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Beitr~ige zur Entwicklungsmechanik des inneren Ohres. Von K. Eisinger und H. Sternberg. (Aus dem Emb~yologischenInstitut der Wiener Universit~t [Vorstand: A. FischelJ.) Mit 12 Textabbildungen. (Eingegangen am 28. Mai 1923.) An dem Aufbau fast aller Organe des WirbeltierkSrpers beteiligen sich epitheliale und bindegewebige Elemente. Die epithelialen kSrmen jedem der drei Keimblhtter entstammen, die bindegewebigen sind samtlich mesodermaler Natur. Aus versehiedenen Umst~nden k6nnen wir, wie Fischel (1910 und 1912) n~her er6rterte, schlieI~en, dab die Entwicklung der epithelialen Elemente dm'ch Selbst-, jene der binde- gewebigen Elemente dutch abh~ngige Differenzierung erfolgt, so dal3 wir zwei Arten yon Keimblattabk6mmlingen zu unterseheiden haben, n~mlieh ))mit primaren Potenzen ausgestattete, frfihzeitig spezifizierte und ferner zun~ehst indifferente, die in ihrer speziellen Entwicklung erst dutch die ersterw~hnten bestimmt werden(((Fischel). Zur Stiitze fiir diese Anschauung kann man unter anderem aueh gewisse Ergebnisse heranziehen, welche bei zu anderen Zwecken unter- nommenen Versuchen mit dem HSrbl~sehen gewormen wurden. In einem kurzen Berieh~ teilt Lewis (1906) mit, dab er bei vier Kei- men yon Rana sylvatica, welehen er das HSrbl~ischen entfernt hatte, die Bildung des knorpeligen Labyrinths vermfl~te, w~hrend sieh bei zweien, bei welchen die Entfernung des KSrblaschens nicht vo]Ist~ndig erfolgt war, eine Knorpelkapsel ausbildete, deren GrSBe jener des zuriickgebliebenen Tefles des ttSrblSschens entspraeh. Lewis trans- plantierte ferner die Labyrinthanlage yon Rana sylvatica in den zwisehen Auge and Ohr befindlichen Kopfabschnitt yon Amblystoma, also auf eine andere Tierart und in eine ortsfremde Region. Das HSrbl~sehen entwiekelte sieh an der abnormen Stelle normal weiter und es bfldete sich um das Bl~schen herum eine Knorpelkapsel aus, yon der nach- gewiesen werden konnte, da$ sie nicht vielleicht aus mit dem HSr- bl~schen verlagerten ~esodermzellen yon .Rana sylvatlca, sondern aus solchen yon Amblystoma entstanden sein miisse, tiler ist also die Differenzierungsart der Mesodermzellen zweifellos durch die Art der Differenzierung des ihnen anliegenden Epithels des Ohrbl~sehens in

Beiträge zur Entwicklungsmechanik des inneren Ohres

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Page 1: Beiträge zur Entwicklungsmechanik des inneren Ohres

Beitr~ige zur E n t w i c k l u n g s m e c h a n i k des i nne ren Ohres. Von

K. Eisinger und H. Sternberg. (Aus dem Emb~yologischen Institut der Wiener Universit~t

[Vorstand: A. FischelJ.) Mit 12 Textabbildungen.

(Eingegangen am 28. Mai 1923.)

An dem Aufbau fast aller Organe des WirbeltierkSrpers beteiligen sich epitheliale und bindegewebige Elemente. Die epithelialen kSrmen jedem der drei Keimblhtter entstammen, die bindegewebigen sind samtlich mesodermaler Natur. Aus versehiedenen Umst~nden k6nnen wir, wie Fischel (1910 und 1912) n~her er6rterte, schlieI~en, dab die Entwicklung der epithelialen Elemente dm'ch Selbst-, jene der binde- gewebigen Elemente dutch abh~ngige Differenzierung erfolgt, so dal3 wir zwei Arten yon Keimblattabk6mmlingen zu unterseheiden haben, n~mlieh ))mit primaren Potenzen ausgestattete, frfihzeitig spezifizierte und ferner zun~ehst indifferente, die in ihrer speziellen Entwicklung erst dutch die ersterw~hnten bestimmt werden(((Fischel).

Zur Stiitze fiir diese Anschauung kann man unter anderem aueh gewisse Ergebnisse heranziehen, welche bei zu anderen Zwecken unter- nommenen Versuchen mit dem HSrbl~sehen gewormen wurden.

In einem kurzen Berieh~ teilt Lewis (1906) mit, dab er bei vier Kei- men yon Rana sylvatica, welehen er das HSrbl~ischen entfernt hatte, die Bildung des knorpeligen Labyrinths vermfl~te, w~hrend sieh bei zweien, bei welchen die Entfernung des KSrblaschens nicht vo]Ist~ndig erfolgt war, eine Knorpelkapsel ausbildete, deren GrSBe jener des zuriickgebliebenen Tefles des ttSrblSschens entspraeh. Lewis trans- plantierte ferner die Labyrinthanlage yon Rana sylvatica in den zwisehen Auge and Ohr befindlichen Kopfabschnitt yon Amblystoma, also auf eine andere Tierart und in eine ortsfremde Region. Das HSrbl~sehen entwiekelte sieh an der abnormen Stelle normal weiter und es bfldete sich um das Bl~schen herum eine Knorpelkapsel aus, yon der nach- gewiesen werden konnte, da$ sie nicht vielleicht aus mit dem HSr- bl~schen verlagerten ~esodermzellen yon .Rana sylvatlca, sondern aus solchen yon Amblystoma entstanden sein miisse, tiler ist also die Differenzierungsart der Mesodermzellen zweifellos durch die Art der Differenzierung des ihnen anliegenden Epithels des Ohrbl~sehens in

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entscheidender Weise bestimmt worden, da diese Zellen normalerweise, wenn das Ohrblaschen yon Rana sylvatica nicht zwischen sie implan- tiert worden w~re, niemals eine knorpelige Ohrkapsel aus sich hatten entstehen lassen.

Spemann verSffentlichte im Jahre 1910 Ergebnisse yon Versuchen, die bereits im Jahre 1905 ausgefiihrt und im Jahre 1906 kurz mitget~ilt worden waren. Die Versuche bestanden in der Drehung des Ohrbl~s- chens um 180 ~ eine schrag-transversale Achse. Er zeigte, dal~ sich das gedrehte Ohrblaschen in der neuen Lage welter entwickelt und das ihm anliegende Mesoderm zur entsprechenden Knorpelbildung angeregt hatte, dab sich dagegen in •51]en, bei welchen eine Weiter- entwicklung unterblieb oder bei welchen das Ohrblhschen entfernt worden war, keine Knorpelkapsel bfldete.

In betreff der Stellung, welche das gedrehte transplantierte Ohr- bl~schen erlangt, widersprechen die Angaben Spemanns jenen Streeters. Streeter hatte namlich (1906 und 1907) Beobachtungen fiber die phy- siologischen Wirkungen der Labyrinthexstirpation, sowie der Labyrinth- drehung verSffentlicht. Nach seinen Angaben drehen sich die trans- plantierten HSrbl~schen in die normale Lage zuriick, w~hrend sie nach

Spemann in der ihnen gegebenen abnormea Lage verharren. Ogawa (1921)fiihrt diese Verschiedcnheit der Befunde auf einen

Unterschied der Versuchsmethoden zuriick. Den Versuchen Spemanns und Streeters liegen Fragen der Ent-

wicklungsmechanik bzw. der physiologischen Funktion des Ohrbl~s- chens selbst zugrunde. Die ~rage nach der Abh~ngigkeit der Differ~n- zierung der binclegewebigen yon den epithelialen Gewebselementen wird dabei yon Streeter gar nicht, yon Spemann, der allerdings die in Bctracht kommenden Tatsachen kurz erw~hnt, nicht nhher erSrtert. Aueh die ~t tef lungen Lewis sind kurze u n d e r selbst kfindigt eine ausfiihrliehere Darstellung an, die jedoch unseres Wissens bisher nicht erschienen ist.

Unter solchenUmst~nden scheint es ~ficht ohneWert zu sein, gerade die Entwicklung des Ohrbl~schens und seiner Knorpelkapsel im Ver- suche dazu zu benfitzen, um die eingangs erwhhnte Anschauung fiber die Differenzierungsweise der Organe zu priifen. Einer entsprechenden Anregung Prof. Fischels folgend, haben wir daher an einer groBen Zahl yon Rana [usca-Keimen Exstirpationsversuche mit dem 0hrbl~schen ausgefiihrt und untersucht, ob und in welcher V~eise sich das 5[esoderm an der Stelle der Exstirpation ver~ndert.

Die Versuche wurden derart ausgeffihrt, dab die 3,5---4,5 mm langen Larven yon der Gallerthfille befreit und in ein mit Leitungswasser gefiiUtes Sch~lchen gebracht wurden, dessen Grund mit Paraffin aus- gegossen war. In das Paraffin wurde ein Grfibchen gedrfickt, in dem

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das Tier w~hrend der Operation, die unter dem binokularen Mil~roskop vorgenommen wurde, festgehalten werden koImte. Wir verwendeten mit gutem Erfolge das yon Spemann (1906) angegebene I~strumen- tarium - - eine Haarschlinge, sowie eine feb1 ausgezogene Glasnadel. Won der Anwendung eines Narkoticums wurde Abstand genommen, da die Larven in diesem Stadium, yon Slreeter als Ende des ))premotil stage (( oder als ~)stage of spinal reflex (( bezeichnet, auf den Reiz des Ein- stichs iiberhaupt nicht oder nut mit sehwachen Bewegungen reagieren.

Die Anlage des Geh6rorgans besteht in diesem Entwicklungsstadium aus einem yon der Epidermis abgeschniirten Blaschen yon etwa 0,2 mm Durchmesser. Dieses wurde freigelegt, mit der Haarschlinge vorsieh- tig gefal3t und herausgehoben. Die operierten Tiere wurden in Glas- sch~lchen gehalten und in versehieden langen Zeitrgumen naeh der Operation fixiert (1/_o Stunde bis 56 Tage).

Zur Fixierung verwendeten wir die Bouinsche ~liissigkeit. Um das SprSdewerden des Dotters bei jungen Larven, bei ~lteren Tieren eine allzu starke Schrumpfung zu vermeiden, empfiehlt es sich naeh unseren Erfahrungen die Pr~parate innerhalb eines Tages dutch stei- genden Alkohol fiber Karbolxylol in Xylol zu bringen; die jfingeren blieben dann bis zur Einbettung je eine halbe Stunde in weichem (48 ~ und hartem (56 ~ Paraffin, ~ltere Larven veto 12. Tage an kamen erst eine halbe Stunde in Xylolparaffin, dana je 10 Minuten in weiches und hartes Paraffin. Die Tiere wurden hierauf in ltickenlose Querschnitt- reihen yon 10/~ Dicke zerlegt und diese mit Hamatoxylin-Eosin gef~rbt.

�9 Die Exstirpation wurde an 150 Larven ausgeffihrt, von welchen etwa 15 innerhalb des ersten Tages zugrunde gingen. Auch yon den iibrigen starben manche; in Schnittreihen zerlegt wurden sehliel~lich im ganzen 64.

Unmittelbar nach der Operation l~il3t sich an der W'undstelle im Gewebsdefekt eine Anh~ufung yon Dotterpl~ttchen und sehwaeh f~rb- baren Kernen naehweisen (Abb. 1 und 4). Das Zentralnervensystem, dem das Bli~schen in diesem Stadium eng anliegt, kann in manchen F~llen eine Besch~digung aufweisen.

in den n~chsten Stunden findet man in der N~,he der Wunde die Epidermis verdiekt. Ihre Zellen sind unregelm~Big angeordnet, hSher als die der Umgebung und zeigen zahlreiche Mitosen. Der Wund- schluB erfolgt sehr bald, jedenfalls schon am ersten Tage, doch bleibt das Epithel an der Wundstelle noch l~ngere Zeit hindurch mehrschiehtig. In einem Falle (Serie 109, 5 Tage nach der Operation) tand sich ein Epithelzapfen vor, der tief in das darunter liegende Mesenchym hinein- ragte.

Die Ergebnisse unserer Versuehe sollen in zwei Gruppen erSrtert werden. Die erste bilden jeneF~lle, in denen dasH6rbl~sehen voUkommen

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entfernt worden war; be] der zweiten Gruppe war dies nicht der Fall gewesen, viclmehr blieb entweder mlr der Ductus endolymphaticus mit einem verschieden groBen Anteil des Geh6rblSschens zurtick oder es ent- wickelte sich der zuriickgebliebeneTeil des Ohrb|Sschens zu einer dcm an- deren Labyrinth ungefahr gleieh groBen, aber abnorm geform{en Bihhmg.

Die Befunde der ersten Gruppe seien an Hand der fo f genden Bilder besprochen.

Abb. 1 (Serie 279, ], 4, 4, Exstirpation des rechten Laby- rinths) zeigt die Operations- stelle 1~/2 Stunden nach der vollsthndigen Entfernung des HSrblhschens. Die WundrSn- der (Wr) sind scharf begrenzt, der obere Wundwinkel we]st eine Verdiekung der Epidermis auf. In der WnndhShle sieht man pyknotische Kerne und Kerntri immer (Zk) nebst zahl- reichen aus den verletzten Zellen stammenden Dotter- pl~ttchen. Das Medullarrohr erweist sich be] Durchsicht der Schnittreihe als unbe- Abb. t . ll,~l~a .fusees, ~. m m hmg, IUz, Stunden nach schiidigt, der Operation. Vergr. 1: 72.

Bezeichnung tier Abbi ldungea ; A d Aor ta dcsccndens, Auf Abb. 2 (Serie 1 0 8 , 1 , Csca vorderer Bogengang, t '~c l seitl ichcr Bogengang,

9, 1 Exstirpation des linken D e Ductus endolymphat icus , L Labyr in th , Kn Knor- ' pel~ Pb l ' a r abasa lp la t t e , Sa Saeculug, N~ .~'ca Sopteti

Labyrinths, 8 Tage nach der fiir den vorderen Bogengang, & .~,'l Septen fiir den Operation) finden wir auf t i e r seit l ichen Bogengang, ,~'~ Saccu.~ endolyml)hat icus,

,s'i Sinnesepithel . I' Utriculus, I fr ~Vundrand~ Vc Veno~ reehten Seite das Labyrinth eardinalis anterior, ZI; Zellkerne, V Ganglion pr . - in seiner Entwicklung so welt ot icum, f i l l Gang| ion acust icum, IX Oangl. jugulare.

fortgeschritten, dab man am Sehnitt die Anlage der Septen fiir den seitliehen Bogengang (Se sc l) den seharf abgegrenzten Duetus endo- lymphatieus (D e) und medial und ventralw'~rts die verdickte Anlage des Sinnesepithels (S i ) erkennen kann. An der Abgangsstelle des Duetus endolymphaticus liegt der reed]alert Wand des HSrbliischens das Ganglion acustieum (VI I I ) an. Das Mesenchym zeigt be] sthrkerer VergrSBerung eine diehtere Ansammlung yon Zellen mn das H6r- bl/~sehen herum, welehe die erste Anlage der spSteren Knorpelkapsel darstellt. Auf der linken Seite fehlt das Labyrinth vollkommen. Au der Epidermis ]st keine Narbenbildung zu sehen, ebenso erscheiut das darunter liegende Mesenchym normal. Ein Ganglion acustieum ]st

Archiv f. mikr. Anat . u. Entwicklungslm!chanik Bd. lilt). 3 5

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auf dem Sehnitte nicht sichtbar. Das Ganglion jugulare (IX), die Aorta descendens (A d) und die Vena cardinalis anterior (Vc), die auf der anderen Seite ventral und lateral veto I-I6rb]~schen liegen, sind auf dieser SeRe infolge der durch die Exstix'pation bewirkten Ver- schiebungen etwas medial und dorsalwiirts gerfickt.

Abb. 2. l~ana fusca, 9 m m lang, S Tage naeh der Opera t ion . Vergr. l : 90.

Auf Abb. 3 (Serie 210, 2, 1, 8, Exstirpation des linken Labyrinths 22 Tage nach der Operation) sieht man rechts das normale Labyrinth. Im Schnitt sind der dem Rautenhirn eng anliegende Saecus endolym- phatieus (S e), der vordere Bogeng~ng (C sc a) und der Utrieulus (U) mit der Abgangsstelle des seitlichen Bogengangs (C sc l) getroffen. Das Sinnesepithel (S i) ist an der Macu]a utriculi deutlich differenziert. Der medialen Wand des Utriculus liegt das Ganglion acustieum (VIII) an. Die Knorpelkapsel (Kn) ist in Gestalt einer vorwiegend einschich- tigen Lago bl~schenfSrmiger Vorknorpelzellen angelegt. Sie geht medialw~rts ohne Unterbrechung in die Parabesa.lp]otte (Pb) fiber. An der ]in_ken Seite ist die Wundstelle an der hier vorhandenen Ein- ziehung kenntlieh. Das Labyrinth fehlt hier vollst~ndig, auch yon einer Differenzierung des Mesoderms dieser Gegend zu einer Ohrka.psel

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ist niehts wahrzunehmen. Die Parabasalplatte endet daher auf dicser K6rperseite entspreehend der Stelle, an der sie auf der anderen Seite in die Kapsel des inneren Ohres fibergeht. Die Thymus (Tit), Aorta descendens (Ad) und Vena cardinalis anterior (Vc) sind im Vergleich zur norm~len Seite, wie in dem vorher besproehenen Falle, medial und dorsalwarts verschoben. AuBerdem finden wir auf der operierten Seite eine Gruppe yon Ganglienzellen (IX), die, wie sich bei Durehsicht der Schnittreihe ergibt, dem Ganglion jugulare angehSrt. Dureh die Exstirpation des epithelialen und das dadurch bewirkte Fehlen des

Abb. 3. T~ana fusca~ 15 m m lang~ 22 Tage nach der Opera t ion . Vergr . I : 76. Th Thymus .

knorpeligen Labyrinths erscheinen n~mlich auf der Seite der Operation das Auge und das Ganglion prooticum kaudalwSrts, andererseits dic Von.iere und das Ganglion jugu]arc kranialwSrts gertickt. Die Ver- schiebung dieser Gebilde verursacht eine Asymetrie des Kopfes, die, wie dies such Streeter in seinen F~llen feststellen konnte, bereits makro- skopiseh sichtbar ist.

Ganz gleiche Befunde, das heiBt also vollst~indiges Fehlen eines knorpeligen Labyrinths auf der operierten Seite, konnten wir an zahl- reichen anderen F~llen von vollstiindiger Entfernung des H6rblSschens feststellen. Unsere Versuchsreihe umfaBt Tiere bis zu einem Alter yon

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45 Tagen nach der Operation. Aus ihr kaml mit Sieherheit geschlossen werden, dab die Differenzierung des Mesoderms zur Ohrkapsel nur bei Vorhandensein des H6rbl~tsehens erfolgt, dab also die Differenzierung dieses Mesoderms nur dureh den Einflug des Epithels des Ohrbl~tsehens ausgelSst wird.

Die folgenden Bflder stainmen yon Versuchstieren, bei denen die Exstirpation des HSrbl~isehens keine vollst~indige war und bei denen als Rest des HSrbli~schens der Ductus endolymphaticus mit einem verschieden grogen Abschnitt des Labyrinths zurfickblieb.

Abb. ~. ~aJ~a fusca, 4 mm lang, 4 Stundcn nach der Operation. Vergr. I :I10.

Die Abb. 4 (Serie 208, 1, 5, 14, Exstirpation des linken Labyrinths, 4 Stunden nach der Operatiou) zeigt auf der rechten Seite im Anschnitt das normale HSrbl~tschen (L) mit der Anlage des Ductus endolympha- ticus (D e), die in diesem Stadium als eine Ausstfilpung der dorsalen Wand des Bl~schens ~ngedeutet ist. Auf der linken Seite erscheint im Schnitt die Operationswunde. Die Epidermis der ventralen Wundlippe (W r) zeigt die bei Abb. 1 bereits besprochene Epithelverdickung. Die Wundh6hle ist yon Kerntriimmern (Z k), Dotterpl~ttchen und Schollen yon melanotischem Pigment erffillt, die offenbar aus zugrunde gegange-

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nen Zellen stammeu. In dem dorsal yon der Operationswunde liegenden ~Iesenchym linden wir ein yon einschichtigem hohen Epithel aus- gekleidetes Gebilde (D e), das aus zwei Lamcllen besteht und sich naeh unten hin in die Wundh6hle 6ffnet. DiG Epithclzcllcn dieses Gebildes enthalten an ihrer freien Fl~iche reichlich melanotisches l)igment. Es handelt sich hier, wie der Vergleich mit dem H6rbl:,ischen der anderen Seite lehrt, um den dorsalcn Teil des im iibrigen entfernt(?n H6rhlSs- chens, also vor allem um dessen Ductus endolymphaticus, der bei der Operation unabsichtlich nicht mit entfernt worden war. Wir waren bemiiht, bei dem Eingriff jede Nebenverlctzung zu vcrmeiden, ins-

Abb. 5. lla~(! .f*r 9 mm lang, 7 Tage nach der Ope['aiion. Vergr. I : 100.

besondere aber Schadigungcn des Neuralrohres, dem der dors~le Tcil des H6rbl~sehens in diesera Stadium eng anliegt. So ist es zu crklSren, dal~ gerade die Anlage des Ductus endolymphaticus in zahlreichen FS~llen zuriickblieb.

Auf Abb. 5 (Serie 120, 1, 7, 15, Exst irpat ion des rechten Labyrinths, 7 Tage nach der Operation) ist das Labyr inth der linken Seite normal entwickelt. I m Schnitt erseheint, ahnlich wie auf Abb. 2, der Ductus endolymphaticus (D e) und die Anlage der Scpten fiir den seitlichen Bogeng~ng (Se sc l) getroffen. An einer Stelle, die dcm Sinnes- epithel der sp~teren Macula utriculi entspricht, ist das Epithel dcr

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Labyrinthauskleidung etwas hSher (Si). Die Anordmmg den Mesen- chyms nm dun H6rbla.schen 1Kilt bei st:,~rkerer Vergr6i~erung jene Ver- dichtung erkennen, die den Beginn der Differenzierung der Knorpel- kapse] darstellt. Auf der operierten rechten Seite fehlt das Labyrinth bin auf einen kleiIma Rent (D e). Es ist dies eiu rundes Bl~sohen, das sich durch seehs Schnitte, unmittelbar dem Hirnrohr anliegend, ver- folgen 15Bt. Seine Wand wird yon einem einschiehtigen kubischen Epithel gebildet, das in seinem dem Lumen zugekehrten Anteil melano- tisches Pigment enth~It. Aus dem Vergleieh der Lage und des Auf- baues dieses Gebildes mit der Anlage des Duetus endolymphaticus auf der normalen Seite erhellt, dal~ es sieh um den bei der Operation nieht mitentfernten Duotus endolymphaticus dieser Seite handelt.

Ahnlich wie in dem auf Abb. 2 wiedergegebenen Falle erseheinen such hier Aorta descendens (A d), Vena eardinalis anterior (Vc) and Ganglion jugulare (IX) infolge der Exstirpation des Labyrinths weiter medial gelagert aln die entspreehenden Gebilde der anderen Seite. Fiir unsere Fragestellung besonders wichtig ist die Tatsache, dal] dan Meso- derm auf dieser Kopfseite nieht jene Verdiehtung aufweist, wie sie auf der nicht operierten Seite als erste Anlage der knorpeligen Labyrinth- kapsel auftritt.

Abb. 6 (Serie ]41, 1, II, 10, Exstirpation des rechten Labyrinths, 16 Tage nach der Operation) zeigt bei st~rkerer Vergr6Berung einen Sehnitt dureh den auf der operierten Seite vorgefundenen Labyrinth- rent. Dieser besteht, wie man aus der Durchmusterung der Sehnitt- reihe erkennen-kann, aus einem mit einsehichtigem Epithel ausgeklei- deten Gang (D e) und aus einem ventral yon ihm gelegenen and mit ibm in Verbindung stehenden Bl~schen (L). Der Gang liegt der Seiten- wand des IV. Ventrikels eng an. Sein Epithel int einsehichtig, kubisch. Er entspricht in Form, Gr61~e und Gage, sowie in seinem histologinchen Aufbau dem normalen Duetun endolymphatieus der anderen Seite. Das ventral davon gelegene Bl~schen (L) ist auf unserem Sehnitt in seinem grOl~ten Durchmesser getroffen. Es ist birnf6rmig gcstaltet; seine Wand wird yon einer Schiehte kubischen Epithels gebildet, dessen Zellen in ihrem dem Innern zugekehrten Anteil reichlich Pigment ent- halten. Es handelt sich bier offenbar um einen Teil des Ohrblasehens, der bei der Operation erhalten blieb und sich zu einem Bl~schen schlol~. Es ist nun yon besonderer Bedeutung, dal3 sich die um dieses Oebilde befindliehen embryonalen Bindegewebszellen von den iibrigen dureh die Besehaffenheit ihres Zelleibs und durch die Form ihres Kerns unter- seheiden und dab diese Besonderheiten sie als Vorknorpelzellen kenn- zeiehnen (Kn), die ja in diesem Stadium die Hiille den normal entwickel- ten Labyrinths bilden. Man kann wohl mit l~eeht annehmen, dal~ jener Tell des bei der Operation zuriickgelassenen Ohrbl~schenrestes,

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der sich zu einem seincr Gr613e entsprcchcnden Labyrinthrudiment weiter entwickelt hat, den Anreiz zur Knorpelbildung an dieser Steile gab. Hierfiir spricht, dab in den FRllen, in welchen sieh an der Ope- rationsstelle nichts vom Labyrinth vorfand, Kuorpel nicht angelegt wurde, wiihrend andererseits die Knorpelbildung nur in der NShe des Restes des Ohrbliischens und nur in dem Ma.ge stattfindet, als es der Gr6Be dieses Restes entspricht.

Abb. 6. RaJ~f f~*.~c~, 14 mm lang~ 16 Tage uach der Operation. Vergr. I :~ M Medullarrohr.

Auf Abb. 7 (Scrie 203, 2, 9, 9, Exstirpation des linken Labyrinths, 26 Tage nach der Opcration) sieht man auf der rcchten Seite das in 'seinen Hauptabschnit ten bereits Iertig gebildete Labyrinth. Der Schnitt trifft den seitlichert Bogengang (C s c l) deit Utriculus (U) und Sacculus (Sa), deren Trennung durch ein Septum angedeutet erseheint, ferner den Saccus (Se) und den Ductus endolymphaticus (D e). An der medialen Seite des Sacculus li~Bt das mehrschichtige Epithel die Stelle der sp~teren Maeula saeeuli erkennen (S i). Ihr liegt die Pars posterior des Ganglion acusticum an (VII I ) , yon dent aus der Nervus aeusticus ins I-[irnrohr einstrahlt. Das L~byrinth ist yon einer Knorpel-

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kapsel umgebcn (Kn), mit Ausnahme des ventralen Teils des Sacculus, an welcher Stelle sieh zwischen den Knorpelzellen der P~rabasaiplatte und der Labyrinthkapsel eine Verdichtung des embryonalen Binde- gewebes findet. Bei stSrkerer VergrSgerung erkennt man, da[t an dieser Stelle die Umwandhmg in Vorknorpel beginnt. Auf der operier- ten Seite liegt dem seitliehen Absehnitt der Decke des IV. Ventrikels der Saccus endolymphatieus (Se) an, der, wie die Verfolgung der Schnittreihe ergibt, in Ausdehmmg, Form und Aufbau dem der andereu Seite vollkommen gleicht. Unter seinem basalen Abschnitt ]iegt ein mit niedrigen Zelle~l ausgekleidetes Bl~tschen und ventral yon diesem zwei yon einschiehtigcm kubischen Epithel ausgekleidete G~tnge (L).

Abb. 7. Rana f.lr 16 mm lang, 26 Tage nach der Operation. Vergr. t :90.

Zwisehen diesen Gebilden und dem ]~indegewebe der Haut ist ein birn- f6rmiges Gebilde (Kn) eingeschoben, welches aus Knorpelzellen besteht. Von der Parabasalplatte ist dieses Knorpelstfick dureh einen relativ weiten Zwischenraum getrennt, in welchem das Ganglion jugulare (IX} liegt. Die beiden Kopfsciten dieser Larve unterscheiden sieh also da- durch, dab auf der einen das Labyrinth normal ausgebildet ist, wiihrend sich auf der anderen Seite nur abnorm differenzierte Restc des HSr. bli~schens vortinden. Auf der nicht operierten Seite ist eine normale Knorpelkapsel des Ohres ausgebildet worden, auf der anderen dagegen findet sich ein abnormes Knorpelstiick vor, das dem Labyrinthrudiment dicht anliegt und seiner Gr6Be nach mit der Gr6Be dieses l~udimentes fibereinstimmt. Die Deutung dieses Befundes ist wohl rim' in dem

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Sinne mSglieh, dal~ das den OhrblSschenrudimenten ~nlagernde Meso- derm durch ihr Epithel zur Knorpelbildung veranlal~t wurde. Ent- sprechend der abnorlnen Beschaffenheit dieser Labyrinthreste konnte abet keine normale Ohrk~pse] gebildet wcrden, sondcrn es muIltc cin abnorm geformtes Knorpelstiick cntstchen.

Wie aus unseren Abbildungen und den (ibrigen bier nicht niiher erSrterten und dargestellten Priiparaten hcrvorgeht, machen (lie nach der Operation iibrig geb]iebenen Reste des Ohrbliisebons (ties(,lbe Wanderung ]cranial- und dorsalwgirts dutch, wie sie Streeter (1921) am norm~len H6rbl~schen w:,i~hrend dessen Entwieklung festgestellt hat.

In der letztcn Gruppe wollen wir eine Reihe yon Schnitten besprecben, welche alas Schicksal grSl3erer Ohrbl&i~schenreste dar- stellen. Welchem Teile des nor- malen Labyrinthes diese Reste entsprechen, liil3t sich meist nicht feststellen, da sie in fast allen F5llen abnorm ver5ndert sia(t.

Abb. 8 (Serie 105, 7, 5, Ex- stirpation des ]inken Labyrinths, 1 Tag nach der Operation) zeigt auf der rechten Seite das nor- male HSrbl:,ischen (L). Dorsal und medialw~rts zwischen dem I~[SrblSsehen und dem Hirnrohr befindet sich das Ganglion acusti- cum (VIII) . Auf der linkenSeite

~ | ) b . ~ . l~l~tla .~H,~('u 1 ~) Ill]|l ]allg~ | T a g Iladl tier i s t d a s Epithel der Epidermis Operat ion. Vergr. t :7'2. N IQ)idermi~narbe.

entsprechend der Operations- stelle nicht gleichmS[~ig hoch (N). ])ic Mchrzahl der Zellen ist niedrigei als die anderer Hautstellen, einige h6here Zcllcn untcrschciden sieh yon den angrenzenden dadurch, dul3 sic weniger Pigment enthallen und d~her heller als die bcnachbarten Zellen erscheinen. Am Mesen- chym 151~t sich kein wesentlicher Unterschied gegeniiber der normalen Seite feststellen. Unter der Hautnarbe liegt das H6rblSschen. Es ist li~ngsovM und yon zylindrischem, durchaus einschichtigem Epithel ~usgekleidet, das an der Ventralseite etwas hSher ist. Das Bliischcn ist jedoch, ebenso wie das anliegende Ganglion acusticum, im ganzen kleiner als die entsprechenden Gebilde der ~nderen Seite. Ob diese Verkleinerung des H6rbl/isehens durch eine bei der Ot)eration erfolgte Sch/idigung hervorgerufen, also als ~rachstumshemmung aufzufassen ist, oder ob durch die Operation ein Tell des urspriinglichen Bliischens

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entfernt wurde, wonach der zuriickgebliebene Rest sich wieder zu einem allerdings kleineren Bl~tschen schlol3, lal3t sich nicht unterscheiden.

Auf Abb. 9 (Serie 93, l, 8, 14, Exstirpation des linken Labyrinths, 9 Tage nach der Operation) finden ~4r auf der rechten Seite das normale Labyrinth getroffen. Im Schnitte sieht man die Anlage des Duetus endolymphatieus (De) und das Septum fiir die Bildung des vorderen Bogenganges (Se sca). Das Epithel des H6rbl~tschens ist in dessen medial und ventralw:~trts gelegencn Anteil mehrschichtig (Si), ent- sprechend der Stelle der sp~.teren Macula utriculi. An derselben Stelle liegt die Pars posterior des Gunglion acusticum (VIII) dem Labyrinth

Abb. 9. Ra~ta . fusca 7 l0 m m lang, 9 Tage nach der Operat ion. Vergr . l : i00.

an. ])as Mesenchym l$1~t bei stSrkerer VergrSl~erung unmittelbar um das Epithel herum einc Verdichtung erkennen, die als erste Anlage der Knorpelkapsel zu deuten ist. Das HSrbl~ischen auf der Seite der Operation ist viel kleiner. Die Anlage des Ductus endolymphaticus (D e) ist deutlich abgegrenzt, dagegen ist die Septenbildung fiir die Bogeng~nge unterblieben. Die Differenzierung des Sinnesepithels (Si) ist im Gange. Das Mesoderm weist in den dem Epithel anliegenden Teilen jene Verdiehtung auf, welche die erste Anlage der Knorpelkapsel darstellt. Das HSrbl~schen ist hier also bei der Operation geseh~digt und daher in seiner Gr613enausbildung und Differenzierung behindert worden. Da es aber im wesentlichen noch vorhanden ist, iibt es auf

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Beitr~ge zur Entwicklungsmechanik des inneren Ohres. 555

das ihm an]iegende Mesoderm einen formativen Reiz aus und veranlal.~t es zur Bildung der knorpeligen Labyrinthkapsel.

Abb. l0 (Serie 214, ], 13, ]0, Exstirpation des linken Labyrinths, 26 Tage nach der Operation) zeigt auf der rechten Seite das nornmle Labyrinth mit dem Utriculus (U) und dem lateralen Bogengang (C sc 1). Die medial und ventral gelegene Macula utriculi ist an ihrem zwei- sehichtigen Epithel (Si) zu erkennen. Ihr liegt das Ganglion aeusticum an, das durch den Nervus aeusticus mit dem Hirnrohr in Verbindung steht. Das Labyrinth ist in seinem lateralen Anteil yon einer knor- peligen Kapsel (Kn) umgeben, die ventralw~irts durch dichtes, spSter verknot~elndes Bindegewebe mit der Parabasalplatte verbundcn ist (P b). Auf der linken Scite finden wir seitlich yore Rautenhirn den normal gelegenen und gebildeten Saceus endolymphaticus (Se), ventral und lateral davon erblickt man zwei grSi~ere Hohlr~iume (L), die auf

Abb. 10. Z'~tJ~a .fusca, i5 m m lang, 26 Tage nach der Oper~ltion. "~'e/'gr. 1 : 9il.

dem abgebildeten Schnitte durch ein gr51~tenteils knorpeliges Septum getrermt sind, auf den welter caudalwhrts gelegenen Schnitten jedoch miteinander in Verbindung treten. Beide sind yon Plattenepithel aus- gekleidet, das bei dem ventralwhrts gelegenen Hohlraum an der medialen Wand mehrschichtig ist. Dadurch und durch das eng anliegende Gang- lion acustieum wird diese SteUe als Maeula gekennzeichnet Diese beiden Gebilde sind lateralw~rts yon einer Knorpelkapsel umgebcn (Kn), welche mit der Parabasalplatte (Pb) zusammenhSngt. In diesem Falle, in welchem ein Teil des OhrblSschens erhalten blieb, hat sieh also auch eine Knorpelkapsel entwickelt. Entsprechend der abnormen Gestal- tung der AbkSmmlingc des OhrblSschens ist jedoch auch die Gesamt- form dieser Kapsel eine abnorme. Die Tatsache, dab sich hier, wo das Ohrblaschen zum Tell erhalten blieb, auch eine Knorpelkapsel ent- wickelt hat und noch mehr der Umstand, dab sich die Gesamtform

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556 K. E i s i n g e r u n d H . S t e r n b e r g :

dieser Kupsel in enger Anpussung an die des Lubyrinths ausbildcte, sprechen wohl unzweideutig dafiir, dag die Differenzierung der Meso- dermzellen durch die Epithelzellcn des ihnen antiegenden Ohrbl~ischens ausgel6st und geleitet wurde.

Einen Fall anderer Art erblicken wir iH der Abb. l l (Serie 224, 2, 7, 2, Exstirpation des linken Labyrinths, 37 Tage n~ch der Operation). Auf der rechten Seite befiudet sich d~s normMe L~byrinth. Im Schnitte sind Utriculus (U) und Saceulus (Sa) die Abgangsstelle des lateralen Bogenganges (C sc l) sowie Ductus (D e) und Saccus endolymphaticus

Abb. t l . RaJ~et f~esca, ~3 mm lang, 37 Tage naeh der Operation. Vergt. l : 68,

(S e) getroffen. Der Macula sacculi (Si) liegt die Pars posterior des Ganglion acusticum (VIII) an, dessen Verbindung mit dem ZentrM- nervensystem ebenfalls auf dem Schnitte zu sehen ist. Das Labyrinth ist vo~ seiner Knorpelkapsel umgeben. Nur ventralwSrts finder sieh eine Stelle, an welcher die Labyrinthkapsel mit der Parabasalplatte durch dichtes Bindegewebe ia Verbindung steht. Auf der linken Kopf- seite befindet sich an Stelle des Ohrbl~schens eine mit Flfissigkeit ge- fiilite Blase (L), die so grog ist, dug diese Region durch sie m~ehtig vorgetriebea erscheint. Derartige stark vergrSgerte Ohrbl~schen be- obachtete Streeter (1906) bei seinen Drehungsversuchen mit der Laby- rinthanlage und bezeiehnete sic Ms dropsical typ. Die fibermhgige Ans~mmlung yon Endolymphe ffihrt er auf eine durch die Operution erfolgte Sch~digung der Ohranlage zurfick. In unserem Falle war das

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Ohrbl~schen so groin, dab es nicht blol~ die Hau t vorw61btc, sondcrn auch bis zum ~fedullarrohr vordrang und cs durch den so ausgeiibtcn Druck auf der einen SeRe in sciner ]~ntwickhlng wescntlich behindertr In Anpassung an dic Form und die DruckverhSltnisse wird diesc Blase yon einem Plattenepithel ausgekleidet. An eincr Stcllc (Si) kenn- zeichnet ein etwas h6heres Epithel die Anlage t inc t Macula, an zwci Stellen springen nicdrige Septcn (S) in das Innerc des Blaschens vor, wie sie im Verlaufe der normalcn Entwicklung die Abglicde- rung der Bogeng~inge vor- bereit en. Untersucht man mit st~rkerer Vergrb[]erung, so finder man diese grol]e Ohrblase yon einer diinnen einschichtigen Knorpelkapsel umgeben. Auch in diesem Falle erfolgte also die Diffe- renzierung des Mesoderms in enger Anpassung an jene des ihm anliegenden epithelialen Ohrbl~schens, was wicder mlr in dem Sinne gedeutet werden kann, daI~ die Differenzierung des ~esoderms yon jener des Epithels abhitngig ist.

Die Abb. 12 (Serie 225, 2, 4, 7, Exst i rpat ion des linken Labyrinths, 37 Tage nach der Operation) s tammt yon einem mit dem vorigen v611ig iiber- einstimmenden Falle und gibt einen Tefl des abnormen

Abb. 12. l l r . /u , sc . , 13 mm lang, 37 Tage nach dvr IIbrbl~schens m i t s e i n e r U r n - Opera| ion, Vergr. I :270. gebung bei sti~rkerer Ver- s Epithel des H6rbliis(dmns, 1.: 1, Epidermis, / ' Pigment-

gelleI L ,~' l~og~'ilgallgscptllllL grbl~erung wieder. Man er- blickt hier das Epithel des Hbrbl~ischens (E), die einem Bogengang- septum entsprechende Vorbuchtung der Wand des Bl:dschens (S), das Epithel der Hau t (Ep) sowie die Pigmentzellen (P) in dem Hautbinde- gewebe. Zwischen der Wand des Ohrblii.schens und dem Haut - bindegewebe ist eine Lage yon Knorpelzellen (Kn) cingcsprcngt, dic das Ohrbl~dschen fast zur G:dnze einhiillt und die au der dcm erwShnten

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558 K. Eisinger und tI. Sternberg.

Septum entsprechenden Stelle dicker ist als an den fibrigen SteUcn. Es ist also in diesem Falle gleichfalls eine dem abnormen Ohrblaschen entsprechende Knorpelkapsel gebildet worden, eine kugelige Knorpel- sehale, welehe die hier kugelige Labyrinthanlage umhfillt. Die Bfldung dieses Knorpels aus den Mesodermzellen kann ran" durch den Einflug des Epithels der, wenn aueh abnorm gestalteten Ohrblase erfolgt sein. Dieses Epithel weicht gleiehfalls yon der Norm wcsentlich ab, da es infolge der Ausdehnung der Ohrblase abgeplattet und in seiner beson- deren Differenzierungsart behindert wurde. Dadurch ist es aber, wie dieses Versuehsergebnis lehrt, des formativen Reizcs auf das Mesoderm nicht beraubt worden.

Die Ergebnisse unserer Untersuchungen lassen sieh in folgenden S~tzen zusammenfassen.

1. Nach volIstiindiger Entfernung der Ohranlage bei Kaulquappen finder keine Regeneration der Ohranlage start undes unterbleibt anch die Bildung der knorpeligen Labyrinthkapsel. Das Ganglion acusticum und der Nervus acusticus waren in einem Teil der Falle ebcn so grog wie in der Norm, in anderen Fallen erwies sich das Ganglion als wesent- lich kleiner. Die Unterentwicklung des Ganglion aeusticum ist daher wohl nut als die Folge einer Schgdigung des Ganglion bei der Operation und nieht als eine Atrophie infolge Fehlens des Labyrinths aufzufassen. Das Auge mit dem Ganglion prooticum ist im Vergleich mit den Ge- bfldcn der Gegenseite weiter kaudalwarts, Vorniere und Ganglion jugu- ]are sind weiter kranialwarts, die tIauptgefal3e Aorta descendens und Vena cardinalis anterior mehr gegen die Mittellinie hin versehoben. Diese Veranderungen lassen sich in rein mechanischer Weise durch die infolge des Fehlens des Labyrinths entstandene Gewebsliicke erldaren.

2. Bei unvoll]commener Exstirpation schliel3t sich der zurfickge- bliebene 32eft des H6rblaschens wieder zu einem Blaschen. Doch ent- wickelt sieh aus diesem nie ein vollst~ndiges Labyrinth, sondern es kommt zur Bildung unregelmgBiger Gebilde, die sich verschieden welt differenzieren k6nnen. So unregelmaBig diese Gebilde auch gestaltet sein m6gen, geben sie doch stets Anlal~ zur Bildung einer Knorpel- kapsel, die in ihrer Form der Form des epithelialen Gebildes angepagt ist.

3. Aus diesen Versuchsergebnissen lal~t sieh mit Sicherheit der SchluB ableiten, dab die Bildung der knorpeligen Ohrkapsel einen ab- h~ingigen Di/[erenzierungsvorgang darstellt, welcher durch einen forma- riven Reiz ausgel6st wird, den das Epithel des H6rbl~tschens auf das ihm anliegende ~Iesoderm ausiibt. ~ehlt dieser Reiz, so unterb]eibt aueh die Bildung der Knorpelkapsel und nur in dem MaBe, in welchem er vorhanden ist, differenziert sieh das Mesoderm zur Ohrkapsel. Eine abnorme Form des epithelialen Labyrinths hat also aueh eine abnorme Form der knorpeligen Labyrinthkapsel zur Folge. Dureh diese Tat-

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saehe w e r d e n d ie e ingangs e rwhhn ten A n s c h a u u n g e n y o n F i s c h e l f iber d ie Di f fe renz ie rungsursachcn dc r K e i m b l S t t e r u n d fiber d ie En twick- lung der Organe bes t~ t ig t .

4. De r A n t e i l des HSrbl~ischens, aus dem sich Due tus u n d Saccus e n d o l y m p h a t i c u s entwickeln , is t sehr f r i ihzei t ig bes t imInt u n d in seiner E n t w i c k l u n g unabhSng ig y o n dera Vorhandense in de r f ibr igen Ab- schn i t t e des ep i the l ia len L~byr in ths . Selbs t bei vo l l s tSndiger Ent - f e rnung dicser Teiie fi~lden s ich d ie be iden e r s t e rw~hn ten Gebi lde no rma l d i f fe renz ie r t und ge lager t vor , s ind aueh, wie be im no rma l en twicke l t cn L a b y r i n t h , hie y o n e iner K n o r p e l k a p s e l umgeben . Die ]~Shigkeit, des an l iegende ~[esoderm zur K n o r p e l b i l d u n g anzuregen , is t also nur be- s t i m m t e n A b s c h n i t t e n des Ohrbl~ischens e igcnt i imlich.

5. N a c h de r e inse i t igen E n t f e r m m g des HSrblSsehens k o n n t e n wir be i unserer~ Versuchs t ie ren Gle ichgewich tss tSrungen fests tel len, d i e vo l l s t and ig den y o n S t r e e t e r (1906 und 1907) bci seinen Versuchen ge fundenen en t sp rachen .

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