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Beiträge zur Kenntniss der Gicht

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Page 1: Beiträge zur Kenntniss der Gicht

Die gallontreibende Wirkung der ,Gichtmittel ~. 9

zu miissen: die iiberm'/issige Fleisehnahrung und eine zu seltene Nahrungs- aufnahme. Als unterstfitzend kommen h'/tufig noeh hinzu: Alkoholgenuss und mangelnde Muskeltlr/ttigkeit.

Es handelt sieh~ wie Minkowski in seinem oben sehon erw/thnten klassisehen Werke aussprieh~, bei der Gieht um Vorg/inge ganz be- stimmter Art, die aueh in bestimmten Organen und bestimmten G ewebs- elementen loealisirt sein mfissen. M6gen nun aueh diese Vorg'/inge wobl nicht so einfaeher Art sein, wie sic in der Kochmannsehen Arbeit zuMehst dargestellt wurden, so ist es uns doeh naeh dem Ausfall unserer Fleisehffitterungsversuehe h6ehst wahrseheinlieh, dass die zuntiehst in Prage kommenden Organe die Nieren und vor allem die Leber sind. Dafiir spreehen aueh versehiedene yon uns auf anderem Wege erbobenen llefunde~ fiber die in den folgenden Arbeiten beriehtet wird.

~o

Die gallentreibende Wirkung der ,,(]ichtmittel."

Von

H. Kionka.

Unter den Arzneimitteln, welche gegen die Gieht zur Anwendung kommen, kann man drei Gruppen unterseheiden. Die eine umfasst die- jenigen Mittel, welehe nut symptomatiseh gereieht werden wid die sehmerzstillenden, antineuralgiseh wirkenden und die Abffihrmittel. Mit der Einffihrung der Mittel aus tier zweiten Gruppe versuehte man die LSsungs- und Ausseheidungsbedingungen ffir die Harns/ture zu verbessern, so dureh Darreiehung ton Alkalien oder organisehe harnsiiurel6sende Basen: Piperazin~ Lycetol, Lysidin etc. Hierher sind auch das Urotropin und - - wenigstens lag seiner therapeutisehen Einffihrung ein derartiger Gedanke zu Grunde! - - der Harnstoff zu reehnen. Die dritte Gruppe sehliesslieh umfasst eine Anzahl yon Mitteln~ denen mtm bestimmte speeifisehe Einwirkungen auf den Verlauf der Gieht oder wenigstens auf den Harns'/iurestoffweehsel zusehrieb. Diese Mittel sind das Colehicin~ (lie Chinas~ure und ihre Verbindungen bezw. die Benzot~saure und die Salieylpriiparate.

Ffir die Mittel der letztgena.nnten Gruppe ersehien es mir t~ussiehts- reich, naeb irgendwelehen gemeinsamen Wirkungen zu suehen~ die fiber die Art und Weise ihres Verbaltens im Organismus Aufsehluss geben k6nnten.

Man hat ja sehon stets naeh Erkl/trungen fiir die klinisch beobach- teten giinstigen Wirkungen dieser Mittel bei der Gieht gesueht. - - Far das Colehiein liegt bekanntli~'~h keine einzige befriedigende Erkl~rung vor. --- Fiir die Salievls/ture und ibre Pr/iparate wird yon vielen Seiten

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10 1I. t{ion ka,

angenommen, dass sie einzig und allein dureh ihre antineuralgisehen und schmerzstillenden Eigensehaften bei der Gicht Besserung sehafften. - - Die V erbindungen der Chinasiiure wurden vet einigen Jahren yon Weiss 1) eingefiihrt auf Grund folgender Annahme: Die Chinasiiure wird, wie man l'/ings~ weiss, im 0rganismus in BenzoiSs~iure iibergefiihrt. Diese so ent- standene Benzoi~,siiure sollte, indem sic in Hippursi~ure fibergeht, das (}lykokoll seiner Verwendung zur synthetisehen Harnsgurebildung ent- ziehen. - - Mit dieser Annahme w'~re also auch eine Erkliirung for die Wirkung der Benzo~sii.ure gegeben, welehe yon den alten, namentlMl franz/Ssischen Aerzten vielfaeh gegen Gieht verwandt wurde.

Die Hippursgurebildung ist iibrigens, worauf Minkowski 2) auf- merksam maeht 7 schon friiher mit der Bildung dot Harnsgure in Be- ziehung gebraeht worden. So beobaehtete Leeoreh6 a) naeh Darreichung yon Natrium benzoicum mehrmals eine Verminderung der ausgesehiedenen Harns~ture.

Diesen Befund kann ieh jedoeh naeh meinen Versuehen nieht be- sti~tigen. Ieh sah bei Hunden, denen ieh benzoi;sam'es Natron gal), regehnassig eine geringe Steigerung der Harnsitureausseheidung'. Ieh fiihrte diese auf die dureh Benzo¢;siLure hervorgerufene Leukoeytose zuriick.

Aueh durch die zahlreiehen, in den letzten Jahren publieirten St, off- weehseluntersuehungen am ~XIensehen, hat sieh diese Vermuthung yon Weiss nieht bestiitigen lassen. Wir miissen daher fiir die kliniseher- seits vielfaeh festgestellte giinstige 13eeinflussung der Gicht dutch China- siiureverbindungen naeh einer anderen Erklii.rung suehen.

Dt~ die Chinasiiure im K~rper schon im Darm in Benzo(;siiure iiberfahrt wird, liegt es nahe, die resorptiven Wirkungen der Chinasiiure mit denen der Benzoi:siture zu identifieiren.

Von der Benzoi~sgure wird yon jeher sehon behauptet, dass sic e×quisit gallentreibend wirke. Der Salie, ylsiiure komm~ dieselbe Wirkung zu, wie ieh einmal am Mensehen zu beobaehten Gelegenheit hatte. Ein Patient mit einer Gallenfistel entleerte naeh einer therapeutisehen Dar- reiehung yon 6 g Salol, in Dosen yon 1,0 g alle 4 Stunden, innerhalb 24 Stunden 1809 g Galle, in welehen Salieylsiture deutlich nachweisb~,r war. Wit haben also far die Benzo(}si/ure bezw. Chinasgure und die Salieyls/iure die gleiehe gallentreibende Wirkung anzunehmen.

Da diese Thatsaehe mir indessen nach den wenigen vorliegenden klinisehen Angaben und vereinzelten experimentellen L'ntersuehungen durehaus nieht einwandfrei fcstgestellt zu sein schien, so besehloss ieh diese gallentreibende Wirkung der gemmnten Mittel noehmals im Thief versuo, h zu priifen. Die gleiehe Untersuehung sollte aueh mit dem als Giehtmittel liingst erprobten Colehiein angestellt werden, yon dem es mir mit Rfieksieht auf seine exquisiten Wirkungen auf den Darin und

1) J. W ei s s, Beitriige zur Erforsch ung der Bedingungen der l{arnsiiurebildung. Zeitschr. f. physiol. Chemie. 1898. Bd. 25. S. 393 u. 1899. Bd. 27. S. 216.

2) O. Minkowski , Die Gicht. Wien 1903. 3) Lecorch6 (citirt nach Minkowski), Trait6 de lagoutte. Paris 1884.

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naeh Analogie anderer Alkaloi:dwirkungen auf die Drfisensecretionen sehr leieht mSglieh sehien, dass ibm eine gleiehe gallentreibende Wirkung zuk'ame.

Zuni~ehst versuohte ieh die Untersuehnngen an Kanineben auszu- fahren. Zu diesem Zweek wurde an einem Kaninchen in tiet'er Paral- dehydnarkose die Bauehhi)hle dureh einen Schnitt reehts yon der Median- linie in der HShe des unteren Leberrandes erSffnet, dann das Duodenum vorgezogen, die Einmiindung des Duetus eholedoehus aufgesucht, dieser doppelt unterbunden und durehsehnitten. Naeh Reponirung der Darme wurde die Spitze der Gallenblase eri)ffnet~ eine Glascaniile mit erweitertem Ansatz eingebunden und dieser dazu beniitzte Faden in der Bauehwunde fixirt. Alsdann wurde die Bauehwunde wieder sorgfgltig gesehlossen und das Thier mit dem Bauehe naeh unten in ein aus breiten Biindern ge- bildetes Gestell geh'Sngt und darin fixirt, sodass die Galle aus der naeh unten h~ngenden Caniile fret abfliessen konnte. Sic wurde in einem darunter gestellten Messeylinder aufgefangen und die ausgeflossene Menge wurde halbstiindlieh abgelesen.

Indessen maehte ieh dieselbe Erfahrung, wie friiher sehon Stadel - mann1), dass sieh derartige Versuehe mit Gallenfisteln einwandsfrei an Kaninehen nieht durehfiihren lassen. Einmal sind diese Thiere zu em- piindlieh gegeniiber dem Eingriff der Operation Sie gingen regelmiissig naeh wenigen Tagen, manehmal sehon naeh 12 Stunden ein. Man h~tfe also, um die Messung der Gallenproduetion auf mehrere Stunden aus- dehnen zu kSnnen, unmittelbar naeh tier Operation damit beginnen miissen. Doeh hatte man alsdann noeh mit dem eventuellen Einfluss des dargereiehten Nareotieums zu reehnen: da sieh das Thier noeh im Zustande tiefster Narkose befand. Wartete man aber eine Zeitlang, um das Thier sieh yon dem Shock der Operation und t~on der Narkose er- holen zu lassen, so war es miSglieh, dass bereits die in Folge der Operation entstandene peritonitische geizung derartige Grade erreicht hatte, dass ein normales Functioniren der Bauchorgane, also auch dcr qallcnsecretion nicht mehr sieher anzunehmen war.

Die wenigen rudiment/iren, noch einigerlnaassen brauchbaren Unter- suehungen an Kaninchen zeigten abet deutlich eine Vennehrung der Crallensecretion nach subeutaner oder intravcniiser Injection ton Natrium salicylicum. (Wirksame Dosis: etwa 0,3 g subcutan pro kg Thief.)

Ich sehritt deshalb bald zu Untersuchungen an IIunden. An drei Itunden wurden permanente Gallenfisteln angelegt. Die

Operation war die bekann~e: In tiefer Morphin-Seopolamin @ Aether- narkose wurde die Bauehh6hle durch einen Sehnitt in der Medianlinie oder etwas rechts davon eri)ffnet, das Duodenum hervorgezogen, tier Duetus eholedochus doppelt unterbunden und durchsehnitten. Alsdann naeh tleposition der Darmschlingen die Leber nach oben geklappt und die Spitze der Gallenblase mit einer Tabaksbeutelnaht umstoehen. Reehts

1) E. S t a d e l m a n n , Das Toluylendiamin und seine Wirkungsweise auf den Thierkiirper. Beitrag zur Lehre veto Ikterus. Archly I'. experiment. Pathologie u. Pharmal¢ologie. Bd. 14. S. 231 u. 422.

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und links davon wurden zwei Fixationsnghte gelegt und nun die Gallen- blase unter langsamem Zug in die Bauehwunde hineingezogen und an den Wundr~indern festgen~iht. Alsdann wurde die BanchhOhle gesehlossen und nur die Kuppe der Gallenblase fret herausragen gelassen. Dann wurde entweder sofort oder erst nach mehreren Tagen in wiederholter Narkose die Gallenblase er6ffnet und zuniiehst einc provisorische Gla.s- eaniile in dis Oeffnung geklemmt bezw. dutch Zuziehen der vorher ge- legten Tabaksbeutelnaht fixirt. - - Da bet der Opera~jon stets m6gliehst aseptisch verfahren wurde, so erlebten wit aueh keine ernsteren Er- seheinungen einer peritonitisehen Reizung. Aueh die ~tussere Wunde heilte stets ziemlieh glatt, obwohl die tIunde kaum 2 Tage hmg den urspriinglieh gelegten Verband vertrugen. Sehr zweekmiissig erwies as sieh far den ¥erlauf der Wundheitung, dass die Hunde noeh den ganzen ersten Tag naeh tier Operation unter dem andauernden Einfluss der 5{orphin-Seopolaminnarkose stamen und daher ruhig lagen. Spiiter konnte man, wie dis Erfahrung lehrte, ruhig auf einen Verband ver- ziehten und die Hunde an der in Heilung begriffenen Wunde leeken lassen. Eine Infection fand hierdurch anseheinend nMlt start; das Peritoneum war ja inzwisehen schon dureh Granulationen gesehlossen. k ueh das Einheilen der Gallenblasenmiindung in die Balchdeekenwunde verlief stets sehnell und glatt.

Zuerst versuehten wir ein Zuheilen der Gallenfistel dadureh zu ver- hindern~ class wir eine mit einem olivenfOrmigen Kngpfchen versehene Metalleantile dauernd in der Oeffnung zu fixiren uns bemiihten. Jedoeh gaben wir diesen Versueh alsbald auf und sorgten nut durch ein regel- miissig jeden zweiten Tag" vorgenommenes Sondiren der Fistel, was sich die Hunde jederzeit ohne Fesselung gern gefallen liessen: far ein Often- bleiben der P i s t e l . - Auf diese Weiss war es den Hunden auch mOglieh~ die aus der Fistel fliessende Galle aufzuleeken, was ja fiir den normalen Verlauf ihrer Verdauungsth'atigkeit yon Wiehtigkeit war.

8 sp/itestens 14 Tage naeh der Operation waren die Hunde wieder anscheinend ganz normal und konnten zu den Versuehen benutzt werden. Sic sind z. Th. sehon fiber 2 aahre in Gebraueh.

Zur Messung der Gallenproduetion wurde das betreffende Thier in ether Segeltuchmatte aufgeMngt~ welehe 40effnungen zum Durehstecken der Beine und eine kleine Oeffnung zum Durehffihren der Fisteleaniile besass. In dieser Matte blieben die Thiere stets 10 Stunden hinterein- ander Mngen. Das erste Mal war ihnen ja diese Stellung etwas unbe- quem, und sie versuehten herauszukommen. Jedoeh sehr sehnell ge- w~hnten sie sieh daran und verbraehten sehliesslieh den grgssten Theil des Tages in der Matte mit zur Seite gelegtem Kopfe sehlafend. Nab- rung oder Wasser wurde trotz wiederholten Anerbietens yon den tIunden in dieser Lage nicht angenommen, ebenso wurde w'~hrend der ganzen Zeit weder ttarn noeh Koth gelassen. - - Das Auffangen der abfliessen- den Oalle gesehah dutch eine 5 em lange Metalleaniile~ welehe mit ihrem knopff6rmigen Ende in die Fistel eingefiihrt wurde. Fixirt wurde sie durch ein dar~ibergezogenes kurzes Stiick Gummisehlaueh. Um ein Hin- eingleiten in die Gallenblase zu verhindern, trug die Caniile an ihrem

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itusseren Ende eine ca. 2 em im Durehmesser messende kreisrunde Me- tallscheibe, welche in einem aussen in die Cantile eingeschnittenem Schraubgewinde beweglich war und je naeh Bedarf hin- und herge- schoben werden konnte. Unter die Ausfluss6ffnung der Can~ile wurde an einem Stativ ein Messcylinder mit triehterf6rmig erweiterter Oeffnung befestigt. Die Ablesung der ausgettossenen Gallenmenge erfolgte st~md- lich, in spiiteren Versuchen halbstiindlich.

Es zeigten sich bald Schwierigkeiten, sehon bei der Feststellung dcr Gr6sse der normalen Gallenfunction. Schon S t ade lmann 1) hat ja darauf hingewiesen, wie grosse Schwankungen in der Gallensecretion bei einem und demselben Individuum vorkommen k6nnen. Das ist ja auch tier Grund, weshalb so wenige einwandsfreie pharmakologische Unter- sucbung iiber die gallentreibende Wirkung yon Mitteln vorliegen.

Nach sehr zahlreichen Versuehen konnten wir tiber die Schwan- kungen der normalen Gallensecretion Folgendes feststellen: Bei ein und demselben Thier wechseln ungleich lange Perioden gesteigerter und ver- minderter Gallensecretion mit einander ab, wofiir sich weder in den Le- bensbedingungen noch in der Art der Ftitterung irgendwelche Erkl/irungen tinden lassen. Diese Schwankungen sind jedoeh keine pliStzlicben, son- dern sic verlaufcn ganz alhniilig. - - Hingegen kSnnen ganz plStzliche Schwankungen in der Gallensecretion auftreten unter dem Einflusse der Nahrung. Hierbei spielt sowohl die Art der Nahrung als die 31enge und Zeiteintheilung der Mahlzeiten eine Rolle.

Will man also Untersuchungen anstellen tiber irgend welche Beein- flussung dec Gallenseeretion~ so diirfen zur Controlle nieht Zahlen heran- gezogen werden, welehe bei demselben Thier, aber zu anderen Zeiten oder unter a.nderen Pfitterungsverh/iltnissen als Normalzahlen gewonnen wurden. Es ist n6thig jedesmal unter genau denselben Bedingungen einen oder mehrere Controllversuehe m6gliehst unmittelbar dem be- treffenden Versuehe mit Einverleibung des zu untersuehenden Arznei- mittels vorauszusehieken.

Ferner ist es nothwendig sowohl zur Vergleiehung der Zahlen eines soleben Versuehes mit denen der dazugeh6rigen Controllversucbe a,ls a, ueh mit den Zahlen eines mit einem anderen Arzneimittei angestellten Versuehes stets genau dieselbe Art der Fiitterung innezuhalten.

Daraus ergaben sieh fiir unsere Versuehe yon selbst die Bedin- gungen. Da es sieh zeigte, dass die ttunde, wenn sie 2 Tage hinter- einander in der Matte gehangen hatten, doeh etwas angegriffen waren, so wurden Versuehe an demselben Thier stets nur jeden zweiten oder dritten Tag vorgenommen. Dadurch, dass die Hunde w/ihrend des Hgn- gens in der 3Iatt;e keinerlei Nahrung zu sieh nahmen und auch keine Exeremente entleerten, war es leieht~ ffir alle Versuehe ganz gleiehe Be- dingungen zu sehaffen. Naeh einem Hungertage erhielten die Hunde, welehe alle zwisehen 10 und 12 kg wogen~ am Abend vor der Ver- suehe 200 bezw. 300 g Fleiseh und etwa 50 g Brot. Diese iiberwiegende Fleisebnahrung erwies sieh als n6thig, well ohne Fleiseh die G-allen-

1) E. Stadolmann, 1. c.

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14 f~'. K louisa,

secretion so niedrig ist, dass nicht sehr erhebliche Ausschl/ige in der Ausscheidungscurve nieht zu erkennen s i n d . - Am Morgen des Ver- suchstages bekamen die Thiere nut Wasser zu saufen und dann erhielten sic erst A bends: nachdem sic aus der Matt, e genommen waren, wieder tin reichliches gemischtes Futter.

Beim Innehaiten dieser Art der Fiitterung ergaben sich ziemlich regelm~ssig erkennbar am Tage 2 P erie d en vermehrter Gallensecretion. Die Normalcurven wiesen deshalb eine Erh6hung in den sp/tten Vor- mi~tagss~unden nnd eine zweite etwas niedrigerc WelIe in den sp~ten Nachmittagsstunden auf. Mit Biieksicht darauf wurde das zu pr(ifende Mit~el gew(ihnlieh auf der Hiihe oder bei beginnendem Abstieg der ersten Welle gegeben. Es musste sich so am deutlichsten eine eventuellc gallentreibende Wirkung zeigen.

Abgesehen yon den sehr zahlreichen unzweckm/tssig angestellten und den zum Ausprobiren der normalen Secretionsverh/tl~nisse dienenden Versuche verfiigen wir jetzt iiber etwa 60 brauchbare Curven, yon denen nur einige beiMgend wiedergegeben werden sollen.

Es sind stets den unter dem Einfluss einer Substanz erzielten Curven ~ms derselben Zeit stammende Normaleurven beigegeben, was ja naeh dem oben Gesagten n6thig ist. Nut die in derselben Gruppe aufge- fiihrte Normaleurve darf also mit den anderen C.urven aus dieser Gruppe vergliehen werden. Die in einer Gruppe vereinigten Curven entstammen immer Versuehen an ein und demselben Thief.

Wit gehen nun zur Besprechung der einzelnen Befunde an der Hand tier beigeg'ebenen Cnrven (Taf. I) fiber.

Die Carven I, II und III geh6ren zusammen. Eine Vergleichung yon I und IX zeigt deutlich den Unterschied ver-

sehiedener Kost bei ein und demselben Thief. Curve I wurde g'ewonnen, naehdem der HuM am Abend vorher fast garnieht gcfressen hattc. Curve II ist wenige Tage sp/iter aufgenommen, naehdem das Thier am Abeud vorher die oben angegebene fleisehreiehe Kost genossen hatte. Man sieht den bei Weitem h6heren Verlauf tier zweiten Curve gegeniiber dem der ersten.

Curve II[, welche wenige T~ge darauf gewonnen wurde~ zeigt im Vergleieh zu der vorhergehenden ein erhebliches Ansteigen tier Secretion in den Naehmittagsstunden. Der t-lurid hatte Vormittag 5,0 g Na t r ium benzoicum erhalten.

Die Curven IV, V und VI zeigen den Einfluss der Sa l iey ls~ure . Curve IV ist die Normaleurve (es wurde nut stiindlich abgelesen). Bei Curve V und VI sieht man deutlich die gallentreibende Wirkung der Sali- cylsiiure. Bei Curve V ist 1,0 g Natron salieylieum in 5 ecru Wasser gel6st bereits frah subcutan gegeben worden: daher der Anst;eg in der Mitte der Curve. Bei Curve ¥1 sieht man den Anstieg erst am Nach- mittag; die Salieylgabe wurde erst Mittags verabfolgt.

Bei diesen beiden Versuehen wurde bei jedesmaliger Ablesung die in der letzten halbert Stunde entleerte Galle qualitativ auf die Anwesen- heit yon Salieyls/ture gepriift. Soweit diese Proben positiv ausfielen, sind die betreffenden Ablesungen auf den Curven dureh ein @ bezeiehnet.

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Die gallentreibcnde Wirkung der ,Giehtmittel a. 15

Man sieht daraus, (lass die Salieylsiiure 2--21/2 Stunden nach dem Ein- geben in der Galle naehweisbar wird und sieh dann dureh 2 bezw. 21/2 Stunden darin naehweisen litsst.

Somit war die alte Angabe, dass Benzoes i iure und Sa l i ey l - siiure gallentreibend wirken, aueh dureh diese Versuehe voilkommen best'iitigt~. Aueh die yon mir, wie oben erw/thnt~ beim Menschen ['est- gestellte Ausseheiduug der Salicylsi~ure mit tier Galle tindGt aueh beim Hunde ebenso wie beim Kaninchen (s. o.) statt.

Analog angcstellte Versuehe mit chinasaureln Natron ergaben da- gegen vollkommen negative Resultate. Es liess sieh bet nnseren Hunden keinerlei Einfluss der Chinas/ ture auf die Gallensecretion nachweisen. Dieses gesultat war aueh yon vornherein zu erwarten~ da ja naeh den Untersuchungen yon E. S t a d e l m a n n 1) beim Hunde die Umwandhmg der Chinas/iure in Benzoesiiure nieht sta~tiindet. Hingegen miissen wit far den Mensehen, bet welchem ein "grosset Theil der eingefiihrten Chinas/ture in Benzoes/iure umgewandelt wird, aueh naeh der Darreichung yon Chinas/iurepri/paraten eine Steigerung der Gallenseeretion erwarten.

Unsere n/~ehste Aufgabe war es, an unseren Hnnden das Colehic in auf eine eventuelle gallentreibGnde Wirkung zu priifen.

Die Resultate dieser Versuchsreihe sind in den Cnrven VII, VIII, IX, X und XI wiedergegeben. Da wit aus iiusseren Grfinden zun'/iehst das CO/ehiein wiihrend eines ]lungertages, d. 1~. ohne dass am Abend vorher das fibliehe oben mitgetheilte Futter gereieht wurde, prfiften, so wurde aueh die Controlleurve VII an einem solehen Hungertage aufgenommen. Der Einiluss, den unter solehen Verhiiltnissen die gereiehten 3 mg Col- ehicin auf die Gallenseeretion ausiibten, war, wie Curve VIII zeigt, sehr gering, gr ist abet in Curve IX deuflieb, wo diesem Thiere dureb Fiitterung am vorhergehenden Abend genfigend Material zur Gallenbil- dung geboten wurde und wit mit der Colehieingabe auf 5 mg stiegen. Die Curven X und XI zeigen gleiehfalls den gallentreibenden Einfluss yon 5 mg Colchicin beim gefiitterten Thief.

Wir b'gtten sigher noch st/i.rkere Ausschl/ige erhalten, wenn wir, mit tier Dosis des Colchicins noch h6her gegangen w/tren. Doch wollten wir nieht unsere Gallcnfistelhunde dabei aufs Spiel setzen. Schon naeh 5 mg traten regelmgssig Vergiftungserscheinungen auf, die in Mattigkeit, Er- brcchen und Durehf'allen in der darauffolgenden Naeht und am nitchsten Tage bestanden.

Interessant ist es, dass die Colehicincurven im Gegensatz zu den Curven nach BGnzoGsi/ure- und Salieyls~uredarreichung eine deutliche Einwirkung auf die Gallenseeretion night sofort, sondern erst 2--3 Stun- den naeh der Injection erkennen lassen. Es stimmt dies vollkommen mit dem, was naeh den Untersucbungen yon Jaeob:i 2) fiber das Sebick- sal des Colehieins im Organismus des Warmbliiters festgestellt worden

1) C. S t a d e l m a n n , Ueber die Umwandlung der Cbinasf=ure in Hippurs~uro im Organismus der S~ugethiere. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. X. S. 317.

2) Jacobj~ Pharmakologisehe Untersuehungcn fiber das Colcbicumgift. Arch. f. exper. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 27.

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16 tl. Kio~lka,

ist. Danach ist das Colehiein nieht als solches wirksam, sondern crst nach seiner Umwandlung in Oxydieolehiein. Diese Umwandlung geht aber erst na& einiger Zeit vor sieh, weshalb die Vcrgiftungsersehcinungen aueh nicht unmittelbar nach tier Eingabc des Colehieins, sondern erst sp/iter einsetzen. Die Steigerung der Gallenseeretion verh/tlt sieh, wie wit sehen, ebenso.

Es wurden auch noch einige Versuche mit g l y k o e h o l s a u r e m Na t ron angestellt, die ebenfa!ls eine geringe gallentreibendc Wirkung dieses PrLtparates erkennen liessen. Dass (tie Gallenstiuren eholagog wirken, ist ja sehon liingst bekannt.

Ganz nega t iv fielen abet versehiedene Versuehe mit H a r n s t o f f aus 7 weleher thetis subcutan~ theils innerlieh gereieht wurde. Ebcnso- wenig konnte eine gallentreibende Wirkung naeh subeutaner oder inner- lieher Darreiehung yon Glykoko l l festgestellt werden.

Fassen wit die in diesen "Versuehsreihen erhaltenen Resultate zu- sammen, so sehen wit, dass thats/Lchlich den als specifischeGichtmittel ver- wandten Substanzen: der Benzoes~ure bezw. Chinasii.ure, der Sal ieyl - s/iure und dem Colehiein iibereinstimmend eholagoge Wi rkungen zukommen. Es liegt nahe diese Befunde in Beziehung zu setzen zu der kliniseh erprobten heilkr'/tftigen Wirkung dieser Pr'3parate bet der Gieht. Es wird dies noeh wahrseheinlicher, wenn man beriieksiehtigt, dass ja aueh Abf~ihrkuren yon jeher als besonders giinstig bet der G ieht be- funden werden. Jede Abffihrwirkung geht abet mit einer verst~trkten Gallenseeretion einher. Vielleieht ist es die letztere, seeund/ire Wirkung, weleher die Abfiihrmittel ihre Empfehhmg bet der Gieht verdanken. Aueh yon Colehicin wird ja. (ibereinstimmend von den Aerzten a.nge- geben, dasses erst in den Dosen bet der Gieht wirkte, (lie bereits Ab- fahrung hervorriGfen.

So k6nnte man also aueh (tie Wirkung der Abf i ihrmi t ic l bet der Gicht yon demselben GesiGhtspunkte aus betraehtcn wie die der ()ben genannten eigentliehen Giehtmittel. Und aueh fiir die giehtwidrige Wir- kung der versehiedenen ab f i ihrenden Mineralwi isser kOnnte auf diesem Wcge eine Erkl/irung versucht werden.

Vielleieht liisst sich in analoger Weise aueh eine Bereehtigung ab- leiten fiir dig neuerdings yon Fa lkens te in*) vorgesehlagene Behandlung der Gieht mittels Salzsiiure. Er giebt sehr grosse Dosen~ his zu 200 Tropfen tiiglieh, und Minkowski ~) meint, dass diese Therapie sigh wohl in solehen FLtllen niitzlieh erweisen mSge, in denen thatsblehlieh Salzsiiuremangel im Magen besteht, was abet durehaus nieht immer der P~I1 set. Vor einigen Jahren hat abet W e r t h e i m e r s) gezeigg, dass i.~Iinerals/i.uren: direct ins Duodenum injieirt, exquisit gallentreibend wirken.

1) Falkenstein~ Ueber das Wesen der Gicht und ihre Behandlung. Berl. klin. Wochenschr. 1904. S. 57.

2) O. Minkowski: Die Behandlung der Gicht. Deutsche reed. Wochenschr. 1905. S. 409.

3) M. E. Wertheimer: De Paction des acides et du chloral sur la s6cr6tion biliaire. Soc. Biol. 55:287 (6. [II. 03).

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Glykokoll und Itarnstoff in ihren Beziehungen zur Harnsiiure. 17

Es ist also auch bei der yon F a l k e n s t e i n vorgeschriebenen Therapie die Erzielung einer cholagogen Wirkung anzunehmen.

Schliesslich mSge noch darauf hingewiesen werden, dass von den N a h r u n g s m i t t e l n vor Allem dem Ple i sch cholagoge Wirkungen zu- kommen. Von manchen Klinikern wird behauptet, dass im Gegensatz zu den in der vorstehenden Arbeit niedergelegten Ansehauungen Fleisch- kost Gichtikern recht gut bek/ime. Vielleicht is+ an dieser Empfehlung die gallentreibende Wirkung des Fleisehes sehuld.

Jedenfalls werden, wie wir gesehen haben, durch fast alle tier ge- br/~uehliehen Oiehtmittel Vorgiinge erregt, die sieh in der Leber ab- spielen. Wie wir in der vorstehenden und in friiheren Arbeiten darzu- legen versueht haben, fiihren andere Ueberlegunge+ zu der Vermuthung; dass die Erscheinungen der Gicht vor Allcm ihre Ursache in VoN~ngen in der Leber haben. Es liegt nahe, diese Dinge mit einander in Ver- bindung zu bringen. Indessen ist dazu nothwendig festzustellen+ ob wir es bei der gallentreibenden Wirkung der untersuchten Mittel wirklich mit einer Beeinflussung der Gallenbildung zu tbun haben oder ob cs sieb nicht nut um eine Vermehrung des Wasser- und Sa]zgehaltes der Galle unter dem Einfluss dieser Mittel handelt. Friihere Untersuehungen: namentlieh yon Mande l s t amml) , ma.ehen diese Annahme sehr wahr- seheinlieh. Es war daher unsere Aufgabe durch quantitative Unter- suchungen der unter dem Einfluss dieser Mittei entleerten Galle hieriiber Rlarheit zu sehaffen. Herr Dr. F r e y , welcher diese Untersuchungen angestellt hat~ wird im Folgcnden iiber den Ausfall derselben berichten.

.

(ilykokoll und Harnstoff in ihren Beziehungen zur Harnsiiure. Eine Theorie der Oicht.

V o n

H. Kionka.

Wie die vorstehcnden Untersuchungen zcigen, spricht Vieles dafiir, dass es sich bei der Gicht um FunctionsstSrungen handelt~ welchc ihrcn Sitz vornehmlich in der Lebcr und woM auch in den Nieren haben. Es ist ferncr wahrscheinlich, dass eine derartige angenommenc Functions- stSrung Beziehungen haben miisstc zur Harns~ure. Zeigt diese ja gerade beim Gichtikcr ein bedeutend anderes Verhalten als in der Norm.

Schon immer isL n+ch Stoffen gesucht worden, (lie im Orga,nismus Harns/i~ure binden und dabei leicht 15stiche und deshalb leicht ausscheid-

1) C. Mandelstamm, Ueber den Einflnss einiger Arzneimittel aufSecretion und Zusammensetzung der Galle. Inaug.-Disscrt. Dorpat. 1890.

Zeitschrift f. exp. Pathologic u. Therapie. 2. Bd.