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Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algen vorgelegt von Diplom-Lebensmittelchemiker Sven Klimmek Von der Fakultät III - Prozesswissenschaften der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Naturwissenschaften -Dr. rer. nat.- genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Rotard Berichter: Prof. Dr. rer. nat. Hans-Jürgen Stan Berichter: Prof. Dr. rer. nat. Rainer Buchholz Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 17.06.2003 Berlin 2003 D 83

Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Al · Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algen vorgelegt von Diplom-Lebensmittelchemiker Sven Klimmek

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  • Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algen

    vorgelegt von

    Diplom-Lebensmittelchemiker Sven Klimmek

    Von der Fakultät III - Prozesswissenschaften

    der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades

    Doktor der Naturwissenschaften -Dr. rer. nat.-

    genehmigte Dissertation

    Promotionsausschuss:

    Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Rotard Berichter: Prof. Dr. rer. nat. Hans-Jürgen Stan Berichter: Prof. Dr. rer. nat. Rainer Buchholz

    Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 17.06.2003

    Berlin 2003

    D 83

  • Abstract

    In der vorliegenden Arbeit wurden Grundlagenkenntnisse über den nartürlichen Prozess der Biosorption von Schwermetallen an Algen erarbeitet. Die Untersuchungen fanden im Rahmen des Sonderforschungsbereich (Sfb) 193 "Biologische Behandlung industrieller und gewerbli-cher Abwässer" der Technischen Universität Berlin statt. Ausgangspunkt der Arbeit stellten Untersuchungen an der Chlorophyceae C. vulgaris dar. In einem anschließenden Screening, das sich aus der Charakterisierung der Biosorption an C. vulgaris ableitete, wurden 30 weitere Algen aus unterschiedlichen taxonomischen Klassen auf ihre Sorptionsfähigkeiten gegenüber den Schwermetallen Blei, Cadmium, Nickel und Zink untersucht. Die einzelnen Algen zeigten eine große Bandbreite in den Biosorptionsleistungen. Zu den leistungsfähigsten Arten zählten die Chlorophyceae C. salina, die Cyanophyceae S. hofmani und L. taylorii. Die Biosorptionseigenschaften von C. salina und L. taylorii wurden im weiteren näher untersucht. L. taylorii zeigte im Verlauf der Arbeit besondere Eigenschaf-ten und konnte erfolgreich in ein technisches Verfahren im Kooperationsprojekt überführt werden. Die Untersuchungen an dieser Alge wurden aus diesem Grund um Kupfer erweitert. Die maximalen Kapazitäten an L. taylorii wurden mit 0,4 mmol Cd; 0,7 mmol Cu; 0,7 mmol Ni; 1,47 mmol Pb und 0,5 mmol Zn pro g Alge (Pb > Cu ≥ Ni > Zn > Cd) bestimmt. Das Gleichgewicht zwischen den in Lösung befindlichen Metallen und an der Alge gebundenen war bei C. salina und L. taylorii praktisch nach 30 min eingestellt. Die beiden Algen zeigten eine ähnliche pH-Abhängigkeit gegenüber den Metallen. So waren ab einem pH-Wert von 3 (pH 4 bei Ni an L. taylorii) bis pH 6 bzw. pH 5 bei Cu an L. taylorii die Beladungen für die Schwermetalle annähernd konstant. Sinkt der pH unter 3 so nimmt die Beladung deutlich ab. Die Metalle können bei saurem pH-Wert (0,1 N HCl) von den Algen desorbiert werden. Se-lektivitätsuntersuchungen der Metalle an beiden Algen zeigten eine deutliche Präferenz der Bindung von Blei gegenüber den anderen Metallen aus äquimolaren Lösungen. In Hinblick auf eine Beeinflussung der Biosorptionseigenschaften der Algen, ist die Kenntnis der chemischen Vorgänge während der Biosorption der Metalle sehr wichtig. Verschiedene chemische und spektroskopische Verfahren wurden zur Charakterisierung eingesetzt. So führ-te eine gezielte Veresterung der freien Carboxylgruppen der Algenpolysaccharide zu einer deutlichen Erniedrigung der Beladung für die Metalle. FT-IR spektroskopische Untersuchun-gen und Versuche zur pH-Abhängigkeit unterstrichen die Bedeutung dieser schwach sauren funktionellen Gruppe in der Algenzellwand für die Biosorption. Rasterelektronenmikroskopie (REM) in Kombination mit einer Röntgenmikroanalyse bestätigte, dass die Schwermetalle an der Oberfläche der Algen gebunden sind. Aus den Röntgenspektren der unbeladenen Alge L. taylorii wurden überraschend hohe Gehalte an Calzium auf der Oberfläche entdeckt. Erneute Untersuchungen der Biosorption der Schwermetalle an L. taylorii in Hinblick auf Calzium in der Lösung ergaben, dass die Schwermetalle im direkten Austausch mit Calzium an der Alge gebunden werden. Somit stellt ein Ionenaustauschprozess den Hauptmechanismus bei der Biosorption an L. taylorii dar. Mit dem Ziel einer Erhöhung der Kapazitäten bzw. einer Beeinflussung der Selektivitäten wurden Experimente zum Einbau zusätzlicher funktioneller Gruppen in die Zellwandpolysac-charide der Algen durchgeführt. Eine Phosphorylierung der freien OH-Gruppen der Algen-zellwand von L. taylorii mit Phosphorsäure in einer Harnstoffschmelze stellte die erfolg-reichste Modifizierungsmethode in dieser Arbeit dar. Der Phosphorgehalt stieg von 0,5 mmol/g auf 4,4 mmol/g bei der phosphorylierten Alge an. Der Anstieg der Phosphorgehalte bewirkte eine enorme Erhöhung der Bindungskapazitäten. Aus den Adsorptionsisothermen an L. taylorii ergaben sich maximalen Beladungen von 2,5 mmol Cd; 2,4 mmol Cu; 2,8 mmol Ni; 3,1 mmol Pb und 2,6 mmol Zn pro g Biotrockenmasse (Pb > Ni > Zn > Cd > Cu). Die erreichten Beladungen stellen die höchsten in dieser Arbeit beobachteten Beladungen dar.

  • Danksagung

    Die experimentellen Arbeiten für die vorliegende Dissertation wurden in der Zeit von Januar 1997 bis Dezember 2000 am Institut für Lebensmittelchemie der Technischen Universität Berlin durchgeführt. Sie wurden mir durch die finanzielle Förderung der Deutschen For-schungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereiches 193 "Biologische Behand-lung industrieller und gewerblicher Abwässer" Teilprojekt F2 ermöglicht.

    Meinem Doktorvater, Prof. Dr. Hans-Jürgen Stan danke ich herzlich für die Betreuung der Arbeit, seine stets vorhandene Diskussionsbereitschaft und die großzügige Unterstützung in allen wissenschaftlichen und organisatorischen Fragen.

    Mein besonderer Dank gilt ferner den Kooperationspartnern im Sonderforschungsbereich für die konstruktive Zusammenarbeit in all den Jahren. Prof. Dr. Buchholz möchte ich darüber hinaus für die Unterstützung und Begutachtung der vorliegenden Arbeit danken. Dr. Gerald Bunke und Dr. Andreas Wilke waren mir durch ihre stete Hilfsbereitschaft und vor allem durch die zahlreichen fachlichen Diskussionen unersetzliche Begleiter während dieser Arbeit.

    Meiner Mitarbeiterin Constanze Richter sei an dieser Stelle für die hervorragende Hilfe bei der Bewältigung der zahlreichen Analysen während des Projektes gedankt. Ohne sie wäre die Bearbeitung des Projektes in diesem Zeitraum nicht möglich gewesen.

    Am Gelingen dieser Arbeit waren Janko Bartsch, Kristina Thron und Gunnar Lang durch ihre Beiträge im Rahmen von Studien- bzw. Praktikumsarbeiten maßgeblich beteiligt, wofür ich ihnen sehr danke. Für die Durchführung der Elementaranalysen sei Dr. Schulz vom Institut für Organische Chemie der Humboldt Universität zu Berlin gedankt. Herrn Jörg Nissen vom Zelmi der TU Berlin möchte ich für die Aufnahmen am Rasterelektronenmikroskop danken.

    Allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Arbeitskreis sei an dieser Stelle für die konstruktive und freundliche Arbeitsatmosphäre gedankt. Ursula Wippo, die mich während meiner Dip-lomarbeit sehr unterstützte und mir die ersten Schritte im Arbeitskreis erleichterte, sei für ihre stete Hilfsbereitschaft und fachliche Diskussionsfreude herzlich gedankt. Meinen Kollegen Dr. Corinna Asmussen und Dr. Patrick Billian sei für ihre vielseitige Hilfe, vor allem bei der Bewältigung der organisatorischen Herausforderungen im Rahmen des Sonderforschungs-bereiches sehr gedankt. Darüber hinaus möchte ich mich bei Robert Hatton für seine Hilfe in allen englischen Fragestellungen bedanken. Für ihre Kompetenz und Hilfe in allen prakti-schen Laborangelegenheiten und im besonderen für alle aufmunternden Gespräche über den Laboralltag hinaus danke ich Dagmar Simmert.

    Ein besonderes Dankeschön geht an meine Eltern, die mich während meines Studiums der Lebensmittelchemie immer tatkräftig unterstützt haben.

    Meiner Frau Antje sei für ihre Unterstützung und Liebe in all den gemeinsamen Jahren un-endlich gedankt.

  • Teile der vorliegenden Arbeit wurden bereits veröffentlicht:

    Publikationen

    Wilke, A.; Klimmek, S.; Stan, H.-J.; Bunke, G.; Buchholz, R. (2002): Development of an Immobilisation Method based on Sodium Cellulose Sulphate for Biosorption of Lead with Cyanophyceae L. taylorii. Environ. Sci. Technol. Submitted

    Klimmek, S.; Wilke, A.; Bunke, G.; Buchholz, R.; Stan, H.-J. (2001): Characterization of the Biosorption of Cadmium, Lead, Nickel and Zinc by Algae. Environ. Sci. Technol. 35 (21): 4283-4288

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (2000): Chemical Characterization of the Biosorption of Heavy Met-als by Algae. Schriftenreihe Biologische Abwasserreinigung, Band 14: Behandlung von Abwässern mit schwermetallhaltigen Verbindungen, TU-Berlin, 209-227

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1999a): Chemische Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algen. Abwassertechnik in der Produktion, 5 / 6.9, 1-6

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1999b): Untersuchungen zur Schwermetalladsorption an Mikroal-gen. Lebensmittelchemie 53: 103

    Vorträge

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (2001): Biosorption of heavy metals by algae. 4th International Symposium on Green Chemistry, 21.-24. Mai, Jinan, China

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (2000a): Chemical Characterization of the Biosorption of Heavy Metals by Algae. 10. Kolloquium des Sonderforschungsbereichs 193 der TU Berlin: Be-handlung von Abwässern mit schwermetallhaltigen Verbindungen, 20.-21. November, Berlin

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (2000b): Chemical Characterization of the Biosorption of Heavy Metals. 2000 Conference on Hazardous Waste Research, 23.–25. Mai, Denver, Colorado

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1999a): Chemische Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algenbiomasse. 7. Ungarisch-Deutsches Seminar für Verfahrens-technik der TU Berlin, 3. September, Berlin

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1999b): Untersuchungen zur Schwermetalladsorption an Mikroal-gen. Regionalverbandstagung der Regionalverbände Nord und Nordost der GDCh, 19. – 20. April, Frankfurt/Oder

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1998a): Chemische Charakterisierung der Biosorption von Blei, Cadmium, Nickel und Zink an Algen. 8. Jahrescolloquium der IGAS, 11. November, Berlin

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1998b): Chemische Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algen. Interne Arbeitssitzung des GVC/Dechema-Fachausschusses "Produktionsintegrierte Wasser-/Abwassertechnik" , 31. August, Bremen

    Posterpräsentationen

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1999a): Untersuchung der Adsorption von Blei, Cadmium, Nickel und Zink an Algen. 4. GVC-Abwasser-Kongreß, 06.– 09. September, Bremen

  • Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1999b): Schwermetalladsorption an Algen. 17. Jahrestagung der Biotechnologen, 27.-29. April, Wiesbaden

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1999c): Untersuchung der Adsorption von Blei, Cadmium, Nickel und Zink an Algen. Colloquium Analytische Atomspektroskopie, 14.-19. März, Konstanz

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1998a): Chemische Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algen. Colloquium: Produktionsintegrierte Wasser-/ Abwassertech-nik, „Abwässer der Metallverarbeitenden Industrie und des Transportgewerbes“, 01.–02. September, Bremen, Universität Bremen

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1998b): Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Algen. Firmengemeinschaftsstand Berlin zur Entsorga ‘98, 12.- 16. Mai , Köln

    Klimmek, S.; Stan, H.-J. (1997): Charakterisierung der Biosorption von Schwermetallen an Mikroalgen. Forschungsforum ‘97, Gemeinschaftsstand des Sonderforschungsbereiches 193 der TU Berlin, 16. - 20. September, Leipzig

  • I

    Inhaltsverzeichnis

    Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................VI

    Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................... VIII

    Tabellenverzeichnis ..................................................................................................................XI

    1 Einleitung............................................................................................................................1

    2 Grundlagen .........................................................................................................................2

    2.1 Schwermetalle .......................................................................................................2

    2.1.1 Blei ........................................................................................................................3

    2.1.2 Cadmium ...............................................................................................................4

    2.1.3 Kupfer....................................................................................................................4

    2.1.4 Nickel ....................................................................................................................5

    2.1.5 Zink........................................................................................................................6

    2.2 Algen .....................................................................................................................6

    2.2.1 Taxonomie.............................................................................................................7

    2.2.2 Kultivierung von Algen .........................................................................................9

    2.2.3 Zusammensetzung der Algenzellwand................................................................11

    2.2.4 Technologische Bedeutung von Algen................................................................13

    2.3 Verfahren zur Schwermetallentfernung ..............................................................14

    2.3.1 Konventionelle Verfahren ...................................................................................14

    2.3.1.1 Grundlagen der Adsorption ..............................................................................15

    2.3.1.2 Grundlagen von Ionenaustauschern .................................................................17

    2.3.2 Biosorption ..........................................................................................................18

    2.3.2.1 Mechanismus der Biosorption ..........................................................................21

    2.3.2.2 Möglichkeiten für den industriellen Einsatz .....................................................22

    3 Problemstellung und Lösungsansätze..........................................................................23

  • II

    4 Material und Methoden .................................................................................................25

    4.1 Materialien...........................................................................................................25

    4.1.1 Algenbiomasse ....................................................................................................25

    4.1.2 Vergleichssorbenzien ..........................................................................................26

    4.2 Grundlagen der angewandten analytischen Verfahren........................................27

    4.2.1 Atomabsorptionsspektroskopie ...........................................................................27

    4.2.1.1 Interferenzen in der GF-AAS ............................................................................29

    4.2.2 Gaschromatographie (GC)...................................................................................30

    4.2.2.1 Statische Headspace-Gaschromatographie......................................................31

    4.2.2.2 Flammenionisationsdetektion ...........................................................................32

    4.2.3 Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC)...................................................32

    4.2.3.1 Hochleistungsanionenaustauschchromatographie (HPAEC) mit

    elektrochemischer Detektion.............................................................................33

    4.2.3.1.1 Gepulster amperiometrischer Detektor (PAD) ...........................................33

    4.2.4 FT-IR Spektroskopie ...........................................................................................34

    4.2.5 Rasterelektronenmikroskopie (REM)- Röntgenmikroanalyse ............................35

    4.3 Metallanalytik – Methodenentwicklung..............................................................37

    4.3.1 GF-AAS...............................................................................................................37

    4.3.2 Mikrowellenaufschluss........................................................................................38

    4.3.3 Flammenphotometrie...........................................................................................39

    4.4 Biosorptionsuntersuchungen – Methodenentwicklung .......................................39

    4.4.1 Probenvorbereitung .............................................................................................39

    4.4.2 Biosorptionsversuche ..........................................................................................39

    4.4.2.1 Kinetik der Biosorption.....................................................................................40

    4.4.2.2 Aufnahmen von Isothermen...............................................................................40

    4.4.2.3 pH- und Salz-Abhängigkeit der Biosorption.....................................................41

  • III

    4.4.2.4 Selektivität der Biosorption...............................................................................41

    4.4.2.5 Anwendung der Biosorption auf ein reales Bleiabwasser ................................41

    4.5 Charakterisierung der Bindungstellen – Methodenentwicklung .........................41

    4.5.1 Elementaranalyse.................................................................................................42

    4.5.2 Bedeutung von Carboxylgruppen für die Biosorption ........................................42

    4.5.2.1 Blockierung der Carboxylgruppen ...................................................................42

    4.5.2.2 Bestimmung des Carboxylgruppengehalts........................................................42

    4.5.2.2.1 Analyse des Methanols mittels HS-GC-FID ..............................................42

    4.5.3 Untersuchung der Polysaccharide der Algenzellwände ......................................43

    4.5.4 Extraktion von Zellwandbestandteilen ................................................................45

    4.5.4.1 Lipophile Extraktion .........................................................................................45

    4.5.4.2 Hydrophile Extraktion ......................................................................................46

    4.5.4.3 Alkalische Extraktion ........................................................................................46

    4.5.5 FT-IR Spektroskopie ...........................................................................................46

    4.5.6 Spezifische Oberfläche ........................................................................................46

    4.5.7 Rasterelektronenmikroskopie (REM)..................................................................46

    4.6 Modifizierung der Biomasse - Methodenentwicklung ........................................47

    4.6.1 Phosphorylierung mit Phosphorsäure..................................................................47

    4.6.2 Phosphorylierung mit Phosphorylchlorid............................................................47

    4.6.3 Phosphorylierung mit Phosphorpentasulfid ........................................................47

    4.6.4 Carboxymethylierung mit Chloressigsäure .........................................................48

    4.6.5 Einbau von Carboxylgruppen durch eine zweistufige Oxidation........................48

    5 Ergebnisse .......................................................................................................................49

    5.1 Biosorptionsuntersuchungen ...............................................................................49

    5.1.1 Biosorption von C. vulgaris ................................................................................49

    5.1.1.1 Adsorptionsisothermen .....................................................................................49

  • IV

    5.1.1.2 Kinetik ...............................................................................................................51

    5.1.1.3 pH-Abhängigkeit ...............................................................................................51

    5.1.2 Screening .............................................................................................................52

    5.1.3 Biosorption von C. salina....................................................................................55

    5.1.3.1 Adsorptionsisothermen .....................................................................................55

    5.1.3.2 Kinetik ...............................................................................................................57

    5.1.3.3 pH-Abhängigkeit ...............................................................................................58

    5.1.3.4 Selektivität der Bindung von Blei, Cadmium, Nickel und Zink.........................59

    5.1.4 Biosorption von L. taylorii ..................................................................................61

    5.1.4.1 Adsorptionsisothermen – L. taylorii .................................................................61

    5.1.4.2 Kinetik ...............................................................................................................63

    5.1.4.3 pH-Abhängigkeit der Biosorption.....................................................................64

    5.1.4.4 Selektivität der Bindung von Blei, Cadmium, Kupfer, Nickel und Zink............65

    5.1.4.5 Einfluss von Fremdsalzen auf die Biosorption an L. taylorii ...........................68

    5.1.4.6 Reinigung eines bleihaltigen Abwasser mit L. taylorii .....................................70

    5.1.5 Vergleichssorbenzien ..........................................................................................71

    5.1.5.1 Screening...........................................................................................................71

    5.1.5.2 Dowex 22 ..........................................................................................................73

    5.1.5.3 Carbion .............................................................................................................74

    5.2 Charakterisierung der Bindungsstellen................................................................76

    5.2.1 Elementaranalyse der Biosorbenzien ..................................................................76

    5.2.2 Bedeutung von Carboxylgruppen für die Biosorption ........................................79

    5.2.3 Bestimmung der Monosaccharidzusammensetzung der Zellwände....................81

    5.2.4 Extraktion verschiedener Zellwandbestandteile..................................................82

    5.2.5 Charakterisierung der Oberfläche........................................................................85

    5.2.5.1 Rasterelektronenmikroskopie (REM)................................................................85

    5.2.5.2 Bedeutung von Calzium bei der Biosorption an L. taylorii ..............................88

  • V

    5.2.5.3 FT-IR Spektroskopie .........................................................................................88

    5.2.5.4 Spezifische Oberfläche......................................................................................89

    5.3 Modifizierung der Biomasse ...............................................................................90

    5.3.1 Screening von Methoden zur Einführung von funktionellen Gruppen in die

    Zellwandstrukturen von Algen ............................................................................90

    5.3.2 Synthese von phosphorylierter L. taylorii ...........................................................92

    5.3.3 Charakterisierung der modifizierten L. taylorii...................................................96

    5.3.4 Biosorptionseigenschaften von L. taylorii phos. .................................................97

    5.3.4.1 Adsorptionsisothermen – L. taylorii phos.........................................................97

    5.3.4.2 Kinetik ...............................................................................................................99

    5.3.4.3 pH-Abhängigkeit .............................................................................................100

    5.3.4.4 Selektivität der Metallbindung........................................................................101

    5.3.4.5 Einfluss von Fremdsalzen auf die Biosorption ...............................................104

    6 Zusammenfassung und Diskussion............................................................................106

    6.1 Biosorptionsuntersuchungen .............................................................................106

    6.2 Charakterisierung der Bindungstellen ...............................................................112

    6.3 Modifizierung der Biomasse .............................................................................117

    7 Ausblick.........................................................................................................................122

    8 Literatur .........................................................................................................................123

    Anhang ..................................................................................................................................133

    A Metallanalytik.....................................................................................................133

    B Biosorptionsuntersuchungen ..............................................................................137

    C Charakterisierung der Bindungsstellen...............................................................138

    D Modifizierung der Biomasse ..............................................................................142

  • VI

    Abkürzungsverzeichnis

    ε0 Normalpotential

    A Freundlichexponent

    AAS Atomabsorptionsspektrometrie oder -spektrometer

    Abb. Abbildung

    Abs Absorbance

    B Langmuirkonstante

    BTM Biotrockenmasse

    Ca Calzium

    Cd Cadmium

    ceq Gleichgewichtskonzentration

    Cu Kupfer

    d Dichte

    EN Elektronegativität

    F Fläche

    FD Filmdicke

    FID Flammenionisationsdetektor

    FT-IR- Fourier-Transform-Infrarot-

    g Gramm

    GC Gaschromatographie

    GF – AAS Graphitrohrofen (graphite furnace) – Atomabsorptionsspektrometrie oder -spektrometer

    HKL Hohlkathodenlampe

    HPAEC Hochleistungsanionenaustauschchromatographie (high performance anion exchange chromatography)

    HPLC Hochleistungsflüssigchromatographie (high performance liquid chromatography)

    HS-GC Headspace-Gaschromatographie

    ID Innendurchmesser

    ISTD interner Standard

    k Freundlichkonstante

    Kap. Kapitel

    M molare Masse

    MAK Maximale Arbeitsplatzkonzentration

    max. Maximale

    Na Natrium

  • VII

    Ni Nickel

    P Phosphor

    PAD gepulster amperiometrischer Detektor (pulsed amperiometric detector)

    Pb Blei

    ppb parts per billion (µg / L)

    ppm parts per million (mg / L)

    qeq Gleichgewichtsbeladung

    qmax maximale Beladung nach Langmuir

    r2 Bestimmtheitsmaß

    RE Rückstreuelektronen

    REM Rasterelektronenmikroskopie

    Rf Responsefaktor

    rion Ionenradius

    RSD relative Standardabweichung (relative standard deviation)

    RT Raumtemperatur

    SE Sekundärelektronen

    Tab. Tabelle

    TiC Gesamt anorganischer Kohlenstoffgehalt (Total inorganic carbon)

    TOC Gesamt organischer Kohlenstoffgehalt (Total organic carbon )

    V Volumen

    Vinj Injektionsvolumen

    Zn Zink

  • VIII

    Abbildungsverzeichnis

    Abb. 2–1: Struktur ausgewählter saurer Polysaccharide (Kloareg und Quatrano, 1988) ....13

    Abb. 4–1: Messzelle des PAD (Firma Dionex)....................................................................34

    Abb. 4–2: HPAEC-PAD-Chromatogramme von Standardmischungen...............................44

    Abb. 4–3: HPAEC-PAD-Chromatogramm der hydrolysierbaren Kohlenhydrate von C.

    salina ...................................................................................................................45

    Abb. 5–1: Adsorptionsisothermen nach Langmuir von Cd, Ni, Pb und Zn an C.

    vulgaris ................................................................................................................49

    Abb. 5–2: Linearisierte Adsorptionsisothermen von Cd, Ni, Pb und Zn an C. vulgaris

    nach dem Adsorptionsmodell von Langmuir ......................................................50

    Abb. 5–3: Kinetik der Metallbindung von Cd, Ni, Pb und Zn an C. vulgaris......................51

    Abb. 5–4: pH-Abhängigkeit der Biosorption von Cd, Ni, Pb und Zn an C. vulgaris ..........52

    Abb. 5–5: Adsorptionsisothermen nach Langmuir von Cd, Ni, Pb und Zn an C. salina .....56

    Abb. 5–6: Linearisierte Adsorptionsisothermen von Cd, Ni, Pb und Zn an C. salina

    nach dem Adsorptionsmodell von Langmuir ......................................................56

    Abb. 5–7: Kinetik der Metallbindung von Cd, Ni, Pb und Zn an C. salina .........................57

    Abb. 5–8: pH-Abhängigkeit der Biosorption von Cd, Ni, Pb und Zn an C. salina..............58

    Abb. 5–9: Konkurrenz der Bindung von Cd, Ni, Pb und Zn an C. salina............................60

    Abb. 5–10: Adsorptionsisothermen nach Langmuir von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L.

    taylorii .................................................................................................................61

    Abb. 5–11: Linearisierte Adsorptionsisothermen von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L.

    taylorii nach dem Adsorptionsmodell von Langmuir ........................................62

    Abb. 5–12: Kinetik der Metallbindung von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L. taylorii.................63

    Abb. 5–13: pH-Abhängigkeit der Biosorption von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L. taylorii .....64

    Abb. 5–14: Konkurrenz der Bindung von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L. taylorii ...................66

    Abb. 5–15: Einfluss von Natriumionen auf die Biosorption an L. taylorii ............................68

    Abb. 5–16: Einfluss von Calciumionen auf die Biosorption an L. taylorii ............................69

    Abb. 5–17: Kapazitäten der Sorbenzien im Verhältnis zu C. salina und L. taylorii..............72

  • IX

    Abb. 5–18: Adsorptionsisothermen nach Langmuir von Cd, Ni, Pb und Zn an Dowex 22...73

    Abb. 5–19: Adsorptionsisothermen nach Langmuir von Cd, Ni, Pb und Zn an Carbion ......74

    Abb. 5–20: Einfluss einer Methylierung der Carboxylgruppen auf die Biosorption .............79

    Abb. 5–21: Einfluss verschiedener Extraktionen auf die Biosorption an C. salina ...............83

    Abb. 5–22: Einfluss verschiedener Extraktionen auf die Biosorption an L. taylorii .............84

    Abb. 5–23: REM - Röntgenanalyse an C. salina ...................................................................86

    Abb. 5–24: REM - Röntgenanalyse an L. taylorii..................................................................87

    Abb. 5–25: Verteilungsbilder von Pb, Cd, Ni und Zn auf der Oberfläche von L. taylorii .....87

    Abb. 5–26: FT-IR Spektren von C. salina und L. taylorii .....................................................89

    Abb. 5–27: Einfluss der Reaktionszeit bei 170 °C auf die Ausbeute, Pb-Beladung und

    P-Gehalt von L. taylorii phos. .............................................................................93

    Abb. 5–28: Einfluss der Harnstoffkonzentration auf die Ausbeute, Pb-Beladung und P-

    Gehalt von L. taylorii phos. (T = 170 °C) ...........................................................93

    Abb. 5–29: Einfluss der Phosphorsäurekonzentration auf die Ausbeute, Pb-Beladung

    und P-Gehalt von L. taylorii phos. (T = 170 °C).................................................94

    Abb. 5–30: Einfluss der eingesetzten Mengen an Harnstoff und Phosphorsäure auf die

    Ausbeute, Pb-Beladung und P-Gehalt von L. taylorii phos. (T = 170 °C)..........95

    Abb. 5–31: Einfluss der Reaktionstemperatur auf die Ausbeute, Pb-Beladung und P-

    Gehalt von L. taylorii phos. .................................................................................95

    Abb. 5–32: FT-IR-Spektren von L. taylorii und L. taylorii phos. ..........................................96

    Abb. 5–33: REM - Röntgenanalyse an L. taylorii phos. ........................................................97

    Abb. 5–34: Adsorptionsisothermen nach Langmuir von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L.

    taylorii phos........................................................................................................97

    Abb. 5–35: Linearisierte Adsorptionsisothermen von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L.

    taylorii phos. nach dem Adsorptionsmodell von Langmuir ................................98

    Abb. 5–36: Kinetik der Metallbindung von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L. taylorii phos. .......99

    Abb. 5–37: pH-Abhängigkeit der Biosorption von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L. taylorii

    phos....................................................................................................................100

    Abb. 5–38: Konkurrenz der Bindung von Cd, Cu, Ni, Pb und Zn an L. taylorii phos.........102

  • X

    Abb. 5–39: Einfluss von Natriumionen auf die Biosorption an L. taylorii phos..................104

    Abb. 5–40: Einfluss von Calciumionen auf die Biosorption an L. taylorii phos. ................105

    Abb. 6–1: Screening der Biosorption von Pb, Cd, Ni und Zn an 31 Algen .......................107

    Abb. 6–2: Reaktionsgleichung nach Daul et al. (1954) für die Phosphorylierung der

    OH-Gruppen ......................................................................................................118

  • XI

    Tabellenverzeichnis Tab. 2–1: Physiko-chemische Eigenschaften ausgewählter Schwermetalle .........................2

    Tab. 2–2: Grenzwerte ausgewählter Schwermetalle..............................................................4

    Tab. 2–3: Übersicht der Taxonomie der Algen (Hoek et al., 1995) ......................................8

    Tab. 2–4: Aufbau und Vorkommen wichtiger saurer Polysaccharide.................................12

    Tab. 2–5: Bindungskapazität ausgewählter Biosorbenzien .................................................20

    Tab. 4–1: Untersuchte Algen ...............................................................................................25

    Tab. 4–2: Vergleichssorbenzien ..........................................................................................27

    Tab. 4–3: Arbeitsbereiche der untersuchten Metalle mittels GF-AAS................................38

    Tab. 5–1: Langmuirparameter für Adsorptionsiosthermen an C. vulgaris..........................50

    Tab. 5–2: Biosorptionseigenschaften im Screening von 31 Algenarten..............................53

    Tab. 5–3: Langmuirparameter für Adsorptionsiosthermen an C. salina .............................57

    Tab. 5–4: Selektivität der Metallbindung an C. salina ........................................................59

    Tab. 5–5: Langmuirparameter für Adsorptionsiosthermen an L. taylorii............................62

    Tab. 5–6: Selektivität der Metallbindung an L. taylorii ......................................................67

    Tab. 5–7: Chemische Zusammensetzung eines Abwassers aus der

    Akkumulatorenindustrie ......................................................................................70

    Tab. 5–8: Kapazitäten für Cd, Pb, Ni und Zn an Vergleichssorbenzien..............................72

    Tab. 5–9: Langmuirparameter für die Adsorptionsiosthermen an Dowex 22 .....................73

    Tab. 5–10: Langmuirparameter für Adsorptionsiosthermen an Carbion...............................75

    Tab. 5–11: Elementaranalyse (C, H, N, S und P) der Algen .................................................76

    Tab. 5–12: Elementaranalyse (C, H, N, S und P) der Vergleichssorbenzien ........................78

    Tab. 5–13: Gehalt an Carboxylgruppen in den unbehandelten und behandelten Algen .......80

    Tab. 5–14: Monosaccharidzusammensetzung der Zellwände ausgewählter Algen ..............81

    Tab. 5–15: Bedeutung von Calzium bei der Biosorption an L. taylorii.................................88

    Tab. 5–16: Ergebnisse der Modifizierungen an der Algenbiomasse .....................................91

    Tab. 5–17: Langmuirparameter für Adsorptionsiosthermen an L. taylorii phos. ..................99

  • XII

    Tab. 5–18: Selektivität der Metallbindung an L. taylorii phos. ...........................................103

    Tab. A–1: Geräteparameter der GF-AAS...........................................................................133

    Tab. A–2: Parameter des optischen Systems des GF-AAS ................................................133

    Tab. A–3: Temperaturprogramme für die Metalle .............................................................134

    Tab. A–4: Parameter des Mikrowellenaufschlusssystem ...................................................135

    Tab. A–5: Aufschlussprogramm der Algenbiomasse.........................................................135

    Tab. A–6: Geräteparameter des Flammenphotometers ......................................................135

    Tab. A–7: Chemikalien und Materialien – Anhang A........................................................136

    Tab. B–1: Chemikalien, Materialien und Geräte – Anhang B ...........................................137

    Tab. B–2: Parameter der Küvettentests von der Dr. Lange GmbH....................................138

    Tab. C–1: Chemikalien, Materialien und sonstige Geräte – Anhang C .............................138

    Tab. C–2: Geräteparameter der HS-GC-FID......................................................................140

    Tab. C–3: Geräteparameter der HPAEC-PAD...................................................................140

    Tab. C–4: Geräteparameter der FT-IR-Spektroskopie .......................................................141

    Tab. C–5: Geräteparameter der REM-Röntgenmikroanalyse ............................................142

    Tab. D–1: Chemikalien, Materialien und Geräte– Anhang D ............................................142

  • Einleitung 1

    1 Einleitung

    Die Kenntnis ökotoxikologischer Wirkungen sowie verschärfte gesetzliche Auflagen zur Re-

    duzierung industrieller Emissionen erfordern neue Verfahren zur Abwasserbehandlung. Die

    Belastung unserer Oberflächengewässer mit Schwermetallen gehört heute zu den großen

    Umweltproblemen in Deutschland und anderen Industriestaaten. Als Folge früherer teilweise

    unkritischer Bewertung von Industrieeinleitungen befinden sich in allen Flüssen größere De-

    ponien an Schwermetallen gebunden im Flusssediment. Neben diffusen Quellen, die für den

    Eintrag von Metallen in gelöster Form und als Stäube in die Umwelt verantwortlich sind,

    werden große Anteile der Schwermetalleinträge durch industrielle Abwässer verursacht, die

    ungenügend gereinigt in die Vorfluter gelangen. Praktisch stellen jeder metallverarbeitende

    Betrieb aber auch viele andere Industriebetriebe punktuelle Emissionsquellen dar. Es besteht

    kein Zweifel, dass diese Schadstoffsenke nicht unbegrenzt belastet werden kann und das die

    Gefahr besteht, dass bei Veränderung der Umweltbedingungen im Oberflächengewässer, die

    abgelagerten Schwermetalle ins Wasser freigesetzt werden und ihre biozide Wirkung entfal-

    ten können (Förstner und Salomons, 1991). Deshalb muss jeder weitere Eintrag vermieden

    werden. Konventionelle Technologien der Schwermetallentfernung, wie chemische Fällung,

    Ionenaustausch oder elektrochemische Verfahren, sind vor allem im unteren Konzentrations-

    bereich häufig weder effektiv noch ökonomisch (Wilde und Beneman, 1993).

    Im Sonderforschungsbereich (Sfb) 193 "Biologische Behandlung industrieller und gewerbli-

    cher Abwässer" der Technischen Universität Berlin werden seit 1997 Grundlagenkenntnisse

    über die Ausnutzung des natürlichen Prozesses der Biosorption von Schwermetallen an Algen

    für die Abwasserreinigung erarbeitet. Der Forschungsschwerpunkt dieser Arbeit liegt in der

    Entwicklung von Methoden zur chemischen Charakterisierung der Biosorptionsvorgänge der

    Schwermetalle an ausgesuchten Algen. In Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. R.

    Buchholz am Institut für Biotechnologie der TU Berlin konnten diese Ergebnisse auf ein an-

    wendungsorientiertes Verfahren zur Abwasserreinigung übertragen werden.

  • Schwermetalle 2

    2 Grundlagen

    2.1 Schwermetalle

    Schwermetalle sind ubiquitär verbreitet und stellen die umfangreichste Gruppe der Metalle

    dar (> 40 Elemente des Periodensystems). Es sind Metalle, deren spezifisches Gewicht min-

    destens 5 g / cm3 beträgt. Die meisten Schwermetalle kommen in der Natur nur in sehr gerin-

    gen Konzentrationen vor. Einige dieser Metalle sind als Spuren- und Mikronährstoffe für den

    Stoffwechsel von Mikroorganismen, Pflanzen und Tiere essentiell (Chrom, Kupfer, Eisen,

    Selen), so z.B. als Bestandteile von Metallproteinen in Enzymen. Andererseits wirken eine

    Vielzahl von Schwermetallen als elementarer Staub, aber besonders in Form der löslichen

    Salze schon in sehr geringen Konzentrationen toxisch. Die Schwermetalle gelangen durch

    natürliche Prozesse (Vulkane, Verwitterung), aber überwiegend durch antropogene Prozesse

    in Folge der Industrialisierung (Rauchgase, Industrieabwässer, Sondermüll, Autoabgase) in

    die Umwelt (Römpp, 1992). Dem Bereich Industrieabwasser kommt dabei eine entscheidende

    Rolle zu.

    Tab. 2–1: Physiko-chemische Eigenschaften ausgewählter Schwermetalle

    Cda Cu Ni Pb Zn

    Ordnungszahl 48 29 28 82 30

    Gruppeb II. N I. N VIII. N IV. H II. N

    M (g/mol) 112,41 63,55 58,69 207,2 65,39

    d (g/cm3) 8,642 8,92 8,91 11,34 7,14

    rion (Å)c 1,09 0,87 0,83 1,33 0,88

    ENd 1,46/1,7 1,75/1,9 1,75/1,9 1,55/1,9 1,66/1,6

    ε0 (V)e -0,403 +0,34 -0,257 -0,125 -0,763 a Holleman und Wiberg, 1995 b Einordnung im Periodensystem der Elemente (H-Hauptgruppe, N-Nebengruppe) c Ionenradius der zweifach geladenen Kationen bei Koordinationszahl 6 d Allred-Rochow/Pauling e M → M2+ + 2 e- (pH=0)

    Die in die Umwelt gelangten Metalle werden von den Primärproduzenten (Mikroorganismen,

    Pflanzen) angereichert und gelangen so in die Nahrungskette, an dessen Ende der Mensch

    steht. Auf Grund der gesundheitsgefährdenden Potentiale dieser Schadstoffe sollte auf ihren

    Einsatz verzichtet werden. Da dies oft aus technologischen Gründen nicht möglich ist, liegt es

  • Grundlagen 3

    in der Verantwortung aller, den Eintrag dieser Schadstoffe so niedrig wie möglich zu halten.

    Das wird leichter von den Verursachern akzeptiert und technisch realisiert, wenn die Kosten

    für die Abwasserreinigung nicht zu einer erheblichen Erhöhung der Produktionskosten füh-

    ren. Die Entwicklung von Techniken zur effektiven und preisgünstigen Schwermetallentfer-

    nung bis zu sehr kleinen Restkonzentrationen sind deshalb von großem Interesse (Lahmann

    und Jander, 1987). Untersuchungen der Biosorption der industriell bedeutenden Schwermetal-

    le Blei, Cadmium, Kupfer, Nickel und Zink sind Schwerpunkt dieser Arbeit. Tab. 2–1 zeigt

    die physikalischen und chemischen Eigenschaften der ausgewählten Schwermetalle.

    2.1.1 Blei

    Blei und seine Verbindungen werden bei zahlreichen industriellen Prozessen verwendet. Sie

    dienen z.B. zur Herstellung von Behältern für aggressive Flüssigkeiten, als Akkumulatoren-

    material, zur Herstellung von Farben, Verbundmaterialien und Munition. Die bis vor kurzem

    bedeutsamste Anwendung war der Zusatz von Bleitetraethyl zur Erhöhung der Klopffestigkeit

    von Kraftstoffen. Die beim Verbrennen entstandenen Bleisalze und -oxide gelangten als fein

    verteilte Aerosole in die Umwelt, die zu einer starken Umweltbelastung führten. Im Strahlen-

    schutz wird Blei zur Absorption von Röntgen- und Gammastrahlen eingesetzt. (Holleman und

    Wiberg, 1995; Ewers und Schlipköter, 1991)

    Sowohl elementares als auch gebundenes Blei wirken für Organismen giftig, indem sie u.a.

    die Synthese des Hämoglobins bzw. Chlorophylls hemmen. Die Aufnahme des Bleis in den

    Körper erfolgt über den Magen-Darm-Trakt (10% Resorption) und über die Lunge (40-90%

    Resorption). Das Blei wird von den Erythrocyten des Blutes gebunden, transportiert und an-

    stelle von Calzium in die Knochen eingebaut. Zusätzlich wird Blei in der Leber und in der

    Niere gespeichert. Die Halbwertzeit von Bleisalzen in den Knochen beträgt 20 Jahre. Bei ei-

    ner chronischen Bleiexposition werden vor allem das zentrale und periphere Nervensystem

    (Degeneration der Nervenzellen ⇒ Lähmungen), das blutbildende System (Anämie) und die

    Nieren geschädigt. (Macholz und Lewerenz, 1989; Dekant und Vamvakas, 1994)

    Die Kumulation von Blei im Körper zeigt die Notwendigkeit zur Verhinderung weiterer Kon-

    taminationen der Umwelt mit diesem Metall (Tab. 2–2). Der Gesetzgeber hat aus diesem

    Grunde Grenzwerte zum Schutz des Menschen und der Umwelt für eine Reihe von toxikolo-

    gisch relevanten Schwermetallen festgelegt, um die Umwelt und den Menschen zu schützen.

    Eine Auswahl von wichtigen Grenzwerten für die hier relevanten Schwermetalle ist in Tab.

    2–2 gegeben.

  • Schwermetalle 4

    Tab. 2–2: Grenzwerte ausgewählter Schwermetalle

    Cd Cu Ni Pb Zn

    Abwasser (mg/L)a 0,05 0,3 0,5 0,1 0,5

    MAK-Wert (mg/m3)b 0,05 0,1c bzw. 1d - 0,1 -

    Trinkwasser (mg/L)e 0,005 3f 0,05 0,04 5f a Mindestanforderungen für Direkteinleiter nach §7a Wasserhaushaltsgesetz (WHG) (Lühr, 1994) b Henschler (2000); c atembare Partikel von Cu und CuO (Staub); d feinstteilige Partikel von Cu und CuO (Rauch) e Dilly (1992) f Richtwert

    2.1.2 Cadmium

    Cadmium und seine Verbindungen haben bei einer Vielzahl von industriellen Prozessen große

    Bedeutung (z.B. Korrosionsschutz für Metalle, Herstellung von Farben, Batterien und Legie-

    rungen, Kernreaktortechnik, hier insbesondere Brems- und Kontrollstäbe). Durch diese inten-

    sive Nutzung wurde die Umwelt und damit auch die Nahrung des Menschen mit diesem toxi-

    schen Metall belastet. Bei einer jährlich um zehn Prozent steigenden Weltproduktion von

    Cadmium tragen vor allem die Erzverhüttung (Zinkgewinnung), eine unsachgemäße Entsor-

    gung von Ni/Cd-Batterien und Klärschlämme zur Umweltbelastung bei. (Holleman und Wi-

    berg, 1995; Stoeppler, 1991)

    Toxikologische Wirkungen auf den Menschen sind Schädigungen der Schleimhäute und der

    Lunge bei chronischer Exposition von Cadmium über die Atemwege und Schädigungen der

    Nieren bei chronischer Belastung der Nahrung mit Cadmium. Cadmium reichert sich im

    menschlichen Organismus an und seine Halbwertszeit beträgt 30 Jahre. Die Hauptspeicheror-

    gane sind Niere und Leber, wobei die Konzentration in den Nieren bei niedrigen Cadmiumdo-

    sen bis zu zehnmal höher sind als in der Leber. Bei zusätzlichem Mangel von Calzium und

    Vitamin D wurden in Japan bei älteren Frauen starke Knochenschmerzen und Knochende-

    formationen beobachtet (Itai-Itai-Krankheit). Beim Menschen liegen die Cadmiumkonzentra-

    tionen in der Nierenrinde in vielen Regionen heute zehn- bis hundertmal höher als vor etwa

    50 Jahren. Dieser Befund unterstreicht die Bedeutung für den Schutz der Umwelt vor einer

    weiteren Kontamination mit Cadmium (Tab. 2–2). (Macholz und Lewerenz, 1989; Dekant

    und Vamvakas, 1994)

    2.1.3 Kupfer

    Kupfer ist dem Menschen als Werkstoff und Schmuckwerkstoff schon seit mehr als 9000 Jah-

    ren bekannt. Ca. 40% der jährlichen Kupferproduktion werden zur Herstellung von Kupferle-

  • Grundlagen 5

    gierungen verwendet. Aufgrund seiner hervorragenden elektrischen Leitfähigkeit wird ca. die

    Hälfte der jährlich erzeugten Kupfermengen in der Elektroindustrie eingesetzt. Da sich die

    elektrische Leitfähigkeit parallel zur Wärmeleitfähigkeit verhält, werden Braukessel, Vaku-

    umpfannen, Lötkolben, Destillationsapparaturen, Heiz- und Kühlschlangen usw. in reinem

    Kupfer oder aus Kupferlegierungen hergestellt. In Form seiner Salze spielt Kupfer wegen der

    fungiziden Wirkung seit alters her eine bedeutende Rolle im Pflanzenschutz und in Holz-

    schutzmitteln. (Holleman und Wiberg, 1995; Scheinberg, 1991)

    Kupfer stellt für den Menschen und höhere Tiere ein essentielles Spurenelement als Bestand-

    teil von Kupferproteinen mit Enzymfunktion dar. Der tägliche Bedarf wird mit 1 bis 2,5 mg

    und der Gesamtkörperbestand mit 80 bis 120 mg angegeben. Kupfermangel führt zu einer

    Anämie. Die löslichen Kupferverbindungen sind für den Menschen und andere höhere Orga-

    nismen nur mäßig giftig und wirken erst in höheren Dosen als Brechmittel. Auch kommt Ih-

    nen ein gewisses mutagenes und carcinogenes Potential zu. Die Inhalation von Dämpfen und

    Rauch kann sogenanntes Metallfieber verursachen (MAK-Werte, Tab. 2–2). Dagegen stellen

    Kupferverbindungen für niedere Organismen bereits in geringen Konzentrationen ein starkes

    Gift dar. Die von Gesetzgeber festgelegten Grenz- bzw. Richtwerte für Kupfer sind in Tab. 2–

    2 zusammengefasst. (Macholz und Lewerenz, 1989; Römpp, 1992).

    2.1.4 Nickel

    Die Hauptmenge des erzeugten Nickels findet in Form von Legierungen Anwendung und

    wird insbesondere von der Stahlindustrie verbraucht, da durch Zusatz einiger Prozente Nickel

    zum Stahl dessen Härte, Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit stark erhöht wird, besonders

    in Kombination mit Chrom (Chromnickelstahl). Feinverteiltes Nickel kann bei höherer Tem-

    peratur beträchtliche Mengen Wasserstoff absorbieren, weshalb es als Hydrierungskatalysator

    (Raney-Nickel) eine wichtige Rolle spielt. Als letztes sei der Gebrauch von Nickel in Akku-

    mulatoren erwähnt. (Holleman und Wiberg, 1995; Sunderman und Oskarsson, 1991)

    Nickel ist für den Menschen und viele andere Lebewesen essentiell. Der Mensch enthält ca.

    0,014 mg Ni pro kg. Zur biologischen Rolle ist noch wenig bekannt, doch scheint es am Koh-

    lenhydrat-Stoffwechsel beteiligt zu sein. Stäube, die Nickel oder Nickelverbindungen enthal-

    ten, sind sowohl stark toxisch als auch krebserzeugend und lösen bei empfindlichen Personen

    Dermatitis aus. Lösliche Nickelverbindungen sind beim Verschlucken magen- und darmrei-

    zend und können bei lokaler Exposition zu Haut-, Augen- und Atemwegsreizungen führen.

    Ausgehend von dieser Toxizität wurden Grenzwerte für die zulässigen Konzentrationen an

  • Algen 6

    Nickelverbindungen in Ab- und Trinkwasser erlassen (Tab. 2–2). (Macholz und Lewerenz,

    1989; Römpp, 1992)

    2.1.5 Zink

    Die Hauptmenge des erzeugten Zinks wird zum Verzinken von Stahl (Korrosionsschutz) ver-

    wendet. Auch Anstrichstoffe mit hochpigmentierten Zinkstaubfarben und neutralen Bindemit-

    teln werden zum Korrosionsschutz eingesetzt. Große Mengen Zink dienen ferner zur Erzeu-

    gung von Legierungen (z.B. Messing). Anwendungen bei der Herstellung von galvanischen

    Elementen, Druckplatten, als Ätzmittel im Textildruck und als Reduktionsmittel in der Metal-

    lurgie sind weiterhin von Bedeutung. (Holleman und Wiberg, 1995; Ohnesorge und Wilhelm,

    1991)

    Für Menschen, Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen ist Zink essentiell (biologisch nach Ei-

    sen am wichtigsten). Der Mensch enthält durchschnittlich 40 mg Zink pro kg, wobei Zink

    Bestandteil von über 200 Enzymen ist. Der Erwachsene benötigt etwa 22 mg Zink pro Tag.

    Die Toxizität von Zink und den meisten Zinkverbindungen ist im allgemeinen gering. Größe-

    re Mengen von Zinksalzen (1-2 g) rufen jedoch äußerlich Verätzungen, innerlich stark

    schmerzhafte Entzündungen, Übelkeit und Erbrechen beim Menschen hervor. Zinkverunrei-

    nigungen in Industrie- und Haushaltsabwässern stellen ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes

    Gefährdungspotential für die Umwelt dar, besonders in Hinblick auf gleichzeitige Kontamina-

    tion dieser Abwässer mit begleitenden toxischen Schwermetallen (Blei, Cadmium). Einige

    Gefahren wurden für aquatische Organismen und Pferde bei erhöhter Zinkexposition be-

    schrieben. Die von Gesetzgeber festgelegten Grenz- bzw. Richtwerte für Zink sind in Tab. 2–

    2 zusammengefasst. (Macholz und Lewerenz, 1989; Römpp, 1992).

    2.2 Algen

    Die Oberfläche der Erde wird zu rund zwei Dritteln von Ozeanen und Seen bedeckt, die bis zu

    einer Tiefe von 150 Metern von photosynthetisierenden Pflanzen, den Algen, bewohnt wer-

    den. Die Algen erbringen wahrscheinlich den größten Teil der Primärproduktion organischer

    Substanz auf der Erde. Algen sind nicht nur von großer ökologischer, sondern auch von phy-

    logenetischer Bedeutung. Es wird vermutet, daß alle Gruppen der Tiere und Pflanzen im Meer

    entstanden sind, wo noch jetzt Vertreter uralter evolutionärer Linien zu finden sind.

  • Grundlagen 7

    2.2.1 Taxonomie

    Die Einteilung und Gliederung der Algen ist ein Prozess, der nicht als abgeschlossen zu be-

    trachten ist, solange ein Fakt (Physiologie, Genetik) irgendeiner Species unbekannt ist. Um

    eine bessere Übersicht zu bekommen, wurde versucht die Algen zu klassifizieren. Das jewei-

    lige Klassifikationssystem ist ein vom Menschen künstlich entwickeltes System, um komple-

    xe Zusammenhänge verständlich darzustellen. Es kann deshalb nicht alle Merkmale der Or-

    ganismen berücksichtigen. Dies gilt in besonderer Weise für die Algen. In den letzten Jahren

    wurde sowohl mit Hilfe der Elektronenmikroskopie als auch der Molekulargenetik eine um-

    fangreiche Überarbeitung des traditionellen Algenklassifikationssystems durchgeführt. Eine

    detaillierte Darstellung dieser Klassifizierung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

    Trotzdem soll versucht werden, auf die generellen Strukturen einzugehen.

    Die obersten Unterscheidungsebenen sind Reiche, gefolgt von Abteilungen und Klassen. Die-

    se enthalten meistens einen Hinweis auf die Farbe der in ihr eingeordneten Alge. Somit spie-

    len Art und Zusammensetzung des Photosyntheseapparates eine entscheidende Rolle. Weitere

    Merkmale die zur Gruppeneinteilung führen, sind chemische Zusammensetzung der Reserve-

    stoffe und Zellwandzusammensetzung. Innerhalb der Algenabteilungen fasst man dann Grup-

    pen zusammen, deren Merkmal beispielsweise eine analoge Fortpflanzung, Ernährungsweise,

    Ablauf der Lebenszyklen, Art der Begeißelung der Zellen oder Mitosetyp und Cytokinesetyp

    ist. In Tab. 2–3 ist die Gliederung der Algen dargestellt. (Hoek et al., 1995)

    In den weiteren Ausführungen werden nur die Abteilungen und Klassen näher vorgestellt, aus

    denen Arten in dieser Arbeit verwendet wurden. Die Abteilung der Cyanophyta (der Blaual-

    gen) nimmt eine Sonderstellung in der Algenwelt ein, da sie dem Reich der Eubacteria (Pro-

    karyota) zugeordnet wird. Blaualgen besitzen beispielsweise keinen Zellkern und keinen Gol-

    gi-Apparat. Deshalb wird zum Begriff Cyanophyta als Synonym Cyanobakteria verwendet.

    Der Abteilung Cyanophyta ist nur eine einzige Klasse untergeordnet, die Cyanophyceae. Die-

    se Klasse enthält mehr als 150 Gattungen und 2000 Arten. Sie sind ubiquitär verbreitet. Eine

    sehr verbreitete und bekannte Art ist die Alge Microcystis aeruginosa. Dies ist eine Süßwas-

    seralge. Sie verursacht in den Sommermonaten giftige Wasserblüten. Das Toxin von Micro-

    cystis aeruginosa (Microcystin genannt), ein cyclisches Polypeptid, verursacht Nekrose und

    Blutungen in der Leber. Es sind allerdings nicht alle Stämme dieser Alge toxisch. (Hoek et

    al., 1995; Graham und Wilcox, 2000)

  • Algen 8

    Tab. 2–3: Übersicht der Taxonomie der Algen (Hoek et al., 1995)

    Reich Abteilung Klasse*

    Eubacteria Cyanophyta Cyanophyceae

    Prochlorophyta Prochlorophyceae

    Eukaryota Glaucophyta Glaucophyceae

    Rhodophyta Bangiophyceae Florideophyceae

    Heterokontophyta Chrysophyceae Parmophyceae Sarcinochrysidophyceae Xanthophyceae Eustigmatophyceae Bacillariophyceae Raphidophyceae Dictyochophyceae Phaeophyceae

    Haptophyta Haptophyceae

    Cryptophyta Cryptophyceae

    Dinophyta Dinophyceae

    Euglenophyta Euglenophyceae

    Chloroarachniophyta Chloroarachniophyceae

    Chlorophyta Prasinophyceae Chlorophyceae Ulvophyceae Cladophorophyceae Bryopsidophyceae Dasycladophyceae Trentepohliophyceae Pleurastrophyceae Klebsormidiophyceae Zygnematophyceae Charophyceae

    * Algenarten aus den hervorgehoben (Fett) Klassen wurden in dieser Arbeit verwendet

    Die Abteilung der Rhodophyta, der Rotalgen, ist leicht von den anderen Abteilungen zu un-

    terscheiden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass es keine begeißelten Fortpflanzungszellen

    der Rotalgen gibt, dass das grüne Chlorophyll durch die Anwesenheit des akzessorischen pho-

    tosynthetischen Pigments Phycobilin (Phycoerythirin und Phycocyanin) maskiert wird und

    die sogenannte Floridenstärke als wichtigster Reservestoff vorhanden ist. Die Einteilung der

    Rotalgen erfolgt in zwei Klassen. Die Bangiophyceae werden in weitere 5 Ordnungen (oder

    Familien) unterteilt. Zu ihren wichtigsten und am weitesten verbreiteten Vertretern gehören

    Bangiales und Porphyridiales. Die zweite Klasse bezeichnet man mit dem Namen Floride-

    ophyceae, die in 13 Ordnungen unterteilt ist. (Hoek et al., 1995; Graham und Wilcox, 2000)

  • Grundlagen 9

    Die Abteilung der Heterokontophyta umfasst 9 Klassen. Charakteristisch ist, dass die begei-

    ßelten Zellen heterokont sind, d.h., sie tragen eine lange, nach vorn gerichtete Flimmergeißel

    und eine kürzere, nach hinten gerichtete Geißel ohne Flimmern.

    Zur Klasse der Xanthophyceae (goldbraune Algen) werden etwa 100 Gattungen mit bis zu

    600 Arten gezählt. Das wichtigste akzessorische Pigment ist Vaucheriaxanthin. Dieses Pig-

    ment ist ebenfalls bei der Klasse der Eustigmatophyceae bedeutend. In dieser Klasse sind nur

    wenige Gattungen und Arten bekannt, die in Süß- und Salzwasser vorkommen. Eine bedeu-

    tende Klasse stellen die Bacillariophyceae (Diatomeen, Kieselalgen) dar, die etwa 250 Gat-

    tungen mit 100000 Arten enthält. Kieselalgen kommen im Meer, in Süßwasser und auf feuch-

    tem Boden vor. Das Phytoplankton der Ozeane besteht überwiegend aus Kieselalgen. Das

    wichtigste akzessorische Pigment ist Fucoxanthin. (Hoek et al., 1995; Graham und Wilcox,

    2000)

    Die Chlorophyta, oder Grünalgen, umfassen eine der Hauptgruppen der Algen und sind in 11

    Klassen unterteilt. Ihre Verbreitung erstreckt sich in alle belebten Bereiche der Erde und ihre

    Formenvielfalt erschließt alle Variationen. Die Abteilung Chlorophyta kann auf Grund seiner

    begeißelten Zellen, die isokont sind, d.h. sie tragen meistens zwei Geißeln, die gleich gebaut

    sind, sich aber in der Länge unterscheiden, leicht von den anderen Algenarten unterschieden

    werden. Schwieriger gestaltet sich die Abgrenzung der Chlorophyta von Moosen und Grün-

    pflanzen. Die gesamte Abteilung enthält rund 500 Gattungen und etwa 8000 Arten. Zur Klas-

    se der Chlorophyceae zählen etwa 355 Gattungen mit 2650 Arten. Die bekanntesten Vertreter

    dieser Klasse sind Arten der Gattung Chlorella, insbesondere Chlorella vulgaris, die durch

    ihre einfache Kultivierung in zahlreichen wissenschaftlichen Experimenten als Referenz ein-

    gesetzt wird. Die Bezeichnung Chlorella leitet sich von dem griechischen Wort „chloros“,

    grün und dem lateinischen „ella“ was klein bedeutet, ab. (Hoek et al., 1995; Graham und Wil-

    cox, 2000)

    2.2.2 Kultivierung von Algen

    Für die erfolgreiche Isolierung und Kultivierung einzelner Algenarten ist die Kenntnis geeig-

    neter Nährlösungen bzw. Kulturmedien notwendig. Prinzipiell sollten diese dem natürlichen

    Biotop der jeweiligen Art in Bezug auf Ionengehalt und Ionenzusammensetzung entsprechen.

    Eine größere Zahl bewährter halb und vollsynthetischer Nährmedien sind in der Literatur

    (Schlösser, 1994) detailliert beschrieben und stehen je nach experimenteller Fragestellung zur

    Verfügung. Für experimentelle Untersuchungen sind vollsynthetische und klar definierte

    Nährlösungen von Vorteil, da sie die Reproduzierbarkeit der Kultivierung erhöhen. Die Be-

  • Algen 10

    deutung halbsynthetischer Kulturmedien liegt in der Stammhaltung mit minimalem Risiko für

    selektive Veränderungen und bei der Isolierung bisher nicht kultivierter und in ihren Ansprü-

    chen nicht charakterisierter Algenarten. Oft variiert wird je nach Zielstellung einer Algenkul-

    tur die Nährstoffkonzentrationen im Verhältnis zur Wachstumsphase. Ein weiterer wichtiger

    Faktor ist der pH-Wert der Kultivierung und das in diesem Zusammenhang eingesetzte Puf-

    fersystem der Nährlösung. Auch die Art der Nährstoffe spielt in diesem Zusammenhang eine

    Rolle. Liegt ein Nährstoff mehr als Anion vor (z.B. Stickstoff als Nitrat) so hat dessen

    Verbrauch einen Einfluss auf die Ionenbilanz. Die Mehrzahl der Algen ist auf eine ausrei-

    chende Versorgung mit Spurenelementen angewiesen. Es bietet sich die Verwendung von

    Erdextrakten an, da diese die benötigten Elemente in algenverfügbarer Form enthalten. Neben

    den Spurenelementen werden von einigen Algen auch Spurenstoffe (z.B. Vitamine) benötigt.

    Neben der ausreichenden Versorgung mit Nährstoffen sind für eine erfolgreiche Kultivierung

    optimale Lichtverhältnisse und Versorgung mit einer anorganischen Kohlenstoffquelle (CO2)

    notwendig. (Graham und Wilcox, 2000; Kohl und Nicklisch, 1988)

    Die Kultivierungsverfahren lassen sich in homogene und heterogene, sowie nach dem Modus

    der Nahrlösungzugabe in diskontinuierliche, kontinuierliche und semikontinuierliche Kultu-

    ren unterscheiden. Die diskontinuierliche oder batch-Kultur (schubweise Kultur) beginnt mit

    einem kleinen Inokulum in einer im Verhältnis dazu großen Nährlösungsmenge. Die Kultur

    durchläuft mehrere Wachstumsphasen und stagniert schließlich bzw. beginnt mit einer Inoku-

    lation der Algen in frischer Nährlösung. Zur Beschreibung des Wachstumsverlaufs gliedert

    man die zeitliche Biomassezunahme in fünf Phasen. Die erste nennt man Verzögerungs- oder

    lag-Phase. Die ergibt sich dadurch, dass sich das Inokulum im frischen Nährmedium an die

    drastischen Milieuveränderungen in der Regel erst anpassen muss. Darauf folgt die Biomas-

    sezunahme in der exponentiellen Wachstumsphase. In ihr findet ungehindertes nichtlimitiertes

    Wachstum statt. Exponentielles Wachstum tritt nur auf, wenn alle Ressourcen im Sättigungs-

    bereich liegen. Ihr schließt sich eine lange, für die Algenkultivierung typische, lineare Wachs-

    tumsphase an. Die Beendigung des linearen Wachstums kann unterschiedliche Ursachen ha-

    ben: Lichtlimitation durch zunehmende Selbstbeschattung, begrenzte CO2-Versorgung oder

    Limitation durch einen anderen Nährstoff. Die Stagnationsphase oder Übergangsphase

    schließt sich an das lineare Wachstum an und reicht bis zur stationären Wachstumsphase. Die

    stationäre Wachstumsphase ist dadurch gekennzeichnet, das die Wachstumsrate der Sterberate

    gleicht. In Abhängigkeit von den Wachstumsbedingungen kann sie unterschiedlich lange dau-

    ern und schließlich in eine Sterbephase übergehen. Diskontinuierliche Kulturen sind in ihrer

    technischen Handhabung relativ einfach und für viele Wachstumsuntersuchungen recht gut

  • Grundlagen 11

    geeignet. Der Einfluss von Temperatur, pH-Wert, Ionengesamtkonzentration lässt sich so ü-

    ber die Bestimmung der spezifischen Wachstumsrate in der linearen Wachstumsphase charak-

    terisieren. Im Gegensatz zur batch-Kultur wird bei einer kontinuierlichen Kultur ständig

    Nährlösung im Austausch gegen die Kultursuspension zugeführt. Dieses Kulturverfahren bie-

    tet besondere Vorteile zur Analyse des substratlimitierten Wachstums von Mikroorganismen.

    (Graham und Wilcox, 2000; Kohl und Nicklisch, 1988)

    2.2.3 Zusammensetzung der Algenzellwand

    Die Biosorption stellt eine schnelle Anlagerung von Substanzen an der Oberfläche von biolo-

    gischen Materialien dar (Kap. 2.3.2). Die Oberfläche von Algen wird von der Zellwand gebil-

    det. In den Zellwandstrukturen der Algen sind die Bindungsstellen lokalisiert. Die Algenzell-

    wand ist ein sehr komplexer Verband einer Vielzahl von Polysacchariden und Proteinen. Ein-

    zelne Algen können sich in ihrer Oberflächenstruktur stark voneinander unterscheiden, so daß

    die folgenden Aussagen nur einen Überblick darstellen. In jedem chemischem Strukturdetail

    sind die Zellwände der Algen bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Die Zellwand der Algen

    lässt sich als ein Zweiphasensystem verstehen, welches sich aus einer kristallinen Stützschicht

    und einer amorphen Matrixschicht zusammensetzt. Die kristalline Stützschicht wird aus neut-

    ralen, linearen Polysacchariden gebildet. Die häufigsten Polysaccharide sind α-Cellulose, β-

    1,4-Mannan und β-1,3-Xylan. Die Stützschicht der Cyanophyta besteht von den anderen Al-

    gen abweichend aus Murein. Murein ist ein Polysaccharid, das sich abwechselnd aus N-

    Acetylglucosamin und N-Acetylmuraminsäureresten zusammensetzt. (Kloareg und Quatrano,

    1988; Hoek et al., 1995)

    Die sich der Stützschicht anschließende Matrixschicht stellt den größten Anteil am Aufbau

    der Zellwand. Die Matrix besteht aus einer Vielzahl von sauren, anionischen Polysacchariden,

    die eine große technologische Bedeutung besitzen (Kap. 2.2.4). Im Gegensatz zu den Poly-

    sacchariden der Stützschicht lassen sich die Matrixpolysaccharide mit heißem Wasser extra-

    hieren. Die wichtigsten Träger der negativen Ladungen sind Carboxyl- und Sulfatgruppen der

    Monomeren der Matrixpolysaccharide. Die Zusammensetzung einiger wichtiger saurer Poly-

    saccharide wird in Tab. 2–4 gegeben. Besonders erwähnt seien wegen ihrer technologischen

    Verbreitung die Matrixpolysaccharide (Schleim) der Rotalgen. Der Schleim besteht aus Ga-

    lactanen (Polymeren von Galactose mit Sulfatestergruppen), von denen Carrageen und Agar

    die wichtigsten sind (Kloareg und Quatrano, 1988). In neueren Arbeiten haben Ray und La-

    haye (1995 a, b; 1996) die Polysaccharide der Zellwand der marinen Grünalge Ulva rigida

    extrahiert und charakterisiert. Dabei wurden neben 2 Hemicellulosefraktionen, die aus Glucu-

  • Algen 12

    ronanen und Glucoxylanen bestanden, sulfatierte Polysaccharide aus Glucose, Xylose, Man-

    nose und Protein sowie Ulvan als Hauptbestandteil in seiner chemischen Struktur bestimmt.

    Ulvan besteht aus Fraktionen, die verschieden verknüpfte Einheiten aus Rhamnose-3-sulfat,

    Xylose und Glucuronsäure enthalten.

    Tab. 2–4: Aufbau und Vorkommen wichtiger saurer Polysaccharide

    Funktionelle Gruppea

    Polysaccharid Monomere Vorkommen

    R-COO- Polyuronideb Galcaturonsäure Glucuronsäure Guluronsäure Mannuronsäure

    Cyano-, Rhodo-, He-terokonto-, Chlo-rophyta

    Alginatc Guluronsäure Mannuronsäure

    Phaeophyceae

    R-O-SO3- Carrageend Galactose-4-sulfat Galactose 3,6-Anhydrogalactose Galactose-2,6-disulfat

    Rhodophyta

    Agard Galactose 3,6-Anhydrogalactose jeder 10. Baustein -SO3H-Gruppe

    Rhodophyta

    Fucoidane Fucose-4-sulfat Desoxygalactose

    Phaeophyceae

    R-COO-

    R-O-SO3-

    Ulvanf Rhamnose-3-sulfat Glucuronsäure Xylose

    Chlorophyceae

    a Kloareg und Quatrano, 1988 b Becker et al., 1998; Nicolaus et al., 1999; Paulsen et al., 1998 c Usov und Klochkova, 1994; Dietrich et al., 1995 d Stevenson und Furneaux, 1991; Burdin und Bird, 1994; Liao et al., 1996 e Nishida et al., 1990; Honya et al., 1999 f Ray und Lahaye, 1995 a, b; 1996

    Die Struktur einiger Polysaccharide mit Carboxyl- (Polyuronide) und Sulfatgruppen (Fucoi-

    dan) im Molekül sind in der Abb. 2–1 dargestellt.

  • Grundlagen 13

    Polymannuronsäure

    Polyguluronsäure

    Fucoidan

    Polymannuronsäure

    Polyguluronsäure

    Fucoidan

    Abb. 2–1: Struktur ausgewählter saurer Polysaccharide (Kloareg und Quatrano, 1988)

    2.2.4 Technologische Bedeutung von Algen

    Eine Vielzahl von Algeninhaltsstoffen werden in verschiedenen Industriezweigen der Le-

    bensmittelindustrie, Pharmazie und Biotechnologie eingesetzt. Im folgenden sollen auf die

    Nutzung der wichtigsten Inhaltsstoffe ein wenig näher eingegangen werden.

    Proteine, die hohe Anteile an essentiellen Aminosäuren enthalten, finden in der Lebensmittel-

    industrie für den direkten Verzehr als auch in der Viehzucht als Futterergänzungsmittel Ver-

    wendung (Graham und Wilcox, 2000; Anusuya und Venkataraman, 1984).

    Lipide (Phospholipide, Glucolipide) und hochgesättigte C16-C22 Fettsäuren werden von eini-

    gen Mikroalgen in großen Mengen gebildet und dienen der Behandlung von Hyperlipidämien

    und Artherosklerose (Dembitzky et al., 1990; Graham und Wilcox, 2000). Patterson et al.

    (1994) beschreiben eine aktive Hemmung von Viren (Herpes, HIV) durch Sulfolipide einiger

    Cyanophyta.

  • Verfahren zur Schwermetallentfernung 14

    Carotinoide und Phycobiliproteine, wie α- und β-Carotin, Echinenon, Canthaxanthin und

    Astaxanthin, werden überwiegend in der Lebensmittelindustrie als lipophile Farbstoffe einge-

    setzt (Borowitzka, 1986).

    Aus technologischer Sicht am Bedeutesten sind die Polysaccharide und vor allem die Exopo-

    lysaccharide der Algenzellwand. Die Exopolysaccharide der Rhodophyta (Carrageen, Agar)

    und Phaeophyceae (Alginat) finden als Geliermittel und Dispersionskolloide in der Lebens-

    mittel-, Textil-, Papier-, Farb-, Öl- und Detergentienindustrie, sowie in der Pharmazie und

    Medizin große Verwendung (Kapraun, 1999; White et al., 1999; Graham und Wilcox, 2000).

    Auch als Antitumorstoffe, Antibiotika und Virus hemmende Substanzen werden Algenpoly-

    saccharide in der Medizin eingesetzt (Itoh et al., 1993; Patterson et al., 1994; Santos et al.,

    1999; Graham und Wilcox, 2000).

    Eine große Bedeutung in der Zukunft wird ein intensives Screening nach weiteren vor allem

    medizinisch wirksamen Substanzen aus Algen einnehmen, da hier durch die Artenvielfalt

    natürliche Potentiale vorhanden sind, die heute erst zu einem Bruchteil erforscht und genutzt

    sind.

    2.3 Verfahren zur Schwermetallentfernung

    2.3.1 Konventionelle Verfahren

    Zur Herabsetzung von Schwermetallemissionen aus Abwasserströmen und der notwendigen

    Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte (Tab. 2–2) werden folgende Verfahren einge-

    setzt: Fällung, Ionenaustausch, Elektrolyse, Adsorption (Kap. 2.3.1.1) und Membrantrennver-

    fahren. Bei hohen Schwermetallkonzentrationen kommen in erster Linie Fällung und Elektro-

    lyse zum Einsatz. Bei der Fällung werden die Metalle mit Hilfe geeigneter Fällungsmittel in

    schwerlösliche Metallverbindungen (Hydroxide, Carbonate oder Sufide) überführt. Diese

    Verbindungen können vom Wasser durch Filtration getrennt werden. Der entstehende Rück-

    stand ist als Sondermüll zu deponieren. Bei der Elektrolyse wird das elektrochemische Ver-

    halten der Metalle genutzt, um das Abwasser zu reinigen. Die an der Elektrode abgeschiede-

    nen Metalle können leicht wiederverwendet werden. Der Nachteil dieser beiden Verfahren

    liegt in der unzureichenden Wirksamkeit bzw. zu hoher Kosten bei niedrigen Metallkonzent-

    rationen in der Lösung. Zur Entfernung relativ niedriger Schwermetallkonzentrationen, vor-

    zugsweise unter 500 mg/L, sind Adsorptions-, Membran- und Ionenaustauschtechnologien

    besonders geeignet. Die Adsorptionsverfahren werden nur noch vereinzelt angewandt, da eine

    Regeneration des Adsorbens oft nur bedingt möglich ist. Die wichtigsten Adsorbenzien stel-

  • Grundlagen 15

    len Aktivkohle, Aluminiumstäube, keramische und pflanzliche Materialien (Cellulose,

    Xanthate) dar. Zu den Membranverfahren gehören Elektrodialyse und Umkehrosmose. Bei

    der Elektrodialyse trennen abwechselnd parallel zueinander liegende Kationen- und Anionen-

    austauschermembranen die konzentrierte Schwermetalllösung von dem durch Anlegen eines

    elektrischen Feldes schwermetallverarmten Wasser. Bei der Umkehrosmose erfolgt ebenfalls

    eine Aufkonzentrierung der Schwermetalle durch Membranen. Die treibende Kraft ist ein

    hoher hydrostatischer Druck anstelle eines elektrischen Feldes. Ionenaustauscher besitzen

    eine breite Anwendung in der Abwasserreinigung und dienen vor allem zur Reinigung der

    Abwässer im Bereich der Grenzwerte. Die Schwermetalle werden an einem Ionenaustau-

    schermaterial angelagert und nach Beladung durch geeignete Desorptionsverfahren (Säuren,

    Salze) wieder entfernt, so dass nach erfolgter Desorption hochkonzentrierte Schwermetalllö-

    sungen vorliegen. Die aufkonzentrierte Lösung kann beispielsweise elektrolytisch gereinigt

    werden. Im Kapitel 2.3.1.2 werden weiterführende Details zum Ionenaustausch gegeben.

    (Kümmel und Worch, 1990; Brooks, 1991; Wilmoth et al., 1991; Dorfner, 1991; Berends und

    Hartmeier, 1992; Röhricht et al., 1993)

    Im Allgemeinen gilt, je niedriger die Konzentration eines gelösten Metalls ist, umso höher

    sind Aufwand und Kosten eines technischen Verfahrens für dessen Rückhaltung. Aus diesem

    Grund wird nach alternativen Verfahren zur Metallentfernung aus Abwässern gesucht. In den

    letzten zehn Jahren haben dabei Mikroorganismen eine immer wichtigere Rolle in der Suche

    nach neuen Ansätzen gespielt. Der natürliche Prozess der Biosorption wird bei diesen An-

    wendungen besonders beachtet. Die Biosorption stellt ein Zusammenwirken einer Reihe von

    chemischen Reaktionen dar, wobei Adsorptions- und Ionenaustauschprozesse eine besondere

    Bedeutung besitzen (Kap. 2.3.2). Im folgenden werden deshalb einige wichtige Grundlagen

    dieser beiden Prozesse näher erläutert. (Volesky, 1990; Veglio und Beolchini, 1997;

    Brauckmann, 1997; Wase und Forster, 1997; Wong und Tam, 1998; Atkinson et al., 1998;

    Bailey et al., 1999)

    2.3.1.1 Grundlagen der Adsorption

    Die Anlagerung von Teilchen an Oberflächen wird als Adsorption bezeichnet. Die Teilchen

    können Atome, Moleküle oder Ionen sein. Ursache dieser Anlagerung sind Wechselwirkun-

    gen der Oberflächenzentren des Adsorbens mit den Inhaltstoffen umgebender Flüssigkeiten

    und Gase. Bei der Betrachtung der Ursachen der Anlagerung unterscheidet man zwischen der

    rein physikalischen Adsorption und der Chemisorption. Dabei ist die physikalische Adsorpti-

    on hauptsächlich auf einer Bindung des Adsorptivs an das Adsorbens durch zwischenmoleku-

  • Verfahren zur Schwermetallentfernung 16

    lare Kräfte, Van-der-Waalsche Kräfte (Dipolkräfte, Dispersonskräfte, Induktionskräfte) zu-

    rückzuführen. Der energetisch stabilere Zustand wird bei der Chemisorption durch chemische

    Bindungskräfte der funktionellen Gruppen der Adsorberoberfläche analog einer chemischen

    Bindung durch Elektronentransfer oder durch gemeinsam genutzte Elektronen erreicht. Eine

    genaue Einteilung einer real auftretenden Adsorption ist nicht immer möglich, da beide Phä-

    nomene eine Rolle spielen können. Die Lage des Gleichgewichtes einer chemischen Reaktion

    bei konstantem Druck und Temperatur wird durch die Konzentration seiner Ausgangsstoffe

    bestimmt. Eine ähnliche Abhängigkeit liegt auch zwischen Adsorbens- und Adsorptivmenge

    vor. Für jede Adsorptivkonzentration stellt sich nach hinreichend langer Zeit bei konstanter

    Adsorbensmenge, Druck und Temperatur, ein bestimmtes Verteilungsgleichgewicht ein. Der

    zeitliche Verlauf des Adsorptionsprozesses wird als Kinetik der Adsorption bezeichnet. Sie

    beschreibt den Adsorptionsvorgang bis zum Erreichen des Gleichgewichtszustandes. Nach

    Einstellung des Gleichgewichtes spricht man bei der Beladung des Adsorbens von Gleichge-

    wichtsbeladung (qeq) und der Konzentration des Adsorptivs in der Lösung von Gleichge-

    wichtskonzentration (ceq). Die Gleichgewichtsdaten für verschiedene Adsorbens-Adsorptiv-

    Verhältnisse bei konstanter Temperatur lassen sich mit Hilfe von Modellen zur Beschreibung

    der Adsorptionisothermen auswerten. Diese dienen der Einschätzung und Vergleichbarkeit

    der Adsorption und bilden die Grundlage für die Auslegung technischer Prozesse. Die be-

    kanntesten Modelle zur Beschreibung von Adsorptionsgleichgewichten sind die nach Lang-

    muir (Gl. 2–1) und Freundlich (Gl. 2–3). (Kümmel und Worch, 1990; Berends und Hartmeier,

    1992; Atkins, 1998)

    Das Langmuirsche Adsorptionsmodell leitet sich aus theoretischen Überlegungen mit folgen-

    den Annahmen ab: maximale monomolekulare Bedeckung, gleichwertige Adsorptionsstellen

    und Adsorption/Desorption sind reversibel. Gl. 2–1 beschreibt eine Adsorptionsisotherme

    nach Langmuir:

    Gl. 2–1: qeq = qmax b ceq / (1 + b ceq)

    In Gl. 2-1 ist qmax die maximale Beladungskapazität, qeq die Menge an Metall, welche aus

    einer gegebenen Lösung aufgenommen wurde, und ceq ist die Gleichgewichtskonzentration

    des Metalls in Lösung. Die Langmuirkonstante b stellt eine Gleichgewichtskonstante dar, die

    die Affinität des Metalls zur Algenoberfläche beschreibt. Durch eine einfache Linearisierung

    ist es möglich die Konstante b und die maximale Metalladsorption qmax zu bestimmen:

    Gl. 2–2: ceq / qeq = ceq / qmax + 1 / (qmax b)

  • Grundlagen 17

    Durch Auftragen von ceq/qeq über ceq ist qmax aus dem Anstieg der Geraden berechenbar und b

    aus dem Wert des Schnittpunkts mit der y–Achse. (Kümmel und Worch, 1990; Atkins, 1998)

    Das Adsorptionsmodell nach Freundlich wird in der hier beschriebenen Form ebenfalls für

    Einstoffisothermen angewendet (Gl. 2–3). Dem Modell liegt ein empirischer Ansatz zugrun-

    de, welcher einen exponentiellen Verlauf der Gleichgewichtsbeladung in Abhängigkeit von

    der Gleichgewichtskonzentration beschreibt.

    Gl. 2–3: qeq = k ceq 1/a.

    Die linearisierte Form der Gl. 2–3 lautet:

    Gl. 2–4: log qeq = log k + a log ceq.

    Wird qeq über ceq im doppeltlogarithmischen Maßstab aufgetragen, so kann die Freundlich-

    konstante k als y-Abschnitt bei ceq = 1 und der Freundlichexponent a aus dem Anstieg der

    Geraden ermittelt werden. Die Größe von k bzw. a drückt die Adsorbierbarkeit eines Stoffes

    am entsprechenden Adsorber aus. (Kümmel und Worch, 1990; Atkins, 1998)

    2.3.1.2 Grundlagen von Ionenaustauschern

    Als Ionenaustauscher finden in der Regel Polymerprodukte Verwendung, die in der Lage

    sind, aus dem Wasser positiv und negativ geladene Ionen zu binden. Die Eigenschaften der

    Ionenaustauscher beruhen auf drei Faktoren: den Grundkörper für das Gerüst (Matrix), den

    Brückenbildnern zur Quervernetzung (Unlöslichkeit in Wasser) und den funktionellen Grup-

    pen (aktiver Teil). Als Grundkörper dienen meist Polymerisationsprodukte (z.B. Polystyrol,

    Polyacrylat), aber auch Naturstoffe (Lignin, Cellulose, Harze). Als funktionelle Gruppen wer-

    den in erster Linie folgende verwendet:

    • -SO3- stark saure Kationenaustauscher

    • -COO- schwach saure Kationenaustauscher

    • -N(CH2COO-)2 Chelatharze

    • -NR3+ stark basische Anionenaustauscher (R: -CH3, -CH2CH2OH u.a.)

    • -N(CH3)2H+, -NH2+, -NH3+ schwach basische Anionenaustauscher.

    Die Aufnahme von Metallionen erfolgt meistens im Austausch gegen Na+ - oder H+ - Ionen

    und bei Anionen gegen OH- oder Cl- - Ionen. Eine allgemeine Reaktionsgleichung für einen

    Ionenaustausch lautet :

    R-I + M± R-M + I±

  • Verfahren zur Schwermetallentfernung 18

    R ist dabei der unlösliche Anteil mit dem beladenen, auszutauschenden Ion I. M ist das gela-

    dene Ion in der Lösung (z.B. Metallion), welches an den Ionenaustauscher gebunden werden

    soll. Die aufgenommenen Ionen werden meist durch Säure, seltener durch Lauge und Salze,

    eluiert. Für die Entfernung von Metallionen kommen in der Regel nur selektive, schwach sau-

    re Ionenaustauscher und Chelatharze zum Einsatz, die gewöhnlich in der Natriumform vorlie-

    gen. (Dorfner, 1991; Röhricht et al., 1993)

    2.3.2 Biosorption

    Die Beobachtung einer Anreicherung von Schwermetallen im Klärschlamm führte zu ersten

    Untersuchungen dieses Phänomens. Es wurde entdeckt, dass Mikroorganismen für diese Me-

    tallbindung verantwortlich sind (Volesky, 1990; Berends und Hartmeier, 1992). Dabei kann

    zwischen zwei verschiedenen Mechanismen unterschieden werden (Volesky, 1990; Berends

    und Hartmeier, 1992; Fehrmann et al., 1993; Wase und Forster, 1997):

    a) Biosorption

    • Überbegriff für eine Reihe verschiedener chemischer Reaktionen, die zur passiven An-

    lagerung (Sorption) von Schwermetallen an biologischen Molekülen führen (Kom-

    plexierung, Chelatbildung, Ionenaustausch, Adsorption und Mikropräzipation)

    • reversible, schnelle Reaktion der Metallionen mit den funktionellen Gruppen der Zell-

    wandpolymere lebender oder toter Organismen

    b) Bioakkumulation

    • aktive (langsame) Aufnahme der Metalle durch lebende Organismen, die dabei Ener-

    gie verbrauchen

    Geisweid und Urbach (1982) und Fehrmann und Pohl (1993) berichten, dass ungefähr 90%

    der insgesamt durch Algenbiomasse aufgenommenen Cadmiummenge in den ersten fünf bis

    zehn Minuten durch Biosorption angelagert wird und nur 10% des Cadmiums in den folgen-

    den Stunden und Tagen durch Bioakkumulation in den Organismus gelangt.

    Mikroorganismen und pflanzliches und tierisches Material, wie z.B. Sägespäne und Chitin,

    können Biosorbenzien mit großer Bindungskapazität für verschiedene Metalle darstellen, wo-

    bei auch tote Zellmasse sehr wirksam ist (Holan und Volesky, 1995). In der Mehrzahl wurden

    die Untersuchungen in den letzten Jahren an toter Biomasse durchgeführt (Greene und Dar-

    nall, 1990; Aksu und Kutsal, 1991; Fehrmann und Pohl, 1993; Holan et al., 1993; Holan und

    Volesky, 1994; Winter et al., 1994; Volesky und Holan, 1995). Nur wenige Artikel beschäfti-

    gen sich mit der Untersuchung an lebender Biomasse (Geisweid und Urbach, 1982; Seferlis

  • Grundlagen 19

    und Haritonidis, 1995). Der Einsatz toter Biomasse ist wirtschaftlich besonders interessant, da

    die Biomaterialien wie synthetische Adsorbenzien oder Ionenaustauscher als Reaktorfüllmate-

    rial eingesetzt und mehrfach regeneriert werden können (Winter et al., 1994; Bakkaloglu et

    al., 1998; Matheickal und Yu, 1996; Winter et al., 1994; Volesky und Holan, 1995).

    Volesky und Holan (1995) und Veglio und Beolchini (1997) zeigen in Übersichtsartikeln über

    die Entfernung von Metallen durch Biosorption, dass Algen, Bakterien, Hefen und Pilze sich

    als gute Schwermetalladsorber erweisen. In einer Übersichtstabelle werden die Metalle und

    die jeweiligen als Biosorbenzien geeigneten Organismen aufgelistet. Die untersuchten Metalle

    umfassen Chrom, Kobalt, Nickel, Kupfer, Zink, Cadmium, Silber, Gold, Blei, Thorium und

    Uran.

    Der Wissensstand zur Biosorption der zu untersuchenden Metalle ist in Tab. 2–5 für ausge-

    wählte Biosorbenzien beispielhaft dargestellt. Die Zusammenstellung verdeutlicht die hohe

    Aufnahmefähigkeit verschiedener Biosorbenzien für Metalle, wobei zwischen den einzelnen

    Materialien erhebliche Unterschiede bestehen. Besonders marine Makroalgen haben eine gro-

    ße Bedeutung in der Forschung und Entwicklung von neuen Biosorbenzien, weil sie zum Teil

    höhere Kapazitäten als klassische Ionenaustauscher aufweisen und in unbegrenzter Menge in

    den Ozeanen vorkommen (Leusch et al., 1995; Leusch et al., 1996; Volesky und Holan, 1995,

    Garnham, 1997; Yu et al., 1999, Matheickal und Yu, 1999).

    Die Eignung von Mikroalgen als Biosorbenzien ist dagegen wenig untersucht, obwohl sie

    eine große biotechnologische Bedeutung als Produzenten von Naturstoffen besitzen und eben-

    falls gute Biosorptionseigenschaften zeigen (Fehrmann und Pohl, 1993; Wong und Tam,

    1998; Matsunaga et al., 1999; Bunke et al., 1999). Fehrmann und Pohl (1993) zeigten das vor

    allem Blaualgen in den Untersuchungen hervorragende Biosorptionseigenschaften besitzen.

    Die Abfallbiomassen der Mikroalgen, beispielsweise aus einer Naturstoffproduktion, sind

    äußerst kostengünstig (Fehrmann und Pohl, 1993; Sandau et al., 1996).

  • Verfahren zur Schwermetallentfernung 20

    Tab. 2–5: Bindungskapazität ausgewählter Biosorbenzien

    Biomasse Einordnung Beladung (mmol/g)* Referenz

    Cd Ascophyllum nodosum

    Durvillaea potatorum

    Candida tropicalis

    Penicillium chrysogenum

    Ectocarpus silicolosus

    Rhizopus arrhizus

    Alge

    Alge

    Hefe

    Pilz

    Alge

    Pilz

    1,73

    1,18

    0,53

    0,50

    0,36

    0,22

    Holan et al., 1993

    Yu et al., 1999

    Ma