiators have to trust each other to come to a deal that satisfies both sides. For the EU, this means the result must meet the objectives set out in the instructions from the Council. If there is no climate of confidence, then negotiators on both sides cannot work together to come to the best deal possible. - The texts are not final until the whole agreement is agreed upon. Releasing them early could send out the wrong information and lead to businesses making wrong decisions. Trade negotiations work on the principle that nothing is agreed until everything is agreed; in other words it is a "package" decision. Only when this package is decided can the details be released of the whole agreement.” In Reaktion auf den öffentlichen Druck intensivierte die EU-Kommission ihre Veröffentlichungen, insbesondere wurde das Verhandlungsmandat sowie Positionspapiere mittlerweile freigegeben.

Beiderseits des Atlantiks bestehen insbesondere im Agrar- und Ernährungsbereich große Vorbehalte: In den USA herrscht Angst vor Bakterien in unbehandelten Speisen, in Europa werden gentechnisch veränderte Lebensmittel und „Chlorhühnchen“ von den Verbrauchern abgelehnt. Zudem werden in Europa geografische Angaben bei Lebensmitteln wie bei Parmaschinken oder Bayerischem Bier geschützt.

Die EU Kommission betont stets, dass es keine Absenkung der hohen europäischen Schutzstandards in den verschie-denen Gebieten geben wird.

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Kontra TTIP Pro TTIP

Durch Klauseln zum Investorenschutz wird das Gesetz-gebungsrecht von Staaten unterhöhlt. Verlieren Investitionen aufgrund von Rechtsänderungen an Rentabilität, so sollen Konzerne den Staat im Sinne einer Enteignung verklagen können. Gegenüber den in der TTIP geplanten Schieds-gerichten werden im Detail zudem folgende Kritikpunkte angebracht: Die Verhandlungen seien nicht öffentlich; die Urteile seien bindend, es bestehe keine Möglichkeit zur Berufung; die Schiedsgerichte seien durch große Wirtschafts-nähe geprägt, da Wirtschaftsanwälte meist als Schiedsrichter fungieren sollen; Staaten könnten umgekehrt nicht gegen Firmen auf diesem Weg vorgehen, die Verfahren sind zu teuer für die mittelständische Wirtschaft, ist nur durch Großkonzerne nutzbar. Auch der Vorschlag des Investment Court Systems wird kritisiert, da weiterhin eine parallele Rechtsstruktur geschaffen wird.

Schaffung eines globalen Standards für sinnvolle Investoren-schutzklauseln.

Verbesserung bestehender Investorenschutzklauseln zwi-schen den EU-Mitgliedsländern und den USA.

Keine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Ländern, z.B. China, Mexiko (BDI 2013, S. 16).

Investoren sollten nicht den Umweg über nationale Gerichte gehen müssen, da nicht nationales Recht, sondern die Verletzung eines völkerrechtlichen Handelsvertrages bean-standet wird (VCI 2014, S. 7).

Auf die nebenstehenden Kritikpunkte zum ursprünglich vorgesehenen Investorenschutz wurde mit dem EU-Vorschlag für die Einrichtung eines Investment Court System reagiert.

Quelle: Vgl. Angaben in Tabelle, Argumente werden von verschiedenen Autoren entwickelt, häufig ohne Quellenbezug, Zusammenstellung der Hessen Agentur.

2.3 Aktueller Stand der Verhandlungen

Aufgrund der im vorangegangenen Abschnitt dargestellten intensiven öffentlichen

Diskussion über die TTIP bemüht sich die EU-Kommission um eine umfassende In-

formation der Öffentlichkeit zum aktuellen Stand der Verhandlungen. Insbesondere

über die eigens eingerichtete Internetseite werden zahlreiche Dokumente und State-

ments laufend veröffentlicht.3 Die EU-Kommission geht dabei häufig auf die in Ab-

schnitt 2.2 genannten Kritikpunkte zur TTIP und die Besorgnis der Bevölkerung ein.

Letztlich bleibt es jedoch häufig bei Absichtsbekundungen wie etwa, dass keine

Schutzstandards gesenkt werden würden, die öffentlichen Güter wie Gesundheit, Bil-

dung, Wasserversorgung unangetastet blieben oder der gesetzgeberische Spielraum

der Länder durch die Investitionsschutzklauseln nicht eingeschränkt werde. Die tat-

sächlichen Textvorschläge für das Abkommen und konkrete Darstellungen, wie eine

Umsetzung in der Praxis aussehen kann, sind dagegen meist nicht verfügbar. Aller-

dings wurden im Zeitablauf zunehmend zu vielen Abschnitten des TTIP erläuternde

Dokumente zu den jeweiligen Verhandlungszielen der EU eingestellt. Nach jeder Ver-

handlungsrunde aktualisiert die EU-Kommission zudem die Informationen zum Ver-

handlungsstand. In Tabelle 3 wird der aktuelle Stand der Verhandlungen nach den in

der TTIP vorgesehenen Kapiteln dargestellt.

Der derzeitige Verhandlungsstand ist je nach Themengebiet sehr unterschiedlich. In

einigen Bereichen wird bereits an einer konsolidierten Textfassung gearbeitet

(z.B. Marktzugang im Warenhandel, Zölle und Handelsvereinfachungen). In einigen

3 Vgl. EU-Kommission: The Transatlantic Trade and Investmentpartnership – Making trade work for you, http://ec.eu-

ropa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/ (Abruf: 29.08.2014).

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Bereichen findet bislang jedoch nur ein Informationsaustausch statt, der das gegen-

seitige Verständnis des jeweiligen Systems ermöglichen soll (z.B. regulatorische Zu-

sammenarbeit im Pharmabereich, Regeln und Prinzipien der Koordination im Bereich

Energie/Rohstoffe). Im Bereich der Chemie wird die Diskussion anhand der Ergbnisse

von zwei Pilotprojekten geführt, die in den vorhergehenden Verhandlungsrunden ini-

tiiert wurden. In verschiedenen Bereichen erfolgt die Diskussion auf Basis von bei-

derseitig eingebrachten Textvorschlägen (z.B. Arzneimittel, Pharma, regulatorische

Kohärenz, Wettbewerb), teils wurde die Diskussionsgrundlage bisher nur von einer

Seite eingebracht (z.B. USA: Kosmetik, Medizinische Geräte, EU: Ursprungsregeln,

Investitionsschutz). Mittlerweile wird in einigen Abschnitten auch an der konsolidierten

Textfassung gearbeitet bzw. auf dieser Basis diskutiert (z.B. KMU, Zölle und Handels-

vereinfachungen). Der tatsächliche Inhalt der jeweiligen Textentwürfe bleibt jedoch

aus den in Tabelle 2 erläuterten Argumenten weiterhin nicht einsehbar.

Tabelle 3: Verhandlungsstand TTIP nach der dreizehnten Runde (25.-29.04.2016, New York)

Thema Kapitel Stand der Verhandlungen

Marktzugang Warenhandel Weiterer Abbau der Differenzen hinsichtlich der allgemeinen Bestimmungen. Vertiefende Diskussion der Behandlung von temporärern Importen und Wiedereinfuhr nach Reparatur. Im Agrarbereich wurden zwar Fortschritte bei weniger strittigen Themen wie Zusammenarbeit, Landwirtschaftsausschuss und Spirituosen erzielt, in anderen Gebieten wurde keine Annäherung erzielt.

Zölle Über 90 % der Tarifpositionen – insbesondere für die meisten Industrie- und Fischereierzeugnisse – könnten mit Inkrafttreten der TTIP wegfallen. Beide Seiten benannten Tarifpositionen, für die eine Übergangsfrist gelten soll.

Öffentliches Beschaffungs-wesen

Ausgangspunkt der Gespräche zum öffentlichen Beschaffungswesen ist das in der EU und auch in den USA gültige WTO-Abkommen GPA (Agreement on Government Procurement). Diskussion der gegenseitigen Positionen zur Er-mittlung der gemeinsamen Basis. Themen waren unter anderem die Bedeu-tung eines einzigen Zugangspunktes für Informationen, die elektronische Be-schaffung und Beratungsstellen insbesondere für KMU. Weiterhin bestehen große Differenzen der Verhandlungspartner beim Thema Marktzugang.

Dienstleistungen Weitere Konsolidierung des Textes zu Finanzdienstleistungen sowie Darstel-lung gegenseitiger Positionen zur Regulierungszusammenarbeit bei Finanz-dienstleistungen. Erörterung des weiteren Verhandlungsrahmens (Textvorschlag der USA) für die gegenseitige Anerkennung freier Berufe, Information welche Berufe für die jeweilige Seite relevant sind. Textvorschlag der EU zum Thema interen Regulierung, d.h. Anforderungen für Lizenzen und Qualifikationen. Austausch zu den gegenseitigen Angeboten hinsichtlich Marktzugang.

Ursprungsregeln Diskussion der gegenseitigen Positionen zu Bedingungen für den Erhalt/ die Verweigerung des Präferenzstatus (Anwendung der TTIP) sowie der Kontrollverfahren. Auf Grundlage eines EU-Vorschlags Diskussion zu Bestimmungen zu Zubehör, Ersatzteilen und Werkzeugen, Verpackung und Verpackungsmaterialien, Ursprungsanforderungen, unveränderte Waren und Wertberechnungsmethoden. Austausch zu produktspezifischen Regelungen insbesondere bei Schuhen, Textilien und Kleidung.

Zusammen-arbeit in Regulierungs-fragen

Regulatorische Kohärenz

Gegenseitige Prüfung der Textvorschläge der EU und der USA. Diskussion zu praktischen Auswirkungen und Umfang sowie neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit, Einbeziehung von Interessengruppen.

Technische Handelsbarrieren

Beide Seite befürworten die Einrichtung eines starken Ausschusses für technische Handelshemmnisse, Konformitätsbewertung und Normen sowie

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Thema Kapitel Stand der Verhandlungen

von Kontaktstellen auf beiden Seiten. Diskussion zur gegenseitigen Anerkennung von Konformaitätsbewertungsstellen, zur Mitarbeit beider Seiten in der jeweiligen Standardisierungsorganisation der anderen Seite.

Gesundheits-polizeiliche und pflanzenschutz-rechliche Maßnahmen

Fortschritte bei Diskussion zu Einfuhrkontrollen und der Beibehaltung risikobezogenen Einfuhrkontrollen, Zertifizierung, Ausschüsse, Prüfungen und Kontrollen. Die EU lehnt den US-Vorschlag zu modernen landwirt-schaftlichen Technologien ab. Erstes Gespräch zu Tierschutzbestimmungen, deutliche Unterschiede in den jeweiligen Regulierungsansätzen. Befürwor-tung der Einbeziehung von antimikrobieller Resistenz durch beide Seiten.

Textilien Bisher keine Textentwürfe, Textenwurf der EU bis zur nächsten Verhandlungsrunde. Diskussion zum Textaufbau (Kennzeichnungspflicht, Anforderungen zum Konsumentenschutz, Textilstandards, bilaterale Zusammenarbeit). Bestätigung des Wunsches zur Zusammenarbeit bei marktorientierten Normen (beiderseits) und bei der Bezeichnung neuer Fasern (EU). Die US-Behörde CPSC lehnt eine durch die EU-Seidenindustrie angeregte Änderung der Entflammbarkeitsprüfung ab. Keine Informationen zur Änderung der Richtlinie zu Pflegehinweisen mit ASTM- oder ISO-Pflegesymbolen durch die US-amerikanische Federal Trade Comission.

Chemie Textvorschlag der EU zur nächsten Verhandlungsrunde. Diskussion von zwei Pilotprojekten (Klassifizierung und Kennzeichnung unter Einhaltung der Vorgaben auf beiden Seiten). Pilotprojekt zur Berechnung und Klassifikation von gemischten Chemikalien und dem Produktsicherheitsdatenblatt ist nahezu abgeschlossen und Mitgliedstaaten und Interessengruppen können zu praktischen Auswirkungen der Unterschiede befragt werden.

Arzneimittel/ Pharma

Bericht durch Task Force (Regulateure beider Seiten) zum jeweiligen System der Good Manufacturing Practices (GMP). Festlegung des weiteren Arbeitsprogramms der Task Force, Bestätigung des beiderseitigen Ziels der gegenseitigen Anerkennung der GMP. Austausch gegenseitiger Textentwürfe zum Kapitel Arzneimittel.

Kosmetik Erster Textentwurf durch USA vorgelegt, Textentwurf der EU bis zur nächsten Verhandlungsrunde. Diskussion von Sicherheitsbewertung zu Inhaltsstoffen (z.B. UV-Filter) sowie Gespräche auf wissenschaftlicher Ebene hierzu. Von EU-Seite kein Interesse an einem Pilotprojekt zur Kennzeichnung von Farbstoffen. Kurze Diskussion zu Alternativen für Tierversuche. Beiderseitige Anstrengungen zur Verstärkung der internationale Zusammenarbeit

Medizinische Geräte

Erster Textentwurf durch USA vorgelegt, Textentwurf der EU bis zur nächsten Verhandlungsrunde. USA ersucht die EU, das Medical Devices Single Audit Programm des International Medical Device Regulators Forum umzusetzen, EU erläutert den Entscheidungsprozess zur vollständigen Teilnahme an diesem Programm. Vorbereitungen für den Aufbau einer EU-Datenbank zu Unique Device Identification laufen. Informationen der EU zu aktuellen Rechtsänderungen (Verordnungen zu Medizinprodukten und In-Vitro Diagnostika).

Kraftfahrzeuge Diskussion zur Erhöhung der Transparenz der internationalen Richtlinien (UNECE 1998) und Umsetzung globaler technischer Vorschriften (japanische Regulierungsbehörden wurden in diese Diskussion miteinbezogen). Vertiefende Diskussion und Kategorisierung bestehender Vorschriften anhand des geplanten dreistufigen Systems zur schnellen Harmonisierung (Gleichwertigkeit, Gleichwertigkeit Plus, Harmonisierung). Textentwürfe von beiden Seiten bis zur nächsten Verhandlungsrunde geplant.

Informations- und Kommunikations-technologie

Austausch von Informationen zu aktuellen Initiativen von EU und USA in die-sem Sektor im Hinblick auf semantische und syntaktische Kompatibilität von Gesundheitsdaten, Verschlüsselung, elektronisches Labelling, Kooperation in Marktaufsicht, softwaredefinierte Funktechnik, spezifische Absorptionsraten von Mobiltelefonen und barrierefreien Zugang zu elektronischen Inhalten.

Maschinenbau Diskussion möglicher Felder der regulatorischen Kooperation, die technisch ähnlich und ökonomisch bedeutsam sein müssen.

Pestizide Detaillierter Austausch für mögliche Gebiete der Kooperation, wie etwa welt-weite Beschränkungen, Grenzwerte für Rückstände, Erweiterung und Fort-

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Thema Kapitel Stand der Verhandlungen

schreibung von Studienergebnissen. EU wünscht sich intensivierte Zusam-menarbeit ohne Überschneidungen zu bestehenden Kooperationen in interna-tionalen Gremien. Verschiedene Kontakte werden bereits aktuell hergestellt.

Regeln und Prinzipien der Kooperation

Energie/ Rohstoffe

Erläuterungen der jeweiligen Prioritäten; Wettbewerbsfördernde Bestimmungen für den Zugang zum Energiemarkt, Förderung Nachhaltigkeit und ökologische Maßnahmen (EU); Zustimmung der USA zu einem Energie- und Rohstoffkapitel steht noch aus.

Recht des geistigen Eigentums/ geografische Bezeichnungen

Textvorschläge der USA zu Zusammenarbeit, Pflanzensorten, IPR-Maßnahmen an den Grenzen. Weitere Diskussion zu internationalen Verträgen zu IPR und allgemeinen Bestimmungen. EU stimmt zu, auf Basis der Textvorschläge der USA zu arbeiten. Vergleich aktueller Gesetzes-vorhaben zu Geschäftsgeheimnissen und aktueller Verfahren zur Überprü-fung des Urheberrechts. Geografische Angaben von hoher Priorität für EU. EU bereit für Pragmatismus und kreative Ideen zur Umsetzung der Liste mit geografischen Angaben. Diskussionen weiterhin schwierig, da die US-Seite unbeweglich bleibt.

KMU Diskussion auf Basis eines konsolidierten Textes. Artikel zu Zusammenarbeit und Ausschuss sind weitgehend abgeschlossen, weitere Fortschritte beim Artikel zum Informationsaustausch. Zusammenarbeit mit anderen Verhand-lungsgruppen, die ebenfalls für KMU relevante Themen bearbeiten, wird ausgeweitet.

Zölle und Handelsver-einfachungen

Arbeit an konsolidierter Textfassung wurde fortgesetzt, Schwerpunkte sind Datenharmonisierung, zugelassene Wirtschaftsbeteiligte, Ein-Schalter-System, verbindliche Vorabauskünfte und internationale Normen sowie allgemein die intensivere Zusammenarbeit von EU und USA im Zollbereich.

Schlichtungs-verfahren zwischen Staaten

Weitere Fortschritte bei Erstellung der konsolidierten Textfassung. Diskussionen zu Ausgestaltung eines Panels, Verzeichnis von Schieds-richtern, Amicus-Curiae-Vorlagen, dringlichen Streitfällen, Informations-quellen für Panel, Veröffentlichung abweichender Auffassungen eines Schiedsrichters, Erfüllungsphase nach Entscheid durch Panel. Bis zur nächsten Verhandlungsrunde vertiefende Arbeiten zu EU-Vorschlag eines begleitenden Mediationsprozesses.

Wettbewerb, Unternehmen im Staatsbesitz

Diskussionen zum Wettbewerbskapitel anhand gegenseitiger Textvorschläge. EU wird Vorschlag zu Ausnahmen des Wettbewerbsrechts (insbesondere bei Unternehmen mit legitimen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen) einbringen. Prüfung der gegenseitigen Textvorschläge zu staatseigenen Unternehmen (Definition staatseigener Betriebe) und Subventionen (rechtliche Rahmen-bedingungen und Verwaltungssysteme). Offene Punkte insbesondere hin-sichtlich der Anwendungsbereiche.

Investitionsschutz In der zwölften Verhandlungsrunde brachte die EU einen Vorschlag für ein gerichtsähnliches System ein. Kategorisierung von Bereichen geringer und hoher Übereinstimmung der gegenseitigen Vorschläge. Liberalisierung und Schutz von Investitionen: Konsolidierung von Texten mit hoher Übereinstimmung (Enteignung, Entschädigung für Verluste). Gegenseitige Erläuterungen zu anderen Themen (Architektur, Inländer-behandlung, gerechte und billige Behandlung). Beilegung von Investitionsstreitigkeiten: Verfahren zur Verbindung mehrerer Klagen, Rolle der nicht an der Streitigkeit beteiligten Vertragspartei, Ernennung Sachverständiger für Umwelt, Gesundheit, Sicherheit etc., Intensive Diskussion des EU-Vorschlags eines gerichtsähnlichen Systems.

Stand: 27.06.2016

Quelle: EU-Kommission (2014, 2015c, 2015e, 2016a), Zusammenstellung der Hessen Agentur4

4 Zu einige Themen aus Berichten zu früheren Verhandlungsrunden (z.B. Runde 6, EU (2014)) werden im aktuellen Report

keine Aktualisierungen erwähnt: Ausnahmeregelungen Steuern, Umwelt- und Arbeitsbestimmungen, Investitionsschutz.

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3 Außenwirtschaftliche Verflechtungen zwischen Hessen, Deutschland, der EU und den USA

3.1 Kennzahlen und strukturelle Merkmale

Die Beziehungen zwischen den USA und der EU sind bereits durch intensive außen-

wirtschaftliche Verflechtungen gekennzeichnet. Im Folgenden werden die wichtigsten

Kennzahlen – wie etwa Exporte, Importe und ausländische Direktinvestitionen – für

die USA, die EU sowie Deutschland und Hessen einander gegenübergestellt. Einen

Überblick zu den unterschiedlichen strukturellen Merkmalen bietet die Tabelle 4.

Einen Eindruck zur globalen Bedeutung der geplanten TTIP liefert der Vergleich eini-

ger Kennzahlen zu den entsprechenden Werten der Welt insgesamt. Mit zusammen

830 Mio. Einwohnern lebt in der EU und den USA ein Anteil von 11,3 % der weltweiten

Bevölkerung. Im Jahr 2014 belief sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den USA auf

17.527 Mrd. US-Dollar und in der EU auf 18.498 Mrd. US-Dollar. Gemeinsam erreich-

ten die beiden Wirtschaftsräume damit 46,5 % des weltweiten BIP.5

Mit 80,8 Mio. Einwohnern leben in Deutschland 16 % aller Einwohner der EU. Der

Anteil des BIP liegt mit 2.916 Mrd. Euro bei 20,9 %. Hessen wiederum hat einen An-

teil von 7,5 % an der deutschen Bevölkerung und einen Anteil von 8,7 % am deut-

schen BIP. Es zeigt sich somit, dass einerseits die Wirtschaftskraft Deutschlands –

gemessen als BIP pro Kopf – über dem EU-Durchschnitt und andererseits die Wirt-

schaftskraft Hessens über dem Durchschnitt Deutschlands liegt.

Der Export von Waren ist für das hessische Verarbeitende Gewerbe von zentraler

Bedeutung, da seine Exportquote (Auslandsumsatz bezogen auf Gesamtumsatz) hö-

her als im Bundesvergleich ist. Insgesamt belaufen sich die Exporte des Jahres 2014

auf rund 58,5 Mrd. Euro. Hessen hat damit einen Anteil von rund 5 % an den Exporten

Deutschlands (1,1 Bill. Euro).6 Da Hessen einen höheren Anteil am BIP Deutschlands

hat, zeigt dies, dass trotz der höheren Exportquote im hessischen Verarbeitenden

Gewerbe der Anteil der Exporte an der hessischen Wirtschaft insgesamt geringer ist

als in Deutschland. Dies ist auf den höheren Dienstleistungsanteil der hessischen

Wirtschaft zurückzuführen.7 Die Exporte der EU erreichen einen Wert von

1,8 Bill. Euro und die der USA von 1,2 Bill. Euro. Beim Vergleich des Exportvolumens 5 Datengrundlage dieser Berechnung sind zur besseren Vergleichbarkeit internationale Datenquellen wie UN-

Bevölkerungsangaben und UNCTADStats, woraus sich leichte Abweichungen gegenüber den teils aktuelleren Daten aus den jeweiligen nationalen Statistiken in Tabelle 4 ergeben.

6 Aufgrund verschiedener statistischer Faktoren lassen sich rund 19 % der Exporte Deutschlands nicht den einzelnen Bun-desländern zuordnen. Werden ausschließlich die auf Bundesländer verteilten Exporte Deutschlands herangezogen, er-reicht Hessen einen Anteil von 6,4 %.

7 Vgl. hierzu Abbildung 1. Einschränkend ist zu bemerken, dass Dienstleistungsexporte wiederum nicht in den vorliegenden Statistiken des Warenexportes erfasst sind.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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von Deutschland gegenüber der EU ist zu beachten, dass aus Sicht der EU der Han-

del unter den EU-Ländern nicht in der Außenhandelsstatistik erfasst wird. Dagegen

umfassen die Exporte Deutschlands die Lieferungen in die Staaten der EU. Während

Deutschland und die EU einen positiven Handelssaldo aufweisen, da beide Wirt-

schaftsräume mit 0,9 bzw. 1,7 Bill. Euro geringere Importe als Exporte aufweisen,

übersteigen die Importe der USA bei weitem ihre Exporte. Insgesamt importieren die

USA im Jahr 2014 Waren im Wert von 1,8 Bill. Euro. Die Berechnung eines hessi-

schen Außenhandelssaldos ist nicht zulässig, da auf Bundeslandebene unterschied-

liche Erhebungskonzepte für Im- und Exporte verfolgt werden.8

Direktinvestitionen im Ausland (Foreign Direct Investment = FDI) sind ein wichtiger

Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung und die internationalen Wirtschaftsverflech-

tungen. Kennzeichnend für die hier betrachteten hochentwickelten und wohlhaben-

den Volkswirtschaften ist, dass ihre Investitionen im Ausland deutlich höher sind als

die Investitionen aus dem Ausland. Die hessischen Unternehmen haben im Jahr 2013

einen Bestand an FDI von 158 Mrd. Euro. Damit hat Hessen einen Anteil von 17,3 %

an den deutschen FDI insgesamt. Auch als Investitionsstandort für ausländische Ka-

pitalgeber ist Hessen im Bundesländervergleich sehr attraktiv. Mit 66,2 Mrd. Euro er-

reicht Hessen einen Anteil von knapp 14,4 % aller FDI in Deutschland. Die FDI der

EU im Ausland betragen 5,1 Bill. Euro. Demgegenüber liegt der Bestand der FDI aus

dem Ausland bei 3,9 Bill. Euro.9 Die USA haben im Ausland 3,5 Bill. Euro investiert,

während aus dem Ausland 2,1 Bill. Euro in den USA investiert wurden.

8 Die amtliche Statistik erfasst die Ein- und Ausfuhr Deutschlands sowie die Ausfuhr der Bundesländer nach dem Prinzip

des Spezialhandels, die Einfuhr der Bundesländer jedoch nach dem Prinzip des Generalhandels. Die hessischen Exporte umfassen daher Waren, die in Hessen erzeugt, be- oder verarbeitet werden. Dagegen werden bei den hessischen Importen auch Waren erfasst, die zunächst in Hessen eingeführt und dann in andere Bundesländer oder in das Ausland weiterver-schickt werden. Dieser Mechanismus gilt zwar für alle Bundesländer, aufgrund des Frankfurter Flughafens als bedeutender Handelsdrehscheibe sollten die Importe Hessens allerdings hierdurch überproportional sein.

9 Auf eine Berechnung des Anteils der deutschen an den europäischen FDI wird verzichtet, da nur die deutschen FDI mit Partnern außerhalb der EU miteinbezogen werden dürfen, wofür keine direkt vergleichbaren Angaben vorliegen.

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Tabelle 4: Kennzahlen der betrachteten Wirtschaftsräume 2014

Hessen Deutschland EU 28 USA**

Einwohner 6,05 Mio. 80,77 Mio. 506,94 Mio. 318,91 Mio.

BIP (Mrd. Euro) 253,9 2.915,7 13.959,74 13.058,41

BIP / Einwohner (Euro) 41.825 36.003 27.500 40.947

Exporte (Mrd. Euro) 58,5 1.123,7 1.761,2 1.219,2

Importe (Mrd. Euro) 80,3 910,1 1.717,2 1.814,7

Handelssaldo gesamt (Mrd. Euro) ----------- 213,6 44,0 -595,5

Exporte in die USA (Mrd. Euro) 7,2 95,9 307,9 in EU: 210,2 nach D: 36,9

Anteil Exporte USA an allen Exporten 12,3% 8,5% 17,5% EU: 16,60%

D: 3,00%

Importe aus USA (Mrd. Euro) 8,2 49,2 203,6 aus EU: 291,84

aus D: 86,10

Anteil Importe USA an allen Importen 10,3% 5,4% 11,9% EU: 17,09%

D: 5,04%

Handelssaldo ggü. USA (Mrd. Euro) ---------- 46,7 104,3 EU: -94,45 D: -50,44

Direktinvestitionen im Ausland (Mrd. Euro, 2013) 158,4 916,8 5.112,0* 3.533,9

Direktinvestitionen aus dem Ausland (Mrd. Euro, 2013) 66,2 460,5 3.905,9* 2.074,2

Direktinvestitionen in den USA (Mrd. Euro, 2013) 48,7 232,3 1.627,8* in EU: 1.809,3

in D: 92,9

Anteil Direktinvestitionen in USA, 2013 30,7% 25,3% 31,8%* EU: 51,2%

D: 2,6%

Direktinvestitionen aus den USA (Mrd. Euro, 2013) 3,0 31,5 1.543,4* aus EU: 1251,0

aus D:156,0

Anteil Direktinvestitionen aus USA, 2013 4,5% 6,8% 39,5%* EU: 60,3%

D: 7,5%

* Angaben des Jahres 2012.

** Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch die von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittleren Wechselkurse 2013: 1 EUR = 1,3281 USD, 2014: 1 EUR = 1,3285 USD.

Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt (HSL), Statistisches Bundesamt (destatis), Volkswirtschaftliche Gesamtrech-nung der Länder (VGRdL), Eurostat, Weltbank, Uncomtrade, Bundesbank, Eurostat, US Bureau of Census, US Bu-reau of Economic Analysis, Darstellung der Hessen Agentur

Aus der überproportionalen Wirtschaftsleistung, der starken Exportorientierung und

der sehr ausgeprägten internationalen Kapitalverflechtung Hessens lässt sich bereits

allgemein ein überdurchschnittlicher Einfluss handelspolitischer Maßnahmen auf

Hessen folgern. Diese Einschätzung wird im konkreten Fall der TTIP noch verstärkt,

da gerade die Verflechtungen zwischen Hessen und der USA durch eine hohe Inten-

sität gekennzeichnet sind. Hessen exportiert Waren im Wert von 7,2 Mrd. Euro in die

USA. Damit beträgt der Anteil der Exporte in die USA an den hessischen Gesamtex-

porten 12,3 % und liegt deutlich höher als in Deutschland insgesamt. Aus Deutsch-

land insgesamt werden Waren im Wert von 95,9 Mrd. Euro in die USA exportiert. Dies

entspricht einem Anteil von 8,5 % aller Exportgüter. Der statistisch höhere Anteil für

die EU von 17,5 % der exportierten Waren ist zu relativieren. Aus Sicht Deutschlands

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

20

und Hessens sind sämtliche Warenlieferungen in andere EU-Länder Exporte. Dieser

Handel innerhalb der EU fällt in der Statistik des EU-Außenhandels weg, sodass hier-

durch der Anteil der USA deutlich steigt. Auch auf der Importseite weist Hessen eine

überproportionale Verflechtungsintensität mit den USA auf. Mit 8,2 Mrd. Euro stam-

men 10,3 % der Importwaren aus den USA. Für Deutschland insgesamt beträgt der

entsprechende Anteil 5,4 %. Aufgrund des beschriebenen statistischen Effektes liegt

der Importanteil der USA in der EU mit 11,9 % wieder höher.

Hessische Unternehmen haben umfangreich in den USA investiert. Mit einem Inves-

titionsbestand von 49 Mrd. Euro entfallen auf die USA 31 % der hessischen FDI. Der

entsprechende Anteil liegt für Unternehmen aus Deutschland mit 25 % deutlich da-

runter. Der hessische Anteil liegt knapp unter dem Anteil der EU, der bei rund 32 %

liegt. Mit 3,0 Mrd. Euro schneidet Hessen bei der Gewinnung von ausländischen Di-

rektinvestitionen aus den USA im Vergleich zu Deutschland leicht unterproportional

ab, da in Hessen 4,5 % und in Deutschland 6,8 % des ausländischen Kapitals aus

den USA stammen. Hervorzuheben ist, dass die Direktinvestitionen in der EU aus der

Sicht der USA eine hohe Bedeutung haben. Rund 60 % der FDI entfallen auf diesen

Wirtschaftsraum. Werden die Länder betrachtet, schneidet Deutschland mit 2,6 % e-

her schwach ab. Wesentlich höhere FDI-Bestände aus den USA sind in den Nieder-

landen, Großbritannien, Luxemburg und Irland zu verzeichnen. Aus Sicht der EU sind

die USA der Ursprung von knapp 40 % aller FDI aus dem Ausland.

3.2 Sektorale Struktur der Wirtschaftsräume Hessen, Deutschland, EU und

USA

Die TTIP wird nicht in allen Wirtschaftsbereichen zu identischen Auswirkungen füh-

ren. Sowohl die tarifären als auch die nichttarifären Handelsbarrieren sind branchen-

bezogen unterschiedlich. Zudem treten unterschiedliche wettbewerbliche Situationen

in den einzelnen Branchen auf. In Tabelle 5 und Abbildung 1 ist die sektorale Struktur

der Bruttowertschöpfung (BWS) des Jahres 2014 für Hessen, Deutschland, die EU

und die USA wiedergegeben. Die BWS in Hessen beträgt insgesamt 228 Mrd. Euro

und hat damit einen Anteil von 8,7 % an Deutschland insgesamt. Die sektorale Ver-

teilung der BWS weicht zwischen Hessen, Deutschland, der EU und den USA vonei-

nander ab, wodurch eine unterschiedliche Betroffenheit durch die TTIP abzuleiten ist.

In Deutschland dominiert das Produzierende Gewerbe mit 25,7 % der BWS insge-

samt. In Hessen ist der Anteil mit 21,2 % geringer, liegt aber noch immer über dem

Anteil in der EU mit 19,1 % und dem Anteil in den USA mit 16,3 %. Das Verarbeitende

Gewerbe ist in Deutschland mit 22,6 % und in Hessen mit 19,1 % überproportional

gegenüber der EU mit 15,5 % ausgeprägt. In Hessen entfallen im Vergleich zu den

übrigen betrachteten Gebietseinheiten besonders hohe Anteile der BWS auf die Un-

ternehmensdienstleister (14,4 % gegenüber 10,6 % bis 11,9 %). Auch die Anteile der

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

21

Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (7,1 %) und der Bereich

Kunst, Unterhaltung, Erholung (4,4 %) sind in Hessen gegenüber Deutschland und

der EU überproportional groß. Unterproportional ausgeprägt ist dagegen der Anteil

der BWS im Bereich der öffentlichen Dienstleister (15,6 %), des Grundstücks- und

Wohnungswesens (10,9 %), dem Baugewerbe (3,8 %) und der Landwirtschaft

(0,3 %) an der BWS insgesamt. Im Bereich Handel, Verkehr und Lagerei, Gastge-

werbe hat Hessen zwar gegenüber Deutschland und den USA einen vergleichsweise

hohen Anteil der BWS mit 16,8 % gegenüber 15,5 % bzw. 14,7 %. Dieser Sektor

nimmt jedoch in der EU mit 18,9 % einen noch größeren Raum ein. Der Bereich In-

formation und Kommunikation ist in Hessen mit 5,4 % an der BWS stärker als in

Deutschland (4,9 %), der EU (4,9 %) und den USA 4,8 %) ausgeprägt. Der öffentliche

Bereich nimmt in den USA mit 21,3 % den größten Anteil an, was insbesondere auf

den deutlich höheren Anteil der öffentlichen Verwaltung (insbesondere auf Ebene der

Bundesstaaten) und des Verteidigungshaushalt zurückzuführen ist.

Tabelle 5: Sektorale Bruttowertschöpfung im Jahr 2014 absolut

WZ-08 Wirtschaftsabschnitt Hessen

(in Mio. Euro) Deutschland

(in Mio. Euro) EU

(in Mio. Euro) USA*

(in Mio. Euro**)

A Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 718 17.903 198.434 162.138

B-E Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe

48.474 674.793 2.385.529 2.131.953

C Verarbeitendes Gewerbe 43.724 593.565 1.941.444 1.578.999

F Baugewerbe 8.730 120.738 673.658 499.812

G-I Handel, Verkehr und Lagerei, Gastgewerbe

38.310 407.163 2.357.652 1.917.953

J Information und Kommunikation 12.339 127.478 610.518 620.775

K Erbringung von Finanz- und Versicherungsleistungen

16.321 107.605 681.406 920.512

L Grundstücks- und Wohnungswesen 24.971 291.822 1.389.778 1.691.908

M-N Unternehmensdienstleister 32.904 290.201 1.328.701 1.548.363

O-Q Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Erziehung und Unterricht, Gesundheits- und Sozialwesen

35.587 478.391 2.409.574 2.780.730

R-T Kunst, Unterhaltung, Erholung, sonstige DL, Private Haushalte

10.035 106.996 451.658 784.268

Insgesamt 228.391 2.623.090 12.486.907 13.058.412

* Die Ergebnisse der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der USA werden nach der Industrieklassifikation NAIC veröf-fentlicht. Die Ergebnisse wurden auf die WZ-Klassifikation umgerechnet.

** Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittleren Wechselkurs des Jahres 2014: 1 EUR = 1,3285 USD.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Eurostat, Darstellung der Hessen Agentur

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

22

Abbildung 1: Verteilung der sektoralen Bruttowertschöpfung 2014 in %

Quelle: Statistisches Bundesamt, Eurostat, US Bureau of Economic Analysis, Darstellung der Hessen Agentur

Um einen präzisierten Einblick in die Struktur des Produzierenden Gewerbes in Hes-

sen und Deutschland zu erhalten, ist in Tabelle 6 die Verteilung des Umsatzes in den

Wirtschaftszweigen des Verarbeitenden Gewerbes wiedergegeben. Mit 15 % nimmt

der Wirtschaftszweig Kraftfahrzeugbau die bedeutendste Stellung ein. Trotz des ho-

hen Anteils des Fahrzeugbaus ist dieser gegenüber Deutschland insgesamt mit ei-

nem Anteil von knapp 23 % unterproportional ausgeprägt. Dagegen ist der Wirt-

schaftszweig Herstellung von chemischen Erzeugnissen mit 14,2 % gegenüber

Deutschland mit 8 % von deutlich überproportionaler Bedeutung im Verarbeitenden

Gewerbe Hessens. An dritter Stelle liegt in Hessen die Pharmaindustrie, auf die knapp

11 % des Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe entfallen. Dies übersteigt deutlich

die bundesweite Bedeutung der Pharmaindustrie, die bei knapp 3 % liegt. Dagegen

ist die anhand des Anteils am Umsatz des Verarbeitenden Gewerbes zweitbedeu-

tendste Branche in Deutschland – der Maschinenbau mit 13 % – in Hessen auf

Rang 4 und mit knapp 10 % von etwas geringerer relativer Bedeutung.

4,4% 4,1% 3,6% 6,0%

15,6% 18,2% 19,3%21,3%

14,4% 11,1% 10,6%11,9%

10,9% 11,1% 11,1%13,0%

7,1% 4,1% 5,5%

7,0%5,4%4,9% 4,9%

4,8%16,8%

15,5%18,9%

14,7%3,8%

4,6%5,4%

3,8%

21,2% 25,7% 19,1% 16,3%

0,3% 0,7% 1,6% 1,2%

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

70,0%

80,0%

90,0%

100,0%H

esse

n

Deu

tsch

land EU

US

A

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe

Baugewerbe

Handel, Verkehr und Lagerei, Gastgewerbe

Information und Kommunikation

Erbringung von Finanz- und Versicherungsleistungen

Grundstücks- und Wohnungswesen

Unternehmensdienstleister

Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Erziehung undUnterricht, Gesundheits- und SozialwesenKunst, Unterhaltung, Erholung, sonstige DL, priv.HH

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

23

Tabelle 6: Verteilung des Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe Hessens im Jahr 2015

WZ-08 Wirtschaftszweig Hessen Deutsch-

land

29 Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen 15,0% 22,8%

20 Herstellung von chemischen Erzeugnissen 14,2% 8,0%

21 Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen 10,3% 2,6%

28 Maschinenbau 9,7% 13,2%

22 Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren 6,9% 4,3%

24 Metallerzeugung und -bearbeitung 6,5% 5,4%

25 Herstellung von Metallerzeugnissen 5,7% 6,1%

26 Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnis-sen 4,9% 4,2%

10 Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln 4,8% 8,3%

27 Herstellung von elektrischen Ausrüstungen 4,3% 5,2%

32 Herstellung von sonstigen Waren 3,6% 1,5%

33 Reparatur und Installation von Maschinen und Ausrüstungen 2,6% 1,9%

11 Getränkeherstellung 2,4% 1,1%

17 Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus 2,1% 2,1%

23 Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden 1,9% 2,2%

30 Sonstiger Fahrzeugbau 1,7% 2,4%

16 Herstellung von Holz-, Flecht-, Korb- und Korkwaren (ohne Möbel) 1,0% 1,1%

31 Herstellung von Möbeln 0,9% 1,1%

18 Herstellung von Druckerzeugnissen; Vervielfältigung von bespielten Ton-, Bild- und Datenträgern 0,7% 0,8%

13 Herstellung von Textilien 0,6% 0,7%

14 Herstellung von Bekleidung 0,2% 0,4%

19 Kokerei und Mineralölverarbeitung k.A. 3,8%

12 Tabakverarbeitung k.A. 0,7%

15 Herstellung von Leder, Lederwaren und Schuhen k.A. 0,2%

Quelle: HSL (2016), destatis (2016), Darstellung der Hessen Agentur

3.3 Handelsstruktur der Wirtschaftsräume Hessen, Deutschland, EU und

USA

Hinsichtlich der Entwicklung des Handels insgesamt ist festzuhalten, dass die Wirt-

schaftsräume zwischen 2008 und 2014 dem gemeinsamen konjunkturellen Trend der

Weltwirtschaft gefolgt sind. Beispielhaft ist in Abbildung 2 die Entwicklung der Exporte

und Importe Hessens, Deutschlands, der EU und der USA bezogen auf das Basisjahr

2008 dargestellt. Sowohl beim Export als auch beim Import zeigen sich für alle Wirt-

schaftsräume zunächst ein Abschwung im Zuge der weltweiten Wirtschaftskrise 2009

und eine daran anschließende Erholung. Hervorzuheben ist die schwächere Entwick-

lung der Exporte Hessens und Deutschlands im Jahr 2012 im Vergleich mit der EU

insgesamt und den USA. In 2013 und 2014 konnten Hessen und Deutschland diesen

Rückstand nicht aufholen, sondern weisen ähnliche Wachstumsraten wie die Exporte

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

24

von EU und USA auf. In 2014 liegt Deutschland rund 2 % und Hessen knapp 4 %

oberhalb des Niveaus von 2008. Zu beachten sind Währungseffekte: Beispielsweise

liegen die Exporte Hessens im Jahr 2014 gemessen in Euro rund 15 % über dem

Niveau des Jahres 2008, während sie umgerechnet in US-Dollar nur 4 % über diesem

Niveau sind. Der mittlere jährliche Wechselkurs hat sich von 1,47 US-Dollar pro Euro

im Jahr 2008 auf 1,33 US-Dollar pro Euro im Jahr 2014 verringert. Für das Jahr 2015,

für das aktuell nur vorläufige statistische Daten zu Import und Export vorliegen, wird

dieser Effekt noch wesentlich drastischer sein: Der Wechselkurs sank im Jahresmittel

auf 1,11 US-Dollar pro Euro. Auf der Importseite erreichen Deutschland und die EU

nach dem starken Rückgang im Jahr 2009 im Jahr 2014 Werte etwa auf dem Niveau

des Ausgangsjahres. Die Importe der USA liegen etwa 11 % oberhalb des Ausgangs-

jahres. Die hessischen Importe liegen im Jahr 2014 rund 6 % über den Importen im

Jahr 2008.

Abbildung 2: Export- und Importentwicklung zwischen 2008 und 2014

Export in die Welt Import aus der Welt

Export in die USA* Import aus der USA*

* Aus Sicht der USA ist der Handelspartner jeweils Deutschland.

Umrechnung der hessischen Handelsdaten aus Euro in US-Dollar anhand der durchschnittlichen Jahreswechselkurse der Europäischen Zentralbank

Quelle: Uncomtrade, HSL, Darstellung der Hessen Agentur

Der Blick auf die Entwicklung der bilateralen Handelsbeziehungen zwischen Hessen,

Deutschland und der EU mit den USA und umgekehrt der USA mit Deutschland zeigt

0

25

50

75

100

125

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Hessen Deutschland EU USA

0

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50

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2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Hessen Deutschland EU USA

0255075

100125150175

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Hessen Deutschland EU USA

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2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Hessen Deutschland EU USA

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

25

einige charakteristischen Handelsmuster. Hessen konnte die Exporte in die USA

massiv ausweiten – ein Zuwachs von mehr als 70 %, während die Exporte Deutsch-

lands und der EU im Jahr 2014 das Ausgangsniveau um 21 % bzw. 11 % übertrafen.

Die Exporte der USA nach Deutschland gingen im Betrachtungszeitraum sogar um

rund 10 % zurück. Die Importe von Hessen aus den USA und den USA aus Deutsch-

land stiegen um 15 % bzw. 26 %. Demgegenüber stagnierten die Importe Deutsch-

lands und der EU aus den USA.

Die vorstehend dargestellten Unterschiede in der sektoralen Struktur der betrachteten

Wirtschaftsräume spiegeln sich in der jeweiligen Handelsstruktur wider. Dabei weist

die Struktur des jeweiligen Exports und Imports hinsichtlich der Güter – Grundlage ist

die Internationale Güterklassifikation SITC10, Revision 4 – im Zeitablauf eine relativ

hohe Stabilität auf. Daher wird exemplarisch für das Jahr 2014 in Abbildung 3 die

Güterstruktur der Exporte und Importe der Wirtschaftsräume insgesamt und im bila-

teralen Austausch dargestellt. Die Klassifikation beruht zunächst auf der ersten

Ebene der SITC-Klassifikation.11 Die Güterkategorien Nahrungsmittel, Getränke,

Rohstoffe, mineralische Brennstoffe sowie tierische und pflanzliche Öle nehmen mit

zusammen 5,2 % am Export Hessens nur eine untergeordnete Rolle ein. Auch für

Deutschland liegt dieser Anteil bei nur 9,6 % und für die EU bei 14,3 % aller expor-

tierten Waren. In den USA erreicht der Anteil dieser Warenkategorien insgesamt

22,5 %. Die höhere Bedeutung wird insbesondere durch den hohen Anteil der Exporte

im Bereich der mineralischen Brennstoffe (9,6 %) und der Nahrungsmittel (6,9 %) ver-

ursacht. Der weitaus größte Anteil der Exporte liegt in allen betrachteten Wirtschafts-

räumen in den weiteren Warengruppen des Produzierenden Gewerbes. Maschinen-

bauerzeugnisse und Fahrzeuge nehmen in Deutschland 47,5 % der Exporte ein,

womit die hohe Bedeutung in der EU (40,2 %) und den USA (34,1 %) nochmals deut-

lich überschritten wird. In Hessen liegt dieser Anteil mit 33,7 % in etwa auf dem Ni-

veau der USA. Dagegen ist der Export der chemischen Waren mit einem Anteil von

34,7 % in Hessen am stärksten ausgeprägt (Deutschland: 15,1 %; EU: 15,6 %;

USA: 13,1 %). Für die bearbeiteten Waren liegen die Exportanteile zwischen 9,3 %

(USA) und 12,4 % (Deutschland), und die Fertigwaren bilden in allen Wirtschaftsräu-

men rund 10 bis 12 % der Exportwaren.

Bei den ebenfalls in Abbildung 3 wiedergegebenen Importstrukturen der betrachteten

Wirtschaftsräume gewinnen Rohstoffe eine wesentlich höhere Bedeutung als bei den

Exporten. 24,5 % der Importe der EU sind mineralische Brennstoffe. Auch für die USA

und Deutschland hat diese Warengruppe mit 14,8 % und 12,2 % einen bedeutenden

10 Standard International Trade Classification. 11 Die Ergebnisse auf der teils sehr weit gefassten Güterklassifikation der ersten Ebene werden nachstehend durch eine

Betrachtung der zweiten Ebene präzisiert, vgl. Abbildung 4, Anhang 1 und Anhang 2.

Page 32: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

26

Anteil. In Hessen liegt der Anteil bei 8,3 %. In Deutschland und der EU ist der Im-

portanteil von Nahrungsmitteln und weiteren Rohstoffen höher als in den USA. Dem-

gegenüber ist der Anteil der Maschinenbauerzeugnisse mit 39,6 % der Importe in die

USA und 39,3 % der Importe nach Hessen größer als in Deutschland mit 33,9 % und

der EU mit 26,4 %. Die chemischen Waren haben im Vergleich der Wirtschaftsräume

den höchsten Stellenwert bei den Importen nach Hessen mit 13,9 % (Deutsch-

land: 12,8 %; EU: 9,5 %; USA: 8,8 %). Die Anteile der übrigen Warenkategorien sind

in den Wirtschaftsräumen relativ ähnlich und liegen für bearbeitete Waren zwischen

10,1 % und 12,9 % und für Fertigwaren zwischen 12,2 % und 15,0 %.

Im bilateralen Handel zwischen den USA und den jeweiligen Partnern ist zunächst

festzuhalten, dass Nahrungsmittel und rohstoffnahe Produktgruppen im Vergleich zu

den übrigen Produktgruppen kaum ins Gewicht fallen. Der bilaterale Handel ist auf

wenige Produktgruppen konzentriert. Hessens Exporte in die USA sind zu 60,6 % den

chemischen Produkten zuzuordnen, worunter in dieser Warenklassifikation auch

pharmazeutische Produkte fallen (Deutschland: 17,1 %; EU: 20,9 %). Aus den USA

entfallen 15,4 % der Exporte nach Deutschland auf chemische Erzeugnisse. Für

Deutschland insgesamt haben mit mehr als 60 % die Maschinenbauerzeugnisse und

Fahrzeuge die größte Bedeutung beim Export in die USA (Hessen: 18,6 %;

EU: 43,8 %). Umgekehrt sind 36,9 % der US-Ausfuhren nach Deutschland den Ma-

schinenbauerzeugnissen und Fahrzeugen zuzuordnen. Bei den bearbeiteten Waren

und den Fertigwaren liegen die jeweiligen Anteile an den bilateralen Exporten zwi-

schen 8 % und 15 %.

Mehr als 55 % aller aus den USA nach Hessen importierten Waren sind den Maschi-

nenbauerzeugnissen und Fahrzeugen zuzuordnen. Für Deutschland liegt dieser An-

teil bei 43,9 % und für die EU bei 39,4 %. Auf chemische Erzeugnisse entfallen

21,2 % aller aus den USA nach Hessen importierten Waren. Diese Anteile sind in

Deutschland und der EU mit je knapp 23 % etwas höher.

Ergänzend zur strukturellen Verteilung der Exporte in Abbildung 3 sind in Tabelle 7

und Tabelle 8 die Export- und Importstrukturen in absoluten Zahlen wiedergegeben.

Zudem ist die relative Bedeutung des bilateralen Austauschs angegeben. Hierdurch

lassen sich einige Auffälligkeiten beobachten. 21,6 % aller hessischen Exporte von

chemischen Erzeugnisse gehen in die USA, womit sie als Abnehmer von überpropor-

tionaler Bedeutung sind. Auf EU-Ebene sind die USA ebenfalls von herausgehobener

Bedeutung für die chemische Industrie: Mit einem Volumen von knapp 86 Mrd. US-

Dollar gehen 23,5 % aller exportierten chemischen Erzeugnisse in die USA und um-

gekehrt liefern die USA 28 % aller in die EU importierten chemischen Erzeugnisse.

Noch wichtiger sind die USA als Exportmarkt für die Produzenten von Getränken und

Tabakwaren in der EU. In dieser Warengruppe nehmen die Exporte in die USA mit

10,6 Mrd. US-Dollar einen Anteil von 27,8 % ein.

Page 33: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

27

Abbildung 3: Güterstruktur der Exporte und Importe im Jahr 2014 (SITC 1-Steller)

Export in die Welt Import aus der Welt

Export in die USA

(Für USA: nach Deutschland) Import aus den USA

(Für USA: aus Deutschland)

Quelle: UNcomtrade, HSL, Darstellung der Hessen Agentur

Nahrungsmittel und lebende Tiere

Getränke und Tabak

Rohstoffe (ausgenommenNahrungsmittel und mineralischeBrennstoffe)Mineralische Brennstoffe,Schmiermittel und verwandteErzeugnisseTierische und pflanzliche Öle, Fetteund Wachse

Chemische Erzeugnisse, a.n.g.

Bearbeitete Waren, vorwiegend nachBeschaffenheit gegliedert

Maschinenbauerzeugnisse undFahrzeuge

Verschiedene Fertigwaren

Waren und Warenverkehrsvorgänge,anderweitig in der SITC nicht erfasst

2,4 5,2 8,2 11,011,6 10,3

10,610,0

33,7

47,5 40,2 34,1

12,3

12,411,2

9,3

34,715,1

15,6

13,1

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7,9 4,8 5,9 3,7

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Hes

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land EU

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Nahrungsmittel und lebende Tiere

Getränke und Tabak

Rohstoffe (ausgenommenNahrungsmittel und mineralischeBrennstoffe)Mineralische Brennstoffe,Schmiermittel und verwandteErzeugnisseTierische und pflanzliche Öle, Fetteund Wachse

Chemische Erzeugnisse, a.n.g.

Bearbeitete Waren, vorwiegend nachBeschaffenheit gegliedert

Maschinenbauerzeugnisse undFahrzeuge

Verschiedene Fertigwaren

Waren und Warenverkehrsvorgänge,anderweitig in der SITC nicht erfasst

0,7 2,5 2,1

16,59,0 8,8 12,2

14,618,6

60,643,8

36,9

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7,560,6

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Hes

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land EU

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3,5 2,7 2,6 3,1

12,2 13,6 12,7 9,0

55,543,9

39,457,8

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50

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70

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Hes

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land EU

US

A

in %

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

28

Tabelle 7: Güterstruktur der Exporte 2014 absolut (SITC 1-Steller)

H

esse

n*

(in

Mio

. US-

D)

Deu

tsch

land

**

(in M

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Page 35: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

29

Tabelle 8: Güterstruktur der Importe 2014 absolut (SITC 1-Steller)

H

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Page 36: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

30

Die Klassifikation auf der ersten Ebene der SITC ist in einigen Bereichen wie etwa

durch die Zusammenfassung von Maschinenbauerzeugnissen und Fahrzeugen we-

nig aussagekräftig. Auf der zweiten Ebene existieren mehr als 70 Warenuntergrup-

pen. Gemessen am Warenhandel insgesamt sind die Untergruppen aus den Berei-

chen Nahrungsmittel und lebende Tiere, Getränke und Tabak, und den drei

Rohstoffgruppen für Hessen unbedeutend. Daher werden im Folgenden die in Hes-

sen relevanten Untergruppen tiefergehend analysiert.12 Eine absolute Ausnahmestel-

lung der hessischen Exporte in die USA nimmt die Warengruppe medizinische und

pharmazeutische Erzeugnisse ein. Rund 50 % der hessischen Exporte in die USA

entfallen auf diese Warengruppe. Innerhalb dieser Warengruppe entfallen damit 40 %

der Exporte auf die USA, die damit eine nochmals wesentlich höhere Bedeutung als

bei den Exporten insgesamt (12,3 %) erreichen. Auffällig ist zudem der sowohl abso-

lut als auch insbesondere relativ betrachtet hohe Anteil von Nicht-Eisen Metallen bei

den Ausfuhren in die USA, der beispielsweise auf in Hessen tätige, wichtige weltweite

Anbieter wie Heraeus und Evonik (Degussa) zurückzuführen ist.

Bei den Importen aus den USA nach Hessen entfallen 23,8 % auf die Warengruppe

der sogenannten anderen Beförderungsmittel. Hierunter fallen Schienen-, Luft- und

Wasserfahrzeuge. Die USA dominieren in dieser Gruppe mit 75 % aller Importe als

Lieferland für Hessen. Eine wichtige Ursache für diese Handelsstruktur liegt in der

erfolgreichen US-Luftfahrtbranche (z.B. Boeing) in Kombination mit der hohen Nach-

frage nach Ersatzteilen und neuen Flugzeugen durch die am Frankfurter Flughafen

ansässigen Airlines. Eine hohe relative Bedeutung von mehr als 20 % aller Importe

einer Warengruppe kommt den USA bei den medizinischen und pharmazeutischen

Erzeugnissen, den Mess-, Prüf- und Kontrollsystemen und den chemischen Erzeug-

nissen zu.

12 In Anhang 1 und Anhang 2 sind die Export- und Importvolumina zwischen Hessen und den USA für alle 71 Warengruppen

auf SITC 2-Steller Ebene dargestellt.

Page 37: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

31

Abbildung 4: Bedeutende Warengruppen im Handel Hessen USA 2014 (SITC 2 Steller)

Export

Import

Quelle: HSL (2014), Darstellung der Hessen Agentur

8,4%

6,9%

7,5%

10,1%

3,3%

19,8%

7,9%

9,5%

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2,3%

2,4%

2,5%

2,5%

2,7%

4,3%

4,8%

4,9%

5,4%

50,6%

0,0% 10,0% 20,0% 30,0% 40,0% 50,0% 60,0%

Verschiedene bearbeitete Waren, a.n.g.

Organische chemische Erzeugnisse

Chemische Erzeugnisse und Waren, a.n.g.

Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke

Straßenfahrzeuge

NE-Metalle

Elektrische Maschinen und elektrische Teile

Maschinen, Apparate und Geräte fürverschiedene Zwecke und Teile

Mess-, Prüf- und Kontrol linstrumente

Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse

Anteil an den Exporten in die USA Anteil der USA an den Exporten in der Warengruppe

4,3%

25,6%

10,9%

5,9%

16,9%

13,1%

9,3%

21,5%

20,7%

75,0%

3,1%

4,2%

4,2%

4,7%

5,1%

6,2%

6,2%

9,1%

11,5%

23,8%

0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0%

Geräte für die Nachrichtentechnik; Bild- und Ton

Chemische Erzeugnisse und Waren, a.n.g.

Maschinen, Apparate und Geräte fürverschiedene Zwecke und Teile

Straßenfahrzeuge

Kraftmaschinen undKraftmaschinenausrüstungen

Büromaschinen und automatischeDatenverarbeitungsmaschinen

Elektrische Maschinen und elektrische Teile

Mess-, Prüf- und Kontrol linstrumente

Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse

Andere Beförderungsmittel

Anteil an den Importen aus den USA Anteil der USA an den Importen in der Warengruppe

Page 38: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

32

3.4 FDI-Struktur der Wirtschaftsräume Hessen und Deutschland

Hessische FDI fließen in besonders großem Umfang in die USA. Während der Anteil

der USA als Zielland von FDI-Beständen in Deutschland insgesamt bei 26,3 % liegt,

beträgt er in Hessen 31,1 %.13 In Tabelle 9 ist die Branchenstruktur der hessischen

und der deutschen FDI-Bestände nach den Wirtschaftszweigen der Investoren ange-

geben. Besonders die hessischen Banken investieren stark in die US-Wirtschaft und

legen knapp 38 % ihrer FDI dort an. Die hessischen Banken dominieren zudem den

ebenfalls hohen Wert für Deutschland insgesamt, da sie für 80 % aller deutschen FDI

bzw. 90 % der FDI in die USA verantwortlich sind. Auch hessische Beteiligungsge-

sellschaften haben über 30 % ihrer FDI-Bestände in den USA investiert.

Die hessischen Unternehmen der Branche Information und Kommunikation investie-

ren rund 35 % ihrer FDI in den USA. Bundesweit lässt sich kein aussagekräftiger An-

teil der ausländischen Direktinvestitionen berechnen, da die Direktinvestitionen in die

USA die Direktinvestitionen insgesamt übersteigen. Dies ist insbesondere auf Direk-

tinvestitionen Deutschlands in der EU zurückzuführen, die einen negativen Beitrag

zum gesamten Investitionsbestand leisten. Hessen weist einen negativen Investiti-

onsbestand im Bereich der Kraftfahrzeuge im Ausland auf.14

Der Maschinenbau hat an den hessischen FDI mit 0,3 % gegenüber dem bundeswei-

ten Anteil von 2,6 % einen vergleichsweise geringen Anteil an allen FDI. Hinsichtlich

der Intensität der Investitionsverflechtungen Hessens mit den USA ist aber der hes-

sische Maschinenbau überproportional stark in den USA engagiert. Es entfallen 26 %

der FDI des hessischen Maschinenbaus auf die USA. Dagegen gehen nur 15 % der

FDI des deutschen Maschinenbaus in die USA.

13 Aus Gründen der Datenverfügbarkeit wird bei der Branchenuntergliederung der FDI auf vorläufige Werte zurückgegriffen.

Bei den endgültigen Werten für ausgehende FDI im Jahr 2013 liegt der Anteil der USA in Hessen bei 30,7 % und in Deutschland bei 25,3 % (vgl. Tabelle 4).

14 Hier werden FDI-Bestandsgrößen betrachtet. Negative Bestandsgrößen sind häufig das Ergebnis von verschiedenen Be-wertungsmethoden, die nicht direkt ökonomisch zu interpretieren sind. Teils werden für volkswirtschaftliche Betrachtungen diese Größen daher auf Null gesetzt. Sie treten auch bei Verlusten durch verbundenen Unternehmen auf (Gouel, Guim-bard, Laborde 2012, S. 12). Der Ausgleich von positiven und negativen FDI-Beständen ist insbesondere bei der Interpre-tation von Anteilswerten stets zu beachten.

Page 39: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

33

Tabelle 9: Bestand der FDI aus Hessen und Deutschland nach Wirtschaftszweigen 2013 in Mio. Euro

Hessen Deutschland

Wirtschaftszweig FDI im

Ausland FDI in

USA Anteil

USA FDI im

Ausland FDI in

USA Anteil

USA

Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln 433 k.A. 1.686 90 5,3%

Herstellung von chemischen Erzeugnissen 1.348 245 18,18% 33.967 13.688 40,30%

Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen 6.515 k.A. 8.171 267 3,3%

Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren 326 43 13,19% 4.837 698 14,43% Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden

1.738 k.A. 3.930 786 20,0%

Metallerzeugung und -bearbeitung k.A. k.A. 3.451 491 14,23%

Herstellung von Metallerzeugnissen 302 42 13,9% 4.601 695 15,1% Herstellung von Mess- und Kontrollgeräten, Uhren und elektromedizinischen Geräten

1.628 k.A. 4.459 468 10,50%

Herstellung von elektrischen Ausrüstungen 385 k.A. 25.443 3.860 15,2%

Maschinenbau 440 115 26,14% 24.258 3.702 15,26%

Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen -1.048 k.A. 118.376 37.138 31,4%

Baugewerbe 40 k.A. 1.385 k.A. Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraft-fahrzeugen

1.681 119 7,1% 17.605 1.278 7,3%

Verkehr und Lagerei 403 k.A. 14.647 1.048 7,16%

Information und Kommunikation 1.231 435 35,3% 2.391 8.736 365,4%

Banken 84.414 31.953 37,85% 106.034 35.424 33,41% Fonds; Private Equity Funds und Wagniskapital-geber / Venture Capital Unternehmen

k.A. k.A. 3.512 k.A.

Versicherungen und Rückversicherungen 462 k.A. 29.186 10.270 35,19%

Pensions- und Unterstützungskassen k.A. k.A. 9.673 k.A. Mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbundene Tätigkeiten

6.094 771 12,65% 10.103 1.114 11,03%

Grundstücks- und Wohnungswesen 194 k.A. 5.554 1.337 24,1% Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben (Beteiligungsgesellschaften)

46.539 13.732 29,51% 435.761 115.828 26,58%

Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen

950 k.A. 3.028 117 3,9%

Private Haushalte 171 2 1,17% 6.454 1.632 25,29%

Gesamt 156.135 48.586 31,1% 918.966 241.673 26,3%

Quelle: Deutsche Bundesbank (2015), vorläufige Angaben, Darstellung der Hessen Agentur

Nach der vorstehenden Betrachtung der ausgehenden FDI werden in Tabelle 10 die

aus dem Ausland stammenden FDI-Bestände in Hessen und Deutschland gemäß ih-

rer Branchenstruktur betrachtet. Im Unterschied zum Vorsprung Hessens bei den ein-

gehenden FDI liegt der Anteil Hessens an den Investitionen aus den USA mit 7,1 %

gegenüber 7,3 % unterhalb des bundesweiten Durchschnitts.15 Damit erreichen die

15 Aus Gründen der Datenverfügbarkeit wird bei der Branchenuntergliederung der FDI auf vorläufige Werte zurückgegriffen.

Bei den endgültigen Werten für eingehende FDI im Jahr 2013 liegt der Anteil der USA in Hessen bei 4,5 % und in Deutsch-land bei 6,8 % (vgl. Tabelle 4).

Page 40: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

34

USA in Deutschland nach den Niederlanden, Luxemburg, Italien und dem Vereinigten

Königreich den fünften Rang als Quelle von FDI. In Hessen belegen die USA eben-

falls den fünften Rang.16

Tabelle 10: Bestand der FDI in Hessen und Deutschland nach Wirtschaftszweigen 2013 in Mio. Euro

Hessen Deutschland

Wirtschaftszweig FDI aus

Ausland FDI aus

USA Anteil

USA FDI aus

Ausland FDI aus

USA Anteil

USA

Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln 662 k.A. 5.012 482 9,6%

Herstellung von chemischen Erzeugnissen 2.174 32 1,5% 15.525 2.877 18,5%

Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen 2.159 k.A. 11.227 341 3,0%

Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren 1.386 21 1,5% 5.970 275 4,6% Herstellung von Glas u. Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden

1.907 k.A. 5.587 210 3,8%

Metallerzeugung und -bearbeitung 347 k.A. 4.440 19 0,4%

Herstellung von Metallerzeugnissen 297 37 12,5% 4.116 516 12,5% Herstellung von Mess- und Kontrollgeräten, Uhren und elektromedizinischen Geräten

1.926 420 21,8% 7.811 2.174 27,8%

Herstellung von elektrischen Ausrüstungen -736 k.A. 3.297 211 6,4%

Maschinenbau 154 18 11,7% 16.378 1.790 10,9%

Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen -2.427 k.A. 365 -2.517

Energieversorgung 65 k.A. 13.889 k.A.

Baugewerbe -55 k.A. 1.222 k.A. Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraft-fahrzeugen

8.744 989 11,3% 47.452 3.012 6,3%

Verkehr und Lagerei 448 124 27,7% 8.958 539 6,0%

Information und Kommunikation 1.411 123 8,7% 58.589 226 0,4%

Banken 14.679 -1063 -7,2% 53.745 352 0,7% Fonds; Private Equity Funds und Wagniskapital-geber / Venture Capital Unternehmen

7.223 723 10,0% 21.106 792 3,8%

Versicherungen und Rückversicherungen 830 k.A. 5.040 3.182 63,1%

Pensions- und Unterstützungskassen 31 k.A. -730 k.A. Mit Finanz- und Versicherungsdienstleistungen verbundene Tätigkeiten

3.139 246 7,8% 8.427 583 6,9%

Grundstücks- und Wohnungswesen 5.104 285 5,6% 28.700 783 2,7% Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben (Beteiligungsgesellschaften)

13.009 2.706 20,8% 77.176 15.368 19,9%

Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen

2.359 65 2,8% 7.728 -28 -0,4%

Gesamt 66.502 4.746 7,1% 458.353 33.651 7,3%

Quelle: Deutsche Bundesbank (2015), vorläufige Angaben, Darstellung der Hessen Agentur

16 Niederlande, Luxemburg, Vereinigtes Königreich und Irland sind vor den USA platziert, Frankreich knapp dahinter Die

Angabe beruht auf vorläufigen Werten des Jahres 2013. Bei Nutzung endgültiger Werte ergeben sich Verschiebungen: Die USA liegen in Deutschland nach den Niederlanden, Luxemburg, Italien knapp vor dem Vereinigten Königreich auf dem vierten Rang als Quelle von FDI. In Hessen belegen die USA den siebten Rang. Die Niederlande, Luxemburg, Irland, Frankreich, das Vereinigte Königreich und die Schweiz sind vor den USA platziert, Schweden knapp dahinter.

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35

Das Engagement von US-Investoren ist sowohl in Hessen als auch in Deutschland

besonders in den Wirtschaftszweigen Herstellung v. Mess- u. Kontrollgeräten, Uhren

und elektromedizinischen Geräten mit einem Anteil von 21,8 % bzw. 27,8 % an allen

FDI-Beständen überproportional stark ausgeprägt. In Hessen ist der relative Anteil

der USA zudem in den Wirtschaftszweigen Verkehr und Lagerei (27,7 %) und Infor-

mation und Kommunikation (8,7 %) sowie den Beteiligungsgesellschaften (20,8 %)

besonders hoch. Auf bundesdeutscher Ebene spielen die USA als Investor ebenfalls

bei Beteiligungsgesellschaften (19,9 %) und insbesondere bei Versicherungen und

Rückversicherungen mit 63,1 % aller FDI eine große Rolle. Im Produzierenden Ge-

werbe investieren die USA überproportional stark in die chemische Industrie (18,5 %),

die Herstellung von Metallerzeugnissen (12,5 %) und den Maschinenbau (10,9 %).

3.5 Bedeutende Merkmale der transatlantischen Wirtschaft

Die statistischen Kennzahlen zu strukturellen Merkmalen der außenwirtschaftlichen

Beziehungen zwischen den USA und der EU zeigen einerseits die herausgehobene

Bedeutung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes in der weltweiten Wirtschaft sowie

die hohe Intensität der gegenseitigen Verflechtung. Die entscheidenden Rahmenbe-

dingungen für die Verhandlungen zur TTIP sind aus der bestehenden wirtschaftlichen

Verflechtung zwischen den USA und der EU abzuleiten:

Die USA und die EU erwirtschaften gemeinsam 46,5 % des weltweiten BIP.

Auf die USA und die EU entfallen 24,7 % der globalen Exporte und 30,2 % der

globalen Importe (ohne Handel innerhalb der EU und mit der Schweiz, Norwe-

gen und Island) (Hamilton, Quinlan 2014, S. 18).

Auf USA und EU entfallen 69,5 % der weltweiten FDI und 55,4 % der weltweit

investierten FDI (Hamilton, Quinlan 2014, S: 18).

Zwischen 2000 und 2011 ist der Anteil der EU und der USA an weltweitem BIP,

den weltweiten Exporten und Importen, FDI-Zufluss, FDI-Abfluss, sowie Mer-

gers and Acquisition-Aktivitäten um rund 10 % zurückgegangen (Felbermayr et

al. 2013, S. 21-22).

17,5 % der europäischen Exporte gehen in die USA, 11,9 % der europäischen

Importe kommen aus den USA.

61,8 % der US-Importe aus der EU und 32,3 % der US-Exporte in die EU sind

firmeninterner Handel (Hamilton, Quinlan 2014, S. 27).

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

36

Intra-industrieller Handel zwischen den USA und EU ist sehr stark ausgeprägt.

Grubel-Loyd Index17 liegt etwa bei 0,9. (Felbermayr et al., 2013, S. 31-32).

31,8 % der FDI aus Europa gehen in die USA, 39,5 % der FDI in Europa stam-

men aus den USA.

51,2 % der FDI aus den USA gehen nach Europa, 60,3 % der FDI in den USA

stammen aus Europa.

4,3 Mio. Menschen in Europa sind in US-Firmen beschäftigt, 3,9 Mio. Men-

schen in den USA werden in europäischen Firmen beschäftigt (Hamilton, Quin-

lan 2014, S. 23).

Der transatlantische Handelsraum ist sowohl hinsichtlich der Produktion als auch

beim Export und Import von Gütern weltweit von großer Bedeutung. Einen noch hö-

heren Stellenwert nimmt der Wirtschaftsraum bei der Verteilung der weltweiten FDI

ein. Ein Blick auf die langfristige Entwicklung zeigt jedoch, dass das weltweite Gewicht

der transatlantischen Wirtschaft aufgrund des Aufstiegs anderer Regionen der Welt

zurückgegangen ist, und es wird erwartet, dass sich diese Entwicklung fortsetzt.

Neben des hohen Anteils der transatlantischen Wirtschaft an der Weltwirtschaft ist

zudem die hohe Intensität der wechselseitigen Verknüpfungen zu betonen. Die USA

sind ein wichtiger Abnehmer europäischer Waren und gleichzeitig ein bedeutender

Lieferant für Europa. Sowohl der Anteil an der Welt als auch die wechselseitigen Be-

ziehungen sind hinsichtlich der FDI-Verknüpfungen zwischen den USA und der EU

noch intensiver ausgeprägt als die Warenbeziehungen. Die FDI wirken sich direkt auf

die Beschäftigung in den USA und der EU aus. Im Zusammenhang mit den intensiven

FDI-Beziehungen steht ein wichtiger Aspekt des Warenhandels zwischen den Wirt-

schaftsräumen. Ein hoher Anteil des Warenverkehrs findet zwischen miteinander ver-

bundenen Firmen statt. Schließlich zeigt die sektorale Verteilung der Warenexporte,

dass die Exporte und Importe zwischen der EU und den USA wie bei hochentwickel-

ten Volkswirtschaften typisch in den gleichen Branchen erfolgen. Dementsprechend

beruht der Handel zwischen diesen beiden Wirtschaftsräumen vergleichsweise wenig

auf komparativen Vorteilen und der Spezialisierung der Volkswirtschaften auf ein-

zelne Sektoren gemäß der klassischen Handelstheorie. Stattdessen greifen andere

Konzepte wie beispielsweise Skalenerträge aufgrund von Größenvorteilen oder tech-

nologischer Vorsprung.

17 Der Grubel-Loyd Index liegt zwischen 0 und 1. Bei einem hohen Grubel-Loyd Index entspricht der Wert der Exporte dem

Wert der Importe in einer Branche. Den Wert Null erreicht der Index, wenn ein Land in einer Branche Waren ausschließlich importiert oder umgekehrt ausschließlich exportiert. Berechnet wird der Index, indem der Quotient der absoluten Differenz zwischen Ex- und Importen und der Summe von Ex- und Importen in einer Branche von eins subtrahiert wird: GLI= 1- (|Exp-Imp|)/(Exp+Imp). Vgl. beispielsweise Krugman, Obstfeld (2004, S. 194).

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37

4 Ergebnisse ökonomischer Prognosen zu den Wirkungen der TTIP

4.1 Ökonomische Studien zur Abschätzung der Effekte der TTIP –

Literaturüberblick

Die Analyse des internationalen Handels ist eines der ältesten Forschungsfelder der

Wirtschaftswissenschaften. Häufig wird das Essay von David Hume „Of the Balance

of Trade“ aus dem Jahr 1758 als erstes ökonomisches Modell bezeichnet. Angesichts

der immer intensiveren wirtschaftlichen Verflechtung der Staaten weltweit ist das Ver-

ständnis internationaler Wirtschaftsbeziehungen umso bedeutender (Krugman, Obst-

feld 2004, S. 24). Dementsprechend lässt sich zur Abschätzung der Auswirkungen

der TTIP auf eine große Anzahl von Veröffentlichungen zu den Effekten von Freihan-

delsabkommen und internationalem Handel im Allgemeinen zurückgreifen. Zudem

existieren viele Studien, in denen durch verschiedene methodische Ansätze die Aus-

wirkungen der TTIP quantifiziert werden. Noch bevor die Verhandlungen zu dem Frei-

handelsabkommen aufgenommen wurden, ist das Vorhaben in mehreren Studien un-

tersucht worden. Diese werden zunächst kurz vorgestellt, bevor in einem

ausführlichen Überblick auf die drei prominentesten Studien zum TTIP eingegangen

wird. Tabelle 11 liefert einen Überblick zu den Ergebnissen bedeutender Studien des

Freihandels zwischen EU und USA.

OECD-Studie 2005

Die erste hervorzuhebende Studie wurde durch die OECD18 im Jahr 2005 veröffent-

licht. Sie quantifiziert die Auswirkungen verschiedener politischer und struktureller

Reformen in den USA und Europa. Neben der Absenkung von Zöllen wird insbeson-

dere die Liberalisierung der Märkte betrachtet. Dabei werden ausschließlich wettbe-

werbsbeschränkende Regulierungen und nicht etwa Gesetze wie etwa zum Schutz

der Umwelt und der Verbraucher oder zur Regulierung des Arbeitsmarktes unter-

sucht. Im Vordergrund der Studie stehen die Auswirkungen der Absenkung der staat-

lichen Kontrolle und Einschränkungen der Geschäftsfreiheit gemessen am jeweiligen

„best-practice“-Mitgliedsland der OECD.19 Während die USA und die EU insgesamt

vergleichbare Anstrengungen zum Abbau dieser Handelsbarrieren und Beschränkun-

gen ihrer Märkte unternehmen müssen, unterscheiden sich die einzelnen EU-Länder

deutlich. Während in Deutschland die strukturellen Bedingungen sich bereits nahe an

der „best-practice“ befinden, sind in Ländern wie Frankreich, Griechenland, Italien

18 Organisation for Economic Co-operation and Development. 19 Die OECD (2005) nutzt hierzu Indikatoren, die die Einschränkungen für ausländische Direktinvestitionen (FDI restrictiven-

ess indicator) und den Grad der Marktregulierung für Produkte (Product Market Regulation PMR indicator) messen.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

38

und Portugal wesentlich größere Reformen notwendig. In der Studie werden verschie-

dene Ansätze zur Abschätzung der ökonomischen Effekte verfolgt – zwei Ansätze

basieren auf ökonometrischen Panelstudien und ein Ansatz beruht auf einem allge-

meinen Gleichgewichtsmodell (GTAP). Bei den ökonometrischen Schätzungen wer-

den Effekte möglicherweise überschätzt, da vergangene Reformen die Datengrund-

lage bilden und möglicherweise der Effekt weiterer Reformen mit abnehmendem

zusätzlichem Nutzen einhergeht. Dagegen wird der Effekt im allgemeinen Gleichge-

wichtsmodell eher unterschätzt, da Produktivitätsgewinne und Skaleneffekte nicht

modelliert sind und weitere Gewinne durch eine höhere Innovationsgeschwindigkeit

zu erwarten sind. Im Ergebnis wird eine einmalige Steigerung des BIP pro Kopf von

1 % bis 3 % in den USA, von 2 % bis 3,5 % in der EU und von 0,5 % bis 1,5 % für die

weiteren OECD-Länder erwartet. Diese Ergebnisse werden bis 2018 erreicht und sind

als Niveauerhöhung gegenüber dem Basisszenario – Stabilität der derzeitigen Struk-

turen, keine weiteren strukturellen Reformen – zu verstehen. Bei den Ergebnissen ist

zu beachten, dass positive Effekte nicht ausschließlich durch zusätzlichen internatio-

nalen Austausch entstehen, sondern auch bereits innerhalb der einzelnen Länder

durch die Wettbewerbsförderung der heimischen Märkte.

Ecorys 2009

Durch Ecorys20 wurden im Jahr 2009 ebenfalls die Auswirkungen einer Absenkung

der Handelsbarrieren zwischen den USA und der EU untersucht. Dabei wird gezeigt,

dass die Zölle zwischen beiden Regionen im Durchschnitt gering sind und diese die

Handelskosten im Mittel um etwa 3 bis 4 % erhöhen. Daraus wird abgeleitet, dass der

Fokus der Verhandlungen auf eine Absenkung der nichttarifären Handelsschranken

(NTB) zwischen EU und USA zu legen ist. In der Studie werden zwei Szenarien be-

trachtet – eine Senkung der NTB einmal um 50 % und einmal um 25 % – und auf

sektoraler Ebene analysiert. Die Effekte des Abbaus der NTB führen zu sehr unter-

schiedlichen Effekten in den einzelnen Sektoren. Durch verstärkten Wettbewerb und

die Fokussierung von Kapital und Arbeit auf die wettbewerbsfähigsten Sektoren wer-

den einige Sektoren ihre Produktion steigern, während in anderen Sektoren die Pro-

duktion zurückgehen wird. Die Volkswirtschaft insgesamt wird von den Rückgängen

in einzelnen Sektoren profitieren, da die Produkte mit geringeren Kosten als Vorleis-

tungen in anderen Sektoren genutzt werden. Im Szenario einer Senkung der NTB um

50 % über alle Sektoren wächst die Produktion beispielsweise im Elektroniksektor um

29,2 % in den USA, während sie in der EU um 5,5 % zurückgeht. Demgegenüber

wächst die Produktion beispielsweise im Fahrzeugbau in der EU um 5,7 % bei einem

gleichzeitigen Rückgang von 1,4 % in den USA. Auch die chemische und pharma-

zeutische Industrie in Europa gehört zu den Gewinnern, die Produktion steigt um

20 Ecorys B.V. ist ein internationales Forschungs- und Beratungsunternehmen mit Sitz in Rotterdam.

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2,2 % gegenüber einem Rückgang von 3,3 % in den USA. Schließlich steigt die Pro-

duktion der europäischen Versicherungsbranche um 1,2 %, bei einem Rückgang von

1,0 % in den USA. Zum Vergleich werden die Auswirkungen einer Absenkung der

Handelsschranken in jeweils nur einem einzelnen Sektor bestimmt. Es zeigt sich,

dass eine Absenkung der NTB über alle Sektoren aufgrund der Verknüpfungen zwi-

schen den Sektoren wesentlich stärkere Effekte hat, als die Addition der Effekte für

die Absenkung der NTB in einzelnen Sektoren.

Erixon und Bauer (2010)

Erixon und Bauer (2010) untersuchen die Effekte der vollkommenen Abschaffung der

Zölle anhand eines allgemeinen Gleichgewichtsmodells (GTAP 7.5). Obwohl die NTB

als wesentlich restriktiver gelten als die durchschnittlichen Zölle zwischen der EU und

den USA, führt demnach auch eine Zollreduktion zu erhöhtem Wachstum des BIP.

Dabei unterscheiden die Autoren drei Szenarien. Eine Aufhebung der Zölle erhöht

das BIP in der EU um 0,01 % und in den USA um 0,15 %. Dieses Szenario beruht

jedoch auf der Annahme eines statischen Modells, das heißt die Aufhebung der Zölle

führt nicht zu einer Anpassung des Verhaltens der Wirtschaftsakteure. Dagegen sind

die beiden übrigen Szenarien dynamisch, d.h. nach Aufhebung der Zölle werden wei-

tere Effekte (z.B. Wettbewerbsdruck) zu Anpassungsreaktionen der Wirtschaftsak-

teure führen. Erst wenn zusätzlich Annahmen zur Vereinfachung der sonstigen Han-

delskosten und zur Steigerung der Arbeitsproduktivität getroffen werden, führt eine

Aufhebung sämtlicher Zölle auch für die EU zu stärkerem Wachstum. Das BIP wächst

in der EU um 0,32 % bis 0,47 % und in den USA um 0,99 % bis 1,33 %. Erixon und

Bauer (2010) ermitteln auch die Steigerung der Produktion in einzelnen Sektoren in-

folge der Aufhebung der Zölle. Beispielsweise werden dadurch sowohl in der EU als

auch in den USA Steigerungen im Fahrzeugbau und in der chemischen und pharma-

zeutischen Industrie erwartet.

Einen Überblick zu den prognostizierten Effekten aus den hier kurz vorgestellten frü-

hen Studien bietet die Tabelle 11. Darüber hinaus werden in Tabelle 11 die wichtigs-

ten Ergebnisse von drei aktuellen Studien zusammengefasst, die in den nächsten

Abschnitten ausführlich betrachtet werden. Diese Studien werden in der derzeitigen

Debatte besonders häufig herangezogen. Auf die durch das CEPR21 erstellte Studie

stützt sich besonders die EU-Kommission, die diese Studie beauftragt hat. Die weite-

ren Studien wurden durch das CEPII22 und das ifo-Institut23 erstellt. Letztere wurde

im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums bzw. der Bertelsmann Stiftung erarbei-

tet. Ziel der nachfolgenden ausführlichen Analysen dieser drei Studien ist es, aus den

21 Centre for Economic Policy Research. 22 Centre d'Etudes Prospectives et d'Informations Internationales. 23 ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Ergebnissen Schlussfolgerungen für die Auswirkungen der TTIP für die hessische

Wirtschaft zu ziehen.

Tabelle 11: Prognostizierte langfristige Effekte der TTIP auf die EU und die USA

Studie Szenario / Verfahren Auswirkungen auf die EU Auswirkungen auf die USA

OECD (2005)

OECD Panel Data (trade openess) ökonometrischer Ansatz

3,5% BIP pro Kopf (EU 15, Deutschland: 3,6%)

3,1% BIP pro Kopf

OECD Panel Data (multi factor productivity level) ökonometrischer Ansatz

2,9% BIP pro Kopf (EU 15, Deutschland 3,1%)

1,1% BIP pro Kopf

GTAP (Zollsenkungen) Allgemeines Gleichgewichtsmodell

0,2% BIP pro Kopf (EU 15, Deutschland 0,1%)

0,0% BIP pro Kopf

GTAP (Zollsenkung, Produktivitätsgewinne) Allgemeines Gleichgewichtsmodell

2,2% BIP pro Kopf (EU 15, Deutschland 2,3 )

0,8% BIP pro Kopf

Ecorys (2009) Senkung NTB um 25% 0,3% BIP 0,1% BIP

Senkung NTB um 50% 0,7% BIP 0,3% BIP

Erixon, Bauer (2010)

100% Zollsenkung 0,01% BIP (EU 25) 0,15% BIP

100% Zollsenkung Senkung der Handelskosten um 3% und Steigerung der Arbeitsproduktivität um 2%

0,32% BIP (EU 25) 0,99% BIP

100% Zollsenkung Senkung der Handelskosten um 3% und Steigerung der Arbeitsproduktivität nach Sektoren zwischen 2% - 3,5%

0,47% BIP (EU 25) 1,33% BIP

CEPR (2013)

98% Zollsenkung 0,1% BIP 0,04% BIP

10% Senkung Dienstleistungs-NTB 0,02% BIP 0,03% BIP

25% Senkung NTB im öffentlichen Beschaffungswesen

0,02% BIP 0,01% BIP

98% Zollsenkung 10% Senkung NTB Güter und Dienstleistung 25% Senkung NTB im öffentlichen Beschaffungswesen

0,27% BIP 0,21% BIP

100% Zollsenkung 25% Senkung NTB Güter und Dienstleistung 50% Senkung NTB im öffentlichen Beschaffungswesen

0,48% BIP 0,39% BIP

CEPII (2013)

100% Zollsenkung (zeitlich gestaffelt), Wegfall 100 % Scanning

0,0% reales Einkommen (EU 27, Deutschland - 0,0%)

0,0% reales Einkommen

100% Zollsenkung (zeitlich gestaffelt), Wegfall 100% Scanning 25% Senkung NTB Güter und Dienstleistungen (Referenzszenario)

0,3% BIP (EU-27, Deutschland 0,4%) 0,3% reales Einkommen (EU 27, Deutschland 0,3%)

0,3% BIP 0,3% reales Einkommen

100% Zollsenkung (zeitlich gestaffelt), Wegfall 100% Scanning 30% Senkung NTB für die 50% stark geschützten Branchen

15% Senkung NTB für die 50% schwach geschützten Branchen

0,2% reales Einkommen (EU 27, Deutschland 0,3% )

0,3% reales Einkommen

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

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Studie Szenario / Verfahren Auswirkungen auf die EU Auswirkungen auf die USA

Referenzszenario + Spillovereffekte durch 5% Senkung NTB zu Drittländern

0,5% reales Einkommen (EU 27, Deutschland 0,5%)

0,5% reales Einkommen

Referenzszenario mit NTB aus Ecorys (2009) Studie

0,1% reales Einkommen (EU 27, Deutschland 0,2%)

0,2% reales Einkommen

Ifo (2013)*

100% Zollsenkung, Gravitationsmodell 0,24% Wohlfahrt (=reales BIP) Deutschland, k.A. EU 26

0,75% Wohlfahrt

100% Zollsenkung, Simulationsergebnisse 0,13% Wohlfahrt (EU 26, Deutschland 0,13%)

0,17% Wohlfahrt

100% Zollsenkung, Simulationsergebnisse auf Basis von sektoralen Daten

0,04% Wohlfahrt (EU 26, Deutschland 0,03%)

0,11% Wohlfahrt

Senkung der Handelsbarrieren anhand des ökonometrisch gemessenen durchschnittlichen Handelsschaffungseffektes durch ein Freihandelsabkommen:

Gravitationsmodell 4,68% Wohlfahrt Deutschland, k.A. EU 26

13,38% Wohlfahrt

Simulationsergebnisse 1,67% Wohlfahrt (EU 26, Deutschland 1,60%)

2,15% Wohlfahrt

* ifo (2013) umfasst drei Veröffentlichungen: Felbermayr et al. (2013a), Felbermayr, Heid, Lehwald (2013), Felbermayr, Leh-wald, Schoof, Ronge (2013).

Quelle: Darstellung der Hessen Agentur

4.2 Ergebnisse der Studie des CEPR und Schlussfolgerungen für Hessen

Im März 2013 wurde der Projektbericht Reducing Transatlantic Barriers to Trade and

Investment – An Economic Assessment des CEPR veröffentlicht. Diese Untersu-

chung wurde durch die Europäische Kommission beauftragt und bildet für diese die

wichtigste Entscheidungsgrundlage. Durch allgemeine Gleichgewichtsmodelle

(GTAP 8) werden die Effekte der Absenkung von tarifären und nichttarifären Handels-

barrieren (NTB) untersucht. Dabei werden die Effekte langfristig betrachtet – bis zum

Jahr 2027 – und als relative Änderung gegenüber einem Basisszenario interpretiert.

In der Studie werden fünf Szenarien betrachtet. In einem reinen Zollsenkungsszena-

rio werden 98 % aller Zölle abgeschaft. In einem weiteren Szenario werden 10 % der

NTB im Dienstleistungssektor abgebaut. Im dritten Szenario werden die NTB im öf-

fentlichen Beschaffungswesen um 25 % reduziert. Diese drei Szenarien betrachten

punktuelle Handelsliberalisierungsbemühungen und führen zu relativ geringen Effek-

ten. Die Steigerungen des BIP liegen bei 0,01 % bis 0,1 % gegenüber dem Basissze-

nario (vgl. Tabelle 11).

Im Vordergrund der Studie des CEPR stehen umfassendere Freihandelsabkommen.

In einem weniger ambitionierten Szenario werden die vorstehend genannten Maß-

nahmen sowie eine 10 %-ige Reduktion der NTB im Güterbereich gemeinsam in das

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Modell integriert. Die BIP-Steigerungen in diesem Freihandelsszenario betragen ein-

malig 0,27 % in der EU und 0,21 % in den USA. Im ambitionierteren Freihandelssze-

nario lässt sich das BIP in der EU dagegen um einmalig 0,48 % und in den USA um

0,39 % steigern. Dieses Freihandelsszenario zeichnet sich gegenüber dem weniger

ambitionierten Szenario dadurch aus, dass die Zölle zu 100 % reduziert werden, die

NTB im Dienstleistungs- und Güterbereich um 25 % und im öffentlichen Beschaf-

fungswesen um 50 % gesenkt werden (vgl. Tabelle 11). Ein wichtiger Aspekt der Mo-

delle des CEPR ist die Einführung von direkten und indirekten Spillovereffekten für

Drittländer. Aufgrund der gegenseitigen Angleichung von Regularien zwischen den

EU und den USA sinken auch die NTB für Drittländer. Es wird eine Senkung der NTB

für Drittländer von 20 % der NTB-Senkung zwischen der EU und den USA angenom-

men, d.h. beispielsweise sinken im Dienstleistungs- und Güterbereich des ambitio-

nierten Szenarios die NTB der Exporte von Drittländern in die EU und die USA um

5 % (direkte Spillovereffekte). Zusätzlich werden indirekte Spillovereffekte eingeführt,

die auf der Annahme basieren, dass Drittländer gemeinsame Regeln des Wirtschafts-

raumes USA und EU übernehmen. Hierdurch reduzieren sich die NTB für die Exporte

der EU und der USA in Drittländer sowie für den Handel von Drittländern untereinan-

der. Die Größenordnung dieses Effektes beträgt im Modell die Hälfte der direkten

Spillovereffekte.

Zusätzlich zum Gesamteffekt auf die BIP-Entwicklung wird in der Studie die Entwick-

lung in zwanzig Sektoren betrachtet. Für das ambitionierte Freihandelsszenario wird

die Entwicklung in Tabelle 12 als prozentuale Änderung des bilateralen Handels zwi-

schen USA und EU sowie als Änderung des Handels insgesamt angegeben. Zudem

wird die Veränderung des Outputs dargestellt, da eine Erhöhung der Exporte eines

Sektors gegebenenfalls durch eine stärkere Erhöhung der Importe innerhalb dieses

Sektors überlagert wird und dieser Sektor in der Folge insgesamt Output-Verluste

erleidet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Modellannahmen von Vollbeschäfti-

gung ausgehen. Dadurch entstehen Produktionsverluste bis zu einem gewissen Grad

dadurch, dass die relativ erfolgreicheren Sektoren Produktionsfaktoren aus den we-

niger wettbewerbsfähigen Sektoren abwerben. Dies erklärt die Output-Verluste des

Elektronikbereichs in der EU. Während insbesondere Drittländer – aufgrund der Spil-

lovereffekte – ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und die Importe in die EU steigern

können, verliert dieser Sektor in der EU an Wettbewerbsfähigkeit und die Produkti-

onsfaktoren werden in Sektoren umgeleitet, die ihren Output erhöhen. Ein weiterer

Aspekt bei der Beurteilung der relativen Änderungen des Handels ist die Bedeutung

des Ausgangsniveaus der Exporte. So erscheint die Verbesserung der Exporte im

Fahrzeugbau in den USA deutlich höher als in der EU, jedoch ist das Ausgangsniveau

in der EU deutlich höher. Dadurch weitet sich die Produktion in diesem Sektor in der

EU aus, während der Output trotz der Steigerung der Exporte in den USA zurückgeht.

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Es ist wichtig festzuhalten, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Sektoren

bei der Wirkung der TTIP gibt. Eine Verringerung des Outputs gegenüber dem Ba-

sisszenario tritt innerhalb der EU insbesondere bei der Elektroindustrie auf. Ebenfalls

leichte Rückgänge erfahren die Metallbe- und -verarbeitung sowie der sonstige Fahr-

zeugbau. Die deutlichsten Output-Steigerungen erzielen die Kraftfahrzeugindustrie,

der Wasserverkehrssektor, das Versicherungswesen sowie das sonstige Produzie-

rende Gewerbe. Zusätzlich bestimmen die Autoren Effekte auf die Beschäftigung in-

nerhalb der einzelnen Sektoren, die die Änderungen im Output weitgehend widerspie-

geln. Dabei ist hervorzuheben, dass im Modell keine Arbeitslosigkeit modelliert ist,

sodass sich Steigerungen der Beschäftigung in einzelnen Sektoren nur über einen

Rückgang der Beschäftigung in anderen Sektoren realisieren lassen.

Tabelle 12: Sektorale Effekte der TTIP im ambitionierten Freihandelsszenario in %

EU USA

Sektor Output Exporte gesamt

Importe gesamt

Exporte USA

Output Exporte gesamt

Importe gesamt

Exporte EU

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

0,06 0,22 5,22 15,10 0,00 1,07 0,59 21,80

Sonstiger primärer Sektor 0,02 0,24 1,05 0,60 0,05 0,30 0,70 0,40

Verarbeitete Nahrungsmittel 0,57 9,36 10,07 45,50 -1,13 6,85 16,37 74,80

Chemie 0,37 9,26 9,01 36,20 -0,40 11,49 11,56 34,20 Elektronik, Büro- und Kommunikationsgeräte

-7,28 -0,01 5,87 35,00 -2,04 8,86 3,65 44,10

Kraftfahrzeuge 1,54 41,75 43,11 148,70 -2,78 59,47 20,81 346,80

Sonstige Fahrzeuge -0,08 6,10 11,21 25,50 0,83 8,57 10,33 27,80

Sonstige Maschinen 0,37 1,47 1,54 6,60 1,66 5,35 -0,37 16,70

Metallbe- und -verarbeitung -1,50 12,07 9,76 68,20 0,45 22,45 9,04 88,10

Holz und Papier 0,08 4,19 11,20 19,90 -0,02 7,75 4,35 42,50 Sonstiges Produzierendes Gewerbe

0,79 6,13 0,63 22,80 0,26 4,31 0,93 16,70

Verkehr (Wasser) 0,99 2,11 1,49 6,80 0,42 1,52 1,39 7,10

Verkehr (Luft) 0,44 1,45 0,86 1,60 0,39 1,52 0,75 2,20

Finanzwirtschaft 0,42 4,37 2,92 8,50 -0,11 2,40 6,40 4,90

Versicherungswesen 0,83 4,11 2,92 8,30 -0,44 1,88 5,84 7,40

Unternehmensdienstleistungen 0,25 1,04 1,68 2,30 0,07 2,24 1,16 5,40

Kommunikation 0,17 1,27 3,20 0,90 0,32 5,03 0,43 10,50

Baugewerbe 0,53 0,64 1,79 3,10 0,39 2,20 1,62 6,60

Private Dienstleistungen 0,26 1,02 5,84 2,30 0,38 4,15 0,83 13,80

Sonstige Dienstleistungen 0,28 0,55 1,27 -1,00 0,18 0,94 -0,45 1,50

Insgesamt 5,91 5,11 28,03 8,02 4,74 36,57

Quelle: CEPR (2013, S. 60-69), Darstellung der Hessen Agentur

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

44

Schlussfolgerungen für Hessen

Die strukturellen Unterschiede zwischen Hessen, Deutschland und der EU führen

dazu, dass die einzelnen Wirtschaftsräume unterschiedlich stark durch die TTIP tan-

giert werden. Daher ist eine Abschätzung notwendig, in welcher Weise sich die in der

CEPR-Studie veröffentlichten EU-weiten Effekte der TTIP auf Hessen auswirken. Ei-

ner präzisen Berechnung sind aus mehreren Gründen enge Grenzen gesetzt. Die in

der Studie auf EU-Ebene genutzten Daten – wie etwa die Aufteilung der Wirtschafts-

zweige – sind nicht in der identischen statistischen Abgrenzung auf Hessen-Ebene

verfügbar, sodass sich nicht alle strukturellen Unterschiede entsprechend berücksich-

tigen lassen. Neben diesem Aspekt der Datenverfügbarkeit treten jedoch auch inhalt-

liche Gründe. Die in der Studie berechneten Effekte des allgemeinen Gleichgewichts-

modells stellen einen Gesamteffekt dar, der sich aus verschiedenen

Wirkungszusammenhängen zusammensetzt. Diese Einzeleffekte lassen sich kaum

getrennt darstellen und anschließend auf die Ebene Hessens herunterrechnen. Be-

sonders bedeutsam ist hierbei, dass durch die TTIP nicht nur die Exporte und Importe

beeinflusst werden, sondern die Wirtschaftsstruktur verändert wird. Dies führt bei-

spielsweise zu einer Zunahme des Sektors Fahrzeugbau und zu einem Rückgang

des Elektroniksektors. Darüber hinaus werden die Effekte der TTIP in der Studie nicht

gegenüber dem aktuellen Zustand angegeben, sondern gegenüber einem Basismo-

dell, das die Entwicklung ohne die TTIP prognostiziert. Diese Prognose ist auf Hes-

sen-Ebene nicht möglich, sodass die Effekte lediglich stark vereinfacht auf den Sta-

tus-quo bezogen werden können, bei der auch keine Veränderung der

Branchenstruktur integriert wird. Aufgrund dieser Einschränkungen ist eine Abschät-

zung der Wirkung des TTIP auf hessischer Ebene eher qualitativ zu interpretieren.

Schließlich sind bei Schlussfolgerungen – die überwiegend auf einem Vergleich der

Wirtschaftsstruktur anhand relativer Anteile beruhen – die sehr unterschiedlichen Di-

mensionen und Raumstrukturen der betrachteten Wirtschaftsräume zu beachten.24

Um trotz der genannten methodischen Einschränkungen einen konkreten Eindruck

von der Größenordnung der Wirkung des TTIP-Abkommens für Hessen zu erhalten,

werden die in der Studie ermittelten prozentualen Veränderungen der EU-Kennzahlen

auf die derzeitigen hessischen Werte umgelegt. Im ambitionierten Szenario wird ein

BIP-Wachstum von 0,48 % erwartet. Bezogen auf das aktuelle hessische BIP von

253,9 Mrd. Euro entspräche dieses prozentuale Wachstum einem Zuwachs um

1,2 Mrd. Euro. Die aktuellen hessischen Exporte würden insgesamt um 3,5 Mrd. Euro

und in die USA um 2 Mrd. Euro steigen. Die Importe würden insgesamt um

4,1 Mrd. Euro und aus den USA um 3 Mrd. Euro zunehmen. Diese Umrechnung der

24 Diese Einschränkungen gelten ähnlich auch für die nachfolgend betrachteten Studien des CEPII und des ifo-Instituts.

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Gesamteffekte der Studie auf die aktuellen hessischen Zahlen ist jedoch vor dem

Hintergrund der unterschiedlichen Struktur in Hessen und in der EU zu relativieren.

Bei Betrachtung der sektoralen Effekte ist auffällig, dass die größten Steigerungen

des EU-weiten Outputs im Fahrzeugbau erwartet werden. Hier ist Hessen zwar mit

einem derzeitigen Anteil von 15 % des Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe stark

vertreten, allerdings ist dieser Anteil für Deutschland insgesamt deutlich höher und

zusätzlich hat das Verarbeitende Gewerbe insgesamt in Deutschland einen höheren

Stellenwert. Zudem entfallen nur 3,3 % der Exporte Hessens im Bereich der Straßen-

fahrzeuge auf die USA, was ein deutlich unterdurchschnittlicher Wert bei den hessi-

schen Exporten ist. Daher ist anzunehmen, dass Hessen zwar an der positiven Ent-

wicklung im Fahrzeugbau partizipieren könnte, jedoch im Vergleich zu Deutschland

insgesamt in diesem Bereich weniger stark profitieren würde.

Die wichtigsten Branchen im Produzierenden Gewerbe in Hessen sind neben dem

Fahrzeugbau die chemische Industrie, die pharmazeutische Industrie und der Ma-

schinenbau. In der Abgrenzung der Studie des CEPR wird für die Chemiebranche –

zu der auch die Pharmabranche zählt – ein EU-weites Output-Wachstum von 0,37 %

gegenüber dem Basismodell erwartet. Mit diesem Zuwachs liegt die Branche eher im

Mittelfeld. Zudem werden für die pharmazeutische Industrie im Vergleich die gerings-

ten NTB im Gütersektor identifiziert (CEPR 2013, S. 18), wohl da die Pharmaprodukte

bereits Bestandteil von früheren Vereinbarungen zur Anpassung der Standards zwi-

schen EU und USA waren. Allerdings wurden auch für medizintechnische Geräte be-

reits Vereinbarungen getroffen (vgl. Fußnote 1), für die durch CEPR wiederum relativ

hohe NTB identifiziert werden. Gleichzeitig entfallen 40 % der hessischen Exporte in

die USA auf diese Produktgruppe (vgl. Abbildung 4). Zusammengenommen spricht

dies dafür, dass die positiven Effekte der TTIP auf Hessen eher etwas geringer als

für Deutschland insgesamt ausgeprägt sein dürften.

Vergleichsweise hohe EU-weite Output-Steigerungen werden durch die CEPR-Studie

im Transportsektor und den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen prognosti-

ziert. Diese beiden Dienstleistungsbereiche sind in Hessen überproportional ausge-

prägt, sodass sich die positiven Effekte des TTIP hier auf Hessen stärker auswirken

sollten. Auch der Sektor Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) hat in

Hessen höhere Anteile an der BWS als in der EU und in Deutschland. Im IKT-Bereich

werden die NTB am niedrigsten eingeschätzt (CEPR 2013, S. 18), sodass dieser Sek-

tor relativ geringe EU-weite Output-Steigerungen gegenüber dem Basismodell er-

reicht. Aufgrund der eher günstigen Struktur dürfte Hessen im Dienstleistungsbereich

nach den Ergebnissen der CEPR-Studie insgesamt deutlich überdurchschnittlich

durch die TTIP profitieren.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

46

Insgesamt sollte Hessen aufgrund des höheren Anteils des Produzierenden Gewer-

bes gegenüber der EU und der günstigen Struktur des Dienstleistungssektors stärker

als die EU insgesamt profitieren. Im Vergleich zu Deutschland, dessen Anteil des

Produzierenden Gewerbes höher ist und dessen Branchenstruktur des Produzieren-

den Gewerbes günstiger hinsichtlich der erwarteten Effekte der TTIP ist, werden die

Zuwächse in Hessen jedoch eher geringer ausfallen.

4.3 Ergebnisse der Studie des CEPII und Schlussfolgerungen für Hessen

Im September 2013 wurde die Studie Transatlantic Trade: Wither Partnership, Wich

Economic Consequences? durch das CEPII veröffentlicht. Aufgrund der niedrigen

Durchschnittszölle im Handel zwischen den USA und der EU – die mit rund 2 % für

den Import in die USA und rund 3 % für den Import in die EU veranschlagt werden –

betonen die Autoren die hohe Bedeutung der Beseitigung von NTB.

Die Abschätzung der Effekte der TTIP erfolgt mit einem allgemeinen Gleichgewichts-

modell. Das MIRAGE-Modell beruht – wie auch viele der Analysen in den weiteren

Studien – auf der GTAP Datenbank. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich bis

zum Jahr 2025. Das Basisszenario dient als Vergleichsmaßstab für die Freihandels-

szenarien. Dabei wird weitgehend der Status Quo über den Untersuchungszeitraum

fortgeschrieben. Lediglich zwei absehbare Änderungen werden in dieses Basissze-

nario aufgenommen. Einerseits erhöhen die USA die Anforderungen an Güterliefe-

rungen, da zukünftig 100 % der in die USA gelieferten Frachtcontainer gescannt wer-

den müssen. Dadurch wird eine Erhöhung der Transportkosten für Importe in die USA

um 10 % erwartet. Zudem wird im Modell von einem weiteren Abbau der Handels-

schranken im Dienstleistungsmarkt innerhalb der EU ausgegangen, wodurch diese

Schranken um 20 % verringert werden.

In der CEPII-Studie werden insgesamt fünf verschiedene Szenarien untersucht. Im

ersten Szenario werden ausschließlich Zölle zwischen der EU und den USA beseitigt

und die 100 %-Scanning-Richtlinie fällt weg. In diesem Szenario werden praktisch

keine nennenswerten Wachstumseffekte erreicht. Das Referenzszenario geht zusätz-

lich von einer Reduktion der gegenseitigen NTB im Güter- und Dienstleistungsbereich

um 25 % aus. Hierdurch lassen sich Wachstumseffekte von 0,3 % des BIP gegenüber

dem Status-quo-Szenario erreichen. In einem dritten Szenario werden die NTB nicht

gleichmäßig über alle Branchen gesenkt, sondern gezielt abgebaut. In den 50 % am

stärksten geschützten Branchen werden sie um 30 % gesenkt, in den übrigen Bran-

chen um 15 %. Die weiteren Parameter sind identisch mit dem Referenzszenario. Die

Einkommenseffekte sind etwas geringer als im Referenzszenario. Vermutlich liegt

dies daran, dass gerade die stark geschützten Bereiche insgesamt eine relativ ge-

ringe Bedeutung an der Gesamtwirtschaft haben, wie etwa der Agrarbereich. Die Au-

toren weisen zudem darauf hin, dass die unterschiedliche Behandlung der Sektoren

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

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die politische Durchsetzbarkeit erhöhen könnte. Dieser Argumentation steht aller-

dings entgegen, dass die NTB zwar im Modell quasi als Zollsatz interpretiert werden,

die NTB in den realen Verhandlungen jedoch unabhängig von dem Ausmaß der Sen-

kung durch konkrete Änderungen einzelner, branchenbezogener Regelungen abge-

baut werden müssen. Das vierte Szenario erweitert das Referenzszenario um Spillo-

vereffekte für Drittländer. Die NTB zu diesen Ländern werden um 5 % gesenkt. Diese

Änderung des Modells erhöht deutlich die positiven Effekte der TTIP, da das reale

Einkommen in den USA, Deutschland und der EU um 0,5 % gegenüber dem Ba-

sisszenario steigen würde. Das fünfte Szenario ist identisch mit dem Referenzszena-

rio, nutzt jedoch die NTB aus der Ecorys Studie. Diese NTB bilden die Grundlage der

CEPR-Studie und liegen für den Agrarbereich höher, im Industrie- und Dienstleis-

tungs-Bereich jedoch deutlich niedriger als im Referenzszenario. Aufgrund der gerin-

geren NTB fällt die positive Wirkung der TTIP – die auf der Senkung der NTB beruht

– in diesem Szenario teils deutlich geringer aus. Das Wachstum des TTIP-Szenarios

gegenüber dem Status quo-Szenario sinkt von 0,3 % im Referenzszenario auf 0,2 %

für die USA und 0,1 % für die EU in diesem fünften Szenario (vgl. Tabelle 11).

Auf sektoraler Ebene zeigt die CEPII-Studie eine vergleichsweise geringe Detailtiefe,

da lediglich auf die klassische Trennung zwischen primärem Sektor, Industrie und

Dienstleistungssektor eingegangen wird. Die Ergebnisse für die 34 zugrundeliegen-

den Sektoren werden nicht veröffentlicht. In Tabelle 13 werden die sektoralen Effekte

der TTIP für die EU und die USA im Referenzmodell dargestellt. Es zeigt sich, dass

der primäre Sektor in der EU Output-Einbußen hinnehmen muss. Dagegen wachsen

Industrie und Dienstleistungssektor um 0,6 % bzw. 0,5 %, wodurch insgesamt ein

Wachstum von 0,3 % entsteht. Die Autoren lassen ungeklärt, wieso der Rückgang in

einem – gemessen anhand seines Anteils an der BWS – relativ kleinen Sektor wie

dem primären Sektor derart große Auswirkungen auf die Entwicklung insgesamt hat.

Tabelle 13: Sektorale Effekte der TTIP im Referenzszenario von CEPII (2013) in %

EU USA

Sektor Output Exporte gesamt

Importe gesamt

Exporte US

Output Exporte gesamt

Importe gesamt

Exporte EU

Primärer Sektor -0,8 7,0 k.A. 149,5 1,9 12,6 k.A. 168,5

Industrie 0,6 8,9 k.A. 61,8 0,5 12,2 k.A. 66,4

Dienstleistungssektor 0,5 4,5 k.A. 24,0 0,2 3,2 k.A. 14,0

Gesamt 0,3 7,6 7,4 49,0 0,3 10,1 7,5 52,5

Quelle: CEPII (2013, S. 9-10), Darstellung der Hessen Agentur

Im Gegensatz zur CEPR-Studie enthält die CEPII-Studie Ergebnisse für ausgewählte

europäische Länder, insbesondere die großen Volkswirtschaften Deutschland, Frank-

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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reich und Großbritannien. Bei der Interpretation der Ergebnisse für einzelne europäi-

sche Volkswirtschaften ist auf einen entscheidenden Unterschied zwischen der EU

und den USA hinzuweisen: Während die Handelsströme zwischen EU-Ländern für

diese als internationaler Handel zählen, ist der Handel zwischen Staaten der USA

kein internationaler Handel. Um korrekte Effekte für einzelne Staaten der EU abzubil-

den, ist der interne EU-Handel als internationaler Handel zu erfassen. Durch diese

Veränderung der Bezugsgröße sehen die Exportgewinne durch die TTIP für die EU

in Tabelle 14 wesentlich geringer aus als in Tabelle 13. Der Output bleibt demgegen-

über unverändert, da sich die Basis nicht ändert.

Es zeigt sich, dass Deutschland und Großbritannien mit einem BIP Wachstum von

0,4 % gegenüber dem Status-quo Szenario überdurchschnittliche Verbesserungen

erzielen, während Frankreich nur schwächere Effekte aus dem Abkommen erzielen

kann. Dies ist auf die ungünstigere Wirtschaftsstruktur Frankreichs zurückzuführen.

In Frankreich ist der Agrarsektor deutlich bedeutender. Zudem ist die industrielle

Struktur Deutschlands günstiger, was zu einem Output-Wachstum von 0,9 % in

Deutschland gegenüber nur 0,5 % in Frankreich führt.

Tabelle 14: Sektorale Effekte der TTIP im Referenzszenario von CEPII (2013) in %

EU Deutschland Frankreich Großbritannien EU-Erweiterung

Sektor Output/

BIP Exporte gesamt

Output/BIP

Exporte gesamt

Output/BIP

Exporte gesamt

Output/BIP

Exporte gesamt

Output/BIP

Exporte gesamt

Primärer Sektor -0,8 0,6 -1,6 -2,6 -0,7 -0,3 -2,3 0,5 0,0 4,2

Industrie 0,6 1,9 0,9 2,0 0,5 2,6 0,4 3,9 0,4 0,8 Dienstleistungs-sektor

0,5 3,6 0,4 2,9 0,3 3,1 0,5 4,8 0,3 3,3

Gesamt 0,3 2,3 0,4 2,1 0,2 2,6 0,4 4,2 0,2 1,3

Quelle: CEPII (2013, S. 10-11) Darstellung der Hessen Agentur

Schlussfolgerungen für Hessen

Nach den Ergebnissen der CEPII-Studie sind die Effekte EU-weit etwas schwächer

als bei der CEPR-Studie. Im Referenzmodell von CEPII werden im Gegensatz zum

ambitionierten Freihandelsmodell von CEPR keine Spillovereffekte für den Handel mit

Drittländern angenommen. Demgegenüber ist das Ausgangsniveau der NTB in der

CEPII-Studie höher und im Status-quo Modell ist die 100 % Scanning-Richtlinie ent-

halten, wodurch der Wachstumseffekt der TTIP erhöht werden sollte.

Für die Umrechnung der Effekte der TTIP auf Hessen ergeben sich ähnliche Prob-

leme, wie sie im Hinblick auf die CEPR-Studie bereits erläutert wurden (vgl. Fußnote

24 und Text). Hessen sollte generell, wie Deutschland insgesamt, stärker durch die

Einführung der TTIP profitieren als die EU. Jedoch erscheint es wie bei der Bewertung

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der CEPR-Studie plausibel, dass Hessen gegenüber Deutschland durch die Einfüh-

rung der TTIP weniger Vorteile erreicht. Ursächlich hierfür ist, dass das überproporti-

onale Wachstum Deutschlands insbesondere auf das hohe Wachstum im Industrie-

sektor um 0,9 % zurückzuführen ist. Auf diesen Sektor entfallen in Hessen jedoch nur

21 % der BWS, während dieser Anteil in Deutschland insgesamt bei 26 % liegt (vgl.

Abbildung 1). Positiv für die Auswirkungen der TTIP auf Hessen ist dagegen zu be-

werten, dass der Anteil des primären Sektors, der in Deutschland überproportional

starke Rückgänge erleiden wird, in Hessen geringer ist.

4.4 Ergebnisse der Studien des ifo-Instituts und Schlussfolgerungen für

Hessen

Im Januar 2013 erschien die Studie Dimensionen und Auswirkungen eines Freihan-

delsabkommens zwischen der EU und den USA, die durch das Ifo-Institut im Auftrag

des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erstellt wurde. Auch in dieser

Studie werden die Effekte der TTIP anhand eines allgemeinen Gleichgewichtsmodells

bestimmt. Sie grenzt sich jedoch gegenüber den übrigen Studien dadurch ab, dass

ökonometrische Messungen vergleichbarer präferentieller Handelsabkommen als

Datengrundlage des Modells dienen und GTAP bzw. MIRAGE nur in einigen Berei-

chen herangezogen werden. Die ökonometrische Messung der Effekte eines Freihan-

delsabkommens erfolgt überwiegend mit einem Gravitationsmodell. Damit wird ein

methodisch von den übrigen betrachteten Analysen abweichendes Vorgehen verfolgt,

das zu deutlich anderen Ergebnissen führt.25 Darüber hinaus enthält die ifo-Studie

„…Ergebnisse aus verschiedenen Modellierungsansätzen, welche zwar jeweils für

bestimmte zentrale Fragestellungen die am besten geeigneten sind, aber nicht in je-

der Hinsicht zu einem vollständig konsistenten Gesamtbild zusammengehen.“ (ifo

2013, S. 15). Allerdings ist nicht nur innerhalb der Studie eine konsistente Erfassung

der Ergebnisse behindert, sondern gerade auch im Vergleich mit anderen Studien.

Zudem wird der Vergleich mit den übrigen Studien dadurch erschwert, dass die ifo-

Studie den Fokus auf die Effekte für Deutschland legt, während die übrigen Studien

die EU als Ganzes ins Zentrum stellen.

Die Ergebnisse der ifo-Studie wurden zusätzlich durch die Bertelsmann Stiftung –

ergänzt um weiterführenden Betrachtungen – veröffentlicht (Felbermayr, Heid, Leh-

wald 2013). Unter demselben Herausgeber wurde zudem ein weiterer Bericht veröf-

fentlicht, in dem die wirtschaftlichen Folgen für Deutschland auf der Ebene der Bun-

desländer abgeschätzt werden (Felbermayr, Lehwald, Schoof, Ronge 2013).

In der ifo-Studie werden die Wohlfahrtseffekte als Veränderung des realen BIP, das

heißt unter Berücksichtigung von nationalen Preisindizes, angegeben. Sie werden für 25 Zur vergleichenden Diskussion der verschiedenen Ansätze siehe Kapitel 4.5.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

50

zwei Szenarien berechnet (vgl. Tabelle 11). Bei einer reinen Zollsenkung steigt das

reale BIP pro Einwohner in den USA um 0,75 %. Den höchsten Zuwachs in Europa

erreicht Großbritannien mit 0,37 %. In Deutschland wird ein Wachstum von 0,24 %

erreicht. Hohe Wohlfahrtsverluste erleiden Argentinien (-2,03 %), Russland (-2,14%)

und Indien (-2,48 %).26 Bei einem umfassenden Freihandelsabkommen werden dem-

gegenüber wesentlich stärkere Wohlfahrtseffekte erzielt. Ausgangspunkt der Unter-

suchungen ist die Schätzung eines Gravitationsmodells, durch das die durchschnitt-

lichen Handelsschaffungseffekte bisheriger Freihandelsabkommen bestimmt werden.

In dem Simulationsmodell werden anschließend die Handelsbarrieren so angepasst,

dass Handelsschaffungseffekte in der entsprechenden Größenordnung erzielt wer-

den. Das ist eine vertretbare, allerdings sehr optimistische Annahme, weil klassische,

leicht zu beseitigende Handelshemmnisse („low-hanging fruits“) zwischen den USA

und der EU kaum noch bestehen. Im Mittel sind die Handelskosten dafür um 25 % zu

senken. In den USA steigt das reale BIP in diesem ambitionierten Freihandelsszena-

rio um 13,38 %, in Großbritannien um 9,7 % und in Deutschland um 4,68 %. Die größ-

ten Verluste erleiden Mexiko (-7,24 %), Australien (-7,41 %) und Kanada (-9,48 %).

Einen hohen Einfluss auf die Einschätzung zur Entwicklung des BIP hat die Berück-

sichtigung der jeweiligen länderspezifischen Preisindizes. In der Studie werden zu-

sätzlich Angaben zur nominalen Entwicklung des BIP angegeben. Im Zollsenkungs-

szenario steigt das BIP-Wachstum für Deutschland auf 0,50 % gegenüber 0,24 %.

Demgegenüber betragen die Zuwächse für die USA 0,35 % und für Großbritannien

0,6 %. Die Rückgänge von Argentinien (-1,93 %), Russland (-2,01 %) und Indien

(-2,53 %) sind dagegen bei Betrachtung des nominalen BIP weitgehend identisch. Bei

einer Absenkung der NTB sind die Unterschiede zwischen den oben angegebenen

preisbereinigten Effekten und der nominalen Entwicklung des BIP deutlich größer.

Das nominale BIP steigt in Deutschland um 0,99 %, in den USA um 4,82 % und in

Großbritannien um 3,22 %. Dagegen geht das nominale BIP in Kanada um 5,63 %,

in Australien um 4,63 % und in Mexiko um 4,55 % zurück.

Neben den Effekten auf die Entwicklung des realen BIP pro Einwohners werden wei-

tere Ergebnisse durch Simulationsstudien ermittelt. Hierbei werden die Effekte der

zuvor bestimmten Handelsschaffung bzw. des BIP-Wachstums auf wichtige Bereiche

wie Arbeitslosigkeit, Arbeitsproduktivität und die Unternehmen nach Unternehmens-

größe berechnet. Es werden Beschäftigungseffekte von insgesamt 27.000 weniger

Arbeitslosen in Deutschland, 109.000 weniger Arbeitslosen in den übrigen EU-

Ländern und 75.000 weniger Arbeitslosen in den USA berechnet. Wichtig ist zudem

festzuhalten, dass es Verschiebungen der Arbeitnehmer zu produktiveren Sektoren

26 Die teils wesentlich höheren Verluste kleinerer Volkswirtschaften werden von den Autoren nur im Anhang dargestellt: Gui-

nea -7,35 %, Elfenbeinküste -6,38 %, Vanuatu -5,92 %, Belize -5,61 %, Saint Lucia -5,27 %, Namibia -4,44 %, Madagaskar -4,43 %, Senegal -4,41 %.

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mit höheren Löhnen gibt. Die Autoren leiten insbesondere für mittelständische Fir-

men, die aufgrund der TTIP neu in den Exportmarkt USA einsteigen, die größten Ef-

fekte ab.

Die Bestimmung sektoraler Effekte ist mit den Gravitationsmodellen nicht möglich,

sodass auch die ifo-Studie hierfür auf ein allgemeines Gleichgewichtsmodell

(MIRAGE) zurückgreift. Da die Autoren den in den anderen Studien eingeschlagenen

Weg einer pauschalen Absenkung der NTB ablehnen und eine zu den Gesamteffek-

ten vergleichbare ökonometrische Schätzung nicht möglich ist, werden die sektoralen

Effekte ausschließlich auf Basis des Zollszenarios bestimmt. Die Handelseffekte wer-

den nur für Deutschland und die USA, nicht aber für die EU insgesamt betrachtet.

Die prozentualen Änderungen der bilateralen Exporte zwischen Deutschland und den

USA sind teilweise sehr hoch. Dabei ist zu berücksichtigen, dass verschiedene Pro-

dukte bisher nur in sehr geringen Mengen zwischen beiden Partnern gehandelt wer-

den. Gemeinsam mit den zusätzlich auftretenden Effekten der Handelsumleitung re-

lativieren sich dementsprechend die Effekte der Zollsenkung, wenn die Exporte

beider Staaten insgesamt betrachtet werden (vgl. Tabelle 15). Auffällig ist, dass das

exportstarke Deutschland aufgrund des hohen Niveaus teilweise Rückgänge der Ex-

porte hinnehmen muss. Insbesondere in der EU, zu deren Mitgliedern Deutschland

bisher einen präferenziellen Zugang im Vergleich mit den USA hat, können die USA

Marktanteile gewinnen.

Vergleichbar mit den übrigen Analysen zum Freihandelsabkommen führt auch bei

Betrachtung der einzelnen Sektoren eine ausschließliche Abschaffung der Zölle ohne

weitergehenden Abbau von NTB nur zu geringen Wohlfahrtseffekten. Das Realein-

kommen der USA erhöht sich um 0,11 % gegenüber einem Status-quo-Szenario. Der

Anstieg in Deutschland beträgt 0,03 % und liegt knapp unter dem Effekt für die übri-

gen EU-Länder mit 0,04 %. Mit Ausnahme der beiden NAFTA Staaten Mexiko und

Kanada, die in diesem Szenario profitieren können und Wohlfahrtssteigerungen von

0,06 % bzw. 0,02 % erreichen, ist der Effekt auf die übrigen Länder der Welt vernach-

lässigbar (vgl. Tabelle 11).

Tabelle 15: Sektorale Effekte der TTIP im Zollszenario der ifo-Studie in %

Sektoren

Deutschland USA

Exporte insgesamt

Exporte in die USA

Exporte insgesamt

Exporte nach Deutschland

Agrarsektor 0,16 28,56 3,54 56,02

Fischerei -0,01 1,22 3,12 22,19

Fleisch: Rinder, Schafe und Ziegen, Pferde -2,11 33,41 31,44 4267,17

Fleischprodukte -1,21 22,45 8,45 729,11

Forstwirtschaft -0,02 1,49 0,28 0,19

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Sektoren

Deutschland USA

Exporte insgesamt

Exporte in die USA

Exporte insgesamt

Exporte nach Deutschland

Gemüse, Früchte, Nüsse -0,44 8,66 4,38 31,59

Getränke und Tabakwaren 0,83 14,04 8,60 60,50

Getreide -0,23 0,93 0,37 9,17

Lebensmittel 0,39 29,49 5,16 71,32

Milch -0,20 -2,01 1,45 1,20

Milcherzeugnisse 0,82 237,69 18,82 1178,51

Ölsaat 0,01 21,59 0,25 0,24

Pflanzliche Fasern -0,06 7,12 0,23 0,48

Pflanzliche Öle und Fette 0,24 34,35 1,55 39,27

Rohreis -9,01 4,91 12,92 0,65

Sonstige Getreide 1,13 67,05 8,00 44,05

Tierische Erzeugnisse -0,22 2,85 0,30 2,07

Verarbeiteter Reis 15,14 57,94 4,06 178,93

Vieh: Rinder, Schafe und Ziegen, Pferde -0,22 4,95 5,45 19,81

Weizen -1,79 20,50 1,28 93,94

Zucker 0,20 199,79 33,78 374,73

Andere Primärgüter

Kohle -0,16 -0,49 1,14 0,38

Erdöl -0,02 -1,07 0,26 1,21

Mineralien -0,15 0,30 0,26 0,26

Gas -0,02 -1,61 0,70 1,58

Industriesektor 0,74 11,10 3,17 17,85

Bekleidung -0,18 122,41 7,46 109,59

Chemische, Gummi- und Kunststoff 0,92 16,28 3,55 18,29

Elektronikgeräte -0,35 1,48 2,22 7,01

Energie Sektor -0,04 0,12 0,30 0,29

Holzprodukte 0,09 4,96 1,86 13,29

Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile 1,65 11,45 6,33 51,85

Lederprodukte 3,01 91,51 4,04 33,10

Maschinenteile 0,33 8,52 2,65 12,18

Maschinen und maschinelle Anlagen 0,82 13,06 2,51 10,12

Metalle 1,15 21,70 2,29 17,60

Metallprodukte -0,21 0,53 0,70 2,74

Mineralienprodukte 0,95 19,26 3,35 20,09

Papierprodukte 0,08 4,91 0,44 0,65

Petroleum 1,33 6,92 1,39 9,49

Sonstige Herstellung 0,29 16,10 3,74 21,73

Textilien 1,02 74,44 3,96 62,33

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Sektoren

Deutschland USA

Exporte insgesamt

Exporte in die USA

Exporte insgesamt

Exporte nach Deutschland

Wolle, Seide – Wurm Kokons -0,23 6,63 0,64 6,89

Servicesektor 0,42 3,78 2,46 1,44

Bau -0,08 -0,17 0,27 0,33

Elektrizität -0,26 -0,62 0,42 0,68

Erholung und andere Dienstleistungen -0,24 -0,34 0,36 0,45

Finanzdienstleistungen 0,16 12,81 10,49 10,64

Gasgewinnung und -verteilung -0,29 -0,58 0,41 0,46

Handel -0,27 -0,33 0,21 0,35

Kommunikation 1,73 17,39 13,06 17,39

Luftverkehr 1,05 4,93 3,54 4,48

Seetransport -0,07 -0,34 0,42 0,45

Sonstiger Transport -0,24 -0,42 0,45 0,49

Staatliche Ausgaben / Militär / Gesundheit etc. -0,26 -0,20 0,11 0,28

Transport 0,40 6,93 3,81 9,51

Unternehmensbezogene Dienstleistungen 0,92 10,90 5,11 6,52

Versicherungen -0,24 -0,18 0,05 0,22

Wasser -0,32 -0,51 0,39 0,55

Wohnungen 0,00 0,00 0,00 0,00

Quelle: Felbermayr et al. (2013a, S. 115-117), Darstellung der Hessen Agentur

Effekte der TTIP innerhalb Deutschlands

Neben der Studie der Effekte der TTIP auf internationaler Ebene hat das ifo-Institut

im Auftrag der Bertelsmann Stiftung eine detaillierte Analyse für Deutschland erstellt.

Dabei werden Ergebnisse für einzelne Wirtschaftszweige, Berufs- und Bildungsgrup-

pen sowie auf Bundeslandebene betrachtet. Der methodische Ansatz folgt dabei ei-

nem partialanalytischen Gravitationsmodell, sodass die Analyse nicht vollkommen mit

den Ergebnissen auf internationaler Ebene vergleichbar ist. Insbesondere können

Handelsumlenkungseffekte nicht berücksichtigt werden.

In der Studie werden in 16 Sektoren durch Gravitationsmodelle Effekte eines Freihan-

delsabkommens auf den Handel bestimmt. Neben Landwirtschaft und Bergbau sind

14 Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes erfasst. Um die Effekte auf die gesamte

Wirtschaft besser abschätzen zu können, werden zusätzlich sektorale Input- und Out-

put-Tabellen herangezogen, über die Effekte in anderen Sektoren berechnet werden.

Die Ergebnisse der sektoralen Effekte für Deutschland sind in Tabelle 16 wiederge-

geben.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

54

Eine direkte Handelsschaffung ist lediglich für die 16 Sektoren berechenbar, deren

Daten in die Gravitationsmodelle des internationalen Handels einfließen können. Pro-

zentual liegen diese Effekte im Sektor Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung

mit 65,9 %, in der Metallerzeugung und -bearbeitung mit 52,7 % und der Land- und

Forstwirtschaft, Fischerei mit 47,4 % am höchsten.

Bezogen auf absolute Werte ist dagegen die Handelsschaffung in den großen Sekto-

ren Elektrotechnik, Feinmechanik und Optik mit 4,5 Mrd. Euro, Fahrzeugbau und Me-

tallerzeugung und -bearbeitung mit je rund 3,5 Mrd. Euro sowie Herstellung von che-

mischen Erzeugnissen mit 2,9 Mrd. Euro und Maschinenbau mit 2,2 Mrd. Euro am

größten. Im Gegensatz zur Handelsschaffung berücksichtigt der direkte Produktions-

effekt zudem, dass zur Erstellung der Exportwaren in einem Sektor zusätzlich Vor-

leistungen innerhalb dieses Sektors erbracht werden müssen.

Der gesamte Produktionseffekt wird mit Hilfe der sektoralen Input- und Output-Bezie-

hungen bestimmt. Dabei wird berücksichtigt, dass zur Erstellung der zusätzlichen Ex-

portprodukte in den 16 Sektoren Vorleistungen aus allen übrigen Sektoren benötigt

werden. Auch hinsichtlich des gesamten Produktionseffektes liegt der Sektor Herstel-

lung von Büromaschinen mit 5,2 Mrd. Euro vorn. Es folgt der Sektor Metallerzeugung

und -bearbeitung mit 4,9 Mrd. Euro vor dem Fahrzeugbau mit 4,3 Mrd. Euro. Dieser

Unterschied zum direkten Produktionseffekt zeigt, dass die Produkte des Sektors Me-

tallerzeugung und -bearbeitung wesentlich häufiger als Vorprodukte in andere Sekto-

ren eingehen als die Produkte des Fahrzeugbaus. Im Dienstleistungsbereich besteht

der berechnete Produktionseffekt ausschließlich aus dem indirekten Produktionsef-

fekt, also den Vorleistungen für die exportierenden Sektoren. Hier erreichen die Un-

ternehmensdienstleistungen mit 2,3 Mrd. Euro den höchsten absoluten Effekt.

Schließlich wird in der letzten Spalte angegeben, wie hoch der Anteil des gesamten

Produktionseffektes durch die TTIP an der gesamten Produktion des Sektors ist. Den

höchsten relativen Effekt hat mit 2,5 % die Herstellung von Büromaschinen und Elekt-

rotechnik. Es folgen mit 2,1 % die Metallerzeugung und -bearbeitung und mit 1,9 %

die Herstellung von chemischen Erzeugnissen. Im Dienstleistungsbereich sind Han-

del, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen und die Unternehmensdienst-

leistungen mit je 0,5 % am stärksten betroffen.

Page 61: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

55

Tabelle 16: Sektorale Effekte der TTIP in der mikroökonomischen ifo-Studie für Deutschland

Sektor Handels-schaffung

Induzierte Handelsschaffung

in Mio. Euro

Direkter Produktionseffekt

in Mio. Euro

Gesamter Produktionseffekt

in Mio. Euro

Anteil an gesamter

Produktion

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

47,40% 102 106 230 0,4%

Bergbau und Gewinnung von Steinen

0,00% 0 0 33 0,2%

Ernährungsgewerbe und Tabakverarbeitung

65,86% 609 680 745 0,5%

Textil- und Bekleidungsgewerbe -19,35% -61 -61 -55 -0,2%

Ledergewerbe 17,35% 47 47 47 1,4%

Holzgewerbe 0,00% 0 0 75 0,3% Papier-, Verlags- und Druckgewerbe

14,68% 416 474 633 0,7%

Kokerei, Mineralölverarbeitung 0,00% 0 0 150 0,2% Herstellung von chemischen Erzeugnissen

21,65% 2.863 2.937 3.040 1,9%

Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren

14,80% 185 194 423 0,6%

Glasgewerbe, Herstellung von Keramik

0,00% 0 0 122 0,3%

Metallerzeugung und -bearbeitung

52,65% 3.474 4.068 4.887 2,1%

Maschinenbau 16,42% 2.158 2.401 2.677 1,2% Herstellung von Büromaschinen, Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik

39,93% 4.506 4.883 5.154 2,5%

Fahrzeugbau 16,88% 3.538 4.210 4.337 1,2% Herstellung von Möbeln, Recycling

26,36% 288 302 369 0,9%

Einzelhandel (ohne Handel mit Kraftfahrzeugen und ohne Tankstellen); Reparatur von Gebrauchsgütern

k.A. 0 0 182 0,3%

Handelsvermittlung und Groß-handel (ohne Handel mit Kraft-fahrzeugen)

k.A. 0 0 742 0,4%

Handel; Instandhaltung, Reparatur von Kraftfahrzeugen

k.A. 0 0 659 0,5%

Gastgewerbe k.A. 0 0 13 0,0% Landverkehr; Transport in Rohrfernleitungen

k.A. 0 0 312 0,4%

Schiffahrt k.A. 0 0 23 0,1%

Luftfahrt k.A. 0 0 71 0,3% Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr, Verkehrsvermittlung

k.A. 0 0 354 0,4%

Nachrichtenübermittlung k.A. 0 0 186 0,2% Kredit- und Versicherungsgewerbe

k.A. 0 0 468 0,2%

Grundstücks- und Wohnungswesen

k.A. 0 0 573 0,2%

Vermietung beweglicher Sachen ohne Bedienungspersonal, Datenverarbeitung, Forschung und Entwicklung, Erbringung von Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen

k.A. 0 0 2.321 0,5%

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

56

Sektor Handels-schaffung

Induzierte Handelsschaffung

in Mio. Euro

Direkter Produktionseffekt

in Mio. Euro

Gesamter Produktionseffekt

in Mio. Euro

Anteil an gesamter

Produktion

Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung

k.A. 0 0 94 0,1%

Erziehung und Unterricht k.A. 0 0 74 0,1% Gesundheits- Veterinär- und Sozialwesen

k.A. 0 0 7 0,0%

Erbringung von sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen

k.A. 0 0 355 0,2%

Private Haushalte / Hauspersonal k.A. 0 0 0 0,0%

Quelle: Felbermayr, Lehwald, Schoof, Ronge (2013, S. 18-21), Darstellung der Hessen Agentur

Ausgehend von der sektoralen Betroffenheit ermitteln die Autoren Effekte für einzelne

Berufsgruppen, für Bildungsklassen und für die Bundesländer. Zudem werden Effekte

der TTIP auf Reallöhne nach Berufsgruppen und Bildungsklassen sowie die Lohnein-

kommensverteilung insgesamt bestimmt.

Die Auswirkungen der TTIP auf die Bildungsklassen – Geringqualifizierte, Mittelqua-

lifizierte und Hochqualifizierte – werden berechnet, indem der Effekt der jeweiligen

Handelsschaffung der einzelnen Sektoren anhand der unterschiedlichen sektoralen

Verteilung der Bildungsklassen anteilig umgerechnet wird. Die Autoren beschränken

sich hierbei auf die 16 Sektoren und berücksichtigen nur Handelsschaffungseffekte

und nicht den gesamten Produktionseffekt. Im Ergebnis zeigen sie, dass die gering-

qualifizierten Beschäftigten am stärksten und die hochqualifizierten Beschäftigten am

schwächsten durch die TTIP betroffen sind. Die positiven Wachstumseffekte werden

also den geringqualifizierten Beschäftigten die größten Vorteile bringen. Hierauf wei-

sen auch die durch die Autoren berechneten Reallohnsteigerungen hin. Für gering-

qualifizierte Beschäftigte werden Reallohnsteigerungen von 0,9 %, für Beschäftigte

der mittleren Bildungsklasse von 0,7 % und für hochqualifizierte Beschäftigte von

0,6 % erwartet. Die Autoren weisen jedoch auch nach, dass das Einkommensrisiko

in allen Bildungsklassen steigt. Die Varianz, mehr oder weniger Lohn als der Durch-

schnitt zu verdienen, steigt, wodurch die Einkommensungleichheit zunimmt.

Bei der Analyse der Auswirkungen der TTIP auf 88 Berufsgruppen bestimmen die

Autoren ebenfalls durch die Verbindung des in Tabelle 16 wiedergegebenen Handels-

schaffungseffektes der Sektoren und der unterschiedlichen Berufsstruktur der Sekto-

ren ein Betroffenheitsmaß. Eine hohe Betroffenheit weisen beispielsweise die Wa-

renkaufleute auf, die besonders stark im Sektor Ernährungsgewerbe und Tabak-

verarbeitung vertreten sind. Auch Schlosser, Montierer und Metallberufe weisen eine

starke Betroffenheit auf, da sie überproportional in der Branche Metallerzeugung und

-bearbeitung eingesetzt werden. Im Dienstleistungsbereich sind insbesondere Gäs-

tebetreuer und Reinigungsberufe von der TTIP betroffen.

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

57

Im Unterschied zu den übrigen hier betrachteten Studien, in denen die Auswirkungen

der TTIP auf nationaler Ebene bestimmt werden, analysiert das ifo-Institut die Effekte

auch für Bundesländer. Das Vorgehen entspricht dabei den erläuterten Analysen für

Effekte je Bildungsklasse bzw. Berufsgruppe. Die bundesweiten Handelseffekte – d.h.

die Veränderung des bilateralen Exportes je Branche – werden auf die jeweilige Bran-

chenstruktur der Bundesländer umgerechnet. Im bilateralen Handel steigen demnach

die Exporte der Bundesländer zwischen 20 % in Sachsen bis zu 29 % in Mecklen-

burg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Die hessischen Exporte in die USA stei-

gen um 26 %, womit Hessen auf Rang 5 der Betroffenheit der Bundesländer liegt.

Aufgrund des unterschiedlichen Ausgangsniveaus des Handels sind neben den rela-

tiven Zuwächsen des Handels die absoluten Veränderungen relevant. Hier erreicht

Nordrhein-Westfalen mit 21.080 Personen den höchsten Beschäftigungseffekt, wäh-

rend Mecklenburg-Vorpommern mit 735 Personen hierbei nur Rang 15 erreicht. Hes-

sen liegt mit 6.796 zusätzlichen Beschäftigten auf Rang 5. Hinsichtlich des Wert-

schöpfungseffektes liegt Hessen mit 599 Mio. Euro auf Rang 4 hinter Bayern, Baden-

Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Damit entfallen auf Hessen rund 7 % des Be-

schäftigungszuwachses von rund 97.000 Arbeitsplätzen in Deutschland und rund 8 %

des Wertschöpfungszuwachses von rund 7,5 Mrd. Euro.

Tabelle 17: Effekte der TTIP für Bundesländer

Bundesland Exportsteigerung bilateraler Handel

Beschäftigungszuwachs (Anzahl)

Wertschöpfungseffekt (in Mio. Euro)

Mecklenburg-Vorpommern 29% 735 25

Nordrhein-Westfalen 29% 21.080 1.433

Thüringen 28% 2.477 101

Berlin 27% 1.722 145

Hessen 26% 6.796 599

Sachsen-Anhalt 26% 1.986 72

Schleswig-Holstein 25% 2.116 146

Saarland 25% 1.460 100

Bremen 24% 551 199

Rheinland-Pfalz 24% 4.500 425

Niedersachsen 23% 7.647 555

Bayern 23% 19.471 1.597

Baden-Württemberg 22% 20.163 1.566

Hamburg 22% 1.198 121

Brandenburg 21% 1.452 158

Sachsen 20% 4.014 207

Quelle: Felbermayr, Lehwald, Schoof, Ronge (2013, S. 30-31): Darstellung der Hessen Agentur

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

58

Schlussfolgerungen für Hessen

Die ifo-Studien führen aufgrund ihrer methodischen Vielfalt zu einer Vielzahl von Er-

gebnissen. Diese Ergebnisse gehen, wie von den Autoren betont wird, nicht immer

zu einem konsistenten Gesamtbild zusammen, sodass durchaus unterschiedliche

Einschätzungen zur Wirkung der TTIP für die hessische Wirtschaft entstehen.

Im Gegensatz zu den weiteren betrachteten Studien berechnet das ifo-Institut selbst

Ergebnisse auf Bundeslandebene. Die vorstehend dargestellten Ergebnisse zeigen,

dass Hessen durchschnittliche Zuwächse erreicht. 7 % der Beschäftigtenzuwächse

und 8 % der Wertschöpfungszuwächse entfallen auf Hessen. Damit sind die Zu-

wächse geringfügig schwächer als das strukturelle Ausgangsniveau, da auf Hessen

zurzeit rund 8,7 % der BWS Deutschlands entfallen. Zu beachten ist hierbei, dass in

der ifo-Studie lediglich die BWS Zuwächse im Produzierenden Gewerbe berücksich-

tigt werden, das in Hessen gegenüber Deutschland jedoch unterproportional ausge-

prägt ist. Daher sollten sich Hessens Zuwächse durch die TTIP insgesamt ungefähr

im Bundesdurchschnitt befinden. Die Analyse des ifo-Instituts für Bundesländer be-

ruht allerdings nicht auf einer Umrechnung der internationalen Ergebnisse, sondern

auf eigens durchgeführten Untersuchungen. Daher werden im Folgenden wie bei den

übrigen betrachteten Studien Rückschlüsse aus den internationalen Ergebnissen auf

die hessische Entwicklung gezogen. Dabei gelten die Einschränkungen, wie sie im

Rahmen der CEPR-Studie erläutert wurden (vgl. Fußnote 24 und Text).

Aus den Ergebnissen der ifo-Studien zu den Effekten der TTIP auf internationaler

Ebene lassen sich nur wenige Rückschlüsse auf die Entwicklung in Hessen ziehen.

Deutschland liegt bei einer Steigerung des Pro-Kopf Einkommens von 4,68 Prozent

und damit leicht unter dem europäischen Durchschnitt von 4,95 %.27 Auf internatio-

naler Ebene profitieren insbesondere die EU-Länder, die bereits über intensive Han-

delsbeziehungen mit den USA verfügen. Dies spricht dafür, dass Hessen überpropor-

tional von der TTIP profitieren sollte. Auf internationaler Ebene bestimmen die

Autoren sektorale Effekte lediglich für ein reines Zollsenkungsszenario. Da deutlich

höhere Wohlfahrtseffekte durch die Senkung der NTB zu erwarten sind, haben die

Ergebnisse bei den Zollsenkungen kaum Aussagekraft. Zudem werden nur Exportän-

derungen und nicht Änderungen der Wertschöpfung in den Sektoren angegeben, so-

dass hierfür keine Umrechnung auf Hessen erfolgt. Auf sektoraler Ebene ist daher

auf die Bundesländerergebnisse der ifo-Studie zu verweisen, in der strukturelle Un-

terschiede zwischen den Bundesländern bereits berücksichtigt werden. Allerdings ist

aus dem methodischen Blickwinkel hervorzuheben, dass die sektoralen Effekte auf

27 Der Durchschnitt wird von den Autoren ungewichtet angegeben und ist daher nicht mit dem Wachstum in der EU insgesamt

gleichzusetzen.

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

59

Gravitationsmodellen beruhen, die die Handelsschaffung früherer Handelsabkom-

men berechnen und keine Einschätzung der aktuellen Handelsbarrieren beinhalten.

Dies kann beispielsweise die Ursache dafür sein, dass die Elektronikindustrie in die-

ser Analyse die größten relativen Zuwächse hat, wohingegen sie laut den übrigen

Studien eher unter Druck steht. Für alle betrachteten Studien sind wichtige methodi-

sche Aspekte bei der Interpretation zu berücksichtigen. Diese werden im nächsten

Abschnitt für die Studien gemeinsam betrachtet.

4.5 Methodische Diskussion und Fazit

In Kapitel 2.2 wurden die in der öffentlichen Diskussion vorgebrachten Kritikpunkte

dargestellt, die überwiegend auf inhaltliche Aspekte der TTIP abzielen. Zusätzlich hat

sich jedoch über die Ergebnisse der Wirkungsanalyse eine wissenschaftliche Diskus-

sion entwickelt, die im Folgenden kurz dargestellt wird. Mit Ausnahme der Studien

des ifo-Instituts führen die Analysen zu ähnlichen Ergebnissen bei der Abschätzung

der Wirkung der TTIP. Dementsprechend sind insbesondere die Unterschiede zwi-

schen den Ergebnissen allgemeiner Gleichgewichtsmodelle und der ifo-Studie Kern

der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Allerdings werden auch die unterschied-

lichen Annahmen und grundsätzlichen methodischen Aspekte der verschiedenen all-

gemeinen Gleichgewichtsmodelle diskutiert. Eine besonders umfassende Analyse zu

den Eigenschaften der auch hier im Vordergrund stehenden, bedeutendsten Studien

liefern Raza et al. (2014) in einer im Auftrag der GUE/NGL28 Fraktion des Europäi-

schen Parlaments erstellten Untersuchung. Einen Überblick zu wichtigen Kritikpunk-

ten gegenüber den bedeutendsten Studien gibt Tabelle 18. Die wissenschaftliche Dis-

kussion wurde seit den Studien von Ifo, CEPR und CEPII aus dem Jahr 2013 in

zahlreichen weiteren Analysen fortgesetzt, über die im Anschluss ein kurzer Überblick

gegeben wird.

Methodische Kritik

Ökonomische Modelle liefern ein vereinfachtes Abbild der Realität, sodass nicht alle

Aspekte erfasst werden können. Dies macht zum einen den Wert dieser Studien aus,

führt zum anderen aber auch zu vielfältiger Kritik. Teils wurden solche Aspekte in der

Tabelle 2 zur öffentlichen Diskussion genannt. Hier liegt der Schwerpunkt auf Aspek-

ten, die wesentlich konkreter und enger an den vorgeschlagenen Modellen zur Quan-

tifizierung der Auswirkungen der TTIP ansetzen. Da es sich um Modelle handelt, die

den ökonomischen Folgen der TTIP auf den Grund gehen, ist eine entscheidende

Frage, inwieweit ökonomische Kosten des Abkommens korrekt abgebildet wurden. In

28 Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke, Fraktion im Europäischen Parlament.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

60

den Studien wird nicht bestritten, dass kurzfristig Anpassungskosten auftreten kön-

nen, bis das jeweilige langfristige Gleichgewicht erreicht wird. Es wird ihnen in den

Modellrechnungen allerdings keine weitere Beachtung geschenkt, obwohl sich zu-

mindest die Frage stellt, ob die Anpassungskosten nicht so hoch sind, dass das ge-

samte Modell einen anderen Entwicklungspfad einschlägt.

Durch die TTIP können soziale Kosten entstehen, die in den Modellen nicht berück-

sichtigt werden. In der Logik der Modelle ist der Abbau jedweder nichttarifären Han-

delshemnisse, also auch jeglicher Regulierung, per se gut. Tatsächlich hat Regulie-

rung jedoch oft einen volkswirtschaftlichen Nutzen oder dient dem Zweck, Kosten von

der Allgemeinheit abzuwenden. Der Abbau von NTB durch Abschaffung von Stan-

dards kann das gewünschte Niveau der Regulierung senken. Dies ist auch eine zent-

rale Befürchtung bei der öffentlichen Kritik am Abkommen. Bei der gegenseitigen An-

erkennung von Standards entstehen zudem Informationskosten für die Verbraucher,

da sie mit einer höheren Zahl von Regulierungen, Zertifikaten und Ähnlichem kon-

frontiert sind. Werden unterschiedliche Standards durch neue Standards ersetzt, ent-

stehen kurzfristig Anpassungskosten für die Wirtschaftssubjekte. Im makroökonomi-

schen Bereich entstehen ebenfalls Kosten, die nicht in den Modellen enthalten sind.

So ist der Einnahmeverlust für den EU-Haushalt zu beachten, der sich durch einen

Abbau der Zölle ergibt. Für kleinere EU-Länder kann sich der verstärkte Import von

US-Waren negativ auf die Zahlungsbilanz auswirken, wenn sie ihre Exporte nicht im

gleichen Maße steigern können. Aufgrund der unterschiedlichen Wachstumseffekte

in einzelnen Branchen bzw. Ländern der EU könnten entsprechende Effekte auftre-

ten. Besonders bedeutsam sind die Anpassungskosten auf dem Arbeitsmarkt. Inner-

halb der Modelle verlieren Arbeitskräfte ihre Beschäftigung in den relativ unprodukti-

ven Sektoren und nehmen eine neue Beschäftigung in produktiven Sektoren auf. In

den CEPII und CEPR-Studien geschieht dies per Annahme vollkommen kostenlos,

während das Arbeitsmarktmodell der ifo-Studie zumindest teilweise negative Effekte

durch diesen Prozess abbilden kann. Wichtige Kosten sind die beim Wechsel zwi-

schen den Sektoren entstehenden Zeiten der Arbeitslosigkeit, die geringere Entloh-

nung der Arbeitskräfte außerhalb ihres angestammten Sektors sowie die Umschu-

lungskosten, um einen Wechsel zu ermöglichen. Zudem scheidet typischerweise ein

Teil der freigesetzten Arbeitnehmer dauerhaft aus dem Erwerbsleben aus und verur-

sacht gesamtwirtschaftliche Folgekosten, beispielsweise weil es in der Region keine

beruflichen Alternativen gibt, ein Umzug wegen Kindern oder berufstätigem Partner

aber nicht in Frage kommt.

Weitere Kritikpunkte ergeben sich aus den grundsätzlichen Annahmen der verschie-

denen Modelle. Zusätzlich zu den vorstehend erläuterten, nicht berücksichtigten Kos-

ten auf dem Arbeitsmarkt ist die grundlegende Annahme der CEPR- und CEPII-

Studie von fehlender Arbeitslosigkeit zu hinterfragen. Auch wird in den Modellen von

einem ausgeglichenen Haushalt der einzelnen Staaten ausgegangen. Diese beiden

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

61

Aspekte haben jedoch einen hohen Einfluss auf die Entwicklung der makroökonomi-

schen Größen wie etwa des BIP pro Einwohner, für dessen Entwicklung die Studien

Aussagen treffen.

Hinsichtlich der Annahmen, die direkt die Entwicklung des Handels betreffen, wird die

zugrunde gelegte Höhe der NTB kritisiert. Durch zu hohe NTB im Ausgangsszenario

werden die Effekte der Handelsliberalisierung überschätzt. Gleiches gilt für die mög-

licherweise zu hohe Schätzung des Abbaus der NTB. Zudem wirken hohe Schätzun-

gen der Preiselastizitäten handelsfördernd, da hierdurch die Preissenkung durch die

TTIP zu höheren Absatzsteigerungen führt als bei geringen Preiselastizitäten. Je hö-

her die Preiselastizität, desto stärker erhöhen die Konsumenten ihre Nachfrage nach

Produkten, die durch die TTIP günstiger werden. Schließlich werden relativ willkürlich

Spillovereffekte eingeführt, durch die auch der Handel mit Drittstaaten steigt und die

andernfalls auftretenden, politisch kritischen Handelsumlenkungseffekte reduziert

werden.

Die ifo-Studie verfolgt zum Teil einen anderen Ansatz als die auf allgemeinen Gleich-

gewichtsmodellen beruhenden Studien von CEPR und CEPII. Die EU-Kommission

stützt sich aus verschiedenen Gründen auf die CEPR-Studie und stellt einige Kritik-

punkte an der ifo-Studie zusammen. In der Studie von CEPR wird mit dem allgemei-

nen Gleichgewichtsmodell das gängigste Verfahren zur Abschätzung von Handelsef-

fekten angewandt. Im Gegensatz hierzu sei nach Einschätzung der EU-Kommission

die Methode der Studie des ifo-Instituts noch nicht ausreichend etabliert und daher

eher als Ansatzpunkt weiterer wissenschaftlicher Forschung zu sehen. Einzelne Er-

gebnisse der ifo-Studie erscheinen nicht plausibel und es wird durch die EU-

Kommission angenommen, dass die Wirkung der TTIP deutlich überschätzt wird. So

beträgt der Anteil der Exporte derzeit 14 % am BIP in den USA. Da nur 20 % dieser

Exporte in die EU gehen, erscheint ein Wachstum des BIP um 13,4 % gemessen an

der Bedeutung deutlich zu hoch. (EU-Kommission 2013, S. 11). Eine Ursache für die

skeptische Haltung der EU Kommission gegenüber der ifo-Studie, durch die aufgrund

der großen Handelsgewinne die befürwortende Haltung der Kommission deutlich bes-

ser unterstützt wird als bei der CEPR-Studie, könnte in den ebenfalls stärkeren Effek-

ten auf die übrige Welt liegen. Die Handelsverluste sind für einige Länder so hoch,

dass diese Länder gegenüber der TTIP Protest bei der WTO einlegen könnten

(Breuss 2004, S. 21). Zudem widersprechen insbesondere die negativen Effekte auf

Entwicklungsländer der offiziellen Zielstellung der EU-Politik, die Armut in diesen Län-

dern zu beheben (Raza et al. 2014, S. 6). Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Gene-

rierung des Handelseffektes aus der ökonometrischen Schätzung auf Basis bisheri-

ger Handelsabkommen. Damit werden die Wirkungen der TTIP exogen vorgegeben

und nicht aus den spezifischen Bedingungen des Handels zwischen USA und EU

gewonnen. Einige Inkonsistenzen zwischen den unterschiedlichen ifo-Studien wer-

den überdies kritisiert. Zum Beispiel führen der Wechsel des Ausgangsjahres von

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

62

2007 auf 2010 und die Nutzung eines anderen Arbeitsmarktmodells zu einer Verviel-

fachung der Beschäftigungsgewinne in Deutschland. Zudem betrachten einige Auto-

ren die präsentierten Wohlfahrtsgewinne nicht als das adäquate Maß, da sie in alten

Preisen gemessen werden, obwohl gleichzeitig ein großer Teil der Effekte auf Preis-

änderungen beruhen.

Tabelle 18: Methodische Aspekte bedeutender Wirkungsanalysen der TTIP

Kritik Erläuterungen

Kurzfristige Anpassungskosten sowie dauerhafte Kosten der TTIP werden vernachlässigt (Raza et al. 2014)

Soziale Kosten: - Gegenseitige Anerkennung der Standards erhöhen Informationskosten der Verbraucher. - Abschaffung von NTB führen zu Kosten, wenn das Niveau von Standards sinkt. - Angleichung von Standards durch neue Standards führt zu Anpasungskosten der

Unternehmen. Makroökonomische Kosten:

- Verlust der Zolleinnahmen für die EU von 2,6 Mrd. Euro pro Jahr (2 % des Budgets). - Schwierigkeiten hinsichtlich der Zahlungsbilanz bei kleinen EU-Staaten. - Vielfältige Anpassungskosten auf dem Arbeitsmarkt: Wechsel von unproduktiven zu

produktiven Sektoren ist mit Zeiten von Arbeitslosigkeit verbunden, geringere Löhne nach Wechsel in anderen Sektor, Umschulungskosten.

Kritik an den Annahmen der allgemeinen Gleichgewichtsmodelle von CEPR, CEPII, teils auch ifo

Festes Arbeitsangebot (Vollbeschäftigung), Verschiebungen der Beschäftigten zu produktiven Sektoren, keine Arbeitslosigkeit (Stephan 2014, S. 2, Capaldo 2014, S. 6). Ausgeglichene Haushaltsbudgets der Staaten (Raza et al. 2014, S. 30). Willkürliche Annahme von Spillovereffekten vermeiden negative Effekte auf Drittstaaten (Capaldo 2014, S. 8, Raza et al. 2014, S. 6). Das Ausgangsniveaus der NTB ist ungewöhnlich hoch, z.B. gehen Andersson und van Wincoop von 3 % zwischen industrialisierten Ländern statt von 30 % aus (Raza et al. 2014, S. 31-36). Willkürliche Annahme der Höhe der zu senkenden NTB. Das Ausmaß des Abbaus der NTB erscheint sehr hoch (Raza et al. 2014, S. 41-42). Preiselastizitäten sind doppelt so hoch als üblich. Durch eine höhere Preiselastizität reagiert die Nachfrage stärker, wenn die Kosten für Importgüter durch die TTIP gesenkt werden. Die Elastizitäten erscheinen mindestens doppelt so hoch als in makroökonomischen Analysen üblich (Raza et al. 2014, S. 42-44).

Kritkik am Ansatz der ifo-Studien

Experimenteller Ansatz, der noch nicht ausreichend wissenschaftlich evaluiert und etabliert ist (EU-Kommission 2013, S. 11). Die Handelsschaffung wird zwar ökonometrisch geschätzt, ist dadurch aber extern vorgegeben (Stephan 2014, S. 3). Es bleibt zweifelhaft, ob sich die Effekte der TTIP durch die Effekte bisheriger Abkommen vorhersagen lassen (Raza et al. 2014, S. 45). Beschäftigungseffekt der ifo-Bertelsmannstudie ist für Deutschland sieben Mal gößer als in BMWI Studie. Dies ist auf die Vernachlässigung des Reallokationseffektes zwischen Sektoren und auf das höhere Arbeitslosigkeitsniveau im Ausgangsjahr (2010 statt 2007) zurückzuführen (Stefan 2014, S. 3, Raza et al. 2014, S. 17). Die angegebene Entwicklung der Wohlfahrt ist nicht das entscheidende Bewertungskriterium, da sie auf den Preisen des Ausgangsniveaus beruhen. Ein hoher Anteil der Änderungen beruhen aber auf Preisänderungen (Stephan 2014, S. 3, Raza et al. 2014, S. 45-46).

Quelle: Vgl. Angaben in Tabelle, Argumente werden von verschiedenen Autoren entwickelt, häufig ohne Quellenbezug, Zusammenstellung der Hessen Agentur

Weitere Studien im Überblick

Die vorstehend ausführlich zusammengefassten und im Blick auf die hessische Wirt-

schaft ausgewerteten wissenschaftlichen Studien stehen im Zentrum der Diskussion

zu den Auswirkungen der TTIP. Die dort ermittelten Wachstumseffekte werden auch

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in der öffentlichen Diskussion als Argument für den Abschluss der TTIP herangezo-

gen. Parallel zur öffentlichen Diskussion ist eine intensive wissenschaftliche Debatte

zu den Modellen und Analysen entstanden. Im Zuge dieser Auseinandersetzung wur-

den nach den drei Studien aus dem Jahr 2013 viele weitere Studien zu den Auswir-

kungen der TTIP veröffentlicht, die teils die dargestellten Kritikpunkte aufnehmen und

neue Ansätze verfolgen. Diese können hier nicht vollständig zusammengefasst wer-

den, jedoch soll ein kurzer Überblick zu den Entwicklungen gegeben werden. Für eine

aktuelle Gegenüberstellung bedeutender Studien sei zudem auf Felbermayr (2016,

S. 4-12) und Ecorys (2016, S. 29-43) verwiesen.

Capaldo (2014) kritisiert die Annahmen und Modelle der Studien von CEPR, CEPII

und Ifo und nutzt ein alternatives Modell zur Abschätzung der Auswirkungen des Frei-

handelsabkommens. Das durch Capaldo genutzte United Nations Global Policy Mo-

dell unterschiedet sich hinsichtlicher diverser Annahmen von den übrigen For-

schungsinstitutionen. Besonders hervorgehoben wird die Ausrichtung an der

aggregierten Nachfrage statt an der Produktivität als maßgeblicher Treiber der wirt-

schaftlichen Entwicklung. Im Rahmen dieses Modells werden negative Auswirkungen

durch die TTIP auf die EU prognostiziert – das Niveau des BIP geht in der EU um

0,5 % und in Deutschland um 0,3 % zurück. Der in der Studie von Capaldo verfolgte

Ansatz wird durch Ecorys (2016, S. 35-36) allerdings wiederum kritisch beurteilt.

Besonders durch verschiedene Forschungsteams des ifo-Instituts wurden vielfältige

weitere Analysen und Artikeln zur TTIP veröffentlicht. Aichele, Felbermayr und Hei-

land (2014) nutzen ein Quantitative Trade Modell zur Ermittlung der Effekte der TTIP.

Für eine weitgehende Handelsliberalisierung wird eine Niveauverschiebung des BIP

um 2,1 % für die EU und um 2,6 % für Deutschland erwartet. Felbermayr, Heid, Larch

und Yalcin (2015) aktualisieren die Ifo-Studie des Jahres 2013. Dabei werden vor

allem Daten aktualisiert und mehr Länder in die Schätzungen einbezogen. Der BIP-

Effekt für die EU liegt bei einem Zuwachs von 3,9 %, das BIP-Niveau in Deutschland

erhöht sich einmalig um 3,5 % gegenüber dem Basisszenario. Bemerkenswert ist,

dass der Effekt der TTIP auf die USA mit 4,9 % zwar weiterhin über dem Effekt für

die EU liegt, aber deutlich schwächer als die 2013 ermittelten 13,4 % sind. Dieser

hohe Effekt für die USA erschien verschiedenen Kritikern der ifo-Studie unplausibel.

Weitere Studien zu den Auswirkungen von TTIP werden beispielsweise durch Egger,

Francois, Manchin, Nelson (2015), Krebs und Pflüger (2015) und Jungmittag und

Welfens (2016) vorgelegt. Abschließend ist auf eine aktuelle Analyse durch Ecorys

zu verweisen, die im Auftrag der EU-Kommission erstellt wird. Ziel der Untersuchung

ist eine als „Trade Sustainability Impact Assessment“ bezeichnete, tiefgehende Ana-

lyse, die zur Unterstützung der Verhandlungsteilnehmer dient. Ein erster technischer

Zwischenbericht wurde im Mai dieses Jahres durch Ecorys (2016) veröffentlicht. Hier

wird in einem Vergleich die CEPR (2013) Studie als geeignetster Ansatz zur Analyse

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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der ökonomischen Auswirkungen ausgewählt. Daher wird eine entsprechende Unter-

suchung durchgeführt, wodurch die Ergebnisse aktualisiert werden (Ecorys 2016,

S. 63-81). EU-weit bleiben die erwarteten Effekte auf dem Niveau der Studie aus dem

Jahr 2013, d.h. für ein ambitioniertes Freihandelsszenario wird gegenüber einem Sta-

tus-quo-Referenzszenario ein einmaliger Anstieg des BIP-Niveaus um 0,5 % vorher-

gesagt. Weiterhin beruht der größte Effekt auf der Absenkung der nichttarifären Han-

delsbarrieren. Im Gegensatz zur früheren Analyse von CEPR (2013) werden bei der

aktuellen Analyse durch Ecorys Effekte für einzelne Mitgliedstaaten der EU bestimmt.

Für Deutschland wird ein überproportionaler Effekt von 0,6 % ermittelt. Gerade auch

im Hinblick auf die Bewertung der TTIP für Hessen ist das Ergebnis bedeutsam, dass

die Intensität der bisherigen Handelsbeziehungen zwischen den USA und einem ein-

zelnen Mitgliedsstaat häufig mit überproportionalen Steigerungen des BIP durch die

TTIP einhergeht.

Vor dem Hintergrund der vielen Kritikpunkte gegenüber den ökonomischen Modellen

sind die prognostizierten Effekte vorsichtig zu interpretieren. Ökonomische Modelle

zeigen, wie eine Entwicklung unter bestimmten Annahmen verläuft. Hieran lässt sich

die Realität messen und gegebenenfalls helfen Modelle dabei, Fehlentwicklungen zu

identifizieren. Sie können auch Anregungen zu einer sinnvollen Gestaltung von öko-

nomischen Systeme geben – allerdings sollten prognostizierte Effekte stets unter Be-

rücksichtigung der enthaltenen Annahmen und nur sehr vorsichtig interpretiert wer-

den. Eine sinnvolle Erweiterung von Untersuchungen anhand von ökonometrischen

Modellen stellen darum qualitative Analysen dar. Im Folgenden werden daher die im

Zuge eigener Erhebungen ermittelten Einschätzungen von Akteuren der hessischen

Wirtschaft – teils für ausgewählte Branchen – zur TTIP ausgewertet.

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5 Ergebnisse qualitativer Untersuchungen zur TTIP

5.1 Analytisches Vorgehen und methodische Hinweise

Im vorangegangenen Abschnitt wurden die Ergebnisse verschiedener Studien zu den

Auswirkungen der TTIP auf Europa und Deutschland präsentiert und vor dem Hinter-

grund der hessischen Wirtschaftsstruktur interpretiert. In diesem Abschnitt werden

zunächst qualitative Untersuchungen vorgestellt, die Einstellungen und Erwartungen

zur TTIP bei den Unternehmen oder der Bevölkerung deutschlandweit erfassen. Die

Hessen Agentur führte im ersten Halbjahr 2015 zwei Befragungen mit Akteuren der

hessischen Wirtschaft durch, deren Ergebnisse den deutschlandweiten qualitativen

Untersuchungen gegenübergestellt werden. Im Rahmen einer schriftlichen Befragung

zu „Attraktiven Auslandsmärkten für den hessischen Mittelstand“ (vgl. Werner, Bauer,

Harsche 2016) wurden die Erwartungen der Unternehmen hinsichtlich der Auswirkun-

gen eines Abschlusses der TTIP abgefragt. Originär für die vorliegende Untersuchung

wurden im Rahmen von Expertengesprächen mit Akteuren der hessischen Wirtschaft

– KMU, Großunternehmen, Verbände und Gewerkschaften – tiefergehende Erkennt-

nisse zum Einfluss der TTIP auf die hessische Wirtschaft erlangt. In Absprache mit

dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung

wurden für diese Expertengespräche die zwei gleichermaßen in Hessen bedeutsa-

men und durch die TTIP stark betroffenen Industriebranchen Chemie und Pharma

sowie Maschinen- und Anlagenbau ausgewählt. Als wichtige Dienstleistungsbranche

wurde die Informations- und Kommunikationstechnologie in die Befragung aufgenom-

men.

5.2 Ergebnisse ausgewählter qualitativer Untersuchungen in Deutschland zu

den Auswirkungen der TTIP

Die Erwartungen zu den Auswirkungen der TTIP und die Haltung der verschiedenen

Wirtschaftssubjekte ist Thema von Befragungen durch verschiedene Institutionen.

Neben Forschungsorganisationen und -unternehmen führt die EU-Kommission selbst

Konsultationen während des Verhandlungsprozesses durch. Bei diesen Konsultatio-

nen werden allerdings im Gegensatz zu den Befragungen durch Forschungsinstituti-

onen nicht gezielt einzelne Personen oder Organisationen angesprochen, sondern

die Beteiligung erfolgt ausschließlich auf Initiative der Antwortenden selbst. Dadurch

sind die beiden Konsultationen der EU nicht mit den danach vorgestellten Befragun-

gen vollständig vergleichbar. Von der EU wurden eine Konsultation der Bevölkerung

zum Investitionsschutzkapitel und eine Konsultation von KMU zu konkreten Handels-

hemmnissen durchgeführt.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Konsultation der EU-Kommission zum Investitionsschutz

Bei der Konsultation zum Investitionsschutz und dem Investor – Staat Streitschlich-

tungsverfahren, die vom 27. März 2014 bis zum 13. Juli 2014 durchgeführt wurde,

war eine hohe Beteiligung zu verzeichnen. Insgesamt nahmen nahezu 150.000 Per-

sonen und Organisationen an der Konsultation teil. Rund 97 % der Antworten wurden

über verschiedenen Onlineplattformen kollektiv mit entsprechend vordefinierten Text-

bausteinen eingereicht. Bei diesen Einreichungen dominieren ablehnende Einschät-

zungen, teils werden die Fragen nicht beantwortet, sondern lediglich kommentiert,

dass die TTIP keinen Investitionsschutz beinhalten sollte oder dass die TTIP insge-

samt nicht abgeschlossen werden sollte. Rund 3.000 EU-Bürger und 450 Organisati-

onen antworteten individuell. Wirtschaftsverbände und große Unternehmen befürwor-

ten dabei ein Investitionsschutzabkommen, während kleinere Firmen häufiger

kritische Anmerkungen machen (EU-Kommission 2015a).

Konsultation der EU-Kommission zu Effekten der TTIP bei kleinen und mittleren

Unternehmen

KMU kommt eine große Bedeutung in der Wirtschaft Europas zu. Zudem ist festzu-

stellen, dass der Export nicht nur für Großunternehmen, sondern auch für KMU ein

wichtiger Baustein des Geschäftserfolges ist. Die Unternehmenskonsultation der EU-

Kommission lief bis zum 05. Januar 2015. Nach Berechnungen der EU-Kommission

(2015b, S. 3-4) sind 78 % aller europäischen Firmen, die Exporte außerhalb der EU

durchführen, KMU. In Richtung der USA entfällt auf die KMU mit 88 % ein noch hö-

herer Anteil. Auch hinsichtlich des Exportwertes ist der Beitrag der KMU hoch: 32 %

des Exportwertes außerhalb der EU und 28 % des Exportwertes in die USA entfällt

auf KMU in Europa. Durch das Verhandlungsmandat wird der EU-Kommission das

Verhandlungsziel vorgegeben, dass durch die TTIP gerade für KMU der Zugang zum

US-amerikanischen Markt erleichtert werden soll. Untersuchungen zeigen, dass für

KMU insbesondere nichttarifäre Handelsbarrieren eine hohe Hürde darstellen (vgl.

Felbermayr 2013a, S. 52). Um diesen Aspekt zu vertiefen, forderte die EU-

Kommission KMU auf, an einer Online-Konsultation zu Handelsbarrieren teilzuneh-

men. Diese Konsultation von KMU durch die EU-Kommission fand zwischen Juli 2014

und Januar 2015 statt. Insgesamt nahmen 869 Organisationen daran teil. Hierunter

fallen 142 Unternehmen, die mit mehr als 250 Mitarbeitern nicht dem KMU-Kriterium

entsprechen. Die Unternehmen sollten angeben, ob sie von einer bestimmten Han-

delsbarriere betroffen sind oder nicht. Eine Übersicht der abgefragten potenziellen

Handelsbarrieren findet sich in Anhang 3. Basierend auf den Ergebnissen der EU-

Kommission (2015b) werden eigene Berechnungen durchgeführt, um einen Überblick

zur Belastung der KMU durch Handelsbarrieren zu erhalten. In Tabelle 19 ist zu er-

kennen, dass 51 % der befragten KMU eine oder mehrere Handelsbarrieren für sich

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beobachten. Dieser Anteil ist mit 62,6 % höher bei den Unternehmen, die in nennens-

wertem Umfang Exporttätigkeiten durchführen. Dagegen ist der Anteil bei den übrigen

Unternehmen (Unternehmen die nicht exportieren, die nur innerhalb der EU exportie-

ren und Unternehmen die aktuell nicht exportieren, dies aber in der Vergangenheit

getan haben oder in der Zukunft planen) mit 19,5 % gering. Zu beachten ist die Ver-

zerrung durch die Selbstselektion der Unternehmen, da vermutlich überwiegend Un-

ternehmen, die von dem Thema betroffen sind, an der Online-Umfrage teilgenommen

haben. Die EU-Kommission betont jedoch, dass die Verteilung der teilnehmenden

Unternehmen nach Ländern und Größe in Zusammenhang mit der jeweiligen Grund-

gesamtheit stehen und daher bis zu einem gewissen Grad repräsentativ sei (EU-

Kommission 2015b, S. 10).

Tabelle 19: Durch Handelsbarrieren betroffene europäische KMU

Insgesamt Exporteure Wenig bis keine Exportaktivitäten

KMU insgesamt 727 532 195

KMU betroffen durch Handelsbarrieren 371 333 38

Anteil 51,0% 62,6% 19,5%

Quelle: Berechnungen der Hessen Agentur auf Grundlage von EU-Kommission (2015b)

Ein wichtiger Aspekt neben der Existenz einer Handelsbarriere ist deren Höhe. Die

Unternehmen schätzen daher die Kosten aller Handelsbarrieren bezogen auf die Ver-

käufe in den USA ab. Insgesamt haben vergleichsweise wenige Unternehmen – 124

von 727 – eine Einschätzung zu dieser Frage abgegeben. Es zeigt sich, dass knapp

die Hälfte der Unternehmen durch die Handelsbarrieren lediglich geringe zusätzliche

Kosten zu tragen haben. Für rund 30 % der Unternehmen liegen die Kosten durch die

Handelsbarrieren zwischen 5-20 % ihrer Verkäufe in den USA. 9 % der Unternehmen

sehen sich sogar mit Kostensteigerungen von mehr als 20 % konfrontiert. Lediglich

ein geringer Anteil der Unternehmen ist von substanziellen Handelsbarrieren betrof-

fen, die meisten Unternehmen schätzen die zusätzlichen Kosten durch Handelsbarri-

eren eher gering ein.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Tabelle 20: Kostenbelastung durch Handelsbarrieren für europäische KMU beim Export in die USA

Höhe der Kosten von Handelsbarrieren (Bezogen auf Umsatz)

Anzahl KMU Anteil an KMU

0-5 % 66 45,2%

5-20 % 45 30,1%

Mehr als 20 % 13 8,9%

Keine Angabe 22 15,1%

Insgesamt 146

Quelle: Berechnungen der Hessen Agentur auf Grundlage von EU-Kommission (2015b)

Im Gegensatz zu den Konsultationen der EU erfolgten bei den nachfolgenden Befra-

gungen eine statistisch fundierte Auswahl von Erhebungseinheiten sowie eine direkte

Ansprache von Zielgruppen durch die jeweiligen Institutionen.

Umfrage des ifo-Instituts bei Unternehmensverbänden

Im Rahmen der in Kapitel 4.4 vorgestellten Studie für das Bundeswirtschaftsministe-

rium zu den Auswirkungen der TTIP des ifo-Instituts wurde eine Befragung von Wirt-

schaftsverbänden in Deutschland durchgeführt. Von 60 Verbänden haben 20 % nicht

geantwortet und 33 % wollten aus verschiedenen Gründen keine Stellung zum

Thema nehmen. Zusammenfassend lassen sich aus den Antworten der Verbände

einige wichtige Ergebnisse festhalten:

Die Märkte sind hinsichtlich zu zahlender Zölle im Vergleich mit anderen Märk-

ten bereits sehr offen.

Im Vergleich zum Handel innerhalb der EU treten deutliche NTB auf.

Die wichtigsten NTB für den Export in die USA sind Qualitätsanforderungen,

administrative Hürden am Zoll und spezifische Etikettierungspflichten.

Die Kosten durch die NTB sind unterschiedlich zu charakterisieren: Einmalige

Fixkosten, periodische Fixkosten und variable Kosten in Abhängigkeit des Ex-

portvolumens. Qualitätsanforderungen führen zu hohen einmaligen Fixkosten,

administrative Hürden führen eher zu hohen Fixkosten aber auch zu mengen-

abhängigen Kosten, Etikettierungspflichten haben ebenfalls hohe Fixkosten zur

Folge, der Schwerpunkt liegt hier aber auf mengenabhängigen Kosten.

Insgesamt profitieren alle Unternehmen deutlich mehr durch den Wegfall der

NTB, vom Wegfall der Zölle profitieren überproportional große Unternehmen,

vom Wegfall der NTB profitieren überproportional die KMU.

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Nahezu kein Verband befürchtet für seine Mitgliedsunternehmen Herausforde-

rungen durch einen erhöhten Wettbewerbsdruck bei Abschaffung von Handels-

barrieren.

In Abhängigkeit des Liberalisierungsszenarios erwarten 65-75 % der Verbände

einen Zuwachs der Marktanteile deutscher Unternehmen in den USA, in EU-

Märkten erwarten nur 24-31 % Zuwächse und in Drittmärkten nur 7-13 %.

Die Beschäftigungseffekte werden sehr positiv gesehen; in Abhängigkeit des

Szenarios erwarten für KMU zwischen 80-87 % der Verbände und für Großun-

ternehmen zwischen 69-75 % der Verbände Steigerungen.

Der Anteil der Firmen mit neuen Marktchancen durch die TTIP wird insbeson-

dere bei der Metallerzeugung und -bearbeitung, Herstellung von Metallerzeug-

nissen und beim Maschinen- und Anlagenbau sowohl für KMU als auch für

Großunternehmen hoch eingeschätzt. Bei der Land- und Forstwirtschaft sowie

der Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen wird nur

der Anteil der KMU mit über 50 % hoch eingeschätzt. Bei großen Firmen sind

die Anteile dagegen mit 0 % bzw. 5 % eher gering. In weiteren Branchen liegen

die Anteile der Unternehmen mit neuen Marktchancen sowohl für KMU als auch

Großunternehmen zwischen 0 % und 10 %.

Außenwirtschaftsreport des DIHK

Der DIHK29 führt bereits seit dem Jahr 2005 regelmäßig eine Umfrage zu Erfahrungen

und Perspektiven deutscher Unternehmen im Auslandsgeschäft durch. Die Umfrage

wird stets um aktuelle Themen ergänzt. Zudem werden die Experten der IHK hinsicht-

lich Ihrer Einschätzung zur Einstellung der Unternehmen hinsichtlich verschiedener

Themen befragt. Die IHK-Experten gehen davon aus, dass TTIP bei 70 % der Unter-

nehmen positiv beurteilt wird. 27 % stehen ihr neutral gegenüber und nur 3 % bewer-

ten die TTIP negativ. Hinsichtlich einzelner Themen wird die gegenseitige Anerken-

nung gleichwertiger Standards, Normen und Zertifizierungen von 85 % der direkt

befragten Unternehmen als wichtig oder sehr wichtig eingeschätzt. Für 83 % der Un-

ternehmen ist die Vereinfachung der Zollabwicklung wichtig bis sehr wichtig. An dritter

Stelle wird mit einem Anteil von 75 % der Abbau der Zölle genannt. Damit wird dem

Zollabbau ein deutlich höheres Gewicht durch die Unternehmen eingeräumt als dies

in den meisten Analysen zum Ausdruck kommt. Ursächlich hierfür ist eventuell, dass

die Zollsenkung sehr direkt auf die Unternehmen wirkt und Gewinne daraus überwie-

gend direkt den Unternehmen zufließen, während die übrigen Maßnahmen eher indi-

29 Deutscher Industrie- und Handelskammertag

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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rekt wirken. Ähnliche Ergebnisse wie der Zollabbau erreicht die Entwicklung einheit-

licher Standards, mehr als 70 % der Unternehmen schätzen diese Maßnahme als

wichtig bis sehr wichtig ein. Jeweils mehr als 50 % der Unternehmen halten die The-

men flexiblere Visalösungen und Investorenschutz für wichtig. Aus Sicht der Unter-

nehmen wird der Investitionsschutz als verlässlichere Alternative zum teils unüber-

schaubaren Fallrecht in den USA betrachtet. Rund 40 % bzw. 30 % der Unternehmen

betrachten die Themen verbesserte Zugang zum Dienstleistungsmarkt bzw. zu öf-

fentlichen Aufträgen als wichtig. Bei einer Auswertung der rund 200 hessischen Un-

ternehmen, die an dieser Umfrage teilgenommen haben, zeigt sich meist ein sogar

nochmal leicht höherer Anteil an Firmen, die die einzelnen Themen als wichtig oder

sehr wichtig einstufen. Darin spiegelt sich sicherlich der stärkere Bezug der hessi-

schen gegenüber der deutschen Wirtschaft zu den USA wider. Die Rangfolge der

Themen in Hessen bleibt davon gegenüber Deutschland unbeeinflusst (DIHK 2014

S. 19-23, Witte 2015, S. 5). Im Außenwirtschaftsreprot 2015 geben 36 % der IHK an,

dass der Informationsbedarf der Unternehmen zur TTIP weiter gestiegen sei, wäh-

rend nur 2 % einen Rückgang beobachten (Behm, Neugart 2015, S. 5).

XI. AmCham Germany Business Barometer

Die American Chamber of Commerce in Germany führt jährlich eine Umfrage unter

US-Investoren in Deutschland durch. Dabei werden die 100 umsatzstärksten Unter-

nehmen mit US-Kapital in Deutschland befragt. Die Antwortquote lag im Jahr 2014

bei 44 %. Im Frühjahr 2014 wurde der Standort Deutschland durch die US-Investoren

hervorragend bewertet. 66 % bewerteten ihn mit gut oder sehr gut, 25 % mit neutral

und nur 9 % mit weniger gut oder schlecht. Der größte Teil der Unternehmen geht

von gleich bleibenden Standortbedingungen aus (66 %), währen 20 % der Unterneh-

men eine Verschlechterung und 14 % eine Verbesserung erwarten (AmCham 2014a,

S. 10).

Die US-Investoren wurden im Jahr 2014 hinsichtlich ihrer Erwartungen zur TTIP be-

fragt. 67 % der Investoren erwarten eine positive Wirkung der TTIP für Deutschland.

Rund 25 % dieser Investoren gehen sogar von sehr großen Effekten aus. Dagegen

erwarten 26 % der Unternehmen, dass die TTIP kaum Auswirkungen auf Deutschland

hat. Nur 7 % der Unternehmen erwarten eine negative Wirkung der TTIP auf Deutsch-

land. Ein wichtiges Thema der TTIP sind verbesserte Visa-Bestimmungen, wodurch

ein erleichterter Austausch von Fachkräften ermöglicht wird. 14 % der Unternehmen

gehen davon aus, dass sie durch diesen Austausch stark profitieren würden. 53 %

der Unternehmen glauben, dass ihnen der erleichterte Fachkräfteaustausch nützt und

33 % erwarten, dass sich dadurch für sie nichts ändert. Neben den positiven Erwar-

tungen der Unternehmen an die TTIP zeigt sich auch ein ausgeprägter Optimismus

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hinsichtlich eines erfolgreichen Abschlusses der Verhandlungen: 79 % der Unterneh-

men erwarten, dass der TTIP-Abschluss gelingen wird, 21 % erwarten dagegen ein

Scheitern der Verhandlungen (AmCham 2014a, S. 16-17).

Bei einer weiteren Umfrage im Herbst 2014 wurden die US-Investoren in Deutschland

gefragt, welche Themen die deutsche Politik in Europa vorantreiben sollte. Der Ab-

schluss des Freihandelsabkommens TTIP wurde von 62 % der Unternehmen ge-

nannt. Damit lag dieses Thema gemeinsam mit der Durchsetzung der Haushaltskon-

solidierung in der Eurozone auf dem zweiten Platz hinter der von 73 % der

Unternehmen genannten Umsetzung des Bürokratieabbaus. Bei dieser Befragung

antworteten 42 der 100 befragten Unternehmen (AmCham 2014b, S. 2, 8).

Manager Monitor – das Umfragepanel des Führungskräfte Institut FKI

Im Manager Monitor vom September 2014 wurde die Einstellung von Führungskräften

zu TTIP untersucht. Bei einem Abschluss eines Freihandelsabkommens ohne Be-

stimmungen zum Investitionsschutz erwarten 28 % der Führungskräfte mehr Chan-

cen als Risiken, 25 % bewerten es neutral und 38 % erkennen mehr Risiken als Chan-

cen. Bei der Bewertung des Abschlusses der TTIP inklusive Bestimmungen zum In-

vestitionsschutz erwarten 31 % der Führungskräfte mehr Chancen als Risiken, 16 %

beurteilen es neutral und 44 % schätzen die Risiken höher als die Chancen ein. Hin-

sichtlich der Zustimmung zu aktuellen Thesen zur TTIP wünschen sich 90 % der Ant-

wortenden transparentere Verhandlungen, 59 % sehen unkalkulierbare Risiken durch

Investitionsschutzklauseln und private Schiedsgerichte, obwohl gleichzeitig 43 % die-

ses Instrument grundsätzlich als sinnvoll erachten. 58 % der Antwortenden stimmen

der Aussage, dass TTIP eine große Chance für die exportorientierte deutsche Wirt-

schaft sei, voll oder überwiegend zu. Die Führungskräfte beurteilten den Abschluss

der TTIP aus der Sicht der europäischen und deutschen Unternehmen in verschiede-

nen Branchen insbesondere im Hinblick auf wechselseitige Anerkennung von Vor-

schriften zur Produktzulassung, Sicherheit und Verbraucherschutz. Im Maschinen-

und Anlagenbau erwarten 67 % der Befragten positive Auswirkungen, während 16 %

mit negativen Auswirkungen rechnen. Im Automobilbau stehen 67 % positiven 13 %

negative Einschätzungen gegenüber, bei Chemieprodukten liegen die entsprechen-

den Werte bei 54 % zu 24 % und bei Arzneimitteln bei 39 % zu 36 %. Hinsichtlich der

sonstigen Konsumgüter überwiegen ebenfalls die positiven Einschätzungen mit 36 %

die negativen Erwartungen mit 23 %. Dagegen ist in den Bereichen sonstiges Ge-

sundheitswesen (24 % zu 44 %), Lebensmittel, Landwirtschaftliche Produkte (23 %

zu 61 %) und Finanzdienstleistungen (22 % zu 49 %) der Anteil der positiven Bewer-

tungen geringer als der Anteil der negativen Einschätzungen. Werden die Führungs-

kräfte nach ihrer Einschätzung der TTIP als Privatperson und Konsument hinsichtlich

der gleichen Produkte gefragt, überwiegen lediglich im Bereich Automobil die positi-

ven (30 %) die negativen (23 %) Einschätzungen. Für Arzneimittel (31 % zu 38 %),

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Chemieprodukte (31 % zu 38 %), sonstige Konsumgüter (29 % zu 30 %), sonstiges

Gesundheitswesen (20 % zu 44 %), Finanzdienstleistungen (18 % zu 52 %) und Le-

bensmittel, landwirtschaftliche Produkte (17 % zu 66 %) überwiegen die negativen

Einschätzungen. Dies steht vermutlich im engen Zusammenhang zu den wahrgenom-

menen regulatorischen Standards der einzelnen Produktgruppen, die von zwischen

76 % der Befragten hinsichtlich Lebensmitteln und landwirtschaftlichen Produkten bis

zu 30 % hinsichtlich Automobilbau in der EU als strenger wahrgenommen werden.

Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn im Auftrag des Bundesverbandes

der Deutschen Industrie e.V. (BDI)

In der Frühjahrsbefragung 2015 der größten Familienunternehmen in Deutschland,

d.h. mit einem Umsatz von mindestens 50 Mio. Euro, wurden die Unternehmen ins-

besondere zu ihren aktuellen und zukünftigen Auslandsaktivitäten befragt. Auch Ein-

schätzungen zur Wirtschaftslage, den Risiken in den nächsten drei Jahren und Finan-

zierungs- und Investitionsverhalten wurden thematisiert. Von deutschlandweit 4.500

Unternehmen wurden 400 repräsentativ ausgewählt und befragt. 45,3 % der befrag-

ten Unternehmen sind bereits auf dem US-Markt aktiv. Bei mehrfacher Antwortmög-

lichkeit erwarteten hierunter rund 74 % der Unternehmen Vorteile durch Vereinfa-

chungen bei Zollabfertigung und -administration, 66 % bei Anerkennung/

Vereinheitlichung von Tests-, Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren, 64 % durch

den Abbau von Zöllen, 56 % durch Anwendung internationaler Standards wie

ISO/IEC, 46 % durch vereinfachte Verfahren für die Entsendung von Fachkräften,

28 % durch den besseren Zugang zu US-amerikanischen Vergabemärkte, 19 %

durch höhere Investitionssicherheit (Investitionsschutzabkommen). Nur 5 % der in

den USA aktiven Familienunternehmen erwarten keinen der genannten Vorteile durch

die TTIP (BDI 2015).

Prognos für den Bundesverband der Mittelständischen Wirtschaft und die

Schöpflin Stiftung

Eine Umfrage zu den Erwartungen an die TTIP bei Unternehmen in Deutschland hat

Prognos im Auftrag des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft bei Mit-

gliedsunternehmen des Verbandes im Jahr 2016 durchgeführt. Bei der Interpretation

der Ergebnisse ist zu beachten, dass kleine und Kleinstunternehmen unterrepräsen-

tiert sind und das Verarbeitende Gewerbe überrepräsentiert ist. Nahezu die Hälfte der

befragten Unternehmen exportiert einen Teil seiner Waren, der Anteil der Unterneh-

men im Verarbeitenden Gewerbe liegt mit 80 % deutlich höher. Unter den Befragten

überwiegen die Risiken die Chancen bei Fragen zur Einschätzung der Auswirkungen

der aktuell anstehenden Freihandelsabkommen der EU. Eine deutliche Mehrheit der

Unternehmen stimmt den Aussagen, dass die Freihandelsabkommen zur Vereinfa-

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chung der Erschließung neuer ausländischer Absatzmärkte, des Bezugs von Vorleis-

tungen und der Sicherheit von Direktinvestitionen führen würden, nicht zu, während

eine knappe Mehrheit den Aussagen zustimmt, dass sich der Wettbewerbsdruck im

Allgemeinen und die Konkurrenz durch große internationale Unternehmen erhöhen

würde. Trotzdem glaubt die Mehrheit der Unternehmen (59 %), dass sie keine Prob-

leme damit haben würden, dem Wettbewerbsdruck standzuhalten. Im Hinblick auf

TTIP erwarten 56 % der Unternehmen negative und 27 % der Unternehmen positive

Effekte für die deutsche Volkswirtschaft. Dabei zeigt sich, dass für deutsche Großun-

ternehmen mehrheitlich (57 % zu 21 %) positive Auswirkungen der TTIP und für den

Mittelstand (25 % zu 62 %) mehrheitlich negative Auswirkungen erwartet werden.

Auffällig ist, dass hinsichtlich der Auswirkungen auf die eigenen Branche mit 35 %

und auf das eigenen Unternehmen mit 43 % ein hoher Anteil der Unternehmen keine

Auswirkungen durch TTIP erwarten. Bei beiden Fragen erwarten allerdings mit 40 %

bzw. 35 % mehr Unternehmen negative als positive Effekte (BVMW 2016).

Infratest Dimap (ARD-Deutschlandtrend)

Im bekannten ARD-Deutschlandtrend, einer regelmäßigen Umfrage von Infratest

Dimap, deren Grundgesamtheit die wahlberechtigte Bevölkerung Deutschlands ist,

wurde im Juni 2014 die Frage gestellt, ob die TTIP eher Vorteile oder eher Nachteile

für Deutschland bringt. 31 % der Befragten vermuten, dass das Abkommen eher Vor-

teile bringen wird, während 55 % der Befragten davon ausgehen, dass es eher Nach-

teile für Deutschland bringt. Dies dürfte auch mit dem Mangel an Vertrauen gegen-

über der USA zusammenhängen: 38 % der Befragten halten die USA für einen

vertrauenswürdigen Partner Deutschlands, während 57 % die USA nicht für einen

vertrauenswürdigen Partner halten.30

Auch im Mai 2016 wurde im ARD-Deutschlandtrend die Einstellung der Bevölkerung

zur TTIP untersucht. Hierbei gaben 17 % der Befragten an, dass das Abkommen

Deutschland eher Vorteile bringt, während 70 % glauben, die TTIP führt eher zu

Nachteilen für Deutschland. Hierfür erscheint vor allem der Blickwinkel aus Verbrau-

chersicht entscheidend, da 79 % der Befragten der Aussage „Ich mache mir Sorgen,

dass durch das Freihandelsabkommen mit den USA der Verbraucherschutz in

Deutschland geschwächt wird“ zustimmen. Dagegen stimmen 41 % der Aussage zu,

dass das Freihandelsabkommen für deutsche Unternehmen viele Vorteile bringt,

während 47 % dem nicht zustimmen. Weiterhin wird die Geheimhaltung der Verhand-

lungen kritisiert, 83 % der Befragten stimmen einer entsprechenden Aussage zu.

30 Zum Vergleich: Frankreich 74 % (vertrauenswürdig) zu 20 % (nicht vertrauenswürdig), Großbritannien 50 % zu 44 %, Russ-

land 21 % zu 74 %.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

74

TNS Opinion & Social (Eurobarometer im Auftrag der Europäischen Kommis-

sion)

Die Ergebnisse des Eurobarometers (EU-Kommission 2014b, S. 32), die beispiels-

weise vom Pew Research Center (PEW 2015) und der Frankfurter Allgemeinen Zei-

tung (FAZ 2015) aufgegriffen wurden, zeigen europaweit eine hohe Zustimmung in-

nerhalb der Bevölkerung gegenüber der TTIP. 58 % der Befragten sind für TTIP.

Dagegen haben 17 % der Befragten keine Meinung bzw. sind unentschlossen und

25 % der Befragten sind gegen das Freihandelsabkommen. Dabei zeigen sich jedoch

deutliche regionale Unterschiede: Während in einigen Ländern die Zustimmung bei

über 70 % liegt,31 beträgt der Anteil der Befürworter in Deutschland und Österreich

nur 39 % und in Luxemburg 40 %. In diesen drei Ländern liegt der Anteil der Befür-

worter unterhalb von 50 % aller Befragten, in Frankreich ist der Anteil 50 % und in

den übrigen Ländern liegt er darüber. Aufgrund des hohen Anteils an unentschlosse-

nen Befragten in Deutschland (20 %) übersteigt mit 41 % der Befragten der Anteil der

Gegner von TTIP den der Befürworter nur um 2 % (EU-Kommission 2014c, S. 5).

Auch im Jahr 2015 wurde im Eurobarometer die Einstellung zu TTIP abgefragt. Im

Vergleich zum Jahr 2014 ging die Zustimmung in der Frühjahrserhebung europaweit

leicht zurück. 56 % der Befragten befürworten den Abschluss der TTIP, 28 % sind

dagegen und 16 % unentschieden. Wie im Vorjahr sind dabei in den drei Ländern

Österreich (23 % zu 67 %), Deutschland (31 % zu 51 %) und Luxemburg (37 % zu

49 %) die Befürworter des Abkommens in der Minderheit (EU-Kommission 2015f,

S. 35). Auch in der Herbsterhebung des Eurobarometers 2015 ist ein weiterer Rück-

gang der Zustimmung zu beobachten, obwohl sich weiterhin eine absolute Mehrheit,

d.h 53 % der Befragten, für den Abschluss der TTIP aussprachen. Gegen das Ab-

kommen waren 32 % und 15 % der Befragten äußerten keine Meinung oder waren

unentschieden. Weiterhin ist eine Mehrheit der Befragten in den Ländern Österreich

(22 % zu 70 %), Deutschland (27 % zu 59 %) und Luxemburg (40 % zu 47 %) gegen

die TTIP. Erstmals wurde auch in Slovenien mit 41 % zu 47 % eine Mehrheit der TTIP-

Gegner ermittelt, nachdem im Frühjahr 2015 noch 46 % der Befragten für die TTIP

und 42 % dagegen waren. In den 24 übrigen EU-Ländern ist die Mehrheit der Befrag-

ten demgegenüber für den TTIP-Abschluss, die höchsten Zustimmungswerte erhält

TTIP in den Länder Litauen, Rumänien und Malta (EU-Kommission 2015g, S. 32).

31 Die höchsten Anteile der Befürworter erreichen Litauen (79 %), Rumänien, Malta (75 %), Niederlande (74 %), Polen (73 %),

Estland (72 %), Dänemark, Irland (71 %).

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

75

Emnid Umfrage im Auftrag von foodwatch e.V.

Der Verein foodwatch bezieht klar gegen die TTIP Stellung. Zwar wird freier Handel

grundsätzlich unterstützt, dieser dürfe jedoch weder die Entwicklung von hohen Stan-

dards im Verbraucher- und Umweltschutz schwächen noch zu Lasten der Entwick-

lungsländer gehen. Im Auftrag von foodwatch führte Emnid im Oktober 2014 eine

bevölkerungsrepräsentative Umfrage von 1.003 Personen zur Einstellung zum TTIP

in Deutschland durch. 48 % aller Befragten sehen in dem Freihandelsabkommen

„eine gute Sache“. Bei einer ähnlichen Untersuchung von Emnid im Februar 2014 im

Auftrag der Bertelsmann Stiftung und des Pew-Forschungszentrums lag dieser Anteil

allerdings noch bei 55 %. Den Befürwortern standen im Oktober 32 % und im Februar

24 % der Befragten gegenüber, die das Abkommen als eine „schlechte Sache“ be-

trachten. In der Umfrage im Oktober unterstützten insgesamt 24 % der Befragten die

Forderung nach einem Verhandlungsstopp (Foodwatch 2014).

Aus den Zahlen lässt sich einerseits ablesen, dass die Akzeptanz des Abkommens

im Verlauf des Jahres 2014 zurückgegangen ist. Andererseits befürwortet auch im

Oktober die Mehrheit der Bevölkerung das Abkommen. TNS Emnid hat seit 2014 eine

Reihe weiterer Umfragen zur Einstellung gegenüber TTIP vorgenommen, die – unter

Schwankungen – auf ein weiteres Absinken der Zustimmung zur TTIP im Zeitablauf

hinweisen. So beurteilen im Februar 2015 erstmals mit 40 % gegenüber 39 % mehr

Befragte TTIP als schlechte Sache. Im Juni 2015 und im Juli 2015 erreichten dagegen

mit 47 % bzw. 42 % gegenüber jeweils 36 % die positiven Einschätzungen zu TTIP

wieder den höheren Anteil, während im Oktober 2015 eine Mehrheit von 46 % der

Befragten die TTIP negativ und 34 % der Befragten die TTIP positiv einschätzten

(Bluth 2016, S. 24).

YouGov im Auftrag der Bertelsmann Stiftung

Im Februar 2016 befragte YouGov rund 2.000 Personen in Deutschland zum Thema

Freihandel allgemein und der TTIP. Eine entsprechende Umfrage fand auch in den

USA statt. Bereits im Februar 2014 wurde durch das PEW Research Centre in Zu-

sammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung eine ähnliche Umfrage durchgeführt. In

der aktuellen Umfrage betrachten 17 % der Befragten in Deutschland die TTIP positiv

und 33 % negativ. 30 % der Befragten geben an, bisher darüber zu wenig gehört zu

haben, 7 % sind unentschieden und 13 % machen keine Angaben. Im Jahr 2014

schätzten dagegen 55 % TTIP als „eine gute Sache“ ein, 25 % als eine „schlechte

Sache“. Nur 8 % der Befragten in 2014 gaben an, zuwenig darüber gehört zu haben,

1 % war unentschieden und 11 % machten keine Angaben. Neben der deutlichen

Abnahme der Zustimmung zeigt sich insbesondere, dass die Verunsicherung hin-

sichtlich des Themas stark angestiegen ist und sich Befragte daher nicht festlegen

können oder zu schlecht informiert fühlen. Zudem lässt sich ein deutlicher Rückgang

Page 82: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

76

bei der Bewertung des Handels im Allgemeinen feststellen. Im Jahr 2014 bewerteten

88 % der Befragten den internationalen Handel aus Sicht Deutschlands positiv, wäh-

rend in der aktuellen Umfrage zwar weiterhin eine Mehrheit, allerdings nur noch 56 %

der Befragten, dies positiv betrachten. Trotz des Rückgangs und der tendenziell ne-

gativen Bewertung der TTIP wird bei der Frage nach einzelnen Handelspartnern eine

Ausweitung des Handels mit den USA durch 61 % der Befragten positiv beurteilt.

Noch günstiger wurde eine Handelsausweitung mit anderen Industrieländern – Japan

(67 %), Vereinigtes Königreich (72 %) und Frankreich (77 %) – bewertet, allerdings

werden verstärkte Handelsbeziehungen zu einzelnene Schwellenländern – Indien

(55 %), China (53 %) und Russland (49 %) – schlechter bewertet.

Im Detail werden in der Umfrage die erwarteten Auswirkungen der TTIP auf einzelne

Teilbereiche abgefragt. Am ungünstigen werden in Deutschland die Folgen für Stan-

dards beurteilt: Die Auswirkungen auf Verbraucherschutzstandards werden von

48 %, Umweltstandards von 46 % und Arbeitnehmerrechte und Sozialstandards von

40 % der Befragten negativ eingeschätzt. Demgegenüber erwarten nur 10-12 % der

Befragten positive Auswirkungen der TTIP in diesen Bereichen. Zudem überwiegt für

die staatliche Regulierungshoheit (37 % zu 9 %), Demokratie (28 % zu 10 %) und

öffentliche Dienste (27 % zu 10 %) die Zahl der negativen Einschätzungen. Auch die

Auswirkungen auf die Beschäftigungs- und Arbeitsmarktlage werden mit 28 % zu

23 % mehrheitlich negativ eingeschätzt, obwohl gleichzeitig die negativen und positi-

ven Einschätzungen zum Wirtschaftswachstum mit 26 % zu 27 % nahezu ausgegli-

chen bzw. tendenziell positiv sind. Die Zahl der positiven Einschätzungen überwiegt

zudem bei den Themen Einfluss Deutschlands in der Welt (21 % zu 23 %), kulturelle

Vielfalt (17 % zu 24 %) und internationale Wettbewerbsfähigkeit (24 % zu 29 %).

5.3 Erwartungen der hessischen KMU im Verarbeitenden Gewerbe –

Ergebnisse einer schriftlichen Unternehmensbefragung

Im Rahmen von zwei Untersuchungen konnte die Hessen Agentur eigene empirische

Erhebungen zu Einstellungen der hessischen Wirtschaft gegenüber der TTIP durch-

führen. In Werner, Bauer und Harsche (2016) wurden im März/April 2015 hessische

KMU des Verarbeitenden Gewerbes schriftlich zu attraktiven Auslandsmärkten der

hessischen Wirtschaft befragt. Im Zuge dieser Befragung wurden rund 1.450 Unter-

nehmen angeschrieben, die Rücklaufquote beträgt 12,3 %. Unter den antwortenden

Unternehmen geben rund 71 % an, dass sie exportieren. Dabei liegt der Auslandsum-

satz am Gesamtumsatz zwischen wenigen Prozent bis hin zu hundert Prozent. Im

Mittel liegt der Auslandsanteil des Umsatzes bei 35 %, der Median beträgt 32 %.

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77

Diese Unternehmen konnten in zwei Fragen zum geplanten Freihandelsabkommen

Stellung nehmen.32

Tabelle 21: Strukturelle Daten der schriftlichen Erhebung zu attraktiven Auslandsmärkten der hessischen Wirtschaft

Schriftliche Erhebung der Hessen Agentur

Zielgruppe der Befragung KMU im hessischen Verarbeitenden Gewerbe

Befragungssample Vollerhebung nach Adressauswertung der Markus-Datenbank: 1.456 Unternehmen

Befragungszeitraum März/April 2015

Rücklauf 179 verwertbare Antworten

Rücklaufquote 12,3%

Quelle: Werner, Bauer, Harsche (2016), Darstellung der Hessen Agentur

Der größte Anteil der exportierenden hessischen KMU des Verarbeitenden Gewerbes

erwartet durch das TTIP-Abkommen weder positive noch negative Effekte auf seine

Exporte bzw. seine Geschäftstätigkeit insgesamt. 64 % der Unternehmen rechnen mit

stabilen Exporten in die USA und 60 % erwarten auch eine stabile Geschäftsentwick-

lung insgesamt. Etwas über ein Viertel der antwortenden hessischen KMU rechnet

mit steigenden Exporten in die USA bzw. einer insgesamt günstigeren Entwicklung

der Geschäftstätigkeit. Dagegen stehen 9 % der Unternehmen, die einen Rückgang

ihrer Exporte in die USA erwarten. 14 % der Unternehmen rechnen mit einer schlech-

teren Geschäftsentwicklung durch TTIP. Insgesamt ist damit eine tendenziell positive

Einstellung hinsichtlich des Abkommens bei den exportierenden, hessischen KMU

festzuhalten, wobei der überragende Anteil der KMU keine nennenswerten Effekte

erwartet.33

32 Um die Befragungsbelastung der nicht im Export engagierten Unternehmen gering zu halten, wurden von diesen Unter-

nehmen lediglich einige Stammdaten erhoben. Über die Haltung von hessischen Unternehmen ohne Exportbeziehungen zur TTIP kann daher diese Untersuchung keine Aussage treffen.

33 Zu beachten ist, dass einige Unternehmen ihre Exporte als konstant einschätzen, da sie weder aktuell noch in Zukunft – unabhängig von TTIP – in die USA exportieren wollen. Andere Unternehmen in dieser Ausgangssituation haben die Frage nicht beantwortet, wodurch die geringere Anzahl von Antworten gegenüber der Frage zur Geschäftstätigkeit insgesamt beruht. Werden die Antworten kategorisiert ausgewertet, zeigen sich jedoch kaum nennenswerte Unterschiede zwischen Unternehmen, die aktuell nach Nordamerika exportieren und Unternehmen, die dies nicht tun.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

78

Abbildung 5: Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP

Quelle: Werner, Bauer, Harsche (2016), Darstellung der Hessen Agentur

In Abbildung 6 wird der Zusammenhang zwischen beiden Fragen offenkundig. 70 %

der Unternehmen, die für sich Exportchancen durch TTIP in den USA sehen, erwarten

auch insgesamt eine positive Entwicklung. Bei 30 % dieser Unternehmen werden die

zusätzlichen Exporte in die USA durch negative Effekte – wie etwa die Zunahme der

Konkurrenz durch US-Unternehmen in Europa – kompensiert, sodass sie insgesamt

eine stabile Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeit erwarten. Nahezu 80 % der Unter-

nehmen, die von konstanten Exporten in die USA ausgehen, rechnen auch insgesamt

mit konstanter Entwicklung. 16 % der Unternehmen sehen trotz der Konstanz ihrer

Exporte für sich Chancen – hierbei ist beispielsweise an eine insgesamt positivere

wirtschaftliche Entwicklung durch TTIP zu denken, wodurch wiederum Nachfrage er-

zeugt wird. 6 % der Unternehmen schätzen dagegen das Risiko höher ein, dass bei-

spielsweise durch Konkurrenz ihre Geschäftstätigkeit insgesamt zurückgeht. Schließ-

lich gehen alle Unternehmen, die trotz des TTIP mit sinkenden Exporten in die USA

– vermutlich begründet durch vermehrte Konkurrenz seitens anderer europäischer

Anbieter, die sich nach einem erfolgreichen TTIP-Abschluss besser auf dem US-

amerikanischen Markt durchsetzen können – auch insgesamt von einer negativen

Geschäftsentwicklung aus.

Zunahme Stabilität Abnahme

Welchen Effekt erwarten Sienach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen

zur TTIP für Ihren Auslandsumsatz in den USA? n=78

0

10

20

30

40

50

21(26.9%)

50(64.1%)

7(9%)

Anzahl

positiv neutral negativ

Welche Effekte erwarten Siebei Einbeziehung aller Auswirkungen der TTIP

nach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungenzur TTIP für Ihre Geschäftstätigkeit insgesamt?

n=93

0

10

20

30

40

50

24(25.8%)

56(60.2%)

13(14%)

Anzahl

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79

Abbildung 6: Zusammenhang zwischen Erwartungen hessischer KMU zum US-Absatz und Geschäftstätigkeit insgesamt durch TTIP

Quelle: Werner, Bauer, Harsche (2016), Darstellung der Hessen Agentur

Auf der Ebene der Regierungsbezirke in Hessen (vgl. Abbildung 7) ist hervorzuheben,

dass besonders im Regierungsbezirk Gießen Erwartungen an TTIP überdurchschnitt-

lich positiv ausfallen. Knapp 40 % der Unternehmen erwarten steigende Auslandsum-

sätze in den USA und einen insgesamt positiven Einfluss auf die Geschäftsentwick-

lung. Im Regierungsbezirk Darmstadt liegen dagegen diese beiden Anteile bei rund

20 %.

Die in Abbildung 8 wiedergegebene Übersicht der Einschätzungen der Unternehmen

nach Umsatzklassen zeigt, dass gerade die kleinsten Unternehmen überproportional

häufig erwarten, nach einem TTIP-Abschluss stärker in die USA exportieren zu kön-

nen. Dies entspricht der Zielsetzung von TTIP, durch den Abbau nichttarifärer Han-

delsbarrieren gerade kleinen Unternehmen den Zugang zum US-Markt zu vereinfa-

chen. Es ist festzuhalten, dass auch der Anteil der Unternehmen, die geringere

Absätze in den USA oder einen negativen Einfluss von TTIP auf ihre Geschäftstätig-

keit erwarten, mit zunehmenden Umsätzen steigt.

Zunahme Stabilität Abnahme

negativ

neutral

positiv

0

20

40

60

80

100

Welchen Effekt erwarten Sienach einem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen

zur TTIP für Ihren Auslandsumsatz in den USA?

Welche Effekte erwarten Siebei Einbeziehung allerAuswirkungen der TTIPnach einem erfolgreichen Abschlussder Verhandlungen zur TTIPfür Ihre Geschäftstätigkeit insgesamt?

Prozentn=76

14(70%)

6(30%)

8(16.3%)

38(77.6%)

3(6.1%)

7(100%)

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

80

Abbildung 7: Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP nach Regierungs- bezirken

Quelle: Werner, Bauer, Harsche (2016), Darstellung der Hessen Agentur

Abbildung 8: Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP nach Umsatz

Quelle: Werner, Bauer, Harsche (2016), Darstellung der Hessen Agentur

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81

5.4 Ableitung von branchenübergreifenden Erwartungen zur TTIP aus

Expertengesprächen mit Akteuren der hessischen Wirtschaft

Originär für die vorliegende Untersuchung wurden durch die Hessen Agentur leitfa-

dengestützten Expertengespräche mit hessischen Wirtschaftsakteuren – Großunter-

nehmen und KMU, Verbänden und Gewerkschaften – durchgeführt. Die Erhebung

erfolgte im ersten Halbjahr 2015. Die Wirtschaftsakteure entstammen den im Vorfeld

der Untersuchung ausgewählten Branchen chemische und pharmazeutische Indust-

rie34, Maschinen- und Anlagenbau sowie der Informations- und Kommunikationstech-

nologie. Ziel der leitfadengestützter Experteninterviews war es, die Auswirkungen des

Freihandelsabkommens auf die verschiedenen Branchen sowie die Erwartungen der

Akteure innerhalb dieser Branchen aus erster Hand zu erfassen. Die Gespräche wur-

den mit Vertretern sowohl aus KMU als auch aus Großunternehmen der verschiede-

nen Branchen in Hessen geführt, um die unterschiedlichen Auswirkungen der TTIP

auf kleinere und größere Unternehmen erfassen zu können. Neben der Größe wur-

den die befragten Unternehmen nach regionalen Gesichtspunkten sowie ihrem Pro-

duktspektrum ausgewählt. Insgesamt wurden 10 Unternehmen befragt, von denen

fünf der Chemie- und Pharma-Branche, drei dem Maschinen- und Anlagenbau und

zwei der IKT-Branche zuzuordnen sind. In der Befragung waren 7 Großunternehmen

und 3 KMU vertreten. Zahlreiche weitere Unternehmen wurden eingeladen, an der

Befragung teilzunehmen und sagten aus unterschiedlichen Gründen ab.35 Bei der Be-

wertung der Befragungsergebnisse ist dieses Selbstselektionsbias zu beachten. Ne-

ben Vertretern der Unternehmen der jeweiligen Branchen wurden zusätzlich Vertreter

der jeweiligen Branchenverbände und Gewerkschaften zur Teilnahme an der Befra-

gung eingeladen. 36

Von den drei eingeladenen hessischen Gewerkschaften (IG BCE, IG Metall und

ver.di) nahmen zwei an der Befragung in Form eines Expertengesprächs teil. Die

Dachorganisation DGB37 hat auf Bundesebene – gemeinsam mit dem BMWi38 – ein

Positionspapier zur TTIP veröffentlicht. Zudem werden durch die Gewerkschaften

Textbeiträge zur TTIP bzw. zu einzelnen Aspekten des Freihandelsabkommens ver-

öffentlicht und bundesweit Veranstaltungen angeboten. Die hessischen Verbände in

den drei untersuchten Branchen (BITCOM, VCI und VDMA) nahmen ebenfalls an der

Befragung teil und unterstützten die Untersuchung in telefonischen und schriftlichen

Rückmeldungen mit wertvollen Hinweisen. Gemeinsam mit den Verbänden wurde die 34 Inklusive Medizintechnik. 35 Die Unternehmen wurden nach ausführlicher Recherche hinsichtlich verschiedener Kriterien wie Branche, Größe des Un-

ternehmens und Exporttätigkeit ausgewählt und sehr gezielt angesprochen. Es wurden insgesamt 44 Unternehmen kon-taktiert. Den Absagen zur Teilnahme durch die Unternehmen gingen häufig ausführliche Informationsgespräche voraus, bei denen bereits einige Erkenntnisse gewonnen wurden.

36 Eine Übersicht zu den teilnehmenden Unternehmen und Organisationen ist Anhang 4 zu entnehmen. 37 Deutscher Gewerkschaftsbund. 38 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

82

Entscheidung getroffen, aus den folgenden Gründen von einem ausführlichen leitfa-

dengestützten Expertengespräch mit den Verbänden abzusehen: Die Verbände ha-

ben auf Bundesebene bereits in ausführlichen Stellungnahmen ihre Position zu den

Verhandlungen dargestellt und dabei wichtige Themenbereiche erfasst. Es werden

darin vielfach konkrete Hinweise gegeben und Vorschläge für sinnvolle Regelungen,

die durch die TTIP getroffen werden sollten, unterbreitet (vgl. Kapitel 6.1.2, 6.2.2,

6.3.2). Den Verbänden liegen aktuell keine Informationen darüber vor, dass die Un-

ternehmen auf hessischer Ebene von den bundesweit vertretenen Positionen abwei-

chende Vorstellungen haben. Gegebenenfalls ließe sich eine andere Schwerpunkt-

setzung in Hessen aus der Branchenstruktur ableiten. Wie auch der statistische

Überblick in Kapitel 3 zeigt, liegt beispielsweise in der Branche Chemie und Pharma

in Hessen ein starkes Gewicht auf der Pharmabranche. In der IKT-Branche sticht

Hessen als besonders wichtiger Standort für Rechenzentren heraus – insgesamt

weist die hessische IKT-Branche aber sowohl ein breites inhaltliches Spektrum als

auch eine Mischung aus Großunternehmen und KMU auf. Zusammenfassend beste-

hen daher derzeit aus Sicht der Verbände keine Anhaltspunkte, um von einer abwei-

chenden Haltung der hessischen Unternehmen gegenüber der jeweiligen Bundespo-

sition des Verbandes auszugehen.

Die nachfolgende Auswertung erfasst die Ergebnisse der Expertengespräche. Zu-

sätzlich wird auf einige branchenspezifische Unterschiede der Ergebnisse im Zuge

der Branchenanalysen in den nächsten drei Abschnitten eingegangen.

5.4.1 TTIP-Rahmenbedingungen: Standort Hessen, Markterschließung,

außenwirtschaftliche Beziehungen, Handelsabkommen und US-Markt

Bedeutung des Standortes Hessen, Internationalisierungsgrad der befragten

Unternehmen

Bei der Auswahl der Unternehmen wurden vor allem solche berücksichtigt, die einen

bedeutenden Standort in Hessen haben. Fast alle befragten Unternehmen haben in

Hessen ihren Hauptsitz bzw. den Hauptsitz für Deutschland. Für die meisten kleine-

ren Unternehmen in der Befragung ist der hessische Standort der einzige oder der

mit Abstand größte Standort. Dabei haben die meisten befragten Unternehmen eine

große Verbundenheit zum Standort Hessen sowie eine besondere Wertschätzung

zum Ausdruck gebracht, die nicht nur auf die eigene Unternehmensgeschichte – ei-

nige Firmen haben ihren Stammsitz in Hessen – sondern auch auf die guten Stand-

ortfaktoren zurückzuführen ist. Vereinzelt wurde jedoch auf einige Probleme, vor al-

lem auf Infrastrukturmängel wie fehlender Schnellstraßenanschluss des Standorts,

aber auch auf Gegebenheiten wie hohe Gewerbesteuern und Energiekosten sowie

die Herausforderungen des demographischen Wandels vor dem Hintergrund der

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Fachkräfteverfügbarkeit hingewiesen, die die Geschäftstätigkeit der Unternehmen vor

Ort erschweren.

Alle befragten Unternehmen sind international gut aufgestellt. Hieraus dürfen jedoch

keine allgemeinen Rückschlüsse auf die hessische Wirtschaft gezogen werden, da

dieses Kriterium bei der Auswahl der Unternehmen berücksichtigt wurde, d.h. eine

Anforderung an die ausgewählten Unternehmen war, dass sie über ein Exportge-

schäft verfügen, vorzugsweise mit einem US-Bezug. Der Anteil des Auslandsumsat-

zes variiert unter den befragten Unternehmen von rund 40 % bis über 90 %,39 wobei

die großen Unternehmen eindeutig auch einen höheren Anteil des Auslandsgeschäfts

aufweisen. Entsprechend sind auch Strukturunterschiede zwischen den großen Un-

ternehmen und den KMUs bei der Internationalisierung festzustellen. Alle befragte

Großunternehmen unterhalten eigene Niederlassungen oder Tochtergesellschaften

in der USA sowie in anderen unternehmensrelevanten Auslandsmärkten und verfol-

gen oft die Philosophie „Es wird da produziert, wo auch verkauft wird“, d.h. sie unter-

halten mehrere Produktionsstandorte weltweit (teilweise auch in der USA) und belie-

fern von dort den lokalen/regionalen Markt. Dementsprechend wird vor allem bei den

globalen Konzernunternehmen der Großteil ihrer weltweit tätigen Mitarbeiter außer-

halb Deutschlands beschäftigt. Die kleineren Unternehmen unterhalten dagegen,

wenn überhaupt, nur in einzelnen Ländern eigene Niederlassungen und arbeiten im

Ausland öfters mit Partnerunternehmen, die für den Vertrieb der Produkte oder teil-

weise auch Montage und andere Serviceleistungen verantwortlich sind. Manchmal

sind diese Partner Joint Venture Unternehmen oder Beteiligungen, manchmal eigen-

ständige Firmen, die allerdings ausschließlich Produkte des jeweiligen Unternehmens

vertreiben dürfen oder aber eigenständige Distributoren, die auch Produkte anderer

Anbieter verkaufen.

Ähnliche Unterschiede sind auch bei den Lieferbeziehungen zum Ausland festzustel-

len. Die großen Unternehmen kaufen meistens weltweit ein, oft auch dort, wo die

Produktion stattfindet. Als wichtigste Faktoren bei der Lieferantenauswahl wurden da-

bei Preis und Qualität genannt. Oft wurde allerdings explizit darauf hingewiesen, dass

die Kosten beim Einkauf zwar sehr wichtig sind, die strengen unternehmensinternen

Qualitätsstandards allerdings nicht durch Billig(vor)produkte untergraben werden dür-

fen. In manchen Ländern ist gesetzlich geregelt, dass ein bestimmter Wertschöp-

fungsanteil des Produkts im Inland erwirtschaftet werden muss (z.B. die Local Con-

tent Regelungen in China), um dort vertrieben werden zu dürfen. Dies spielt auch eine

Rolle bei der Auswahl der Lieferanten. Bei den kleineren Unternehmen wurde öfters

angegeben, dass der Einkauf sich eher auf Europa konzentriert. Generell sind aber

die Lieferbeziehungen sehr branchen- und teilweise unternehmensspezifisch. Es gibt

39 Bei den globalen Konzernen wurde der Konzernumsatz nach Regionen herangezogen.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

84

auch Großunternehmen, die eine sehr hohe Wertschöpfungstiefe in Deutschland auf-

weisen.

Markterschließungsfaktoren und Direktinvestitionen

Auf die Frage nach den Faktoren für die Erschließung eines Auslandsmarktes sowie

für die Entscheidung vor Ort zu investieren, geben die meisten Unternehmen an, dass

dies ein überwiegend nachfrageorientierter Prozess ist. Die Größe eines Auslands-

markts spielt eine entscheidende Rolle, aber auch das Vorhandensein einer gewissen

Wirtschaftskraft bzw. einer Bereitschaft, für Qualität zu bezahlen. So weisen z.B. Ma-

schinenbauprodukte „made in Germany“ zwar eine überdurchschnittliche Qualität auf,

sind aber auch eher im oberen Preissegment zu finden. Daher sind für Märkte, wo

der Preis eine sehr große Rolle spielt – wie u.a. auch die USA – Zusatzleistungen wie

exklusive Serviceangebote oder Sonderanfertigungen wichtige Bestandteile des

Wettbewerbs.

Insbesondere kleinere Unternehmen berichten, dass es schwierig ist, proaktiv und im

Alleingang ausländische Märkte zu erschließen. Es werden meist zuverlässige und

engagierte Partner vor Ort gebraucht, die dabei unterstützen oder diese Aufgabe

ganz übernehmen können und bereit sind, die entsprechende Unternehmensphiloso-

phie zu vertreten. Oft heißt dies, dass die ausländischen Partner sowohl einen engen

Kundenkontakt unterhalten sowie einen engen Draht zum hiesigen Unternehmen ha-

ben sollten. Der Aufbau solch einer (Vertriebs-)Partnerschaft ist ein langer und auf-

wendiger Prozess, der oft mit intensiven Schulungen des ausländischen Partners ver-

bunden ist. Auch das gegenseitige Vertrauen spielt bei solchen Partnerschaften eine

entscheidende Rolle. Deshalb wird angestrebt, dass diese Partnerschaften von Dauer

sind. Oft werden die ausländischen Partner über Generationen beibehalten. Die Kon-

takte zu solchen potenziellen Partnern werden meistens – so die befragten Unterneh-

men – über Multiplikatoren wie AHK, Hessen Agentur/HTAI und Verbände vermittelt,

auf Fachmessen geknüpft oder von Kunden, die bereits auf dem entsprechenden

Auslandsmarkt aktiv sind, empfohlen.

Es gibt allerdings auch Märkte, deren Erschließung trotz potenziell vorhandener

Nachfrage nicht angestrebt wird oder nur zögerlich erfolgt – wie vor allem die kleine-

ren Unternehmen berichten. Gründe dafür sind an erster Stelle nichttarifäre Handels-

barrieren wie lange und unzuverlässige Zollabwicklung, unsichere Finanzabwicklung

und Rechtslage, aber auch ein sehr schwieriger Marktzugang aufgrund strenger und

(kosten)aufwendiger Zertifizierungsprozesse. Tarifäre Handelsbarrieren scheinen da-

gegen eine kleinere Hürde darzustellen.

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85

Die Erschließung eines ausländischen Marktes erfordert in vielen Fällen auch ent-

sprechende Investitionen vor Ort. Bei entsprechender Marktgröße sind z.B. Kosten-

ersparnisse bei einer Produktion vor Ort möglich. Aber auch Zertifizierungsprozesse,

die für den Vertrieb im Lande notwendig sind, laufen einfacher ab oder sind erst dann

möglich, wenn die Produkte den vor Ort geltenden Standards angepasst werden. Bei

Unternehmen, die kundenspezifischen Lösungen anbieten, ist der direkte Kunden-

kontakt auch im Ausland essentiell. Manchmal folgen die Unternehmen Kunden in

bestimmte Länder. Dann sind die Kunden – meist Global Player – diejenigen, die

zuerst in einem neuen Markt investieren und der Zulieferer folgt, da die Kunden Ser-

vice und Ansprechpartner vor Ort erwarten. Bei Investitionen im Ausland spielen auch

(handels)politische Auflagen verschiedener Länder eine Rolle. So existiert z.B. in den

USA der sog. Buy American Act, der bei öffentlichen Aufträgen den Vorzug US-

amerikanischer Produkte bzw. Unternehmen vorschreibt. Indien und China sind wei-

tere bekannte Beispiele für Länder mit ähnlichen Regelungen. Die befragten Unter-

nehmen berichten zudem, dass auch unabhängig von den gesetzlichen Regelungen

in vielen Ländern, u.a. auch in den USA, heimische Produkte bevorzugt werden.

Branchespezifische Gründe für einen Auslandsengagement vor allem in der USA

nannten Pharma- und IKT-Unternehmen. Die USA gelten in beiden Branchen als In-

novationsstandort Nr. 1, sodass es für die strategische Unternehmensentwicklung

von großer Bedeutung ist, dort vertreten zu sein.

Ob die Auslandsinvestitionen in Form einer Beteiligung, eines Joint Ventures, der Er-

öffnung einer Niederlassung oder der Gründung einer Tochtergesellschaft erfolgen,

hängt sowohl von der Größe des Unternehmens ab als auch von den Spezifika des

jeweiligen Marktes. Vor allem größere Unternehmen nutzen die Möglichkeit, sich ei-

nes vorhandenen Know-hows zu bedienen, und erschließen Märkte bzw. investieren

durch Akquisition ausländischer Unternehmen. Auch Entwicklungskooperationen und

strategische Allianzen mit ausländischen Unternehmen können einen ersten Schritt

zur Markterschließung bzw. zu späteren Investitionen sein. Die befragten Unterneh-

men unterstreichen, dass jede Investition – unabhängig von der Form – zunächst ins

Produktportfolio des Unternehmens passen sollte und im Einklang mit der gewählten

Unternehmensstrategie stehen sollte. Über Auslandsinvestitionen als Finanzanlage

wurde von keinem der befragten Unternehmen berichtet.

Bedeutung des US-Marktes

Gemessen am Anteil des Auslandsumsatzes variiert die Bedeutung des nordameri-

kanischen40 Marktes für die befragten Unternehmen sehr stark – von unter 1 % bis

40 Häufig werden USA und Kanada zusammen betrachtet.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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über 50 %. Unabhängig davon wird die Bedeutung des US-Marktes für die Unterneh-

mensentwicklung von den meisten befragten Unternehmen als sehr groß einge-

schätzt. Zum einen ist dies ein sehr großer und in den letzten Jahren stark wachsen-

der Markt, wo sehr viele Innovationen stattfinden. Zum anderen wird er, was die

Handelshemmnisse betrifft, von fast allen befragten Unternehmen als der einfachste

Markt nach Europa beschrieben. Ein Unternehmen empfindet den US-Markt (eine

Sprache, eine Kultur, ein Rechtssystem) sogar als deutlich einfacher als den europä-

ischen Markt mit seinen 28 Nationalstaaten. Diese Einschätzung weist aber auch

branchespezifische Unterschiede auf, da z.B. im technischen Bereich in den USA

diverse, teilweise regional sehr unterschiedliche Standards genutzt werden, die z.B.

für Maschinenbauprodukte eine zusätzliche Hürde darstellen können. Für einige

Branchen wie die IKT hat das Engagement in den USA auch eine Signalwirkung, die

die Erschließung anderer Märkte erleichtern kann: „Software aus der USA verkauft

sich am besten“. Aber auch im Pharmabereich ist es für ein Unternehmen, das bereits

eine FDA-Zertifizierung41 hat, teilweise einfacher andere Zertifizierungsprozesse

durchzulaufen, da die FDA-Zertifizierung als einer der strengsten Standards in die-

sem Bereich weltweit gilt und als Qualitätssiegel betrachtet wird.

Effekte bisheriger Handelsabkommen

Gefragt nach den Effekten bisheriger Handelsabkommen auf die Unternehmensent-

wicklung konnte die überwiegende Anzahl der Unternehmen keine konkreten Auswir-

kungen nennen. Allgemein herrscht die Einstellung vor, dass die Abschaffung von

Handelsbarrieren immer zu positiven Effekten führt, die je nach der Bedeutung des

entsprechenden Marktes für das Unternehmen mehr oder weniger groß ausfallen

können. Die Einrichtung des EU-Binnenmarkts war das Beispiel eines Handelsab-

kommens, das für die meisten Unternehmen am besten greifbar war. Seine Auswir-

kungen wurden mehrheitlich als äußerst positiv eingeschätzt. Es wurde vereinzelt je-

doch auch darauf hingewiesen, dass der EU-Binnenmarkt teilweise zu einer erhöhten

Regulierung geführt hat, die in manchen Fällen einen größeren Aufwand mit sich

bringt. Im Zusammenhang mit dem EU-Binnenmarkt wurde auch von einigen Unter-

nehmen betont, dass sich Ängste im Vorfeld solcher Abkommen meist als Schreck-

gespenster erweisen, und selbst wenn befürchtete Nachteile vereinzelt tatsächlich

Realität werden, diese meist nur von kurzfristiger Natur sind. Andererseits wurde das

Beispiel des EU-Binnenmarktes hinsichtlich TTIP eingeschränkt, da er viel weiter

greift und mit einer politischen Union einhergeht. Im Allgemeinen wurde festgestellt,

dass die es im Zuge der Globalisierung immer wieder zu einzelnen Vereinfachungen

41 Zertifizierung des Unternehmens durch Food and Drug Administration, die im Pharmabereich Voraussetzung für die Belie-

ferung des US-amerikanischen Marktes ist.

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im gegenseitigen Warnaustausch kommt: So werden hier und da ein Formular abge-

schafft, Fristen optimiert oder elektronischer Datenaustausch ermöglicht.

5.4.2 Beurteilung der TTIP durch die Unternehmen

Durch einen umfangreichen Frageblock wurden die Einschätzungen der Unterneh-

men zu vielfältigen Aspekten der TTIP erfasst. Im Fokus stand dabei die Erfassung

der Bedeutung tarifärer und nichttarifärer Handelsbarrieren beim aktuellen wirtschaft-

lichen Austausch mit den USA. Darüber hinaus wurden Wünsche für das Abkommen

und die Erwartungen für die Geschäftsentwicklung abgefragt. Zudem wurden Ein-

schätzungen zur Informationslage, der Verhandlungsführung, der Umsetzungswahr-

scheinlichkeit und den Stellenwert der TTIP-Verhandlungen für das Unternehmen er-

hoben.

Eigener Informationsstand, Informationspolitik, Transparenz der Verhandlun-

gen

Die Unternehmen schätzen ihren Informationsstand zur TTIP überwiegend eher

schlecht ein und führen dies häufig auf die mangelnde Transparenz des Verhand-

lungsprozesses zurück. Ein Unternehmen fühlt sich sehr schlecht informiert, fünf Un-

ternehmen eher schlecht und ein Unternehmen eher gut. Lediglich ein Unterneh-

mensvertreter gab an, sich sehr gut informiert zu fühlen. Es wurde angemerkt, dass

keine aktive Informationsvermittlung gegenüber den Unternehmen erfolgt. Allerdings

wird auch auf die Schwierigkeit bei der Entscheidung hingewiesen, wer wann wen

und wie bei einem derartig komplexen Thema informieren sollte. Die Unternehmen

gaben teils an, sich über Verbände oder Kammern zum Abkommen zu informieren,

auch über die Presse werden Informationen bezogen. Einzelne Unternehmensvertre-

ter gaben explizit an, dass eine gewisse Vertraulichkeit bei solchen Verhandlungen

normal sei und ihrerseits wenig Interesse an den Vertragstexten selbst bestünde. All-

gemeine Informationen zur TTIP seien ausreichend vorhanden, müssten allerdings

aktiv durch die Unternehmen beschafft werden. Als zentraler Kritikpunkt wurde viel-

fach genannt, dass die Zielsetzungen der TTIP bzw. der EU-Kommission für die TTIP-

Verhandlungen nicht klar sind. Abgesehen davon, dass nicht klar ist, ob bekanntge-

gebene Ziele in den Verhandlungen erreicht werden können, haben die Unternehmen

durch die fehlenden Informationen zu Zielsetzungen und den verfolgten entscheiden-

den Details keine Grundlage, um die Konsequenzen der TTIP auf ihr Unternehmen

abschätzen zu können. In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass das Abkom-

men sehr breit angelegt ist und es wird befürchtet, dass niemand einen vollständigen

inhaltlichen Einblick hat und die Konsequenzen insgesamt bewerten kann. Zusätzlich

wird angezweifelt, ob die EU als gleichwertiger Verhandlungspartner gegenüber der

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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USA ihre Ziele verfolgen kann, oder ob sie sich durch die grundsätzlich unterschied-

lichen Interessen der 28 Mitgliedsstaaten und die gerade aktuell angespannte Lage

im EURO-Raum in den Verhandlungen nicht durchsetzen kann.

Bedeutung tarifärer und nichttarifärer Handelsbarrieren mit den USA

Das zentrale Argument für die Aufnahme der Verhandlungen zur TTIP besteht in den

positiven wirtschaftlichen Effekten, die mit einem Abbau der tarifären und nichttarifä-

ren Handelsbeschränkungen verbunden sind. Die in Kapitel 4 vorgestellten Modell-

rechnungen schätzen diese Effekte ab und legen in verschiedenen Szenarien unter-

schiedlich weitgehende Absenkungen der Handelsbarrieren zwischen der EU und

den USA zu Grunde. Dies wird über eine Senkung der mit dem Handel verbundenen

Kosten – d.h. die Senkung der prozentualen Zollsätze und die ebenfalls als prozen-

tuale Kostensätze in die Modelle eingeführten nichttarifären Handelsbarrieren – er-

reicht. Vor diesem Hintergrund hat die Frage nach den durch die hessischen Unter-

nehmen in der wirtschaftlichen Praxis tatsächlich wahrgenommenen Handels-

barrieren eine zentrale Bedeutung.

Wie eine Auswertung der telefonischen Rücksprachen bei der Absagen einiger Un-

ternehmen zur Teilnahme an der Befragung ergibt, schätzen viele Unternehmen das

Thema für sich als nicht relevant ein. Dies beruht teils darauf, dass es für diese Un-

ternehmen keine wahrnehmbaren Handelsbarrieren gibt.

Alle Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben, unterhalten Ge-

schäftsbeziehungen in den USA. Der US-Markt wurde hinsichtlich des Zugangs mehr-

fach als einfachster Auslandsmarkt nach der EU bezeichnet, sodass sich die poten-

ziellen Handelsbarrieren für diese Unternehmen nicht als unüberwindbare Hürden

darstellen. Die Unternehmen gehen auf verschiedene Weise mit den bestehenden

Handelsbarrieren um und dies gelingt teilweise so gut, dass erst auf gezielte Nach-

frage Handelsbarrieren durch die Unternehmen genannt werden konnten. Gerade

Unternehmen, die bereits langjährig eigene Standorte in den USA unterhalten, be-

trachten dies als selbstverständlichen Geschäftsbestandteil und nicht als Mittel, um

etwaige Handelshürden zu überwinden. Für verschiedene Großunternehmen ist auch

kaum eine Charakterisierung als „Auslandsmarkt“ möglich, da die Produktion an meh-

reren Standorten weltweit stattfindet, von denen aus auch der weltweite Markt belie-

fert wird. Der Konzernumsatz wird dann nicht in Inlands- und Auslandsumsatz unter-

teilt, sondern eher einzelnen weltwirtschaftlichen Regionen oder Ländern zugeordnet.

Hinsichtlich tarifärer Handelshemmnisse geben die befragten Unternehmen einhellig

zu verstehen, dass sie beim US-Geschäft von geringer Bedeutung sind. Für einige

Produkte sind keine Zölle zu zahlen, teils werden Zollsätze von 3-5 % angegeben.

Vielfach waren die Zollsätze nicht bekannt, was auf ihre geringe Bedeutung schließen

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lässt. Trotzdem fallen insbesondere bei Großunternehmen mit einem entsprechenden

Volumen mehrere Millionen Euro Zollgebühren an, wodurch sich ein erhebliches Ein-

sparpotenzial ergibt. Kein Unternehmen sah durch die aktuellen Zölle seine Wettbe-

werbsfähigkeit gefährdet. Vergleichend wurde Brasilien als negatives Beispiel ge-

nannt, wo beim Export aus der EU teils sehr hohe Zölle zu zahlen sind. Viel größere

Bedeutung als tarifäre Handelsbarrieren kommt in Richtung USA den Transportkos-

ten aufgrund der großen Entfernung sowie den Wechselkursschwankungen („Seit No-

vember 2014 sind die Produkte der EU-Unternehmen in den USA 25 % günstiger

geworden“) zu. Je nach Ausrichtung der Unternehmen wird mit Zöllen und der Zoll-

abwicklung unterschiedlich umgegangen. Bei verschiedenen Produkten erfolgt eine

Auslieferung ab Werk und die Fakturierung in Euro, sodass die Zollabwicklung im

Verantwortungsbereich des Auslandspartners beziehungsweise Spediteurs liegt. Für

Produkte, die in eigenen Produktionsstätten in den USA hergestellt werden, entfallen

tarifäre Handelsbeschränkungen. Umgekehrt stellen die Unternehmen auch beim Im-

port – sowohl beim Import eigener in den USA hergestellter Waren als auch beim

Bezug sonstiger Produkte aus den USA – keine nennenswerten tarifären Handels-

barrieren fest.

Entsprechend zu den Ergebnissen in der Literatur zur TTIP wird auch bei den hessi-

schen Unternehmen die wesentlich höhere Bedeutung von nichttarifären gegenüber

tarifären Handelsbarrieren betont (vgl. beispielsweise die Ergebnisse bei der Ver-

bandsumfrage von Felbermayr et al. 2013a). Trotzdem ist hervorzuheben, dass auch

die nichttarifären Barrieren in nahezu allen Fällen nicht als unüberwindbar einge-

schätzt werden, sondern der US-Markt bereits jetzt als ein äußerst einfacher Aus-

landsmarkt gilt. Lediglich im Pharma- und Medizintechnikbereich wurden nichttarifä-

ren Handelsbarrieren genannt, die zu massiven Kosten führen und teils prohibitiven

Charakter haben.

Die Unternehmen wurden aufgefordert, ihre Wahrnehmung von nichttarifären Han-

delsbarrieren möglichst an konkreten Beispielen zu erläutern. Die bedeutendsten

nichttarifären Handelsbarrieren, die durch die TTIP möglicherweise verringert werden

können, liegen zwischen den USA und der EU in den Bereichen Zertifizierung und

Kennzeichnungspflicht. Damit wird die Einschätzung der in Kapitel 4 zusammenge-

fassten Studien bestätigt. Trotzdem ist auch diesbezüglich hervorzuheben, dass der

größte Teil der befragten Unternehmen diese Hürden nicht dramatisch hoch ein-

schätzt. Erheblicher Aufwand wird insbesondere im Pharma- und Medizintechnikbe-

reich identifiziert. Hier sind neben den Zertifizierungen für den europäischen Markt

weitere Genehmigungen durch die FDA42 notwendig, um die Produkte in den USA

abzusetzen. In dem äußerst sensiblen Gesundheitsbereich sind die Unternehmen ei-

ner Vielzahl von Kontrollen unterworfen. Die Unternehmen werden durch deutsche

42 Food and Drug Administration.

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Behörden bzw. Zertifizierungsinstitutionen wie dem TÜV überprüft. Zusätzlich haben

insbesondere große Abnehmer eigene Qualitätssicherungssysteme entwickelt, an-

hand derer sie ihre Zulieferer zertifizieren. Während die deutschen Zertifizierungen

innerhalb der EU anerkannt werden, ist dies außerhalb der EU nicht der Fall. Daher

werden die Unternehmen von Prüfern und Behörden aus vielen Ländern begutachtet.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Anforderungen sind zwar prinzipiell gering,

können aber trotzdem zu einem nicht unerheblichen Aufwand führen. Die Begutach-

tung durch die US-amerikanische Behörde FDA gilt dabei als besonders streng.43

Dementsprechend ist zwar die doppelte Zertifizierung durch einheimische Behörden

und FDA ein Hindernis, die FDA Zertifizierung hilft jedoch auch bei der Erschließung

anderer Absatzmärkte. Zusätzlich zur Zertifizierung der Produktionsabläufe ist auch

hinsichtlich der Produkte selbst ein hoher zusätzlicher Aufwand zu betreiben. So ist

beispielsweise ein hoher Anteil der klinischen Studien doppelt durchzuführen, um

eine Zulassung für Medizinprodukte und Medikamente in den USA und der EU zu

erreichen. Diese Handelshürden verursachen nicht nur zusätzliche Kosten, sondern

sie verzögern häufig auch den Eintritt in den US-Markt mit einem bestimmten Produkt.

Dies hat aber gerade in der Pharmabranche eine hohe Bedeutung, da die Einstellung

auf ein bestimmtes Medikament häufig aufwendig ist und Patienten in der Folge häu-

fig ein bestimmtes Medikament über einen langen Zeitraum hinweg einsetzen.

In den übrigen betrachteten Wirtschaftsbereichen bestehen zwar auch Unterschiede

hinsichtlich Zertifizierungen und Kennzeichnungspflicht, die Unternehmen messen

ihnen allerdings keine allzu große Bedeutung bei. Häufig wird die europäische CE-

Zertifizierung in den USA anerkannt. Eine Schwierigkeit in den USA ist, dass in ver-

schiedenen Bereichen keine einheitliche Zertifizierung existiert. Die Regelungen zu

technischen Aspekten, chemischen Inhaltsstoffen oder Kennzeichnungspflichten un-

terscheiden sich zwischen den einzelnen Staaten der USA, teils könne quasi jeder

„County-Sheriff eigene Regelungen“ festsetzen. Teilweise wird dieses Problem

dadurch gelöst, dass der jeweilige Kunde selbst prüfen muss, ob er das Produkt ein-

setzen darf. Der hessische Exporteur stellt dann nur die entsprechenden Informatio-

nen zur Verfügung. Einige Produkte sind leicht technisch anzupassen. So werden in

den USA gängige Schrauben im Inch-Format genutzt. Dieser Aspekt ist bei der Kon-

struktion der Geräte bereits zu beachten. Gerade bei der Elektrik sind an verschiede-

nen Produkten Umbauten vorzunehmen. Einige chemische Inhaltsstoffe sind in den

USA nicht zulässig, sodass alternative Substanzen genutzt werden müssen. Die

Kennzeichnungen der Produkte müssen an die US-Standards angepasst werden.

43 Streng ist weniger im Sinne der eigentlichen Anforderungen zu verstehen sondern hinsichtlich der Dokumentation. In den

USA muss die Dokumentation äußerst präzise sein, es dürfen keine Vorkenntnisse vorausgesetzt werden und es darf quasi keinen Spielraum geben. In der EU wird dagegen bei der Dokumentation von qualifizierten Fachkräften mit dem entspre-chenden Know-how ausgegangen.

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Das heißt Gefahrenbezeichnungen, Inhaltsstoffe, der „Beipackzettel“ für Endverbrau-

cher oder Bedienungshinweise sind entsprechend den US-Vorschriften zu ändern.

Die Unternehmen nehmen diese Anpassungen entweder in Deutschland oder in den

Produktionsstandorten vor Ort vor. Sie haben sich zum Teil so gut auf diese Situation

eingestellt, dass diese Aspekte erst auf Nachfrage als Handelsbarriere wahrgenom-

men wurden. Eventuell könnte dies auch darauf beruhen, dass selbst ohne entspre-

chende Richtlinien aufgrund von Kundenanforderungen und Nutzerfreundlichkeit ge-

wisse Anpassungen notwendig sind.

Eine Handelshürde, die nur selten genannt wurde, sind Probleme bei der Abwicklung

der Zoll- und Einfuhrbestimmungen. So „bleibt ab und an ein Container im Zoll hän-

gen“ oder es treten Probleme wegen eines Kennzeichnungsfehlers auf. Diese Hürden

werden als sehr gering betrachtet – insbesondere im Vergleich mit anderen Auslands-

märkten.

Einige Unternehmen gaben an, dass die „Buy National“-Vorschriften in den USA prob-

lematisch sind. Die Unternehmen haben sich auf diesen Aspekt bis zum gewissen

Grad einstellen können. Teilweise lässt sich nachweisen, dass es kein vergleichbares

US-Produkt gibt. Wenn die Unternehmen nachweisen können, dass ein gewisser An-

teil der Wertschöpfung am eigenen Standort in den USA erfolgt, sind diese Regelun-

gen ebenfalls unproblematisch. Strenger als die „Buy National“- Vorschriften sind Vor-

schriften des Patriot-Acts. Falls ein Unternehmen mit sicherheitsrelevanten Behörden

zusammenarbeiten möchte, muss die US-Tochter in hohem Maße selbstständig sein.

Eine weitere Handelshürde, die zwar für einige Unternehmen wahrnehmbar ist, im

Vergleich mit anderen Ländern jedoch ebenfalls als sehr gering eingeschätzt wird, ist

die Beschaffung von VISA für Mitarbeiter. Die Unternehmen beschäftigen zudem oh-

nehin häufig einheimische Arbeitskräfte in ihren Auslandsniederlassungen.

Es gibt einige Unterschiede zwischen Europa und der USA, die durch das Abkommen

nicht berührt werden, und denen als Handelshürde zum Teil eine deutlich höhere Be-

deutung zugemessen wird. Ein Aspekt, der hier mehrfach genannt wurde, sind die

Mentalitätsunterschiede: In den USA liegt der Fokus deutlich stärker auf den Kosten

des Produktes. Auch Forderungen nach schnellen Lieferzeiten und häufigeren Son-

derwünschen sind in den USA zu bedienen. Trotz des guten Rufes von „Made in Ger-

many“ wurde als Nachteil genannt, dass man „fremd“ in einem Land ist. Im Zweifel

greifen die Abnehmer – dies sei aber kein ausschließliches US-Phänomen – zu den

Produkten einheimischer Anbieter. Zur Lösung dieser Schwierigkeiten trägt natürlich

ein eigener Standort in den USA bei, in dem zudem insbesondere einheimische Ar-

beitskräfte beschäftigt sind. Einige Unternehmen greifen auf Joint-Ventures oder Ver-

triebspartner zurück. Auch gibt es technische Aspekte – wie etwa die uneinheitliche

Netzspannung innerhalb der USA – oder sonstige Rahmenbedingungen in den USA,

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durch die sich Handelshürden ergeben. Beispielsweise sind die Krankenkassensys-

teme vollkommen unterschiedlich oder auch der Umgang mit Lebensmitteln. Diese

Unterschiede zwischen den Ländern können – und sollen – jedoch nicht abgebaut

werden. Zudem müssen unterschiedliche Regelungen nicht immer Handelshürden

sein, sondern es ergeben sich aus anderen Rahmenbedingungen auch Marktchan-

cen in den USA, die so in Europa nicht existieren.

Zu Handelsbarrieren in anderen Bereichen konnten die Unternehmensvertreter kaum

Aussagen treffen. Beim Import wurde erwähnt, dass es in Einzelfällen zu Schwierig-

keiten beim Weiterverkauf in Drittländer – zum Beispiel Embargoländer – kommen

könne, obwohl die Produkte nicht von einem entsprechenden Embargo betroffen

seien. Im Hinblick auf Investitionen in den USA oder aus den USA wurden von den

Unternehmen keine Barrieren genannt.

Umsetzungswahrscheinlichkeit des Abkommens, Anforderungen an das Ab-

kommen, Erwartete Effekte auf die Geschäftsentwicklung, Vorbereitungsmaß-

nahmen

Die Unternehmen taten sich schwer bei einer Einschätzung, ob die TTIP umgesetzt

wird. Drei Unternehmen schätzten die Wahrscheinlichkeit hoch oder sogar sehr hoch

ein. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass noch nicht klar sei, wer letztlich über

eine Einführung entscheiden müsse. Falls es als gemischtes Abkommen durch alle

EU-Länder Parlamente verabschiedet werden müsse – oder sogar noch weitere Par-

lamente auf regionaler Ebene einzubeziehen seien – sinke die Umsetzungswahr-

scheinlichkeit. Die Situation in den USA sei noch schwieriger einzuschätzen, da die

Präsidentschaftswahlen im Jahr 2016 anstünden und die Umsetzungsmöglichkeiten

durch unterschiedliche Vorstellungen von Präsident, Senat und Repräsentantenhaus

im US-amerikanischen Kongress eingeschränkt sein könnten.

Die Unternehmen waren eher zurückhaltend bei der Formulierung von Wünschen,

welche Regelungen durch das Abkommen getroffen werden sollten. Einerseits beruht

dies auf den geringen Handelsbarrieren. Selbstverständlich sehen die Unternehmen

einen Abbau von verschiedenen Regelungen als Vorteil an und die Wünsche ergeben

sich jeweils aus den geschilderten Handelsbarrieren – so wird etwa die Abschaffung

der verbliebenen Zölle oder die Anerkennung von technischen Standards befürwortet.

Andererseits drückt sich in der Zurückhaltung auch eine hohe Skepsis aus, welche

Verhandlungsziele überhaupt durchsetzbar sind. Eine Lockerung der VISA-Pflicht in

den USA erscheint unrealistisch. Auch die gegenseitige Anerkennung der Standards

im Pharma- und Medizinbereich wäre zwar erfreulich, erschien den Befragten aber

eher unwahrscheinlich. Obwohl die Unternehmen es richtig finden, dass keine Stan-

dards gesenkt werden sollen, befürchten einige Unternehmen einen erhöhten Auf-

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wand, wenn in allen Bereichen durch das Abkommen der höchste Standard gilt. Auf-

grund der Unsicherheit, welche Ziele in den Verhandlungen umzusetzen sind, wurde

mehrfach der allgemeine Wunsch geäußert, dass ein Abkommen auf Augenhöhe

ausgehandelt wird. Aufgrund der Uneinigkeit innerhalb Europas besteht die Befürch-

tung, dass sich Europa in den Verhandlungen nicht durchsetzen kann.

Die Unternehmen befürworten allgemein die Absenkung von Handelsbarrieren und

sehen in Abhängigkeit des Ergebnisses generell Chancen. Insgesamt werden die Ef-

fekte der TTIP jedoch eher als gering eingeschätzt. Je ausgeprägter die Wahrneh-

mung von Handelsbarrieren aktuell ist, desto eher erwarten die Unternehmen positive

Effekte durch ein Abkommen. Daher werden insbesondere in der Chemie- und Phar-

mabranche positive Impulse erwartet. Positiv wirkt sich aus, wenn sich der Marktein-

stieg in die USA für verschiedene Produkte vereinfacht. Auch eine bessere wirtschaft-

liche Entwicklung innerhalb der USA kann das Marktvolumen für die hessischen

Unternehmen erhöhen. Der Absatz könnte sich zusätzlich steigern lassen, wenn eu-

ropäische Kunden der Unternehmen durch das Abkommen ihren Absatz in den USA

steigern. Im Hinblick auf die Kosten wirken sich Zollsenkungen und verminderter Do-

kumentationsaufwand bzw. Abschaffung doppelter Zulassungs- und Prüfverfahren

positiv aus. Da die betrachteten Branchen ohnehin stark internationalisiert sind und

aus den USA wichtige Wettbewerber stammen – insbesondere in der IKT-Branche

wird der Markt durch US-Unternehmen dominiert –, erwarten die hessischen Unter-

nehmen überwiegend keine weitere Steigerung der Konkurrenzsituation durch TTIP.

Nur ein Unternehmen nannte die Möglichkeit eines höheren Konkurrenzdrucks aus

den USA als negativen Aspekt des Abkommens. Ein Unternehmen ging explizit auf

ein Szenario ein, in dem die USA statt mit der EU mit anderen Wirtschaftsräumen

Abkommen abschließen könnte, wodurch Nachteile für europäische Anbieter entste-

hen könnten. Die Gefahr, dadurch substanzielle Nachteile zu erfahren, schätzte das

Unternehmen allerdings gering ein. Zudem wurde auch die Wahrscheinlichkeit, dass

sich beispielsweise China und die USA auf ein Abkommen einigen könnten, als gering

angesehen.

Entsprechend zu den eher gering eingeschätzten Effekten des Abkommens auf die

Geschäftsentwicklung und der insgesamt großen Unsicherheit – solange nicht konk-

ret feststeht, welche Regelungen getroffen werden – trifft aktuell keines der befragten

Unternehmen Vorbereitungsmaßnahmen für einen erfolgreichen Abschluss oder für

ein Scheitern der Verhandlungen. Aktuell beschränken sich die Maßnahmen daher

auf die Verfolgung der Verhandlungen, das Sammeln von Informationen und deren

Weitergabe an die Fachabteilungen.

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Stellenwert der Verhandlungen zur TTIP im Unternehmen, ggf. im Verhältnis zu

anderen (wirtschaftspolitische) Themen

Schließlich wurden die Unternehmensvertreter gebeten, den Stellenwert der Ver-

handlungen zur TTIP in ihrem Unternehmen einzuordnen und gegebenenfalls ande-

ren Themen gegenüberzustellen. Die Verhandlungen werden von den Unternehmen

verfolgt, das Thema hat aber bisher insbesondere aus drei Gründen noch überwie-

gend geringe Relevanz:

Die Unternehmen nehmen die USA bereits aktuell als einen der einfachsten

außereuropäischen Auslandsmärkte hinsichtlich tarifärer und nichttarifärer Han-

delsbarrieren wahr.

Die Regelungen des Abkommens und die Auswirkungen auf die Geschäftstä-

tigkeit sind bisher kaum abschätzbar.

Das Thema liegt noch vergleichsweise weit in der Zukunft, sodass es aktuellere

Fragestellungen gibt.

Teilweise gaben die Unternehmen Einschätzungen zu aus ihrer Sicht aktuell bedeu-

tenderen (wirtschafts-)politischen Themen ab, die aufgrund der offenen Fragestellun-

gen eine hohe Bandbreite erreichten. Hinsichtlich des Außenhandels wurden teils

Märkte genannt, die wesentlich schwieriger zu bearbeiten sind. Hier würden sich ei-

nige Unternehmen entsprechende Abkommen wünschen. Genannt wurden Brasilien,

China, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia und Russland. In Bezug auf Russland

wurde vielfach eine Lösung der Ukraine-Krise und damit einhergehend die Entschär-

fung des Konfliktes mit Russland als aktuell wichtiges Thema genannt. Der Zusam-

menhalt innerhalb der EU sollte wieder gestärkt werden und das zunehmende Natio-

naldenken in den Mitgliedsstaaten wurde kritisch gesehen. In diesem

Zusammenhang steht auch die Frage nach der Entwicklung des Euro. Weitere wich-

tige Zukunftsthemen von langfristiger strategischer Natur sind Klimawandel und Ener-

giewende weltweit, die Digitalisierung sowie das Eindringen von IT-Firmen in andere

Wirtschaftsbereiche, wodurch die Verhältnisse in einer ganzen Branche verändert

werden können. Auch innenpolitische Themen wie die kritisch beurteilten Themen

Rente mit 63, Mindestlohn, mangelnder Bürokratieabbau und Steuerbelastung wur-

den genannt. In der Pharmabranche haben aktuelle Diskussionen zu EU-Richtlinien

(z.B. Medizinprodukte) und Gesetzgebungsverfahren auf EU- und Bundesebene ei-

nen höheren Stellenwert als die TTIP-Verhandlungen. Schließlich trafen einige Un-

ternehmen Aussagen zum Standort Hessen und wiesen in diesem Rahmen auf not-

wendige Infrastrukturmaßnahmen hin.

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5.4.3 Positionen verschiedener Wirtschaftsakteure zur TTIP

Zusätzlich zu den in den vorangegangenen Abschnitten zusammengefassten Exper-

tengesprächen mit Unternehmen wurden mit Verbänden und Gewerkschaften weitere

Akteure der hessischen Wirtschaft befragt.

Einschätzung der Verbände

Die in die Untersuchung aufgenommenen Verbände befürworten den Abschluss ei-

nes Abkommens. Alle Verbände weisen in ihren Veröffentlichungen auf spezifische

Aspekte ihrer Branche hin, für die sie sich Verbesserungen durch die TTIP erhoffen.

Diese branchenspezifischen Aspekte werden ausführlich in den entsprechenden Ka-

piteln (vgl. Kapitel 6.1.2, 6.2.2 und 6.3.2) dargestellt. In allen Branchen werden die

tarifären Hemmnisse als gering eingestuft. Die Verbände befürworten trotzdem eine

Abschaffung der verbliebenen Zölle, da aufgrund des großen Handelsvolumens zwi-

schen der EU und den USA dadurch substanzielle Einsparungen zu erzielen sind.

Wesentlich mehr Ansatzpunkte zur Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen

zwischen der EU und den USA werden im Bereich der nichttarifären Handelsbarrieren

genannt, die in den entsprechenden Branchenkapiteln ausführlich dargestellt werden.

Über die befragten Verbände hinaus lassen sich die Positionen weiterer wichtiger

Wirtschaftsakteure in Hessen anhand der jeweiligen Veröffentlichungen erfassen. Die

VhU44 begrüßt die intensive öffentliche Debatte und bringt sich unter anderem durch

die Organisation von Fachdiskussionen zur TTIP ein. Sie fordert eine ambitionierte,

faire und starke TTIP. Als Argument hierfür werden die gerade für den Mittelstand

bedeutende Reduktion der Kosten durch gemeinsame Standards und die Möglichkeit

zur Gestaltung der Globalisierung aufgeführt. Hinsichtlich der umstrittenen Investo-

renschutzregelungen begrüßt die VhU die in der Diskussion stehenden Verbesse-

rungsvorschläge wie Berufungsinstanzen, sieht sie aber grundsätzlich als bewährtes

Instrument zur Gleichbehandlung von ausländischen Investoren an (VHU 2015).

Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft sieht in seinen Veröffentlichun-

gen (z.B. BVMW 2015) den Bedarf erheblicher Nachbesserungen für TTIP, damit das

Abkommen mittelstandstauglich wird. Der Verband richtet sich gegen die Privatisie-

rung des Rechts durch Schiedsgerichte, setzt sich für den Erhalt des Vorsorgeprin-

zips ein und beurteilt einen angedachten Regulierungsrat kritisch. TTIP solle nicht zur

Absenkung von bewährten Standards oder Aushebelung demokratischer Prinzipien

führen.

44 Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Einschätzung der Gewerkschaften

Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurden auch Expertengespräche mit den

Gewerkschaften IG BCE und ver.di geführt. Darüber hinaus können zahlreiche Ver-

öffentlichungen und Veranstaltungen dieser Gewerkschaften analysiert werden,

durch die sich die Erwartungshaltung der Arbeitnehmerseite in Hessen an die TTIP

extrahieren lässt. Besondere Bedeutung kommt einem gemeinsamen Positionspapier

des DGB und des BMWi zu. Hierin stellen die Gewerkschaften klar, dass sie nicht

grundsätzlich gegen ein Freihandelsabkommen sind, es werden jedoch einige aus

Sicht der Gewerkschaften unverhandelbare und damit grundsätzliche Anforderungen

an die TTIP formuliert (DGB 2015):

Ziel ist es, zusätzlichen Wohlstand für breite Bevölkerungsschichten sowie faire

und nachhaltige Handelsregeln zu schaffen.

Eine angemessene öffentliche Debatte trotz Geheimhaltungsvorschriften ist zu

ermöglichen.

Mitbestimmungsrechte, Arbeits-, Gesundheits- und Verbraucherschutz- sowie

Sozial- und Umweltstandards dürfen nicht gefährdet werden, sondern sind viel-

mehr zu verbessern.

Die Beseitigung der Zölle führt zu erheblichen Einsparungen der Unternehmen,

Einnahmeverluste sind im EU-Haushalt auszugleichen.

Nichttarifäre Handelshemmnisse dürfen nur abgebaut werden, wenn damit

keine Reduktion des Schutzniveaus einhergeht. Die parlamentarische Hoheit

zur Setzung von Standards ist zu gewährleisten.

Nicht nur Wahrung, sondern Verbesserung von Umwelt-, Arbeits- und Verbrau-

cherschutzniveau ist zu gewährleisten. Internationale Normen sollen beachtet

werden, insbesondere sollen die ILO Kernarbeitsnormen und die OECD-

Leitsätze für multinationale Unternehmen durch beide Seiten ratifiziert und

durchgesetzt werden.

Es ist auszuschließen, dass durch Investitionsvorschriften das demokratische

Recht, Regelungen zum Schutz von Gemeinwohlzielen zu schaffen, untergra-

ben wird. Investitionsschutzabkommen sind zwischen der EU und den USA un-

nötig und die Gestaltung solcher Abkommen ist insgesamt zu überprüfen.

Die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsfürsorge muss aufrechterhalten wer-

den. Entscheidungen über Liberalisierung und Privatisierung von Aufgabenbe-

reichen sind durch die Gebietskörperschaften zu treffen.

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Durch das Abkommen sollte die Regulierung der globalisierten Finanzmärkte

um bisher schwach regulierte Bereiche ergänzt werden.

Die öffentliche Beschaffung soll weiterhin soziale und ökologische Beschaf-

fungskriterien festsetzen dürfen.

Die Verhandlungen sollten ohne Zeitdruck, mit großer Transparenz und weitrei-

chender demokratischer Beteiligung fortgesetzt werden. Auch soll das Abkom-

men Klauseln beinhalten, die eine Korrektur von Fehlentwicklungen ermöglicht.

Aus den Expertengesprächen mit den Gewerkschaftsvertretern in Hessen lassen sich

neben branchenspezifischen Erkenntnissen auch branchenübergreifende Aussagen

ableiten. Ein wichtiger Aspekt sind die Erfahrungen aus bisherigen Handelsabkom-

men. Ein Gewerkschaftsvertreter wies darauf hin, dass etwaige Befürchtungen wie

etwa Konkurrenz durch ein niedrigeres Lohnniveau bei der EU-Osterweiterung meist

nicht eingetreten sind bzw. nur kurzfristiger Natur waren. Trotzdem wird auch betont,

dass gerade bei der Ableitung von Erkenntnissen aus dem EU-Binnenmarkt vorsichtig

vorgegangen werden müsse, da es sich hierbei nicht nur um ein Handelsabkommen

handele, sondern auch eine politische und rechtliche Verzahnung der Staaten erfolgt

ist.

Hinsichtlich der Einschätzung zur Transparenz der Verhandlungen wird insgesamt

eingeräumt, dass sich diese zwar verbessert habe, aber noch immer fehlten viele

wesentliche Informationen, um einen gesellschaftlichen Diskurs zu ermöglichen. Die

Transparenzbemühungen erscheinen verschiedenen Gewerkschaftsvertretern eher

als Feigenblatt. Zudem wurde auf die hohe Bedeutung eines politischen Dialogs hin-

gewiesen, der auf allen politischen Ebenen stattfinden soll. Auf hessischer Ebene

wurde explizit auf den Hessischen Energiegipfel als Beispiel für ein geeignetes Instru-

ment zur Führung eines Dialogs hingewiesen.

Die Folgen eines Abkommens werden durch die verschiedenen Gewerkschaften un-

terschiedlich beurteilt, was zum großen Teil auf spezifische branchenbezogenen Be-

troffenheiten zurückzuführen ist. Einerseits werden die durch die Befürworter prokla-

mierten Wohlstandseffekte als zu gering angesehen, um dafür die hohen Standards

in vielen Bereichen der EU zu gefährden. Auch Gefahren durch Deregulierung des

Arbeitsmarktes und negative Liberalisierungs- und Privatisierungseffekte werden ge-

nannt. Zudem würden die Arbeitsbedingungen in der EU indirekt durch erhöhten

Wettbewerb gefährdet, wenn die geringeren Standards in den USA für US-

Unternehmen zu höherer Wettbewerbsfähigkeit führten. Andererseits werden auch

Chancen gesehen, wie etwa durch die leichtere Gewinnung von Fachkräften aus den

USA.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

98

5.4.4 Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Unternehmen im Allgemeinen Han-

delsliberalisierungen sehr positiv betrachten. Auch eine Liberalisierung des Handels

mit den USA wird grundsätzlich deutlich befürwortet, worauf mehrere Unternehmen

explizit hinwiesen. Trotzdem werden die aktuellen Verhandlungen zur TTIP auch mit

einiger Skepsis betrachtet. Dabei wurden vereinzelt auch die in der öffentlichen De-

batte häufig genannten Kritikpunkte der TTIP-Gegner (vgl. Kapitel 2.2) aufgegriffen.

Auch wenn einige prominente Beispiele wie das „Chlorhühnchen“ eher belächelt wur-

den, wurde beispielsweise mehrfach auf die grundsätzliche Sensibilität im Bereich der

Nahrungsmittel hingewiesen. Auch auf kritische Konsequenzen, falls das Abkommen

auf den kulturellen Bereich ausgedehnt würde, wurde hingewiesen. In diesem Zu-

sammenhang wurde erwähnt, dass das Abkommen sehr groß angelegt ist, wodurch

niemand die vollständige Tragweite abschätzen könne. Die Haltung zu den Schieds-

gerichtsverfahren ging weit auseinander, sie wurden sowohl als gängiges System be-

zeichnet als auch als nicht verfassungskonform abgelehnt. Auch wurden Befürchtun-

gen zur zunehmenden Bedeutung US-amerikanischer Rechtspraxis – beispielsweise

wenn bei Lieferungen in die USA nicht mehr als Gerichtsstand das Herkunftsland

festgelegt werden könne – geäußert.

Die Beurteilung der Unternehmen zur TTIP ist insbesondere durch folgende Merk-

male charakterisiert:

Allgemein werden Handelsliberalisierungen und ein Abbau von Handelsbarrie-

ren als sehr positiv betrachtet.

Ein weiterer Abbau von Handelsschranken mit den USA wird positiv gesehen.

Die Unternehmen beurteilen den Zugang zum US-Markt als vergleichsweise

einfach. Es liegen nur wenige, leicht zu überwindende Handelsbarrieren vor.

Die Unternehmen fühlen sich hinsichtlich der mit TTIP angestrebten Ziele eher

schlecht informiert. Ihnen fehlen bislang vielfach Informationen, um zu erken-

nen, welche Vorteile ihnen das Abkommen ganz konkret bringen kann.

Das Thema TTIP hat insbesondere aufgrund der beiden letztgenannten Punkte

bisher eher geringe Priorität bei den Unternehmen; es stehen derzeit konkre-

tere, dringlichere und wichtigere Themen an.

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

99

6 Branchenanalyse der Auswirkungen der TTIP auf Hessen

Im Folgenden werden für drei in Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium für

Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung ausgewählte Branchen tieferge-

hende Wirkungsabschätzungen durchgeführt. Im Einzelnen werden die chemische

und pharmazeutische Industrie, der Maschinen- und Anlagenbau sowie die Informa-

tions- und Kommunikationstechnologiebranche betrachtet.

Die Branchenanalysen sind jeweils in zwei Abschnitte unterteilt. Aufbauend auf den

außenwirtschaftlichen Verflechtungen (Kapitel 3) und der Metaanalyse (Kapitel 4)

werden im ersten Abschnitt die spezifischen außenwirtschaftlichen Verflechtungen

Hessens und den USA in den ausgewählten Branchen analysiert und Ergebnisse zu

spezifischen Effekten der TTIP auf die jeweilige Branche ermittelt. Im zweiten Ab-

schnitt werden qualitativen Aussagen hinsichtlich der Effekte der TTIP ausgewertet.

Grundlagen bilden branchenbezogene Einschätzungen und Stellungnahmen bei-

spielsweise durch Verbände zur TTIP. Zudem fließen branchenbezogene Ergebnisse

der eigenen qualitativen Erhebungen (vgl. Kapitel 5.3 und 5.4) ein.

6.1 Chemische und pharmazeutische Industrie

6.1.1 Strukturelle Merkmale der chemischen und pharmazeutischen Industrie

– Hessen, Deutschland, EU und USA

In Tabelle 22 sind strukturelle Merkmale der Chemie- und Pharma-Branche für Hes-

sen, Deutschland, die EU und die USA wiedergegeben. Hieraus wird deutlich, dass

die chemische und pharmazeutische Industrie in der hessischen Wirtschaft von über-

proportional hoher Bedeutung ist. In Hessen erreicht die Branche einen Anteil von

25,2 % des Umsatzes des Verarbeitenden Gewerbes, während dieser Anteil in

Deutschland lediglich bei 10,9 % liegt. Auch hinsichtlich der Beschäftigten des Verar-

beitenden Gewerbes wird dieser strukturelle Unterschied deutlich: Hessen erreicht

mit rund 60.000 Beschäftigten einen Anteil von 14,8 %, der damit doppelt so hoch ist

wie in Deutschland insgesamt mit 7,4 %. Zudem ist die Branche durch einen hohen

Grad an internationaler Geschäftstätigkeit geprägt, der in Hessen nochmals überpro-

portional ausgeprägt ist. Der Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz der

Branche liegt in Hessen bei 67,4 % gegenüber 60,3 % in Deutschland.

In der EU insgesamt ist die Bedeutung der chemischen und pharmazeutischen In-

dustrie gemessen am Anteil der gesamten BWS mit einem Wert von 1,9 % am ge-

ringsten ausgeprägt. Die Bedeutung der Branche liegt für die USA und Deutschland

mit 2,1 % und 2,6 % auf einem ähnlichen Niveau. Die hohe Konzentration der Bran-

che am Standort Hessen wird auch in dieser Statistik ersichtlich, da 5,6 % der gesam-

ten BWS auf die chemische und pharmazeutische Industrie entfällt.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

100

Tabelle 22: Statistische Angaben zur chemischen und pharmazeutischen Industrie

Hessen Deutschland EU USA*

Beschäftigte Branche 2014 59.923 444.808 2.104.400** 803.900 Anteil an allen Beschäftigten des Verarbeitenden Gewerbes 2014

14,8% 7,4% 6,3%** 6,6%

Bruttowertschöpfung Branche (in Mio. Euro) 2013 (USA 2014)

12.177 65.053 229.803 271.208

Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes

29,8% 11,4% 12,2% 17,2%

Anteil Branche an der gesamten Bruttowertschöpfung

5,6% 2,6% 1,9% 2,1%

Umsatz Branche (in Mio. Euro) 2014 (USA 2012)

28.187 190.832 k.A. 611.223

Anteil am gesamten Umsatz des Verarbeitenden Gewerbes

25,2% 10,9% k.A. 13,8%

Anteil Auslandsumsatz in Branche 2014 67,4% 60,3% k.A. k.A. Anteil Auslandsumsatz im Verarbeitenden Gewerbe (branchenübergreifend) 2014

50,9% 46,5% k.A. k.A.

Anm.: Vielfältige methodische Aspekte lassen nur bedingt Vergleiche zwischen den Regionen sowie die Bildung von Relationen zwischen den einzelnen Kennzahlen wie Beschäftigten, BWS und Umsatz zu. So weicht die Abgrenzung der chemischen und pharmazeutischen Industrie zwischen den USA und Europa / Deutschland / Hessen geringfügig voneinander ab. Auch werden bei der Erfassung der Kennzahlen unterschiedliche Abschneidegrenzen (Größe des Unternehmens) in den verschiedenen zugrundeliegenden Quellen genutzt.

* Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittleren Wechselkurs der Jahre 2012: 1 EUR = 1,2848 USD, 2013: 1 EUR = 1,3281 USD, 2014: 1 EUR = 1,8285 USD.

** Angaben aus der Europäischen Arbeitskräfteerhebung, die methodisch den Richtlinien der International Labour Organi-sation (ILO) folgt. Die Zahl der Beschäftigten liegt damit methodisch bedingt grundsätzlich deutlich höher als die Angaben aus den Strukturerhebungen, die für die Vergleichsregionen benutzt wurden.

Quelle: HSL, destatis, VGRdL, Eurostat, US Bureau of Economic Analysis, U.S. Census Bureau, Bureau of Labour Statistics Darstellung der Hessen Agentur

Auch der Blick auf die Exporte und Importe zeigt die hohe Bedeutung des Außenhan-

dels innerhalb dieser Branche. In Deutschland hat die chemische und pharmazeuti-

sche Industrie einen Anteil von 15,1 % an allen Exporten – deutlich über dem Anteil

der Beschäftigten oder dem Anteil der BWS der Branche. Die überragende Bedeu-

tung dieser Branche für Hessen zeigt sich daran, dass 34,7 % aller Exporte auf die

chemische und pharmazeutische Industrie entfallen.

Die engen Beziehungen zwischen den USA und Europa, Deutschland und Hessen

zeigen sich ebenfalls bei den Import- und Exportbeziehungen. Der Anteil der Exporte

in die USA in der chemischen und pharmazeutischen Industrie liegt für Europa über

dem Anteil an den Exporten aller Branchen. In noch höherem Maße gilt dies für den

Anteil der Importe aus den USA in der Branche (28 %) gegenüber dem Anteil der

Importe aus den USA insgesamt (11,9 %.). Gleiches lässt sich für die Beziehungen

aus der Sicht der USA beobachten. Der Anteil von Waren aus Deutschland macht in

der Branche 11,4 % der Importe aus, während er insgesamt bei 5,2 % liegt. Für die

chemische und pharmazeutische Industrie in Hessen ist die USA sowohl hinsichtlich

Importe als auch Exporte ein überproportional wichtiger Handelspartner: 21,6 % der

Exporte gehen in die USA, während dieser Anteil über alle Branchen bei 12,3 % liegt.

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101

Bei den Importen erreicht die USA als Herkunftsland einen Anteil von 15,7 % bei Che-

mie- und Pharmaprodukten gegenüber 10,3 % über alle Warengruppen.

Tabelle 23: Exporte und Importe der chemischen und pharmazeutischen Industrie 2014

Hessen Deutschland* EU* USA*

Exporte Branche (in Mio. Euro) 20.276,4 170.139,3 273.994,9 159.733,6

Anteil der Branche an allen Exporten 34,7% 15,1% 15,6% 13,1% Exporte in die USA in Branche (in Mio. Euro)

4.371,8 16.455,4 64.477,3 in EU: k.A.

nach D: 5.690,1 Anteil der Exporte in die USA an den Exporten der Branche

21,6% 9,7% 23,5% D: 3,6%

Anteil aller Exporte in die USA an allen Exporten (branchenübergreifend)

12,3% 8,5% 17,5% D: 3,0%

Importe Branche (in Mio. Euro) 11.145,8 117.474,5 163.527,7 159.647,5

Anteil der Branche an allen Importen 13,9% 12,8% 9,5% 8,8% Importe aus den USA in Branche (in Mio. Euro)

1.752,2 11.440,6 45.787,5 aus EU: k.A.

aus D: 18.174,0 Anteil der Importe aus den USA an den Importen der Branche

15,7% 9,7% 28,0% D: 11,4%

Anteil der Importe aus den USA an allen Importen (branchenübergreifend)

10,3% 5,5% 11,9% D: 5,2%

* Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittleren Wechselkurs des Jahres 2014: 1 EUR = 1,3285 USD.

Quelle: HSL, UNcomtrade, Darstellung der Hessen Agentur

Die detaillierte Export- und Importstruktur Hessens für die chemischen Erzeugnisse

offenbart beim Blick auf die neun nachgelagerten Warenabschnitte in Abbildung 9,

dass die überproportionale Bedeutung der USA beim Export chemischer Erzeugnisse

nahezu ausschließlich auf den Abschnitt medizinischer und pharmazeutischer Pro-

dukte zurückzuführen ist. In diesem Warenabschnitt werden 40 % aller hessischen

Exportwaren in die USA versendet, für die chemischen Erzeugnisse insgesamt liegt

dieser Anteil bei 22 % und für alle Waren bei 12 %. Damit entfallen 84 % der in die

USA exportierten chemischen Erzeugnisse auf den Warenabschnitt medizinischer

und pharmazeutischer Produkte. Obwohl der Import stärker auf die verschiedenen

Warenabschnitte aufgeteilt ist, dominiert auch bei den Importen dieser Warenab-

schnitt. Rund 54 % der aus den USA importierten chemischen Produkte entfallen auf

den Warenabschnitt medizinische und pharmazeutische Produkte. Damit stammen

knapp 21 % aller importierten Waren dieses Abschnittes aus den USA, während die-

ser Anteil für die chemischen Erzeugnisse insgesamt bei 16 % und für alle Waren bei

10 % liegt. Einen höheren Anteil der Importe erreicht die USA mit knapp 26 % lediglich

in der Restgruppe der anderweitig nicht genannten chemischen Erzeugnisse, zu der

eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte zählen.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

102

Abbildung 9: Bedeutung der Warenabschnitte der chemischen Erzeugnisse im Handel zwi-schen Hessen und den USA 2014

Export

Import

Quelle: HSL (2016), Darstellung der Hessen Agentur

7,5%

7,7%

8,5%

1,1%

3,3%

39,7%

7,7%

2,6%

6,9%

4,1%

1,9%

2,8%

0,1%

0,7%

83,6%

2,1%

0,7%

3,9%

0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0% 100,0%

Chemische Erzeugnisse und Waren, a.n.g.

Kunststoffe in anderen Formen als Primärformen

Kunststoffe in Primärformen

Düngemittel

Öle, Riech-, Körperpflege-, Reinigungsmittel

Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse

Farbmittel, Gerbstoffe und Farben

Anorganische chemische Erzeugnisse

Organische chemische Erzeugnisse

Anteil an den Exporten chemischer Erzeugnisse in die USA Anteil der USA an den Exporten in der Warengruppe

25,6%

9,5%

10,6%

0,0%

7,3%

20,7%

10,0%

7,3%

8,3%

19,7%

2,7%

9,1%

0,0%

3,7%

53,9%

2,4%

1,7%

6,7%

0,0% 20,0% 40,0% 60,0%

Chemische Erzeugnisse und Waren, a.n.g.

Kunststoffe in anderen Formen alsPrimärformen

Kunststoffe in Primärformen

Düngemittel

Öle, Riech-, Körperpflege-, Reinigungsmittel

Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse

Farbmittel, Gerbstoffe und Farben

Anorganische chemische Erzeugnisse

Organische chemische Erzeugnisse

Anteil an den Importen chemischer Erzeugnisse aus den USA Anteil der USA an den Importen in Warengruppe

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103

Als weiterer struktureller Aspekt zu den außenwirtschaftlichen Beziehungen der be-

trachteten Länder lassen sich die ausländischen Direktinvestitionen analysieren. Der

Anteil der Branche an den Direktinvestitionen im Ausland liegt für Hessen mit 5,0 %

leicht über dem Anteil der Branche für Deutschland mit 4,6 %. In Hessen entfallen

18,2 % der Investitionen der chemischen Industrie auf die USA, für Deutschland ins-

gesamt liegt der Anteil mit 40,3 % deutlich höher. Auf hessischer Ebene sind lediglich

Angaben zur chemischen Industrie vorhanden. Die Branche hat hinsichtlich der FDI

aus dem Ausland eine höhere Bedeutung in Hessen als in Deutschland – der Anteil

der Branche beträgt in Hessen 6,5 % und in Deutschland 5,8 %. Die Bedeutung der

USA als Investor in der chemischen Industrie in Hessen ist unterproportional ausge-

prägt. In Hessen stammen 1,5 % der Direktinvestitionen aus den USA und in Deutsch-

land 18,5 %. Für die EU sind die USA sowohl bei eingehenden als auch bei ausge-

henden FDI in der chemischen Industrie ein (leicht) überproportionaler Partner. In der

Branche erreichen die USA Anteile von 37,7 % bzw. 40,0 %, während die entspre-

chenden Werte über alle Branchen bei 31,8 % und 39,7 % liegen. Aus Sicht der USA

ist die EU ein überproportional wichtiger Investor in der Branche, da 75,5 % der FDI

aus der EU stammen, während über alle Branchen der EU-Anteil bei 60,3 % liegt. Mit

rund 51 % der FDI in der Branche liegt die EU als Ziel für US-Investitionen in der

chemischen und pharmazeutischen Industrie im Durchschnitt aller Branchen.

Tabelle 24: Ausländische Direktinvestitionen der chemischen und pharmazeutischen Industrie

Hessen Deutschland EU** USA*

FDI im Ausland in Branche (in Mio. Euro, nach Investor) 2013

7.863 darunter Chemie: 1.348

42.138 darunter Chemie: 33.967

214.497 102.819

Anteil Branche an allen FDI im Ausland 2013

5,0% 4,6% 4,2% 2,9%

FDI in USA in Branche (in Mio. Euro, nach Investor) 2013

k.A. Chemie: 245

13.955 darunter Chemie: 13.688

80.909 in EU: 52.275 nach D: 3.568

Anteil FDI in USA an allen FDI im Aus-land in Branche 2013

k.A. Chemie: 18,2%

33,1% Chemie: 40,3%

37,7% EU: 50,8%

D: 3,5% Anteil FDI in USA an allen FDI (branchenübergreifend) 2013

31,1% 26,3% 31,8% EU: 51,2%

D: 2,6% FDI aus dem Ausland in Branche (in Mio. Euro) 2013

4.333 darunter Chemie: 2.174

26.752 darunter Chemie: 15.525

70.917 198.427

Anteil Branche an allen FDI aus dem Ausland 2013

6,5% 5,8% 1,8% 9,6%

FDI aus USA in Branche 2013 (in Mio. Euro)

k.A. Chemie: 32

3.294 darunter Chemie: 2.877

28.344 Aus EU: 149.783

Aus D: 11.666 Anteil FDI aus USA an allen FDI in Branche 2013

k.A. Chemie: 1,5%

12,0% Chemie: 18,5%

40,0% EU: 75,5%

D: 5,9% Anteil FDI aus USA an allen FDI (branchenübergreifend) 2013

7,1% 7,4% 39,7% EU: 60,3%

D: 7,5%

Anm.: Vergleiche zwischen den Regionen sind nur eingeschränkt möglich, da die Abgrenzung der chemischen und pharma-zeutischen Industrie zwischen USA und Europa gegenüber Deutschland / Hessen voneinander abweicht.

* Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittle-ren Wechselkurs des Jahres 2013: 1 EUR = 1,3281 USD.

** Angaben für 2012, ohne pharmazeutische Industrie.

Quelle: Bundesbank, Eurostat, Bureau of Economic Affairs, Darstellung der Hessen Agentur

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

104

Wirkungsanalysen der TTIP für die chemische und pharmazeutische Industrie

Bei der Analyse der relativen Wirkung der TTIP auf einzelne Sektoren liegt die che-

mische und pharmazeutische Industrie im mittleren Bereich. In der Studie des CEPR

(2013) steigt der Output der Chemiebranche45 in Europa um 0,37 % im ambitionierten

Freihandelsszenario. Die chemische und pharmazeutische Industrie in Europa profi-

tiert gegenüber der US-Seite deutlich, für die in diesem Industriebereich einen Output-

Rückgang von 0,4 % erwartet wird. In der ifo-Studie steigen die Exporte Deutschlands

im Zollszenario in der chemischen Industrie insgesamt um 0,9 %. Die Exporte der

USA steigen um 3,5 %. Die gegenseitigen Exporte steigen um 16,3 % für Deutsch-

land und 18,3 % für die USA. In der zweiten ifo-Studie wird die Handelsschaffung

durch ein ambitioniertes Freihandelsabkommen in diesem Sektor zwischen Deutsch-

land und den USA mit 21,6 % berechnet. Die Erhöhung der Produktion liegt in

Deutschland bei 1,9 % in der chemischen Industrie, womit die TTIP in dieser Branche

nach den Branchen Herstellung von Büromaschinen und Elektrotechnik und Metall-

erzeugung und -bearbeitung den dritthöchsten Effekt aufweist. Die unter den Bran-

chen eher im Mittelfeld liegende Erhöhung der Exportmengen zwischen den USA und

Deutschland in der chemischen Industrie haben demnach aufgrund des bereits be-

stehenden hohen Niveaus der gegenseitigen Verflechtungen relativ große Auswir-

kungen. Diese Schlussfolgerungen gelten aufgrund der überproportionalen Bedeu-

tung der chemischen und pharmazeutischen Industrie für die hessische Wirtschaft

und die hessischen Exporte sowie der überproportionalen Bedeutung der USA an

diesen Exporten in noch höherem Maße für die hessische Wirtschaft. Dabei ist aller-

dings zu berücksichtigen, dass die für Hessen ebenfalls bedeutende Medizintechnik

in der Exportstatistik den chemischen und pharmazeutischen Produkten zugeordnet

ist, in den Modellen von CEPR und ifo jedoch nicht als einzelne Gruppe zu identifizie-

ren sind. Es ist aufgrund der Datenbasis des GTAP-Modells eher anzunehmen, dass

sie in einer der Restgruppen statt der Chemiebranche enthalten sind.

6.1.2 Qualitative Analyse zur Bedeutung der TTIP in der Branche und Position

bedeutender Branchenvertreter

Verband

Sowohl der Europäische Verband der chemischen Industrie (Cefic46) als auch der US-

amerikanische Verband (ACC47) befürworten den Abschluss eines transatlantischen

Freihandelsabkommens. Zu einer entsprechenden Position kommt auch der deut-

sche Verband der chemischen Industrie e.V. (VCI). Die Verbände erwarten von den

45 In der CEPR-Studie umfasst dies auch die pharmazeutische Industrie. 46 Cefic: The European Chemical Industry Council. 47 ACC: American Chemistry Council.

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105

Verhandlungsführern den Abschluss eines ehrgeizigen Freihandelsabkommen, wie

es auch durch das Verhandlungsmandat der EU-Mitgliedsstaaten an die EU-

Kommission vorgesehen ist. Die Verbände verbinden mit dem Abschluss der TTIP

vielfältige Hoffnungen:

Zollabbau: Obwohl die Zölle beiderseits des Atlantiks gering sind, werden auf-

grund des hohen Handelsvolumens große Einsparpotenziale identifiziert. Euro-

päische Chemieunternehmen zahlten für Exporte in die USA im Jahr 2010 rund

700 Mio. Euro Zollabgaben und US-Unternehmen zahlten ihrerseits

900 Mio. Euro Zollabgaben für Exporte nach Europa (VCI 2014). Das ACC

(2014) geht ebenfalls insgesamt von einer jährlichen Ersparnis von 2 Mrd. USD

aus und betont, dass hierunter 600 Mio. USD für firmeninternen Handel fallen.

Ursprungsregeln: Bisher werden in unterschiedlichen Abkommen voneinan-

der abweichende Regeln zur Bestimmung des Ursprungslandes genutzt. Hier

sollte durch die TTIP eine Vereinheitlichung angestrebt werden (VCI 2014).

Zugang zu Vorprodukten und Rohstoffen: Der VCI (2014) betont, dass sich

die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen chemischen Industrie durch einen

günstigeren Bezug von Vorleistungen verbessert. Als Beispiel wird die große

Differenz der Kosten beim Bezug von verflüssigtem Gas zwischen Europa und

den USA genannt.

Regulatorische Kooperation: Im Bereich der regulatorischen Kooperation, die

auf den Abbau der NTB zielt, sehen die Verbände großes Verbesserungspo-

tenzial. Dabei wird stets betont, dass Schutzstandards nicht abgesenkt werden

dürfen und die regulatorische Autonomie der beteiligten Staaten nicht einge-

schränkt werden soll. Dementsprechend wird keine gegenseitige Anerkennung

der jeweiligen Systeme zum sicheren Umgang mit Chemikalien – REACH48 in

der EU und TSCA49 in den USA – angestrebt. Trotzdem können im Detail Han-

delshürden beseitigt werden, wenn Berichtspflichten sowie Datenaustausch

und Datenanerkennung zwischen den Behörden vereinbart werden. Zudem

sollte die Zusammenarbeit verstärkt, gegenseitiger Informationsaustausch ge-

währleistet und eine Annäherung der Methodik erreicht werden. Insbesondere

sollte zukünftig frühzeitig bei der Verabschiedung neuer Regelungen kooperiert

werden, um nach Möglichkeit direkt kompatible Standards zu entwickeln.

48 Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals. 49 Toxic Substance Control Act.

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106

Gewerkschaft

Im Gegensatz zu der positiven Sicht der Verbände der chemischen und pharmazeu-

tischen Industrie begleiten die Gewerkschaften die Verhandlungen eher skeptisch.

Zwar wird keine grundsätzlich ablehnende Haltung eingenommen, jedoch werden An-

forderungen zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte formuliert und einzelne Bestand-

teile – wie etwa der Investitionsschutz – abgelehnt. Hinsichtlich der Arbeitnehmer-

rechte wird insbesondere bemängelt, dass die USA noch nicht sämtliche

Kernarbeitsnormen der ILO50 ratifiziert hat. Die Haltung der IG BCE51 zur TTIP orien-

tiert sich diesbezüglich überwiegend an der Position des DGB,52 sodass kaum bran-

chenspezifischen Unterschiede in den offiziellen Stellungnahmen festgestellt werden

können. Insgesamt erscheint die IG BCE weniger kritisch in ihrer Haltung zum TTIP

als andere Gewerkschaften wie etwa die in den anschließenden Branchenanalysen

(Kapitel 6.2 und 6.3) betrachteten IG Metall und ver.di.

Ziele der EU-Kommission

Die EU-Kommission (EU 2015d) gibt einen Überblick zu ihren Zielen hinsichtlich der

Chemie- und Pharmabranche, Medizintechnik und Kosmetika im Rahmen der TTIP-

Verhandlungen. In allen Bereichen sei das übergeordnete Ziel, enger zusammenzu-

arbeiten, um Unterschiede in den aktuellen Regulierungen abzubauen und die Basis

für gemeinsame Regulierungen in der Zukunft zu legen.

In der chemischen Industrie sollen Informationen zwischen Regulatoren ausgetauscht

werden, um ihnen die bestmögliche wissenschaftliche Basis für ihre Entscheidungen

zu geben. Die EU will darauf hinwirken, dass globale Standards für Klassifizierung

und Labeling genutzt werden. Auch die Teilnehmer an den Expertengesprächen der

Hessen Agentur aus dieser Branche nannten das Labeling von Chemikalien als eine

derzeit zu beachtenden Handelshürde. Die EU versichert, dass durch die zukünftige

Zusammenarbeit der Regulatoren weder die Genehmigungsprozesse innerhalb der

EU verlangsamt werden noch das Recht zur Verabschiedung eigener Regulierungen

durch die EU oder die USA beeinträchtigt werden.

Im Bereich der Pharmaindustrie verfolgt die EU das Ziel, die Verfügbarkeit und den

Zugang zu Medikamenten zu beschleunigen und zu verbessern. Speziell soll die ge-

genseitige Anerkennung der Prüfung der Good Manufacturing Practice anerkannt

werden. Das bedeutet, dass die FDA in diesem Fall nicht zusätzlich zu den europäi-

schen Prüfbehörden die Werke vor Ort besucht. Dies wurde durch die befragten hes-

50 International Labour Organisation. 51 Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. 52 Deutscher Gewerkschaftsbund.

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107

sischen Unternehmen als sehr bedeutende Handelshürde charakterisiert. Gleichzei-

tig wurden durch die Befragungsteilnehmer jedoch Zweifel geäußert, ob dies durch

die EU in den Verhandlungen durchsetzbar ist. Auch die Befürchtung, dass bei einer

gegenseitigen Anerkennung fortan immer das höhere Niveau (bzw. hinsichtlich der

Dokumentationsanforderungen aufwändigere System) der FDA erfüllt sein muss,

wurde geäußert. Wie bei der Chemiebranche sollen auch im Pharmabereich Informa-

tionen ausgetauscht werden, um die Entscheidungsgrundlage der Regulatoren zu

verbessern. Eventuell ließe sich dadurch die Durchführung doppelter klinischer Stu-

dien vermeiden, die von den befragten hessischen Unternehmen als bedeutende

nichttarifäre Handelsbarriere genannt wurde. Die Systeme zur Zulassung sollen ei-

nander angeglichen werden, damit sich der Zulassungsprozess beschleunigt. Die Zu-

sammenarbeit soll im Rahmen der International Conference of Technical Require-

ments for Registration of Pharmaceuticals for Human Use sowie bilateral auf darüber

hinaus gehenden Gebieten erfolgen. Durch TTIP soll das bisherige System zur Preis-

setzung von Medikamenten innerhalb der EU-Länder unbeeinflusst bleiben. Auch die

Bestimmungen zur Veröffentlichung von Ergebnissen klinischer Studien aus der Ver-

ordnung 536/2014 bleiben bestehen. Schließlich soll die derzeitige Balance zwischen

bezahlbaren Medikamenten einerseits sowie Patentrechten für innovative Unterneh-

men andererseits erhalten bleiben.

Im Bereich der Medizintechnik ist es ebenfalls Ziel der EU, den Zugang zu medizini-

schen Geräten schneller und kostengünstiger für Patienten bzw. die Bevölkerung zu

ermöglichen. Sowohl im Pharma- als auch im medizintechnischen Bereich bestehen

nahezu keine Zölle zwischen der EU und den USA, sodass auch hier überwiegend

regulatorische Aspekte im Rahmen von TTIP verhandelt werden. Die Verstärkung der

Zusammenarbeit der Regulatoren soll bei der Medizintechnik ebenfalls an internatio-

nalen Richtlinien (International Medical Devices Regulatory Forum) ausgerichtet wer-

den. Die Identifikation medizinischer Geräte soll über die internationale Unique De-

vice Identification erfolgen. Die jeweiligen Datenbanken der EU und der USA sollen

kompatibel sein. Zulassungsformulare sollen harmonisiert werden, sodass zukünftig

ein Antrag zur Zulassung ohne Mehraufwand gleichzeitig sowohl in der EU als auch

in den USA gestellt werden kann. Die jeweiligen Audit-Verfahren zum Qualitätsma-

nagement sollen gegenseitig anerkannt werden. Die Befürchtung, dass die TTIP-

Verhandlungen Einfluss auf die aktuell laufende Revision der Medizingeräterichtlinie

der EU hat, wird durch die EU-Kommission negiert. Einige der befragten hessischen

Unternehmen gaben diese Richtlinienrevision als Beispiel für eine gegenüber TTIP

als wesentlich bedeutender und drängendere Thematik an. Diese Revision hat mög-

licherweise einen starken Einfluss auf die Tätigkeit der Unternehmen und einige der

aktuell diskutierten Änderungen werden durchaus kritisch gesehen.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

108

Auch für den Bereich der Kosmetika gibt die EU Ziele für die TTIP Verhandlungen an.

Die Zusammenarbeit bei der Sicherheitsbewertung, dem Labeling und der Regulie-

rung neuer Kosmetikbereiche soll vorangetrieben werden. Auch das Ziel des Abbaus

von Tierversuchen soll gemeinsam verfolgt werden. Durch eine Verbesserung der

technischen Kooperation soll besonders die Genehmigung von in der EU bereits zu-

gelassenen UV-Filter durch die US-Behörden vereinfacht werden. Die EU-

Kommission sichert zu, dass ihre aktuelle Liste der verbotenen Inhaltsstoffe nicht an-

getastet wird und dass die US-Behörden auf Information der EU zu den erlaubten

Inhaltsstoffen – in der EU sind deutlich mehr Stoffe zugelassen – in ihren eigenen

Zulassungsverfahren zurückgreifen. Zudem wird versichert, dass das Vorsorgeprin-

zip in der EU unangetastet bleibt.

Unternehmen

Aus den Expertengesprächen (Kapitel 5.4) für die Chemie- und Pharmabranche lässt

sich eine leicht positive Erwartung der Unternehmen gegenüber TTIP herausziehen.

Alle Unternehmen betonen allerdings, dass die Einschätzung sehr schwierig sei, da

sie stark von den Ergebnissen der Verhandlungen abhänge. Als Mindesterwartung

weisen die Unternehmen auf die Zoll-Einsparpotenziale hin, die trotz der heute schon

relativ niedrigen Zollsätzen bei den großen Unternehmen durchaus im siebenstelligen

Bereich liegen können. Nachteile durch eine Wettbewerbsintensivierung erwarten die

befragten Unternehmen nicht, da die bedeutenden Konkurrenten bereits am europä-

ischen bzw. deutschen Markt aktiv sind.

Eine branchenspezifische Auswertung der schriftlichen Umfrage bei hessischen KMU

(Kapitel 5.3) hat nur geringe Aussagekraft, da sich nur 5 der 179 antwortenden Un-

ternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie zuordnen. Zwei Unter-

nehmen erwarteten eine Zunahme des Umsatzes in den USA, während drei Unter-

nehmen von Stabilität ausgehen. Auch hinsichtlich der Geschäftsentwicklung

insgesamt erwarten zwei Unternehmen positive Effekte und drei Unternehmen neut-

rale Effekte der TTIP. In dieser Befragung schätzte kein KMU der chemischen und

pharmazeutischen Industrie die Effekte des TTIP negativ ein.

6.2 Maschinen- und Anlagenbau

6.2.1 Strukturelle Merkmale des Maschinen- und Anlagenbaus – Hessen,

Deutschland, EU und USA

Die strukturellen Merkmale des Maschinen- und Anlagenbaus sind in Tabelle 25 wie-

dergegeben. Der Maschinen- und Anlagenbau nimmt mit 11 % der Beschäftigten und

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109

9,6 % des Umsatzes eine bedeutende Stellung im hessischen Verarbeitenden Ge-

werbe ein. Deutschlandweit ist die Bedeutung mit 16,9 % der Beschäftigten im Ver-

arbeitenden Gewerbe und 13,2 % des Umsatzes noch höher. Im internationalen Ver-

gleich zeigt sich die Stärke des Standort Deutschland im Maschinenbau: Während in

Deutschland 3,6 % der gesamten BWS im Maschinenbau erwirtschaftet wird, sind es

EU-weit nur 1,7 %. Der Maschinenbau in Hessen liegt mit 1,8 % an der gesamten

BWS im europäischen Durchschnitt.

Die Branche gehört zu den exportintensiven Branchen. Der Anteil des Auslandsum-

satzes liegt in Hessen bei 58,8 % und in Deutschland bei 60,8 % und ist damit höher

als im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt, wo die entsprechenden Anteile bei

50,9 % und 46,5 % liegen.

Tabelle 25: Statistische Angaben zum Maschinen- und Anlagenbau

Hessen Deutschland EU USA*

Beschäftigte Branche 2014 44.533 1.019.473 3.228.700** k.A. Anteil an allen Beschäftigten des Verarbeitenden Gewerbes 2014

11,0% 16,9% 9,6%** k.A.

Bruttowertschöpfung Branche (in Mio. Euro) 2013 3.871 92.569 209.462 k.A. Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung des Verarbeitenden Gewerbes

9,5% 16,2% 11,1% k.A.

Anteil Branche an der gesamten Bruttowert-schöpfung

1,8% 3,6% 1,7% k.A.

Umsatz Branche (in Mio. Euro) 2014 10.726 230.733 k.A. k.A. Anteil am gesamten Umsatz des Verarbeitenden Gewerbes

9,6% 13,2% k.A. k.A.

Anteil Auslandsumsatz in Branche 2014 58,8% 60,8% k.A. k.A. Anteil Auslandsumsatz im Verarbeitenden Gewerbe (branchenübergreifend) 2014

50,9% 46,5% k.A. k.A.

Anm.: Vielfältige methodische Aspekte lassen nur bedingt die Bildung von Relationen zwischen den einzelnen Kennzahlen wie Beschäftigten, BWS und Umsatz zu. So werden bei der Erfassung der Kennzahlen unterschiedliche Abschneidegrenzen (Größe des Unternehmens) in den verschiedenen zugrundeliegenden Quellen genutzt.

* Die Abgrenzung der Branche Maschinen- und Anlagenbau weicht in der US-Statistik erheblich von der Branchenabgren-zung in Europa / Deutschland / Hessen ab, sodass keine sinnvoll vergleichbaren Angaben möglich sind.

** Angaben aus der Europäischen Arbeitskräfteerhebung, die methodisch den Richtlinien der International Labour Organi-sation (ILO) folgt. Die Zahl der Beschäftigten liegt damit methodisch bedingt grundsätzlich höher als die Angaben aus den Strukturerhebungen, die für die Vergleichsregionen benutzt wurden.

Quelle: HSL, destatis, VGRdL, Eurostat, Darstellung der Hessen Agentur

In Tabelle 26 sind die Export- und Importbeziehungen innerhalb des Maschinen- und

Anlagenbaus wiedergegeben. Die Bedeutung des Maschinen- und Anlagenbaus für

den Export wird beim Blick auf die internationale Handelsstatistik unterstrichen. Die

Güter dieser Branche bilden 33,5 % der Ausfuhren Hessens, 47,5 % der Ausfuhren

Deutschlands, 40,2 % der EU-Exporte und 34,1 % der Ausfuhren aus den USA. Zu

beachten ist allerdings, dass in den internationalen Güterstatistiken die Kategorie

weitgefasst ist und insbesondere auch Güter des Fahrzeugbaus in diesen Angaben

enthalten sind.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

110

Die hohe wechselseitige Bedeutung des Handels zwischen der EU, Deutschland,

Hessen und den USA lässt sich an den jeweiligen Export- und Importanteilen ablesen.

Die Exportanteile in das jeweilige Partnerland liegen zumindest leicht über dem

Durchschnitt aller Branchen: Deutschland exportiert 8,5 % seiner Waren in die USA,

im Maschinen- und Anlagenbau beträgt der Anteil 10,9 %. In der EU haben die Ex-

porte in die USA insgesamt einen Anteil von 17,5 % und im Maschinen- und Anlagen-

bau von 19 %. Insgesamt gehen 3 % der Exporte aus den USA nach Deutschland, in

der Branche sind es 3,3 %. In Hessen ist allerdings der Anteil der USA in der Branche

mit 6,9 % gegenüber ihrem Anteil bei allen Waren mit 12,3 % unterproportional aus-

geprägt. Hinsichtlich der Importe erreicht die USA in Hessen (Deutschland) insgesamt

einen Anteil von 10,3% (5,5 %), im Maschinen- und Anlagenbau sind es 14,5 %

(7,1 %). Für die EU liegen die entsprechenden Werte bei 11,9 % (insgesamt) und

17,7 % (Maschinen- und Anlagenbau). Waren aus Deutschland haben einen Anteil

von 5,2 % an den Einfuhren der USA, im Maschinenbau beträgt dieser Anteil 7,6 %.

Tabelle 26: Exporte und Importe des Maschinen- und Anlagenbaus 2014

Hessen Deutschland* EU* USA*

Exporte Branche (in Mio. Euro) 19.565,9 535.171,3 707.387,0 415.300,9

Anteil an allen Exporten 33,5% 47,5% 40,2% 34,1% Exporte in die USA in Branche (in Mio. Euro)

1.342,9 58.328,5 134.707,9 In EU: k.A.

Nach D: 13.620,8 Anteil an allen Exporten der Branche 6,9% 10,9% 19,0% 3,3% Anteil der Exporte in die USA an allen Exporten (branchenübergreifend)

12,3% 8,5% 17,5% 3,0%

Importe Branche (in Mio. Euro) 31.575,0 309.866,6 453.655,6 719.386,9

Anteil der Branche an allen Importen 39,3% 33,9% 26,4% 39,6% Importe aus den USA in Branche (in Mio. Euro)

4.575,6 22.076,7 80.149,4 In EU: k.A.

aus D: 54.603,4 Anteil der Importe aus den USA an den Importen der Branche

14,5% 7,1% 17,7% 7,6%

Anteil der Importe aus den USA an allen Importen (branchenübergreifend)

10,3% 5,5% 11,9% 5,2%

* Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittleren Wechselkurs des Jahres 2014: 1 EUR = 1,3285 USD.

Quelle: HSL, UNcomtrade, Darstellung der Hessen Agentur

In Abbildung 10 ist die Verteilung der Exporte und Importe zwischen Hessen und der

USA auf die Warengruppen des Maschinenbaus wiedergegeben.53 Jeweils rund ein

Viertel der Exporte Hessens im Maschinenbau in die USA entfällt auf den relativ un-

spezifizierten Warenabschnitt der Maschinen, Apparate und Geräte für verschiedene

Zwecke und den Warenabschnitt der elektrischen Maschinen und Teile. Damit errei-

chen die USA an den Exporten aller Waren dieser Abschnitte knapp 10 % bzw. 8 %.

53 In der internationalen Warenklassifikation werden Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge zusammengefasst. Im Unter-

schied dazu ist in den übrigen Betrachtungen der Fahrzeugbau vom Maschinenbau getrennt zu sehen.

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

111

Ein höherer relativer Anteil der USA entfällt mit 10,1 % auf die Arbeitsmaschinen für

besondere Zwecke. Mit knapp 9 % erreichen die Metallbearbeitungsmaschinen eben-

falls einen relativ hohen Anteil der Exporte in die USA. Die Beförderungsmittel außer

Straßenfahrzeugen dominieren bei den Importen: 75 % aller Importe dieses Waren-

abschnitts entstammen aus den USA. Damit fallen 43 % der aus den USA importier-

ten Maschinenbauerzeugnisse in diesen Warenabschnitt. Es ist festzuhalten, dass

die USA als Exportmarkt für den hessischen Maschinenbau unterproportionale Be-

deutung hat, da 6,9 % aller Exporte im Maschinenbau in die USA gehen, während

12,3 % der Exporte insgesamt in die USA gehen. Im Gegensatz dazu haben die USA

als Bezugsquelle für Maschinen eine überproportionale Bedeutung. Aus den USA

werden insgesamt 10,3 % der Waren importiert, während gleichzeitig 14,5 % der Ma-

schinenbauprodukte aus den USA stammen. Werden aber die Straßenfahrzeuge und

die übrigen Beförderungsmittel ausgeklammert, liegen die Importanteile der USA mit

9,9 % etwa im Durchschnitt aller Güter.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

112

Abbildung 10: Bedeutung der Warenabschnitte des Maschinen- und Anlagenbaus im Handel zwischen Hessen und den USA 2014

Export

Import

Quelle: HSL (2016), Darstellung der Hessen Agentur

5,1%

3,3%

7,9%

6,2%

7,3%

9,5%

8,7%

10,1%

7,5%

1,8%

14,3%

25,7%

3,7%

2,9%

26,1%

5,1%

13,4%

7,0%

0,0% 20,0% 40,0%

Andere Beförderungsmittel

Straßenfahrzeuge

Elektrische Maschinen und elektrische Teile

Geräte für die Nachrichtentechnik; Bild- und Ton

Büromaschinen und automatischeDatenverarbeitungsmaschinen

Maschinen, Apparate und Geräte fürverschiedene Zwecke und Teile

Metallbearbeitungsmaschinen

Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke

Kraftmaschinen undKraftmaschinenausrüstungen

Anteil an den Exporten des Maschinenbaus in die USA Anteil der USA an den Exporten in der Warengruppe

75,0%

5,9%

9,3%

4,3%

13,1%

10,9%

10,9%

12,4%

16,9%

43,0%

8,4%

11,2%

5,5%

11,2%

7,7%

0,8%

2,9%

9,3%

0,0% 20,0% 40,0% 60,0% 80,0%

Andere Beförderungsmittel

Straßenfahrzeuge

Elektrische Maschinen und elektrische Teile

Geräte für die Nachrichtentechnik; Bild- und Ton

Büromaschinen und automatischeDatenverarbeitungsmaschinen

Maschinen, Apparate und Geräte fürverschiedene Zwecke und Teile

Metallbearbeitungsmaschinen

Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke

Kraftmaschinen undKraftmaschinenausrüstungen

Anteil an den Importen des Maschinenbaus aus den USA Anteil der USA an den Importen in Warengruppe

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113

Eine Übersicht der ausländischen Direktinvestitionen ist in Tabelle 27 wiedergegeben

und zeigt eine enge Verknüpfung zwischen Hessen und den USA im Maschinen- und

Anlagenbau. Der Anteil der USA an den Direktinvestitionen im Ausland ist im Maschi-

nen- und Anlagenbau für Hessen mit rund 26 % deutlich höher als für Deutschland

insgesamt mit 15,3 %. Die Direktinvestitionen aus den USA in den hessischen Ma-

schinen- und Anlagenbau sind mit 11,7 % gegenüber 10,9 % bundesweit ebenfalls

leicht überproportional. Allerdings hat der Maschinenbau insgesamt sowohl an den

ausgehenden als auch an den eingehenden FDI in Hessen einen deutlich geringeren

Anteil (0,3 % bzw. 0,2 %) als bundesweit (2,6 %, 3,6 %). Die hohe Bedeutung des

Maschinenbaus in Deutschland wird auch bei den ausländischen Direktinvestitionen

aus Sicht der USA deutlich. Nach Deutschland gehen rund 13 % der ausländischen

Direktinvestitionen der USA im Maschinenbau, während dieser Anteil über alle Bran-

chen nur bei 2,6 % liegt. Demgegenüber sind die Direktinvestitionen in die EU mit

49,4% im Maschinenbau etwas schwächer ausgeprägt als für alle Branchen mit

51,2 %. Deutschland und die EU sind überproportional wichtige ausländische Inves-

toren für den Maschinenbau in den USA: Auf Deutschland entfallen 15,8 % und auf

die EU insgesamt 78,5 % der Direktinvestitionen im US-amerikanischen Maschinen-

bau, während die entsprechenden Anteile über alle Branchen bei 7,5 % für Deutsch-

land und 60,3 % für die EU liegen.

Tabelle 27: Ausländische Direktinvestitionen des Maschinen- und Anlagenbaus 2013

Hessen Deutschland EU** USA*

FDI im Ausland in Branche (in Mio. Euro, nach Investor)

440 24.258 69.338 38.155

Anteil Branche an allen FDI im Ausland 0,3% 2,6% 1,4% 1,1%

FDI in USA in Branche 115 3.702 25.082 In EU: 18.860 nach D: 4.980

Anteil FDI in USA an allen FDI im Ausland in Branche

26,1% 15,3% 36,2% EU: 49,4%

D: 13,1% Anteil FDI in USA an allen FDI (branchenübergreifend)

31,1% 26,3% 31,8% EU: 51,2%

D: 2,6% FDI aus dem Ausland in Branche 154 16.378 34.191 63.382

Anteil Branche an allen FDI aus dem Ausland 0,2% 3,6% 0,9% 3,1%

FDI aus USA in Branche 18 1.790 13.514 aus EU: 49.721

aus D: 10.040

Anteil FDI aus USA an allen FDI in Branche 11,7% 10,9% 39,5% EU: 78,5%

D: 15,8% Anteil FDI aus USA an allen FDI (branchenübergreifend)

5,7% 9,0% 39,7% EU: 60,3%

D: 7,5%

Anm.: Vergleiche zwischen den Regionen sind nur eingeschränkt möglich, da die Abgrenzung des Maschinen- und Anlagen-baus zwischen USA und Europa gegenüber Deutschland / Hessen voneinander abweicht.

* Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittle-ren Wechselkurs des Jahres 2013: 1 EUR = 1,3281 USD.

** Angaben für 2012

Quelle: Bundesbank, Eurostat, Bureau of Economic Affairs, Darstellung der Hessen Agentur

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

114

Wirkungsanalysen der TTIP für den Maschinen- und Anlagenbau

Der Maschinen- und Anlagenbau ist durch deutliche Abgrenzungsunterschiede in den

verschiedenen Statistiken gekennzeichnet. In der CEPR-Studie (vgl. Tabelle 12) wird

der Maschinenbau mit „sonstige Maschinen“ bezeichnet und damit von den beiden

Kategorien Kraftfahrzeuge und sonstige Fahrzeuge abgegrenzt. Im ambitionierten

Freihandelsszenario wird für den Maschinenbau eine Output-Steigerung von 0,37 %

erwartet. Die Zunahme entspricht der Zunahme der chemischen Industrie und liegt

damit im Mittelfeld aller Branchen. Dagegen wird für die Branche sonstige Fahrzeuge

ein kleiner Rückgang von 0,08 % prognostiziert, während der Kraftfahrzeugbau mit

einem Anstieg von 1,54 % die mit Abstand am stärksten expandierende Branche

durch die TTIP ist. Im reinen Zollsenkungsszenario der ifo-Studie (vgl. Tabelle 15)

steigen die Exporte der Sektoren Maschinen und maschinelle Anlagen sowie Maschi-

nenteile um 0,82 % bzw. 0,33 %. Damit liegen die Exportzuwächse leicht unterhalb

der Zuwächse in der chemischen Industrie von 0,92 %. Auch hier liegt der Zuwachs

der Exporte im Fahrzeugbau mit 1,65 % deutlich höher. Bei der tiefergehenden Ana-

lyse der sektoralen Effekte in der zweiten ifo-Studie (vgl. Tabelle 16) wird sowohl im

Maschinenbau als auch im Fahrzeugbau eine Erhöhung der Produktion von 1,2 %

berechnet.

Der hessische Maschinenbau ist im Vergleich zu Deutschland unterproportional aus-

geprägt, sodass Hessen durch den prognostizierten Zuwachs im Maschinenbau

durch TTIP weniger profitieren dürfte. Trotzdem sollte die Bedeutung des Maschinen-

baus für Hessen nicht unterschätzt werden, da die Branche gemessen am Umsatz

die viertgrößte Brache im Verarbeitenden Gewerbe ist (vgl. Tabelle 6). Speziell für

den Fahrzeugbau ist darauf hinzuweisen, dass diese Branche in Hessen überaus be-

deutend ist (Rang 1 hinsichtlich des Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe). Insbe-

sondere in der Exportstatistik Hessens mit den USA kommt dies jedoch nicht zum

Ausdruck, da große Automobilhersteller zwar Standorte in Hessen haben, nicht je-

doch ihren Hauptsitz. Zudem ist auf die spezifische Situation der Adam Opel AG hin-

zuweisen, da Opel im Rahmen der Konzernstrategie von General Motors nicht auf

allen Absatzmärkten weltweit aktiv ist. Nimmt durch das TTIP-Abkommen die Bedeu-

tung des US-Absatzmarktes für den europäischen Fahrzeugbau überproportional zu,

kann daher Opel daraus möglicherweise keinen Nutzen ziehen. Die Auswirkungen

der TTIP sind daher in diesem Bereich für Hessen nur schwer abschätzbar.

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115

6.2.2 Qualitative Analyse zur Bedeutung der TTIP in der Branche und Position

bedeutender Branchenvertreter

Verband

Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) bezieht eindeutig

als Befürworter der TTIP Stellung. Aufgrund uneinheitlicher Standards sind Maschi-

nen aus Deutschland in den USA 5 % bis 20 % teurer (Schäfer 2014). Der VDMA

(2013) hat einen umfangreichen Katalog mit Anforderungen an die Gestaltung der

TTIP erstellt. Hervorzuheben ist, dass neben allgemein formulierten Zielen sehr kon-

krete nichttarifäre Handelshemmnisse bei der gegenseitigen Regulierung von Pro-

dukten beschrieben werden. Der VDMA erhofft sich von der TTIP eine vollständige

Abschaffung tarifärer Handelsbarrieren sowie ein einfaches und einheitliches, mit an-

deren Freihandelsabkommen vergleichbares System der Ursprungsregeln. Zudem

solle das öffentliche Beschaffungswesen transparent und offen gestaltet werden.

Auch solle die EU stärker über Aspekte im Bereich von Patenten informieren, da die

rechtlichen Unsicherheiten insbesondere KMU von Exporten in die USA abhalten.

Auch die EU Market Access Datenbank müsse ausgebaut werden, um europäische

Exporteure beim Markteintritt in die USA besser zu unterstützen.

Die durch die TTIP zu beseitigenden nichttarifären Handelsbarrieren werden durch

den VDMA (2013) in den Bereichen maschinelle Sicherheit, elektrische Sicherheit,

Druckbehälter, Explosionsschutz und Maschinen mit Lebensmittelkontakt identifiziert.

Im Bereich der mechanischen Sicherheit weist der VDMA darauf hin, dass sich das

europäische System der Selbstdeklaration durch den Produzenten bewährt habe.

Durch die gesetzliche Setzung von Zielvorgaben hinsichtlich der Sicherheit statt der

detaillierten gesetzlichen Definition der technischen Umsetzung werden die notwen-

digen Standards unter Mitwirkung der Industrie entwickelt. In den USA wird dagegen

die Einhaltung der Standards direkt überwacht. Zudem gibt es sowohl auf föderaler

als auch auf bundesstaatlicher Ebene Regelungen zur maschinellen Sicherheit. Für

europäische Maschinenbauer bedeutet dies aktuell meist, dass zwar die Maschinen

grundsätzlich in den USA genutzt werden dürfen, jedoch zusätzlich überprüft und zu-

sätzliche Kennzeichnungen und Warnhinweise angebracht werden müssen. Daher

empfiehlt der VDMA die Harmonisierung technischer Anforderungen, indem insbe-

sondere in den USA verschiedene ISO Richtlinien (insbesondere 12100, 13857,

13849-1, 14122) eingeführt werden.

Besonders im Bereich der elektrischen Sicherheit beobachtet der VDMA eine deutli-

che Abweichung der US-amerikanischen von den internationalen Standards. Zudem

weichen diese Richtlinien auch von den kanadischen und innerhalb der einzelnen

Bundesstaaten voneinander ab. Obwohl die Regulierungen häufig kompatibel sind,

treten in Details wie Anforderungen an die Kabel sowie deren Verlegung deutliche

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

116

Abweichungen auf. Die Einhaltung der Standards wird nicht durch eine Konformitäts-

erklärung nachgewiesen, sondern kann nur durch zugelassene Prüfstellen zertifiziert

werden. Daher empfiehlt der VDMA eine gegenseitige Anerkennung der Standards

und die Akzeptanz von Konformitätserklärungen.

Druckbehältnisse unterliegen weltweit starken Unterschieden der Regulierung: Teils

werden Produkte reguliert, teils müssen aber die Hersteller der Produkte zunächst

zertifiziert werden. In Europa bietet die Regulierung ein hohes Maß an Flexibilität, da

lediglich die einzuhaltenden Sicherheitsbestimmungen fixiert sind. Demgegenüber

stehen komplexe Regulierungen in den USA, die zudem zwischen den Bundesstaa-

ten variieren. Häufig ist eine Zertifizierung des Herstellers durch die ASME54 notwen-

dig und die technischen Details der Produkte müssen ASME-Standards, die von den

europäischen Produktrichtlinien abweichen, einhalten. In diesem Bereich hält der

VDMA eine Einigung auf eine gemeinsame Regulierung oder eine gegenseitige An-

erkennung für unwahrscheinlich. Verbesserungspotenzial sieht der VDMA bei der An-

erkennung von Zertifikaten bei bestimmten Tests sowie bestimmten Materialien für

Druckbehältnisse.

Im Bereich des Explosionsschutzes besteht eine relativ große Übereinstimmung hin-

sichtlich des elektronischen Explosionsschutzes. Hier sieht der VDMA das Potenzial,

eine gemeinsame Regulierung zu entwickeln. Im Bereich des mechanischen Explo-

sionsschutzes ist die EU in einer Vorreiterrolle, es gibt keine vergleichbaren Regulie-

rungen, obwohl die Produktsicherheit dadurch deutlich gesteigert wird. Daher sollte

die europäische Direktive als Grundlage für gemeinsame rechtliche Vorgaben genutzt

werden.

Maschinen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, unterliegen speziellen Re-

gulierungen in den USA und der EU. Die Kompatibilität der Regulierungen ist dabei

vom Material abhängig. Elastomere und Silikon haben keine spezifischen Regularien

auf EU-Ebene, sodass Hersteller bei Berücksichtigung der US-amerikanischen Best-

immungen der FDA55 Produkte auch in der EU einsetzen können. Bei Plastik sind

dagegen sehr spezifische Bestimmungen einzuhalten, sodass praktisch kaum ein

Plastik existiert, der sowohl die Regularien in der USA als auch in der EU erfüllt. Der

VDMA votiert daher für eine gegenseitige Anerkennung von Materialien und Maschi-

nen, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen.

54 American Society of Mechanical Engineering. 55 Food and Drug Administration.

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117

Gewerkschaft

Im Gegensatz zu der positiven Sicht des VDMA betrachtet die Gewerkschaft IG Metall

die TTIP kritisch. Die Haltung der IG Metall beruht auf der in Kapitel 6.1.2 dargestell-

ten Position des DGB, die sich dadurch auszeichnet, dass keine grundsätzliche Ab-

lehnung formuliert wird, allerdings vielfältige unverhandelbare Anforderungen an ein

TTIP-Abkommen gestellt werden. In den Veröffentlichungen der IG Metall erscheint

ihre Haltung tendenziell eher kritischer als beispielsweise die der IG BCE und näher

an der Position von ver.di (vgl. Kapitel 6.3.2).

Ziele der EU-Kommission

Die EU-Kommission veröffentlicht die Ziele, die sie im Rahmen der TTIP-

Verhandlungen hinsichtlich des Maschinen- und Anlagenbaus verfolgt (EU-

Kommission 2015d). Wie bereits bei der chemischen und pharmazeutischen Industrie

ist das wichtigste Ziel, enger zusammenzuarbeiten, um Unterschiede in den aktuellen

Regulierungen abzubauen und die Basis für gemeinsame Regulierungen in der Zu-

kunft zu legen. Dabei soll insbesondere erreicht werden, dass die Beachtung interna-

tionaler Standards von ISO und IEC, die in den EU gelten, gleichzeitig zur Erfüllung

von US-Standards führen. Auch Prüfverfahren, inwieweit Produkte die Standards ein-

halten, sollen aneinander angepasst werden.

Unternehmen

Die hessischen Unternehmen im Maschinenbau machten im Rahmen der Experten-

gespräche zwar deutlich, dass an der einen oder anderen Stelle kleinere Anpassun-

gen und Umbauten an den Produkten für den US-Markt notwendig sind, die aus (si-

cherheits-)technischer Sicht unnötig seien. Allerdings schätzen sie den Aufwand

dafür relativ gering ein. Häufig wird bereits bei der Produktentwicklung berücksichtigt,

dass die Produkte einfach für beide Märkte aus- bzw. umrüstbar sind. Viele Produkte

können auch ohne jeglichen Anpassungsaufwand in die USA geliefert werden. Ent-

sprechend zu dieser relativ neutralen Sichtweise gegenüber den bestehenden Han-

delsbarrieren zeigt das Ergebnis der schriftlichen Umfrage bei exportierenden KMU

in Hessen aus dem Maschinenbau, dass 75 % der befragten KMU die Entwicklung

ihres Auslandsumsatzes in den USA und ebenfalls 75 % der befragten KMU die Ge-

schäftsentwicklung insgesamt beim Abschluss von TTIP als stabil einschätzen. Die

Zahl der Unternehmen, die von positiven Effekten ausgehen, liegt geringfügig über

der Zahl der Unternehmen, die negative Effekte erwarten.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

118

Abbildung 11: Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP (Auswertung für die Branche Maschinenbau)

Quelle: Werner, Bauer, Harsche (2016), Darstellung der Hessen Agentur

6.3 Informations- und Kommunikationstechnik

6.3.1 Strukturelle Merkmale der Branche Informations- und Kommunikations-

technik – Hessen, Deutschland, EU und USA

Die IKT-Branche wird in der vorliegenden Untersuchungen schwerpunktartig im Sinne

einer Dienstleistungsbranche betrachtet. Das bedeutet, dass sich statistische Anga-

ben gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008) auf den Abschnitt J –

Information und Kommunikation – beziehen, und damit Bereiche aus dem Verarbei-

tenden Gewerbe ausgeklammert sind.56 Im Vergleich mit dem Verarbeitenden Ge-

werbe werden im Dienstleistungsbereich durch die amtliche Statistik anderer statisti-

sche Daten erhoben. Dadurch sind die nachfolgenden Informationen nicht vollständig

mit den Angaben zur Chemie- und Pharmabranche und dem Maschinen- und Anla-

genbau in den vorangegangenen Kapiteln vergleichbar. Insbesondere können kaum

Angaben zu Export- und Importbeziehungen dieses Dienstleistungsbereichs gemacht

werden.

56 In anderen Zusammenhängen wird auch auf übergreifende Definitionen der IKT-Branche zurückgegriffen, in der die Her-

stellung von IKT-Geräten ebenfalls erfasst ist. Vgl. zu verschiedenen Systematiken der Abgrenzung der IKT-Branche z.B. Werner, Harsche, Bauer, Petkova (2014, S. 87-88).

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119

Die Bedeutung der IKT-Branche – gemessen am Anteil der Branche an allen Beschäf-

tigten und an allen Beschäftigten im Dienstleistungssektor – ist in Hessen, Deutsch-

land und EU vergleichbar: jeweils rund 3 % bzw. rund 4 %. In den USA hat die Bran-

che mit einem Anteil an allen Beschäftigten des Dienstleistungssektors von 5 % ein

etwas größeres Gewicht.

Sowohl in der EU als in Deutschland wird im Sektor Information und Kommunikation

4,7 % der gesamte BWS erwirtschaftet. Etwas höher liegt dieser Anteil in Hessen

(5,4 %) und in den USA (6 %). Eine vergleichbare Relation unter den Vergleichsregi-

onen ergibt sich auch, wenn man den Anteil der BWS der IKT-Branche an der BWS

des Dienstleistungssektor heranzieht: die Bedeutung der Branche in Hessen und in

der USA ist etwas größer als im Bundes- und EU-Durchschnitt.

Tabelle 28: Statistische Angaben zur Informations- und Kommunikationstechnik

Hessen Deutschland EU USA*

Beschäftigte Branche 2013 (USA 2012) 129.306 1.113.159 6.268.500** 4.696.800 Anteil Branche an allen Beschäftigten des Dienst-leistungssektors 2013

4,2%** 4,1%** 4,1%** 5,0%

Anteil Branche an allen Beschäftigten 2013 3,1%** 2,9%** 2,9%** k.A.

Bruttowertschöpfung Branche (in Mio. Euro) 2013 11.524 117.214 542.939 763.346 Anteil an der gesamten Bruttowertschöpfung des Dienstleistungssektors 2013

7,1% 6,8% 6,4% 7,7%

Anteil Branche an der gesamten Bruttowert-schöpfung 2013

5,4% 4,7% 4,7% 6,0%

Umsatz Branche (in Mio. Euro) 2013 (USA 2012) 26.623 241.384 k.A. 1.217.438

Anteil Auslandsumsatz in Branche 2013 k.A. k.A. k.A. k.A.

Anm.: Vielfältige methodische Aspekte lassen nur bedingt Vergleiche zwischen den Regionen sowie die Bildung von Relationen zwischen den einzelnen Kennzahlen wie Beschäftigten, BWS und Umsatz zu. So weicht die Abgrenzung der Informa-tions- und Kommunikationstechnik zwischen den USA und Europa / Deutschland / Hessen geringfügig voneinander ab. Auch werden bei der Erfassung der Kennzahlen unterschiedliche Abschneidegrenzen (Größe des Unternehmens) in den verschiedenen zugrundeliegenden Quellen genutzt.

* Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittleren Wechselkurs der Jahre 2012: 1 EUR = 1,2848 USD, 2013: 1 EUR = 1,3281 USD.

** Angaben aus der Europäischen Arbeitskräfteerhebung, die methodisch den Richtlinien der International Labour Organi-sation (ILO) folgt. Die absolute Zahl der Beschäftigten liegt damit methodisch bedingt grundsätzlich höher als die Anga-ben aus den Strukturerhebungen, die für die Vergleichsregionen benutzt wurden.

Quelle: HSL, destatis, VGRdL, Eurostat, US Bureau of Economic Analysis, U.S. Census Bureau, Darstellung der Hessen Agentur

Da im Dienstleistungsbereich kaum Export- und Importstatistiken vorliegen, kommt

der Analyse der Kapitalverflechtungen eine noch höhere Bedeutung zu. Zudem ist es

aus der Sicht einer Dienstleistungsbranche wie der IKT häufig für ein erfolgreiches

Auslandsgeschäft unumgänglich, eine entsprechende Tochtergesellschaft oder ähn-

liche Einrichtungen vor Ort zu haben. Den höchsten Anteil an den Auslandsinvestiti-

onen insgesamt nimmt die IKT-Branche in der EU mit 6,8% ein. Demgegenüber lie-

gen die Anteile für die USA bei 3,4 %, für Deutschland bei 0,3 % und für Hessen bei

0,8 %. Im Verhältnis zu den Auslandsinvestitionen anderer Branchen ist die IKT-

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

120

Branche in Hessen und Deutschland damit unterproportional vertreten. Zu beachten

ist allerdings, dass in dieser Branche hohe negative Bewertungen von ausländischen

Direktinvestitionen – insbesondere in der EU – den Gesamtbestand vermindern (vgl.

Fußnote 14). Den USA kommt jedoch eine leicht überproportionale Bedeutung in

Hessen zu, da mehr als 35 % aller ausländischen Direktinvestitionen der hessischen

IKT-Branche in die USA gehen. Aus Sicht der USA haben Deutschland und die EU

überproportionale Bedeutung für Direktinvestitionen: In der US-IKT-Branche entfallen

57,6 % aller Direktinvestitionen auf die EU und 5,2 % auf Deutschland, über alle Bran-

chen liegen die entsprechenden Anteile bei 51,2 % für die EU und 2,6 % für Deutsch-

land.

In Deutschland entfallen mit 58.589 Mio. Euro 12,8 % aller ausländischen Direktin-

vestitionen auf die IKT-Branche. Dieser Anteil liegt bei den USA mit 6,3 % ebenfalls

hoch. Für Hessen beträgt der Anteil der IKT-Branche an den Direktinvestitionen aus

dem Ausland 2,1 % und für die EU 1,5 %. Die gegenseitige Verknüpfung offenbart,

dass knapp 72 % der ausländischen Direktinvestitionen in den USA aus Europa stam-

men. Umgekehrt werden 51,0 % der ausländischen Direktinvestitionen in Europa

durch US-Unternehmen getätigt. Beide Anteile übersteigen damit deutlich die jeweili-

gen Anteile über alle Branchen (60,3 % bzw. 39,7 %). In Hessen haben US-

Unternehmen einen Bestand von 123 Mio. Euro Direktinvestitionen, womit der Anteil

der USA mit 8,7 % überproportional hoch in der IKT-Branche ist. Dies unterstreicht

die zentrale Bedeutung des Standortes Hessen in der IKT-Branche. Insbesondere

das Rhein-Main-Gebiet ist Sitz vieler Deutschland- oder Europazentralen von US-

Unternehmen der IKT-Branche. In Deutschland insgesamt ist die gegenseitige Ver-

knüpfung mit den USA in der IKT-Branche dagegen unterproportional ausgeprägt:

Nur 0,4 % aller ausländischen Direktinvestitionen entfallen auf die USA. Vermutlich

ist dieser Effekt bis zu einem gewissen Grad statistisch bedingt und auf große Enga-

gements ausländischer Telekommunikationsunternehmen (Vodafone, Telefónica) in

Deutschland zurückzuführen, die nicht US-Unternehmen zuzuordnen sind.

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121

Tabelle 29: Ausländische Direktinvestitionen der IKT-Branche 2013

Hessen Deutschland EU** USA*

FDI im Ausland in Branche (in Mio. Euro, nach Investor)

1.231 2.391 337.475 110.857

Anteil Branche an allen FDI im Ausland

0,8% 0,3% 6,8% 3,1%

FDI in USA in Branche 435 8.736 143.629 in EU: 63.831 nach D: 5.738

Anteil an allen FDI im Ausland in Branche

35,3% k.A. 42,6% EU: 57,6 %

D: 5,2 % Anteil FDI in USA an allen FDI (branchenübergreifend)

31,1% 26,3% 31,8% EU: 51,2%

D: 2,6% FDI aus dem Ausland in Branche 1.411 58.589 56.878 129.828 Anteil Branche an allen FDI aus dem Ausland

2,1% 12,8% 1,5% 6,3%

FDI aus USA in Branche 123 226 29.004 aus EU: 93.272

aus D: k.A. Anteil FDI aus USA an allen FDI in Branche

8,7% 0,4% 51,0% EU: 71,8%

D: k.A. Anteil FDI aus USA an allen FDI (branchenübergreifend)

7,1% 7,4% 39,7% EU: 60,3%

D: 7,5%

Anm.: Vergleiche zwischen den Regionen sind nur eingeschränkt möglich, da die Abgrenzung der Informations- und Kommu-nikationstechnik zwischen den USA und Europa gegenüber Deutschland / Hessen geringfügig abweicht.

* Umrechnung von Angaben in US-Dollar in den Originalquellen durch den von EZB/Bundesbank veröffentlichten mittle-ren Wechselkurs des jeweiligen Jahres (2012: 1 EUR = 1,2848 USD, 2013: 1 EUR = 1,3281 USD).

** Angaben für 2012

Quelle: Bundesbank, Eurostat, Bureau of Economic Affairs

Wirkungsanalysen der TTIP für die Branche Informations- und Kommunikati-

onstechnik

Für die IKT-Branche werden nur relativ geringe nichttarifäre Handelsbarrieren zwi-

schen den USA und der EU durch CEPR (2013, S. 18) identifiziert. Auch die Exper-

tengespräche mit hessischen Unternehmen lassen diesen Schluss zu. Allgemein wer-

den im Dienstleistungsbereich insbesondere die „Buy National“-Vorschriften bzw. die

Sicherheitsbestimmungen des Patriot Act als Handelsbarrieren für europäische An-

bieter genannt. Zum Teil sind auch Visa-Vorschriften hinderlich. Aufgrund der völlig

anderen Geschäftsstruktur im Vergleich zum Produzierenden Gewerbe lässt sich in

der IKT-Branche eine Abschätzung der TTIP-Effekte nicht über Import- und Export-

veränderungen durchführen.

Aufgrund der geringen Handelsbarrieren erreicht der als „Communications“ bezeich-

nete Sektor in der Studie des CEPR eine vergleichsweise geringe Output Steigerung

von 0,17 %. Die CEPII-Studie lässt keine Schlussfolgerungen für die IKT-Branche zu,

da die sektorale Gliederung lediglich zwischen primären Sektor, Industrie und Dienst-

leistungssektor unterscheidet. In der makroökonomischen ifo-Studie erreicht der als

„Kommunikation“ bezeichnete Sektor die größten Exportsteigerungen sowohl insge-

samt als auch in die USA im gesamten Dienstleistungsbereich. Die Exporte steigen

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

122

um 1,73 % gegenüber dem Referenzszenario. Dagegen wird in der mikroökonomi-

schen Analyse für Deutschland kein Exporteffekt für den IKT-Bereich berechnet, so-

dass die Output Steigerungen im IKT-Bereich lediglich auf den Input-Output Bezie-

hungen mit anderen Sektoren beruhen. Der an dieser Stelle als

„Nachrichtenübermittlung“ bezeichnete Sektor erreicht bei dieser Analyse einen ge-

ringen Effekt von einer Steigerung um 0,2 % des Outputs gegenüber dem Basissze-

nario ohne ein Handelsabkommen.

6.3.2 Qualitative Analyse zur Bedeutung der TTIP in der Branche und Position

bedeutender Branchenvertreter

Verband

Die IKT-Branche ist in Deutschland insbesondere im Verband BITKOM57 organisiert.

Dabei berücksichtigt der Verband sowohl Hersteller von IKT-Produkten als auch Soft-

ware- und Serviceanbieter. Bereits am 12. Juni 2013, das heißt zu einem frühen Zeit-

punkt der Verhandlungen, hat der BITKOM ein Positionspapier zur TTIP veröffent-

licht. Hierin begrüßt der Verband grundsätzlich die Aufnahme von Verhandlungen

zwischen EU und USA, da durch den Abbau von Handelshemmnissen der Wohlstand

gefördert, Arbeitsplätze geschaffen und netzpolitische Prinzipien weltweit gestaltet

werden können. Wichtig ist BITKOM, dass die Wirtschaftsbeziehungen zu anderen

Regionen der Welt nicht negativ dadurch betroffen werden (BITKOM 2013).

Zu den einzelnen Aspekten der TTIP-Verhandlungen stellt der BITKOM konkrete Vor-

schläge zusammen und weist auf bestehende Handelshemmnisse hin. Die meisten

IKT-Produkte sind zwar zwischen der EU und den USA aufgrund des ITA58-Abkom-

mens zollfrei, aber es gibt einzelne Ausnahmen: Insbesondere Produkte der Unter-

haltungselektronik sind noch zu verzollen. Die komplexe Warenursprungsregelung

wird kritisiert, die zudem zwischen der EU und den USA unterschiedlich gehandhabt

wird. Für verschiedene zugelassene EU- und US-Firmen gelten vereinfachte Einfuhr-

bedingungen. Diese Bestimmungen, die sich insbesondere auf Sicherheitsrichtlinien

beziehen, sollten ausgedehnt werden. Der BITKOM spricht sich gegen einseitige Si-

cherheitsmaßnahmen der USA wie die 100 %-Screening Richtlinie aus. Eine nichtta-

rifäre Barriere für den Handel mit Gütern der IKT-Industrie besteht in uneinheitlichen

Standards und Normen. Hier plädiert der BITKOM für eine Orientierung der USA an

dem Verfahren in der EU. Statt der Formulierung technischer Details werden grund-

legende Anforderungen festgehalten. Darauf aufbauend werden Normen über Nor-

mungsorganisationen festgesetzt. Zudem genügt bei vielen Produkten in Europa eine

selbsterstellte Konformitätserklärung des Produzenten zur Markteinführung. Der 57 Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. 58 Übereinkommen über Informationstechnologie.

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123

BITKOM nimmt neben diesen vornehmlich auf physischen Lieferungen bezogenen

Aspekten des Handelsabkommens auch zu Dienstleistungsthemen Stellung. Ausge-

wählte IT-Serviceleistungen (z.B. Cloud Computing, webbasierte IT-Services) sind

zum Teil durch das GATS-Abkommen der WTO geregelt, es fehle bisher aber an

einer umfassenden Berücksichtigung von IT-Services im transatlantischen Handel

(BITKOM 2013, S. 3, 8-9).

Der BITKOM (2013, S. 4) nennt verschiedene Regelungen in den USA und der EU,

auf die Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen der Wirtschaftsräume zu-

rückzuführen seien. In den USA besteht eine Beschränkung für den Anteil am Besitz

von Unternehmen mit einer Mobilfunklizenz, die im Normalfall 20 % für direkte und

25 % für indirekte Beteiligungen beträgt. Zudem werden europäische Unternehmen

aufwendigen Genehmigungsverfahren durch das US Committee on Foreign Invest-

ment unterzogen.

Der BITKOM (2013, S. 4) stellt eine Benachteiligung europäischer gegenüber US-

amerikanischer Firmen durch eine restriktive Gestaltung und Anwendung der Wett-

bewerbsregeln in der EU fest. Zudem verhindert die US-Wettbewerbsaufsicht den

Austritt von Anbietern auf dem US-Mobilfunkmarkt.

Hinsichtlich öffentlicher Ausschreibungen stellt insbesondere die „Buy National“-Klau-

sel in den USA ein Handelshemmnis für europäische Anbieter dar. Dies betrifft öffent-

liche Institutionen sowohl auf nationaler als auch regionaler Ebene sowie durch öf-

fentliche Mittel finanzierte Unternehmen. Weiterhin bestehen teils Verpflichtungen,

benötigte Daten für Geschäftsprozesse physisch in den USA zu speichern, wodurch

es zu Benachteiligungen europäischer Anbieter kommt (BITKOM 2013, S. 4-5).

Im Rahmen der Telekommunikationspolitik bestehen starke Differenzen zwischen der

Regulierung des Netzzugangs. Hier sollte eine Vereinheitlichung angestrebt werden,

da sonst Wettbewerbsnachteile entstehen können. Während in der EU der Netzzu-

gang reguliert ist, um neuen Marktteilnehmern den Zutritt zu ermöglichen, ist der Wett-

bewerb in den USA infrastrukturbasiert (BITKOM 2013, S. 5-6).

Bei der Freigabe weiterer Bandbreiten für die gewerbliche Nutzung im Mobilfunkbe-

reich sollte darauf geachtet werden, dass die gleichen Bandbreiten auf beiden Seiten

des Atlantiks freigegeben werden. Hierdurch können Nutzer das gleiche Gerät in bei-

den Wirtschaftsräumen nutzen. Auch sollte die Vergabe zur Nutzung der Bandbreiten

grundsätzlich diskriminierungsfrei gestaltet werden (BITKOM 2013, S. 6).

Die Entsendung von europäischen Fachkräften in die USA ist wesentlich schwieriger

als umgekehrt der Einsatz von US-amerikanischen Mitarbeitern in der EU. Dadurch

werden europäische Unternehmen benachteiligt, sodass der BITKOM (2013, S. 6)

eine Angleichung der Einreisebestimmungen fordert.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

124

Hinsichtlich des Urheberrechtes bemängelt der BITKOM (2013, S. 6-8) die starre Re-

gelung innerhalb der EU. Er präferiert eine Orientierung an dem „fair use“ Konzept

der USA. Auch Fragen des Lizenzerwerbs sind in der EU restriktiv geregelt. Auf dem

Gebiet der Cybersicherheit plädiert der BITKOM für eine weitgehende Selbstregulie-

rung der Branche. Hierdurch wird eine – in diesem Gebiet besonders wichtige – fle-

xible und schnelle Reaktion auf Bedrohungen gewährleistet. Auch im Rahmen des

Datenschutzes sollte eine international einheitliche bzw. gegenseitig anerkannte Re-

gelung lediglich durch Mechanismen der Selbstregulierung ergänzt werden.

Der BITKOM (2013, S. 9-10) hebt insbesondere das Potenzial hervor, dass sich durch

die TTIP globale Standards durch EU und USA setzen lassen können. Dabei werden

gemeinsame Ziele der USA und der EU in Bezug auf den Schutz des geistigen Ei-

gentums, des Marktzugangs und Lokalisierungsklauseln sowie hinsichtlich der Netz-

politik und des freien Zugangs zum Internet genannt.

Die Forderungen des BITKOM beinhalten in einigen Fällen, dass eine Verhandlungs-

partei von ihren derzeitigen restriktiveren Bestimmungen abrücken müsste. Kritisch

zu sehen sind Forderungen der BITKOM hinsichtlich Regelungen durch die EU, die

nach Ansicht des BITKOM zu Wettbewerbsnachteilen europäischer Anbieter im Ver-

gleich zu US-amerikanischen Firmen führen. Dies trifft insbesondere auf die europä-

ischen Regelungen zu Wettbewerbskontrolle, die Netzzugangsregulierung sowie die

Urheberrechts- und Lizenzregelung zu. Diese Themen sollten durch den BITKOM di-

rekt adressiert und gegebenenfalls durch die EU intern entsprechend neu reguliert

werden. Diese EU-Regeln im Rahmen eines Handelsabkommens mit den USA zu

verändern, erscheint dagegen gerade vor dem Hintergrund der öffentlichen Diskus-

sion und der politischen Durchsetzbarkeit ungeeignet, da dies den Eindruck der Kriti-

ker verfestigt, dass Konzerne dieses Abkommen zur Absenkung von Standards ein-

setzen. Hintergrund der Forderungen des BITKOM sind häufig die ohnehin

problematischen Skaleneffekte: Der europäische Wettbewerber ist bereits dadurch

benachteiligt, dass sein Heimatmarkt (bezogen auf das einzelne EU-Land) kleiner als

der Heimatmarkt des US-Wettbewerbers ist. In den Expertengesprächen wurde daher

als eine sinnvolle Strategie für kleine europäische IKT-Firmen genannt, nach dem

eigenen Heimatmarkt zunächst in den USA Fuß zu fassen und erst dann weitere eu-

ropäische Märkte zu erschließen.

Auf europäischer und US-Ebene haben die Verbände DIGITALEUROPE und Infor-

mation Technology Industry Council gemeinsam im Februar 2015 Empfehlungen für

die TTIP-Verhandlungen eingebracht. Beide Verbände begrüßen grundsätzlich ein

Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA und fordern einen spezifi-

schen Anhang für die Belange der IKT-Branche. Im Hinblick auf regulatorische Trans-

parenz werden eine verstärkte Bekanntmachung von neuen regulatorischen Erforder-

nissen sowie ein frühzeitiger Dialog mit der Industrie gewünscht. Die technische

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125

Regulierung sollte soweit möglich auf globalen Standards beruhen und nur in Aus-

nahmefällen länderspezifische Regeln aufstellen. Über TTIP sollte die WTO-

Vereinbarung zu technischen Handelsbarrieren weiterentwickelt werden. Zur Einhal-

tung von (länderspezifischen) Regularien sind häufig Prüfungen und Zertifizierungen

notwendig. Durch eine verstärkte Nutzung des Modells der Konformitätserklärung

durch den Anbieter lassen sich Handelsbarrieren abbauen. Zusätzlich wünschen sich

die beiden Organisationen weitreichende Zusammenarbeit und gegenseitige Akzep-

tanz in den Bereichen E-Accessibility, E-Labelling, E-Health und M-Health sowie dem

„Internet der Dinge“. Auch vereinfachter Marktzugang und gemeinsame Standards

bei Produkten mit Verschlüsselungstechnologien sind wichtig (DIGITALEUROPE,

ITIC 2015).

Gewerkschaft

Mit dem Fachbereich Telekommunikation und Informationstechnologie und der Bran-

chenkoordination ITK sind die beiden Gewerkschaften ver.di und IG Metall im IKT-

Bereich tätig. Dies beruht insbesondere auf der Entstehungsgeschichte vieler IT-

Unternehmen. So wurden teils IT-Abteilungen aus Unternehmen des Verarbeitenden

Gewerbes als auch aus Unternehmen der Dienstleistungsbranche ausgegründet.

Die Veranstaltungshinweise auf der Webseite von ver.di weisen auf verschiedene

Veranstaltungen hin, die sich gegen die TTIP richten und zumindest auf eine Ausset-

zung der Verhandlungen hinarbeiten. Auch die IG Metall äußert sich überwiegend

kritisch gegenüber TTIP. Die Recherchen ergaben kein eigenes Positionspapier der

Gewerkschaften, sodass die Gewerkschaften überwiegend eine gemeinsame Posi-

tion unter dem Dach des DGB vertreten. In einem gemeinsamen Statement mit der

Akademie der Künste werden die Kernforderungen der IG Metall formuliert: „Jede

Form von Investitionsschutzabkommen wird abgelehnt. Unterzeichnung aller ILO-

Kernarbeitsnormen durch die USA. Freihandelsabkommen dürfen weder Arbeitneh-

mer noch Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards gefährden. Wird auch

nur einer dieser Punkte nicht erfüllt, bleibt es beim Nein der IG Metall zu TTIP.“ (IG

Metall 2014). Damit wird unterstrichen, dass die gemeinsam mit dem Bundeswirt-

schaftsministerium durch den DGB veröffentlichte Position (DGB 2014) aus Sicht der

Gewerkschaften nicht eine grundsätzliche Zustimmung zur TTIP beinhaltet und ihre

Anforderungen den Ausgangspunkt der Verhandlungen darstellen, sondern dass es

sich um unverzichtbare Minimalstandards als Voraussetzung für eine Zustimmung

der Gewerkschaften zu TTIP handelt.

Die IKT-Branche ist aktuell weltweit durch US-amerikanische Unternehmen dominiert.

Aus den Expertengesprächen lässt sich sowohl aus Gewerkschaftssicht als auch aus

Sicht der Unternehmen erkennen, dass die IKT-Branche nur mit äußerst geringen

Handelsbarrieren zwischen der EU und den USA konfrontiert ist. Es wurde betont –

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

126

auch über die IKT-Branche hinaus – dass der Trend hin zur Individualisierung von

Produkten geht, sodass eine Anpassung an nationale Standards eher von unterge-

ordneter Bedeutung ist. Von höchster strategischer Bedeutung sind hingegen die Ge-

staltung des Fortschritts insgesamt und die damit einhergehende Veränderung der

Arbeitswelt durch die Digitalisierung. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit ist von

entscheidender Bedeutung, die Finanzierung des Ausbaus der Infrastruktur sicherzu-

stellen.

Da die IKT-Branche als Dienstleistungsbranche analysiert wird, sind keine weiteren

Erkenntnisse aus der bei den vorangegangenen Branchenanalysen herangezogenen

schriftliche Befragung der hessischen KMU im Verarbeitenden Gewerbe zu gewin-

nen.

Ziele der EU-Kommission

Die Ziele der EU-Kommission (2015d) bestehen vor allem aus einer Intensivierung

der Kooperation der Regulatoren. Besonders im Fokus stehen dabei Möglichkeiten

des e-Labeling, der Barrierefreiheit und des Datenaustauschs. Auch gemeinsame Re-

gelungen zur Zertifizierung von IKT-Produkten – insbesondere im Hinblick auf Kryp-

tographie – sollen entwickelt werden. Die EU geht auch auf Sicherheitsaspekte und

gemeinsame Standards ein, die sich aber vorwiegend auf die Hardwarebranche und

nicht auf die hier im Vordergrund stehende Software- und Dienstleistungsbranche be-

ziehen.

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127

7 Zusammenfassung und Fazit

Die Hessen Agentur analysiert im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft,

Energie, Verkehr und Landesentwicklung die Auswirkungen der geplanten Transat-

lantic Trade and Investment Partnership (TTIP) zwischen der EU und den USA für die

hessische Wirtschaft. Ziel der TTIP ist es, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen

der EU und den USA weiter zu intensivieren. Dazu werden neben der für ein klassi-

sches Freihandelsabkommen typischen Senkung und weitgehenden Abschaffung

von tarifären Handelsbeschränkungen – Zölle und Einfuhrquoten – weitergehende

Vereinbarungen angestrebt, insbesondere die Vereinfachung von Formalitäten und

Kontrollen bei der Wareneinfuhr, die Abstimmung von Ursprungsregeln, eine weitere

Deregulierung bzw. Liberalisierung des Dienstleistungsbereichs sowie eine Deregu-

lierung bzw. Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens. Zwei bedeutsame

Ziele sind der Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse durch Harmonisierung und ge-

genseitige Anerkennung von Standards, technischen Normen und Ähnlichem sowie

die Gestaltung eines Investitionsschutzkapitels. Durch den Investitionsschutz erhal-

ten ausländische Investoren die Möglichkeit, gegen einen Staat vor internationalen

Schiedsgerichten zu klagen, wenn sie durch Verstöße der Staaten gegen die Bestim-

mungen der TTIP ihre Investition gefährdet sehen.

Um die TTIP ist eine breite öffentliche Debatte entstanden, in der positive und nega-

tive Auswirkungen der TTIP einander gegenübergestellt werden. Viele Argumente der

Gegner liegen außerhalb der engen handelsökonomischen Beurteilung der Effekte

der TTIP. Hervorzuheben sind hierbei Befürchtungen, dass Verbraucher- und Um-

weltstandards sowie Arbeitnehmerrechte abgesenkt werden, dass durch Investitions-

schutzabkommen demokratische Entscheidungen untergraben werden oder dass Pri-

vatisierungen von wichtigen öffentlichen Dienstleistungen wie Bildung, Kultur und

Versorgung verpflichtend werden. Dagegen stehen die Aussagen im Rahmen des

Verhandlungsmandates der EU-Kommission sowie zahlreicher politisch Verantwort-

licher, dass diese Befürchtungen unberechtigt seien, und ein Abkommen dies nicht

beinhalten werde. Eine abschließende Bewertung diesbezüglich ist zum gegenwärti-

gen Zeitpunkt nicht möglich und war nicht Gegenstand der vorliegendenden Untersu-

chung.

Als wichtigstes Argument wird von den Befürwortern der TTIP vorgebracht, dass die

im Rahmen der TTIP angestrebten Maßnahmen zur Förderung von Handel und In-

vestitionen in der EU und den USA zu zusätzlichem Wirtschaftswachstum führen wür-

den. Der Umfang des Wirtschaftswachstums wird durch verschiedene Modellrech-

nungen in einer Vielzahl von Studien ermittelt, die zu unterschiedlichen Ergebnissen

führen. Dabei hängt das Wachstum vom Liberalisierungsniveau sowie weiteren Mo-

dellparametern ab. Einen besonderen Stellenwert haben in der Diskussion die drei

Studien von CEPR, CEPII und dem ifo-Institut.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Wachstumswirkungen nach Studien

Die Ergebnisse aller Studien sind stets als langfristiger Effekt zu interpretieren, der

ca. 10 Jahre nach Abschluss des Abkommens vollständig wirkt und eine Niveauver-

schiebung gegenüber einem Referenzszenario – eine Prognose der wirtschaftlichen

Entwicklung ohne die TTIP – darstellt.

In der durch die EU-Kommission beauftragten Studie des CEPR führt ein reines Zoll-

senkungsszenario zu einem Wachstum von 0,1 % des BIP in der EU. Dagegen wird

in einem tiefgreifenden Freihandelsszenario das BIP-Niveau der EU um einmalig

0,5 % gesteigert, was über den Anpassungszeitraum von etwa zehn Jahren einer Zu-

nahme des jahresdurchschnittlichen Wachstums um 0,05 Prozentpunkte entspricht.

In einer Analyse des CEPII hat eine reine Zollsenkung keinen Effekt auf das reale

Einkommen in der EU, während ein umfassendes Freihandelsabkommen zu einem

prognostizierten Wachstum des realen Einkommens von einmalig 0,3 % führt. Wer-

den zusätzlich noch Spillovereffekte für Drittstaaten einbezogen, steigt das reale Ein-

kommen in der EU um 0,5 %. Die Effekte auf das BIP bewegen sich in den Modellen

des CEPII in einer ähnlichen Größenordnung. Das ifo-Institut hat ebenfalls mehrere

Studien erstellt, allerdings nutzt es überwiegend einen anderen methodischen Ansatz

(Gravitationsmodell). Um die Effekte der Absenkung der Handelsbarrieren abzuschät-

zen, werden in Gravitationsmodellen die Wachstumseffekte auf Basis der durch-

schnittlichen Handelsschaffung durch frühere Handelsabkommen bestimmt. In einem

reinen Zollsenkungsszenario prognostiziert das ifo-Institut ein Wachstum des realen

BIP für Deutschland in Abhängigkeit verschiedener methodischer Parameter von zwi-

schen 0,24 % und 0,03 %. Die Effekte bei einer weitreichenden Absenkung der Han-

delsbarrieren liegen zwischen 4,7 % und 1,6 %.

Die vorgestellten Ergebnisse der ökonometrischen Modellrechnungen werden in der

wirtschaftswissenschaftlichen Literatur kritisch diskutiert. Im Vordergrund der Kritik

stehen dabei zum einen die zugrunde gelegten Modellannahmen wie etwa das Feh-

len von Arbeitslosigkeit, die Höhe der Spillovereffekten, die Höhe der nichttarifären

Handelsbarrieren (NTB) im Ausgangsniveau und der Grad der Senkung dieser Barri-

eren. Zudem werden Kosten des Abkommens in den Modellen nicht berücksichtigt,

wie die möglichen gesamtwirtschaftlichen Kosten des Abbaus von bestimmten Regu-

lierungen, die Anpassungs- und Informationskosten bei der Senkung der NTB, Zoll-

verluste sowie insbesondere Anpassungskosten auf den Arbeitsmärkten. Aufgrund

des methodischen Ansatzes der Gravitationsmodelle sind die ifo-Studien darüber hin-

aus weiterer Kritik ausgesetzt. Insbesondere wird hier die Ableitung der Ergebnisse

über die Senkung der Handelsbarrieren durch die TTIP aus den Erfahrungen früherer

Handelsabkommen bezweifelt, weil klassische, leicht zu beseitigende Handelshemm-

nisse („low-hanging fruits“) zwischen den USA und der EU kaum noch bestehen und

ein vergleichbar großer Effekt durch die TTIP daher unwahrscheinlich sei. Schließlich

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wird von Kritikern darauf hingewiesen, dass trotz der Annahmen, die zu einer Über-

schätzung des Wachstumseffektes führen können, die prognostizierten Wachstums-

effekte relativ gering seien.

Außenwirtschaftliche Verflechtung zwischen Hessen und USA

Mit einem Exportvolumen von 7,2 Mrd. Euro ist die USA aktuell der wichtigste Export-

markt Hessens, auf den rund 12 % aller Exporte entfallen. Damit ist die Bedeutung

der USA für die Exporte Hessens gegenüber ihrem Anteil in Deutschland mit 8,5 %

deutlich überdurchschnittlich. Hinsichtlich des Direktinvestitionsbestandes ist die USA

mit einem Anteil von rund 31 % aller Direktinvestitionen aus Hessen, das heißt Inves-

titionsbeständen in Höhe von 48,7 Mrd. Euro, von höchster Bedeutung. Aus Deutsch-

land stammen insgesamt Investitionen in Höhe von 232,3 Mrd. Euro in den USA, was

einem Anteil von 25,3 % an allen Investitionen entspricht. Auf der Importseite sind die

Beziehungen zwischen Hessen und der USA ebenfalls überproportional gegenüber

Deutschland. In Hessen stammen 10,3 % der Importwaren aus den USA (8,2 Mrd.

Euro), während in Deutschland dieser Anteil bei 5,4 % (49,2 Mrd. Euro) liegt. Die um-

fangreichen Investitionsbestände von US-Unternehmen in Hessen in Höhe von

3 Mrd. Euro erreichen einen Anteil von 4,5 % aller ausländischen Direktinvestitionen,

womit der Anteil unterhalb des bundesweiten Durchschnitts liegt. In Deutschland ent-

fallen 6,8 % (31,5 Mrd. Euro) der Invesitionsbestände auf US-Unternehmen. Die An-

gaben belegen insgesamt, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Hessen

und den USA äußerst eng sind. Für die meisten Kennziffern sind die Beziehungen

zwischen Hessen und den USA intensiver als für Deutschland oder die EU. Positive

Wachstumseffekte der TTIP könnten sich dadurch auf Hessen besonders stark aus-

wirken, da die TTIP auf einen überproportional großen Teil der hessischen Wirtschaft

direkt Einfluss nehmen würde. Allerdings könnten die bestehenden intensiven Ver-

flechtungen auch als Indiz dafür betrachtet werden, dass ein Teil des wirtschaftlichen

Potenzials der Beziehungen zwischen Hessen und den USA bereits ausgeschöpft ist

und eher weniger stark verflechtete Regionen durch überproportionale Zuwächse auf-

schließen.

Strukturelle Auswirkungen auf Hessen

Zur Abschätzung der Effekte der TTIP auf die hessische Wirtschaft werden in der

vorliegenden Untersuchung die genannten ökonometrischen Studien – vorbehaltlich

der dargestellten Kritikpunkte – herangezogen. Über wirtschaftsstrukturelle Unter-

schiede zwischen Hessen, Deutschland und der EU lassen sich die Studienergeb-

nisse, die meist Ergebnisse auf EU-Ebene oder für Deutschland präsentieren, auf

Hessen umlegen. Hessen zeichnet sich durch eine überproportionale Intensität der

bestehenden Verflechtung mit den USA aus, sodass sich unter der Annahme einer

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

130

prozentualen Ausweitung dieser Wirtschaftsbeziehungen die TTIP auf Hessen über-

proportional stark auswirkt. Wird die Branchenstruktur herangezogen, so dürfte Hes-

sen auch stärker als der EU-Durchschnitt durch die TTIP von den prognostizierten

Wachstumseffekten profitieren. Gegenüber Deutschland dürften die möglichen Zu-

wächse für Hessen jedoch etwas geringer sein, da die hessische Wirtschaft einen

geringeren Anteil des Verarbeitenden Gewerbes gegenüber Deutschland aufweist,

für das überdurchschnittliche Effekte erwartet werden. Auch der Anteil des Fahrzeug-

baus, einem besonders deutlich von der TTIP profitierenden Sektor, ist in Hessen im

Vergleich zu Deutschland insgesamt geringer ausgeprägt. Insbesondere als Absatz-

markt von Straßenfahrzeugen erreicht die USA für Hessen nur einen unterdurch-

schnittlichen Wert. Dagegen könnte Hessen Nutzen von einer günstigen Struktur im

Dienstleistungsbereich ziehen, da Branchen wie Finanz-, Versicherungs- und Unter-

nehmensdienstleistungen sowie der Transportsektor überdurchschnittlich von TTIP

profitieren könnten und in der hessischen Wirtschaftsstruktur besonderes Gewicht

haben. Hierdurch würde die ungünstigere Struktur hinsichtlich des Verarbeitenden

Gewerbes zum Teil kompensiert. Die Ergebnisse einer Bundesländerstudie des ifo-

Instituts zu den Auswirkungen der TTIP zeigen ebenfalls, dass Hessen leicht unter-

durchschnittlich gegenüber Deutschland insgesamt von der TTIP profitieren würde.

Da in dieser Studie jedoch ausschließlich Effekte des Verarbeitenden Gewerbes be-

trachtet werden, könnte durch die günstige Dienstleistungsstruktur Hessens dieser

Rückstand bis zu einem gewissen Grad abgebaut werden.

Auswirkungen aus Sicht der hessischen Wirtschaft

Im Rahmen dieser Studie wurden Expertengesprächen mit Akteuren der hessischen

Wirtschaft durchgeführt sowie eine schriftliche Umfrage bei hessischen KMU ausge-

wertet. Es lässt sich festhalten, dass die Verbände die Verhandlungen zur TTIP ins-

gesamt positiv beurteilen. Sie unterstützen im Rahmen ihrer Positionspapiere die Ver-

handlungen durch konkrete Hinweise auf Handelsbarrieren, die durch die TTIP

verringert werden könnten.

Auch die Unternehmen betrachten im Allgemeinen Handelsliberalisierungen sehr po-

sitiv. Dementsprechend wird eine Liberalisierung des Handels mit den USA mehrheit-

lich grundsätzlich befürwortet, worauf mehrere Unternehmen explizit hinwiesen.

Trotzdem werden die aktuellen Verhandlungen zur TTIP auch mit Skepsis durch die

hessischen Unternehmen betrachtet. Dabei wurden zum Teil auch die in der öffentli-

chen Debatte häufig genannten Kritikpunkte der TTIP-Gegner aufgegriffen. So wurde

erwähnt, dass das Abkommen sehr groß angelegt sei, wodurch die vollständige Trag-

weite nicht abgeschätzt werden könne. Es wurde dabei auf kritische Konsequenzen,

falls das Abkommen auf den kulturellen Bereich ausgedehnt und Standards im Be-

reich der Nahrungsmittel angepasst werden, hingewiesen. Die Haltung zu den

Schiedsgerichtsverfahren ging weit auseinander, sie wurden sowohl als gängiges

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131

System bezeichnet als auch als nicht verfassungskonform abgelehnt. Auch wurden

Befürchtungen zur zunehmenden Bedeutung US-amerikanischer Rechtspraxis geäu-

ßert. Ein weiterer Kritikpunkt ist aus Unternehmenssicht, dass zwar viele allgemeine

Informationen zur TTIP veröffentlicht werden, die Zielsetzung der EU für die Verhand-

lungen zur TTIP im Detail bisher allerdings unklar bleibe. Dies werde noch dadurch

verstärkt, dass noch nicht absehbar sei, auf welche Ergebnisse sich die Verhand-

lungsparteien einigen. Es wurde mehrfach die Befürchtung geäußert, dass die EU-

Kommission womöglich nicht stark genug sei, um für Europa günstige Ergebnisse

auszuhandeln. Insgesamt stehen die Unternehmen einer Handelsliberalisierung mit

den USA zwar mehrheitlich positiv gegenüber, können häufig allerdings nicht die ent-

scheidende Frage beantworten, welchen konkreten Nutzen das Unternehmen daraus

ziehen kann. Dementsprechend werden auch in der schriftlichen Umfrage überwie-

gend neutrale Effekte der TTIP auf die hessischen KMU angegeben. Branchenspezi-

fisch wurden Regelungen genannt, durch deren Umsetzung in der TTIP für die Unter-

nehmen ein konkreter Nutzen erwachsen könnte.

Gewerkschaftsseitig führen die Unsicherheit hinsichtlich des Umfangs der positiven

Effekte, gepaart mit den aus Sicht der Gewerkschaften geringen prognostizierten

Wachstumseffekten in den ökonometrischen Modellen, zu einer sehr skeptischen

Haltung gegenüber der TTIP. Der Nutzen erscheint vielfach zu gering, um hohe Stan-

dards hinsichtlich Arbeitnehmer- und Verbraucherrechten sowie Umweltstandards zu

gefährden. Trotzdem lehnen die Gewerkschaften ein Freihandelsabkommen zwi-

schen den USA und der EU nicht grundsätzlich ab, sondern formulieren eine Reihe

unverhandelbarer Bedingungen wie etwa den Verzicht auf Investorenschutzklauseln

mit Schiedsgerichten.

Spezifische Auswirkungen für die Branchen Chemie und Pharma, Maschinen-

und Anlagenbau sowie Informations- und Kommunikationstechnologie

Aufbauend auf der Analyse der quantitativen Studien zur Wirkung der TTIP sowie der

qualitativen Befragungen erfolgten vertiefende Betrachtungen für drei bedeutsame

Branchen in Hessen. Die drei ausgewählten Branchen – Chemie und Pharma, Ma-

schinen- und Anlagenbau sowie Informations- und Kommunikationstechnologien –

weisen sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede hinsichtlich der Auswirkun-

gen der TTIP auf.

Für die Chemie und Pharmabranche ist die USA ein äußerst wichtiger Markt, der auch

als Investitionsstandort für hessische Unternehmen von hoher Bedeutung ist. Verein-

fachungen im gegenseitigen Austausch sollten daher zu positiven Effekten führen.

Dabei werden insbesondere im Pharma- und Medizintechnikbereich erhebliche nicht-

tarifäre Handelsbarrieren identifiziert. So sind doppelte Zulassungsverfahren für Pro-

dukte für den US- und EU-Markt zu durchlaufen und zusätzlich zu den europäischen

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

132

Kontrollen sind die Unternehmen durch die FDA zu zertifizieren, bevor Produkte in

den USA abgesetzt werden dürfen. Dies ist für Hessen besonders bedeutsam, da

gerade in diesem Bereich viele hessische Unternehmen aktiv sind. Durch eine Ver-

ringerung der doppelten Kontrollen könnten besonders hohe Effekte generiert wer-

den, da nicht nur Handelserleichterungen für Unternehmen erreicht würden, die be-

reits in den USA tätig sind, sondern erst durch die TTIP der Zugang für bisher noch

nicht auf dem US-Markt tätige Firmen ermöglicht werden könnte.

Die USA ist auch für den hessischen Maschinen- und Anlagenbau ein wichtiger Markt.

Im Gegensatz zum Pharmabereich werden die nichttarifären Barrieren durch die be-

fragten Unternehmen jedoch überwiegend als klein beurteilt. Der Marktzugang ist da-

her aktuell schon sehr gut und bestehende Handelsbarrieren wurden in der Vergan-

genheit bereits durch die Unternehmen überwunden. Trotzdem wird Potenzial für

positive Effekte durch die Angleichung von Standards und den Abbau der verbliebe-

nen Zölle gesehen, da entsprechende Vereinfachungen und Vergünstigungen die

Wettbewerbsfähigkeit der hessischen Anbieter auf dem US-Markt stärken.

Die IKT-Branche wird im globalen Maßstab durch die USA dominiert. Auch für hessi-

sche Unternehmen bilden die USA einen wichtigen Investitionsstandort. Die Etablie-

rung auf dem US-Markt wird von den befragten Unternehmen sowohl aufgrund der

wirtschaftlichen Bedeutung als auch hinsichtlich der Innovationskraft als entschei-

dend angesehen – wichtiger noch als die Erschließung weiterer europäischer Länder.

Die Handelsbarrieren werden als gering wahrgenommen, auch aufgrund der Etablie-

rung eigener Standorte in den USA. Umgekehrt ist Hessen ein wichtiger Standort für

US-Unternehmen der Branche, was auf die hervorragenden Rahmenbedingungen

insbesondere im Rhein-Main-Gebiet zurückzuführen ist. Aufgrund der geringen Han-

delsbarrieren und der bereits bestehenden starken Vernetzung werden die Effekte

der TTIP insgesamt bisher eher gering eingeschätzt, insbesondere auch vor dem Hin-

tergrund der vergleichsweise hohen Dynamik in der Branche selbst.

Zusammenfassend ist nach dem derzeitigen Kenntnisstand die hessische Wirt-

schaftsstruktur für eine stärker intensivierte Partnerschaft mit den USA günstig. Die

Unternehmen sehen sich in der Lage und die Statistik belegt dies auch, dass sie be-

reits unter den derzeitigen Gegebenheiten auf dem US-Markt erfolgreich agieren. Zu-

gleich ist der Konkurrenzdruck weltweit groß und es wird nicht davon ausgegangen,

dass eine Absenkung von Handelsbarrieren diese Situation noch durch neu eintre-

tende US-Unternehmen verschärft. Dementsprechend äußern sich die Unternehmen

tendenziell positiv gegenüber der TTIP, obgleich keine einschneidende Wirkung

durch einen Abschluss erwartet wird. Auch wirtschaftswissenschaftliche Modellre-

chungen prognostizieren tendenziell eher schwache oder neutrale ökonomische Aus-

wirkungen. Vielfach wurde auf aktuell strategisch bedeutsamere Themen hingewie-

sen, wozu auch beiträgt, dass die tatsächlichen Verhandlungsergebnisse der TTIP-

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133

Gespräche bisher noch zu vage sind, um sie abschließend bewerten zu können. In

diesem Sinne leistet die vorliegende Studie einen Beitrag zur aktuellen öffentlichen

Diskussion der TTIP und liefert Erkenntnisse zu den zu erwartendenden ökonomi-

schen Auswirkungen der TTIP. Es wird deutlich, dass das TTIP-Abkommen nur dann

eine breite Zustimmung erhalten kann, wenn die zuvor dargestellten Bedenken aus-

geräumt werden und durch das Abkommen konkrete ökonomische Vorteile auftreten.

Durch transparente Informationen und einen politischen Dialog auf allen Ebenen wäre

einerseits eine Versachlichung der Debatte sowohl bei Befürwortern wie bei Kritikern

anzustreben, und andererseits klarer als bisher herauszuarbeiten, welche ökonomi-

schen Vorteile die TTIP für die Unternehmen und die Bevölkerung beinhalten könnte,

aber auch welche gesellschaftlichen Kosten auf der Gegenseite entstehen könnten.

Nur so kann am Ende der Verhandlungen eine fundierte Entscheidung über das TTIP-

Abkommen getroffen werden.

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung Seite

1 Verteilung der sektoralen Bruttowertschöpfung 2014 22

2 Export- und Importentwicklung zwischen 2008 und 2014 24

3 Güterstruktur der Exporte und Importe im Jahr 2014 27

4 Bedeutende Warengruppen im Handel Hessen USA 2014 31

5 Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP 78

6 Zusammenhang zwischen Erwartungen hessischer KMU zum US-Absatz und Geschäftstätigkeit insgesamt durch TTIP 79

7 Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP nach Regierungsbezirken 80

8 Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP nach Umsatz 80

9 Bedeutung der Warenabschnitte der chemischen Erzeugnisse im Handel zwischen Hessen und den USA 2014 102

10 Bedeutung der Warenabschnitte des Maschinen- und Anlagenbaus im Handel zwischen Hessen und den USA 2014 112

11 Erwartungen hessischer KMU mit Exporttätigkeit zur TTIP (Auswertung für die Branche Maschinenbau) 118

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135

Tabellenverzeichnis

Tabelle Seite

1 Bestehende und angekündigte Handelsabkommen der EU und der USA 6

2 Häufige Pro- und Kontra-Argumente in der öffentlichen Diskussion der TTIP 11

3 Verhandlungsstand zur TTIP nach der dreizehnten Runde (25.-29.04.2016, New York) 14

4 Kennzahlen der betrachteten Wirtschaftsräume 2014 19

5 Sektorale Bruttowertschöpfung 2014 4

6 Verteilung des Umsatzes im Verarbeitenden Gewerbe Hessens 2015 23

7 Güterstruktur der Exporte 2014 absolut (SITC 1-Steller) 28

8 Güterstruktur der Importe 2014 absolut (SITC 1-Steller) 29

9 Bestand der FDI aus Hessen und Deutschland nach Wirtschafts- zweigen 2013 in Mio. Euro 33

10 Bestand der FDI in Hessen und Deutschland nach Wirtschafts- zweigen in 2013 Mio. Euro. 34

11 Prognostizierte langfristige Effekte der TTIP auf die EU und die USA 40

12 Sektorale Effekte der TTIP im ambitionierten Freihandelsszenario 43

13 Sektorale Effekte der TTIP im Referenzszenario von CEPII (2013) 47

14 Sektorale Effekte der TTIP im Referenzszenario von CEPII (2013) 48

15 Sektorale Effekte der TTIP im Zollszenario der ifo-Studie 51

16 Sektorale Effekte der TTIP in der mikroökonomischen ifo-Studie für Deutschland 55

17 Effekte der TTIP für Bundesländer 57

18 Methodische Aspekte bedeutender Wirkungsanalysen der TTIP 62

19 Durch Handelsbarrieren betroffene europäische KMU 67

20 Kostenbelastung durch Handelsbarrieren für europäische KMU beim Export in die USA 68

21 Strukturelle Daten der schriftlichen Erhebung zu attraktiven Auslands- märkten der hessischen Wirtschaft 77

22 Statistische Angaben zur chemischen und pharmazeutischen Industrie 100

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

136

23 Exporte und Importe der chemischen und pharmazeutischen Industrie 2014 101

24 Ausländische Direktinvestitionen der chemischen und pharmazeutischen Industrie 103

25 Statistische Angaben zum Maschinen- und Anlagenbau 109

26 Exporte und Importe des Maschinen- und Anlagenbaus 2014 110

27 Ausländische Direktinvestitionen des Maschinen- und Anlagenbaus 2013 113

28 Statistische Angaben zur Informations- und Kommunikationstechnik 119

29 Ausländische Direktinvestitionen der IKT-Branche 2013 121

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

145

Anhang

Anhang 1: Exporte Hessens in die USA 2014, SITC 2-Steller, in Mio. Euro

Quelle: HSL (2014), Darstellung der Hessen Agentur

0 1.000 2.000 3.000 4.000Sonderposten Deutsche StatistikSonderposten Deutsche StatistikSonderposten Deutsche StatistikSonderposten Deutsche Statistik

Gold zu nichtmonetären ZweckenMünzen

Besondere Warenverkehrsvorgänge und WarenPostpakete

Waren und Warenverkehrsvorgänge, a.n.g.Verschiedene bearbeitete Waren, a.n.g.

Fotografische Apparate und optische Waren, UhrmacherwarenMess-, Prüf- und Kontrollinstrumente

SchuheBekleidung und Bekleidungszubehör

Reiseartikel, HandtaschenMöbel und Teile davon

Vorgefertigte Gebäude; sanitäre Anlagen, Heizungs- und BeleuchtungVerschiedene FertigwarenAndere Beförderungsmittel

StraßenfahrzeugeElektrische Maschinen und elektrische Teile

Geräte für die Nachrichtentechnik; Bild- und TonBüromaschinen und automatische Datenverarbeitungsmaschinen

Maschinen, Apparate und Geräte für verschiedene Zwecke und TeileMetallbearbeitungsmaschinen

Arbeitsmaschinen für besondere ZweckeKraftmaschinen und Kraftmaschinenausrüstungen

Maschinenbauerzeugnisse und FahrzeugeMetallwaren, a.n.g.

NE-MetalleEisen und Stahl

Waren aus nicht-metallischen mineralischen Stoffen, a.n.g.Garne, Gewebe, Spinnstofferzeugnisse

Papier und Pappe; Waren aus Papierhalbstoff, Papier oder PappeKork- und Holzwaren (ausgenommen Möbel)

Kautschukwaren, a.n.g.Leder, Lederwaren, zugerichtete Pelzfelle

Bearbeitete Waren, vorwiegend nach Beschaffenheit gegliedertChemische Erzeugnisse und Waren, a.n.g.

Kunststoffe in anderen Formen als PrimärformenKunststoffe in Primärformen

DüngemittelÖle, Riech-, Körperpflege-, Reinigungsmittel

Medizinische und pharmazeutische ErzeugnisseFarbmittel, Gerbstoffe und Farben

Anorganische chemische ErzeugnisseOrganische chemische Erzeugnisse

Chemische ErzeugnisseTierische oder pflanzliche Fette und Öle, Wachse

Pflanzliche Fette und fette ÖleTierische Öle und Fette

Tierische und pflanzliche Öle, Fette und WachseElektrischer Strom

GasErdöl, Erdölerzeugnisse

Kohle, Koks und BrikettsMineralische Brennstoffe, Schmiermittel

Rohstoffe tierischen und pflanzlichen Ursprungs, a.n.g.Metallurgische Erze und Metallabfälle

Düngemittel, und mineralische RohstoffeSpinnstoffe und ihre Abfälle

Papierhalbstoffe und PapierabfallKork und Holz

Rohkautschuk, synthetischer und regenerierter KautschukÖlsaaten und ölhaltige Früchte

Häute, Felle, PelzeRohstoffe

Tabak und TabakerzeugnisseGetränke

Getränke und TabakVerschiedene genießbare Waren

TierfutterKaffee, Tee, Kakao, Gewürze

Zucker, Zuckerwaren und HonigGemüse und Früchte

Getreide und GetreideerzeugnisseFische und Meerestiere

Milch und EierFleisch und Zubereitungen

Lebende TiereNahrungsmittel und lebende Tiere

Mio. Euro

0,0

11,70,039,1

164,127,3

388,90,71,50,643,922,4

23,8191,7

345,150,239,1

350,168,5

179,794,6

144,6312,9

25,434,947,08,72,0

139,70,1

178,282,4124,6

3,032,7

3.655,391,8

31,9171,9

0,00,00,7

0,00,6

0,454,3

1,10,00,01,00,2

0,06,9

1,50,115,70,80,91,80,00,2

3,0

Page 152: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

146

Anhang 2: Importe Hessens aus den USA 2014, SITC 2-Steller, in Mio. Euro

Quelle: HSL (2014), Darstellung der Hessen Agentur

0 500 1.000 1.500 2.000Sonderposten Deutsche StatistikSonderposten Deutsche StatistikSonderposten Deutsche StatistikSonderposten Deutsche Statistik

Gold zu nichtmonetären ZweckenMünzen

Besondere Warenverkehrsvorgänge und WarenPostpakete

Waren und Warenverkehrsvorgänge, a.n.g.Verschiedene bearbeitete Waren, a.n.g.

Fotografische Apparate und optische Waren, UhrmacherwarenMess-, Prüf- und Kontrollinstrumente

SchuheBekleidung und Bekleidungszubehör

Reiseartikel, HandtaschenMöbel und Teile davon

Vorgefertigte Gebäude; sanitäre Anlagen, Heizungs- und BeleuchtungVerschiedene FertigwarenAndere Beförderungsmittel

StraßenfahrzeugeElektrische Maschinen und elektrische Teile

Geräte für die Nachrichtentechnik; Bild- und TonBüromaschinen und automatische Datenverarbeitungsmaschinen

Maschinen, Apparate und Geräte für verschiedene Zwecke und TeileMetallbearbeitungsmaschinen

Arbeitsmaschinen für besondere ZweckeKraftmaschinen und Kraftmaschinenausrüstungen

Maschinenbauerzeugnisse und FahrzeugeMetallwaren, a.n.g.

NE-MetalleEisen und Stahl

Waren aus nicht-metallischen mineralischen Stoffen, a.n.g.Garne, Gewebe, Spinnstofferzeugnisse

Papier und Pappe; Waren aus Papierhalbstoff, Papier oder PappeKork- und Holzwaren (ausgenommen Möbel)

Kautschukwaren, a.n.g.Leder, Lederwaren, zugerichtete Pelzfelle

Bearbeitete Waren, vorwiegend nach Beschaffenheit gegliedertChemische Erzeugnisse und Waren, a.n.g.

Kunststoffe in anderen Formen als PrimärformenKunststoffe in Primärformen

DüngemittelÖle, Riech-, Körperpflege-, Reinigungsmittel

Medizinische und pharmazeutische ErzeugnisseFarbmittel, Gerbstoffe und Farben

Anorganische chemische ErzeugnisseOrganische chemische Erzeugnisse

Chemische ErzeugnisseTierische oder pflanzliche Fette und Öle, Wachse

Pflanzliche Fette und fette ÖleTierische Öle und Fette

Tierische und pflanzliche Öle, Fette und WachseElektrischer Strom

GasErdöl, Erdölerzeugnisse

Kohle, Koks und BrikettsMineralische Brennstoffe, Schmiermittel

Rohstoffe tierischen und pflanzlichen Ursprungs, a.n.g.Metallurgische Erze und Metallabfälle

Düngemittel, und mineralische RohstoffeSpinnstoffe und ihre Abfälle

Papierhalbstoffe und PapierabfallKork und Holz

Rohkautschuk, synthetischer und regenerierter KautschukÖlsaaten und ölhaltige Früchte

Häute, Felle, PelzeRohstoffe

Tabak und TabakerzeugnisseGetränke

Getränke und TabakVerschiedene genießbare Waren

TierfutterKaffee, Tee, Kakao, Gewürze

Zucker, Zuckerwaren und HonigGemüse und Früchte

Getreide und GetreideerzeugnisseFische und Meerestiere

Milch und EierFleisch und Zubereitungen

Lebende TiereNahrungsmittel und lebende Tiere

Mio. Euro

158,112,5

120,1

166,245,3

749,32,67,92,518,310,0

1.966,0386,2

513,8252,9

512,2350,1

38,7131,3

424,3

111,2191,9

19,853,7

16,111,24,435,6

0,9

345,248,0

158,90,0

65,2944,9

42,730,2

117,2

0,60,90,1

0,07,816,1

1,579,7

12,21,013,11,219,50,00,6

0,15,1

8,23,70,80,24,41,23,40,00,20,1

Page 153: Auswirkungen der Transatlantischen Handels- · Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden, im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

147

Anhang 3: Potenzielle Handelsbarrieren

Types of government rules and administrative procedures

Potential barriers (goods)

A. - Rules to protect hu-man or animal health from toxic substances or infections etc - Rules to protect ani-mals or plants from pests, etc; - Rules to protect bio-diversity. NB: Other rules that aim to protect the en-vironment, consum-ers or the welfare of animals are covered in B. below. (only for exporters of Food, drink, animal feed and products that come into contact with food (e.g. pack-aging, cooking uten-sils)

1. A ban or restriction specifically because of where your product is grown or pro-duced; a special authorisation; a requirement to register my product; other similar requirements. 2. A maximum limit on the amount of particular substances (e.g. pesticides) that can be present in your product; other restrictions on the use of substances in food or feed and products that come into contact with them (e.g. packaging, cooking utensils). 3. Labelling, marking and packaging requirements 4. Hygiene requirements related to food quality, composition and safety (e.g. Milking equipment on the farm should be cleaned daily with a specific detergent; liquid eggs should be pasteurized or treated to destroy all viable Salmonella mi-croogranisms.) 5. A requirement to treat your product in a particular way in order to eliminate plant and animal pests and disease-causing organisms (e.g. after-harvest treatment like cold/heat treatments, irradiation, fumigation, etc.) 6. Other rules on how your product can be produced or handled after it is pro-duced. (e.g. plant-growth processes, rules on animal-rearing or catching, pro-cessing of food and feed, storage and transport conditions, etc.) 7. A requirement to verify that any or all of the above rules have been followed: - by registering the product in the US; or - through tests; or - by getting a certification that your product conforms with particular regulations; - or by allowing your product to be inspected in the US, etc. 8. An obligation to provide information to allow the US authorities to trace your product through the different stages of production, processing and distribution.

B.

Any other technical rules that affect your product (e.g., envi-ronmental rules other than on biodiversity, quality standards, whether voluntary or mandatory, proce-dures to check if your product complies with the rules). NB: This section does not include the health, and other rules for food, drink etc. that are covered under group A

1. A ban or restriction on your product for a technical reason. 2. A maximum limit on the amount of a particular substance that can be present in your product. A restriction on the use of particular substances that might cause contamination or other risks during the production process. 3. Labelling, marking and packaging requirements. 4. Rules on how your product can be produced or handled after it is produced, in-cluding transport and storage. 5. To identify your product with a certain denomination (including biological or organic labels) it must meet certain requirements. (e.g., a product must contain 30% cocoa minimum to be identified as "chocolate") 6. A requirement that your product performs up to certain standards or that is of a certain minimum quality. 7. A requirement to verify that any or all of the above rules have been followed: - by registering the product in the US; or - through tests; or - by getting a certification that your product conforms with particular regulations - or by allowing your product to be inspected in the US, etc 8. Any other rules of this type

C. Procedures specifically relating to crossing the US border, i.e. customs procedures. For example customs inspections before your product is shipped to the US (pre-shipment inspections);formalities once your product arrives at the US border to check the product's quality, quantity and value; or to ensure the product comes from the stated the country of origin; or that the right administrative procedures have been followed.

D. Antidumping duties; countervailing measures (i.e. duties that the US government charges on your products because they believe your product receives unfair subsidies from the government) and safeguard measures (i.e. a duty/tax on your product because the US government believes there has been an excessive surge in imports of that product)

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Auswirkungen der TTIP für die hessische Wirtschaft

148

E. Rules or proce-dures that limit the quantity of goods you can export to the US.

1. A requirement to get a license so that your product can be imported into the US. It could be that the government does not give the license automatically or that your firm or your product has to meet certain specific criteria. 2. A rule that only a certain quota (number/quantity) of the product(s) you make can be imported into the U S. The quota can be permanent, seasonal or temporary. It can apply to imports from a particular country or to all imports into the US, no matter what the origin. 3. A ban on importing specific products for any reason. 4. A system where different tariffs/customs duties can be applied to the same product: The lower rates apply up to a certain value or volume of imports, and the higher rates are charged on imports which exceed this amount. This is known as a tariff-rate quota. 5. Other rules that control the quantity of imports.

F. Requirements that affect prices, includ-ing taxes and charges other than tariffs/cus-toms duties.

1. Rules that affect how much customs authorities determine your product is worth (the customs value). For example: a minimum import price, a reference price or other administrative rules affecting the customs value. 2. Voluntary export-price restraints: Do you (or your intermediary) agree to keep the price of your product above a certain level when you sell it in the US as part of an agreement with the US government? 3. Variable charges (other than customs duties) between processed and unpro-cessed food (sometimes charges are calculated by total quantity (e.g. litres of milk); other times they are calculated in proportion to how much of the pri-mary product is contained in the processed product (e.g. percentage of milk in a chocolate bar). 4. Customs surcharges: do you pay extra charges taxes or duties charged by customs authorities? 5. Seasonal duties/taxes: do you pay duties which are applied at certain time of the year and which are generally related to agricultural products? 6. Additional taxes and charges for services provided by the government: Do you pay for example fees for inspection, processing and servicing by customs, fees to handle or store merchandise, taxes on foreign exchange transactions, stamp tax, import licence fee, consular invoice fee, statistical tax, tax on transport facilities, etc.? 7. Taxes and charges on imports not charged by customs authorities: Do you pay higher sales taxes/VAT than competing US products? Or higher excise du-ties and CO2 emission taxes than those applied to domestic products? 8. A legally defined customs value for your product. 9. Other price control measures.

G. Rules affecting how you finance transactions.

1. Requirements to pay import taxes/transaction costs in advance. 2. Rules on the exchange rate that has to be used to calculate the value of your product (i.e. depending on the type of product a different exchange rate must be used). 3. Controls on foreign exchange that affect how importers/customers get access to your currency to pay you. 4. Regulations concerning the way you charge customers in the US and how you obtain and use credit to finance imports. (e.g. no more than 50% of the transaction of value can be paid in advance of the arrival of goods to the port of entry). 5. Other finance measures.

H. Rules affecting competition on the US market.

1. Companies that are owned or controlled by the US federal or state governments have special rights and privileges to influence how much of your product can be imported or where can be imported. 2. A requirement to use a particular US insurance, transport or other service pro-vider 3. Other measures affecting competition

I. If you have invested in the US (e.g. you own factories, land, offices in the US) are there restrictions on how you can do business there? (e.g. if you produce in the US are you required to use a minimum amount of certain US products? Is there a maximum amount of imported products you can use in your production in the US?)

J. Are there restrictions on the distribution channels for your product in the US - either geographically or on the kind of resellers you must work with?

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149

K. Restrictions on the nature of after-sales services you can/must offer in the US

L. Are your US competitors receiving government subsidies (including export subsidies)

M. Are there restrictions limiting the purchases of your product by the federal and/or state governments in the US? (i.e. government procurement restrictions). These would generally involve rules that require government bodies to give priority to buying US-produced goods and services.

N. Do you have problems protecting your intellectual property in the US?

O. Do you have problems certifying the origin of your product for customs purposes (i.e. with rules of origin)?

P. Are there EU or EU Member State rules that apply to the exports of your product and that affect your trade with the US?

Types of government rules and administrative procedures

Potential barriers (service)

A. Restrictions on the movement of people

1. Legal limits on travel by you (if self-employed), your employees or your con-tractors in the form of quotas (total maximum numbers) of available visas issued by the US government. 2. Legal limits on travel by you (if self-employed), your employees or your con-tractors in the form of visa restrictions based on conditions in the US labour mar-ket (e.g. you have to prove your firms' skills are not available there.) 3. The duration of stay in the US by you, (if self-employed) your employees, or your contractors. 4. Nationality or citizenship is required for a licence to practise some services (e.g. can be the case in some countries for professional services like law, account-ing and auditing, construction engineering, and architecture.) 5. License or authorisation is required to practice some professional services such as an architect or an engineer. 6. Other restrictions to the movement of people.

B. Discriminatory measures and stan-dards

1. Foreign service companies are treated less favorably than US services compa-nies regarding taxes or eligibility for subsidies. 2. Restrictions on foreign participation in public procurement by federal and/or US states governments (e.g. discrimination in way financial or technical criteria for project tenders are applied or other restrictions). 3. Laws and regulations impose national standards that are different from interna-tional standards. 4. Use of foreign/international firm/company names is banned or allowed only alongside a local partner's name (e.g. for law firms; accounts; architects.) 5. Other specific restrictions.

C. Barriers to compe-tition and public own-ership

1. Your firm is not allowed to appeal decisions by regulators or other govern-ment authorities while US firms can. 2. The US government, a state government or other local government controls at least one major firm in your sector. 3. Government-controlled firms/companies are exempted to any extent from the application of general competition/anti-trust law. 4. Minimum capital requirements (e.g. minimum fees for professional services.) 5. Advertising and marketing: only locally-licensed service professionals are al-lowed to advertise and market legal services. 6. Wholesale access prices are regulated (e.g. for the telecommunications sec-tor.) 7. Other specific restrictions.

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150

A. Restrictions on foreign ownership of firms/companies and other market entry conditions NB this only affects companies that have investments or plan to invest in the US

1. Foreign equity restrictions: a restriction on the maximum share of a firms/com-pany that can be owned by foreign people or companies. 2. A restriction on the legal form that your investment in the US can have? (e.g. Does the law ban branches of representative offices? Are sole proprietorship or partnerships banned? Are commercial associations between professional service providers banned? Are only joint-ventures with local partners allowed?) 3. The number of firms permitted to offer your service is restricted by a quota. 4. A requirement on the make-up of the board of directors/managers (e.g. the ma-jority of the board of directors must be US citizens and/or residents; the manager must be a US citizen and/or resident.) 5. Screening of investments (e.g. foreign investors must show net economic bene-fits before being allowed to invest; an approval to show the investment isn't con-trary to national interests is needed; the investment must be notified; etc.) 6. Restrictions on the types of shares or bonds that can be held by foreign inves-tors. 7. Conditions on subsequent transfer of capital and investments (e.g. Local con-tent of personnel and/or goods; discriminatory qualification requirements for per-mits.) 8. Restrictions on cross-border mergers and acquisitions. 9. Other restrictions on foreign ownership and other market entry conditions.

Quelle: Entnommen aus EU-Kommission 2015b, S. 40-44

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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung

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Anhang 4: Teilnehmerliste (Unternehmen und Organisationen) der Expertengespräche

Wir bedanken uns bei folgenden Unternehmen, Verbänden und Gewerkschaften, die für eine

Befragung im Rahmen von Expertengesprächen zur Verfügung standen:

Unternehmen:

** AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG (Wiesbaden)

BAG Health Care GmbH (Lich)

B. Braun Melsungen AG (Melsungen)

Heinrich König & Co. KG (Niederdorfelden)

ISRA Vision AG (Darmstadt)

Krautzberger GmbH (Eltville am Rhein)

Merck KGaA (Darmstadt)

Römheld GmbH Friedrichshütte (Laubach)

Software AG (Darmstadt)

* Viessmann Werke GmbH & Co. KG (Allendorf (Eder))

Gewerkschaften:

IG BCE Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie – Landesbezirk Hessen-Thüringen

(Wiesbaden)

ver.di Landesbezirk Hessen (Frankfurt am Main)

ver.di Bundesverwaltung – Fachbereich Telekommunikation und Informationstechnologie

(Berlin)

***Verbände:

Landesverband Hessen – Verband der Chemischen Industrie e.V. (VCI)

(Frankfurt am Main)

Landesverband Mitte – Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.

(Frankfurt am Main)

Netzwerk Hessen – BITKOM Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und

neue Medien e.V. (Berlin)

Anmerkungen:

* Befragung wurde telefonisch durchgeführt.

** Schriftliche Stellungnahme.

*** Auswertung der Position des Bundesverbandes, keine Angaben zu spezifischen Aspek-

ten für Hessen verfügbar.

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