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I30 Bemerkung iiber Harnsteine und Harnsiiure j von DT. Ruda Zph B6ttger. In tler letzien Zeit bot sich mir mebrfache Gclegen- heit dar , aus einigen in den harnfiihrenden Organen erzeiig- ten Concretionen reine Harnskre auszuscheiden. Mehr als 10 Stiiclc Harnsteine von betr2chtlicher Grasse standen mir zu Gebote, ails denen ich, da sie meist aus HarnsEure und harnsaurem Ammoniak bestanden, eine ziemliche Quan- titzt der reinsten , vollkommen schneeweissen Harnsiiure, mit 2er ich mannichfache Versuche angestellt, gewann. Zu- f2llig kain mir in dieser Zeit die lrleine vom Irztlichen Publiko im Ganzen genonimen leider noch wenig beachtete, vom Dr. W e t z l a r in Hanau im Jahr 1821 unter dern Ti- iel: Beitrage zur Kenntniss des menscfilicfzen Warns und der 3ntstefzung deer Narnsuurs ," Frankfurt a. M. , im Ver- lage der Hermannschen Biichhandluug herausgegebene Bro- chiire in die Hsnde, deren Inhalt mich ungemein freudig iiberraschte , weil ich darin Thatsachen aufgefiihrt fand, die in therapeutischer Hinsicht von grosser Wichtigkeit seyn diirften, nnd die iiberdies SO ungeschminkt und klar ausge- sprochen, dass mir es bis auf diese Stunde noch ein rL;th- sel bleibt, wic cliese Perlen dem Irztlichen Publilro (wenig- stens wie mir scheint) SO lange verborgen bleiben konnten. Bei der ziemlich grossen Anzahl von Arbeiten, welche uber Harn nnd insbesondere iiber Harnsteine handelrl, sollte

Bemerkung über Harnsteine und Harnsäure

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Page 1: Bemerkung über Harnsteine und Harnsäure

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Bemerkung iiber Harnsteine und Harnsiiure j

von

DT. R u d a Zph B6t tger .

In tler letzien Zeit bot sich mir mebrfache Gclegen- heit dar , aus einigen in den harnfiihrenden Organen erzeiig- ten Concretionen reine Harnsk re auszuscheiden. Mehr als 10 Stiiclc Harnsteine von betr2chtlicher Grasse standen mir zu Gebote, ails denen ich, da sie meist aus HarnsEure und harnsaurem Ammoniak bestanden, eine ziemliche Quan- titzt der reinsten , vollkommen schneeweissen Harnsiiure, mit 2er ich mannichfache Versuche angestellt, gewann. Zu- f2llig kain mir in dieser Zeit die lrleine vom Irztlichen Publiko im Ganzen genonimen leider noch wenig beachtete, vom Dr. W e t z l a r in Hanau im Jahr 1821 unter dern Ti- i e l : Beitrage zur Kenntniss des menscfilicfzen Warns und der 3ntstefzung deer Narnsuurs ," Frankfurt a. M. , im Ver- lage der Hermannschen Biichhandluug herausgegebene Bro- chiire in die Hsnde, deren Inhalt mich ungemein freudig iiberraschte , weil ich darin Thatsachen aufgefiihrt fand, die in therapeutischer Hinsicht von grosser Wichtigkeit seyn diirften, nnd die iiberdies SO ungeschminkt und klar ausge- sprochen, dass mir es bis auf diese Stunde noch ein rL;th- sel bleibt, wic cliese Perlen dem Irztlichen Publilro (wenig- stens wie mir scheint) SO lange verborgen bleiben konnten. Bei der ziemlich grossen Anzahl von Arbeiten, welche uber Harn nnd insbesondere iiber Harnsteine handelrl, sollte

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man meinen, dass man die Umsliinde, welche zunlchst die Entstehung urid Bildung der letztern veranlassen , genau kenne , aber dem ist bekanntlich nicht SO, vielmehr schei- n& die Versuche, urn die Enlstehung der Harnconcremente zu erlrliren , nach W e t zlar 's Ansicht zur Zeit von ganz irrigen Principien ausgegangen zu segn, und sie sind nach ihm getrviss einzig nur desshalb unhaltbar, weil die merk- wiirdige Reaction des I-larns gegen Szzcren bisher Leinahe vijllig unbeachtet geblieben ist. Desshalb hat sich,nach mei- nem Dafiirlialten W e t z 1 a r ein grosses Verdienst erworben, dass e r auf diese Reaction ein SO bedeutendes Gewicht legt. Zwar fiat e r iliese Beobachtungen und alle auE diesen Ge- gensiand Bezug habenden Versuche bereits schon YO^ 15 Jah- ren, und zwar noch ehe er pralitischer Arzt war, ange- stelit, aus welchem letztern Grunde es denn auch wohl mag gekomiuen seyn, dass man kein grosses Gewicht auf seine yon deni Bestehenden vijllig abweichenden dtisichten gelegt und seine Versuche vielleicht gar nicht einmal einer Prii- fung Eiir werth erachtet hat, aber ich muss bekennen, dass dieselben auch noch jetzt, wenigstens fiir mich , so manche neue und interessante, der fernern Priifung und Beachtung wohl werthe Data enthalten, ddSS ich mich, da ich im Besitze einer ziemlichen Quatititiit Harnsiiure war , sogleich entschloss , die meisten seiner in ohen angefiihrrter Brochure seinen theoreiischen Ansichten zu Grunde gelegten Versuche seibst anzusiellen , und ich liann versichern, dass die ge- wonnenen Resultate vollkommen mit denen W e t z 1 a r's

iibereinsiirnmten , obwohl ich nicht in aUen Punkten seine Ansichten untersclireiben m6chte. Insbesondere habe ich jene , ich muss gestehen , mir anfangs riithselhaft vorkom- mende Wirlrsamkeit des Heiberts bei Ausscheidung der un- reinen, noch mit andern Stoffen vermischten I-Iarndure aus

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Urin unter ZIisatz von einisen Tropfen irgend einer Mine- ralssure *), und das merkwiiidige Verhalten des Boraxes zur HarnsSure **) vollkommen bestStigt gefunden. In der Tha t fand ich, dass 4 Gran in 2 Loth Wasser aufgelijster Borax bei + 2 8 bis 30° R. eine reichliche QuanlitHt Harn- sgure iiusserst schneZZ und vaZZstandig aufzulosen vermochte, dass diese LoSUllg selbst bei etwas verminderter Temperatur noch immer vollkommen klar l l ieb , dagegen eine cancen- trirtere Boraxliisung sich nzincler Qorthedhaft erwies. Da nun nach den Zeugnissen bewlhrter Aerzte Eorax auf un- sere thierische Oekonomie im Ganzen genominen durchaus nicht nachtheilig einmirken sol1 , so diirfte derselbe noch mehr als das kohlensaure Nalron als ein wahres Antidoturn gegen G r i e s und S t e i n , falls letzterer (wie dies meist der Fall ist) aus HarnsPure besteht , zu betrachten und deiz B e r m Aerzten dessen Anwendung bei jenen Krankheiten *cht genug zu empfefzlen seyn! Dr. W e t z l a r schliigt zwar vor , eine verdiinnte BoraxlBsung zum innerlichen Gebrauche den mit Steinbeschwerden behafteten Patien- ten andauernd zu reichen, ich bin aher der unvorgreiflichen Meinung, dass es weit zweckmgssiger seyn diirfte , neben dem innerlichen Gebrauche von kohlensaurem Natron , eine verdunnte Boraxliisung durch Injection i n die Harnblase ge- langen zu lassen, denn wohl nur auf die Weise lnijchte eine Boraxlasung vollig unzersetzt bleiben und unmittel- bar auf die Harnslure oder die Harnconcremente einwirken kiiimen.

Dieses merkwiirdige Verhalten des Boraxes zur Harn- siiure gab mir denn auch nach Wet z 1 ar’s Empfehlung ein ganz vortrefRiches Mittel an die Hand, aus den verschieden-

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*) Siehe Wet zl a r’s Schrift pag. 6 - 8. w) desgl. pag. 78.

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artigsten Excrementen der VGgel , s t h t solcher , die nicht eigentlich zu der Kaiegorie der fleischfressenden gehijren , die geringsten Spuren freier Harnsiiure schnell und leicht abzu- scheiden, indem ich nur nijlhig b a l k , die Excremente der Vijgel mit einer aus einem Gewichttheil Borax und 120

Gebyichttbeilen Wasser bestekenden L h n g zu kochen, dann die filtrirte Fliissigkeit i n kalte Chlorwasserstoffsiiure einzu- tragen. Auf diese Weise habe ich mit giosser Leichtigkeit, besonders aus den weiss aussehendeii Theilen der Tauben- excrements eine ziemliche Q ffiantitat, aus HZhnerexcrementen

weniger, aus Eulenexcrementen dagegen schr vie2 reine ITarnsZure . ausgeschieden, was gewise mit grosser Unbe- quemlichkeit wiirde verbunden gewesen seyn, wenn ich mich der gewiihnlichen Methode bedient und Aetzkali angewandt htitte, indem bei Anwendung dieses Stoffes gar nicht zu vermciden ist , dass v ide in jenen Excrementen der Ham-

. s;iure beigemengte animalische und vegetabilische Stoffe gleich- zeitig mit aufgeliist werden, wodurch meist eine so dicke iind geF2rbte Briihe resultirt, dass man kaum im Stande ist, sie zu filtriren , wIhrend die harnsaure Boraxlijsung ziemlich dunnfliissig bleibt und ausser der HarnsHure iiur sehr menig Farbsloff in sich aufnimmt.