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2fi3 Beitrag zur vergleichenden Anatomic und Physiologie des tterzens. Von Job. Dogiel. Hierzu Tafel XII und XIII und 3 Textfiguren. Trotz aller Schwierigkeiten, welche bei der Erforschung des Baues und der Function des Herzens zu tiberwinden sind, beschifftigen sieh doch hin und wieder reeht Viele mit der Herbei- schaffung des nSthigen Materials zu einem vollendeten und soli- den, wenn auch in weiter Zukunft zu Stande kommenden Bau~ der uns tiber das Wesen der Lebensiiusserungen des menseh- lichen Herzens Aufschluss zu ertheilen vermag. Ueberzeugt, dass hierbei jeder neue~ zuverliissige, wenn aueh noeh so winziger Baustein nicht unbeaehtet bleiben kann, liefere ieh den sieh fiir diese Frage Interessirenden die vorliegende kurze Notiz als Ma- terial zu dem oben erwiihnten Bau, wenn auch dieses Material noch so gering sein mSge. Noch gegenwitrtig wtinschen einige Physiologen sich yon der Riehtigkeit der yon A. Huller 1) stammenden Behauptung, dass die durch das Blut stimmulirte Herzmuskulatur ohne Be- theiligung des Nervensystems rhythmische Contractionen auszu- ftihren vermag, zu tiberzeugen. Scheinbare Untersttitzung findet dieser beharrliehe Wunseh einiger Untersueher in folg'enden ana- tomischen und physiologisehen Erseheinungen. Der Bau der Herzmuskulatur erscheint, wenigstens bei h0heren Thieren und beim Menschen, um Einiges eomplicirter als soleher der Skelett- muskulatur. Einige Gifte verhalten sich in ihrer Wirkung auf die Herzmuskulatur anders als auf die Muskeln anderer 0rgane. Bis in die Gegenwart leistet man der Meinung" Vorsehub, dass es Thiere gebe, deren Herzen weder Nervenzellen noch Nerveu enthielten~ wahrend solehe Herzeu sich doch rhythmisch contra- 1) Elementa Physiologiae. 1754. Archiv f, mikrosk, Anat. Bd. 48 15

Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Physiologie des Herzens

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Beitrag zur vergleichenden Anatomic und Physiologie des tterzens.

Von

Job. Dogie l .

Hierzu Tafel XII und XIII und 3 Textfiguren.

Trotz aller Schwierigkeiten, welche bei der Erforschung des Baues und der Function des Herzens zu tiberwinden sind, beschifftigen sieh doch hin und wieder reeht Viele mit der Herbei- schaffung des nSthigen Materials zu einem vollendeten und soli- den, wenn auch in weiter Zukunft zu Stande kommenden Bau~ der uns tiber das Wesen der Lebensiiusserungen des menseh- lichen Herzens Aufschluss zu ertheilen vermag. Ueberzeugt, dass hierbei jeder neue~ zuverliissige, wenn aueh noeh so winziger Baustein nicht unbeaehtet bleiben kann, liefere ieh den sieh fiir diese Frage Interessirenden die vorliegende kurze Notiz als Ma- terial zu dem oben erwiihnten Bau, wenn auch dieses Material noch so gering sein mSge.

Noch gegenwitrtig wtinschen einige Physiologen sich yon der Riehtigkeit der yon A. Hul ler 1) stammenden Behauptung, dass die durch das Blut stimmulirte Herzmuskulatur ohne Be- theiligung des Nervensystems rhythmische Contractionen auszu- ftihren vermag, zu tiberzeugen. Scheinbare Untersttitzung findet dieser beharrliehe Wunseh einiger Untersueher in folg'enden ana- tomischen und physiologisehen Erseheinungen. Der Bau der Herzmuskulatur erscheint, wenigstens bei h0heren Thieren und beim Menschen, um Einiges eomplicirter als soleher der Skelett- muskulatur. Einige Gifte verhalten sich in ihrer Wirkung auf die Herzmuskulatur anders als auf die Muskeln anderer 0rgane. Bis in die Gegenwart leistet man der Meinung" Vorsehub, dass es Thiere gebe, deren Herzen weder Nervenzellen noch Nerveu enthielten~ wahrend solehe Herzeu sich doch rhythmisch contra-

1) Elementa Physiologiae. 1754. A r c h i v f, m i k r o s k , A n a t . Bd . 48 15

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birten; ebensolche Contractionen ftihre die abgescbnittene Spitze des Froschherzens unter gcwisscn Bedingungen aus. Es wird die Thatsache hervorgehoben, dass das embryonale Herz, in wel- them noch keine Nervenelemente zu unterscheiden sind, sich auch rhythmisch zu contrahiren vermag.

In letzterer Zeit bestreiten L. Kreh l und E. R o m b e r g 1) aus cntwicklungsgeschichtlichen Griinden und sich auf ihre Ver- suche am Kaninchcnhcrzcn basirend~ die Bethciligung der Nerven- ganglien an den automatischen Herzbcweguugen und der Regu- lirung der Herzthiitigkcit: ~Nach ihrer Entwicklungsgeschichte schienen sie weder automatische Centren der Herzbewegung, noch Vermittelungsorgane der Vagus- oder Acceleranswirkung zu sein. ~'

Allcin die soeben angeftihrten Data sind entwedcr nur theil- weise richtig~ oder abet zweifelhaft, also sorgfi~ltiger Controle be- dlirftig, oder sic sind endlich ganz falsch. Wie in der Mathematik ist in den Naturwissenschaften das endgiltige Resultat dcr zu 10senden Aufgabe in dem Maasse richtig odor falsch~ in welchcm die zum Auffinden des Unbckanntcn gcgebenen Griissen richtig oder falsch wat'en. Eine Antwort erhi~lt man wohl in bciden Fallen, dieselbe ist jedoch nur im ersteren Falle wahl'; im Ietz- tcren Falle abel" wird trotz des sorgfaltigstcn und rcgelrechten Gan~'es dcr Liisung tin falschcs Rcsultat crzielt. Gcnau ebcnso mfissen die zur Erlau~ung cincr endgiltigen, wahrhcitsgemiissen Antwort in Bezug auf dic yon A. Hal le r vertretenen Theoric dcr Herzbewegung'en herbeigezogenen Daten auf genauen anato- mischen und physiologischen Thatsachen, gleichviel ob diesclben vom Autor selbst oder aus den Arbeiten andercr stammen, ge- grtindet sein. Widrigenfalls kiinncn die crlangtcn Resultate, so zahlrcich die Versuchc und so sorgfaltig ihre Ausftihrung sein m(igc, nicht auf Genauigkcit Anspruch machen und die Wissen- schaft bereichern.

Solche Resultatc naheru uns nicht der Wahrhcit, soudern, ganz im Gegenthci]~ cntibrnen uns yon ihr und hcmmcn die Ent- wicklung des wissenschaftlichen Wissens. So et'schcinen mir

1) Ueber die Bedeutunff des Herzmuskels und der Herzg'ang'lien fiir die Herzth~ttigkeit des S~ug'ethiers. Archiv f. experim, Pathol. u. Pharmakolog'ie. Bd. 30, p. 49.

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aueh die yon K r e h l und R o m b e r g erhaltenen Resultate, in Bezug auf die Bedeutung der Muskulatur und der Ganglien des Herzens far dig Th~tigkeit des letzteren, mehr als zweifelhaft, weil sie yon solchen anatomischen Daten ausgehen, welche nicht allein unrichtig sind, sondern auch schon lange yore wissensehaft- lichen Standpunkte aus jedes Interesse vefloren haben. K r e h l und R o m b e r g behaupten (p. 62), dass die Herzspitze des Fro- sehes weder Ganglien noeh Nerven enthalte (,Froschherzspitze bekanntlieh nieht nur Ganglien, sondern auch nervenfrei sein soll"). Nun ist es abet bekannt, dass in der oberen und unteren Hohlvene, im Venensinus, in den VorhSfen, auf der Vorhofseheide- wand, im Ventrikel, in der Ventrikelspitze und im Bulbus aortae des Frosehherzeng eine solche Menge yon Nerven enthalten sind, dass es schwer wird zu sagen, ob mehr Muskelelemente oder mehr Nerven an der Zusammensetzung des Herzens tiberhaupt und der Herzspitze insbesondere sich betheiligenl).

Beztlglieh der Vertheilung der Ganglien im Herzen des Frosches und der Siiugethiere sind K r e h l und Romberg , wie es scheint, die Untersuchungen yon Joh. Dogie l 2) und A. K a s e m - B e c k s) tmbekannt geblieben. Joh. D o g i e l hat Grup- pen yon Ncrvenzellen im oberen Drittel des Ventrikels, unterhalb der Atrioventrikularklappen, und einzelne Nervenzellen unterhalb des oberen Drittels des Ventrikcls beschrieben (vergl. Fig'. 4 u. 5 des cit. Jom~als). A. K a s e m - B e e k hat im Laboratorium yon Joh. Dog'iel das Herz yore Schaf, Kalb, Hunde, Ferkel, yon der Ente, Truthenne und vom Huhn untersucht und langs des Suleus longitudinalis anterior beim Schafherzen Ganglien in einer Entfernung yon 25 mm yon der Ventrikelbasis und einzelne Nervenzellen in einer Entfernung yon 35 mm gefunden. In der hinteren L~tngsfurche traf cr Gruppcn yon Nervenzellen in einer Entfernung yon 20--25 mm yon der Ventrikelbasis und einzelne Nervenzellen auf dem linken Ventrikel den Nerven entlang (10ram

1) J. Dogiel und Tjumianzew, Zur Lehre fiber das Nerven- system des Hcrzens. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 36.

2) J. Dog'iel, Die Nervenzellen des Herzventrikels beim Frosche. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 21.

3) A. Kasem-Beck, Ueber das Vorkommen yon Gang'lien und einzelnen Nervenzellen auf Herzventrikeln des Menschen, der S~iuge thiere und der VSgel. Centralbl. f. reed. Wiss. 1887, No. 42.

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wcit yon der hinteren Litngsfurche) in einer Entfcrnung yon 50mm yon der Ventrikelbasis. Die Litnge des zur Untersuchung die- nenden Schafherzens~ yon der Basis his zur Spitze, betrug" 75ram. Ausserdem fand K a s e m - B c c k auf dem Hcrzventrikel yore Kalbe~ ttunde und Ferkel Gruppen yon Nervenzellen in betriicht- licher Entf'ernung yon der Ventrikelbasis. Wenn dieser Autor auch keine Gelegenheit hatte, in dieser Hinsicht noeh das Kanin- chenherz zu untersuchen, so wird wohl kaum dis Structur und die Function des Hcrzens bei diesem Thier sich yon der der yon ihm untersuchten fibrigcn Siiugethiere stark untcrscheiden. Es ist also unverstiindlich, weshalb Kreh l und Romberg keine Nervenzcllen auf der Ventrikeloberfii~che des Kaninchenherzens findcn konnten. (~Keine Gang'lien besitzen die ~entrikel, abgesehcn von den vereinzelten Zellen am oberen Rande des Conus arterio- sus. Insbesondere ist die Ventrikelscheidewand und also auch die Stclle, an dcr K r o n c k e r und S c h m e y ein Coordinations- centrum suchten, fl'ei yon Gang'lien.") In unserem Zweifel wet- den wir noch dadureh besti~rkt, dass Kreh l und Romberg auch die sehr eingehende Untersuchung yon Vigna l 1) fiber den Ganglienapparat der Siiugethiere iiberhaupt und des Kaninchens speciell unbekannt geblieben ist. Sagt doeh Vignal (p. 241) unter Anderem: :~A la pattie sup6rieure de ee plexus (plexus cardiaque proprement dit?), juste au-dessous des attires et des veines coronaires et par cons6quent k la base m~me du vcntri- cule, on trouve d'autres ganglions form,s seulement de quelques cellules, ils sont g6n6ralement situ6s au-dessous du p6ricorde vis- cerale." Auch Vigna l ist der Meinung (p. 243), dass kein grosser Untersehied in der Vertheilung des Nervenapparates im Herzen der Katze, des Hundes~ Schafes und Kaninchens besteht (,jai trouv6 chez tous ces animaux une disposition de cet appa- reil peu diff6rente de celle qui existe chez le lapin"). Derselbe Vigna l hat ferner den Nervenapparat beim Affen (Maeaeus simi- cus) untersueht, wobei er zur folgenden Schlussfolgerun$ beziig- lich der Nervenzellen des Herzens bci demselbcn gelangte (p. 246): ,,Sur le tiers sup6rieur de ce plexus (les branches des plexus

1) Rechcrches sur l 'appareil ganglionaire du coeur des vert~br(is (Laboratoirc d'histolog'ie du Collb~ge de France). Travaux de l'ann6e 1881 publi6s sous la direction L. R a n v i e r .

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coronaires), principalement sur les petites branches, on rencontre, outre les ganglions superfieiels d4j~ d~erits par R e m a k , un nombre consid4rable d'autres plus petits, qui die viennent de moins en moins abondants ~ mesure que l'on s'approehe de la pointe du eoeur, et qui disparaissent presque totalement, environ au point de naissanee du deuxi~me tiers du ventrieule. J'ai dit presque totalement, car les nerfs proches des gros vaisseaux partent des ganglions sur toute la moiti6 sup6ricure du ventrieule."

Der Zweek der vorliegenden Abhandlung ist jedoch keine ~ingehende ErSrterung aller yon den Nachfolgern der A. Hal le r ' - schen Theorie zur Bekriiftigung der selbststiindigen rhythmischen, vom Nervensystem unabhiingigen Herzeontraetionen angeftihrten Hinweise. Dieser Artikel soil nur einige anatomiseh-physiolo- gisehen Thatsachen in Bezug auf das Herz des F lusskrebses (Astaeus fluviatilis), das li~ngere Zeit hindureh als Paradigma eines von Nervenzellen und Nerven freien Herzens diente, bringen.

A. B r a n d t l ) , wcleher im Laboratorium von S. S e t s c h e - now den Einfluss physikaliseher und ehemischer Reize auf das Herz des Flusskrebses untersucht hat, ist beztiglieh der Herz- herren dieses Thieres zu keinen positiven Resultaten gelangt. (,,Ueber die Herznerven seheint nichts Naheres bekannt zu sein.")

Es weist auf Literaturangaben hin, welehe aber nut die Voraussetzungen einiger Autoren enthalten (yon C. CarusO), Newpor t3) , Warnek~), HaeekelS)) . Uebrigens giebt A. B r a n d t die M(iglichkeit zu, dass die Herznerven des Krebses yon Nervus stomatogastrieus ihren Anfang nehmen. (,,Demnaeh ware es nicht unwahrscheinlieh, dass das Herz sowohl vom Stomato- gastricus, als aueh yon der Bauehkette mit Nerven versorgt

1) A. Brandt , Physiologische Beobachtungen am tIerzen des Flusskrebses. M61anges biologiques de l'Acadcmie des sciences de St. P6terbourg. T. V (1865--66).

2) C. Carus, Von den ausseren Lebensbedingungen der heiss- und kaltbliiti~'en Thiere. Leipzig 1824. (4. Beilage, No. 2, Ueber Herz- schlag und Blut der Weinbergschnecke und des Flusskrebses.)

3) Newport , On the nervous system of the Sphinx ligustri. Philosop. transactions. 1839--1834.

4) Warn ek, Leber des Flusskrebses. Diss. St. Petersburg. 1847 (russiseh).

5) t taeckel , IUeber die Gewebe des Flusskrebses. Miiller's Ar- chiv. 1857.

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wird"). Ausserdem finden wir bei A. B r a n d t angegeben, dass es J a r s c h i n s k i im Laboratorium yon Prof. F. O w s j a n n i k o w missgltickt sei, Nervenganglicn im Herzen des Flusskrebses nach- zuweisen.

Weiter hat A. MeyerX), wie J a r s e h i n s k i , sieh vom Vorhandensein der Nervenganglien im Herzen des Flusskrebses nicht fiberzeugen k6nnen. Aueh E e k h a r d ~) erhielt negative Resultate in Bezug auf die Nervenganglien des Herzens yon Cancer pagurus, ungeachtct dessen, dass es ihm gelungen war einen Nerven, weleher auf das Herz des yon ihm untersuchten Thieres ithnlich dem Vagus bei anderen Thieren einwirkte, nach- zuweisen. Dutch Reizung dieses Nerven konnte E e k h a r d zwci Minuten lang dauernden Stillstand des Herzens herbeiffihren.

Endlich erschien 1890 die prachtvolle Monographie yon G. Re tz iu s ~) fiber das Nervensystem der Krebse, in weIcher leider gal" niehts fiber die Nervenzellen und Nerven des Herzcns vom Flusskrebse zu finden ist. 5/ur auf der letzten, XIV. Ta- belle, welche aber auch nicht den Ganglien und Nerven vom Flusskrebs (Astaeus fluviatilis) gewidmet ist, finden sich zwei Abbildungen fiber Nervencndigung im H e r z c n - in der Muskulatur desselben--, yon Palamon squilla; doch ist aueh hier niehts yon Nervenzellen des Herzens bei diesem Thiere erwahnt.

Der Autor dieser Zeilen konnte sieh, einige von C. Carus und A. B r an d t angeftlhrten physiologischen Thatsaehen in Betracht ziebend, nieht der Zweifel entwehreu, ob auch die Angaben fiber den negativen Befimd bezfiglieh der Ganglien und Nerven im Herzen der Crustaeeen richtig seien. Dieser Zweifel wurde dutch folgenden Umstand noch verstiirkt: im Herzen yon Thieren, welche auf einer niedereren Entwicklungsstufe als der Flusskrebs stehen, im Hcrzen yon Insecten (Corethra plumieornis) sind yon J. D o g i e l ~) Nervcnzellen nachgewiesen worden. Dazu kommt

1) A. Meyer, Das Hemmungsnervensystem des Herzens. Berlin 1869.

2) Eckhard, Beitriige etc. IV. 1867. 3) G. R e t z iu s, Zur Kenntniss des Nervensystems der Crustaceen.

Stockholm 1890. Mit 14 Tafeln. 4) J. Dog-iel, Anatomie und PhysiologSe des Herzens der Larve

von Corethra plumicornis. Memoires de l'Academie des sciences de St. P6terbourg. 1877.

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noch, dass uicht jedes negative Resultat zur L(isung eiuer be- stimmten Frag'e herbeigezogen werden kann: eine neue Unter- suehungsmethode, oder eine und diese|be, abet sorgfi~ltiger und bewusster angewendete Methode kann bei der Erforsehung einer Frage nicht selten eiu negatives Resultat in ein positives ver- wandeln. Alles das veranlasste zur neuen Untersuehung des Banes und der Funetionen des Herzens der Crustaeeen.

J. D o g i e l hat sehon 1875 die Resultate seiner Unter- suehungen tiber den Ban und die Funktionen des Herzen einiger Mollusken 1) und Meerkrebse (Hummel', Languste und Krabbe) am Meeresufer des stidlieheu Frankreiehs in einer kurzen Notiz an die Academic der Wissensehaften zu Paris ~) fiber das Herz der Crustaceen uiedergelegt. Eineu eingehenderen Artikel tiber diesen Gegenstand hat er ein Jahr darauf in dem Journal ftir normale und pathologisehe Physiologic abgedruekt~).

Die Erforschung des Banes und der Funktionen des Herzcns frtiher des Hummers, jetzt des Flusskrebses aus der Wolga be- stand in einer makro- und mikroskopischen Untersuehung des Banes und der Funktionen dieses Org'anes: das freigelegte I-Ierz wurde v o r u n d withrend der meehanischen oder elektdschen Rei- zung, oder unter dem Einfiuss der erh0hten oder herabgesetzten Temperatur nnd einiger Gifte direkt beobaehtet.

Entfernt man die Sehale des Flusskrebses, entspreehend der Lage des Herzens (Fig. 1,a), so kann eine rhythmische Bewegung einer bestimmten Stelle~ welche von dem unter einer verhaltniss- massig dieken und festen Haut befindlicheu und sieh eontrahi- renden Herzen abhi~ngt, leieht wahrgenommen werden. Nach der Entfernung dieser Haut erseheint das Herz in der Form eines unregelmi~ssigeu Viereeks (Fig'. 1, c), das am vorderen Ende etwas breiter als am hinteren ist; eine ebensolehe Form besitzt das des Hummers. Die Verbindung des Herzens beim Flusskrebse mit Blutgefitssen ersieht man aus Fig'. 1~ e, d. Fast vonder gan- zen Herzoberfii~ehe gehen dtinne Faden aus, welche sich verschie-

l) J. Dogicl, Die Muskeln und Nerven des Hcrzens bei einig'en Mollusken. Arch. f. mikrosk. Anatomic. Bd. XIV.

2) J. Dogie l , Compt. Rend. des s6ances de l'Acad, des sciences. Paris 1876.

3) J. Dogiel , Archives des physiol, norm. et pathologique Brown- S6quard, Charcot et Vulpian. 1877.

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denartig durchflechten and hernach zu breiteren Biindern ver- einigen und als Ligamenta cordis betraehtet werden k(innen (Fig. 1, fund Fig. 2, c). Die obere und die untere 0berflaehe des Herzens, oder richtiger gesagt, des Herzventrikels des Flusskrebses ist yon einem versehieden geformten Epithel bedeekt (Fig. 3). Die untere Flaehe des Herzens (des Ventrikels?) liegt auf einer dtinnen, durchsiehtigen Membran, welehe den Ventrikel yon der Leber, den Gesehleehts- und Verdauungsorganen trennt (Fig. 6). Diese Membram ist unter dem Namen Perieardialmembran (peri- cardium) bekannt, obwohl sic eher als Diaphragma bezeiehnet werden kSnnte. An tier Peripherie besteht sic aus stark aus- gebildeten quergestreiften Muskelfasern, und in tier Mitts aus einer sehnigen Ausbreitung (Fig. 6~ b, a). Diese Membran, zusammen mit den anderen Theilen, welehe den Herzventrikel umgeben, und der oben erwahnten Haut, welehe ihn yon oben bedeekt, um- sehliessen das Herz wie ein Sack, welsher sehon mehr an einen Herzbeutel erinnert. Doeh entsprieht dieser Herzbeutel, besonders sein unterer, unterhatb des Ventrikels befindliehe Theil, seiner Funktion naeh dem Vorhof andcrer Thiere (atrium cordis), so class am Herzen des Flusskrebses dieses Gebilde einerseits als Herzbeutel, andererseits als Vorhof aufgefasst werden kann. Die innere und aussere Flache des Herzbeutels- der oberen und un- teren Membran- ist yon einem flaehen Epithel bedeckt (Fig. 3).

Ueber den Bau des Ventrikels und des Vorhofs vom Fluss- krebsherzen lasst sieh noeh Folgendes sagen: Zu den Bestand- theilen des Herzens vom Flusskrebse geh6ren ausser dem seine itussere und inhere Flache bekleidenden Epithel und dem Bin- degewebe noeh Muskeln, Nervenzellen und Nerven. Der Herz- ventrikel dieses Thieres enthitlt keine Blutgef'asse als seine Er- ni~hrung vermittelnden Bestandtheil; derselbe steht jedoeh in Ver- bindung mit der Arteria cephaliea am Kopfende und mit der tier Arteria sternalis und der Arteria abdominalis ihren Ursprung gebenden Arterie.

Das Herz der Crustaeeen ist naeh M i I n e E d w a r d s 1) als sin Organ, welches zur Weiterbef~rderung des arteriellen und nicht des ven(isen Blutes client, aufzufassen. Bei dieser Weiterbef(~r- derung des arteriellen Blutes dutch das Herz des Flusskrebses

1) Leqons sur la physiologic et l'anatomie compar6e. 1858, p. 183.

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betheiligen sigh dig Oeffnungen im VGntrikel. Oben findcn sigh naeh M i 1 n e E d w a r d s zwei Paar Oeffnungen, unten Gin Paar, vorn, zum Kopfe, und hinten zu je einer Oeffnung, zu hnfang dcr Arterien. Beim FhsskrGbs sieht man thats~,tchlieh naeh der Er~iffnnng riGS den Ventrikel bedeckenden PGricardiums zum Kopf- ende bin zwei, an dcr nnteren Ventrikelfiiiche befindliehen Oeff- nungGn durchschimmern.

E. B e r g e r 1) land nach Behandlung mit Chlorgold oder Osmiumsiiure und Isolation Ginzelne Nervenzellen nur in dem hin- teren TheiIe des Herzens: ,Ich babe sic blos im hinteren Theil dGs Herzcns finden ki~nnen."

In letzterer Zeit besehreibt L y d i a P o g o s C h e w a aus dem Laboratorium yon Prof. F. O w s j a n n i k o w night allein cinzelnG Nervenzellen, sondern Ganglien, Gruppen yon 4- -6 ZGllen, welehe in dem d~rch die Muskulatur ziehenden Nervenstamm ge- lagert sind ~). Doeh konnte P o g o s c h e w a im Herzen des Fhss- krGbses n i g h t m e h r a l s n u r e i n e n K n o t e n a u f f i n d e n .

Sowohl B e r g e r wie P o g o s e h e w a vergleiehen die Ner- venzGllGn im Herzen des Flusskrebses mit den ZGllen des Abdo- minalknoten, doch sollen Grstere Gtwas kleiner als letztere sein. DiG Nervenzellen des Fhsskrebsherzens beschrGibt P o g o s e h e w a als ein - - ZWGi- und dreipolare, ovale Zellen mit ganz rundGm Kern und Kernk(irperchen. Bei ihren Untersuehungen bediente sie sigh dGr Vergoldungsmethode mit ZerzupfGn und Sehnitte nach vorhergegangener Erhitrtung und naehtriigliehem Fiirben der Pri~- parate mit Pikrokarmin.

Bei Giner Controluntersuehung tier Vertheilung der Nerven- zellen und tier Nerven im Herzen des Flusskrebses konnte iGh reich tiberzeugen, dass im Herzen dieser Thiere night allein Ner- venzellen, wie B G r g e r glaubte, und night allein Gin einziger Knoten, wig P o g o s c h e w a wi~hnt, sieh vorfinden, sondern dass dig Nervenzellen in Gine der ganzen Liinge des Herzens entlang zieh'enden Kette, welehe hauptsi~chlieh aus zwei Gruppen, einer vordern und hintern (Fig. 7) besteht, wobei jede Grnppe aus

1) Ueber das Vorkommen yon Ganglienzellen im Herzen yore Flusskrebs. Wiener Sitzungsber. d. k. Akademie d. Wiss. Bd. 74. 1877.

2) Die Nervenzellen der Scheeren und des Herzens yore Fluss- krebs. Bote fiir Naturwissensehaften. St. Petersburg. 1890. No. 5 (russisch).

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mehreren Zellen (5--6) zusammengesetzt ist, angeordnet sind. Ausserdem finden sieh einzelne Nervenzellen an anderen Stellen des Herzens. Die Hauptgruppen der Nervenzellen befinden sigh in der Nithe der oben beschriebenen Oeffnungen und erinnern dureh ihre Anordnung theilweise an die Ganglien yon R e ma k und B i d d e r. Die Gr~isse und die Form der Nervenzellen ist eine ziemlieh versehiedenartige; ihre Form ist mehr eine birn- f(irmige (Fig'. 12). Jede Zelle besteht aus dem Inhalt, Proto- plasma und einem grossen Kern; sie sind uni- und multipolar, mit sieh verzweigenden Fortsiitzen, welche verschiedenartig zwi- schen den Muskeln verlaufen. Die bipolaren Nervenzellen erin- nern ihrer Form nach an die Nervenzellen yon Fisehen (Fig. 8). Die Nervenzellen und Gruppen derselben sind zwischen den BUn- deln der sieh baumartig verzweigenden Nervenfasern (Fig. 7, 8, 9 und 15) gelagert.

Nicht ohne Interesse ist die Thatsaehe, dass dig Nerven- faserbiindel gegenseitig Fiiserehen austausehen (Fig. 13), was an die Nervenanastomosen im Herzen der Fr(ische, der Siiugethiere und des Mensehen erinnert. Man st(isst aueh auf Nervenfasern, welche sieh unter scharfen Winkeln theilen (Fig. 10). Eine solche Theilung geht besonders scharf an den Stellen, wo sich Nerven- zellen befinden, vor sich.

Am caudalen Ende ist die Substanz unschwer nachzuweisen, welche unter dem Namen Punktsubstanz bekannt ist und der- jenigen iihnelt, die schon in den Ganglien der Hauptnervenkette des Flusskrebses vorgefunden (R e t z i u s ?) wurde (Fig. 11). Die Muskeln des Herzventrikels yore Flusskrebs gleichen ihrem Bau nach mehr den Herzmuskeln yon Insekten (Corethra plumieornis), als solchem anderer Thiere, wie des Frosches, Kaninchens etc. In den Muskeln des Herzens wird kein Kern, wie in den Herz- muskeln der tibrigen Thiere siehtbar. Die Fasern der Muskel- bUndel zerfallen in feinste quergestreifte Fibrillen (Fig 4). Die Muskelbtindel sind yore Bindegewebe umgeben.

Die das Herz yon den Gesehlechts- und Verdauungsorganen trennende und, wie erwi~hnt, als Vorhof aufzufassende Membran ist mit zahlreichen Nerven ausgestattet (Fig. 5), welche yon der Bauchkette entspringen und theils im Vorhofe enden, theils auf den Ventrikel tibertreten. Einige dieser Nerven gehen zum Ven- trikel liings den Ligamenten des letzteren. Ueber den Verlauf

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dieser Nerven habe ich sehon frtlher im Compt. rend. 1876 ge- sproehen: ~Du ganglion situ6 chez la langouste, entre la deu- xi~me et la troisi~me paires de pattes, il part des fibres nerveuses, qui se dirigent en haut et en dehors, puis viennent se diviser en pattie dans les muscles voisins du pericorde, et s'unissent ensuite avee les muscles celui-ci. ~ Indem ieh hiermit die Besehreibung des Baues des Herzens yore Flusskrebse beende, muss ieh noeh einige Zeilen fiber die Untersuchungsmethode selbst, welche dabei zur Anwendung kam, hinzuftigen.

Bei der Untersuchung der Nervenzellen und Nerven des Flusskrebses kamen zur Verwendung 2~ Chlorgold- und 20% Ameisens~urel6sung. Zuerst wurde das Herz in zwei H~lften zerschnitten, in eine obere und eine untere, und dann naeh Mfglichkeit so ausgespannt, dass eine mSgliehst grosse Oberfiaehe dieser Ventrikeltheile erst mit Ameisens~ure- und darauf mit Chlor- goldl6sung in Beriihrung gebraeht werden konnte. Die ausge- spanntcn Theile des zerschnittenen Ventrikels kamen zuerst auf 3--5 Minuten in die Ameisens~urel6sung, wurden hierauf mit Wasser ausgewaschen und alsdann mit 2% ChlorgoldlSsung 5--20 Minuten hindureh behandelt, aufs Neue mit Wasser ausgesptilt und wieder in eine 20% Ameisens~urel6sung gebraeht, worin sic 12 und mehr Stunden verblieben. Die gefarbten, durch Amei- sens~ure aufgelockerten Ventrikeltheile kamen auf den Objekt- trager, wo sie mit Deekgl~sehen bedeekt wurden. Ein leiehter Druck auf das letztere genUgt nun, um das Praparat derart aus- zubreiten, dass bei geringer VergrSsserung (Hartn., Syst. 4, Ocul. 3) der Verlauf der Nervenst~mme und die Vertheilung der Nerven- zellen zwischen den Nervenfasern, in oben beschriebener Anord- nung sehr deutlieh zu sehen ist. Am seh5nsten wird das Gertist yon hlervenbttndel und Nervenknoten erhalten, wenn man naeh der Behandlung mit Chlorgold die Ventrikeltheile (oberer und unterer) in 20~ Ameisensaurel~sung 2--3 Tage liegen lasst und hierauf die aufgeloekerten Muskelfasern mittelst Pinsel, unter be- st~ndiger Erneuerung des Glycerins, allmahlieh entfernt. Ausser Chlorgold habe ieh aueh 1% Osmiums~urelSsung angewendet. Der Verlauf der Nerven auf dem Pericardium konnte auch dureh Methylenblau sehr deutlieh gemacht werden. Zu diesem Zweek wurde eine LSsung desselben auf die unterhalb des Herzens be- findliehe Membran, naeh Entfernung des letzteren, gebraeht. Die

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Vertheilung der Nerven, welche naeh der letzten Methods am Vorhof zur Ansehauung kam, zeigt Fig. 5.

Aus dem fiber die Struetur des Herzens beim Flusskrebs Gesag- ten geht hervor, dass dem Herz dieses Thieres Nervenzellen nieht abgehen, sondern im Gegentheil, dass dasselbe sehr reiehlieh mit Nervenzellen und Nervenzweigen ausgestattet ist.

Sehon diese anatomisehen Daten beweisen zur Gentige, dass diese Menge yon Nervenelementen zwisehen den Herzmuskeln des Flusskrebses nieht bei der Thittigkeit dieses Organs theilnahmslos bleiben kSnnen. Auch machen diese anatomisehen Thatsaehen uns verst~tndlieh, warum das aus dem K(irper entfernte Herz des Flusskrebses fast eine Stunde lang sieh zu contrahiren fortfiibrt. Selbst der in zwei gleiehe Theile zersehnittene Ventrikel verliert nieht die F~thigkeit sieh rhythmiseh zu eontrahiren: jeder Theil schliigt wie vordem. Dis Untersuchung dieser Herzcontractionen des Flusskrebses nSthigt uns in dem Herz die Existenz einer seine Contraetionen regulirenden Vorriehtung anzunehmen. Thatsi~ehlieh hat sehon C. C a r u s 1) in seinem Artikel fiber diesen Gegenstand sine Beobaehtung, welche dis Riehtigkeit einer solehen Voraus- setzung bestittigt, angeftihrt: naeh dem Absehneiden des Kopfes beim Flusskrcbs sah er Verlangsamung der Herzbewegung'en sieh einstellen; mechanische Reizung der Ganglienkette hatte eine ebensolche Verlangsamung und diastolisehen Stillstand des Her- zens zur Folge; zuweilen habe das Herz 5 Minuten lang' still gestanden.

A. B r an d t ~) sprieht zum Sehluss seines yon uns eitirten Aufsatzes, dass die Zerstiirung des eentralen Nervensystems des Krebses sowie die ErSfi'nung der harten Sehale diastolisehen Herz- stillstand herbeigeftihrt habe. Die direkte Reizung des Herzens mit inducirtem oder galvanischem Strome sei yon Herztetanus be- gleitet gewesen, woraus er sehliesst, dass das Herz beim Krebs eine Mittelstellung zwischen dem Wirbelthierherzen and den Ske- lettmuskeln einnehme.

Hierher geh6ren auch meine frfiheren, die Abhi~ng'igkeit der Herzcontraetionen vom Nervensystem demonstrirenden Beobaeh- tungen fiber die Herzfunction bei Meerkrebsen: ,Lorsque chez

1) 1. c. 2) 1. c.

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Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Physiologic des Iterzens. 235

la langouste~ le homard on d'autres erustac~s, l'on excite le cor- don ganglionnaire, on observe un ralentissement du eoeur ou m~me son arr6t complet en diastole. On peut toujours provoquer un arr~t en diastole, si on irrite, au moyen de l'~lectricit6, non seu- lement la chatne ganglionnaire, mais encore le p6ricorde" 1).

Meine neuerdings vorgenommenen Untersnebungen tiber die Funktionen des Herzens beim Flnsskrebs besti~tigen sowohl die Angaben d e r m i t dieser Frage beschitftigt gewesenen Forscher als anch meine frfiheren Betrachtungen am Meerkrebs. Reizt man mittelst Indnctionsstrom die Ligamenta des Herzens beim Flusskrebs am vorderen oder hintcren Herzende, so crhi~lt man diastolischen Herzstillstand, welcher 10--15 Secunden dauert. Durchschneidet man am vorderen (cephalen) oder hinteren (can- dalen) Rande den Vorhof yon oben, so stellt sieh dabci znweilen aueh Herzstillstand ein. Am promptestcn tritt diastoliseher Herz- stillstand auf und danert am liingsten, wenn die in Fig'. 1 mit h bezeichnete, in der Mitte der das Herz yon den Athmungsor- ganen treunenden Membran, in der NiChe der Muskeln k, k be- findliche Stelle mittels Inductionsstrom gereizt wird. Dieser Still- stand hiing't davon ab, dass llier die Nerven zum Vorhof und dem Ventrikel verlanfen (Fig. 14). Znr Illustration des Gesagten seien hier einige Versuche angeftihrt.

V e r s u c h I. Bei einem grossen Wolgakrebs wnrde die harte Sehale fiber dem Herzen cntfernt, ohne die weicbc den Ventrikel yon oben bedeckende Haut zu verletzen. Das Herz schlagt hiernach 8--9 mal in 10 Secunden, zeitwcilig 9 Seeunden lang stillstehend. Reizung mittels Inductionstrom, bei einem mittel- grossen G r e n e t ' s e h e n Element und bei Spiralenabstand yon 3 cm des Induetorinms yon G a i f f e , der in Fig. 1 mit h be- zeichneten Stelle gab diastolisehen Herzstillstand auf 40 Seenn- den. Nun wurde die das Herz yon oben bedeckende Membran (ein Theil des Pericardinms) er(iffnet. Das Herz schlug hiernach viermal in 10 Seennden. Neue Reiznng derselben Stelle gab 40 Secnnden lang dauernden Herzsfillstand. Nach der Einstellung der Reizung ftihrte das Herz 9 Contractionen in 10 Secunden aus.

V e r s n c h II. Nach der Entfernung der barren Sehate in der tterzgegend eines grossen Flusskrebses beobachtete man, wie

1) 1. e,

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I~36 Joh . D o g i e l :

gew(ihnlieh, langdauernden Stillstand des Herzens im Diastole. Er(iffnung der oberen, weichen Haut (des Pericardiums). Hier- auf wurden 5 Herzschliige in 10 Secunden geziihtt, dazwisehen Pausen, welche bis 21 Secunden dauerten. Reizung der im Ver- such I angegebenen Stelle - - der Stelle (lurch welche die Net- van yon der Bauchkette zum Herzen gehen- -mi t te l s Inductions- strom yon derselben Stitrke wie im vorherg'ehenden Versuch, rief diastolischen Herzstillstand, weleher 2 Minuten und 30 Secunden dauerte, d. h. wahrend der ganzen Dauer der Reizung anhielt, herbei. Nach der Reizung sehlug das Herz 2 real in 10 Secun- den und etwas spiiter 13 mal in 10 Secunden. Eine neue Reizung mit demselben Strom hatte neuen Herzstillstand auf 22 Secunden zu Folge.

V e r s u c h III. Naeh der Er~iffnung der harten Schale und des Perieardiums bei einem grossen FIusskrebs betrug die Zahl seiner Herzschlage 15 in 10 Secunden. Reizung derselben Stelle, wie in den vorhergehenden Versuchen, mittels Inductionsstrom, bei gleichem Spiralenabstand und demselben Gr e n e t 'schen Ele- ment, gab 25 Secunden lang dauernden diastolisehen Herzstillstand.

Die vorgeftihrten drei Beobachtunffen zeigen, dass die Rei- zung mittels Inductionsstrom der Stelle, an welcher die extra- eardialen Nerven zum Herzen des Flusskrebses verlaufen, jedes- real einen diastolischen Herzstillstand yon 22 bis 150 Seeundeu langer Dauer zur Folge hat. Nach der Einstellung der Reizung trat bald eine Beschleunigunff der Herzcontractionen yon 30 his auf 78 Sehliige in der Minute auf.

Wurden die Herzeontractionen des Krebses mittels eines empfindlichen Hebels, ~thnlich demjenigen, welehen M a r e y 1) zum gleichen Zweck angewendet~ verzeichnet, so erhielt man folgende Diagramme :

1) E. Marcy, La circulation du sang" ~ml'6tat physiolog'ique et dans tes maladies. Paris 1881.

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Beitrag zur vergleichenden Anatomie und Physiologie des Herzens. 237

Das Diagramm A zeig't normale Herzcontractionen des Fluss- krebses. Das Diagramm B zeigt dasselbe Herz bis zur Reizung - - a b - - , wiihrend der Reizung der Hemmungsnerven- b c mittels Inductionsstrom bei 5 cm Spiralenabstand des G a i f f e - schen Inductoriums, und endlich nach der Reizung - - c d. Der Herzstillstand wi~hrte 23 Seeunden.

Diese Curven zeigen ebenfalls, dass die Reizung mittels Inductionsstrom der in oben angeftihrten Versuchen nigher bezeich- neten Stelle eine mehr oder weniger lange dauernden diastoli- schen Herzstillstand, welcher 15--30 und mehr Secunden wi~hrt, herbeiftihrt. Zur Reizung diente das Inductorium yon G a i f re bei einem mittelgrossen G r e n e t'sehen Element.

Reizt man mittels Inductionsstrom das Herz (den Ventrikel) des Flusskrebses unmittelbar, so stellt sich bald~ wie das Dia- gramm C uns vorftihrt, anstatt des diastolischen Herzstillstandes systoliseher Herzs t i l l s tand- T e t a n u s - ein. Dieser Unterschied in der Wirkung der direkten Reizung des Herzens mittels In- ductionsstrom beim Krebs und bei anderen Thieren erkliirt sich meiner Meinung naeh dutch die verschiedene Struktur der Herz- musculatur bei ersterem im Vergleieh zu der beim Froseh und bei den Saugethieren.

Das Diagramm C zeigt die Herzthiitigkeit des Fusskrebses vor der Reizung - - a b - - , wi~hrend der direkten des tterzven- trikels mittels Inductionsstrom, bei 5 mm Spiralenabstand des Induktoriums yon G a i f f e w b c - - und naeh der Reizung - - c d. Aehulichen Tetanus habe ich bei der direkten Reizung des Hummerherzens beobachtet 1).

Die Herzthiitigkeit des Flusskrebses veriindert sieh nicht allein durch die Elektricitat oder hShere und niedere Temperatur- grade, soudern aueh unter dem Einfluss eini~er Giftc: Curare, Coffein, Aconitin, Digitatin etc. Es sei hier das Diagramm der

1) J. Dogiel, 1. c.

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Herzcontractionen unter dcm Einfluss yon hconitin au| das Herz des Flusskrebses vorgcftihrt:

Das Diagramm D zeigt normale Herzcontractioncn des Fluss- krebses und das Diagramm E - - unregelmiissige Contractionen -- A r h y t h m i a - desselben Herzens unter dem Einfluss einer L(isung yon deutschem Aconitin.

Somit sprechen anatomische und physiologische Thatsachen deutlich genug far die Abhitngigkeit der Herzthiitigkeit des Fluss- krebses yon im Herzen selbst befindlichen Nerven und Nerven- zellen. Ausserdem ist die Struktur und die Funktionen des Hcr- zens yore Flusskrebs in Vielem iihnlich, wenn auch nicht gleich, der Strucktur und der Funktion des Herzens yon den tibrigen Thieren.

Erklnrung der Abbildungen auf Tafel XII and XIII.

Fig'. 1.

Fig. 2. Fig. 3.

Fig. 4. Fig. 5.

a ~ har te Schale; b ~ die den Herzven t r i ke l (c) unmi t te lbar bedeckende Membran yon Astacus fluviatil is; d, e, e ~ Blutge- f~tsse; f, f---- L i g a m e n t a cordis; g ---- A t h m u n g s o r g a n e ; i --~ knor- pelar t ige , d i e A t h m u n g s o r g a n e yon Geschlechts- und Ver- d a u u n g s o r g a n e n und yore Herzen t r ennende Membran ; h ---- Reizungss te l le der N e r v e n mittels Induct ionss t rom; k ,k- -~ Muskeln, durch welche die Ne rven zum Ventr ikel und zum Vorhof gehen ; l, 1 ~-- Klappen. a ----- Ventr ikel ; b ----- Klappen~ c, c ~ L i g a m e n t a ; d ---- Muskeln. Das die innere und die ~tussere, sowohl obere wie untere , 0berfl~iche des Ventr ikels und des Pe r i ca rd iums bekle idende Eplthel. Ventr ike lmuskula tur . Zeiss Syst. 4, Ocul. 12. Ein Thei l des Vorhofs: a ~-- Muskeln ; b ~ Nerven . t tar tn . Syst. 4, Ocul. 3.

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Beitrag

:~'O /~ lg'. 6.

Fig. 7.

Fig. 8.

Fiff. 9.

Fig. 10.

Fi~. 11. Fig. 12.

Fig. 13.

Fig. 14.

Fig'. 15.

Fig'. 16.

zur vergqeichenden Anatomie und Physiologie des Herzens. 239

Membran, welehe den Herzventrikel des Astacus fluviatilis yon den Geschlechts- und Verdauungsorg'anen trennt - - das Peri- cardium der Autoren, oder der Vorhof. a----Sehnige Aus- breitung'; b = Muskelfasern. aa----Zelleng'ruppen in den Nervenbiindeln b; Hartn. Syst. 2, Ocul. 2. Uni- (1) und bipolare (2) Zellen und Nerven (e). Hartn. Syst. 7, Ocul. 3. Nervenverzweig'ung" zwischen den Muskeln des Herzventrikels (an) und Nervenzellen (b, b). Hartn. Syst. 2, Ocu[. 3; Tubus halb herausgezogen. Theilung" der Nerven unter Winkelbildung (an). Hartn. Syst. 7, Ocul. 3. Punktsubstanz. a = Nervenfasern und b = Nervenzellen. Nervenzellen mit lang'en Forts:,ttzen und mit Kernen im Herzen beim Flusskrebs. Zeiss Syst. 4, Ocul. 4; Tubusl~inge 21 ram. Nervenanastomose im Herzen yon Astacus fiuviatilis. Hartn. Syst. 2, Ocul. 2. Nerven (aa), w'elche yon der t tauptket te durch die Muskeln (bb) in der N~the des Herzens g'ehen und im Vorhof und im Ven- trikel enden. Gruppen yon Nervenzellen (aa) mit lang'en Fortsittzen und Nerven. Nervenzellen aus dem Flusskrebsherzen mit Kern (b) und KernkSrperchen (a). Hartn. Syst. 7, Ocul. 3.

Ueber Leimbi ldung aus Marksubstanz.

Von

W . v . N a t h u s i u s , Halle.

In No. 336 v. 1890 des Zool. Anzeigers yon C a r u s ha t te

ieh eine Mittheilung" tiber Le imerzeugung aus Marksubstanz yon

Federschi i f ten g'emacht. In der Kont roverse tiber die Genesis

der Marksubstanz war mir yon beach tenswer the r Seite nahc gc-

legt, den Nachweis~ dass die Marksubstanz Le imbi ldner sei, voll-

standig'er zu ftihren, als bisher gesehchen wa 5 da dies ~lls ein

wicht igcs Moment beztiglich der Fragc , ob sic ein cpidermoidales

Gewebe sei, oder zu den B indegeweben g'ehSre, be t raehte t win'de. Archiv L mikrosk. Anat. Bd. 43 16

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