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Aus dem Institut fur Tierphysiologie und Tierernahrung der Universiat Gottingen. Direktor: Prof. Dr. W. Lenkeit. Beitrag zur Verwertung des Milchzuckers beim Geflugel. '1 Von W. L e n k e i t und M. B e c k e r . (Mit 2 Abbildungen.) Die unterschiedliche Verwertung des Milchzuckers gegenuber den andern Zuckern im tierischen Organismus ist oft Gegenstand der Unter- suchungen gewesen. Nach den Versuchen von K u 1 z e , C r e m e r , C. V o i t sind die Glykogenwerte nach Milchzuckerverfutterung niedriger als nach der Aufnahme anderer Zucker. Wahrend die Verbrennung des Rohrzuckers nach subkutaner Verabfolgung durch die Muskeltatigkeit wesentlich gesteigert werden kann, bleibt der gleichfalls subkutan inji- zierte Milchzucker durch die Muskelarbeit unbeeinfluBt (H o h 1 w e g). M a r i a S t e u b e r und S e i f e r t konnten beim Saugling Fettbildung aus Milchzucker nicht feststellen. F i n g e r 1 i n g und S c h o n e m a n n fanden bei ihren Versuchen mit Hunden gegenuber dem Rohrzucker, der Maltose, Glukose und Fruktose, die den gleichen Ansatz bedingten, eine geringere Verwertung des Milchzuckers und der Galaktose. Die Ver- wertbarkeit des Milchzuckers wird durch den Galaktoseanteil beein- trachtigt. Schon kleinere Gaben von Galaktose fuhren zur Ausscheidung im Harn (bis 60 O/o des Galaktosekohlenstoffs), was mit den Beobachtun- gen beim Menschen ubereinstimmt (H a r d i n g u. M o b e r 1 y). Des- gleichen wird auch der Milchzucker leicht im Harn ausgeschieden. Schwieriger ist die Verwertung des Milchzuckers bei den Tieren zu verfolgen, die den Milchzucker im Darm nicht spalten konnen. Laktase ist bei allen Saugetieren im Sauglingsstadium vorhanden, auSerdem beim erwachsenen Menschen, Hund, Schwein und Pferd, wahrend beim er- wachsenen Rind und Kaninchen das milchzuckerspaltende Ferment nicht gefunden werden konnte (W e i n 1 a n d , C r e m e r , S o m m e r). Auch das Huhn ist nach P l i m m e r nicht imstande, den Milchzucker fer- mentativ im Darm zu zerlegen. l) Ein groSer Teil der hier wiedergegebenen Blutzuckenmtersuchungen ist von Lenkei t im Institut fur TierernHhrungslehreBerlin (Direktor: Prof. Mangold) wahrend seiner dortigen Assbtentmtgtigkeit (bis 1936) durchgefiihrt worden.

Beitrag zur Verwertung des Milchzuckers beim Geflügel

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Aus dem Institut fur Tierphysiologie und Tierernahrung der Universiat Gottingen.

Direktor: Prof. Dr. W. Lenkeit .

Beitrag zur Verwertung des Milchzuckers beim Geflugel. '1

Von W. L e n k e i t und M. B e c k e r .

(Mit 2 Abbildungen.)

Die unterschiedliche Verwertung des Milchzuckers gegenuber den andern Zuckern im tierischen Organismus ist oft Gegenstand der Unter- suchungen gewesen. Nach den Versuchen von K u 1 z e , C r e m e r , C. V o i t sind die Glykogenwerte nach Milchzuckerverfutterung niedriger als nach der Aufnahme anderer Zucker. Wahrend die Verbrennung des Rohrzuckers nach subkutaner Verabfolgung durch die Muskeltatigkeit wesentlich gesteigert werden kann, bleibt der gleichfalls subkutan inji- zierte Milchzucker durch die Muskelarbeit unbeeinfluBt (H o h 1 w e g). M a r i a S t e u b e r und S e i f e r t konnten beim Saugling Fettbildung aus Milchzucker nicht feststellen. F i n g e r 1 i n g und S c h o n e m a n n fanden bei ihren Versuchen mit Hunden gegenuber dem Rohrzucker, der Maltose, Glukose und Fruktose, die den gleichen Ansatz bedingten, eine geringere Verwertung des Milchzuckers und der Galaktose. Die Ver- wertbarkeit des Milchzuckers wird durch den Galaktoseanteil beein- trachtigt. Schon kleinere Gaben von Galaktose fuhren zur Ausscheidung im Harn (bis 60 O / o des Galaktosekohlenstoffs), was mit den Beobachtun- gen beim Menschen ubereinstimmt (H a r d i n g u. M o b e r 1 y). Des- gleichen wird auch der Milchzucker leicht im Harn ausgeschieden.

Schwieriger ist die Verwertung des Milchzuckers bei den Tieren zu verfolgen, die den Milchzucker im Darm nicht spalten konnen. Laktase ist bei allen Saugetieren im Sauglingsstadium vorhanden, auSerdem beim erwachsenen Menschen, Hund, Schwein und Pferd, wahrend beim er- wachsenen Rind und Kaninchen das milchzuckerspaltende Ferment nicht gefunden werden konnte (W e i n 1 a n d , C r e m e r , S o m m e r). Auch das Huhn ist nach P l i m m e r nicht imstande, den Milchzucker fer- mentativ im Darm zu zerlegen.

l) Ein groSer Teil der hier wiedergegebenen Blutzuckenmtersuchungen ist von Lenkei t im Institut fur TierernHhrungslehre Berlin (Direktor: Prof. Mangold) wahrend seiner dortigen Assbtentmtgtigkeit (bis 1936) durchgefiihrt worden.

16 Lenkeit und Becker:

Praktisch kommen jedoch milchzuckerhaltige Futtermittel wie Milchpulver, Trockenmolke, die zu 40-50 O/o Milchzucker enthalten ( L e n k e i t u. B e c k e r), zur Verfiitterung. Weiter sind fur die Ver- daulichkeit der N-freien z. B. des Milchpulvers 63-71 O/o gefunden worden ( M a n g o 1 d u. S t o t z), bei den N-freien kann es sich hier jedoch nur um Milchzucker bzw. deren Spaltprodukte handeln (K 1 i n g). Nach den bisherigen amerikanischen Versuchen fanden E m s 1 i e und Mitarbeiter beim Huhn eine geringe Glykogenbildung aus Laktose, K l i n e , K e e n a n , E l v e h j e m und H a r t eine starke Sauerung des Darminhaltes nach Verabfolgung von Milchzucker beim Kiicken und eine Begiinstigung der Kalziumresorption.

Diese Sachlage, besonders die praktischen Bedurfnisse, fiihrte wieder zu der Frage nach der Milchzuckerverwertung beim Huhn und zu der Durchfiihrung der hier mitgeteilten Versuche. Um zu einer Klarstellung zu kommen, wurden verschiedene physiologische Faktoren in der Ver- H ertung des Milchzuckers und anderer Kohlehydrate untersucht, und zwar d e r B l u t z u c k e r , die G l y k o g e n b i l d u n g , die R e - s o r p t i o n e i n s c h l i e S l i c h A u s s c h e i d u n g und die Bildung der G a r u n g s p r o d u k t e d e s M i l c h z u c k e r s .

1. Blutzucker. Seit den Arbeiten von M i n k o w s k i , S c h e u n e r t und

I ’ e l c h r z i m , S c h w a r z und H e i n r i c h u. a. liegen bereits zahl- reiche Untersuchungen iiber den Blutzucker beim Gefliigel vor. Es sol1 hier nicht weiter auf die einzelnen deutschen und amerikanischen Ar- teiten eingegangen werden, zumal die gesamte Literatur dariiber in den neueren Arbeiten von W e 1 s (1936) und von B 1 e c h (1937) zu- sammengestellt ist. W e 1 s untersuchte den EinfluS verschiedener Zucker nach intraperitonealer, subkutaner und submuskularer Injektion und fand die gleichen Blutzuckererhohungen wie beim Saugetier, wahrend B 1 e c h die Zucker per 0s zufuhrte und zu ahnlichen Resultaten kam, wie die hier mitgeteilten. In der vorliegenden Arbeit interessiert der Blutzucker jedoch nur so weit, wie er Anhaltspunkte fur die Resorption und Ver- wertung der Zucker gibt.

Es wurde an 53 Hiihnern (42 weiSe Leghorn und 11 Rhodelander) in 246 Versuchen (173 + 73 Kontrollen) das Verhalten des Blutzuckers ge- priift nach der Aufnahme von Traubenzucker, Fruktose, Galaktose, Milchzucker, Rohrzucker, Starke und auSerdem Weizenmehl. Nach 17-18stundigem Hungern, seltener 24 Stunden erfolgte die Blutentnahme aus den kleinen Gefliigelvenen durch Anschnitt oder Anstich. Das Blut vrurde entweder in kleinen Standrohrchen mit Spuren von Natrium- oxalat aufgefangen oder nach Aufstreuen von Natriumoxalat auf die Einschnittstelle mit der Pipette (O,I cmS) aufgesogen. Sofort nach der ersten Entnahme wurde die zu untersuchende Zuckerlosung bzw. Auf- schwemmung in zimmerwarmem Aqua dest. mit einer Magensonde dem Tier zugefiihrt. In jeder taglichen Versuchsreihe (3-5 Huhner) diente T Huhn ohne Kohlehydratbelastung zur Kontrolle; bei diesem Tier

Beitrag zur Verwertung des Milchzuckers beim Gefliigel. 17

wurde das Blut zu gleichen Zeiten entnominen wie bei den belasteten Tieren. Die Blutentnahme wurde 5 bzw. 10, 15, 30 Minuten und dann stiindlich bis 5 Stunden nach der Versuchsfutterung vorgenommen. Der Blutzucker wurde nach H a g e d o r n - J e n s e n bestimmt.

E r g e b n i s s e.

Die normalen Schwankungen der Kontrolltiere liegen zwischen IOO vnd 190 mg Zucker in 100 cm3 Blut. Wie aus den Abb. I und 2 zu ersehen ist, gruppiert sich die griiSte Zahl der Werte um 140 bis 180 mg. Ebenfalls ist kein t90

Unterschied zwischen den 780

Werten nach qstiindigem 7,0

Hungern und dem nach 17- bis Isstundigem Hungern fest- zustellen. Als Zeichen einer 75ff Steigerung konnen die Werte 7w

iiber 200 mg angesehen ,JO

werden. Mit T r a u b e n - 7~

z u c k e r (Tab. I ) wurden im ganzen 14 Belastungs- versuche durchgefiihrt, die Re- ‘m sultate entsprechen den bis- Abb. 1. Leghorn. herigen Beobachtungen (We1 s , B l e c h ) . Schon nach 5 Mi- in 32 Versuchen an 19 Tieren.

Blutzucker niichtem nach 17-18 stiind. Hungern (5 Fille 24 Stunden gehungert). Gesmtzahl der Einzelwcrte 152

nuten konnte mitunter eine Steigerung auf 250 mg beobachtet werden. Am starksten und an- haltendsten war die Zunahme der Blutzuckerwerte nach der Aufnahme von G a l a k t o s e (Tab. 2 ) und zwar iiber 300 mg (204-314) nach

30 Minuten nach der Fiitte- rung mit dem Maximum von 330-370 nach durch- schnittlich 1-2 Stunden; erst nach 5 Stunden war eine deutliche Annaherung an die Ausgangswerte zii be- obachten. Die Verabfolgung von L a v u l o s e (Tab. 3) hatte nur in vier von 15 Untersuchungen eine er- kennbare Blutzuckersteige- rung zur Folge, und zwar auf 205 und 207 mg nach 30 Minuten, auf 202 mg nach 2 und 3 Stunden. Zu ahn- lichen Ergebnissen ist neuer- Abb. 2. Rhodelander.

Blutzucker niichtem nach 17--18 stiind. Hungem (7 ~ ~ 1 1 ~ 24 Stunden, 1 Fall 20. 1 Fall 21 Stunden gehungert). Gesamts dirlgs such B 1 h gekommen. zahl der Einzelwerte 216 in 41 Versuchen an 11 Tieren.

Zeitschrift fiir Tieremarung und Futtermittelkunde. Bd. 2, H. 1. 2

18 Lenkeit und Becker:

1 1

I

167

291 277 216 186

-

-

T a b e l l e I. B lu tzucke r Huhn mg/Ioo ccm,

Tier Nr.

Vermch Nr. ~

Zeit nach der Fiittenmg stund den . . . . . 5 m u t e n . . . .

15 Minuten . . . . 30 Minuten . . . . I Stunde . . . . . 2 Stunden. . . . . 3Stunden. . . . . 4Stunden. . . . . 5 Stunden. . . . . M e n g e . . . . . . I'

T a b e l l e 2.

Blu tzucke r Huhn mg/Ioo ccm, ~~

Tier Nr. I L8126

Versuch Nr.

Zeit nach der Fiitterung o Stunden . . . . . 30 Minuten . . . . I Stunde . . . . . 2 Stunden . . . . . 3 Stunden . . . . . 4Stunden. . . . . 5 Stunden. . . . .

T a b e l l e 3. B lu tzucke r H u h n m g / I o o ccm,

-~

Tier Nr. L9704 L9765 R I R17 L 4 4 L45

Versuch Nr. I I ~ Z / Z ~ ~ ~ ~ / ~ Zeit nach der Fiitterung o Stunden .

5 Minuten 10 Minuten 30 Minuten I Stunde . 2 Stuuden . 3 Stunden . 4 Stunden . 5 Stunden .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . . Menge . . . . . .

5 g

'54 -

267 261 222 186

Galaktosegabe (5 9).

I59 247

2 4 5 2 8 6 332 271 223 -

8 - 161 277 338 308 265 220 I 82

I77 '64 187 189 191 202 187 164 173

143 24a 287 293 262 264 -

'57 '53 166 I77 184 167 166 162 162

LHvulo s egab e.

I74 - - '93 I 80

202 -

-

136 156 198 158 292 188 307 286 - 224 - 304 - 266 - 247

268 271 258 205 260 186 229 173 196 - 160 -

160 '79 18: '83 161 '78 '57 168

L8660 I L8663 I L4263 I L8544 I L4268

8

160 '53 169 207 '94 171 182 17' -

9 I ' 0 I I1

I I 157 I 66 I53 I53 151

I77 160 '78 '59

'64 19' '9' '89 176 177 '84 '71 I73

' 141 .304

390 338 277 221 -

16 I I f

L8529 L8574 L8626 L179o

I2 I '3 I '4 I '5

I

30

168

201 I79 - 166

-

Lenkeit und Becker:

125 177 160 164

165 179 160 170 I43 185 116 I37 127 159 127 130 150 157 127 132

- 149 164

T a b e l l e 4. Blutzucker H u h n mg/Ioo ccm,

Zeit nach der Ftitterung o Stunden. . . . . 30 Minuten . . . . I Stunde . . . . . 2 Stunden. . . . . 3 Stunden . . . . . 4 Stunden. . . . .

157 151 184

200 171 208 140 191 136 178 127

- 168 141 177 177 168 I97 I43 164 I53 161 150

-

171 146 163 - _ - _ I 5 0 173 186 I59 173 187 182 168 172 - I55 I59 - - - _

166

156 165 168 150

Blutzucker Huhn mg/Ioo ccm,

Versuch Nr.

Tier Nr. I RIO I R 3 lRr8

Zeit nach der Ftitterung olStunden . . . . . 30 Minuten . . . . I Stunde . . . . . z Stunden . . . . . 3 Stunden. . . . . 4 Stunden . . . . . 5 Stunden . . . . .

I79

'59 '55

-

R I

7 1 8

3 R 4 L8074 -__-- 7 I I 0 I I1 j I 2

I l l

Von den Disacchariden gab nur der R o h r z u c k e r (Tab. 4) eine erkennbare Erhohung des Blutzuckers, und zwar in 10 der 32 Unter- suchungen (25 u. Tab. 4) nach 1/2-z Stunden auf 200-265 mg. Der M i 1 c h z u c k e r (Tab. 5 ) hatte in allen 19 Versuchen keine Steigeruiig des Blutzuckers zur Folge, desgleichen natiirlich auch nicht Milchpulver. Ebensowenig war nach Verabfolgung von loslicher und r o h e r S t a r k e (34 Untersuchungen an 20 Hiihnern), Weizenschrot und Weizenmehl ein Ansteigen des Blutzuckers wahrend der 4-5 Stunden r,ach der Aufnahme festzustellen.

Gerade diese letzten Feststellungen des relativ geringen oder fehlen- den Einflusses der Di- und Polysaccharide weisen darauf hin, da6 der negative Ausfall der Blutuntersuchung keinerlei Riickschliisse auf den Ubergang eines Zuckers bzw. seiner Spaltprodukte, in diesem Falle des Milchzuckers, ziehen laat. Dem Blutzucker kommt demnach als Re- sultante der Resorptionsgeschwindigkeit, der Glykogenbildung in der Leber und der Nierenfunktion bei Untersuchungen iiber die Verwertung bestimmter Kohlehydrate nur ein 'begrenzter Wert zu.

2. Resorption und Glykogenbildung. Um das Schicksal des Milchzuckers im Organismus des Huhnes zu

verfolgen, erwies sich die Untersuchung der Glykogenbildung aus dem

Beitrag zur Verwertung des Milchzuckers beim Gefliigel. 21

R o hrzuc kergabe.

R 18

'35 198 I 8 0

'39 151 '49

160 150 I93 1 7 1 212 m I80 155 160 166 169 170

168 175 166 9A

200 205 164 170

i jo 173 166 179

' 57

168 '67 '46 '50

-

-

I 86 175 I 66 I 60 171 I 60 I 60

I43 164 I64 I95 '59

157 '59

167 170

'74 '74 161 170

- -

1 '56 165 173 '84

'39 '63 136 '55

148 166

Milchzucker und seiner Resorption als notwendig. Zum Vergleich wurde auch Glukose und Fruktose herangezogen.

Nach 7zstiindigem Fasten wurde den Tieren der Zucker in ver- schiedener Menge in Wasser mit der Schlundsonde verabfolgt. Nach verschiedenen Zeiten, friihestens nach 4 Stunden, spatestens nach 15 Stunden nach der Zuckeraufnahme wurden die Hiihner getotet und sc schnell als moglich die Leber und der Verdauungskanal heraus- prapariert. Das in der Leber gebildete Glykogen wurde nach P f 1 ii g e r bestimmt. Der Darm wurde ausgespiilt, sein Inhalt mit dem Kot und Harn vereinigt ; der zerkleinerte Darm wurde mit Wasser aufgekocht. Dieser Extrakt wurde gemeinsam mit dem Filtrat von Magen- und Darminhalt und Kot enteiweiat, auf ein bestimmtes Volumen aufgefiillt. In dieser Losung wurde der Zucker nach der Methode F e h l i n g - I e h m a n n - S c h o o r 1 (s. v. d. H a a r:) bestimmt.

E r g e b n i s s e .

Im ersten Versuch erhielten vier weif3e Leghornhennen (Tab. 6) nach dem Fasten je ein Tier 10 g Glukose, 10 g Fruktose, 10 g Milch- zucker; ein Huhn diente als Kontrolle. Nach 15 Stunden wurden die Tiere getotet.

22 Lenkeit und Becker:

Zuckerut

Kontrolle. . . . . 5 g Michzucker . . 5

6 7 10 g T d e n m o l k e

$ 5 g Michzucker 8 5 g Fruktose . . .

I Tier Nr.

T a b e l l e 6. T6tung 15 Stunden nach der Zuckerzufuhr .

Gly kogen

in der Lebex I P Glukose

0,0126 g ==0,0136 g 0,0685 g -0,0740 g

0,0542 g =0,0585 g 0,5670 g -0,6120 g

Glykogen I in der Leber

Tier Nr.

10 g Glukose 0.9600 g

10 g Milchzucker . 0,1195 g

E Glukose

= 0,0063 g = 1,0360 g = 197- g = 0,1289 g

Irn Magen-, Daminhalt und Kot

0,0487 g Glukose 0,0863 g Glukose 0,0724 g Fruktose 3,1810 g Milchzucker

W e aus der Tabelle zu ersehen ist, ist aus Fruktose die groSte Menge Glykogen gebildet worden, aus Glukose etwas weniger und aus Milchzucker nur ein ganz geringer Teil. Das Kontrolltier enthielt nur Spuren von Glykogen in der Leber. Wahrend Glukose und Fruktose nach 15 Stunden resorbiert sind, ist vom Milchzucker noch ein betracht- licher Teil nicht resorbiert, bzw. wieder ausgeschieden.

Im nachsten Versuch (Tab. 7) wurde einem Tier 5 g Milchzucker, dem zweiten 10 g Trockenmolke mit 5 g Milchzucker, dem dritten 5 g Fruktose verabfolgt. Das vierte Tier diente wieder als Kontrolle. Die Totung erfolgte diesmal schon nach 4 Stunden.

ufuhr.

Im Magen-, Darminhalt und Kot

~~ ~

O,OI 13 g Glukose 0,6690 g Milchzncker

1,0.12 g Milchzucker 0,8310 g Fruktwe

Nach 4 Stunden war aus der Glukose wieder eine bedeutende Menge Glykogen gebildet worden, aus dem Milchzucker dagegen in beiden Ver- suchen fast nichts.

Beim nachsten Versuch erfolgte die Totung nach 6 Stunden nach Zufuhr von 5 g Glukose beim ersten und 5 g Fruktose beim zweiten Tier (Tab. 8).

T a b e l l e 8. Ti3tnng nach 6 Stunden nach d e r Zuckerzufuhr .

Im Magen-, Darminhalt und Kot I Glykogen I in der Leber I =Glukore

Zuckenvert Nr. I

~~

0,0350 g Gluko~e 1,2720 g Fmktose

Glykogen

in der Leber I =Glukose Zuckerart Tier

Nr.

Wie aus der Tab. g zu ersehen ist, ist nach dieser dreitagigen Fiitte- rung mit 50 g Milchzucker weit mehr als die Halfte unverandert aus- geschieden, ob mit dem Kot oder Harn, ist dabei noch nicht gepriift worden. In der Leber fanden sich nur ganz geringe Mengen Glykogen.

Es lag nahe, noch einen Versuch allein uber die Ausscheidung des Milchzuckers durchzufiihren. Zwei Rhodelander Hennen erhielten tag- lich als Grundfutter 60 g Maisschrot, dazu das eine Tier (Nr. 13) 50 g in vier Tagen, das andere (Nr. 14) in der gleichen Zeit 8 0 g Milchzucker (Tab. 10). Im Kot wurde der Milchzucker bestimmt und nach Be- endigung der Milchzuckerfutterung wurden bei alleiniger Fiitterung mit Maisschrot im Kot so lange Zuckerbestimmungen ausgefuhrt, bis der negative Ausfall die vollstandige Ausscheidung anzeigte.

Im Magen-, Darminhalt und Kot

Tier Nr.

Milchzucker

I 3 '4 I :: f Ausscheidung des Milchzuckers

Versuchstage Nachperiode

Awges&edene Gesamtmenge

22770 g

wtihrend der vier in der

I 47928 g 20,80 g IT90 g 45790 g 1738 g

24 Lenkeit und Becker:

Aus den gesamten Versuchen ist zu erkennen, daD aus dem Milch- zucker Glykogen gar nicht oder nur in ganz unbedeutender Menge ge- bildet wird, also der Milchzucker vom Huhn so gut wie gar nicht ver- wertet wird. Diese beruht darauf, daD er im Darm nicht gespalten und zum groBten Teil auch nicht resorbiert wird.

3. Der Urnfang der G b g des Milchzuckers im Darm. Wahrend der Milchzuckerfiitterung wurden jedoch in allen Ver-

suchen etwas mehr Glykogen in der Leber gefunden als in den ent- sprechenden Kontrollen. Milchzucker kommt als Muttersubstanz des Glykogens direkt nicht in 'Frage; fermentative Spaltprodukte des Milch- zuckers treten im Hiihnerdarm infolge Fehlens der Laktase nicht auf. Es ist vielmehr eines der Garungsprodukte des Milchzuckers, und zwar die Milchsaure hier in Betracht zu ziehen. Wie schon oben erwahnt, fanden auch K 1 i n e und Mitarbeiter bei Kiiken eine ganz betrachtliche Steige- rung der Sauerung im Darm nach Milchzuckerfiitterung.

Um einen Uberblick iiber die Garung des Milchzuckers zu be- kommen, wurden in Iangeren Perioden (6-7 Tage) bei Milch- zuckerfutterung die organischen Sauren Essigsaure, Milchsaure und auch Buttersaure im Kot bestimmt. Vier Rhodelander Hennen erhielten taglich in der ersten Periode 60 g Mais bzw. So g Mais, in der zweiten Periode 20 g Milchzucker zu 60 g Mais (Tab. I I ) . Der Kot wurde tag- lich gesammelt, mit der zehnfachen Menge Wasser aufgekocht und im verschlossenen Kolben im Kiihlschrank aufbewahrt. Die Proben von je 3 Tagen wurden auf I 1 aufgefiillt, filtriert und 200 ccm des Filtrates

T a b e l l e 11. D i e tiigliche Ausscheidung von Milchsiiure, Essigsiiure und Buttersiiure

mit dem K o t nach Milchzuckeraufnahme. - - Tier Nr.

Futter tiiglich

60 g Mais jo g Mais + 20 g Milchzuck.

60 g Mais jo g Mais + 20 g Milchzuck.

{ :: 80 g Mais

60 g Mais I :: I :: + 20 g Milchzucker

{ :: 80 g Mais

I. 60g Mais

+ 20 g Milchzucker { :\

Essigsiiure g

Buttersiiure g

0,oo 0,oo

0,0035 0.00

0,0262

0,0385 0

0

0

0,1001

0,0088 0,0297

0

0,0123

0,0242

0,1520

Milchsiiure t-!

Milchzucker g

- 99588 -

10,608 (Zucker 0) (Zucker 0)

10715 12,06

nicht bestimmt 13 9,

(Zucker 0)

(Zucker 0 )

0 5 1x714

nicht bestimmt 19 19

Beitrag zur Verwertung des Milchzuckers beim Gefliigel. 25

nach Entfernung des Zuckers zur Bestimmung der Essigsaure und Buttersaure einer dreifachen Destillation nach W i e g n e r unterworfen. Die Milchsaure wird im Riickstand nach der Methode von F 1 i e g mit Chromschwefelsaure zu Essigsaure oxydiert und diese durch Destillation bestimmt. Zur Destillation wurde der von 3; e p p e r angegebene Appa- rat benutzt. Die Ubergangskonstanten wurden durch Destillation der reinen Sauren (Essigsaure, Buttersaure, Milchsaure) ermittelt. AuBer- dem wurde im Kotextrakt in gleicher Weise wie in den friiheren Ver- suchen der unverandert ausgschiedene Milchzucker bestimmt.

Als Ergebnis dieses Versuches ergibt sich nach Tab. 11, daB bei der Milchzuckerfiitterung gegeniiber der reinen Maisfiitterung der Gehalt des Kotes an Essigsaure um das ~-4fache und an Milchsaure sogar auf das 7-8fache gestiegen ist. AuBerdem wurden wiederum rund 50 010 des aufgenommenen Milchzuckers unverandert ausgeschieden. Der nicht ausgeschiedene Milchzucker verfallt demnach einer gesteigerten Garung im Darm. Die bisweilen auftretende geringe Glykogenbildung nach Milchzuckerzufuhr ist durch das Garungsprodukt Milchsaure bedingt. Praktisch lassen die gesamten Versuche erkennen, da6 das Huhn infolge Fehlens der Laktase den Milchzucker nicht verwertet, sondern ihn zum groBen Teil unverandert ausscheidet. Die Verfiitterung von milchzucker- reichen Futtermitteln mit 40-50 010 Milchzucker, z. B. Trockenmolke (L e n k e i t und B e c k e r), an das Huhn bedeutet danach eine Nahr- stoff vergeudung.

I .

2.

3.

4.

Zusammenfassung. Eine betrachtliche Steigerung des Blutzuckers beim Huhn wurde nach der Zufuhr von Glukose und Galaktcse gefunden; nach Lavu- losegaben war sie selten und dann sehr gering, desgleichen nach Rohrzucker. Der Milchzucker rief nie eine Blutzuckererhohung hervor. Aus dem Milchzucker wird beim Huhn Glykogen entweder gar nicht oder nur in ganz unbedeutender Menge gebildet. Bis iiber 50 010 des aufgenommenen Milchzuckers wird unverandert aus- geschieden. Der nicht ausgeschiedene Milchzucker verfallt einer gesteigerten Darmgarung unter vorwiegender Entstehung von Milchsaure. Die Milchsaure bedingt auch die geringe Glykogenbildung in der Leber nach Milchzuckerzufuhr. Praktisch ist das Huhn nicht imstande, den Milchzucker zu ver- werten. Die Verfiitterung von milchzuckerreichen Futtermitteln, z. B. Trockenmolke, an das Gefliigel ist daher zu vermeiden.

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