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Berieht tiber die April-Sitzung 1900. S71 Nachdem Herr Reich e n o w auf einige dutch Herrn Bau- rat Wtistnei flir die Avifauna Mecklenburgs angegebene seltene VSgel aufmerksam gemacht hat, schl~igt er vor, auf der n~chsten Jahresversammlung die von Herrn Prof. Convenz zur Erhaltung seltener deutseher Tierformen angeregten Massnahmen zur Sprache zu bringen. Herr Pascal teilt zum Schluss noeh eine Beobachtung be- treffend eine wegen des unverh~ltnism~ssigtiefeingetauchtenK6rpers nur mtihsam schwimmende Stockente mit. O.-Hetm'oth. Bericht Uber die April-Sitzung 1900. Yerhandelt Berlin, Montag, den 2. April 1900, Ahends 8 Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 99 II. Anwesend die Herren: Deditius~ Bringer, Haase, G. R6rig, Jacobi~ v. Lucanus, Paeske, Reichenow, Sehalow, Deichler, Heinroth, R. R6rig, G0ttschlag. Als Gi~ste: Die Herren Jurenz und Hellmayr. Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr Heinroth. Die Herren Reichenow und Schalow legen die neuein- gegangene ornithologische Litteratur vor, wobei ersterer namentlich auf eine Vorlage yon Berrn Wiglesworth aufmerksam macht, welche das Einflihren einheitlicher Messungen am Vogelk6rper anregt. Bereits in der Einleitung zum ,,Tierreich" wie im ,,Journal flir Ornithologie" hat Herr Reiehenow die Erreichung desselben Zieles erstrebt, was von Herrn Wiglesworth tibersehen worden ist. Herr Deichler tr~gt darauf die Resultate seiner bis jetzt an 500 B~Llgen angestellten Studien fiber die Arten-, be- ziiglieh Unterartenfrage der Linarien vor. Er kommt zu dem Schlusse, dass die Gattung der Leinfinken nur einen ,Formenkreis" darstelle. S~Lmtliche Arten bez. Unterarten sind im Sommer dunkler als im Winter, ihre lokale Verbreitung ver- hiLlt sich etwa folgendermassen: Die typische Species linaria briitet in Schweden bis 69 0 n~rdl. Br., in Finnland, im n6rd- lichen Deutschland und Nordrussland, jedoch sehr spRt, erst zu Ende des Juli. Die ihr nahestehende, dunklere, mehr rote und grossschnKblige L. holbodli bewohnt West-Skandinavien. Eine mehr g~.lbliche, diinnschnRbligere Form lebt ira Amur- und Baikal-Gebiet. Das nordamerikanische Seeengebiet beherbergt

Bericht über die April-Sitzung 1900

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Berieht tiber die April-Sitzung 1900. S71

Nachdem Herr R e i c h e n o w auf einige dutch Herrn Bau- rat Wtistnei flir die Avifauna Mecklenburgs angegebene seltene VSgel aufmerksam gemacht hat, schl~igt er vor, auf der n~chsten Jahresversammlung die von Herrn Prof. Convenz zur Erhaltung seltener deutseher Tierformen angeregten Massnahmen zur Sprache zu bringen.

Herr P a s c a l teilt zum Schluss noeh eine Beobachtung be- treffend eine wegen des unverh~ltnism~ssig tiefeingetauchtenK6rpers nur mtihsam schwimmende Stockente mit. O.-Hetm'oth.

Bericht Uber die April-Sitzung 1900. Yerhandelt Berlin, Montag, den 2. April 1900, Ahends 8

Uhr im Architekten-Vereinshause, Wilhelmstr. 99 II. Anwesend die Herren: Deditius~ Bringer , Haase , G.

R6r ig , Jacobi~ v. Lucanus , P a e s k e , Re ichenow, S e h a l o w , D e i c h l e r , H e i n r o t h , R. R6r ig , G 0 t t s c h l a g .

Als Gi~ste: Die Herren J u r e n z und H e l l m a y r . Vorsitzender: Herr Schalow. Schriftf.: Herr H e i n r o t h . Die Herren R e i c h e n o w und S c h a l o w legen die neuein-

gegangene ornithologische Litteratur vor, wobei ersterer namentlich auf eine Vorlage yon Berrn Wiglesworth aufmerksam macht, welche das Einflihren einheitlicher Messungen am Vogelk6rper anregt. Bereits in der Einleitung zum ,,Tierreich" wie im ,,Journal flir Ornithologie" hat Herr Reiehenow die Erreichung desselben Zieles erstrebt, was von Herrn Wiglesworth tibersehen worden ist.

Herr D e i c h l e r tr~gt darauf die Resultate seiner bis jetzt an 500 B~Llgen angestellten S t u d i e n f iber d i e A r t e n - , be - z i i g l i e h U n t e r a r t e n f r a g e de r L i n a r i e n vor. Er kommt zu dem Schlusse, dass die Gattung der Leinfinken nur e i n e n ,Formenkreis" darstelle. S~Lmtliche Arten bez. Unterarten sind im Sommer dunkler als im Winter, ihre lokale Verbreitung ver- hiLlt sich etwa folgendermassen: Die typische Species linaria briitet in Schweden bis 69 0 n~rdl. Br., in Finnland, im n6rd- lichen Deutschland und Nordrussland, jedoch sehr spRt, erst zu Ende des Juli. Die ihr nahestehende, dunklere, mehr rote und grossschnKblige L. holbodli bewohnt West-Skandinavien. Eine mehr g~.lbliche, diinnschnRbligere Form lebt ira Amur- und Baikal-Gebiet. Das nordamerikanische Seeengebiet beherbergt

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im Norden die dunkle L. f~c~sc~s, im S0den die L. e~v/lipes. GrSnland weist 3 Formen auf: im Osten L. holbodli, im Stiden his zu 69 0 L. rostrata, den dickschn~bligsten und dunkelsten Vogel, und im Norden die helle L. ho~zsmanni. SKmtliche VSgel sind oft bis in den Mai hinein auf dem Zuge und dann natttrlich auch anderwitrts zu finden. In den Aipen brtitet L. ~ f e s c ~ , weiche der kleinen, englischen Form ~hnelt. In ganz Sibirien brt~tet keine echte / Jn~ /a l sondern die yon dieser ab- weichende sibivica. An der anschliessenden Dehatte fiber Lokal- formen im allgemeinen beteiligten sich die Herren R e i c h e n o w , S c h a l o w und J acob i .

Herr J ac o b i legt darauf eine Anzahl wundervoll pritparierter N e c t a r i n i e n vor, welche der javanischen Sammlung des ver- storbenen Kieler Bltithenbiologen K u n d t ent~tammen und dem Berliner Museum filr Naturkunde schenkweise iiberlassen werden.

Herr H e l l m a y r bemerkt zur N o m e n c l a t u r der Schwanz- meisen folgendes: v. Madar~sz hat in der letzten Lieferung seiner ,,VSgel Ungarns" ftir die Schwanzmeisen den Gattungsnamen Acre- dula verwendet, dies veranlasst reich, da ich seit einiger Zeit mit den Meisen beschitftigt bin, eine Bemerkung zu machen, die sich auf die generische Bezeichnung dieser Form bezieht. Stejneger hat in den Proceedings of United States Museum, ]886, p. 382 iT. dar- gethan, dass ftir die Schwanzmeisen ktinftighin der Hermann'sche Genusname Avgithatus in Anwendung kommen muss. Der Ge- nannte hat niLmlich in dem Werke ,,Observationes zoologicae" I. p. 214. (1804) einen Vogel unter dem Namen Pipra euro~aea beschrieben und schliigt, falls derselbe eine neue Gattung re- pr~sentieren sollte, for ihn den Namen Aegi~halus vor. Die Beschreibung, welche Hermann an cit. Orte yon dem Vogel giebt, stellt es ausser Zweifel, dass damit die Schwanzmeise ge- meint ist; besonders die Angaben tiber den Schwanz (cfr. dartiber Proc. Un. St.) treffen aufs genaueste zu. Es steht also ausser Frage, dass ~egitha~s yon nun an fiir die Schwanzmeisen zu verwenden und demgem~ss ftir die Beutelmeisen der yon Stej- neger vorgeschlagene Name It~ziza anzunehmen ist. - - Etwas anderes ist es mit der Deutung Stejnegers beztiglich der Form, auf welche sich Hermanns Angaben beziehen. Soweit mir die betreffende Stelle vorliegt, kann ich darin nichts finden, welches mit Sicherheit darauf schliessen liesse, dass dem gen. Autor rosea vorgelegen hat, auf welche Stejneger den Namen ~ropacus

~edeht Ib~r dio &prii4itzug 1900. $73

angewendet wi~eh will. Wenigstene let der eharakteristischen eehwarzen Kopfstrcifeu keine Erw~hnung gethan, und die Er- ki~reng Stejnegers, dass ibm wahrscheinlich ein jungcs Exemplar als Muster diente, erscheint mir doch zu hypothetisch.

Herr 8r verliesst einen Brief des Herrn O t h m a r R ei se r in Sarajewo, in welchen der Genannte mitteilt, dass die schwered Unwetter, welche im Dezember vergangenen Jahres t~her Bosnien und die Herzegowina hereinbrachen, einige inte- ressante nordische G~ste mit sich fiihrten, so Anser alSifro~, F~igu~z m ~ z u. A ~ ' ~ g ~ : ~ , welch' letztere am Scutari- see erlegt wurde. Alle drei sind neu f~r das innere Bosnien bezw. Aibanien lind Montenegro.

Die beiden erst genannten Arten scheinen auf ihren Ztigen nach dem Sudan nicht das Innenland zu beriihren sondern die Kiistengebiete dabei zu bevorzugen. Was Anent aZbifrons an- geht, so diirfte dieselbe nach den Wahrnehmungen Reisers den Osten der Balkanhalbinsel ungleich h~ufiger als die Westhitlfte auf dem Zuge besuchen.

Reiser teilt ferner noch mit, dass der yon Fiihrer am Skutarisee geschossene, als A~uila fulvesccns Gray angesproehene Adler (cf. Filhrer, Ornith. Jahrbuch XI, 1900, S. 25 und Klein- schmidt, Orn. Monatsb. 1900 S. 65) nicht wie 1. c. angegeben in das Bosnisch-Herzegowinische Landesmuseum in Sarajewo ge- kommen ist. Wegen des hohen Preises musste yon dem Erwerb des Exemplai'es Abstand genommen werden. Er befindet sich jetzt im Rothschildschen Museum in Tring.

Herr Reich en ow bespricht die rotkepfigen Wtirger Afrikas und stellt nine neue Einteilung der Meropiden auf, die im wesentlichen auf dem Schwingenverh/tltnis beruht.

Zum Schlusse wiinscht der Vorsitzende, Herr S eh a I o w, dem in Kitrze scheidenden Mitgliede, Herrn H e i n r o t h ; im Nainen der Gesellschaft ftli. seine Reise nach der Sttdsee, ins- besondere dem Bismarckarchipel, viel Erfolg und eine glttckliche Heimkehr. Hehlroth.