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Fachtagung “Lasermethoden in der Strömungsmesstechnik” 4. – 6. September 2012, Rostock BEEINFLUSSUNG DER FÜR WINDKRAFTANLAGEN RELEVANTEN LEISTUNGSDICHTE DES WINDES DURCH VORGELAGERTE HÜGEL VARIATION OF WIND POWER FOR WIND TURBINES DUE TO UPSTREAM HILLS M. Gruber, B. Ruck Laboratorium für Gebäude- und Umweltaerodynamik (LGU), Institut für Hydromechanik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Kaiserstr. 12, 76128 Karlsruhe, [email protected] Hügelüberströmung, Leistungsdichte des Windes, Windkraftanlage, Leistungsbeiwert Flow over hill, topography, wind power, wind turbine, power coefficient Zusammenfassung Gegenstand der experimentellen Untersuchungen sind Änderungen lokaler Leistungsdichten des Windfelds, wie sie durch Hügel hervorgerufen werden, die sich stromauf einer Wind- energieanlage (WEA) befinden. Diese Änderungen stehen in direktem Zusammenhang zur Leistungsänderung einer WEA. Ziel der Untersuchungen war es insbesondere, zu ermitteln, welchen Einfluss maßgebende Parameter wie Abstand Hügel-WEA, Nabenhöhe, Rotor- durchmesser und Hügelbewuchs auf die lokale Leistungsdichte des Windfelds ausüben. Hierzu wurden experimentelle Strömungsuntersuchungen in einem atmosphärischen Grenz- schichtwindkanal durchgeführt. Die Strömung über einen Hügel wurde simuliert und mit Hilfe der Laser-Doppler-Anemometrie vermessen. Aus den Geschwindigkeitsdaten wurden so- dann die lokalen Leistungsdichten des Windes hinter dem Hügel berechnet und über typi- sche Rotorflächen (überstrichene Fläche durch Rotorblätter) integriert. Letzteres erfolgte für unterschiedliche Abstände der WEA zum Hügel und für unterschiedliche Nabenhöhen der WEA. Anhand der Messergebnisse kann ein Leistungsbeiwert berechnet werden, der erken- nen läßt, in welchem Maße ein vorgelagerter Hügel zu Leistungseinbußen führt. Abstract Investigations of wind power variation induced by hills are presented. The aim was to figure out the influence of upstream hills and influential parameters (hill vegetation, hill distance, hub height and rotor diameter) on wind power potential. Hence, wind tunnel experiments of atmospheric boundary layer flow over a two dimensional sine-shaped hill including both, non- vegetated and forest-covered surface conditions, are presented. Horizontal velocity data over the hill were measured on several downstream locations by Laser Doppler Velocimetry (LDV) and compared to those of the undisturbed approach flow above flat surface. Wind power density data were integrated within the area of rotor diameters to show the effect of upstream hills on wind power. Finally, a power coefficient is introduced, to assess arising power varia- tion induced by the hill. Einleitung Die Eigenschaften von lokalen Windfeldern spielen bei der Planung und Nutzung von Wind- energieanlagen eine wichtige Rolle. Da zur Stromerzeugung über die Nutzung des Windes 13 - 1

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Fachtagung “Lasermethoden in der Strömungsmesstechnik” 4. – 6. September 2012, Rostock

BEEINFLUSSUNG DER FÜR WINDKRAFTANLAGEN RELEVANTEN LEISTUNGSDICHTE DES WINDES DURCH VORGELAGERTE HÜGEL VARIATION OF WIND POWER FOR WIND TURBINES DUE TO UPSTREAM HILLS M. Gruber, B. Ruck Laboratorium für Gebäude- und Umweltaerodynamik (LGU), Institut für Hydromechanik, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Kaiserstr. 12, 76128 Karlsruhe, [email protected] Hügelüberströmung, Leistungsdichte des Windes, Windkraftanlage, Leistungsbeiwert Flow over hill, topography, wind power, wind turbine, power coefficient

Zusammenfassung Gegenstand der experimentellen Untersuchungen sind Änderungen lokaler Leistungsdichten des Windfelds, wie sie durch Hügel hervorgerufen werden, die sich stromauf einer Wind-energieanlage (WEA) befinden. Diese Änderungen stehen in direktem Zusammenhang zur Leistungsänderung einer WEA. Ziel der Untersuchungen war es insbesondere, zu ermitteln, welchen Einfluss maßgebende Parameter wie Abstand Hügel-WEA, Nabenhöhe, Rotor-durchmesser und Hügelbewuchs auf die lokale Leistungsdichte des Windfelds ausüben. Hierzu wurden experimentelle Strömungsuntersuchungen in einem atmosphärischen Grenz-schichtwindkanal durchgeführt. Die Strömung über einen Hügel wurde simuliert und mit Hilfe der Laser-Doppler-Anemometrie vermessen. Aus den Geschwindigkeitsdaten wurden so-dann die lokalen Leistungsdichten des Windes hinter dem Hügel berechnet und über typi-sche Rotorflächen (überstrichene Fläche durch Rotorblätter) integriert. Letzteres erfolgte für unterschiedliche Abstände der WEA zum Hügel und für unterschiedliche Nabenhöhen der WEA. Anhand der Messergebnisse kann ein Leistungsbeiwert berechnet werden, der erken-nen läßt, in welchem Maße ein vorgelagerter Hügel zu Leistungseinbußen führt. Abstract Investigations of wind power variation induced by hills are presented. The aim was to figure out the influence of upstream hills and influential parameters (hill vegetation, hill distance, hub height and rotor diameter) on wind power potential. Hence, wind tunnel experiments of atmospheric boundary layer flow over a two dimensional sine-shaped hill including both, non-vegetated and forest-covered surface conditions, are presented. Horizontal velocity data over the hill were measured on several downstream locations by Laser Doppler Velocimetry (LDV) and compared to those of the undisturbed approach flow above flat surface. Wind power density data were integrated within the area of rotor diameters to show the effect of upstream hills on wind power. Finally, a power coefficient is introduced, to assess arising power varia-tion induced by the hill. Einleitung Die Eigenschaften von lokalen Windfeldern spielen bei der Planung und Nutzung von Wind-energieanlagen eine wichtige Rolle. Da zur Stromerzeugung über die Nutzung des Windes

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hohe Investitionen notwendig sind, ist es von großer Bedeutung, bereits im Pla-nungsprozess eine belastbare Prognose über den zu erwartenden Ertrag an ge-eigneten Standorten treffen zu können. Bekannt ist dabei, dass in Küstennähe oder auf Hügelkuppen errichtete Anlagen besonders ertragreich sind. Die in einigen Industrieländern eingeleitete Wende in der Energiepolitik hin zu erneuerbaren Energien hat dazu geführt, dass in zu-nehmendem Maße darüber nachgedacht wird, auch hügeliges Gelände für die Windenergienutzung heranzuziehen. Abb. 1: Bergiges/hügeliges Gelände geeignet? Die Abschätzung des Windpotenzials stellt hierbei eine große Herausforderung dar, zumal das lokale Windfeld nun stark von der Topographie geprägt wird, siehe Abb. 1. In diesem Zusammenhang interessiert insbesondere die Änderung lokaler Leistungsdichten des Win-des, die sich für Windenergieanlagen (charakterisiert durch Nabenhöhe und Rotorfläche) durch vorgelagerte Hügel ergibt. Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Folgen relevan-te Parameter des Problems, wie Hügelbewuchs, Rotordurchmesser, Nabenhöhe und Hügel-abstand, auf die Leistungsdichte des Windes haben. Um diese Problematik näher zu erfor-schen wurden am Laboratorium für Gebäude- und Umweltdynamik des Instituts für Hydro-mechanik des KIT Simulationsuntersuchungen in einem atmosphärischen Grenzschicht-windkanal durchgeführt. Ein zweidimensionales Hügelmodell wurde in einer naturähnlich simulierten atmosphärischen Grenzschichtströmung umströmt. Dabei wurden an verschie-denen Positionen auf und hinter dem Hügel Messungen der horizontalen Windgeschwindig-keiten in unterschiedlichen Höhen vorgenommen und interessierende Leistungsdichte-parameter bestimmt. Durch Vergleich der Versuchsergebnisse unter Hügeleinfluss mit denen in der ungestörten, hügelfreien Anströmung wurden Leistungsbeiwerte für unterschiedlichen WKA-Typen ermittelt, die die Änderung der Leistungsdichte des Winds und damit indirekt die Änderung der Leistung einer Windkraftanlage durch den Hügel bewerten. Die Umströmung von Hügeln Eine deutlich spürbare Reaktion einer neutral geschichteten Grenzschichtströmung auf eine topografische Erhebung ist die Beschleunigung der Windströmung über Hügelkuppen ge-paart mit einer Verlangsamung im Lee. Eine Reihe von in der Literatur nachweisbaren Arbei-ten behandelt den Verlauf der Beschleunigung in Abhängigkeit von unterschiedlichen Erhe-bungen und atmosphärischen Bedingungen und deren Modellierung. Eine grundlegende Arbeit hierzu wurde von Jackson und Hunt (1975) vorgestellt und als Lineartheorie für neutral geschichtete Grenzschichten bezeichnet. Diese Arbeit wurde von Hunt et al. (1988) erwei-tert, um Stabilitätsprobleme in der Atmosphäre zu erfassen. Aufbauend auf der Lineartheorie wurden Windkanalversuche von Kurshudyan u. a. (1981), Britter u. a. (1981), Pearse (1982) und Teunissen (1983) durchgeführt. Zudem wurden Feldexperimente von Mason und Sykes (1979), Bradley (1980), Taylor u. a. (1987)und Taylor (1998) beschrieben. Diese frühen Stu-dien konnten bestätigen, dass die Lineartheorie von Jackson und Hunt den mittleren Verlauf der Strömung für geringe Neigungen recht gut prognostiziert. Bei steileren Hügeln gilt dies nur für die Luvseite und die Hügelkuppe, da die abgelöste Strömung auf der Leeseite einer Betrachtung durch die Lineartheorie im Wege steht (Gong und Ibbetson (1989)). Ruck und Adams (1991) führten Untersuchungen zum Strömungsverhalten um Einzelbäume und

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Baumbestände in flachem und hügeligem Gelände in einem Grenzschichtwindkanal durch. Sie zeigten, dass das Geschwindigkeitsfeld über dem Hügel durch den Bewuchs (waldbe-wachsen oder waldfrei) stark beeinflusst wird. Waldbewuchs führt bei neutraler Schichtung zu einer früheren Strömungsablösung am Hügel. Die Beeinflussung des Strömungsfelds durch steile, zweidimensionale Hügel wurde auch von Koji et al. 2004 im Windkanal unter-sucht. Die Arbeit zeigt, dass die Messergebnisse auf der Luvseite für zwei hintereinander angeordnete Hügel ähnlich den Profilen für einen einzelnen Hügel verlaufen. Dagegen waren die Messergebnisse auf der Leeseite sehr durch die Abstände der Doppelhügel beeinflusst und unterschieden sich von denen eines Einzelhügels. Houra und Nagano (2009) ermittel-ten, dass der Beginn der Ablösezone im Lee eines Hügels, deren räumliche Erstreckung und die Lage des Wiederanlegepunktes allgemein vom Verhältnis der Grenzschichtdicke zur Hü-gelhöhe δ/H, der Form des Hügels (Neigung) und der Oberflächenrauhigkeit abhängen. Einen großen Einfluss übt die Topographie auf die Stärke der Windströmung aus. Je nach Höhe eines vorgelagerten Hügels kommt es zu einer Verminderung der Leistungsdichte des Windes, oder, in selteneren Fälle, auch zu einer Steigerung. Eine 50-prozentige Erhöhung der Windgeschwindigkeit führt zu einer mehr als 300- prozentigen Erhöhung der verfügbaren Windenergie (Bowen und Lindley 1977). Petersen et al. 1997 beschäftigen sich in ihrer Ar-beit mit der ’Wind Power Meteorology’, die sich ebenfalls mit der Standortwahl von Wind-energieanlagen und der lokalen Bewertung von Windvorkommen befasst. Dabei nehmen Höhenänderungen im Gelände (orografische Bedingungen) bei möglichen Standorten von WEAs eine wichtige Rolle ein. Neff und Meroney (1998) betrachteten das Strömungsverhal-ten des Windes über bewachsenes komplexes Gelände. Die Untersuchungen erfolgten als Windkanalstudie, wobei die Heißfilm-Messtechnik zum Einsatz kam. Die Störungen der Windströmung durch Hügel und Bewuchs wurden hierbei mit Hilfe von normierten Ge-schwindigkeitsprofilen, anteiligen Geschwindigkeitserhöhungen und prozentualen Leistungs-abminderungen unter veränderlichen Bedingungen bewertet. Rohatgi (1998) untersuchte die Auswirkungen der atmosphärischen Stabilität auf Windenergieanlagen. In der Arbeit wird beschrieben, dass bei neutraler Atmosphärenschichtung in Nabenhöhe die geringste Materi-alermüdung des Rotors, aufgrund der geringsten Windscherung, vorliegt. Dagegen ist für die Erzeugung von Windenergie eine stabile Schichtung, aufgrund der i.a. höheren Windge-schwindigkeiten in Nabenhöhe, vorteilhafter. Eine instabile Atmosphärenschichtung ist we-gen hoher Windscherung in Nabenhöhe und verminderter Windgeschwindigkeiten am we-nigsten dienlich. Gasch und Twele 2011 zeigten, welchen Einfluss die Rauhigkeitslänge auf den Verlauf der Windgeschwindigkeit hat. Je rauer die Oberfläche, desto geringer sind die Windgeschwin-digkeiten in einer festen Höhe. Selbst eine Verdopplung der Nabenhöhe kann die Verluste nicht wettmachen, die durch einen „voll rauen“ (z.B. Wald) im Vergleich zu einem „glatten“ Aufstellungsort (z.B. Wattgebiet) induziert werden. Fasst man das vorhandene Wissen zusammen, so ist festzustellen, dass die (mesoskalige) Hügelumströmung an sich als relativ gut erforscht gilt, Wissenslücken jedoch dort bestehen, wo eine Wechselwirkung von Hügel und WEA stattfindet, wobei deren Höhen in gleicher Größenordnung liegen (mikroskaliges Problem). Letzteres ist insbesondere der Fall wenn Windenergieanlagen in hügeligem Gelände Süddeutschlands errichtet werden sollen.

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Experimentelle Untersuchungen Simulation der atmosphärischen Grenzschicht Die Simulation einer naturähnlichen, atmosphärischen Grenzschicht im Windkanal erfolgte im Wesentlichen nach den folgenden Kriterien:

Ähnlichkeit des Windprofils: Profilexponent (1)

Ähnlichkeit der Geometrie: Maßstab (2)

Ähnlichkeit der Turbulenz, 1: Tubulenzintensität (3)

Ähnlichkeit der Turbulenz, 2: Turb. Spektrum (4)

Ähnlichkeit der Turbulenz, 3: Turb. Längenmaß (5)

Ähnlichkeit der Rauhigkeiten: Rauhigkeits-Re-Zahl (6)

Eine detaillierte Beschreibung der Simulation atmosphärischer Grenzschichten findet sich bei Counihan 1971, Plate 1982, Gromke & Ruck 2005. Die Simulation und die Vermessung des Strömungsfelds wurden im atmosphärischen Wind-kanal (29 m Länge) des LGU durchgeführt. Dieser ist als Gleichdruckkanal mit geschlosse-ner Rückführung aufgebaut und besitzt einen oktogonalen Querschnitt mit einer Breite von 1.5 m. Die Teststrecke unterteilt sich in eine 4 m lange Anlaufstrecke zur Grenzschichtbil-dung und die 4 m lange Messstrecke, in der die Grenzschicht mit einer Höhe von ca. 0.55 m konstant ausgebildet ist. Eine Modellrauhigkeit der Kategorie Vorstädte/Wälder nach WTG (1995) und DIN V ENV 1991-2-4 (1996) wird durch Wirbelgeneratoren und Rauheitselemen-te (0.02 m hohe Quader) nachgebildet. Der Windkanal weist ein horizontales Geschwindigkeitsprofil mit einem Profilexponenten von angenähert α=0,26 auf. Mit Hilfe des logarithmischen Wandgesetzes ergibt sich die Rauhig-keitslänge im Modell zu z0=0,001 m. Die Schubspannungsgeschwindigkeit beträgt u*=0,327 m/sec bei einer Wandschubspannung von τ0=0,131 N/m². Strömungsmesstechnik Für die Versuche kam ein zweidimensionales LDA-System zum Einsatz, dessen Eigenschaf-ten in Tab. 1 aufgelistet sind. Es verfügt über einen Argon-Ionen-Laser mit einer Leistung von 4 Watt (Hersteller: Coherent; Modell: Innova 90) als Lichtquelle. Das System arbeitet im Zweistrahlverfahren. Abb. 2 zeigt ein Foto des eingesetzten 2D-LDA-Systems während des Messvorgangs.

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Abb. 2: 2D-LDA-System während der Messung über waldbewachsenen Versuchshügel.

Zwei Doppel-Braggzellen (TSI; ColorBurst) führen zur Frequenzverschiebung der Partial-strahlen. Das Streulicht wurde durch Photomultiplier (TSI; ColorLink) erfasst, die entspre-chend einer Vorwärtslichtstreuung an der Empfangsseite angebracht waren. Die Daten wur-den durch zwei TSI Signalprozessoren (Modell IFA 550) ausgewertet.

Hügelmodell Der zweidimensionale Modellhügel (Maßstab 1:300) wurde aus Sperrholz gefertigt und be-sitzt ein Kosinusprofil:

, (7)

mit H=0,2 m und L=0,5 m. Die Länge L ist als der halbe Abstand zwischen den Füßen des Hügels definiert. Nachdem die Holzkonstruktion fertig gestellt war, wurde die Oberfläche des Hügels mit Styropor überzogen. Abschließend wurde Spachtelmasse für einen homogenen Übergang des Hügels zur unterliegenden Sperrholzplatte aufgetragen, woraufhin die gesam-te Konstruktion eingefärbt wurde.

Tab. 1: LDA-System Kenndaten u- Komponente (grün) v- Komponente (blau) Wellenlänge λ 515 nm 488 nm

Max. Lichtleistung 3 W 3 W Frequenzverschiebung 0.60 MHz 0.75 MHz

Brennweite 1.5 m 1.5 m Halbwinkel der kreuzenden Strahlen φ 0.955° 0.955°

Interferenzstreifenabstand �x 14.64 μm 15.42 μm Anzahl der Interferenzstreifen n 51 52

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Typische Windkraftanlagen In Tab. 2 werden als Beispiel verschiedene Windenergieanlagen wiedergegeben, deren Hö-he und Rotordurchmesser bei den nachfolgenden Berechnungen zugrunde gelegt werden.

Ort Typ BaujahrNiederlistingen/ Ersen* Micon M 1800, 48 m RotordurchmesserHessen 60 m Nabenhöhe,

600 kW NennleistungFreiamt*, Enercon E66, 70 m RotordurchmesserBaden-Württemberg 80 m Nabenhöhe,

1,8 MW NennleistungAsendorfer Kippe Vestas V90, 90 m RotordurchmesserSachsen-Anhalt 105 m Nabenhöhe,

2 MW NennleistungKlosterkumbd Repower 3.4M, 104 m RotordurchmesserRheinland-Pfalz 128 m Nabenhöhe

3,4 MW NennleistungSiegbach Nordex N100, 100 m RotordurchmesserHessen 140 m Nabenhöhe,

2,5 MW Nennleistung* im Auftrag geplant

2011

1996

2001

2007

2011

Tab. 2: Typische Windkraftanlagen – Entwicklung der letzten Jahre Berechnung der Windleistung und des Leistungsbeiwerts Die Leistung des Windes, die von der Strömung auf die Rotorfläche entfällt, erhält man über die Lösung des Intergrals (8), siehe Abb. 3.

Abb. 3: Berechnung der theoretisch maximalen Leistung des Windes, die auf die umschriebene Rotor-fläche fällt.

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Die theoretisch maximale Wildleistung hinter dem Hügel wird nun auf die theoretisch maxi-male Windleistung vor dem Hügel in ungestörter Anströmung bezogen. Hierdurch entsteht ein Leistungsbeiwert, der den Einfluss des Hügels auf die theoretisch maximal zur Verfügung stehende Windleistung charakterisiert.

P N rP N r

nach

vorH

( , )( , )

= ρ (9)

Ergebnisse

Die Messergebnisse der horizontalen Strömungsgeschwindigkeit und Turbulenzintensität wurden mit den Werten der ungestörten Anströmung am oberen Rand des Untersuchungs-gebietes (z = 0.55 m) normiert. Diese maximal erreichte Horizontalgeschwindigkeit der hü-gelfreien Referenzströmung betrug im Windkanal u0=10,6 m/sec. In Abb. 4 wird der Leis-tungsbeiwert für den WEA-Typ Nabenhöhe 80, Rotordurchmesser 70 m dargestellt. Diese kurven wurden für alle 4 Beispiel-WEAs ermittelt.

Position x/H = 2,5

Position x/H = 7,5

Abb. 4: Leistungsbeiwerte für WEA-Typ Nabenhöhe 80 m, Rotordurchmesser 70m

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Die Interpretation der Kurven in Abb. 4 ist einfach, denn jede Kurve bezieht sich auf einen festen, angegebenen Abstand zur Hügelmitte. Die Rotorfläche ist vorgegeben (z.B. Durch-messer 70 m in Abb. 4). Geht man entlang der Kurve nach oben, so bedeutet dies, dass an gleicher x-Position die Nabe mit Rotor nach oben geschoben wird, also die Nabenhöhe zu-nimmt. Wie man sieht, kann für eine vorgegebene Rotorkonfiguration der Leistungsbeiwert, der den Hügeleinfluss beschreibt, sowohl größer 1 als auch kleiner 1 ausfallen. Das ent-spricht im Falle größer 1 einer Leistungsverbesserung oder im Falle kleiner 1 einer Leis-tungsminderung der WEA aufgrund der durch den Hügel bedingten Veränderung des Wind-felds. Für einen festen Rotordurchmesser gibt es viele Positionsmöglichkeiten hinter einem Hügel, sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung. Man kann deshalb alle mögli-chen Positionen berechnen und in einem Isoplot darstellen. Dies wurde in Abb. 5 vorge-nommen. Die Flächen gleicher Farbe markieren Gebiete gleichen Leistungsbeiwerts des gesamten Rotors. Jeder Punkt in einer Farbebene entspricht der Nabenposition des betrach-teten Rotors.

Abb. 5: Isoplots des Leistungsbeiwerts für unterschiedliche Rotordurchmesser an unterschiedlichen Vertikal- und Horizontalpositionen hinter dem Hügel

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In der vorliegenden Arbeit wurden Änderungen von lokalen Leistungsdichten des Windfeldes bei neutraler atmosphärischer Schichtung untersucht, die durch Hügel auf deren Leeseite hervorgerufen werden. Die aus den Leistungsdichten und mit typischen Rotorflächen be-rechneten Windleistungen stellen das dar, was vom Wind maximal „angeboten“ wird und ist, um zur Wellenleistung einer WEA zu gelangen, natürlich noch mit den WEA-spezifischen Wirkungsgraden zu multiplizieren. Da Windleistungsänderungen demnach in direkter Bezie-hung zur Änderung der Leistung von Windenergieanlagen (WEA) stehen, war es Ziel der Arbeit, zu ermitteln, welche Folgen entscheidende Parameter des Problems auf die Leistung einer WEA haben. Die untersuchten Parameter waren dabei Rotordurchmesser, Nabenhöhe, Abstand Hügel-WEA und Hügelbewuchs. Im Zuge der Arbeiten konnten für typische WEA-Konfigurationen Leistungsbeiwerte bestimmt werden, die die Veränderung der Windleistung durch einen vorgelagerten Hügel quantitativ beschreiben. Es zeigte sich, dass in wenigen Fällen eine Steigerung der Windleistung erzielt werden kann, wohingegen für die meisten Nabenpositionen hinter dem Hügel Leistungseinbußen zu verzeichnen sind. Einen wesentli-chen Einfluss übt die Geländerauhigkeit aus. Raue Oberflächen, wie etwa ein bewaldeter Hügel reduzieren die Windleistung nachhaltig, wenn von gleicher Nabenhöhe ausgegangen wird. Literatur Bowen, A.J.; Lindley, D., 1977: A wind-tunnel investigation of the wind speed and turbulence charac-teristics close to the ground over various escarpment shapes. In: Boundary-Layer Meteorology. 12 (3), S. 259–271. Bradley, E.F., 1980: An experimental study of the profiles of wind speed, shearing stress and turbu-lence at the crest of a large hill. In: Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society. 106 (447), S. 101–123. Britter, R.E. u. a., 1981: Air flow over a two-dimensional hill: Studies of velocity speed-up, roughness effects and turbulence. In: Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society. 107 (451), S. 91–110. Counihan, J., 1971: Wind tunnel determination of the roughness length as a function of the fetch and the rough-ness density of three-dimensional roughness elements. In: Atmospheric Environment. 5 (8), S. 637–642. Gasch, R.; Twele, J., 2011: Windkraftanlagen: Grundlagen, Entwurf, Planung und Betrieb. 7. Aufl. Vieweg & Teubner Verlag: Stuttgart. Gong, W.; Ibbetson, A., 1989: A wind tunnel study of turbulent flow over model hills. In: Boundary-Layer Meteorology. 49 (1), S. 113–148. Gromke, C.; Ruck, B., 2005: Die Simulation atmosphärischer Grenzschichten in Windkanälen. In: Proc. 13. GALA Fachtagung „Lasermethoden in der trömungsmesstechnik“. (Cottbus). Houra, T.; Nagano, Y., 2009: Turbulent heat and fluid flow over a two-dimensional hill. In: Flow, Tur-bulence and Combustion. 83 (3), S. 389–406. Hunt, J.C. u. a., 1988: Stably stratified shear flow over low hills. In: Quarterly Journal of the Royal Meteoro-logical Society. 114 (482), S. 859–886. Jackson, P.S.; Hunt, J.C., 1975: Turbulent wind flow over a low hill. In: Quarterly Journal of the Royal Mete-orological Society. 101 (430), S. 929–955. Koji, M. et al., 2004: A wind tunnel study of turbulent flow over double steep hills. In: Journal of Wind Engi-neering. 29 (1), S. 98_105–98_115. Kurshudyan, L.H. et al., 1981: Flow and dispersion of pollutant over two-dimensional hills. In: Sum-mary Report on Joint Soviet-American Study, EPA-600/4-81-067, U.S. Environmental Protection Agency, Research Triangle Park, NC. Mason, P.J; Sykes, R.I., 1979: Flow over an isolated hill of moderate slope. In: Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society. 105 (444), S. 383–395. Neff, D. E; Meroney, R. N., 1998: Wind-tunnel modeling of hill and vegetation influence on wind power avail-ability. In: Journal of Wind Engineering and Industrial Aerodynamics. 74-76 (0), S. 335–343. Pearse, J.R., 1982: Wind flow over conical hills in a simulated atmospheric boundary layer. In: Journal of Wind Engineering and Industrial Aerodynamics. 10 (3), S. 303–313.

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