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642 KLINISCHE Vv'OCHENSCHRIFT. 15 . J A H R G A N G . Nr. 18 2. MA[ I936 BAKTERIENZUCHTUNG AUS DEM BLUTE BEI ENDOCARDITIS LENTA. Von Dr. HANS REICHEL. Aus der I. Medizinischen Klinik (Vorstand: Prof. Dr. HANS EPPINGER). Eine Trennung der Endokarditiden in 2 Formen ist gerade vom prognostischen Standpunkt besonders wichtig: I. ,,rheumatische" Endokarditis, 2. septische Endokarditis. Die septische Endokarditis kann eine Begleiterscheinung einer allgemeinen Sepsis (z. B. Puerperalsepsis) sein oder die Sepsis nimmt vom Endokard (scheinbar) ihren Ausgang, nit anderen Worten der Prim~Lrherd, yon den die Bacillen ausgegangen sind, ist nicht nachweisbar. In diese Gruppe geh6rt die Endocarditis lenta (ScItOTTM/JLL1?;R). WAhrend nun die Diagnose der floriden ,,rheumatischen" Endokarditis klinisch schwierig und selten mit Sicherheit zu stellen ist, ist die Diagnose der septischen Endokarditis durch Zfichtung yon Keimen aus dem str6menden Blute hAufig sicherzustellen. Die Erkennung der septischen Endo- karditis ist aber praktisch yon besonderer Wichtigkeit, da die Prognose dieser Erkrankung fast ausnahmslos infaust ist (siehe insbesondere die Zusammenstellung yon LEHMANN und die Umfrage yon SCI~ULTnN), die einfache ,,rheumatische" Endokarditis in der RegeI nit einem Klappenfehler ausheilt. Die Diagnose einer Endokarditis als Begleiterscheiuung einer Sepsis macht selten Schwierigkeiten; die Differential- diagnose zwischen einer schleichenden Endocarditis lenta und einer einfachen ,,rheumatischen" Endokarditis ist klinisch meist recht schwer. Ja in vielen F~tlen unklarer Temperaturen bei einem Vitium cordis ist die Frage, ob eine einfache Endo- karditis oder irgendeine andere fieberhafte Erkrankung bei einem Patienten, der einen Klappenfehler hat, oder ob eine Endocarditis lenta vorliegt, auf Grund klinischer Symptome allein nicht zu entscheiden. Die prAzise Diagnose ist aber sehr wichtig. Wenn auch zahlreiche Symptome und Befunde die Dia- gnose der Endokarditis lenta nahelegen (Vitium, Fieber, Milz- tumor, UhrglasnAgel oder Trommelschlegelfinger (Jux~MA~N), Erythrocytensenkungsbeschleunigung (R~Ic~nL), Herdnephri- tis, Embolien, An~tmie), ist die Diagnose erst durch den Nach- weis yon Streptolcoklcen im strSmenden Blute (LENHARTZ) ge- sichert. Andererseits kann der Nachweis yon Streptokokken im Blute bei beginnenden F~llen die Diagnose ermSglichen, bevor andere Symptome vorhanden sind. So war bei einem FaIle die Aorteninsuffizienz anfangs klinisch nicht nachweisbar, es wurde wegen Typhusverdacht eine Blutkultur angelegt und Streptococcus viridans gezfichtet. Bald danach war auch die Aorteninsuffizienz klinisch festzustellen. Wenn auch in seltenen FAllen bei Endocarditis lenta andere Keime aus dem Blute gezfichtet wurden (Pneumokokken, Enterokokken, Gonokokken, Nieningokokken, h~molytische Streptokokken, anaerobe Streptokokken, Staphylokokken), so ist doch in der weit iiberwiegenden NfehrzahI der F~lle Streptococcus viridans allein nachweisbar. Wir selbst konnten in fiber 2o F~llen yon Endocarditis lenta durchweg nur Streptococcus viridans ziichten mit einer einzigen Ausnahme, bei der ein atypischer Streptococcus gefunden wurde, der dem Streptococcus viridans kulturell und biologisch sehr nahe stand, den wir als Streptococcus virido-haemolyticus bezeich- net haben. Neuerdings gelang POPPER aueh der Nachweis yon Tuberkelbacillen neben Streptococcus viridans im str6menden Blute einer Patientin, die an einer Endocarditis lenta litt, in 2 weiteren F~tllen im Leichenblute. Wie oft der Naehweis der Erreger bei Endocarditis lenta gelingt, darfiber sind die Angaben in der Literatur recht widersprechend. Die Zahlen schwanken zwischen 6 und Ioo %. Ohne Zweifel ist dabei die Technik der Blutkultur und die SubjektivitAt der Diagnostik mit maBgeblich. Wit glauben, dab die Angaben der Sehottmiillerschen Klinik (9I % positive Blutkulturen [LE~MANN]) in erster Linie als maBgebend an- zusehen sind. Andererseits scheint aber eine Zfichtung yon Streptococcus v~ridans aus dem Blute mit [ast absoluter Gewiflheit die Diagnose einer Endocarditis lenta oder zumindest mykotischer Auf- lagerungen innerhalb des GefABsystems zu erm6glichen. In vielen hundert FAllen verschiedenster fieberhafter interner Erkrankungen haben wir sonst (nit einer einzigen Ausnahme) niemals Streptococcus viridans aus den Blnte ziichten k6nnen. Die obenerwiihnte Ausnahme war eine Blutkultur bei einem Fa/le von aptastischer AnAmie, wo yon 2 Btut- agarplatten auf einer 2 Kolonien eines leicht vergrfinenden Streptococcus wuchsen. Die andere Platte, ebenso eine neuer- liche Blutkultur war steril. Sonst haben wit in alien FMlen, wo Streptococcus viridans im Blute gezfichtet wurde, durch den Verlauf und, soweit die F~lle an der Klinik starben, auch durch die Autopsie die Diagnose Endocarditis lenta best~tigt gesehen. Ahnlich nimmt z. B. aueh LEHM.~NN Stellung zu den Literaturangaben fiber positive Blutkultur bei Polyarthritis rheumatica: ,,DAB es uns an der Schott- mfillersehen Klinik auch in den letzten Jahren trotz eifrigster Bemiihungen nicht ein einziges Mal gelang, im Blute Strepto- kokken nachzuweisen." Es ist bekannt, dab gelegentlick auch Streptokokken ins Blut eingeschwemmt werden, ohne dab eine Endokar- ditis vorliegt, wovon man sich z.B. durch den Nachweis yon Streptokokken in den Nieren und im Harn tiber- zeugen kann. Doch werden die Keime offenbar so schnell abgefangen, aul3erdem so schnell durch die bactericiden Kr~fte des Blutes vernichtet, dab die Zt~chtung derselben nut in solchen FAllen gelingt, wo Keime dauernd und in grofler Menge ins Blur eingeschwemmt werden. Eine Vermehrung der Keime im strSmenden Blute selbst kommt nieht in Betracht. Diese Bedingungen sind eben nur bei Wachstum der Keime innerhMb der Gef~13bahn (Endokarditis, thrombophlebitische Prozesse in Nachbarschait einer Entzfindung) gegeben. So ist auch z. B. bei otogener Sepsis eine BakteriAmie nur dann nachweisbar, wenn eine Sinusthrombose oder l~Ieningitis vorhanden ist. Eine positive Blutkultur bei dieser Er- krankung ist nach LIBgA'_XN ffir Sinusthrombose geradezu pathognomonisch, fails man Meningitis und andere Quellen der Invasion yon Keimen in das BlutgefAB ausschlieBen kann. Bei 149 entzfindlichen Ohrenerkrankungen ohne Sinus- thrombose waren s~tmtliehe Blutkulturen negativ. Von 45 FAllen yon Sinusthrombose ergaben 44 eine positive Blut- kultur. HAu fand unter 54 F~tllen von Sinusthrombose bei 42 Bakterien im Blute. Von der Schwierlgkeit des Nachweises kurzdauernder Bakteri~mien konnten wir uns bei Ztichtuugsversuehen aus den Blute nach Tonsillektomie fiberzeugen. Aus Tonsillen- abstrichen lasseu sich so gut wie in alien FAllen Streptokokken in groBer Menge zfichten. Nun versuchten wit nach doppel- seitigen TonsiIlektomien, und zwar unmittelbar im AnschluB an die Operation, aus dem Blute Streptokokken zu ziichten. Bei 3o FAllen war die Blutkultur durchweg steril. Zusammenfassend kann man sagen, dab allein eine posi- tive Blutkultur yon Streptococcus viridans bei unklaren ]ieber- ha/ten Zust~inden die Diagnose einer Endocarditis lenta fast mit Sieherhcit stellen ldfit, daft die Blut~ultur andererseits in ]ast allen Edllen yon Endocarditis lenta positiv ist. Es gibt wenig Befunde in der Medizin, die diagnostisch und prognostisch so eindeutig verwertbar sind, wie eine kunstgerechte positive Blut- kultur yon Streptococcus viridans. Da somit zur Diagnose der Endocarditis lenta der Nach- weis von Keimen aus den strSmenden Blute yon allergrSBter Wichtigkeit ist, muff in allen FAllen dicser Erkrankung eine Blutkultur gemacht werden, Wir haben an anderer Stelle ein Kulturverfahren beschrieben, das so einfach ist, dab selbst der balcteriologisch ungeschulte Kliniher die Blutkultur vor- nehmen lcann. Es wird in 4 Eprouvetten mit je IO ccm gew6hnlicher Nahr- bouillon Blur des Patienten gegossen, und zwar in zwei Eprouvetten je I, 5 ccm und in die anderen 2 Eprouvetten je 2, 5 ccm Blur. Die Eprouvetten werden dann in einen Brutschrank (37 ~ gestellt, und nach wenigen Stunden sind die Erythrocyten in den Kuppen der Eprouvetten sedimentiert und dariiber hat sich ein durch-

Bakterienzüchtung aus dem Blute bei Endocarditis Lenta

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642 K L I N I S C H E V v ' O C H E N S C H R I F T . 15 . J A H R G A N G . Nr . 18 2. MA[ I936

BAKTERIENZUCHTUNG AUS DEM BLUTE BEI ENDOCARDITIS LENTA.

V o n

Dr. HANS REICHEL. Aus der I. Medizinischen Klinik (Vorstand: Prof. Dr. HANS EPPINGER).

Eine Trennung der Endokarditiden in 2 Formen ist gerade vom prognostischen Standpunkt besonders wichtig:

I. , ,rheumatische" Endokarditis, 2. septische Endokarditis. Die septische Endokarditis kann eine Begleiterscheinung

einer allgemeinen Sepsis (z. B. Puerperalsepsis) sein oder die Sepsis nimmt vom Endokard (scheinbar) ihren Ausgang, n i t anderen Worten der Prim~Lrherd, yon d e n die Bacillen ausgegangen sind, ist nicht nachweisbar. In diese Gruppe geh6rt die Endocarditis lenta (ScItOTTM/JLL1?;R).

WAhrend nun die Diagnose der floriden , ,rheumatischen" Endokarditis klinisch schwierig und selten mit Sicherheit zu stellen ist, ist die Diagnose der septischen Endokarditis durch Zfichtung yon Keimen aus dem str6menden Blute hAufig sicherzustellen. Die Erkennung der septischen Endo- karditis ist aber praktisch yon besonderer Wichtigkeit, da die Prognose dieser Erkrankung fast ausnahmslos infaust ist (siehe insbesondere die Zusammenstellung yon LEHMANN und die Umfrage yon SCI~ULTnN), die einfache , ,rheumatische" Endokarditis in der RegeI n i t einem Klappenfehler ausheilt.

Die Diagnose einer Endokarditis als Begleiterscheiuung einer Sepsis macht selten Schwierigkeiten; die Differential- diagnose zwischen einer schleichenden Endocarditis lenta und einer einfachen , ,rheumatischen" Endokarditis ist klinisch meist recht schwer. Ja in vielen F~tlen unklarer Temperaturen bei einem Vitium cordis ist die Frage, ob eine einfache Endo- karditis oder irgendeine andere fieberhafte Erkrankung bei einem Patienten, der einen Klappenfehler hat, oder ob eine Endocarditis lenta vorliegt, auf Grund klinischer Symptome allein nicht zu entscheiden. Die prAzise Diagnose ist aber sehr wichtig.

Wenn auch zahlreiche Symptome und Befunde die Dia- gnose der Endokarditis lenta nahelegen (Vitium, Fieber, Milz- tumor, UhrglasnAgel oder Trommelschlegelfinger (Jux~MA~N), Erythrocytensenkungsbeschleunigung (R~Ic~nL), Herdnephri- tis, Embolien, An~tmie), ist die Diagnose erst durch den Nach- weis yon Streptolcoklcen im strSmenden Blute (LENHARTZ) ge- sichert. Andererseits kann der Nachweis yon Streptokokken im Blute bei beginnenden F~llen die Diagnose ermSglichen, bevor andere Symptome vorhanden sind. So war bei einem FaIle die Aorteninsuffizienz anfangs klinisch nicht nachweisbar, es wurde wegen Typhusverdacht eine Blutkultur angelegt und Streptococcus viridans gezfichtet. Bald danach war auch die Aorteninsuffizienz klinisch festzustellen.

Wenn auch in seltenen FAllen bei Endocarditis lenta andere Keime aus dem Blute gezfichtet wurden (Pneumokokken, Enterokokken, Gonokokken, Nieningokokken, h~molytische Streptokokken, anaerobe Streptokokken, Staphylokokken), so ist doch in der weit iiberwiegenden NfehrzahI der F~lle Streptococcus viridans allein nachweisbar. Wir selbst konnten in fiber 2o F~llen yon Endocarditis lenta durchweg nur Streptococcus viridans ziichten mit einer einzigen Ausnahme, bei der ein atypischer Streptococcus gefunden wurde, der dem Streptococcus viridans kulturell und biologisch sehr nahe stand, den wir als Streptococcus virido-haemolyticus bezeich- net haben. Neuerdings gelang POPPER aueh der Nachweis yon Tuberkelbacillen neben Streptococcus viridans im str6menden Blute einer Patientin, die an einer Endocarditis lenta litt, in 2 weiteren F~tllen im Leichenblute.

Wie oft der Naehweis der Erreger bei Endocarditis lenta gelingt, darfiber sind die Angaben in der Literatur recht widersprechend. Die Zahlen schwanken zwischen 6 und Ioo %. Ohne Zweifel ist dabei die Technik der Blutkultur und die SubjektivitAt der Diagnostik mit maBgeblich. Wit glauben, dab die Angaben der Sehottmiillerschen Klinik (9I % positive Blutkulturen [LE~MANN]) in erster Linie als maBgebend an- zusehen sind.

Andererseits scheint aber eine Zfichtung yon Streptococcus v~ridans aus dem Blute mit [ast absoluter Gewiflheit die Diagnose einer Endocarditis lenta oder zumindest mykotischer Auf- lagerungen innerhalb des GefABsystems zu erm6glichen. In vielen hundert FAllen verschiedenster fieberhafter interner Erkrankungen haben wir sonst (n i t einer einzigen Ausnahme) niemals Streptococcus viridans aus d e n Blnte ziichten k6nnen. Die obenerwiihnte Ausnahme war eine Blutkultur bei einem Fa/le von aptastischer AnAmie, wo yon 2 Btut- agarplatten auf einer 2 Kolonien eines leicht vergrfinenden Streptococcus wuchsen. Die andere Platte, ebenso eine neuer- liche Blutkultur war steril. Sonst haben wit in alien FMlen, wo Streptococcus viridans im Blute gezfichtet wurde, durch den Verlauf und, soweit die F~lle an der Klinik starben, auch durch die Autopsie die Diagnose Endocarditis lenta best~tigt gesehen. Ahnlich nimmt z. B. aueh LEHM.~NN Stellung zu den Literaturangaben fiber positive Blutkultur bei Polyarthrit is rheumatica: ,,DAB es uns an der Schott- mfillersehen Klinik auch in den letzten Jahren trotz eifrigster Bemiihungen nicht ein einziges Mal gelang, im Blute Strepto- kokken nachzuweisen."

Es ist bekannt, dab gelegentlick auch Streptokokken ins Blut eingeschwemmt werden, ohne dab eine Endokar- ditis vorliegt, wovon man sich z . B . durch den Nachweis yon Streptokokken in den Nieren und im Harn tiber- zeugen kann. Doch werden die Keime offenbar so schnell abgefangen, aul3erdem so schnell durch die bactericiden Kr~fte des Blutes vernichtet, dab die Zt~chtung derselben nut in solchen FAllen gelingt, wo Keime dauernd und in grofler Menge ins Blur eingeschwemmt werden. Eine Vermehrung der Keime im strSmenden Blute selbst kommt nieht in Betracht. Diese Bedingungen sind eben nur bei Wachstum der Keime innerhMb der Gef~13bahn (Endokarditis, thrombophlebitische Prozesse in Nachbarschait einer Entzfindung) gegeben. So ist auch z. B. bei otogener Sepsis eine BakteriAmie nur dann nachweisbar, wenn eine Sinusthrombose oder l~Ieningitis vorhanden ist. Eine positive Blutkultur bei dieser Er- krankung ist nach LIBgA'_XN ffir Sinusthrombose geradezu pathognomonisch, fails man Meningitis und andere Quellen der Invasion yon Keimen in das BlutgefAB ausschlieBen kann. Bei 149 entzfindlichen Ohrenerkrankungen ohne Sinus- thrombose waren s~tmtliehe Blutkulturen negativ. Von 45 FAllen yon Sinusthrombose ergaben 44 eine positive Blut- kultur. HAu fand unter 54 F~tllen von Sinusthrombose bei 42 Bakterien im Blute.

Von der Schwierlgkeit des Nachweises kurzdauernder Bakteri~mien konnten wir uns bei Ztichtuugsversuehen aus d e n Blute nach Tonsillektomie fiberzeugen. Aus Tonsillen- abstrichen lasseu sich so gut wie in alien FAllen Streptokokken in groBer Menge zfichten. Nun versuchten wit nach doppel- seitigen TonsiIlektomien, und zwar unmittelbar im AnschluB an die Operation, aus dem Blute Streptokokken zu ziichten. Bei 3o FAllen war die Blutkul tur durchweg steril.

Zusammenfassend kann man sagen, dab allein eine posi- tive Blutkultur yon Streptococcus viridans bei unklaren ]ieber- ha/ten Zust~inden die Diagnose einer Endocarditis lenta fast mit Sieherhcit stellen ldfit, daft die Blut~ultur andererseits in ]ast allen Edllen yon Endocarditis lenta positiv ist. Es gibt wenig Befunde in der Medizin, die diagnostisch und prognostisch so eindeutig verwertbar sind, wie eine kunstgerechte positive Blut- kultur yon Streptococcus viridans.

Da somit zur Diagnose der Endocarditis lenta der Nach- weis von Keimen aus d e n strSmenden Blute yon allergrSBter Wichtigkeit ist, muff in allen FAllen dicser Erkrankung eine Blutkultur gemacht werden, Wir haben an anderer Stelle ein Kulturverfahren beschrieben, das so einfach ist, dab selbst der balcteriologisch ungeschulte Kliniher die Blutkultur vor- nehmen lcann.

Es wird in 4 Eprouvetten mit je IO ccm gew6hnlicher Nahr- bouillon Blur des Patienten gegossen, und zwar in zwei Eprouvetten je I, 5 ccm und in die anderen 2 Eprouvetten je 2, 5 ccm Blur. Die Eprouvetten werden dann in einen Brutschrank (37 ~ gestellt, und nach wenigen Stunden sind die Erythrocyten in den Kuppen der Eprouvetten sedimentiert und dariiber hat sich ein durch-

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sichtiges Fibringerinnsel gebildet. Je nach dem Fibrinreichtum des Blutes bildet sich das Fibringerinnsel nut in 2 oder in allen 4 Eprou- vetten delltlich aus. Die Keime sedimentieren viel langsamer Ms die Erythrocyten und werden teils im Fibringerinnsel festgehalten, teils bleiben sie an der Oberfl~tche desselben h~ngen. Naeh 18 bis 48 Stunden sieht man dann makroskopisch die Streptokokken- kolonien im Fibringerinnsel als weil31iche, unregelm~tgig begrenzte Kolonien. Nun schflttelt mail die Kultur gut dutch, die Keime wer- den aus den Kolonien teilweise aufgewirbelt und man sieht am nachsten Tage unz~hlige Kolonien, die wie Tautropfen das Fibrin- gerinnseI bedecken. Die Bouillon selbst bleibt klax oder wird erst nach einigen Tagen schwach getrabt.

War die Kultur durch Keime aus der Luft oder yon der t-Iaut des Patienten verunreinigt (Bacillen aus der Heubacillengruppe, Staphylokokken, Bacterium coli u. a.), so is t die Bouillon bereits nach 24 Stunden deutlich getriibt. Sind h~molytische Streptokokken gewachsen, ist die BouilIon rStlich gefarbt und Max, sind andere h~molytische Keime gewachsen, so ist die Bouillon r6tlich geffLrbt und trflbe.

Zur Sicherheit kann man sich yon der Streptokokkennatur der fraglichen Keime noch durch Anfertigung eines mikroskopischen PrAparates fiberzeugen oder auf Differelltialn~hrb6den weiter impfen, Da bei Endocaxditis lenta fast immer Streptococcus viridans gezfichtet wird, geniigt in diesen F~llen meist die mikroskopische KontroIle, ob die Kolonien tats~chlich Streptokokken sind.

Dieses K u l t u r v e r f a h r e n h a l vor der Z t ich tung auf Schot t - mi i l l e r schem Blu taga r den Vorteil , dal3 d a m i t auch S t rep to - kokken in solchen FMlen nachgewiesen we rden k6nnen, wo die B l u t a g a r p l a t t e s ter i l b le ibt . Eines te i l s scheinen die Streptokokken in der Blutbouillonkultur leichter zu wachsen, als auJ der Blutagarplatte, u n d wir k o n n t e n zeigen, dab bei s t a rk e r Verdf innung ke imha l t igen Blutes in Boui l lonkul tur Ke ime noch z f ich tbar sind, w e n n die B l u t a g a r p l a t t e s t e a l bleibt , ande rn te i l s g ib t es biologische V a r i a n t e n von S t rep tococcus v i r idans , die auf der B l u t a g a r p l a t t e n ich t wachsen, in Bouil lon dagegen sich ve rmehren . Wi r k o n n t e n zwei solcher F~lle b e o b a c h t e n :

Friedrich T., 26 Jahre alt. Fat. hat te 6Iters Halsentzfindungen, die letzte 6 Monate vor der Spitalaufnahme. Vor I Monat er- krankte er plStzlich mit Fieber und Schfittelfrost, die Schfittelfr6ste wiederholten sich mehrmals, er fflhlte sich sehr schwach und hat seit 2 Wochen Schmerzen in der Nabelgegend unabh~ngig yon der Nahrungsaufnahme, seit einigen Tagen auch Schmerzen in der linken Flanke. Aufnahme am 22. "VII. 1931. Allgemeine BI~sse, Trommelschlegelfinger, Aorteninsuffizienz, keine Zeichen yon Dekompensation, Milz eben palpabel, im Haxn etwas Albumen und reichlich Leukocyten. Benzidinreaktion positiv. Blutbefund : Erythrocyten 2,6, HXmoglobin 35, F~rbeindex o,7, Leukocyten ioooo, Eosinophile o,5% , Stabkernige 5,5%, Segmentkernige 75 %, Monoeyten 4%, Lymphocyten 15 %. Pat. hat te intermittierendes Fieber, das bis gegen 4 ~ ~ anstieg und fast t~glich einen SchfitteKrost.

Blutagarplatten am 27. VII., 22. VIII . und 29. VIII . blieben steril. Am 3. X. zfichteten wit auf 3 Blutagaxplatten und in 6 Bouil- lonr6hrchen. Die 3 Blutagarplatten blieben steril, in allen 6 Bouillon- r6hrchen waxen Streptokokkenkolonien makroskopisch sichtbar und wurden mikroskopisch kontrolliert. Am 14. X. neuerliehe Blut- kultur. 4 Blutagaxplatten blieben steril, in 3 Bouillonr6hrchen wuchsen Streptokokken, Gleichzeitig gossen wit 20 ccm Blut in einen hohen Agaxzylinder nach ScI~oTr~0zzm~ in der Meinung, es k6nne sich um anaerobe Streptokokken handeln, doch blieb die Kultur steril. 13berimpfung der Streptokokken aus der Blutbouillon auf Blutagar gelang nicht.

Pat. starb am 22. X. Bei der Autopsie fand sich eine nlcer6se Endokarditis an den Aortenklappen, Milztumor und Herdnephritis. Kulturen aus der Leiche, aus Herzblut, yon den Aortenklappen, aus Milz und Nieren, blieben steril.

Epikrise: Es lag offenbax eine Endocaxditis lenin vor. Die Strepto- ko~ken waren au] ]esten N~hrbOden auch unter anaeroben Bedingungen nlcht zi~chtbar und wurden bei den i~bllchen Kulturver]ahren der Zi~chtung in Bouillon und Uberimp]ung au~ ]esten N~hrb6den auch im Leichenblut und in den Leichenorganen nicht nachgewiesen.

Johanna G., 23 Jahre all:. Als 3j~hr, Kind hat te Pat. einei1 akuten Gelenkrheumatismus durchgemacht und bereits damals soil ein Herzklappenfehler festgestelIt worden sein. Mit IO Jahren hat te sie wiede r Gelenkrheumatismus; danach Tonsillektomie. Die jetzige Erkrankung begann im September 1933 mit Getenk- schmerzen und hohem Fieber. Nach Rfickbildung der Gelenk- schwellungen bleiben dauernd Temperaturen his 37,8 ~ Ende Januar wieder h6here Temperaturen und 2 SchfitteKrSste, Seit September bemerkte Pat. 5fters rote, nicht schmerzhafte Kn6tchen in der Haut.

R I F T . 15 . J A H R G A N G . N r . 18 643 Aufnahme 6. II. 1934. Allgemeine Bli~sse, kein Subikterus,

mehrere Kn6tchen in der HHaut (Embolien), Mitral-Aortellvitium, kleiner ErguB im linken Phrenicocostalwinkel, sonst keine Zeichen yon Dekompensation. Milz flberragt einen Querfinger den Rippen- bogen. Beide Sprunggelenke und das linke Knlegelenk geschwollen und druckempfindlich. Remittierendes Fieber bis 39,4 ~ Im I.iarn I~ Albumen, im Sediment sp~rliche Erythrocyten. Blutbefund: Erythroeyten 2,3 , Hi~moglobin 55, Fi~rbeindex I,O, Leukocyteu 31oo, ]Eosinophile 1%, Basophile 2%, Stabkernige 7%, Segment- kernige 59%, i~/ionocy ten 3%, Lymphocyten 28%.

Blutkulturen: Am 9. II. 4 Bouilloneprouvetten, nach 48 Stun- den in allen Streptokokkenkolonien makroskopisch sichtbax. 2 Blutagaxplatten steril. 16. II. : 4 Bouilloneprouvetten, nach 48 Stunden Streptokokken makroskopisch sichtbar, nach 8 Tagen ist die Bouillon stark getrtibt. 3 Blutagarplatten nach 6tAgiger Bebrfitung in feuchter Kammer steril. 2o. II. : 4 Bouilloneprouvetten, nach 48 Stunden positiv, 2 Blutagarplatten nach 6t~giger Be- brfltung, i steril, in der zweiten 2 Streptococcus viridans-Kolonien. 24. II. : 4 Bouilloneprouvetten, nach 24 Stunden positiv, 2 Blut- agarplatten nach 6 Tagen sterih Ein hoher Bht-Agarzyl inder nach 6 Tagen steril.

Gleichzeitig wurde am 8. II. und 14. II. Blur in Bouillonk61bchen (znsammen 5 K61bchen mit je 5 ~ ccm Bouillon und je IO ccm Blur) in ein bakteriologisches Inst i tut abgeschickt, es war ,,steril".

Wir versuchten yon den Kolonien yore 9. n . in verschiedene N~ihrmedien zu iiberimpfen. (3berimpfung auf Btutagaxplatte, Voges-Platte, Schr~gblutagax, Bouillon gelang nicht. Nur in Blutbouillon gelang die i3bertragung der Keime. Nachdem die Keime in der Blutbouillon 4 Tage bebrfltet waxen -- die Bouillon war jetzt auch schon deutlich getrfibt -- , gelang dann auch die Ubertragung auf feste Nghrb6den, und die Streptokokken wuchsen auf Blutagax- und Voges-Platten mit Vergrtinung. Sowohl nach 2- als auch nach 3ti~giger Bebrtitung in der Blutbouillon war die Uberimpfung nicht gelungen, obwohl bereits massenhaft Strepto- kokken in der Bouillon makro- und mikroskopisch nachweisbax waxen. Im Tierversuch waxen die Streptokokken nicht mf~usepathogen.

Es handelte sieh also offensichtlich um einen Streptococcus viridans, der erst nach 4tiigiger Bebrfitung in Blutbouillon anI feste N~thrb6den fiberimpfbax wurde. Im Bouillonk61bchen waxen die Keime flbersehen worden, weft nach I)berimpfung auf feste N~ihrb6den keine Kolonien wuchsen. Nachdem wit das bakterio- logische Inst i tut auf diese EigenKimlichkeit der I~eime aufmerksam gemacht hatten, gelang bei neuerlicher Einsendung yon Blutbouil- Ion in K61bchen nach mehrt~tgiger Bebriitung am 24. II. dort auch der Nachweis yon Streptococcus viridans.

Bei der Pat. t raten in der Folgezeit mehrere Embolien auf, Furunke], Hemiplegie und sie staxb am 22. IV. Bei der Autopsie, fand sich eine polypSse Endokaxdi• an den Mitral- und Aorten- klappen, Wandendokarditis im linken Vorhof, mykotisches An- eurysma der Arteria fossae Sylvii mit ]~ncephalomalacie, Herd- nephritis und Infaxktnarben in beiden Nieren, Milztumor. Kulturen yon Abstrichen der Herzldappen und aus der Milz ergaben Strepto-- coccus viridans.

Epikrlse: Es lag offenbax eine Endocarditis lenta vor. Die ~treptokokken ware~ auf festen NtthrbSden auch unter anaeroben Bedingungen nicht zi~chtbar, doch nach lgingerer Bebrrttung in Blut- bouillon auch au] ]este Ngihrb6den ~berimp]bar.

Es is t eine b e k a n n t e Tatsache , dab m a n c h e Ke ime be- sonders in den e rs ten Ab i lnp fungen au] ]esten 1VghrbSden schwer oder gar nicht wachsen. Bei V e r w e n d u n g e n durchs ich- t iger flfissiger N/~hrb6den, wie Bouillon, Serumboui l lon u. a. , m a e h t die Fo r t z i i ch t u n g keine Schwier igkei ten, da mail d i e Kolonien z u m i n d e s t als Bodensa t z in der durchsichtiger~ Flfissigkeit sieht, oder bei ande ren K e i men ist das W a c h s t u m durch Trf ibung der Bouil lon fes ts te l lbar . Bei Z i ich tung y o n K e i men aber, die die Bouil lon n ich t oder ger inggradig trtibem (die me i s t en S t rep tokokken) , ist m a n auf die B e o b a c h t u n g des Bodensa tzes angewiesen, der aber in der BlutbouiHon in K61bchen meis t im E r y t h r o c y t e n b o d e n s a t z ve r schwinde t . Zum Nachweis der Ke ime wird in solchen F~llen bei den b isher f ibl ichen K u l t u r m e t h o d e n yon der Bouil lon auf fes te N~thrbSden abges t r ichen, wo die Ke ime zu Kolonien auswachsen. I s t der K e i m aber auf feste N~hrbSden n ich t f iber t ragbar , wird Ineist de r Schlul3 gezogen, dab die Bouil lon sterfl ist. Nur mikroskopische Kont ro l le k a n n in so e inem Falle die Ke ime in der Blutboui l lon nachweisen. Da es a b e t eine allzu grol3e Be las tung ist, alle sche inba r s ter i len Blu tboui l lonkul tu ren aueh mikroskopisch zu kon- troll ieren, wird in solchen F~llen der 2gachweis yon K e i m e n meist vers~umt.

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Bei dem yon uns empfoh]enen Kul tu rve r fah ren in Eprou- ~ e t t e n mi t gew6hnl icher N~thrbouillon bi ldet sich nach Ein- -spritzen der r icht igen Blu tmenge in allen F~llen ein durch- sichtiges Fibringerinnsel , in dem die Keime zu makro- -skopisch s ichtbaren Kolonien auswachsen. Diese Kul tu r - m e t h o d e ist so einfach, dab wir sie auch dem bakter iologisch a ich tgeschu l ten Kliniker empfehlen kSnnen. Genauere I3e- schreibung der Methode und Abbi ldungen der Ku l tu ren haben wi t in der Gesellschaft der Nrzte demons t r ie r t und in der Wien. klin. Wschr. verSffent l icht .

DaB Keime aus dem Blute in Bouil lon wachsen, auI Agar dagegen nicht zu Kolonien auswaehsen, ist bei Endocard i t i s lenta nach unserer E r f ah rung sicherlich die Ausnahme, scheint aber immerh in nicht gar so selten zu sein. SALUS land ~n te r 39 F~llen von Endoeard i t i s lenta mi t posi t iver Blut - ku l tu r 19, bei denen die Boui l lonkul tur posi t iv war, die Blut - agarp la t t e aber steril blieb (be/ Verwendung gleich groBer B l u t m e n g e n zur Zi ich tung in Bouil lon und auf Agar). ADLE~ zfichtete einen S t a m m eines Coryne-Bac te r ium bei einem Pat ien ten , der an Endocard i t i s lenta l i t t . Die Bakte r ien wuchsen anfangs n u t in flfissigen N~hrbSden. Fe rne r sind von SABATUCCI S t rep tokokken aus dem Blu te eines Endo- kard i t i skranken gezi ichtet worden, die auf festen NghrbSden anfangs nicht wuchsen. FISCHER zfichtete bei e inem Endo- kard i t i skranken aus dem Blute einen S tamm, dessen ~ b e r - impfung auf Ieste N~hrbSden ihm f iberhaupt n icht gelang. Die Uber legenhe i t fliissiger N~hrb6den ffir B lu tku l tu ren wird s u c h yon vielen anderen Autoren, u. a. y o n B U R C K H A R D T ,

BONDY, LESCHKE, LORE'f, LE BLANC, SCHOTTMf~LLIgR~ SCIIVL-

TEN, LEHMANN, betont . H ie r v e r d i e n e n auch die Un te r suchungen yon ZOPPRITZ

Erw~hnung, der land, da[3 du tch Vaginalsekre t geschddigte Streptokokken die Fdh~gkeit, au/ festen N(~hrbSden zu wachsen, verlieren, nach Bouillonpassage aber wieder gewinnen kOnnen.

Zusammen]assung : Der Nachweis yon Streptolcoldcen aus dem strSmenden Blute ist bei unlclaren fieberhaflen Zustgnden fa~r pathognomoniseh ]i~r Endocarditis lenta. I n manchen ~iillen 9elingt der Nachweis der Keime nur in fl~ssigen N~ihrmedien, ,bei Einsaat der richtigen Blutmengen wachsen in allen 2'gllen, ~auch in Eprouvetten mit gew6hnlicher Niihrbouillon, die Keime .zu makroskopisch siehtbaren Kolonien. Schilderung zweier F~lle von Endocard i t i s lenta, bei denen die Streptokokken erst .dutch dieses Z~c!~tungsver]ahren nachgewiesen werden konnten.

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Z U R F R A G E D E R D O P P E L G I P F L I G K E I T D E R R A N D Z A C K E N IM F L A C H E N K Y M O G R A M M .

Zugleich eine Erwiderung auf die Bemerkungen yon S1. V ~ i n in Jg. 2936, S. 94 dieser Wochenschrift.

Von

Dr. K. H~CKMAN~. Aus der I. Medizinischen Universit~its-Klinik Mfinchen (Direk~or: Prof. Dr. STEPP) i

Die Ausges ta l tung der kymograph i schen Methode h a t in i m m e r gr6Berem MaBe dazu geffihrt, die Form tier einzelnen Randzacken genauer zu analysieren, wXhrend man anfangs vor

R I F T . 15. J A H R G A N G . N r . 18 2. MAI ~936

allem das Fl/ichenkymogramm als Ganzes betrachtet hatte. Man st6Bt hier n ich t sel ten auf die :Erscheinung der Doppel- zackenbildung, deren Ursache aufzuk~ren m a n zun~chst wird versuchen miissen.

In dieser Wschr . 1935, 1422, habe ich ein bei linksseitigem Pneumothorax m i t u n t e r zu beobachtendes Ph~nomen ge- schildert , welches dar in bestand, dab an der Herzspi tze eine dem sog. Fet tbf i rzeI &hnliche Vorw61bung zu beobachten war, welche paradoxe Pulsation aufwies, also bei der Diastole sich verkle iner te , bei der Systole s ta rker he rvor t r a t . Fe rner war sie charak ter i s ie r t dadurch, dab sie bei t iefer Inspi ra t ion und be im Umlegen verschwand. Von Wich t igke i t schien mir diese Beobach tung besonders deshalb, well bei tier kymograph ischen Un te r suchung die pa radoxe Pulsa t ion der d iver t ike lar t igen Vors t f i lpung in F o r m yon Doppelzacken in diesem Bereich in Ersche inung t r a t nnd daher der Gedanke nahe lag, dab die aueh bei He rzk ranken m i t u n t e r zu beobachtenden Doppel- zacken in gewissen F~llen auf eine ~thnliche Weise ents tehen k6nnten. Da, wie ich glaube, dem Befund yon Doppelzacken eine groBe Bedeu tung zukommt , ist mir nat i i r l ich an jeder Beobach tung gelegen, welcRe auf ihre E n t s t e h u n g Lich t werfen k6nnte .

Ich babe das geschilderte Ph~nomen m i t einer Fl,i~ssigkeits- bewegung im Herzbeutel zu erkl~ren versncht . U n d zwar ffihrt der Kollaps der l inken Lunge zu e inem Wegfal l bzw. einer Verr ingerung des elastischen Widerstandes des Lu]tkissens der Lunge, welche normalerweise auf den Herzbeu te l einen all- seit igen Druck ausfibt, wodurch es zu einer gleichm~iBigen Ver te i lung der Binnenflf iss igkei t fiber die ganze Oberfl~che des Herzens kommt . BSHME spr icht yon einer ,,Polsterwir- kung" tier normaIen Lunge. W e n n ein P n e u m o t h o r a x angelegt worden und ein geni igender Kollaps der Lunge e inge t re ten ist, so h6r t diese Pols te rwi rkung vSllig auf. D a m i t I~llt das die gleichmaBige Ver te i lung der t Ierzbeutelf l f iss igkei t bewirkende Moment weg, diese Flfissigkeit wird daher nach hydros ta - t ischen Gesetzen zu einer Aussackung der tieJsten Teile des Perikardsackes ffihren, eben dem diver t ike lar t igen For t sa t z an der Herzspi tze . Diese Ausstf i lpung erfolgt in der Systole, da dann infolge der He rzkon t r ak t i on der HerzbeuteI gewisser- maBen zu ger~umig wird und die Perikardflf issigkei t j e tz t nach nn ten sinken kann, w~hrend in der Diastole das Herz den Per ikardsack mehr oder minder ausffillt und dami t eine gleich- m~gige Ver te i lung der Flfissigkeit fiber die ganze Innenfl~che des Per ikards bewirkt . D a m i t wird der ganze Herzbeu te l wieder angespannt , und das Diver f ike t verschwindet .

Die Doppelgipf l igkei t der K y m o g r a m m z a c k e n im Bere ich des Divert ikels , auI die es m i r v o r a l lem ankam, habe ich dami t zu erld~ren versucht , dal3 de r eine der beiden GipfeI durch die Bewegung des Herz randes nach la tera l hervor - gerufen wird, der andere durch die w~hrend der S y s t o l e er- folgende Ansstf i lpung des Diver t ikels , also durch eine Be- wegung der Perikardflf issigkeit , welche entgegen der des Herz randes erfolgt.

Zu dieser Auffassung h a t nun in dieser Wschr . I936, 94, SL. V~glN, Prag, Stel lung genommen, nnd zwar bezweifel t er n icht n u t die Rich t igke i t der Erk l~rung des ]3efundes, sondern meiner ]3eobachtung i iberhaupt . Die angef i ihr ten E in- w~nde erscheinen mi r aber n ich t geeignet, diese als wider legt anzusehen. Zun~chst g l aub t V ~ I N , dal3 dieses Ph&nomen durch den Kol laps der Lunge f iberhaupt[n tcht erkl~r t werden k6nne, da , ,der nega t ive Dondersche D r u c k herabgese tz t wi rd" . Die normMe Lunge wirke niemals durch Druck, sondern im Gegentei l du tch elast ischen Zug auf das par ie ta le Per ikard . Das alles ist r ichtig, h a t abe t m i t der ErklXrung des Per ikard- ph~nomens nichts zu tun : ob der Dondersche Druck hoch oder niedrig ist, is t ftir die E n t s t e h u n g des Per lka rdph~nomens von geringerer Bedeu tung ; ich habe ihn in meiner Arbe i t fiber- h a u p t n ich t erwS.hnt, sondern yon dem ,,elastisehen Wider- stand" des Luftkissens der Lunge gesprochen. S ta r t langer physikal ischer ErSr te rungen , die, wie der vor l iegende Fa l l zeigt, le icht miBvers tanden werden, mSchte ieh das an einem Beispiel k la rmachen . Ste l l t man sich an der Leiche die linke Lunge he rausgenommen vor, so wird bei senkrechter H a l t u n g des T h o r a x der unters te Tel l des Per ikardsackes ~hnlich