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CFD-Simulationen in der Entwicklung von Hochleistungs- Wärmeübertragern Leistungssteigerungen und erhöhte Anforderungen an die Energieeffizienz bei Automobilen, Bau- und Land- maschinen, Kompressoren, Schienenfahrzeugen, Haushaltsgeräten etc. erfordern eine optimierte Kühlung. AKG entwickelt hierfür entsprechende Wärmeübertrager. Dabei spielt zunehmend Simulationssoftware zur Festigkeitsanalyse sowie zur Optimierung der Strömung und der Wärmeübertragung eine bedeutende Rolle. Insbesondere bei der Entwicklung neuer Wärmeübertragungsoberflächen sind numerische Strömungssimu- lationen (CFD – Computational Fluid Dynamics) kombiniert mit den Methoden statistischer Versuchsplanung (DOE – Design of Experiments) unverzichtbare Werkzeuge. Anhand des Beispiels einer Lamellenentwicklung werden hier die zu realisierenden Vorteile aufgezeigt. ENTWICKLUNG MTZ 04I2008 Jahrgang 69 334 Simulation

CFD-Simulationen in der Entwicklung von Hochleistungs-Wärmeübertragern

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CFD-Simulationen in der

Entwicklung von Hochleistungs-

WärmeübertragernLeistungssteigerungen und erhöhte Anforderungen an die Energieeffizienz bei Automobilen, Bau- und Land-maschinen, Kompressoren, Schienenfahrzeugen, Haushaltsgeräten etc. erfordern eine optimierte Kühlung. AKG entwickelt hierfür entsprechende Wärmeübertrager. Dabei spielt zunehmend Simulationssoftware zur Festigkeitsanalyse sowie zur Optimierung der Strömung und der Wärmeübertragung eine bedeutende Rolle. Insbesondere bei der Entwicklung neuer Wärmeübertragungsoberflächen sind numerische Strömungssimu-lationen (CFD – Computational Fluid Dynamics) kombiniert mit den Methoden statistischer Versuchsplanung (DOE – Design of Experiments) unverzichtbare Werkzeuge. Anhand des Beispiels einer Lamellenentwicklung werden hier die zu realisierenden Vorteile aufgezeigt.

ENTWICKLUNG

MTZ 04I2008 Jahrgang 69334

Simulation

1 Einleitung

In einem Wärmetauscher findet zwischen zwei durch feste Bauteile getrennten Flui-den eine Wärmeübertragung statt, wobei der Druckverlust in den Fluiden mög-lichst gering sein soll. In einem typischen Fall strömt ein heißes Fluid (Prozessmedi-um, zum Beispiel Kühlmittel) im Kreuz-strom mit einem kalten Fluid (Kühlmedi-um, zum Beispiel Luft) durch den Wärme-übertrager, wobei die Wärmeübertragung durch geeignete Lamellen in den jewei-ligen Strömungsquerschnitten verbessert wird. Der Form der Lamelle kommt neben weiteren Faktoren bei der Optimierung von Wärmeübertragern eine wesentliche Bedeutung zu.

Die Wärmetauscherentwicklung und damit die Entwicklung neuer Lamellen muss sich den schnelleren Produktzyklen in allen Anwendungsgebieten anpassen. Selbst bei Beschränkung auf eine La-mellenform resultieren aus den Parame-

tern Höhe, Teilung, Materialdicke etc., Bild 1, eine Vielzahl von Kombinationen, aus denen die optimale aufgrund gegen-seitiger Beeinflussung nur mit großem Aufwand zu ermitteln ist. Eine effiziente und erfolgreiche Optimierung kann durch das systematische Vorgehen mittels statistischer Versuchsplanung erreicht werden. Die dabei erstellten Versuchsplä-ne können zur optimierten Ausnutzung der Ressourcen genutzt werden.

Vor dem relativ teuren Bau eines phy-sikalischen Prototypen werden CFD-Si-mulationen mittlerweile standardmäßig für die fluid- und thermodynamische Be-urteilung neuer Lamellengeometrien an-gewendet, während aeroakustische Phä-nomene erst bei späteren Messungen am Prototypen untersucht werden. Da die Sensibilität gegenüber Geräuschemissi-onen generell zunimmt, wird es für eini-ge Anwendungsbereiche notwendig, die-se Emissionen schon bei der Entwicklung von Lamellen zu berücksichtigen.

Die Autoren

Dr.-Ing. Andreas Strehlow ist Leiter der

Forschungs- und

Entwicklungsabteilung

der AKG-Gruppe

in Hofgeismar.

Dr.-Ing. Jörg Leuschner ist Projektleiter im

Bereich Akustik und

Simulationen, F&E

der AKG-Gruppe in

Hofgeismar.

Dr.-Ing. Jens Scheffermann ist Projektleiter im

Bereich CFD-Simula-

tionen, F&E der AKG-

Gruppe in Hofgeismar.

Bild 1: Einflussgrößen auf die Leistungsfähigkeit einer Lamelle

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2 Versuchsplanerstellung für CFD-Simulationen mit DOE

Um den Aufwand bei der beispielhaften Entwicklung einer Kühlluftlamelle in Grenzen zu halten, wurden lediglich vier Faktoren berücksichtigt, bei denen ein nichtlinearer Zusammenhang mit den Leistungskenndaten erwartet wurde: Lamellenteilung, Schnittlänge, Schnitt-abstand und zusätzlich die Strömungs-geschwindigkeit, Bild 1. Die Lamellen-höhe und die Materialstärke wurden konstant gehalten. Da die Leistungskenn-daten nicht linear von den betrachteten Einflussfaktoren abhängen, wurde deren Einfluss auf fünf Stufen untersucht.

Würde entsprechend der klassischen Vorgehensweise zur Bestimmung des Op-timums ein Geometriefaktor nach dem anderen optimiert, ergäben sich gemäß Bild 2 (a) 13 Versuche. Wechselwirkungen zwischen den Faktoren würden hierbei nicht berücksichtigt, so dass das gefun-dene Optimum nicht unbedingt das Ge-samtoptimum sein muss.

Eine vollständige Beschreibung des Pa-rameterraums für die drei Geometriefak-toren erfordert einen vollfaktoriellen 53-Versuchsplan wie in Bild 2 (b). Hiermit würden alle Abhängigkeiten und Wech-selwirkungen erfasst; die Durchführung von 125 Versuchen wäre jedoch entspre-chend zeit- und kostenintensiv.

Um die einzelnen Effekte vollständig analysieren zu können und etwaige Nicht-linearitäten der Parameter zu erfassen, wurde ein zentral zusammengesetzter Versuchsplan gemäß Bild 2 (c) erstellt. Durch diese Kombination eines vollfakto-riellen Zwei-Stufenplans mit einem stern-förmigen Plan lassen sich alle Abhängig-keiten mit nur 15 Versuchen beschreiben.

Dem Versuchsplan entsprechend wur-den mit dem CFD-Programm Fluent 15

Modelle zur Berechnung einer optimier-ten Lamelle erstellt. Aus den Ergebnissen der Berechnungen für jeweils fünf ver-schiedene Strömungsgeschwindigkeiten wurden Koeffizienten für den Druck-verlust und den Wärmeübergang gebil-det. Der Druckverlustkoeffizient ergab sich aus dem gemittelten Druckgradien-ten entlang der Lamelle. Als Koeffizient für die Qualität der Wärmeübertragung kann die Temperaturänderung der Kühl-luft nicht direkt herangezogen werden, da die Temperaturdifferenz zwischen Luft und Wand im Laufe der Lamellen-durchströmung abnimmt. Deswegen wurde für die einzelnen Abschnitte i der Lamelle Wärmeüberangskoeffizienten ki ermittelt und daraus ein repräsentativer Mittelwert gebildet.

Die beiden Koeffizienten für den Druckverlust und den Wärmeübergang wurden mit kommerziellen DOE-Pro-grammen ausgewertet. Mit einem qua-dratischen Modell ließ sich der nichtli-neare Zusammenhang zwischen den

Faktoren und den Koeffizienten am Bes-ten beschreiben. Wie erwartet hängen beide Koeffizienten stark von der Strö-mungsgeschwindigkeit und der Lamel-lenteilung ab, Bild 3.

Mit der multiplen Regressionsanalyse wurden neben den vier Haupteffekten aber auch einige Wechselwirkungen als signifikant identifiziert. Beim Wärme-übergang ist die Wechselwirkung zwi-schen Lamellenteilung und Schnittab-stand fast so groß wie der Effekt des Schnittabstandes allein. Die gegenseitige Beeinflussung zwischen Schnittabstand und Teilung lässt sich also nicht auf das Verhältnis der beiden Größen zueinan-der reduzieren.

Die zweite wichtige Wechselwirkung besteht zwischen der Teilung und der Strömungsgeschwindigkeit. Insbesonde-re beim Druckverlust hat die Teilung bei hohen Geschwindigkeiten einen großen Einfluss. Bei niedriger Geschwindigkeit ist dagegen ein deutlich schwächerer Ein-fluss festzustellen.

Basierend auf diesen Ergebnissen kann nun versucht werden, aus den Fak-toren die optimale Einstellung zu finden. Hierbei ergibt sich wiederum das Prob-lem, dass ein hoher Wärmeübergang stets mit einem hohen Druckverlust ein-hergeht. Dies bestätigt eine Regressions-analyse, die zwischen beiden Koeffizien-ten eine Korrelation von 93 % aufweist.

Jedoch hängen die beiden Koeffizi-enten nicht immer gleich stark von den Faktoren ab, so dass durchaus Konfigura-tionen zu ermitteln sind, die je nach Auf-

Bild 2: Versuchspläne entsprechend den gewählten Ansätzen (a: klassisch, b: vollfaktoriell, c: zentral zusammengesetzt)

Bild 3: Abhängigkeit der Koeffizienten von den Faktoren Teilung und Strömungsgeschwindigkeit

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Simulation

gabenstellung besser als andere geeignet sind. So ist bei begrenzten Platzverhält-nissen oft eine hohe Leistung gefordert, die durchaus mit einem hohen Druck-verlust verbunden sein darf. Bei Syste-men ohne Lüfter muss dagegen mit einem möglichst geringen Druckverlust eine maximale Kühlleistung erreicht werden.

Nachdem mit Hilfe des vorgestellten Ansatzes mit relativ geringem Aufwand eine für den Anwendungsfall optimierte Lamelle entwickelt werden kann, ist diese anhand von weiter führenden CFD-Simu-lationen hinsichtlich der zu erwartenden Geräuschemissionen zu überprüfen.

3 CFD-Analyse von Geräusch-emissionen an Lamellen

Generell nimmt die Sensibilität gegen-über Geräuschemissionen zu und insbe-sondere bei Automobilen und Schienen-fahrzeugen werden diese als störend

empfunden. Werden diese Geräusch-emissionen erst am fertigen Produkt er-kannt, sind die notwendigen Designän-derungen zeit- und kostenintensiv. Inso-fern wäre eine Angabe über das aero-akustische Verhalten einer geplanten Lamelle erforderlich. Dies kann anhand von CFD-Simulationen erfolgen.

Im Vergleich zu thermodynamischen Simulationen erfordern aeroakustische Simulationen eine höhere räumliche und zeitliche Diskretisierung und somit einen erhöhten Rechenaufwand. Da eine Erhöhung der Rechenleistung nicht im-mer ökonomisch vertretbar ist, sollte die Möglichkeit überprüft werden, aeroakus-tische Simulationen mit Fluent in einem 2D-Modell durchzuführen.

Um die Güte der Ergebnisse bewerten zu können, wurde als Anwendungsfall ein Wärmeübertrager (Höhe 200 mm, Länge 980 mm, Tiefe 113 mm) ausge-wählt, bei dem Akustikmessungen in einem Reynoldszahlbereich von 1850 bis 3300 durchgeführt wurden. Bei Re > 2225

entstand ein hochfrequenter Pfeifton von 120 dB.

Für die CFD-Analyse wurden zwei 2D-Modelle mit vereinfachter Lamellenstruk-tur erstellt, Bild 4 und Tabelle. Der spezielle Aufbau des untersuchten Wärme-übertragers führt zu scharfen Kanten, welche von der Kühlluft umströmt wer-den. Um den Einfluss dieser Kanten auf die Geräuschemission des Wärmeübertra-gers beurteilen zu können, wurden sie nur in einem Modell berücksichtigt. Bei einem Pfeifton in der Simulation ohne scharfe Kanten wäre die Lamellenstruk-tur für den Pfeifton verantwortlich. Bei einem Pfeifton im zweiten Modell wären die scharfen Kanten die Ursache.

Während der Simulation wurden die resultierenden Strömungskräfte an der Lamellenstruktur aufgezeichnet. Aus die-sen Werten konnten mit dem in Fluent integrierten Akustikmodell die Geräusch-emissionen berechnet und der Schall-druckpegel für die jeweiligen Frequenzen ausgegeben werden.

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Die Ergebnisse der Simulation ohne scharfe Kanten zeigt einen ähnlichen Verlauf wie die Messergebnisse bei Re = 2900, allerdings sind die gemessenen Peaks bei 1475, 2950, 4400, 5900, 7350 und 8800 Hz nicht in den Ergebnissen der numerischen Simulation zu erken-nen, Bild 5. Für eine Netztunabhängig-keitsuntersuchung wurde das Netz an-hand von Strömungsgradienten adaptiv verfeinert. Eine hiermit durchgeführte Simulation mit ansonsten gleichen Rand-bedingungen führte zu keiner verbes-serten Übereinstimmung. Die Ergebnisse blieben zur Simulation mit dem gröbe-ren Netz gleich und bestätigten somit die Netzunabhängigkeit der Lösung.

Die Simulation mit scharfen Kanten wurde mit den gleichen Randbedin-gungen und die anschließende akusti-sche Auswertung mit den gleichen Para-metern durchgeführt. Der Vergleich die-ser Simulationsergebnisse mit den Mess-daten zeigt eine deutlich bessere Über-einstimmung, Bild 5. Wiederum ist der Verlauf der beiden Kurven ähnlich und es sind zusätzlich Peaks ähnlich denen der Messergebnisse zu erkennen. Die Fre-quenz des ersten Peaks wird mit einer Abweichung von 100 Hz und der zweite Peak mit einer Abweichung von 200 Hz getroffen. Lediglich die Peaks für die hö-

heren Moden sind nicht in den Simula-tionsergebnissen sichtbar.

Die Ergebnisse der beiden Modelle le-gen nahe, dass die durch die scharfen Kanten induzierten Ablösezonen mit da-raus resultierenden Druckschwankungen ein Grund für die Geräuschemissionen des untersuchten Wärmeübertragers sind. Unter Berücksichtigung der Unsi-cherheiten bei der Messwertaufzeich-nung, den Randbedingungen und den

starken Vereinfachungen im zweidimen-sionalen Modell, sind die Übereinstim-mungen zwischen Messung und Simula-tion zufriedenstellend.

4 Zusammenfassung

Um neue Techniken in den Entwicklungs-zyklus eines Produktes einzufügen, sind Kenntnisse über die Leistungsfähigkeit dieser Techniken erforderlich. Nach den hier vorgestellten Untersuchungen kann die numerische Strömungssimu-lation in Kombination mit statistischer Versuchsplanung einen wichtigen Bei-trag für eine schnellere und anwen-dungsspezifischere Entwicklung von Wärmeübertragern und deren Kompo-nenten liefern.

Literaturhinweise[1] Carolus, T. H., Kato, C., Reese, H.: Large Eddy

Simulation of Acoustical Sources in a Low Pressure

Axial-Flow Fan Encountering Highly Turbulent

Inflow. Journal of Fluids Engineering 129,

S. 263-272. 2007

[2] Fluent Inc.: FLUENT 6.3 User’s Guide. 2007

[3] Kleppmann, W.: Taschenbuch Versuchsplanung.

Hanser, München 2006

Räumliche Diskretisierung (Grenzschicht) 0,06 mm (0,01 bis 0,06 mm)

Zeitliche Diskretisierung 2,5 μs

Solver Large Eddy Simulation (LES)

Akustikmodell Ffowcs-Williams and Hawking Modell

Tabelle: Randbedingungen des numerischen Modells

Bild 5: Vergleich der Schalldruckpegel aus Messergebnissen und CFD-Simulationen mit einem Gitter ohne scharfe Kanten (oben) und mit scharfen Kanten (unten)

Bild 4: Ausschnitt des Berechnungsgitters der Lamellenstruktur mit (links) und ohne (rechts) scharfe Kanten

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